Enrico Stange
Appearances
5/7
5/9
5/11
5/13
5/15
5/19
5/22
5/23
5/25
5/28
5/29
5/32
5/33
5/34
5/38
5/40
5/41
5/42
5/43
5/48
5/49
5/51
5/52
5/53
5/54
5/55
5/57
5/58
5/60
5/63
5/64
5/68
5/69
5/70
5/72
5/73
5/74
5/77
5/80
5/81
5/82
5/83
5/92
5/93
5/94
5/95
5/96
5/97
5/98
5/100
5/101
Last Statements
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegin Springer, das ist eben immer das Problem, wenn man nur die eine Seite der Medaille betrachtet, nur die eine Hälfte des Satzes zitiert, nur die eine Hälfte der Wahrheit wiedergibt.
Nehmen wir den Ausbildungsverkehr: Es mag ja sein, dass 57 Millionen Euro in diesem Jahr zur Verfügung stehen. Aber davon sind 54 Millionen Euro aus Bundeszuschüssen abgezweigt. Das ist die Wahrheit, wenn es um den ÖPNV in Sachsen geht.
Fakt ist: Wenn Sie Investitionen aus Regionalisierungsmitteln bezahlen wollen, dann ist das nicht wirklich im Sinne des Regionalisierungsgesetzes ausgegeben, denn in § 6 Abs. 1 steht ganz klar, dass insbesondere Schienenpersonennahverkehr zu finanzieren ist, also nicht einmal das, was über Umleitungswege beim ÖPNV landet, denn das müsste der Freistaat über die Mittel, die er der kommuna
len Hand zur Verfügung stellt, aus eigenen Mitteln finanzieren. Das gehört zur Wahrheit dazu.
Mit anderen Worten: Investitionen – Stichwort CityTunnel – haben Sie zum großen Teil über Regionalisierungsmittel abfinanziert. Chemnitz – Leipzig, Elektrifizierung, Vorstudie: Das müsste eigentlich ebenso aus eigenen, sächsischen Mitteln und nicht aus Regionalisierungsmitteln finanziert werden usw. Das ist einfach sächsische Realität. Wir verkleistern uns die Augen und sagen: Wunderbar, wir sind am tollsten.
Jetzt sage ich Ihnen eines, Frau Springer: Ja, die Zweckverbände organisieren einen leistungsfähigen
SPNV/ÖPNV. Jedoch: Wie lange noch? Das ist die zentrale Frage, die uns in den nächsten Jahren beschäftigt – im Übrigen: ab morgen wahrscheinlich in den nächsten Wochen ganz intensiv beschäftigt, nur fallen wir da politisch ins Sommerloch, weil das Parlament nicht mehr zusammentritt.
Die Frage wird sein: Wie viel vom großen Kuchen bekommt Sachsen ab – Stichwort Einwohnerzahl? Es sickern schon Informationen durch – die kommen allmählich, der Herr Staatsminister wird sicherlich nachher noch darauf eingehen –, wie der Schlüssel zusammengesetzt sein soll. Dann wird das Bein eventuell doch dick für Sachsen bei der zukünftigen Ausfinanzierung des SPNV in Sachsen.
Fakt ist: Dieser Staatsminister hat sich bisher nicht dafür eingesetzt, dass die Aufgabenträger die wachsenden Infrastrukturkosten im SPNV in Sachsen anständig ausfinanzieren.
Das ist der erste zentrale Irrtum – jetzt sind wir wieder bei Irrtümern, das bleibt bei Ihnen so – in der ÖPNV-Politik in Sachsen.
Der Leipziger Hauptbahnhof wird zwar bei den Stationspreisen viel günstiger – da hat sich die Bahn einmal richtig aus dem Fenster gelehnt, sie sagt: Wir senken die Kosten der Stationshalte von 44,91 Euro auf 26,23 Euro. Das Fatale an der Geschichte ist nur, dass der ICE-Halt genauso billiger wird –, jedoch halten immer noch dieselbe Anzahl ICEs und ICs im Leipziger Hauptbahnhof, und es finden wesentlich mehr S-Bahn-Halte mit dem S-BahnNetz statt. Ergo zahlt am Ende der Nahverkehr die Stationshalte für den Fernverkehr, der eigentlich eigenwirtschaftlich laufen sollte, gleich noch mit. Tolle Rechnung! Das ist Finanzierungsart à la Deutsche Bahn.
So zieht sich das durch verschiedene Instrumente der Deutschen Bahn durch – bis hin zu den Investitionen in Trassen, die über massive Zinsen die Aufgabenträger zu bezahlen haben. Das anzugehen, Herr Staatsminister, haben Sie innerhalb von fünf Jahren versäumt. Das werden Sie jetzt auf die letzten Tage sicherlich auch nicht mehr hinbekommen. Es wird die Aufgabe der zukünftigen Staatsregierung sein, hier im Verbund mit anderen Ländern massiv auf die Finger zu klopfen, um endlich eine
vernünftige und vor allem tragbare Infrastrukturfinanzierung durch die Aufgabenträger zu organisieren.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Kollege Herbst. – Kollege Herbst, Sie sprachen eben von den 600 Millionen Euro. Können Sie mir und dem gespannten Publikum verraten, wie viel davon explizit originär sächsisches Geld ist?
Ganz kurz nur zur Erhellung: Vielleicht nominal – wie viel ist es denn, was wir selbst als sächsisches Geld geben?
An dieser Stelle also keine Prozentzahlen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Frank Heidan, wenn Sie hier vorn fertig sind, kann man nur sagen „Heidans Welt“.
