Klaus Tischendorf
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also, Herr Staatsminister, klar: Alte Kamellen, man sollte alles schlafen lassen – was auch immer. Ich denke aber – dafür bin ich schon zu lange dabei, seit 20 Jahren –, dass die Landesbank schon seit dem Jahr 2004 – das war weit vor der Finanzkrise – immer wieder durch Skandale aufgefallen ist. Diese muss man einmal benennen.
Wenn in unserem Antrag unter Punkt II steht, dass wir uns über Strukturen verständigen müssen, die so etwas verhindern – wir haben auch noch andere Beteiligungen; das sind keine Banken –, dann kann man sich darüber einmal unterhalten.
Ich will es einmal ganz plakativ machen, damit Sie wissen, was ich meine. Ein Vorstandschef unserer eigenen Bank least sich auf Kosten der Bank einen Mercedes 600 und lässt sich extra eine Anhängerkupplung daran bauen, weil er ja seine Yacht damit transportieren muss. Das waren alles Themen, die kontrolliert worden sind. Dann: Seine Lebensgefährtin, die nur einfache Bankangestellte war, war auf einmal Personalchefin, ohne irgendeine Qualifikation, und andere Dinge.
Dann tauchten im Jahr 2004 Vorwürfe auf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bespitzelt werden und ein Detektiv im Unternehmen angesetzt ist. Darüber hat sich der Personalrat beschwert. Das waren dann alles Dinge, die sozusagen vor dem Jahr 2007 erfolgt sind.
Dazu kommen die Verfehlungen der führenden Politiker der damaligen Staatsregierung. Sie haben ihre Aufsichtspflicht sträflich vernachlässigt. Ich kenne niemanden – und ich war Obmann im Landesbank-Untersuchungsausschuss –, weder Dr. Metz noch Prof. Milbradt, die gesagt hätten: Ja, ich übernehme politische Verantwortung. Dazu wären sie nämlich verpflichtet gewesen. Woher Sie es nehmen, das weiß ich nicht.
Ich habe sie selber befragt. Wenn Sie es genau wissen wollen: Der Ministerpräsident Milbradt ist dann am 14. April 2008 zurückgetreten. Er gab völlig überraschend sein Amt auf, aus Altersgründen. Die eigentliche Wahrheit war aber, dass am Wochenende zuvor die Landräte der CDU gesagt haben, wenn die Kommunalwahl so ausgeht und wenn es mit der Landesbank so weitergeht, dann geht das nicht. Sie haben gesagt: Hier ist der Herr Tillich, er wird unser Ministerpräsident. Das waren seine Altersgründe.
Das gehört zur Wahrheit in der Politik dazu,
die man, denke ich, mit erzählen muss.
Im Grunde, Herr Staatsminister, war es doch so: Mit Basel II im Jahr 1999 war das Lieblingskind des ehemaligen Ministerpräsidenten eigentlich am Boden. Das heißt, es gab gar keine Geschäftsgrundlage mehr. Man hätte diese Bank eigentlich abwickeln müssen. Es war politisch aber nicht gewollt. Der Egoismus hat über die finanzpolitischen Notwendigkeiten gesiegt.
Für mich, der am 1. September dieses Haus verlässt, waren es in meiner Mitgliedschaft von 20 Jahren insgesamt 14 Jahre, in denen ich mich mit der untergegangenen Landesbank beschäftigen musste, erst ab dem Jahr 2005 als Obmann im Untersuchungsausschuss und die letzten
zehn Jahre gemeinsam im HFA bei der Finanzierung dieses Fiaskos.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt 20 Jahre habe ich hier die unterschiedlichsten Funktionen in diesem Haus ausgeübt – ich sage Ihnen ein kleines Geheimnis; am Schluss kann man es sagen –, anfangs mehr mit der Faust in der Tasche und in den letzten Jahren mehr mit der ausgestreckten Hand. Es waren aber auf keinen Fall verlorene Jahre. Es waren gute Jahre. Man sollte eigentlich gehen, wenn einen zumindest die eigenen Leute noch grüßen.
Das ist zumindest bei mir noch der Fall. Das heißt, ich werde diesen schmalen Grat jetzt gehen und dieses Parlament verlassen.
Ernst gemeint: Es ist wieder an der Zeit, dass ich mich wieder mehr um die Menschen kümmere, die mir jahrelang den Rücken freigehalten haben, damit ich hier Politik machen konnte. Das ist, denke ich, auch gut so.
Ich wünsche allen, die hier weitermachen wollen, Gesundheit, Kraft und kluge Entscheidungen für den
7. Sächsischen Landtag, und um vielleicht einen alten Spruch meiner Partei zu bedienen: Kopf hoch und nicht die Hände.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war‘s. Glück auf!
Herr Präsident! Ich möchte ebenfalls mein Nein bei der Abstimmung begründen. Ich komme auf § 58 Kennzeichenerkennung zurück. Wenn man die Begründung des Gesetzentwurfs liest und die Debatte von heute verfolgt, dann kann man eigentlich nur mit Nein stimmen. In der Begründung des Gesetzentwurfs steht unter anderem zu Abs. 1: „Die hier geregelte automatisierte Kennzeichenerkennung stellt gerade keinen Eingriff dar, der unterschiedlich jeden trifft, der mit dem Fahrzeug eine ohne besonderen Anlass oder dauerhaft eingerichtete Stelle passiert.“ – Ich denke, die Debatte hat genau das Gegenteil gezeigt.
Des Weiteren wird zu § 59 gesagt: „Die Befugnis wahrt angesichts der Beschränkung in der Auswertung absichtlich die besonders zu verhütenden Straftaten und ihre Auswirkungen auf die rechtstreue Bevölkerung das Übermaß.“ Es würde also gewahrt.
Ich sage Nein. Hier kehrt man die Unschuldsvermutung um. Man ändert sozusagen die Rechtsstaatlichkeit. Ich kenne noch Zeiten – das sage ich trotzdem, auch wenn es
Ihnen nicht passt –, als ich ins Vogtland gefahren bin. Man hat mich gefragt, was ich denn hier im Grenzbereich wolle. Ich musste es dann ausführlich begründen. Das erinnert mich schon sehr daran – auch wenn ich jetzt in Dresden wohne –, wenn ich in meine Heimat, ins Erzgebirge, fahre und weiß, dass mein Kennzeichen ständig erfasst wird.
Ich finde das Theater, das Sie hier machen, einfach absurd. Wer ein wenig Geschichtsbewusstsein hat, weiß, wie solche Dinge anfangen. Sie haben heute damit begonnen, deshalb habe ich dagegen gestimmt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Normal fängt man als Opposition mit dem Koalitionsvertrag an und verweist darauf. Das brauchen wir aber nicht mehr. Es stand zwar im Koalitionsvertrag, dass CDU und SPD ein modernes Vergaberecht einführen, aber wir wissen ja spätestens seit der Wahl des Ministerpräsidenten, als die SPD ihre fünf Punkte aufgestellt hat, mit denen sie mitwählen, dass das dann nicht mehr dabei war. Also war es für mich von da an schon klar, dass die SPD aufgegeben hat. Insofern fange ich nicht mit dem Koalitionsvertrag an – haben Sie es gemerkt?
Ich beginne mit etwas anderem: Am 16. Oktober vorigen Jahres haben die Bundes- und Landesrechnungshöfe die sogenannte Bonner Erklärung zur Nachhaltigkeit verabschiedet. Darin forderten sie konsequent die Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen für eine nachhaltige Politik. Das ist auch richtig; denn schlechterdings kann der Staat nicht von den Bürgern verlangen, dass sie beim Einkauf auf faire Produktion oder einen hohen Umweltstandard des Produktes achten sollen, und
selbst diesem Aspekt bei der Beschaffung nur eine untergeordnete Bedeutung zumessen.
Am 16. Juni 2015 titelte die „Sächsische Zeitung“ mit der Überschrift „Harte Zeiten für Lausitzer Granit“. In dem Artikel wurde darüber berichtet, dass bei öffentlichen Vergaben kaum noch heimischer Granit aus der Lausitz, sondern vorwiegend der aus Polen und China den Zuschlag bekommt. Von den ehemals mehreren Tausend Mitarbeitern in der Lausitz gibt es heute nur noch weniger als 30, die in der Gewinnung von Granit beschäftigt sind.
Der Grund dafür sind enorme Preisunterschiede durch Löhne, durch Sicherheitsstandards, die woanders nicht so eingehalten werden, und vor allem durch die billigen Transportwege. 20 Frachtschiffe, die auf unserem Planeten umherfahren, um uns mit Waren zu versorgen, stoßen so viel Schwefeldioxid aus wie alle Autos auf diesem Planeten: eine Milliarde. Während der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister ständig schwadronieren, was in der Lausitz beim Strukturwandel zu tun sei, sind sie nicht in der Lage, die Dinge, die wir hier direkt selbst beeinflussen können – nämlich eine faire öffentliche Auftragsvergabe –, auch nur ansatzweise auf den Weg zu bringen. Das ist der Stand.
Offensichtlich sind der Koalition die Überschriften in der Zeitung wichtiger als nachhaltige Wirtschaftspolitik. Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, das hat nichts mit guter Arbeit zu tun – es ist eher das Gegenteil. Wir wollen endlich das Prinzip der Auslagerung von
Ausgaben aus Lohnkostengründen begrenzen – dazu unser Gesetzentwurf. Deshalb unterbreiten wir auch unseren Vorschlag, dass sich der Mindestlohn an der untersten Lohngruppe des öffentlichen Dienstes orientieren soll. Wenn es der öffentliche Träger selbst macht, muss er es ja auch bezahlen, und wir sehen nicht ein, dass für weniger Geld ausgeschrieben wird.
