Peter Wagner
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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe nicht allzu viel hinzuzufügen. Mein Vorredner, Herr Kollege Dr. Kallenbach, hat die Genesis, die Entstehungsgeschichte des Gesetzes, unsere Überlegungen, die zweimaligen Anhörungen richtig dargestellt. Da wäre es Quatsch, noch einmal Eulen nach Athen tragen zu wollen.
Ich möchte mich nur mit einer Sache auseinander setzen. Es gibt hier den Anspruch, man könne solche Aufgaben nicht an Private übertragen. Da tritt im Prinzip zutage - ich nehme es Ihnen nicht übel, Frau Bednarsky, dass Sie Ihre Grundangst Privatem gegenüber auch auf diese Aufgabenbereiche übertragen -, dass man sagt: Weil wir Privat nicht mögen und weil wir hinter jedem, der etwas privat macht, einen gewinnträchtigen und Gewinn heischenden Unternehmer sehen, der mit gefletschten Zähnen nach der Kohle trachtet, wollen wir das nicht übergeben. - Das ist doch wirklich großer Unsinn.
Was die DVU in dieses Horn tutet, wundert mich nicht - Sie machen ja in einer Landtagsitzung mehrere Kehrtwendungen und das ist, wie gesagt, überhaupt nicht erstaunlich.
Wichtig ist doch, dass das Gesetz so wasserdicht gemacht wurde,
dass es nicht nur bei schönem Wetter, also jetzt bei dieser Lesung im Landtag, Bestand hat, sondern auch unter sehr schwierigen Bedingungen, wie wir sie erlebt haben. Wenn ich Herrn Kollegen Kallenbach neben Herrn Innenminister a. D. sitzen sehe und daran denke, was wir in der Phase, als Herr Schmökel im Land sein Unwesen trieb, erlebt haben, dann muss ich sagen: Das muss natürlich abgesichert werden. Die rechtlichen Voraussetzungen sind doch jetzt geschaffen worden.
Tun wir doch bitte nicht so, als ob die Aufgabe, wenn sie einmal herausgegeben worden ist, nur den Finanzhaien vorgelegt werden wird. Nein, man kann sie jederzeit wieder zurückziehen. Natürlich muss das vernünftig geprüft werden. Natürlich darf die Aufgabe nicht zum Spielball werden und sie darf nicht beliebig ausgegliedert werden. Eines kann ich Ihnen versprechen: Der private Unternehmer muss sich, weil er weiß, dass er
diese Aufgabe - im Gegensatz zu anderen Feldern, auf denen er sich tummeln kann - wieder abgeben muss, wenn er sie nicht vernünftig durchführt, Mühe geben und solche Bedingungen schaffen, dass die Sicherheit gewährleistet wird und dass therapiert wird.
Noch eines ins Stammbuch der DVU: Wir sind nicht daran interessiert, nur wegzusperren;
wir wollen therapieren. Ansonsten bekennt man sich nicht zum Maßregelvollzug. Ich weiß, dass es eine Gratwanderung ist und eine Gratwanderung bleiben wird. Das liegt in der Natur der Sache. Damit muss man leben. Ansonsten kann man auch ganz deutlich sagen, dass man vom Boden des Grundgesetzes gern mal ein bisschen abweicht. Das unterstelle ich natürlich niemandem in diesem Hause.
Ich werbe noch einmal wie mein Vorgänger von der SPD-Fraktion für meine Fraktion für Ihre Zustimmung. Ich bin der Auffassung, es sind sehr viel Gehirnschmalz, sehr viel Kritik und sehr viel Verantwortung für dieses Gesetz verwandt worden, bis wir an dieser Stelle waren. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte mich nicht ausschließlich in der wärmenden Halle dieses hohen Hauses auf. Ich komme von der Front und das ist gar nicht lustig. Ich stimme insoweit mit meinen Vorrednern überein, als sie gesagt haben, dass eine Reform notwendig sei. Unbestritten: Reformen tun Not. Wenn wir eine bessere Arbeitsmarktsituation hätten, dann würden wir nicht an dieser Stelle stehen, dann würde niemand über Reformen reden. Das ist also die Chefsache. Sie kennen die Geschichte.
Es wird auch nicht irgendeine große Gesundheitsreform geben, die alle Probleme beseitigt, Frau Bednarsky. Das wird es nie geben; es wird immer nur ein Anpassen an die entsprechende aktuelle Situation erfolgen. Auch das ist bekannt.
Es ist nicht die Reform an sich, die die Menschen verunsichert; es ist das Wie, das Wann und wie sie zustande gekommen ist.
Das verursachte Unruhe bei den Menschen. Das konnten Sie nicht begreifen, weil die Logistik überhaupt nicht mehr gestimmt hat. Wenn Sie sich von älteren Leuten sagen lassen müssen: „Wir haben einen Weltkrieg überlebt, dann werden wir auch noch die schmidtsche Reform überleben“, dann ist das zwar sehr hart ausgedrückt, trifft aber ein wenig den Kern.
Was hat die Reform ausgelöst? - Sie hat auf der einen Seite Patientenbetroffenheit ausgelöst. Gebühren entstehen, die Praxisgebühr ist zu Unrecht hochgejubelt worden, Zuzahlungen entstehen und - was niemand sagt - höhere und doppelte
Sozialumlagen für Rentner, die bislang nicht besteuerte Betriebsrenten oder Direktversicherungen haben. Die Ärzteschaft ist mit noch mehr Bürokratie überhäuft worden und es sind Sicherheitsprobleme aufgetreten. Es werden Praxen überfallen - das muss sicherlich nicht sein - und das ist noch viel schlimmer: Die Atmosphäre zwischen dem medizinischen Sektor und den Patienten ist vergiftet worden. Es sind unliebsame Diskussionen entstanden.
Was man noch nicht sieht, was die Betroffenen aber schon ahnen, meine Damen und Herren, ist eine Betroffenheit der Krankenkassen. Die Krankenkassen stehen mit dieser Reform vor einem Wust von neuen Problemen. Sie machen sich Gedanken über Bonusprogramme - gut oder schlecht -, sie haben zusätzlich Disease-Management-Programme zu bewältigen, sie haben die so genannten DRGs, also die Fallpauschalen in den Krankenhäusern, zu bewältigen. Im Augenblick freuen Sie sich noch, dass sie die lachenden Dritten sind und die Beiträge nicht senken werden. Aber sie bekommen Riesenprobleme und das ahnen sie schon.
Wie erlebt der Patient die Reform? Das Undramatische zuerst: Er erlebt im Augenblick eine Zuweisung der Schuld vonseiten der Regierung hin zu dem „Gemeinsamen Bundesausschuss“, das heißt dem Gremium der Krankenkassen und Ärzte, das angeblich seine Arbeit nicht geleistet hat.
- Nein, es ist nichts Wahres daran, Herr Schippel. Sie zeigen nur, dass Sie keine Ahnung haben, nicht ein Fünkchen Ahnung.
Aber das ist gar nicht verwunderlich, meine Damen und Herren, weil sich die SPD kaum noch mit dieser Frage befasst. Am 13. Januar hat sich dieser Gemeinsame Bundesausschuss konstituiert.
Erst von diesem Zeitpunkt an konnte ein solches Gremium von Kassen und Ärzten überhaupt arbeiten. Sie müssen doch nicht denken, dass wir eine Krankenkasse an den Verhandlungstisch bekommen, wenn wir sagen: Ihr könnt euch schon mal vorher auf der Spielwiese Gedanken machen, weil die Ministerin gehustet hat.
Noch etwas sehr deutlich: Ich darf einmal meinen Kollegen Hackel zitieren - Wolfgang, Du erlaubst es mir -: „Wer die schwarzen Limousinen fährt, der hat auch die Verantwortung zu übernehmen.“ Meine Damen und Herren, da bekommen Sie Ihre Ministerin nicht heraus.
Noch etwas, meine Damen und Herren: Auch meinem Kollegen Seehofer schreibe ich ins Stammbuch,
er hätte nicht so schöne Nächte mit Frau Schmidt - so hat er es einmal gesagt - verleben sollen, sondern an der richtigen Stelle nachdenken müssen,
dann hätte er dieses Gerede von der Bürgerversicherung eingestellt.
Was ist denn das für eine Idiotie, die 10 % angeblich Gutverdienenden privat Versicherten den 90 % gesetzlich Versicherten hinzuzufügen, denen es nicht so gut geht? Die werden doch später einmal alle zu Leistungsempfängern. Wissen Sie, was Sie sind? - Weinpanscher ist, wer so etwas behauptet!
Ich muss noch etwas sagen, die Wahrheit muss einmal ausgesprochen werden. Dann höre ich auf, sonst werde ich zum Selbstbeweihräucherer.
- Moment! - Betreffs der Selbstbeweihräucherung, lieber Siegwart: Der CDU ist es gottlob gelungen,
eine intellektuelle Quasselbude wie das Institut für Qualitätssicherung in der Medizin zu verhindern. Jetzt ist der Gemeinsame Bundesausschuss arbeitsfähig.
Es ist auch gelungen, ein absolutes Chaos zu verhindern, indem Einzelverträge mit einzelnen Ärzten abgeschlossen werden und Krankenkassen entscheiden können, ob sie Verträge schließen wollen oder nicht. - Das tut Ihnen weh; das kann ich mir vorstellen.
- Ich sehe an Ihrer Erregung, dass Sie gern mitmachen. Das freut mich.
Ich will mich nicht darüber auslassen, wie sinnvoll es ist, für jedes Rezept für die Pille noch einmal zu kassieren. Das alles ist erst einmal abgehakt. Aber eines muss ich deutlich sagen, Herr Präsident, und da werde ich sehr leise, weil es mich wirklich drückt.
- Überhaupt keine Opposition, nur die Wahrheit, lieber Christoph Schulze. Aber um das zu sehen, muss man ärztlich gearbeitet haben.
Ich sehe nur eines, was sehr drückt und was nicht bekannt ist: Die 13- bis 18-Jährigen werden von der Praxisgebühr ausgenommen, bekommen jetzt aber keine Arzneimittel mehr verordnet, die nicht rezeptpflichtig sind.
- Aber das kostet, Frau Kaiser-Nicht, das kostet ungeheuer viel Geld.
Überlegen Sie doch, was die Eltern da an Geld abdrücken müssen. Dann müssen Sie sich einmal vorstellen, was jemand, der inhaliert, zahlen muss. Diejenigen werden richtig arm. Die werden blass, wenn man ihnen sagt, was sie zahlen müssen. Sie können das nicht einmal mehr auf die Gesamtsumme anrechnen. Es gibt also keine Überforderungsklausel. Das ist doch eine Angelegenheit, an die der Gemeinsame Bundesausschuss noch einmal herangehen muss. Das haben die beiden Verhandlungspartner in ihren gemeinsamen Nächten wohl nicht bedacht.
Noch zwei Probleme möchte ich kurz ansprechen. Zehn Minuten Redezeit sind viel zu kurz. Man müsste anderthalb Stunden haben und ich würde sie dann immer noch unterhalten.
Was das Gesundheitsmodernisierungsgesetz noch beinhaltet, das sagt noch niemand. Es gibt jetzt die Möglichkeit - Herr Kollege Kallenbach, ich gebe Ihnen Recht -, Arzthäuser bzw. Polikliniken zu gründen. Das ist gut. Das ist eine Riesenchance in Ballungsgebieten, gar keine Frage.
Es ist eine Riesenchance in Ballungsgebieten, aber es ist auch ein Fluch. Schauen wir uns einmal die einige Kilometer entfernt liegende insolvente Einrichtung Poliklinik Teltow an. Es ist ein Riesenfluch, wenn derartige Einrichtungen dann nicht in die Hände seriöser Träger geraten.
Wenn dann, wie der Bayer so schön sagt, Gschaftlhuber, ob sie nun SPD- oder sonst irgendwelche Parteibücher in der Hand haben, am Werk sind, meine Damen und Herren, dann wird es hart und teuer. Ich möchte wissen, welcher Schaden dem Land entstanden ist.
Aber vielleicht kann Minister Baaske noch ein Wort dazu sagen.
Noch eines, meine Damen und Herren: Es ist den betroffenen Rentnern, den älteren Herrschaften, überhaupt nicht zu vermitteln - auch das ist Gesundheitsmodernisierungsgesetz bzw. Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenkassen -, dass sie plötzlich auf Betriebsrenten und auch Direktversicherungen Beiträge zahlen sollen. Sie haben Selbstvorsorge betrieben. Im Augenblick wird getreu dem Grundsatz: „Was Dein ist,
ist auch Mein und was Mein ist, geht dich gar nichts an“ verfahren. Wer soll denn da noch Vorsorge betreiben? Was dort läuft, ist doch hanebüchen. Es wird Klagen noch und nöcher geben.
Noch ein Problem: Die Krankenkassen, die sich immer sehr klug schätzen, aber im Augenblick richtig schwimmen, beginnen schon, PR-Gags zu starten. DAK, Techniker Krankenkasse - Techniker schätze ich eigentlich sehr, weil dort ein paar kluge Leute sind, aber deren Intelligenz scheint im Augenblick auch zu verflachen - sagen, dass sie die 10 Euro Eintrittsgeld bzw. Kassengebühr erlassen wollen, haben aber noch gar nicht durchgerechnet, welchen Verlust sie einfahren. Nun machen alle anderen Kassen das nach. Dann wird man überlegen: Wer bleibt da noch übrig, wer zahlt noch Praxisgebühr ein? - Die mit Überweisungen nicht, die anderen nicht, alle haben ihre Boni.
- Die Ärzte sowieso nicht. Die versorgen sich selber, sie sind die Preiswertesten in dem System.
Meine Damen und Herren, Sie müssen sich einmal überlegen, welch ein Durcheinander damit ausgelöst wird. Der Witz ist doch, dass es heißt, man könne dann zu einem Hausarzt seiner Wahl - und der Wahl der Krankenkassen - gehen. Nun schauen Sie bitte einmal in Gebiete an der Oder, wo es null bis einen Hausarzt gibt und sagen Sie mir, wen man da aussuchen kann!
Es ist Zeit, dass wir die Funktionäre der Krankenkassen ein wenig aus den altbundesdeutschen Wärmestuben hinaustreiben und ihnen zeigen, dass es hier noch einen Osten gibt und man diesen nicht vernachlässigen kann.
- Liebe Frau Kollegin Förster, ich sehe Ihre Begeisterung.
Ich bin kein Prophet - Herr Präsident, damit bin ich am Ende meines Beitrages -, aber eines verspreche ich Ihnen in die Hand: Die Krankenkassen werden alles tun. Nur eines werden sie nicht
- Frau Bednarsky, da stimme ich mit Ihnen überein -: den Beitrag senken. Sie werden den Beitrag nicht senken. Das werden Sie erleben. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann bei diesem Gesetz alles erkennen, Frau Fechner, bloß keinen Pfusch, sondern es ist ein sehr, sehr überlegt vorbereiteter Gesetzentwurf, der natürlich noch der Diskussion bedarf.
Ich sehe auch keinen Anlass, Frau Bednarsky, der Ideologie zu frönen und primär den Glauben in den Raum zu stellen, dass eine Einrichtung, die man privatisiert, ausschließlich auf Monetik ausgerichtet ist. Wenn das so wäre, würden Hunderte von Einrichtungen in diesem Lande nur von der Monetik bestimmt sein. Sie wissen, dass das nicht so ist.
Minister Baaske hat in seinem Vortrag die Zeitschiene ausreichend beleuchtet. Er hat die Notwendigkeit einer ergänzenden Gesetzgebung ausreichend dargestellt. Es wäre unsinnig, noch einmal darüber befinden zu wollen.
Die CDU-Fraktion stimmt auch mit der Meinung überein, dass man eine Privatisierung in diesem Bereich vornehmen kann, wie auch immer die Trägerschaft dann aussehen sollte.
Wir haben auch volle Übereinstimmung, dass der Maßregelvollzug Bestandteil psychiatrischer Einrichtungen sein sollte, wie mein Kollege Dr. Kallenbach sagte.
Wenn man die Beispiele aus Thüringen - wir haben das sehr wohl vernommen, Herr Minister Baaske - und Sachsen-Anhalt betrachtet, muss man sagen: Thüringen hat Erfahrungen mit dem privaten Maßregelvollzug, allerdings sehr geringe. Im Augenblick sind sie positiv. Sachsen-Anhalt hat eindeutig erklärt, den Maßregelvollzug in keinem Falle privatisieren zu wollen, also absolut in private Hand zu geben. Das gibt natürlich Veranlassung zum Nachdenken.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken bei diesem Gesetzentwurf haben Sie schon anklingen lassen. Wir haben auch welche. Es handelt sich dabei - wenn man Maßregelvollzug betreibt um sehr weitgehende Eingriffe in Persönlichkeitsrechte. Wenn man so etwas vorhat, muss man verfassungsrechtlich ganz sauber vorgehen. Ich glaube, das haben alle Parteien in diesem hohen Hause - die demokratischen Parteien zumindest - vor.