Durch die von uns vorgeschlagene Tariftreue – die übrigens in 14 von 16 Bundesländern bei der öffentlichen Auftragsvergabe gilt – kann das Qualifikations- und Dienstleistungsniveau gesichert werden. Dabei geht es eben nicht nur um die Lohnhöhe oder um die Arbeitszeit. In tarifgebundenen Unternehmen gibt es erfahrungsgemäß noch weitere Punkte, die in den Tarifverträgen stehen und die wir befördern wollen. Es geht um die Qualität von Beschäftigung, es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Beschäftigung von Menschen mit Beeinträchtigungen und um die Ausbildung. Auch im Handwerksbereich wollen wir, dass bei öffentlichen Ausschreibungen mehr tarifgebundene Innungsmitglieder den Zuschlag erhalten und nicht die Mitglieder, die ohne Tarifbindung die eigene Innung an die Wand spielen. Wir sehen nicht ein, dass dieser haltlose Zustand in Sachsen weiter politisch hingenommen wird.
Ein weiteres Beispiel aus der Textilindustrie: Im Jahr 2012 wurde eine Studie veröffentlicht, die nachgewiesen hat, dass die sächsische Polizei mit Arbeitskleidung ausgestattet wurde, die in Mazedonien unter fürchterlichen Bedingungen produziert wurde. Es ging um die Arbeitsverträge der Frauen, um die hygienischen Zustände und darum, dass die Löhne nicht zum Leben ausreichen.
Wenn wir diesen Gesetzentwurf umsetzen würden, wären solche Vergabepraktiken in Sachsen sofort beendet. Wenn wir einerseits als öffentliche Hand Aufträge vergeben, wo durch die Lohnsenkungsspirale die Löhne in Deutschland am Ende so niedrig sind, dass die Sozialleistungen aufgestockt werden müssen – sei es aktuell bei Lohnkostenzuschüssen oder später bei der Rentenzahlung, wenn das Geld nicht ausreicht –, dann zeigt es den volkswirtschaftlichen Schwachsinn, den wir uns hier in Sachsen mit unseren Steuergeldern leisten. Bei der Wertung der Wirtschaftlichkeit von Angeboten sind eben auch die Lebenszykluskosten des Produktes oder die Dienstleistungen zu berücksichtigen. Hier haben wir übrigens keine unlösbaren Probleme, sondern das ist etwas, was in anderen Bundesländern – beispielsweise in Bremen, aber auch in Schleswig-Holstein oder Hamburg – bei der Vergabe bereits Alltag ist.
Übrigens wird das in der privaten Wirtschaft bei der Vergabe von Aufträgen schon längst erfolgreich praktiziert und auch mit solchen Standards geworben. Automobilzulieferer, Krankenhäuser und verstärkt immer mehr Lebensmittel- und Textildiscounter haben das als Markenzeichen erkannt. Was dabei heutzutage manche Lieferantenketten an Zertifizierung erfüllen müssen, das wird völlig selbstverständlich hingenommen, und es ist Privat
wirtschaft. Es ist ein Vielfaches von dem, gegen das sich die Staatsregierung wehrt, als sei es der Untergang des Abendlandes. Zertifizierungen sind dazu da, dass sie die Transaktionskosten für alle Beteiligten verringern. Die Zertifizierung oder Gütesiegel sind also Branchenstandards. Deshalb haben sie auch in das Vergaberecht des Bundes und der europäischen Ebene Eingang gefunden. Man kann heutzutage glaubwürdige Siegel verlangen, das ist nichts Besonderes. Die Bundesregierung hat übrigens beispielsweise das Portal eröffnet www.siegelklarheit.de, auf dem dargestellt wird, was die Siegel aussagen und wie glaubwürdig sie sind.
Wir wollen, dass dies Bestandteil unserer Vergaben wird. Eine Lebenskostenabschätzung muss gemacht werden. Das bedeutet nicht mehr nur die Frage, was ein Produkt zum Zeitpunkt der Anschaffung kostet, sondern die Frage, was es über den gesamten Lebenszyklus kostet. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass die Kommune sagt, sie habe ganz billig eingekauft, aber die Kosten für Abfallbeseitigung oder Recycling werden auf Dritte abgewälzt, und die bleiben dann auf den Kosten sitzen.
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge spielt natürlich die ILO-Kernarbeitsnorm eine entscheidende Rolle. Das sind übrigens keine sozialen Wohltaten, sondern Mindestvoraussetzungen. Schwerpunkte sind hierbei die Formulierung und Durchsetzung internationaler Arbeits- und Sozialnormen, insbesondere der Kernarbeitsnormen, die soziale und faire Gestaltung der Globalisierung sowie die Schaffung von menschenwürdiger Arbeit als eine zentrale Voraussetzung für weltweite Armutsbekämpfung. Die Schaffung einer Vergabekammer für Aufträge auch unterhalb des Schwellenwertes zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung wird die Transparenz erhöhen. Öffentliche Aufträge sollen nur noch an Unternehmer vergeben werden, die bei der Abgabe ihres Angebotes schriftlich erklären, für sich und Nachunternehmerinnen und Nachunternehmer vollständige und prüffähige Unterlagen bereitzuhalten.
Die Durchführung dieses Gesetzes wird durch eine Vergabekontrollstelle überwacht. Vergabeprüfung unter dem Schwellenbereich soll nicht mehr bei der Rechtsaufsicht, sondern nach unseren Vorstellungen bei der Vergabekammer des Freistaates Sachsen angesiedelt werden. Damit wollen wir vergaberechtlichen Sachverstand bilden.
In der Ausschusssitzung hat sich die Koalition zu unserem Gesetzentwurf wieder einmal als Märchenerzählerin versucht. Da wurde doch ernsthaft behauptet, dass Sachsen ein besonders tolles Vergabegesetz habe, das anwenderfreundlich sei und das sich sogar andere Bundesländer anschauen und sich daran orientieren würden. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich habe bei vielen solchen Diskussionen zur Vergabe teilgenommen und kenne nirgendwo jemanden, der unser Vergabegesetz in Sachsen besonders gelobt hätte. Doch die Koalition behauptet ernsthaft, dass wir mit unseren Vorschlägen nur Bürokratie schaffen und damit
den Standortvorteil gegenüber anderen Bundesländern verspielen würden.
Das Auftragsverhalten ist aber immer ein Spiel der Konjunktur. Wenn nämlich die These stimmen würde, dass die Landesvergabegesetze das entscheidende Kriterium seien, dann müssten uns die Unternehmen hier in Sachsen bei unserem Vergabegesetz die Bude einrennen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Wir haben in Sachsen bei der Auftragsvergabe die gleichen Probleme wie die anderen Bundesländer. Unser Gesetzentwurf ist mit den Gewerkschaften, mit dem Bündnis „Sachsen kauft fair“ und mit dem BUND gemeinsam erarbeitet worden und soll dazu führen, dass Sachsen ein Stück weit an die bundesrepublikanische Normalität anknüpft – nicht mehr und nicht weniger.
Das derzeitige Sächsische Vergabegesetz stellt keinen Bezug zu den Herstellungsbedingungen eines Produktes her und kümmert sich auch nicht um die Kosten für die Entsorgung dieser Produkte. Es unterstützt die Ausbeutung von Mensch und Umwelt und wird nicht einmal mehr den internationalen Rechtsetzungen oder der Nachhaltigkeitsentwicklung gerecht.
Ich kann als öffentlicher Auftraggeber, wenn ich den Begriff „Wirtschaftlichkeit“ verwende, nicht nur auf den Nutzen schauen. Ich muss schauen, was mit dem Produkt verbunden ist.
Unser Gesetzentwurf erkennt veränderte Lebenswirklichkeiten an. Ob ein Gesetz neun, 23 oder 40 Paragrafen hat, ist unerheblich. Das war auch ein Vorwurf, den Sie uns gemacht haben. Niemand im Hohen Haus käme auf die Idee, unser Abgeordnetengesetz auf neun Paragrafen zu begrenzen und sich dann dafür feiern zu lassen. Für unsere eigene Handlungsgrundlage gilt das Gleiche wie heute für die Abstimmung über das Vergabegesetz: Was politisch notwendig ist, das muss auch in eigener politischer Verantwortung ausgestaltet werden
Wir werden dann bei der Abstimmung sehen, inwieweit die Mehrheit in diesem Haus dazu bereit ist, endlich eine nachhaltige und faire Vergabe in Sachsen auf den Weg zu bringen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte jetzt kein Koreferat zu dem, was ich schon gesagt habe. Ich will aber noch einiges sagen, was mir in der Debatte hier deutlich geworden ist. Es ist ja ganz gut für die Öffentlichkeit, wenn es um faire Vergabe geht.
Als Erstes haben wir gelernt, dass die AfD überhaupt gar keine Ahnung hat. Von Zertifikaten, Präqualifizierungen und anderen Dingen versteht sie einfach nichts, aber sie redet halt trotzdem. Aber das ist ja bei der AfD so eingeplant.