Wenn man an eine Beleihung oder eine Geschäftsbesorgung denkt, ist unsere Auffassung, wird man eines nicht tun können: Man wird die Fach- und die Rechtsaufsicht nicht abschieben können, man muss sie immer beim Ministerium belassen; denn es wäscht kein Regen eine Regierung glatt, wenn etwas passiert.
In dem Zusammenhang kann ich nur sagen: Es geht immer so lange gut, bis - der Himmel möge es verhüten! - etwas passiert. Dann kommen die Schuldzuweisungen. Sie haben sicherlich noch in Erinnerung, wie die Emotionen damals, zu Zeiten des Herrn Minister Ziel, am Fall Schmökel hoch schlugen. Es war sehr schwer, wieder Sachlichkeit in diese Diskussion zu bringen.
Ich meine, die Kommission, die dann tätig war, hat sehr gute Arbeit geleistet, hat für Brandenburg klare Verhältnisse geschaffen.
Deswegen - ich kann es kurz machen, auch um Wiederholungen zu vermeiden - stimmt meine Fraktion für eine Überweisung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen und auch in den Rechtsausschuss, damit die verfassungsrechtlichen Probleme, die auszudiskutieren sind, sauber behandelt werden und der Gesetzentwurf dann in sicherlich nicht allzu ferner Zukunft mit gutem Gewissen verabschiedet werden kann. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man könnte es sich eigentlich ganz einfach machen, indem man sich den Vorrednern anschließt und sagt: Der Zeitpunkt ist nicht richtig. Aber so einfach sollte man es sich nicht machen.
Als Oppositionspartei, meine ich, müssen Sie solche Anträge einbringen. Sie haben sich aber etwas in der Zeitschiene vertan. Es lässt sich wirklich noch nicht einschätzen, wie diese Gesetzlichkeit, dieses Paket, wirken wird.
Ich gebe Ihnen zu - das ist vielleicht ein ganz persönliches Gefühl -, dass einen beim Betrachten der Gesetzeswerke ein so genanntes nicht zu greifendes Gefühl beschleicht. Ich bin der Auffassung: Es ist an so vielen Stellschrauben gedreht worden, dass man die Angst hat, dass letztendlich, wenn man zur Bestandsaufnahme kommt, gar nicht mehr deutlich wird: Welche Maßnahme hat was bewirkt?
Ich möchte Sie um eines bitten: Missachten Sie bei Ihren Anträgen nicht ständig, dass es in Deutschland einen demographischen Wandel gegeben hat und dass dieser fortschreitet. Gerade bezüglich der Passage des Gesundheitsreformgesetzes bitte ich: Missachten Sie auch nicht, dass es immer noch einen medizinischen Fortschritt gibt. Man muss wissen, ob man ihn will oder nicht, und dann muss gesellschaftlich definiert sein, was man sich leisten möchte. Dann kann man sich diese Frage sicherlich besser beantworten. Es ist einfach so, dass die Wohlstandsgewinne, die in der Vergangenheit zu fast 33 % in soziale Belange geflossen sind - man konnte es sich leisten - nicht in demselben Maße weiterfließen können, weil in absehbarer Zeit - man schätzt, in 30 Jahren - 50 % notwendig wären. Das geht so nicht, sonst würde man sich in den freien Fall begeben.
Ein Punkt allerdings brennt mir auf den Nägeln; das ist eine Denkaufgabe, die wir im Ausschuss schon formuliert haben - Herr Minister, die Staatssekretärin war anwesend -, bzw. ist die Frage - wenn sie auch nicht unbedingt in den Verantwortungsbereich der Landesregierung fällt -: Wie wird die Bundesanstalt für Arbeit mit dem ihr übergebenen Auftrag umgehen? Ich befürchte ein wenig, dass die zur Errichtung der ServiceCenter notwendige Logistik fehlt und man daher in der notwendigen Zeit gar nicht zu dem entsprechenden Ergebnis kommen kann und diese Maßnahme verpufft.
Zur Gesundheitsreform noch ein Wort: Es entspricht einfach nicht den Tatsachen, dass immer mehr bezahlt werden muss. Wenn nichts getan worden wäre, hätte man noch mehr zahlen müssen. Dann wäre es eben auf den Beitragssatz abgewälzt worden. Also lassen Sie uns bitte vernünftig analysieren und darüber reden.
Ich glaube, so viel Vernunft ist auf Ihrer Seite vorhanden.
Ein letztes Wort: Was wir von der CDU bei all den Gesetzen immer wieder vermissen, sind Passagen, die eindeutig klarmachen, dass man es wirklich ernst meint damit, eine Atmosphäre in Deutschland zu schaffen, die den Unternehmer wieder dazu anregt, Unternehmer sein zu wollen,
das heißt eine Atmosphäre der Sicherheit. Diese Punkte werden noch zu wenig beachtet bzw. angepackt. In einer Zeitschrift habe ich folgenden Vergleich gelesen, der mir durchaus gefallen hat: Es nutzt nichts, neue Segel zu setzen, wenn eine Flaute herrscht. - Dem kann man sich nur anschließen.
Wir werden Ihrem Antrag, obwohl Evaluation notwendig ist, wegen der nicht einhaltbaren Zeitschiene natürlich nicht zustimmen können. Was haben Sie auch erwartet? - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eingangs sei klargestellt: Es geht uns in dieser Aktuellen Stunde nicht um das Beklagen der schwierigen Lebenssituation von immer mehr Ärztinnen und Ärzten im stationären und ambulanten Bereich, sondern es geht mit aller Konsequenz - dies müssen wir uns immer vor Augen halten - um die Sicherung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung Brandenburgs, und das zunehmend nicht nur in den Randregionen des Landes.
Lassen Sie mich nun eine kurze Situationsbeschreibung, basierend auf aktuellen Daten - nämlich vom gestrigen Tage -, vornehmen. Sonst haben wir hier nur die halbe Wahrheit auf dem Tisch und können keine exakte Analyse vornehmen.
Zurzeit fehlen im Land Brandenburg - dem Land mit der geringsten Arztdichte je 100 Betten in Deutschland - ca. 175 bis 180 Ärztinnen und Ärzte im stationären Bereich. Hierbei ist das EUArbeitszeiturteil überhaupt noch nicht berücksichtigt.
Während der berlinnahe Raum derzeit kaum nennenswerte Besetzungsprobleme hat, leiden die ländlichen Regionen - wie es bereits von meinem Kollegen Dr. Kallenbach richtig gesagt wurde - wie die Uckermark, die Prignitz und vor allem der südöstliche Raum entlang der Oder zunehmend unter Ärztmangel im stationären und ambulanten Bereich.
Fachbezogen sind die größten Engpässe in den Fachgebieten Innere Medizin - 35 Kollegen -, Anästhesie 31, Chirurgie 23,
Gynäkologie/Geburtshilfe 19, Psychiatrie 15 Kollegen - zu verzeichnen. Die Anästhesiologen nehmen dabei eine Schlüsselstellung ein, da sich die Anzahl der Operationen auch an ihrer Verfügbarkeit orientiert.
Geradezu bedrückend ist die Tatsache, dass selbst 10 Chefarztstellen nicht mehr besetzt werden können - und das trotz guter materieller Einsatzbedingungen. Ein früher undenkbarer Zustand!
Integrierte Versorgung, verehrter Herr Kollege Kallenbach, ja. Aber glauben Sie doch bitte nicht, dass in einem unterbesetzten Haus mit schon erhöhter Arbeitsbelastung auch noch die ambulante Versorgung garantiert werden kann. Wir sollten uns hüten, hier ex cathedra irgendetwas zu versprechen, was an der Basis dann nicht ausgestaltet werden kann.