Ich habe gemerkt, dass die CDU weiterhin im letzten Jahrhundert verharrt, auf ihre Paragrafen besteht und sagt, es sei alles gut und richtig im Freistaat Sachsen. Ich habe es schon einmal gesagt: Die öffentliche Auftragsvergabe hier müsste ja boomen. Schauen Sie sich bitte um! Aber das nehme ich Ihnen nicht übel, weil Sie unveränderbar sind.
Dass die GRÜNEN einen Gesetzentwurf einbringen, halte ich für sehr gut. Wir werden dem auch zustimmen, weil wir gemeinsam die Debatte eröffnet haben, was die anderen nicht wollen.
Ach, Sie können doch gern herankommen und mir eine Frage stellen. Das mache ich doch alles gern mit. Kommen Sie doch her! Fragen Sie mich doch einmal etwas; dann habe ich mehr Zeit.
Aber wenn er es will!
Ich habe ja vorhin in meinem Redebeitrag gesagt, dass es nicht das Problem
von Landesvergabegesetzen ist, wie sich die Konjunkturlage entwickelt. Wir alle wissen, dass die Konjunktur so ist, dass es viele in der Privatwirtschaft gibt, die sozusagen ihre Aufträge dort abfeiern und sagen, ich beteilige mich nicht an Ausschreibungen. Es gibt übrigens gerade kleine Handwerksmeister, die Qualifizierungen und Zertifikate haben und fragen: Warum soll ich mich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen, wenn die eh nur den Billigsten nehmen? Genau diejenigen will ich unterstützen.
Das hat im Übrigen überhaupt nichts damit zutun, dass wir besonders auffällig sind. Es geht mir nur um Normalität. Ich habe es Ihnen gesagt: In 12 von 14 Bundesländern gibt es zum Beispiel den Tariflohn als Kriterium. Ich will überhaupt keine Veränderungen haben, dass wir irgendetwas ganz Schlimmes machen, sondern ich will eigentlich nur Normalität einbauen. Das wollen Sie nicht. Sie verstehen das einfach nicht. Es boomt nicht bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Das hat aber nichts damit zu tun, dass Nachhaltigkeit oder andere Dinge keine Rolle spielen dürfen.
Selbstverständlich.
Ich glaube, ich habe in meiner Rede ausführlich seziert, was ich unter Wirtschaftlichkeit und wirtschaftlichen Angeboten verstehe. Das ist eben mehr als der Preis. Ich habe Ihnen auch Beispiele genannt. Im Gesetzentwurf finden Sie gute Ansätze; dem brauchen Sie nur zuzustimmen. Insofern verstehe ich das ja alles. Trotzdem bin ich der Meinung, dass Sie überhaupt nichts verstehen
und nicht einmal bereit sind, die europarechtlichen Rahmenbedingungen wenigstens zu ändern oder die Unterschwellenvergabeordnung endlich zu ändern, wozu Sie nach dem Bundesgesetz 2016 aufgefordert sind. Dass Sie überhaupt nichts verstehen, behaupte ich weiterhin. Sie
verharren im Gestern, und das in alle Ewigkeit. So ist das bei der CDU.
Zu den GRÜNEN habe ich schon etwas gesagt. Ich bin gern bereit, die Debatte weiterzuführen.
Nun komme ich einmal zur SPD, lieber Martin Dulig. Jetzt sage ich einmal etwas als Gewerkschafter: Ich kann das Herumlamentieren ja verstehen; aber meine Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen verstehen das nun einmal nicht mehr. Die Sache ist im aufziehenden Wahlkampf doch ganz einfach: Entweder die SPD sagt, wir wollen eine ordentliche Vergabe auch in Sachsen regeln – dann müssen Sie uns sagen, mit welchen Parteien Sie es gemeinsam tun werden –, oder Sie sagen, wir wollen weiter regieren, auch wenn es mit der CDU ist, weil die anderen gar nichts machen. Dann lassen Sie aber das Vergabegesetz sein. Alles andere ist unehrlich. Sie müssen sich einmal entscheiden, was Sie den Wählerinnen und Wählern nun eigentlich sagen wollen. Klar ist, mit der CDU können Sie gar nichts ändern. Dann brauchen Sie es auch nicht mehr zu propagieren, wenn Sie regieren wollen.
Wir werden dem Gesetz übrigens zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 29 Jahre, nachdem Zentralismus und Fünfjahrespläne in Ostdeutschland überwunden schienen, versucht die AfD das Rad der Geschichte wieder einmal zurückzudrehen.
Na klar, mit Ihrer Fraktion soll das sogar noch getoppt werden. Schauen Sie mal in Ihren Gesetzentwurf!
Die AfD will mit ihrem Gesetzentwurf zwölf Jahre staatliche Bevormundung mit einem Wust von Verwaltungsbürokratie bisher unbekannten Ausmaßes installieren. Obendrauf will sie dann auch noch ein Beschäfti
gungsprogramm für die Sächsische Aufbaubank schaffen, die den ganzen Mist abwickeln soll. Das steht in Ihrem Gesetz.
Herr Michel hat sich in bewundernswerter Art und Weise inhaltlich so tief mit dem Thema auseinandergesetzt, dass ich mir einiges sparen kann; das wäre mir garantiert nicht so gelungen. Ich bewundere ihn immer wieder, wie er ernst nimmt, was Sie da schreiben. Aber, ich kann Ihnen kurz unsere Eckpunkte zum Gesetzentwurf sagen, das geht dann wesentlich schneller.
Sie wollen also ein weiteres Sondervermögen und wollen dafür sorgen, dass weiter wachsende Intransparenz zum Staatshaushalt erfolgt.
Sie nehmen aus dem Kernthema Staatshaushalt etwas heraus und wollen es woanders hinschieben mit Ihrem Sondervermögen. Sie wollen die Schwächung des Haushaltsgesetzgebers, also dieses Gremiums, damit erreichen, weil das ja alles in einem Fonds geregelt wird. Sie schaffen – ich habe es schon gesagt – ein bürokratisches Verfahren zur Fördermittelbeantragung. Schauen Sie einmal nach, wer da alles mitarbeiten soll, bis hin zum Sächsischen Städte- und Gemeindetag, der mitreden soll, und die Sächsische Staatskanzlei.
Ich muss Ihnen sagen: Wenn man sich einmal die konkret zu fördernden Bereiche anschaut, die Sie wollen – alles ist denkbar. Es ist immer alles Beliebigkeit. Sie haben gar keine Zielrichtung. Sie schreiben einfach nur hinein, was sowieso alles gefördert wird, und das muss man hineinschreiben.
Es bleibt eigentlich unklar, was die Maßnahmen erreichen wollen, was Sie damit machen wollen. Dann schreiben Sie auch noch frecherweise hinein – ich nehme noch einmal ein Zitat, das Sie gebracht haben, als Sie den Antrag eingebracht haben, dass Sie den ländlichen Raum nach dem Landesplanungsgesetz von 2013 stärken wollen. Sie haben auch noch bei der Einbringungsrede – ich habe noch einmal geschaut – den Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz, Herrn Rolf Schmidt, zitiert, der geklagt hat, dass zu wenig Geld im ländlichen Raum da ist, was auch immer.
Den haben Sie hier zitiert im Tagesordnungspunkt 7, Erster Entwurf Gesetz zur Stärkung der Kommunen im ländlichen Raum.
Ich gebe Ihnen dann das Blatt, dann erinnern Sie sich wieder dran, da steht es nämlich drin.
Also, Landesplanungsgesetz von 2013, ich darf es Ihnen hier nicht zeigen. Wissen Sie eigentlich, was ländlicher Raum ist? Annaberg-Buchholz ist es nämlich gar nicht. Und wenn ich nun mal zum Erzgebirgskreis komme, dann kann ich Ihnen Städte nennen: Aue, Grünhain, Beierfeld, Zwönitz, Auerbach, Thalheim usw. usf. Über die Hälfte
im Erzgebirgskreis würde gar nichts von Ihrer Förderung erhalten, weil Sie ja nur den ländlichen Raum fördern wollen. Nun sagen Sie mir einmal, was Sie damit erreichen wollen. Genau die Leute, die sich im letzten Jahr beschwert haben, dass es anders sein soll, grenzen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf aus. In der Stellungnahme zum SSG haben Sie es ja faktisch auf den Punkt gebracht – ich zitiere –: „Finanzkraftverschiebungen in dieser Größenordnung und Dauer müssen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein und daher näher begründet werden.“ Daran fehlt es bislang, aber Sie werden es ja dann begründen.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es den Gesetzentwurf gibt, ist eigentlich gut und keinesfalls schlimm. Gut ist der Vorschlag, weil er in entwaffnender Ehrlichkeit das Unvermögen der AfD aufzeigt – trotz jahrelanger Anwesenheit hier in diesem Hohen Hause –, auch nur ansatzweise verstanden zu haben, was eigentlich kommunale Selbstverwaltung ausmacht. Das ist aber auch nicht schlimm. Schlimm ist es deshalb nicht, weil der geschriebene Unsinn, den wir heute vor uns liegen haben, niemals den Weg durch dieses Parlament finden wird. Ich hätte ja nicht gedacht, dass es der AfD doch noch einmal gelingt, ihr eigenes Niveau noch weiter zu unterbieten, aber Irren ist ja menschlich.
Der Ansatz der Fraktion DIE LINKE ist ein anderer: Wir setzen auf die Kraft der kommunalen Selbstverwaltung und Stärkung der Eigenverantwortung. Wir wollen die kommunale Ebene mit der originären Finanzausstattung in den Städten und Gemeinden verbessern. Dazu werden wir im nächsten Doppelhaushalt unsere Vorschläge bringen – wir sind ja gerade in der Diskussion –; es sind garantiert nicht Ihre Vorschläge und wir brauchen auch nicht diesen unausgegorenen Vorschlag von der AfD und keine Belehrung von rechts außen und lehnen diesen Antrag ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf meiner Fraktion ist das Ergebnis einer eineinhalbjährigen Zusammenarbeit mit dem DGB Sachsen und der Initiative „Sachsen kauft fair“.
Der Erarbeitung vorausgegangen waren öffentliche Veranstaltungen, gemeinsame Beratungen zu den Ergebnissen der Anhörung unseres vorgeschalteten Antrages – Sie kennen ihn – „Quo vadis – sächsisches Vergaberecht“ aus dem Jahr 2016. Die Koalition vereinbarte im Koalitionsvertrag, dass sie spätestens bis zum Jahr 2017 ein modernes Vergabegesetz schaffen will. Das Versprechen ist weiterhin offen, obwohl die Regularien, nach denen öffentliche Aufträge vergeben werden, dringend überarbeitet werden müssen.
Der Gesetzentwurf harmonisiert auf der einen Seite die bundesrechtlichen Regelungen und setzt auf der anderen Seite landesspezifische Akzente, die wir als erforderlich ansehen. Vor allem aber erhebt er sozialverträgliche Arbeitsbedingungen zum Standard. Das nützt nicht nur den Beschäftigten, hierdurch können Leistungen auch hochwertiger, nachhaltiger und gemeinwohlorientierter erbracht werden.
Die öffentlichen Auftraggeber in Sachsen geben jährlich 1 Milliarde Euro für Lieferungen, Dienstleistungen und Bauarbeiten aus. Gleichzeitig gibt es einen hohen Anteil an geringfügig Beschäftigten, Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern, deren Entgelt selbst bei Vollzeittätigkeit nicht zum Leben reicht. Öffentliche Auftraggeber sollen deshalb bei Vergabeentscheidungen auch die Einhaltung von Tariftreue und Mindestentgeltregelungen berücksichtigen können.
Indem soziale, innovative und ökologische Kriterien durchgesetzt werden sollen, erfüllen sie eine Vorbildfunktion, auch für die private Wirtschaft. Es sollen kleine und mittelständische Unternehmen leichteren Zugang zu öffentlichen Aufträgen und Dienstleistungen erhalten. Dieser Gesetzentwurf gibt den Kommunen für ihre Vergabeentscheidungen verlässliche Kriterien an die Hand.
Bei Vergabeentscheidungen sind künftig soziale, umweltbezogene und innovative Aspekte einheitlich zu berück
sichtigen. Dies wirkt einer Wettbewerbsverzerrung entgegen.
Die Wirtschaftlichkeit von Angeboten soll nicht allein anhand von Preisen, sondern auch anhand weiterer Grundsätze bewertet werden. Dies verhindert Unterbietungswettbewerb zulasten der Beschäftigten, der Bevölkerung und der Leistungsqualität. Öffentliche Aufträge sollen zukünftig nur noch an fachkundige, leistungsfähige, zuverlässige und gesetzestreue Unternehmen vergeben werden. Diese müssen schriftlich erklären, dass sie ihren Beschäftigten jene Arbeitsbedingungen und Löhne gewähren, die der geltende Tarifvertrag vorgibt. Dies gilt im Übrigen auch für Leiharbeitskräfte sowie Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen.
Die Beschäftigten müssen mindestens nach TV-L bezahlt werden. Wir haben dazu einen Vorschlag: Entgeltgruppe 1, Stufe 2, für das Tarifgebiet Ost. Unser Grundsatz ist: Wenn die Leistungserbringung direkt durch die öffentliche Hand erfolgt, muss sie auch nach Tarif bezahlt werden. Es gibt also nur die logische Konsequenz, dass dies der Mindestbetrag ist.
Vergabeverfahren sind möglichst so zu wählen und zu gestalten, dass kleine und mittelständische Unternehmen bessere Chancen haben, berücksichtigt zu werden, und – wie ich bereits sagte –: Das wirtschaftlichste Angebot ist nicht gleich das mit dem niedrigsten Angebotspreis. Dieser darf nicht entscheidend sein. Es sollen Leistungen an Nachunternehmer – ebenfalls ein beliebtes Thema – weitergereicht werden, um bevorzugt die mittelständischen Unternehmen zu unterstützen. Nachunternehmer müssen ihren Beschäftigten mindestens die gleichen Arbeitsbedingungen gewähren wie der Hauptauftraggeber. Auch dies wollen wir regeln.
Wir haben einige Bewertungsmaßstäbe zum Vergabeverfahren, zum Beispiel die umweltverträgliche Beschaffung. Güter und Leistungen, die im öffentlichen Auftrag beschafft werden, müssen umweltverträglich und energieeffizient sein. Öffentliche Auftraggeber müssen dafür sorgen, dass negative Umweltauswirkungen möglichst vermieden werden. Bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Angebots sind auch die Lebenszykluskosten in Gänze zu beachten.
Das Thema ILO Kernarbeitsnorm kennen Sie. Für mich ist es schon ein Skandal, dass es in Deutschland immer noch möglich ist, durch Kinderarbeit hergestellte Produkte in öffentlichen Ausschreibungen zu vergeben. Ich denke, darüber müssen wir sprechen. Wir wollen mit der
ILO Kernarbeitsnorm als Erstes dafür sorgen, dass Waren und Gegenstände, die unter Missachtung dieser Norm hergestellt worden sind, nicht mehr in öffentlichen Ausschreibungen gefördert werden.
Wir haben noch weitere Kriterien hinzugefügt. Die Anbieter gleichwertiger Angebote werden bevorzugt, wenn sie Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, wenn sie an Ausbildungsverbünden teilnehmen und natürlich auch, wenn sie das Thema schwerbehinderte Beschäftigte beachten.
Auch das Thema Kontrolle spielt immer wieder eine Rolle. Wir wollen, dass es eine Kontrolle, angesiedelt beim Wirtschaftsministerium, gibt. Dazu finden Sie auch Ausführungen, wie wir uns das in der Umsetzung vorstellen. Natürlich ist auch das Thema Sanktionen von Bedeutung. Wer kontrolliert, kann auch sanktionieren. Auch hierbei müssen wir neue Wege gehen und konsequenter werden, um mit Steuergeldern finanzierte Ausschreibungen entsprechend durchzusetzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes des Bundes vom Jahr 2016 ist also die Staatsregierung in der Pflicht, landesrechtliche Regelungen anzupassen. Dazu ist diese Staatsregierung leider bis heute noch nicht in der
Lage, geschweige denn, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbesserungen auf irgendeine Art und Weise den Weg ins Parlament finden.
Mit dem Vorschlag meiner Fraktion hat das Parlament jetzt direkt die Gelegenheit, sich weiterzuentwickeln, weg vom bundesweiten Schlusslicht beim Thema Vergabe,
hin zu jemandem, der Vorbild werden kann. Insoweit freue ich mich auf die Arbeit in den Ausschüssen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat schon so viel gesagt, dass ich überlegen muss, was ich noch ergänzen kann. Im Grunde kann ich mich wieder hinsetzen, aber die AfD will ihren Auftritt haben, also müssen wir gemeinsam reden.
Die zwei Punkte haben Sie schon erwähnt. Sie wollen die wahrscheinlich 800 Millionen Euro in einen Fonds für den ländlichen Raum überführen. Die AfD will wissen, wann denn nun eigentlich die Sealink Funding aufgelöst wird, damit auch der Garantiefonds aufgelöst werden kann.
Ich komme einmal zum ersten Teil. Sie haben ja auch noch den Gesetzentwurf drinstehen; der Kollege
von Breitenbuch hat es schon gesagt. Sie fordern die Errichtung eines Sondervermögens ländlicher Raum.
Jetzt schweife ich einmal etwas ab, ohne mich mit meinen Kollegen abzusprechen. Als Ausschussvorsitzender
möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal daran erinnern: Sie haben einen Gesetzentwurf eingebracht, der genau das will. Für den 13. Juni haben wir einvernehmlich eine Anhörung dazu beschlossen, und Sie wollen jetzt einfach ohne die Anhörung, ohne Sachverständige, ohne alles, was parlamentarische Gepflogenheiten sind – warum? weil sie bei der Debatte zur kommunalen Finanzierung keine Rolle spielen? –, einen Antrag dazu stellen. Das hat nun wirklich keine Logik.
Sie verzichten auf den Erkenntnisgewinn Ihrer eigenen Sachverständigen. Sie verzichten darauf, ob Ihr Gesetzentwurf überhaupt angenommen wird. Sie wollen nur sagen: „Wir wollen auch etwas für die Kommunen tun, deshalb stellen wir einen solchen Antrag.“ Eigentlich beklagen Sie immer die Altparteien, wie sie sich von den Wählerinnen und Wählern entfernen, weil sie nichts mehr mit Demokratie am Hut haben. Schauen Sie doch einmal, was Sie jetzt machen. Das ist doch ein Paradebeispiel. Sie haben die Möglichkeit, parlamentarisch zu agieren, und machen es genau umgekehrt, nur des Populismus wegen. Das ist doch Ihr Ansatz, damit Sie überhaupt noch eine Rolle spielen.