Die ambulante Versorgung wartet mit ähnlichen Hiobsbotschaften auf. So sind derzeit 193 so genannte Arztsitze im niedergelassenen Bereich zu verzeichnen, davon 143 Hausarztsitze und 50 Facharztsitze. Besonders dramatisch stellt sich die Lage bei Betrachtung der hausärztlichen Versorgung dar. So ist - auch das ist keine Angstmacherei -, wenn man den hausärztlichen Versorgungsgrad in Prozent ohne Ärzte älter oder gleich 60 Jahre nimmt - da muss man ja weiter denken -, sage und schreibe in rund 63 % aller Kreise eine hausärztliche Unterversorgung zu konstatieren bzw. droht in den nächsten Jahren. Nur die Kreise Oberhavel, Elbe-Elster und Barnim sowie die kreisfreien Städte Potsdam, Cottbus und Frankfurt (Oder) bilden zurzeit eine rühmliche Ausnahme.
- Danke, Frau Birkholz, Sie haben ja Recht.
Das hat nichts mit Ängsteschüren zu tun, wie uns die Kollegen der SPD in der Vergangenheit - heute tun sie es nicht - so oft vorwarfen, sondern ist nüchterne Realität.
Nein, das machen Sie heute nicht mehr.
- Ich habe es nicht gehört.
Bei gleicher Betrachtungsweise bei den ambulanten Fachärzten der Fachrichtungen Anästhesiologie, Hautkrankheiten, Nervenheilkunde, Orthopädie, Augenheilkunde und Radiologie sowie Urologie wird es ebenfalls empfindliche Engpässe geben.
Beachtenswert in diesem Zusammenhang ist die Festlegung, dass eine bedarfsgerechte Versorgung - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen - bereits dann als gewährleistet gilt, wenn mehr als 50 % der benötigten Fachärzte für die Versorgung im Kreis vorgehalten werden. Das stelle man sich einmal in einer öffentlichen Verwaltung vor!
Wenn wir weiter zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Zahl der Absolventen eines Medizinstudiums zwischen 1994 und 2000 um 23 % gesunken ist und die Zahl der so genannten Stu
dienabbrecher bei ca. 20 % eines Studienjahrgangs liegt sowie sich die Zahl der Approbationen - der Zulassung zum Arztberuf; Lauterbach übrigens hat sie nicht, er ist zwar Mediziner, aber kein zugelassener Arzt - zwischen 1994 und 2000 um 25 % vermindert hat, dann offenbart sich die ganze Tragweite der sich langsam anbahnenden Katastrophe. Lassen Sie es mich so deutlich benennen! Auch das sind nackte Zahlen und kein Lobbyistengerede, als das es so gern abgetan wird.
Vor diesem Hintergrund und - jetzt muss ich einmal deutlich werden - angesichts einer chaotischen, Tag für Tag aufs Neue verunsichernden Gesundheits-, Sozial- und Rentenpolitik der Bundesregierung
erweist sich die von der SPD initiierte Aktuelle Stunde geradezu als mutige Selbstentleibung.
Daher wissen wir Ihr persönliches Engagement, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, hier in Brandenburg richtig zu schätzen.
Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass auf Betreiben der CDU in diesem Hause die Landesregierung und die Kommunen, damals noch unter Herrn Minister Ziel, zu aktivem und koordiniertem Handeln aufgefordert wurden. Bescheidene Ergebnisse sind bisher im Zusammenwirken mit der Kassenärztlichen Vereinigung, mit den Krankenkassen, dem Verband der Ersatzkassen, der aus strukturellen Gründen öfter extra darum gebeten wurde, erreicht worden.
Wenn wir, wie im Antrag der SPD-Fraktion zur Aktuellen Stunde angekündigt, wirklich zur Versachlichung der Diskussion einen Beitrag leisten wollen, dann beschreiben wir bitte zuallererst die Lebenssituation der so genannten Leistungserbringer, der Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern und Niederlassungen. Die insgesamt 128 von fast 3 000 Ärzten in Polikliniken, die Sie als Rammbock ins Feld führen wollen, sind hier selbstverständlich inbegriffen. Werden wir uns jedoch noch einmal klar, dass es dabei in allererster Linie um das jetzige und noch mehr um das künftige Wohl und Wehe der Patienten geht und nicht um das angebliche Einkommen der Ärzte, wie Gewerkschaftsbonzen, einige Kassenfunktionäre, schlecht recherchierende Journalisten und nicht zertifizierte Politiker, allen voran das Gutachterpanoptikum der Bundesgesundheitsministerin, gebetsmühlenartig verkünden - dies stets uneinheitlich, aber dafür konstant.
Vor Ort, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir versuchen, den Ärztinnen und Ärzten trotz steigender Leistungsverdichtung einige Erleichterungen zu verschaffen. Neben besserer Honorierung von oft unzumutbaren Hausbesuchsdistanzen in ländlichen Regionen, der Zulassung von Zweitniederlassungen im Sinne von Außenstellen, der Umsatzgarantie für junge oder alte Existenzgründer, der Zulassung einwandfrei deutsch sprechender ausländischer Kollegen kommt es besonders darauf an - Herr Kallenbach, da bin ich voll auf Ihrer Seite -, den Kommunen klarzumachen, dass es ihre Ärzte sind, die sie in ihrem
Gebiet brauchen - so wie in anderen Ländern auch. Lassen Sie uns bitte an dieser Stelle ansetzen. Der Einsatz ausländischer Ärztinnen und Ärzte, den wir ausdrücklich unterstützen, wird nicht die Lösung, sondern immer nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein.
Auch erscheint es mir geradezu müßig, über Umsatzgarantien zu sprechen. Meine Damen und Herren, vergleichen wir diese Situation einmal mit der eines Bäckers, der in Bernau oder Eberswalde als einziger tätig ist. Was muss der für Brötchen backen, wenn er Umsatzgarantien braucht?
Viel wichtiger noch ist es, endlich wieder das Image des ärztlichen Berufsstandes so zu sehen, wie die Patientinnen und Patienten das in überwältigendem Maße tagtäglich empfinden. Das kostet nicht einen Pfennig, sondern nur den Willen, objektiver zu sein.
Wir sollten nicht zulassen - Herr Minister Baaske, nehmen Sie diesen Wunsch bitte nach Berlin mit -, dass Woche für Woche, Tag für Tag, ja manchmal Stunde für Stunde der Brandenburger Bevölkerung ein Bild von den Regierungsverantwortlichen gezeichnet wird, das mit der Realität nichts mehr gemein hat und nur eines erzeugt: eine allgemeine, leider wiederkehrende Verunsicherung, die wir dann hier mühselig wieder beseitigen müssen.
Was Frau Bundesministerin Schmidt und ihre zahlreichen Kommissionäre von sich geben, ist ein Ausfluss ungeprüfter Ungereimtheiten, den selbst der Bundeskanzler nur mit schwacher Geste abzuwehren vermochte.
- Sie kennen doch Ihren Kanzler und wissen, was er dazu gesagt hat.
Der Verlust an Vertrauen in das Ansehen eines ganzen Berufsstandes ist eine der größten Fehlleistungen dieser Bundesregierung. - Nehmen Sie das bitte so, wie es ist.
Wer Staatsmedizin will, muss das unumwunden sagen. Die Niederlande, die keine Fachärzte in freier Niederlassung mehr kennen, nur noch Angestellte an den Krankenhäusern, wissen schmerzlich um die Beeinträchtigung der Basisversorgung ihrer Patienten. Auch Großbritannien kennt die Restriktionen einer Staatsmedizin nach zukünftig Schmidt-Lauterbach'schem Zuschnitt, wenn das so kommt, was ich nicht hoffe. Zum Beispiel sind dort lange Wartezeiten auf planbare Operationen für Patienten ohne Zusatzversicherung gang und gäbe. Dafür kommen diese Patienten dann nach Deutschland.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns wieder von Patientenversorgung und weniger von Krankheitsverwaltung reden. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass der Staat selbst in der Vergangenheit große und größte Hindernisse bei der Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung aufgetürmt hat: den legitimierten Raub von Versichertengel
dern, zum Beispiel in den Jahren 1995 bis 2002 im Umfang von nahezu 29 Milliarden Euro.
Ich habe 1995 gesagt: Und ich kenne die Agierenden.
Das ist offiziell geduldeter Betrug an Versicherten, machen wir uns nichts vor. Damit muss Schluss sein.
- Ich habe gesagt „legitimierter Betrug“, also darf man klauen.
- Ich könnte in Tränen ausbrechen, Herr Schippel.
Damit muss Schluss sein. Lassen Sie uns, verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD - und jetzt spreche ich Sie persönlich an, da ich von Ihnen ja überzeugt bin -,
einen gemeinsamen Bundesratsantrag gewissenhaft vorbereiten und einbringen! Die Zeit zum Handeln in den deutschen Ländern ist reif. Im Bundesgesundheitsministerium - und das ist nicht nur meine Einschätzung, das ist die Einschätzung vieler SPD-Kollegen, die mir sehr nahe stehen - fehlt derzeit jede Sachkompetenz. Sie werden das sehen, wenn man sich zwischen Lauterbach und Rürup entscheiden muss. Ich hoffe, dass wir nicht noch länger leiden. - Ich bedanke mich herzlich für die Gelegenheit, hier sprechen zu dürfen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht ist insofern positiv zu bewerten, als er kurz ist. Ich will mich nicht über meine Kollegen erheben, aber in den Redebeiträgen gehen wir am Kern vorbei. Es geht doch nicht um die Feststellung, dass es uns - wenigstens versuchsweise - gelungen ist, Vergleichbarkeit herzustellen, was die Effizienz der Rettungsdienste in den Landkreisen betrifft. Es geht vielmehr darum, den Kostenträger, die Krankenkassen, an die Stelle zu setzen, an die sie gehören. Dies ist in anderen Bereichen, zum Beispiel bei der Ärzteschaft, besonders den niedergelassenen Ärzten, und den Krankenhäusern bereits üblich.
Ich will Klartext reden - das mag dem einen passen, dem anderen nicht -: Das eigentliche Anliegen des Gesetzes haben wir 1999 auf dem Altar des Wahlkampfes geopfert. Das ist eine klare Aussage. Rebscher hat gestern in einer Veranstaltung sinngemäß gesagt - ich bin nicht berechtigt, zu zitieren -, er kenne keinen deutschen Landrat, der nicht zum Teil von der gesetzlichen Krankenversicherung ernährt werde.
Dahinter steckt kein Spaß. Die Kommunen sind aber keine Einzeltäter im Land. Darüber müssen wir uns im Klaren sein.
Ich habe mir erlaubt, Ihnen die Aufstellung - Herr Präsident, wenn es erlaubt ist, würde ich sie den parlamentarischen Geschäftsführern und den Fraktionsvorsitzenden übergeben - der so genannten Verschiebebahnhöfe der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuleiten. Sie sollen ein Gespür dafür bekommen, welche Mittel die Parlamentarier im Deutschen Bundestag - sei es unter CDU-Ägide, sei es unter SPD-Ägide - der gesetzlichen Krankenversicherung Jahr für Jahr entziehen. Dann schreien wir auf, dass das Geld nicht reicht!
- Wir müssen aber Sachen begreifen, Herr von Arnim.
Herr Minister Baaske, ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass die Kosten- und Leistungsrechnung ein Schritt in die richtige Richtung ist. Sie wird Vergleichbarkeit ermöglichen. Ich will es mit einer Pressemitteilung des Kollegen Schippel
sagen; ich habe die Pressemitteilung sehr aufmerksam gelesen, obwohl sie kryptisch ist. Er schreibt dort unter anderem: Ehrlichkeit und Öffentlichkeit gegenüber den Kommunen sind das Gebot der Stunde. - Aber, meine Damen und Herren, das ist keine Einbahnstraße.
- Man darf in diesem Hause über alles reden. Es wird aber auch umgekehrt ein Schuh daraus. Man muss auch den anderen zugestehen, alles ansprechen zu dürfen.
Ich sage es deutlich: Wir müssen die Novellierungsarbeit leisten. Die Kostenträger gehören an den Verhandlungstisch, weil sie die Einzigen sind, die einschätzen können, wie die Mittelverteilung und Mittelverwendung am besten erfolgt.
Es gibt von deren Seite kein Diktat; das wird immer behauptet. Sie verhandeln mit den Trägern des Rettungsdienstes, den Kreisen. Niemand weiß, ob es zum Schluss preisgünstiger wird. Das ist der Witz an der Sache. Vielleicht wird es auch teurer, wenn noch ein paar Leute am Tisch sitzen, die etwas davon verstehen. Ich verstehe nicht, warum wir so große Angst haben.
Geben wir uns einen Stoß. Zeigen wir, dass wir Brandenburger sind. Nehmen wir es - Herr Minister, diese Bitte habe ich langfristig ins Programm. Nehmen wir es uns als Koalition vor. Ich weiß, dass Teile der Opposition mit Sicherheit keinen Widerstand leisten werden. Bringen wir es in Ordnung, damit wir am Ende der Legislaturperiode feststellen können: Wir haben saubere Arbeit hinterlassen und sind nicht ständig wie die Katze um den heißen Brei geschlichen. - Ich bedanke mich sehr herzlich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich für die Absenkung des Pultes, nicht der Honorare.
Beim Thema Ablehnung des Beitragssatzsicherungsgesetzes sind, glaube ich, meine Vorredner, ohne dass ich sie in irgendeiner Weise angreifen möchte, einem Trugschluss erlegen. Es handelt sich hier nicht um ein Vorschaltgesetz, sondern es wird, meine Damen und Herren, auch von der PDS-Fraktion als Schnellschussgesetz bezeichnet. Wenn man Schnellschussgesetze erarbeitet, dann sollte man sich auch gefallen lassen, sich einige Worte dazu anzuhören.
Ich habe hier einen Ausschnitt aus der Ärztezeitung - sicherlich ein Lobbyistenblatt und deswegen schon von vornherein schlecht - in dem steht: Kassen leben kräftig auf Kredit; das ist keine Neuheit.
„Allein in der Regierungszeit der rot-grünen Koaliton seit 1998 hat sich die rechtswidrige Verschuldung der Krankenkassen verdoppelt und erreicht inzwischen nahezu eine Monatsausgabe. Zuletzt hatten die Kassen im Jahre 1994 ein Finanzpolster von 50 Millionen Euro.“
Da hat man schnell wieder die Zuzahlung beseitigt, Frau Birkholz, und es ging ins Minus. - Aber das nur am Rande. Wir sollten immer wissen, wovon wir reden.
Meine Damen und Herren, ich würde diesem Antrag der PDS einen anderen Namen geben wollen, nämlich: Rot-grün kassiert, die Versorgung der Patienten im Osten leidet und die Krankenkassenbeiträge steigen unaufhörlich, wie nie zuvor.
Der Antrag der PDS - das sage ich Ihnen ganz deutlich - ist vernünftig,
sowohl in der Beschlussformulierung als auch in der Begründung, bis auf einen entscheidenden Satz. - Klatschen Sie nicht zu früh!
In der Beschlussformulierung steht: Dazu ist es erforderlich, dass das Beitragssatzsicherungsgesetz im Bundesrat abgelehnt wird. - Das können wir nicht. Wir sind in einer Koalition mit unserem Partner und wir sind koalitionstreu.
Wir brauchen nicht die Belehrung durch das Bundesverfassungsgericht. Deswegen sage ich, dass das nicht geht. Deshalb ist der formale Grund, weswegen wir dieses Gesetz von vornherein ablehnen - das wissen Sie -, dass es ein Schuss in den Ofen ist, wenn ich mich hier so profan ausdrücken darf, Herr Präsident.
Meine Damen und Herren, eine Frage sei gestattet. Ich glaube, Kollege Kallenbach hat die Frage auch gestellt. Ich frage Sie von der PDS: Warum hat das Land Mecklenburg-Vorpommern im Bundesrat nicht mit Ja votiert, als es darum ging, die Auflassung dieses patienten- und wirtschaftsfeindlichen Gesetzes zu erwirken?
- Reg Dich nicht auf, Wolfgang!
Warum, meine Damen und Herren, hat das SPD/PDS-regierte Berlin am 29.11., nämlich zum gleichen Datum, nicht mit „Enthaltung“ votiert?
- Sie hätten auch anders regieren können. Die PDS ist doch im Abgeordnetenhaus und in der Regierung nicht als Pförtner tätig.
Das Verhalten zeigt, Herr Kollege Bisky - er ist leider nicht da-,
die Doppelzüngigkeit - ich sehe trotz Absenkung schlecht, Herr Bisky - der PDS und entlarvt bestens das Scheingefecht, welches billigen Wählerfang darstellt.
Aber, meine Damen und Herren, die anderen mögen da nicht so laut lachen, ich habe auch noch ein Wort zur SPD zu sagen.