Deshalb mein Rat als Ausschussvorsitzender: Warten Sie doch wenigstens erst einmal Ihre eigene Anhörung ab, bevor Sie hier irgendeinen Antrag stellen.
Aber auch inhaltlich, denke ich einmal, kann man dem Antrag der AfD zum ländlichen Raum nicht folgen. Sie kennen unsere Position, die zurzeit öffentlich debattiert wird, was die kommunalen Finanzen betrifft. Wir sind für mehr kommunale Selbstverwaltung. Wir sind für eine Erarbeitung des FAG in diesem Bereich. Dazu gibt es bereits eine laufende Debatte. Wir haben unseren Vorschlag eingebracht. Aber ich kann schon nachvollziehen, wenn Sie, Herr Kollege Barth, das hier so einbringen, dass Sie keinen Ansatzpunkt finden. Der Kollege Wippel hat vorhin bei Ihrem eigenen Gesetzentwurf gesagt: „Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.“ Dem füge ich hinzu: Auch diesmal wird es bei der AfD wieder richtig peinlich, wie Sie es überhaupt machen: weder gut gemeint noch gut gemacht.
Sprechen Sie mit den Bürgermeistern, dann finden Sie auch heraus, was diese eigentlich wollen: garantiert nicht Ihren Gesetzentwurf und schon gar nicht Ihren Antrag.
Vielleicht noch zu Punkt 2 des Antrages – das hat der Kollege auch schon gesagt, deshalb will ich nicht viel dazu sagen –: DIE LINKE kritisiert ja oft die Informati
onspolitik der Staatsregierung. Ich glaube, da müssen Sie sich noch ein wenig strecken, wenn Sie uns überholen wollen. Aber meine Kollegin Meiwald hat beispielsweise gestern beim Beteiligungsbericht einiges angesprochen. Aber was den Garantiefonds und Sealink betrifft: Dazu muss ich Ihnen sagen, dass wir im Haushalts- und Finanzausschuss – egal, von welchem Finanzminister – immer ins Bild gesetzt worden sind; am Anfang etwas zu spät, das haben wir kritisiert. Dann sind wir immer ins Bild gesetzt worden. Das konkrete Datum, wann die Papiere verkauft werden können, ist bei der jetzigen Marktlage schwer zu sagen. Auch das haben wir erfahren.
Die AfD hat offensichtlich diesen regelmäßigen Ausführungen des Finanzministers intellektuell nichts hinzuzufügen und kann ihnen auch nicht folgen.
Das könnte die einzige Begründung sein, warum Sie heute diesen Antrag stellen. Deshalb sage ich Ihnen auch: Der Erkenntnisgewinn wird Sie nicht weiterbringen, wenn Sie die Voraussetzungen nicht haben. Deshalb lehnt DIE LINKE diesen Antrag ab.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, dann nehme ich eine Kurzintervention vor. Herr Heidan, wenn Sie solche Beispiele wie die Dehoga heranziehen, dann ist Ihnen anscheinend überhaupt nicht bekannt, dass es seit 2006 einen Rahmentarifvertrag mit der Dehoga Sachsen gibt, der auf § 7 des Arbeitszeitgesetzes fußt. Genau das ist die Ausnahmeregelung für bestimmte Branchen, andere Arbeitszeiten vereinbaren zu können.
Meine Kritik ist, dass Sie immer wieder vortragen, wir müssten dort etwas ändern. Ändern Sie doch etwas bei den Mitgliedern der Dehoga, dass sie endlich einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft NGG abschließen. Das ist alles geregelt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu unserer Fraktionssitzung habe ich spaßeshalber gesagt: Die Abteilung Loben und Preisen ist vor mir dran. Wir haben es gerade gehört. Das Thema ist also abgeschlossen.
Ich möchte Sie doch noch einmal ein Stück in die Historie, warum es denn eigentlich zu diesem Gesetzentwurf kommen musste, zurückführen. Ich beginne mit einem Zitat aus dem Jahr 2011. Zitate sind immer gut, hören Sie gut zu: „Der öffentliche Dienst ist geprägt von einer
merkwürdigen Ambivalenz: Wenn es der Gesellschaft gut geht, wird er nicht wahrgenommen. Wenn es aber der Gesellschaft schlecht geht, dann wird in Krisenzeiten laut nach dem öffentlichen Dienst gerufen, damit er die Probleme bewältigt, und ist dann aber auch regelmäßig Gegenstand von Neiddebatten wegen seiner vermeintlich sicheren Arbeitsplätze und wegen seiner angeblich so guten Bezahlung. Bei der Bezahlung wird dann stets so getan, als sei der öffentliche Dienst in seiner Zusammensetzung eine Ansammlung lauter Staatssekretäre, und nicht von Sektretären, von Inspektoren, von Kommissaren, Krankenschwestern, Lehrern oder Straßenmeistern, wie es faktisch ist. Denn diese und ähnliche Beschäftigtengruppen bilden das Gros des öffentlichen Dienstes.“
Einige, die länger dabei sind, werden das Zitat kennen. Es stammt aus der Laudatio des ehemaligen Vorsitzenden des Sächsischen Beamtenbundes anlässlich seines ausgelobten Negativpreises „Eule 2010“. Wissen Sie, wer diesen Preis „Eule 2010“ bekommen hat? Es war kein geringerer als der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Steffen Flath für seine Rede hier im Landtag zur Begründung der Streichung der Sonderzahlung für die sächsischen Beamten.
Genau, den schaffe ich; denn in der Haushaltsdebatte hat der damalige Fraktionsvorsitzende Steffen Flath nämlich scheinheilig vorgetragen – vielleicht erinnern sich einige von Ihnen –, dass es jetzt,
nachdem wir diese Sonderzahlung beschlossen haben, natürlich ein Gerechtigkeitsproblem gibt. Er sagte: „Ein Gerechtigkeitsproblem gibt es bei den Tarifbeschäftigten, wenn bei den Beamten nun das Weihnachtsgeld gestrichen ist.“ Deshalb solle doch die Staatsregierung bei Tarifverhandlungen in den Ländern zukünftig dafür aktiv werden, dass es nun auch bei den Angestellten gestrichen wird. – So viel zu Steffen Flath im Protokoll – Sie können es nachlesen –, begleitet von stürmischem Applaus der CDU-Fraktionäre.
Herr Finanzminister Unland, jetzt sind Sie an der Reihe. Sie verwiesen bereits bei der Einbringung des Doppelhaushaltes darauf – diese Rede habe ich mir ebenfalls angeschaut –, dass die Beamten mit der Streichung der Sonderzahlung einen erheblichen Beitrag zur Generationengerechtigkeit leisten würden.
Zum Gesetzentwurf der Sonderzahlung 2011 gehörte auch eine schriftliche Begründung, wenn Sie schon von Gerichtsurteilen sprechen. Wenn man sich diese einmal anschaut – mit dem Blick auf die Rekordhaushalte, die wir seitdem beschlossen haben –, dann wirkt es für die Beamten schon etwas zynisch.
Darin stehen drei Worte, warum das Weihnachtsgeld gestrichen worden ist:
„Konsolidierungsbeitrag der Beamten“ waren diese drei Worte. Das war die Gesetzesbegründung zum Haushaltsbegleitgesetz.
Heute wissen wir alle: Es waren nur leere Sprechblasen, genau wie jene, die vor mir geäußert wurden – weit entfernt von jeglicher Realität. Übrigens: Vom verfassungsmäßigen Handeln der Mehrheit des Landtages war dabei ganz zu schweigen. Das ist die Vorgeschichte, die wir mit benennen müssen.
Wir wissen aber auch – jetzt komme ich zu dem Teil –: nur mit der juristischen Unterstützung der Beamten, der öffentlichen Wirkung. Immerhin haben 23 500 Beamte dagegen geklagt und sind dagegen vorgegangen. 23 500 sächsische Beamte haben sich gegen diese Politik, gegen diese Streichung gewehrt.
Sie wären heute nicht dazu gekommen, hier diesen Gesetzentwurf so vorzulegen, wenn das nicht passiert wäre. Dessen bin ich mir sicher. Das Bundesverfassungsgericht hat entsprechend gehandelt, weil Sie nicht gehandelt haben. Am 17. November 2015 hat es festgestellt, dass die sächsische Besoldung in der Besoldungsgruppe A10 im Jahr 2011 verfassungswidrig war.
Eigentlich – jetzt komme ich zum Loben und Preisen – führen Sie erst seitdem Gespräche mit DGB, Gewerkschaften und sächsischen Beamten zur Tarifpolitik. Erst seitdem! Erstmals einigte man sich mit den Tarifpartnern Sachsens auf die schriftlich festgelegten Eckpunkte zur Übertragung des Tarifergebnisses. Es war das erste Mal, und das nur, weil es das Gericht so wollte. – So weit, so gut.
Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass Sie, Herr Finanzminister, es gleich nutzen – Herr Panter hat es angesprochen – und die Zeichen der Zeit erkennen. Statt einer so engstirnigen Einigung, die lediglich die vom Gericht vorgegebenen Maßstäbe zur Tarifanpassung umsetzt, wäre es an der Zeit gewesen, direkt mit dem Beamtenbund und den Gewerkschaften über die kontinuierliche Zusammenarbeit etwas verbindlich zu vereinbaren. Das, Herr Panter, wäre übrigens ganz im Sinne des Abschlussberichtes der Personalkommission. Das wäre ein konkreter Ansatz gewesen.