- Es ist doch bald Weihnachten. - Wenn Sie es ernst meinen mit dem Entschließungsantrag, der leider von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg abgelehnt worden ist - er war ja gut, weil es dadurch im Osten etwas moderater zugehen sollte -, dann reden Sie bitte mit Ihren SPD-Bundestagsabgeordneten, zum Beispiel mit Petra Bierwirth, Frau Dr. Spielmann und Dr. Peter Danckert; mir fallen nicht alle ein. Diese müssten, wenn sie nach ihrem Gewissen entschieden, morgen im Deutschen Bundestag diesen Gesetzentwurf konsequenterweise ablehnen. Also lachen wir bitte nicht zu früh an dieser Stelle.
Herr Präsident, ich bin bemüht, schnell zum Schluss zu kommen.
Wenn ich noch ein Wort zur Begründung dieses Antrages sagen darf: Sie von der PDS haben Recht. Diese Nullrunde ist eine Minusrunde. Sie hat zur Folge, dass weniger Investitionen getätigt werden, dass die Gehälter der Mitarbeiter nicht steigen und es keine Neueinstellungen geben wird.
Dann gibt es noch etwas ganz Verwerfliches - da gebe ich Ihnen Recht. Wenn 15 000 Mitarbeiter des Gesundheitswesens vor dem Brandenburger Tor demonstrieren - das waren diejenigen, auf die man verzichten konnte, die gerade nicht gearbeitet haben -, dann sagt mir das: Wenn alle da gewesen wären, die zu dieser Zeit gearbeitet haben, dann wäre in der Bundesrepublik Deutschland „Land unter“ gewesen. Dann wäre es dunkel ge
worden. - Das soll keine Drohung sein. Wir sollten uns darüber im Klaren sein: Die Gewerkschaften mögen an dieser Stelle bitte schweigen, denn sie kämpfen um 3,5 %, was eine Sache ist, der sich in den anderen Berufsständen jetzt niemand anzunehmen getraut.
Herr Präsident, gestatten Sie mir noch eine Bitte an Herrn Minister Baaske persönlich zu richten, dann bin ich ganz brav und komme zum Schluss.
Herr Minister Baaske, ich finde es unerträglich, dass Sie auf eine Anfrage der Kollegin Birkholz geantwortet haben, es bestehe keine existenzielle Gefährdung der Praxen und der Krankenhäuser. Das ist, mit Verlaub, Zynismus. Des Weiteren haben Sie geschrieben, diese Sache trage dazu bei, dass weniger Ärzte von Ost nach West wechselten. Das ist eine Verhöhnung. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, wenn ich das so sage. Aber ich weiß ja, dass das nicht Ihre persönliche Handschrift, Ihre persönliche Diktion ist. Bitte reglementieren Sie also die Leute in Ihrem Hause, die es besser wissen sollten.
Dem PDS-Antrag werden wir aus den genannten Gründen nicht zustimmen. Scheingefechte machen wir nicht mit. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident, ich bitte mein Zu-spät-Kommen zu entschuldigen; ich musste die im Parlament herrschende Kleiderordnung für mich wieder herstellen. Ich glaube, Sie haben Verständnis dafür.
- Ja, manchmal mache ich das, weil ich eitel bin.
Meine Damen und Herren, ich beginne einmal langweilig. 1934/35 wurde das Reichsgesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens erlassen. Seitdem arbeitet man unvermindert danach. Das heißt, mit Gründung der Bundesrepublik wurde es außer Kraft gesetzt und durch Festlegungen im Grundgesetz und landeseinheitliche Regelungen ersetzt. Nach dem Beitritt der neuen Länder zur Bundesrepublik war es lange Zeit weiter geltendes Länderrecht, das später spezifiziert wurde. - So viel zur Geschichte.
Jetzt will ich zum Kernproblem kommen. Frau Fechner, ich glaube, ich habe erstmalig in diesem Hause von Ihnen etwas gehört, was mich aufhorchen ließ. Sie sagten, diese mit der Großen Anfrage abgeforderte Enzyklopädie habe eigentlich nicht weitergeholfen. Darin gebe ich Ihnen Recht. Sie hat im Hinblick auf die Zielstellung nicht weitergeholfen, verehrte Frau Kollegin Birkholz, die Sie berechtigterweise anstreben. Diese Zielstellung betrifft die Förderung der Weiterbildung. Damit sind wir beim Kernproblem des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Es geht zum einen um die Frage des Personals, also die personelle Unterdeckung im öffentlichen Gesundheitswesen, und zum anderen um die Frage des Strukturwandels.
Bekanntlich hatte der alte öffentliche Gesundheitsdienst solche Aufgaben wie die Medizinalaufsicht, den Gesundheitsschutz, die Gesundheitshilfe, die Gutachtertätigkeit, die Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung zu erfüllen. Das tut er heute noch. Viel wichtiger aber ist - das lässt man außer Acht -, dass im öffentlichen Gesundheitsdienst bereits ein Strukturwandel Raum gegriffen hat. Aus diesem Grund benötigen unsere Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst - wenn ich die Diktion der HartzKommission wählte, hieße es Ärzte for Public Health - eine qualifizierte Ausbildung; das gilt in gleicher Weise für die Mitarbeiter der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst. Wie sieht dieser Strukturwandel aus? Darauf gehen wir zu wenig ein.
Erstens gibt es im Augenblick im öffentlichen Gesundheitsdienst die Situation, dass man von der fallbezogenen Leistung, also der auf den Patienten gerichteten Leistung, mehr zur gruppen- und lebensraumbezogenen Leistung übergeht. Das heißt, der öffentliche Gesundheitsdienst darf seine Ressourcen nicht verschwenden, indem er jedes einzelne Dörfchen abklappert und guckt, ob da einer noch nicht geimpft ist oder irgendwelche Wehwehchen hat, sondern er muss zielgerichtet gruppenprophylaktische und lebensraumprophylaktische Aussagen machen unter Einbeziehung der Umweltbedingungen usw. Sonst werfen wir Perlen vor die Säue.
Als Zweites muss man den Strukturwandel von einer unmittelbaren Dienstleistung - sonst kann der öffentliche Gesundheitsdienst nicht überleben und würde überflüssig werden - hin zu einer Managementleistungsorganisation und zu einer Qualitätssicherung beachten. Den Kollegen im öffentlichen Gesundheitsdienst ist vielmehr anzuraten, ihre Kollegen im stationären und ambulanten Bereich anzuleiten, sie kollegial zu beraten und zu überwachen. Das ist Qualitätssicherung, die praktiziert werden muss.
Die nächste, die dritte Seite des modernen öffentlichen Gesundheitsdienstes - da ist unser Gesundheitsdienstgesetz leider nicht so schön, wie wir es uns gewünscht hätten, wie ich bereits damals sagte, als wir es erlassen haben - ist die Hinwendung von der Krisenintervention - immer dann, wenn es gekracht hat oder wenn das Wasser die Flussufer überspült hat wie beim Elbehochwasser - zur Krisenprävention, das heißt zur vorbeugenden Beherrschung von Situationen, die eintreten könnten.
Dazu muss ich eines sagen. Wenn Sie, verehrte Damen und Herren von der PDS, mit einem weinenden Auge gesehen haben, dass Schwangeren- und Mütterberatung nicht mehr so sehr von Ärzten des öffentlichen Gesundheitsdienstes übernommen wird, frage ich: Was sollen sie denn noch alles tun, die wenigen, die dort tätig sind und so qualifizierte Aufgaben erfüllen müssen? Es ist einfach auch kein Bedarf mehr da. Das müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen. Wenn kein Bedarf mehr da ist, deckt man so etwas nicht mehr ab. Dafür sind wir in der Bundesrepublik Deutschland und das ist gut so.
Lassen Sie mich noch ein Wort zur Frage der Zuständigkeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes sagen. Das Gesundheitsdienstgesetz hat damals, ich glaube, in der 1. Legislaturperiode, mit unserem Willen festgelegt, dass die Zuständigkeit bei den Landkreisen und kreisfreien Städten liegt. Damit hat sich das Land aber nicht ganz aus der Verantwortung gezogen. Wir haben geschrieben: „...im Zusammenwirken mit dem Land“. Es ist also dergestalt eine Aufgabe, die nach Weisung erfüllt wird. Also muss die Knete auch kommen, würde der Mann auf der Straße
sagen. Insofern, meine Damen und Herren, bin ich ganz dankbar, dass der von mir so hoch verehrte Minister a. D. Alwin Ziel am 15. Juli in einer Unterredung mit der Chefin des Landesgesundheitsamtes gesagt hat, dass es wichtig sei, hier Weiterbildung zu betreiben. Er hat sich, so weise und zurückhaltend, wie er damals war - und er konnte ja auch zuhören -, nicht so weit aus dem Fenster gelehnt. Er hat gesagt, es sei sinnvoll, dies durchzuführen. Über die Finanzierung konnte er vor Rücksprache mit der Finanzministerin natürlich noch nichts sagen.
Was will ich damit sagen? Frau Birkholz, da dürfen Sie jetzt keine Spielchen der SPD oder der CDU vermuten; so etwas machen wir auch gar nicht.
- Was meinen Sie, was wir alles dürfen! Aber das sage ich Ihnen ein andermal, vielleicht in einer etwas anderen Umgebung.
Ihr Antrag beginnt so zaghaft: „Der Landtag beauftragt die Landesregierung zu prüfen, ob durch einen Beitritt zur Akademie die besseren Voraussetzungen gegeben sind...“ Das alles wissen wir doch schon. Sicherlich wird es besser. Darüber brauchen wir uns gar nicht mehr zu unterhalten. Jetzt geht es um das Wie und darum, woher die berühmte „Knete“ kommt. Deswegen sind wir, die SPD- und die CDU-Fraktion, hier etwas weitergegangen.
Wir haben also zur Kompetenz gesagt: Landesregierung, bitte prüfe, inwieweit du in Zusammenarbeit mit den Kommunen in der Lage bist, das Problem des Beitritts zur Akademie zu regeln. Denn sinnvoll ist es, aber es muss natürlich geregelt werden. Den Kommunen müssen wir es sagen, wir können es ihnen nicht einfach so „überhelfen“. Auch muss die Finanzministerin prüfen, ob sie etwas übrig hat, was wir dann brauchen. Also vermuten Sie bitte bei uns keine Spielchen, das machen wir nicht!
- Ja, regen Sie sich wieder einmal auf, das ist dem Blutdruck zuträglich, und er geht dann auch wieder runter.
- Das glauben Sie uns nicht. Das tut uns Leid.
- Sie wissen, ich bin ein ernsthafter Mensch, Herr Vietze.
Da ist noch ein Problem. Wenn jetzt in dieser „Enzyklopädie“, wie ich sie einmal nennen will, beklagt wird, dass wir zu wenig Fachärzte für Psychiatrie im öffentlichen Gesundheitsdienst haben, so beklage ich, meine Damen und Herren von der PDS, dass wir zu wenig Fachärzte für Psychiatrie überhaupt im Land, überhaupt in der Tätigkeit im stationären und ambulanten Bereich haben. Dann können wir uns nicht darüber unterhalten, dass diese Leute gerade im öffentlichen Gesundheitsdienst zu finden sind.
Eines möchte ich an dieser Stelle noch sagen. Über die Vielfalt der Aufgaben ist hier viel geredet worden. Dazu will ich nichts
weiter sagen. Ich möchte nur noch eines tun, weil die Chefin des Landesgesundheitsamtes das einfach verdient hat. Ich kam anfangs nicht so sehr gut mit ihr überein, weil ich der Meinung war, ich müsste mit ihr ein bisschen streiten. Ich möchte ihr jetzt einmal ein ganz herzliches Dankeschön übermitteln. Vielleicht hört sie es, vielleicht findet sie es auch im Protokoll. Sie tut eine Menge in leiser Art und Weise. Sie ist unter anderem die Moderatorin der Kommission Kinderunfälle, deren Sitzungen ich schon mehrfach beigewohnt habe. Ich habe ihr in die Hand versprochen - ich glaube, Frau Birkholz, Sie waren auch anwesend -, dass wir dieses Thema einmal in den Landtag einbringen, vielleicht in Form einer Ausstellung - es muss nicht unbedingt im Plenum darüber geredet werden -, damit man weiß, dass Prävention auch etwas mit Geld verbunden ist, nämlich in Form von Information. Bei Kinderunfällen ist Information Prävention; ich brauche Sie nicht zu belehren.
Ich bitte Sie ganz herzlich, unserem Antrag zuzustimmen, weil es ja so logisch ist, was ich hier gesagt habe. Und vor der Finanzministerin mache ich den Kniefall, sie möge bitte ihre Mitarbeiter gütig stimmen. - Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ist vor polnischen Ärzten nicht bange, Frau Fechner, genauso wie den Norwegern und Schweden vor deutschen Ärzten nicht bange ist. Lassen wir das Geschwätz!
Sie seien uns herzlich willkommen, wenn sie unsere Sprache sprechen, sich verständlich machen können, den deutschen Patienten verstehen. Das gleiche Mitgefühl haben sie mit Sicherheit. Also lassen wir das bitte und kommen wir zur Sache zurück!
- Auch das ist möglich, Herr Kollege Hackel.
Lassen Sie mich eingangs auf ein kaltschnäuziges Zitat aus dem so genannten G+G-Blickpunkt der Bundes-AOK eingehen, der von einem erdrückenden Überangebot - das ist dort nachzulesen von Ärzten in der Bundesrepublik spricht und zu dem Fazit gelangt, dass viele Ärzte automatisch viel Nachfrage erzeugten und somit kostentreibender Faktor seien.
Dieser Beitrag geht in keiner Weise auf die Probleme im Osten ein, er geht in keiner Weise auf die Probleme der peripheren Regionen der neuen Länder, zum Beispiel der Oder-Region, der Uckermark und Teile der Prignitz, ein. Damit ist wiederum der alte Grundsatz untermauert: Je weniger das Gehirn von Sachkenntnis geplagt wird, desto mutiger und überzeugender die Fehlinterpretation.
Meine Damen und Herren, zur Ehrenrettung unserer LandesAOK sage ich: Sie ist nicht so schlicht und hebt sich wohltuend vom Bundes-AOK-Getöse ab. Ganz kurz zur Situationsbeschreibung:
Im Land Brandenburg sind im niedergelassenen Bereich - das sind valide Zahlen - zurzeit 46 Hausarztsitze und 32 Facharztstellen nicht zu besetzen, wenn man von einer hundertprozentigen Versorgung ausgeht. Betrachtet man einige Altkreise im Land Brandenburg, so wird deutlich, dass es hier sehr große
Ungewichtetheiten gibt. Wenn man von einem durchschnittlichen Verhältnis “Hausarzt pro Einwohner” ausgeht, das bei 1 : 1 674 Einwohner liegt, hat zum Beispiel der Altkreis Angermünde im Ist ein Verhältnis von 1 : 3 370 - dahinter steht, was die Kollegen dort zu leisten haben -, der Altkreis Wittstock von 1 : 2 516 und der Altkreis Forst von 1 : 2 485.
Zu berücksichtigen sind des Weiteren der vergleichsweise hohe Rentneranteil und die damit verbundene höhere Morbidität, also Erkrankungshäufigkeit, ein ganz natürlicher Prozess, den man immer in Rechnung stellen muss.
Die Überalterungsrate unserer Allgemeinmediziner aber, meine Damen und Herren, ist zurzeit doppelt so hoch - und sie steigt noch - wie in den westlichen Bundesländern, wenn man sie im Durchschnitt betrachten will.
Nach Angabe der Landeskrankenhausgesellschaft sind extrapoliert circa 80 freie Arztstellen in Krankenhäusern unseres Landes zu verzeichnen. Besonders betroffen sind die Fachrichtung Anästhesie, die Subspezialisierung Kardiologie und die Fachrichtung Chirurgie. So fehlen zum Beispiel in der Stadt Cottbus, was mich besonders bedrückt, sieben Anästhesisten, sodass der chirurgische Chef an der dortigen Klinik darüber nachdenkt, auch am Sonnabend und eventuell auch am Sonntag zu operieren.
Auch der öffentliche Gesundheitsdienst - Frau Birkholz, da gebe ich Ihnen vollkommen Recht - hat Nachwuchssorgen sowohl im Bereich der Amtsärzte als auch im Bereich solcher Fachgebiete wie Kinder- und Jugendgesundheitsschutz. Hier sollte - Herr Minister Ziel, Sie brauchen da Schützenhilfe von der Frau Finanzministerin - die Hartleibigkeit aufgegeben und endlich darüber nachgedacht werden, der Akademie für öffentlichen Gesundheitsdienst in Düsseldorf beizutreten, um eine qualifizierte Weiterbildung und Nachqualifizierung von Kollegen zu ermöglichen.