Bereits mehrmals wurden vom DGB und vom Beamtenbund Vereinbarungsentwürfe für eine kontinuierliche Zusammenarbeit – übrigens auf der Grundlage von § 53 Beamtenstatusgesetz – vorgelegt. Bis heute gibt es aber seitens der Staatsregierung keinerlei Bereitschaft, solche Angebote im Interesse der Beschäftigten wenigstens einmal ernsthaft zu prüfen. – Herr Panter, ich mache Ihnen Vorschläge, und Sie hören gar nicht zu.
Sie müssen nämlich mitschreiben, wenn sie diesbezüglich etwas machen wollen.
Also, meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Fazit: Meine Fraktion stimmt dem von den Beamten erstrittenen Vorschlag zur verfassungsgemäßen Alimentation zu. Damit wird jahrelanges, durch die Staatsregierung bewusst in Kauf genommenes Unrecht beendet. Mehr aber auch nicht.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, bin ich aktiver Gewerkschafter bei ver.di, und natürlich fehlt in dieser Debatte die Gewerkschaft nicht. Deshalb habe ich mich gemeldet. Jetzt werden Sie einmal in den Aha-Effekt kommen. Wissen Sie, wo die meisten Solo-Selbstständigen organisiert sind? Das sind bundesweit über 30 000 bei ver.di. Wir sind die mitgliederstärkste Interessenvertretung von Solo-Selbstständigen. Natürlich spielen die prekären Probleme, die hier angesprochen wurden, und die Arbeits- und Lebensbedingungen von Selbstständigen in unserer Bundesfachgruppe eine Rolle.
Jetzt habe ich etwas für Herrn Vieweg. Ich sage Ihnen: Die ehemals staatlich subventionierten Ich-AGs, einst die Wunderwaffe von Rot-Grün, von Herrn Schröder, sind die Hauptverlierer in dieser Sache, und das sind diejenigen, die die Mitglieder in Scharen zu ver.di treiben, und zwar in Ost und in West – so weit zur Ost-West-Debatte.
Wir haben uns in der Bundesfachgruppe bei ver.di darüber unterhalten, was mit dem gesetzlichen Mindestlohn ist. Ich kann es gleich sagen: Es ist kein pauschales Allheilmittel. Das muss man von vornherein wissen, wenn man das einführt, insbesondere nicht für Solo-Selbstständige. Die Erwerbsbedingungen – das kennen Sie auch – in den verschiedenen Branchen und Berufen sind sehr unterschiedlich. Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Ein Beispiel: Ein hoch qualifizierter IT-Spezialist verdient weit mehr als 100 Euro Stundenlohn, ein Dozent für Fremdsprache – übrigens auch hoch qualifiziert – bekommt je nach Träger zwischen 15 und 35 Euro Stundenlohn. Wenn man einmal eine freie Journalistin, wie ich sie kenne, fragt, was sie verdient – sie schreibt für ein Zeilenhonorar von 20 bis maximal 50 Cent. Sie kommt kaum auf zehn Euro pro Stunde. Wohlgemerkt: Wir reden hier erst einmal nur vom Umsatz, wir reden noch nicht von dem, was derjenige eigentlich verdient.
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung hat vor drei Jahren ausgerechnet, dass rund ein Viertel der inzwischen mehr als zwei Millionen SoloSelbstständigen in Deutschland weniger als 8,50 Euro pro Arbeitsstunde verdient. Hinzu kommen ungleiche Zahlungsbedingungen und Kosten in der sozialen Sicherung. Das ist beispielsweise davon abhängig – wir hörten es –, ob jemand in der Künstlersozialkasse ist, ob jemand Zugang zur gesetzlichen Rentenversicherung hat oder nicht. Zu zahlen sind aber nicht nur eine eventuelle Gewerbesteuer, wenn sie denn anfällt, sondern auch Beiträge zur IHK, zur Handwerkskammer und zu weiteren Fachverbänden.
Deshalb darf meiner festen Überzeugung nach ein beauftragter Solo-Selbstständiger für den Auftraggeber brutto nicht billiger sein als fest angestellte Beschäftigte in einem vergleichbaren Branchenunternehmen. Das ist die Botschaft, die wir brauchen. Wenn in der Bundesrepublik die Mindestforderung für Honorare in verschiedenen
Bereichen erhoben wird, kann das nur auf der Grundlage einer Berechnung auf Monatsbasis erfolgen. Hier sollten wir uns nicht die Augen verwischen, da Selbstständige erfahrungsgemäß unstetig arbeiten. Sie haben nicht durchgängig immer die gleichen Aufträge. Deshalb muss man das auch finanziell ausgleichen.
Es braucht auf der Auftraggeberseite zu dem sozialen Sicherungssystem für Selbstständige eine klare finanzielle Unterstützung, um sie besser abzusichern und für Auftraggeber endgültig den Anreiz zu beseitigen, dass Selbstständige als Billigkonkurrenz von abhängig Beschäftigten missbraucht werden. Das fordern wir als Gewerkschaften ganz klar.
Klar, es gibt das Bundesgesetzbuch, das kennen Sie auch. Darin steht: Sittenwidrig handelt, wer als Auftraggeber unter zwei Drittel des ortsüblichen Lohnes Aufträge vergibt. Aber Sie wissen auch, wie schwer es ist, als Selbstständiger dagegen anzugehen. Deshalb fordern wir, dass die Gewerkschaften ein Verbandsklagerecht dafür haben, um die Interessen der Beschäftigten zu vertreten. Das ist eine klare Forderung. Ich denke, der Herr Staatsminister kann sich dazu äußern.
Das umlagefinanzierte System der Rente wurde bereits mehrmals angesprochen. Ich will es nicht ausgiebig wiederholen. Ich denke, das umlagefinanzierte System ist die richtige Botschaft. Es schafft Ausgleich zwischen den gut und weniger gut Verdienenden. Es fordert übrigens weniger Bürokratie bei der Prüfung, ob überhaupt alle vorsorgen. Es macht komplizierte Übergänge – auch das kennen wir – zwischen unterschiedlichen Systemen überflüssig. Es gewährleistet allen das gleiche Leistungspaket der gesetzlichen Rentenversicherung und ist vor allem nicht den Marktrisiken kapitalgedeckter Systeme ausgesetzt. Also ganz klar: nein, keine weiteren Versorgungssysteme gerade für diesen Bereich.
Wir wollen, dass nach unseren Vorstellungen etwa für Gründerphasen, aber auch für Zeiten der Auftragslosigkeit, der Weiterbildung, in Familienphasen oder bei Krankheit für Sicherheit gesorgt ist.
Ich komme noch kurz zur Krankenversicherung: Sie wissen es, seit Januar 2009 sind alle Bürger verpflichtet, sich zu versichern. Existenzbedrohende Probleme für Solo-Selbstständige waren seitdem vor allem die hohe Bemessung der Beiträge – das spielte heute schon eine Rolle – sowie die durch Zeiten schlechter Einnahme verursachten Beitragsrückstände der Kassen, die in den letzten Jahren mit Wucherzinsen belegt waren. Auch dank meiner Gewerkschaft haben wir es geschafft, dass sie diese Praktik weglassen.
Trotzdem bleiben noch genügend Baustellen. Ich könnte noch mehr berichten, aber vielleicht sind fünf Minuten doch zu kurz. Wir
fordern deshalb, dass Selbstständige Krankenversicherungsbeiträge wie Arbeitnehmer zahlen. Das heißt, die Bemessungsgrundlage ist das reale Erwerbseinkommen.
Jetzt mache ich einen Schnitt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr gespannt, was die Sächsische Staatsregierung, die Fachminister, in dieser bundespolitischen Debatte –
– bis jetzt beigetragen haben. Gehört habe ich bisher sehr wenig.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es gibt sie noch, diese jungen Menschen, die in Sachsen im öffentlichen Dienst beschäftigt sind
und die daran glauben, dass diese Koalition es noch irgendwie ernst meint mit dem Thema Attraktivitätssteigerung; wir hatten es ja heute schon. Natürlich ist den meisten davon klar, dass es keinen großen Sprung geben wird; kleine Verbesserungen sind vielleicht möglich.
Umso mehr denken die jungen Kolleginnen und Kollegen heute, wie es ihnen mit unserem Gesetzentwurf ergehen wird; denn es sind oftmals die kleinen Dinge, die man ohne großes Geld umsetzen kann, und die jungen Beschäftigten werden sich fragen, ob es heute passieren wird.
Mit dem eingebrachten Gesetzentwurf der LINKEN haben Sie heute die Gelegenheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, für etwas mehr Gerechtigkeit für die jungen Menschen im Staatsdienst zu sorgen. Wir geben hier besonders auch einmal der SPD-Fraktion die Gelegenheit, sich in einem kleinen Schritt aus der Umklammerung der CDU zu befreien.
Im Rahmen der Tarifauseinandersetzungen im Frühjahr hatten sächsische Auszubildende mehrfach darauf hinge
wiesen, dass die Schlechterstellung der Beamtinnen und Beamten im Vorbereitungsdienst gegenüber den anderen Auszubildenden bei der Erstattung von Reisekosten im Dienstrecht nicht mehr hinnehmbar ist. Wenn ich es richtig sehe, war meine Fraktion wohl die einzige, die das Gesprächsangebot positiv aufgenommen hat, zumindest ist DIE LINKE die einzige, die da im Parlament aktiv geworden ist.
Danke. Wir stimmen durchaus den Vertretern des Beamtenbundes zu, dass es mit Blick auf die Regelungen des Bundes und anderer Bundesländer keinerlei sachliche und rechtliche Gründe gibt, die eine solche Einschränkung auch nur ansatzweise als nachvollziehbar oder gerechtfertigt erscheinen lassen.
Wenn ich eingangs von den Koalitionssprechblasen gesprochen habe, so ist es an dieser Stelle wohl angebracht, eine zu zitieren. Ich nehme die aus dem Koalitionsvertrag und finde dort folgende Worthülse: „Wir brauchen auch weiterhin gut ausgebildete, motivierte und leistungsfähige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vor diesem Hintergrund der demografischen Entwicklung wollen wir den öffentlichen Dienst nicht überaltern lassen und ihn auch für junge, qualifizierte Bewerber attraktiv gestalten.“ – Frau Friedel hat es mit ihren eigenen Worten zitiert.
Dank unserer heutigen Abstimmung können Sie mich auch gern der Lüge überführen, meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalition, und unserem Gesetzentwurf dann doch zustimmen; das würde ich ganz gern in Kauf nehmen. Wenn CDU und SPD schon der eigenen Wortkreation im Koalitionsvertrag nicht trauen, dann
könnten die Damen und Herren der Mehrheitsfraktion doch einmal den Aussagen aus dem Abschlussbericht der Personalkommision folgen: „Die zurückgehende Zahl junger Menschen und die Konkurrenzsituation zur privaten Wirtschaft und zu anderen öffentlichen Arbeitgebern bei der Suche nach gut ausgebildetem, leistungsfähigem Personal machen es notwendig, den öffentlichen Dienst im Freistaat Sachsen attraktiver zu gestalten.“
So weit einige Zitate, die die Richtung weisen. Jetzt wird es schwer für Sie, denn jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, will ich Sie einmal in die Realität der sächsischen Parlamentsarbeit zurückholen. Das wird eine Schwierigkeit für die Damen und Herren sein, die uns draußen verfolgen, aber wir müssen den Sprung wagen. Ich lese einmal aus dem Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses zu unserem Gesetzentwurf vor: „Der Vertreter der CDU-Fraktion lehnt den Gesetzentwurf mit der Begründung ab, dass sich die Beamtinnen und Beamten im Vorbereitungsdienst noch in der Ausbildung befinden und dass deren Ausbildungsvergütung im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen überdurchschnittlich hoch sei.“
Eine ziemliche Nähe – ob es Dummheit ist, weiß ich nicht –; aber jedenfalls zur Unwissenheit der AfD-Fraktion, die Folgendes gesagt hat: „Der Vertreter der AfD-Fraktion sprach sich ebenfalls gegen den Gesetzentwurf aus und begründete dies damit, dass es im Vorbereitungsdienst für Beamte auf Zeit noch nicht das ansonsten übliche sogenannte Vertrauensverhältnis gebe und damit keine ganz große Fürsorgepflicht.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ging um das Reiserecht und die Erstattung von Reisekosten, die wirklich angefallen sind. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Unwissenheit und Falschbehauptungen heute prämiert werden würden, dann hätten AfD und CDU mit diesem Schwachsinn den ersten Preis so gut wie sicher in der Tasche.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist also das Niveau, auf das wir uns bei der Auseinandersetzung im öffentlichen Dienstrecht hier im Landtag künftig einstellen müssen.
Ich kann für meine Fraktion nur sagen: Wir steigen nicht so weit mit hinab, wie dieses Niveau ist.
Bei einer derartigen fachlichen Ahnungslosigkeit ist es scheinbar auch vergebliche Mühe, noch einmal ganz praktisch auf die von uns problematisierte Ungleichbe
handlung hinzuweisen. Deshalb nur kurz und nur so viel: Es gibt einen großen Unmut unter den Anwärtern im Vergleich mit ihren Kollegen, welche die Ausbildung in Sachsen absolvieren, der gleichen Klasse oder Seminargruppe angehören, auch noch die gleiche Ausbildung anstreben, aber keinen sächsischen Dienstherrn haben. Es geht neben den geringen Bezügen – Stichwort Sonderzahlung – auch um die Kürzung bei den Reisekosten für Dienstreisen.
Fällt das etwa auch unter die Rubrik „So geht sächsisch“? Zumindest hat es sich bundesweit unter den Auszubildenden herumgesprochen. Brauchen wir keine jungen öffentlich Beschäftigten, die positiv über ihren sächsischen Dienstherrn reden?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich kann hier nur voll dem zustimmen, was der Finanzminister am 10. August in der „Freien Presse“ dazu gesagt hat; ich möchte ihn zitieren. Es ist selten, dass ich Herrn Prof. Unland zustimme, aber hier hat er recht: „Es liegt nicht am Geld und nicht an den Stellen.“ – Es liegt vielmehr an dieser Mischung aus Unwissenheit und Realitätsverweigerung von CDU und SPD.
Ich bin gespannt, meine sehr geehrten Damen und Herren der Koalition, welche Sprechblasen Sie heute finden werden, um unseren Gesetzentwurf ablehnen zu müssen – mal sehen.
Danke, Herr Präsident! – Ich will gar nicht den Äpfel-mit-Birnen-Vergleich bringen, dennoch frage ich Sie: Wären Sie dann auch dafür, dass wir eine entsprechende Regelung auch für unsere Abgeordnetendiäten treffen, die Reisekosten also nicht mehr wie bisher abrechnen, weil wir ja genügend Diäten bekommen? Das wäre ja dann gleichlautend. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Es geht um die Reisekostenerstattung. Können Sie das unterscheiden?
Können Sie es unterscheiden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt, hat der vorliegende Antrag in mir ein bisschen den Glauben zusammenbrechen lassen, dass es eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen Staatsregierung und Koalitionsfraktionen gibt. Warum? – Bereits am 30. November 2015 hat das Ministerium von Staatsminister Dulig zu einer groß angelegten Informationsveranstaltung eingeladen. Dort wurden ausführlich alle konzeptionellen Vorstellungen der Staatsregierung zur angedachten Fachkräfteallianz erläutert. Vielleicht kann Ihnen der Staatssekretär Brangs den PowerPoint-Vortrag zur Verfügung stellen. Da steht alles drin, was Sie für Ihren Antrag wissen müssen. Bereits damals waren klare Aussagen zur Einordnung und zur inhaltlichen Vorstellung der angedachten Förderung enthalten. Es ging um die dafür vorgesehene Mittelausstattung, um die Aufteilung von Regional- und Landesbudget und übrigens auch um die Arbeitsmarktmentoren für Flüchtlinge. All das wurde am 30. November besprochen.
Offensichtlich sind die CDU und die SPD nicht einmal in der Lage gewesen, am 18. Dezember 2015 den dann in der Abstimmung befindlichen Richtlinienentwurf zur Kenntnis zu nehmen. Der ist Ihnen anscheinend völlig unbekannt. Schauen Sie sich die acht Förderschwerpunkte an, die in diesem Entwurf standen. Das würde reichen, um zu erkennen, dass wir diesen Antrag heute nicht brauchen. Dort ist alles enthalten, worüber Sie heute berichten lassen wollen.
Jetzt, am 6. April, formuliert die Koalition den Antrag, um diese Berichtsschwerpunkte zu beschließen. Für mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das, wenn man sich das in der Genese anschaut, ein hilfloser Ver
such; denn das Kabinett hat am letzten Dienstag die Fachkräfterichtlinie, die das alles beinhaltet, beschlossen. Guten Morgen, liebe CDU und SPD! Endlich ausgeschlafen? Sie haben fünf Monate der Debatte versäumt und wollen sich heute berichten lassen, warum Sie es versäumt haben.
Spannende Frage. Ich will gar nicht auf den Inhalt der Richtlinie eingehen. Aber vielleicht kann das – schade, es ist nur eine Vertretung der Staatsregierung da; ach ja, Sie werden das bestimmt in Ihrer netten Art und Weise tun – jemand inhaltlich begründen.
Vielleicht können Sie eine Bitte mitnehmen. Der Herr Staatssekretär ist ja auch da. Mir geht es um die Anlaufschwierigkeiten dieser Förderrichtlinie, die sich jetzt schon abzeichnen. Vielleicht kann sich die Koalition darüber Gedanken machen. Der Start ist zeitlich um vier Monate nach hinten verschoben worden. Das führt dazu, dass die förderfähigen Anträge nicht wie geplant im März, sondern erst am 29. April bei der SAB eingereicht werden. Wer sich damit beschäftigt, was meine Vorredner gesagt haben, der weiß, dass es eine Weile dauern wird, bis sinnvolle Projekte entstanden sind.
Es stellt sich nun die Frage, vor allem für zukünftige Projektträger: Inwieweit können die Mittel, die für 2016 zur Verfügung stehen, auch in diesem Jahr abfinanziert werden, und reichen die vorhandenen Verpflichtungsermächtigungen überhaupt aus? Können Projekte, die über mehrere Jahre gehen, auch durchfinanziert werden? – Das sind spannende Fragen. Vielleicht können Sie diese noch beantworten. Vielleicht schreibt die Koalition dazu aber auch wieder einen Berichtsantrag.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Langem verliert Sachsen junge und gut ausgebildete Fachkräfte. Ein Hauptgrund ist die in Sachsen jahrelang praktizierte Niedriglohnstrategie. Die Löhne liegen im Durchschnitt nur bei 77 % des Bundesdurchschnitts. Sachsen ist das am meisten von der Einführung des Mindestlohnes betroffene Bundesland. Die Attraktivität des Freistaates muss sich durch gute Bezahlung sowie gute Arbeits- und Ausbildungsbedingungen verbessern. – So weit gehen wir konform.