Welche Maßnahmen halten wir für erforderlich? Ich versuche es ganz kurz zu machen, Herr Präsident.
Meine Damen und Herren! Während wir bei Problemen der Landwirtschaft - die Landwirte mögen mir bitte nicht böse sein wie starker Frost, frühzeitiger Schnee, viel Regen oder wenig Regen in diesem Land und in diesem Landtag stets zu fraktionsübergreifenden Betroffenheitskundgebungen in Form von Subventionen zurückgegriffen haben, hinterließen die Warnungen der Fachvertreter des Gesundheitswesens in diesem Parlament stets nur den Geruch eines Lobbyistengeheuls.
Nach dieser Selbstbesinnung lassen Sie mich noch konkreter werden. Nur in einer konzertierten Aktion - darauf stellt der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen ab; wir sagen nicht, dass der Antrag der PDS vollkommen falsch ist, um Gottes willen, dazu versteigen wir uns nicht - ist es möglich, der Situation halbwegs Herr zu werden.
Herr Kollege Dr. Kallenbach hat darauf hingewiesen, dass die Landesregierung durchaus im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht und Koordinationsfunktion gehandelt hat. Die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg hat Vorschläge gemacht, die meiner Meinung nach diskutabel sind: Gehaltsangleichung an die Gehälter der West-Ärzte, Imageverbesserung, vorübergehende
Frau Birkholz, vorübergehende! - Übernahme von Arztpraxen, denn man braucht im ländlichen Bereich den selbstständigen Arzt; das steckt schon im Wort: “selbst” und “ständig”. Das heißt, bei diesem Arzt ist Heiliger Abend, wenn die Arbeit geschafft ist und nicht um 16 Uhr nachmittags - ohne dass ich die angestellten Ärzte hier bekleckern will.
Im bundespolitischen Rahmen könnte sich die Landesregierung zum Beispiel dafür stark machen, dass der so verpönte praktische Arzt, den es einmal gab, für eine vorübergehende Zeit wieder eingeführt wird, damit fachübergreifend Hilfestellung geleistet werden kann. Es wäre auch denkbar, dass die Krankenkassen zum Beispiel bei der Versorgung Mittel finden, indem sie eine Art “Buschzulage” oder “Landzuschlag” finanzieren, um die Attraktivität der betreffenden Regionen zu steigern.
Machen wir uns nichts vor: Es ist nicht die gehaltliche Strecke, die so große Probleme bereitet, sondern es sind mentale Fragen, es sind Fragen der Infrastruktur. Für viele Kollegen auch aus den westlichen Ländern, die arbeitslos sind und die sich hier im Osten bewerben könnten, beginnt in Frankfurt (Oder) die Grenze zum Ural. Das muss überwunden werden. Erst wenn man dort ein bisschen Einsicht erreicht hat, kann sich hier eine Besserung einstellen.
Sprechen wir bitte auch eines an: die Verantwortung der Kommunen. - Herr Präsident, ich komme sofort zum Ende, wenn Sie mir das noch gestatten. - Kommunen haben eine Verantwortung im Rahmen der Daseinsvorsorge. Das heißt, sie müssen sich durchaus Gedanken darüber machen, wie sie in ihren Bereichen die Ansiedlung von Medizinern, die sie ja wollen, entsprechend begleiten und nicht verhindern.
Ein Wort noch an die PDS - davor stelle ich die Bitte, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen, weil das, was darin steht, leistbar ist -: Wenn Sie sich, verehrte Frau Kollegin Birkholz ich schätze Sie persönlich sehr - nicht immer wieder im Ausschuss mit antiquierten Lösungsvorschlägen hervortun würden, wären wir heute vielleicht ein Stückchen weiter.
- Ich sehe Ihre Betroffenheit und Ihr Verständnis. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihrer Fraktion; denn wir werden den Leistungskatalog einschränken müssen und wir werden in ländlichen Bereichen mit dem Konstrukt der Poliklinik, so sinnvoll diese im Städtischen sein mag, nicht die erwünschte Lösung herbeiführen.
Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und bei Ihnen, Herr Präsident, für Ihre Geduld.
Der “Märkischen Allgemeinen Zeitung” vom 25.02.2002 war zu entnehmen, dass im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen vor dem Hintergrund des vorhandenen und des demographisch zu erwartenden Ärztemangels in Brandenburg Überlegungen angestellt werden, eine Greencard für Ärzte aus den osteuropäischen Ländern einzuführen.
Vor dem Hintergrund dieser, falls sie zutreffen sollte, grotesken Überlegung frage ich die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, über ihre reine Aufsichtspflicht hinaus zu einer Entschärfung der sich anbahnenden prekären Situation beizutragen, etwa durch gezielte Sensibilisierung der Kommunen und Kreise?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehöre nicht zu denjenigen, die Eitelkeiten an den Tag legen wollen und das, was in der 1. Lesung des Gesetzes schon richtig gesagt worden ist und jetzt wieder von den Rednern der unterschiedlichsten Fraktionen als richtig erkannt wurde, wiederholen möchten. Ich kann nur in Richtung DVU, Frau Fechner, sagen: Hinterher ist man immer schlauer. - Das sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben.
Ich glaube wie Herr Kollege Kallenbach und wie Frau Birkholz sagen zu können, dass es mit diesem Gesetz, das notwendigerweise in sehr, sehr kurzer Zeit entstanden ist, gelungen ist, die Analyse einer ereignisträchtigen und sehr emotionsgeladenen Situation in eine gelungene Synthese umzusetzen, die dann in einen Gesetzesrahmen gegossen worden ist. Wie alles, was von Menschen gemacht worden ist, ist es unvollkommen. Darüber müssen wir uns jetzt schon im Klaren sein. Es geht darum, dieses Gesetz in der Praxis zu erproben. Und dann wird man sicherlich an einen Punkt kommen, wo man sagen muss: Die Praxis hat uns gelehrt, dass an der einen oder an der anderen Stelle nachgebessert werden muss. Das ist nun einmal so und das ist mit anderen Gesetzen genauso.
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Praxiserprobung: Es ist in dieser Runde schon sehr viel von Dank in alle möglichen Richtungen und berechtigterweise auch an den Minister gesagt worden. Ich muss daran erinnern - ich habe es bereits in der letzten Sitzung gesagt -, dass der Dank hauptsächlich in die Richtung der Kolleginnen und Kollegen gehen muss, die vor Ort mit diesem Gesetz arbeiten müssen und für die dieses Gesetz eine bessere gesetzliche Grundlage zum Handeln bildet. Dazu gehört auch, dass wir die Berichterstattung - es waren ja Bestrebungen vorhanden, sich für alle möglichen Dinge Berichte liefern zu lassen - über den Maßregelvollzug auf das Maß begrenzen, welches turnusmäßig ohnehin im Rahmen der Aufsichtsbehörde vorgesehen ist. Der Ausschuss hat hier die Möglichkeit, jederzeit sein Informationsbedürfnis zu befriedigen.
Was viel wichtiger ist - darüber lassen Sie uns in Zukunft nachdenken, Herr Minister; es ist vielleicht sogar ein bisschen als Auftrag zu sehen und ich weiß, dass Sie auch mit dem Gedan
ken schwanger gehen -, ist die Frage, inwieweit in der gesamten Bundesrepublik Nachdenken einsetzen muss über die Rolle des Täters, die manchmal durch Ereignisse in den 60er Jahren etwas in ein - ich will sagen - schiefes Licht geraten ist, in dem sie nicht erscheinen sollte.
Wir müssen uns klar dazu bekennen, dass es auch nicht therapierbare Täter gibt. Wir müssen darüber in sehr verantwortungsvoller Weise, aber unmissverständlich nachdenken, auch wenn der Landtag nicht die richtige Ebene ist; denn Ansprechpartner ist der Bund.
Ein Wort an die Justiz sei mir noch gestattet: Die Justiz muss nach meiner Auffassung und nach Auffassung unserer Fraktion den jetzt schon für die Entscheidung gegebenen Spielraum besser ausnutzen. Sie darf sich die Arbeit nicht leicht machen und sie muss lernen - das habe ich schon wiederholt gesagt -, Gutachten, die erstellt worden sind, zu lesen und aufgrund der daraus gewonnenen Erkenntnisse dann einen entsprechenden Richterspruch zu fällen.