In den gegründeten Fachkräfteallianzen auf regionaler und auf Landesebene sollen alle relevanten Akteure für Ausbildung und den Arbeitsmarkt, insbesondere die Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Kammern und Staatsregierung, zusammenarbeiten. Wir finden das richtig und können es nur unterstützen.
Der DGB Bezirk Sachsen und die Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft hatten sich übrigens diesbezüglich in
einem gemeinsamen Brief an den Ministerpräsidenten und den stellvertretenden Ministerpräsidenten gewandt,
endlich einen qualifizierten Dialog zur Fachkräfteentwicklung auf den Weg zu bringen. Das ist richtig. Starke Sozialpartner sind eine wesentliche Grundlage für gute Arbeitsbedingungen. Gute Arbeit ist der Schlüssel zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Stabile Arbeitsverhältnisse und gute Löhne sind eine Grundvoraussetzung, um gute Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.
Dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat der Flächentarifvertrag eine herausragende Bedeutung.
Tarifbindung ist ein Erfolgsfaktor für Fachkräftesicherung, dagegen führt Tarifflucht zum Fachkräftemangel. Gute Arbeit ist eine Voraussetzung für Innovation und damit auch für Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die Strategie einer zukunftsfähigen Entwicklung Sachsen heißt: besser statt billiger, und sie verknüpft Wachstum mit Beschäftigung und Nachhaltigkeit.
Jugendberufsagenturen, zum Beispiel nach dem Hamburger Modell, leisten einen Beitrag, um alle Jugendlichen systematisch bei der Berufsfindung und Integration in der Ausbildung zu unterstützen. Sie bündeln die verschiedenen Akteure und Träger: Arbeitsagenturen, Jobcenter und die Jugendhilfe. Sie bieten Hilfe aus einer Hand.
Allgemeinbildende Schulen sind ebenfalls ein unverzichtbarer Partner, wenn es um Fachkräftesicherung geht. Unter dem Motto „kein Jugendlicher darf verloren gehen“ kann so sichergestellt werden, dass für jeden Schüler der optimale Weg für die Ausbildung oder auch das Studium gefunden wird. So sollte Sachsen die Schaffung von Jugendberufsagenturen nach dem Hamburger Modell konsequent weiterverfolgen.
Sachsen ist das Bundesland, welches am stärksten von der Einführung des Mindestlohnes betroffen ist. 31 % der sächsischen Betriebe waren davon betroffen. 52 % aller erwerbstätigen Frauen in Sachsen sind atypisch beschäftigt. Bei der Tarifbindung belegt der Freistaat Sachsen mit nur 16 % den letzten Platz im Vergleich der Bundesländer. Der hohe Anteil an Leih- und Werksarbeit, Niedriglöhnen und fehlender betrieblicher Mitbestimmung sind wie ein Klotz am Bein der sächsischen Wirtschaft; ihn gilt es endlich loszuwerden, wenn deren Innovationskraft gesteigert werden soll.
Die Themen Zuwanderung und Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in der Ausbildung und im Arbeitsmarkt haben in Sachsen leider lange eine untergeordnete Rolle gespielt. Der Mainstream setzte eher auf Abschottung bei gleichzeitigen Anwerbeversuchen von Hochqualifizierten oder nur bestimmten Berufsgruppen. Die Zahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund ist im Übrigen im Vergleich mit anderen Bundesländern nach wie vor viel zu gering. Noch immer fahren viele qualifizierte ausländische Arbeitskräfte durch Sachsen hindurch, weil sie anderswo bessere Arbeits- und Entlohnungsbedingungen finden.
Ein weiteres Hindernis ist die hier nur wenig ausgeprägte Willkommenskultur. Ich denke, mir wird keiner wider
sprechen: Das ist eine große Aufgabe, der wir uns alle stellen müssen.
Bei der Fachkräfteentwicklung in Sachsen sollte sowohl die Zuwanderung von Fachkräften und die Förderung der Mobilität von Beschäftigten im Grenzraum, als auch die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund einbezogen werden. Die Integration in den Arbeitsmarkt muss dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgen. Es darf keine Ausnahmen bei Arbeits- und Sozialstandards geben.
Dies gilt selbstverständlich auch für den Mindestlohn. Das Grundprinzip gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für gleiche Arbeit am gleichen Ort muss allen Beschäftigten – egal, welcher Herkunft – zugestanden werden.
Beschäftigung und Qualifizierung älterer Arbeitnehmer ist ein Problem, das wir weiter voranbringen müssen. Angesichts des demografischen Wandels können wir auf die Fähigkeiten älterer Beschäftigter nicht verzichten. In vielen Betrieben ist bereits ein Umdenken im Gang, das wir sehr begrüßen und unterstützen – im Übrigen auch das Thema Menschen mit Beeinträchtigungen. Es ist in der Not geboren, es werden zunehmend mehr Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Für mich stellt sich nun die spannende Frage an all die Kritiker, die bisher gesagt haben, es ginge nicht, Menschen mit Beeinträchtigungen in Arbeit zu bringen: Sind die Argumente auf einmal weg, weil diese Menschen dringend gebraucht werden? – Darüber sollte man auch nachdenken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund seiner Lage im Dreiländereck – Sachsen, Tschechien, Polen – sollten die Strategien der Fachkräfteentwicklung auch die Nachbarländer und die Entwicklung des gemeinsamen Grenzraumes beachten. Um das Dreiländereck insgesamt als Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensraum weiterzuentwickeln, bedarf es einer interregionalen Strategie. Die Integration im Arbeitsmarkt im Dreiländereck muss vorangetrieben werden, um Fachkräfteentwicklung im Sinne von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Arbeitsuchenden und Unternehmen zu gestalten. Da nach wie vor Unterschiede in der Entlohnung sowie bei den Arbeits- und Sozialstandards direkt aufeinandertreffen, ist es eine zentrale Herausforderung, die Arbeitnehmermobilität unter fairen Bedingungen zu gestalten.
In Sachsen ist Teilzeitarbeit eine Frauendomäne. 78 % der Teilzeitbeschäftigten sind Frauen. Eine besonders prekäre Form weiblicher Teilzeitbeschäftigung mit hohem Missbrauchspotenzial sind die Minijobs. Hierbei sollte auch die Fachkräfteallianz in der Fläche ansetzen.
Eine vorausschauende Arbeitsmarktpolitik ist der Schlüssel zur Sicherung des Fachkräftebedarfs. Dabei müssen wir verschiedene Zeithorizonte – Kollege Krauß sprach es bereits an – in Betracht ziehen. Es geht um die nächsten fünf Jahre und um eine längerfristige Bewertung. Eine Voraussetzung sollte eine regionalisierte und branchenorientierte Bedarfsanalyse am Fachkräftebedarf sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! An diese Stelle breche ich inhaltlich ab. Ich merke, Sie hören interessiert zu, aber meine Zeit ist begrenzt. Ich möchte deshalb am Ende meiner Ausführungen auf die in der vorigen Woche vom Kabinett verabschiedete Fachkräfterichtlinie eingehen. Im Grundsatz ist der vorgeschlagene Ansatz für die regionalen und landesweite Fachkräfteallianz richtig. Er lässt genügend Spielraum für die individuelle Ausgestaltung von Projekten. Insbesondere die Gewerkschaften zu beteiligen, begrüßen wir. Wir hätten uns gewünscht, dass es „die“ Gewerkschaften heißt und nicht nur eine Gewerkschaft; denn es gibt viele Spartengewerkschaften. Die Arbeitgeberseite ist aus unserer Sicht – wenn man es bösartig sieht – etwas bevorteilt. Wir sollten also durchaus noch einmal darüber nachdenken.
Übrigens war es in vielen Fachkräftenetzwerken bis jetzt nicht der Fall, dass Gewerkschaften vertreten waren. An dieser Stelle ist es wirklich ein Fortschritt.
Die hohe Konzentration der Fördermittel auf die sogenannten Regionalbudgets ist aber Chance und Risiko zugleich. Es sind sachsenweite Initiativen notwendig, die nicht von jedem Landkreis einzeln entwickelt und umgesetzt werden sollten. Das Risiko, das ich meine, besteht darin, dass die Richtlinie eine neue Kleinstaaterei befördern könnte. Ich sage: könnte.
Herausforderungen bei der Fachkräftesicherung richten sich häufig nach Betriebsgrößen, nach Branchen, nach Wertschöpfungsketten, die nicht an Stadt- und Landkreisgrenzen haltmachen. Das ist die Herausforderung und Schwierigkeit. Fraglich bleibt beispielsweise, ob jeder Landkreis für sich Fachkräftekampagnen und Maßnahmen zur Öffentlichkeitsarbeit umsetzen wolle. Ich halte es für wenig zielführend, als Landkreis eine Anwerbeplattform zu betreiben. Auch das sollten wir bei der Förderung bedenken.
Mit den Fördervoraussetzungen sollte darüber hinaus sichergestellt werden, dass gute Arbeit und keine prekäre Beschäftigung finanziert wird.