Das ist wirklich erstaunlich. Fakt ist: Mit dem Regionalisierungsgesetz ging es um den Schienenpersonennahver
kehr, nicht um den ÖPNV, nicht um den Bus, nicht um den Anrufbus, nicht um das Anrufsammeltaxi.
Wie kommen Sie übrigens auf die Idee, dass im ländlichen Raum – hier geht es um den kommunalen Straßenbau – Taxis und Busse die Straßen so beanspruchen könnten, dass die Gelder dafür bereitgestellt werden müssen? Also, lieber Frank Heidan, jetzt lass die Kirche im Dorf!
Wie viele Busse und Taxis fahren denn im ländlichen Raum? Hallo, versucht doch einmal, im ländlichen Raum ein Taxi zu bekommen! Da muss man drei Wochen vorbestellen! Das ist doch Fakt.
Fakt ist, nach dem Regionalisierungsgesetz werden die Gelder für den SPNV an die Länder durchgegeben. Das ist der Fakt. Frau Springer, es hilft, im Gesetz nachzulesen. Lesen bildet! Dafür ist das Geld auszugeben, und genau das macht diese Staatsregierung eben nur zu einem Teil, zu 73 %. 73 % gehen an die Aufgabenträger. Das ist Fakt. Das kann man nachlesen. Ich weiß, wer sich der Statistik verweigert, wird auch das nicht verstehen.
Lieber Kollege Heidan, zu eurem Antrag werde ich mich nachher noch äußern. In allen Ehren, er ist wunderhübsch. Im Übrigen ganz kurz zu diesem Antrag – ich schaue auf die Zeit –: Wenn ihr von diesem Staatsminister wirklich wollt, dass er euren Erkenntniswillen befriedigt, und wenn er auch noch so antwortet, wie es darin verlangt wird, dann sage ich: Hallo, Leute! Also, wir haben genügend Anfragen gestellt, auf die er immer wieder geantwortet hat, der ÖPNV gehe ihn nichts an, Organisation, Planung und Ausgestaltung des ÖPNV seien Aufgaben der Aufgabenträger, er wisse darüber nichts. Wenn er darauf antwortet, dann sehen wir uns woanders wieder, dann komme ich sogar nach Leipzig!
Nein, keine Drohung, eine Ankündigung!
Fakt ist: Lieber Frank Heidan, auch der Freistaat ist über den Bundesrat in der Lage, auf die Eigentümerfunktion in Richtung Deutsche Bahn einzuwirken. Das werden wir aus der Opposition schlecht können. Das könnt ihr aber, weil ihr im Bund in der Regierung sitzt, und das könnt ihr, weil ihr in der Staatsregierung sitzt, im Übrigen seit fünf Jahren. Ihr habt das aber nicht gemacht. Jetzt verlangt ihr von uns als Opposition, das zu machen. In welcher Welt leben wir denn?! Was wollt ihr denn? Wollt ihr Verantwortung oder nicht? Dann übt sie endlich aus!
Das wird nur auf die letzten 14 Tage ein bisschen schwierig.
Zum Abschluss, sehr geehrte Damen und Herren: Wir werden uns umgucken. Wenn dieser Staatsminister oder wer auch immer in seiner Nachfolge den Schulterschluss mit anderen ostdeutschen Ländern nicht findet, um die Interessen durchzusetzen, werden wir bei den Regionalisierungsmitteln unser blaues Wunder erleben. Dann laufen die zugewiesenen Mittel und die steigenden Kosten so auseinander, dass wir in Zukunft weniger SPNV haben werden. Da können Sie sich etwas hinbeten, wie Sie wollen. Das wird dann so sein. Diesen Tag aber möchte ich nicht erleben. Deshalb wird es Zeit, dass es eine andere Regierung gibt, die eine andere Politik für den SPNV, für den ÖPNV in Sachsen macht.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich darf zunächst festhalten, dass die sächsische Verkehrspolitik mitnichten eine verlässliche Verkehrspolitik ist. Ich darf an den Haushaltsplan für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 erinnern. Wenn Sie postulieren, dass wir 38 Millionen Zugkilometer bestellen und das wesentlich mehr wäre, Herr Staatsminister, dann will ich Ihnen sagen, damals haben die Zweckverbände auch Zugkilometer bestellt. Sie konnten sich auf Sie und auf die CDU/FDP-Mehrheit in diesem Haus aber nicht verlassen, sondern mussten hernach abbestellen. In diesem Sinne
kann ich das Misstrauen sehr wohl verstehen; denn wer auf Sie baut, auch bei den Verhandlungen, der baut auf Sand. Das ist die Gefahr, die dahintersteht. Dann stehen die Zweckverbände wieder da und müssen abbestellen.
Fakt ist: Wenn Regionalisierungsmittel in Investitionen gesteckt werden, die der Freistaat eigentlich mit eigenen Mitteln finanzieren müsste, dann steht weniger für Nahverkehrsdienstleistungen zur Verfügung. Das ist der zentrale Kritikpunkt: nicht die Investitionen an sich, sondern die Finanzierungswege. Damit steht weniger Geld für den Bus zur Verfügung, der draußen fahren soll. Damit steht weniger Geld für die Bahn zur Verfügung, die auf der Schiene fahren soll. Damit haben die Zweckverbände zu kämpfen. Deshalb wenden wir uns dagegen, dass Sie Regionalisierungsmittel für Investitionen verwenden. Die sind insbesondere für Nahverkehrsdienstleistungen bestimmt.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegen Ihnen ein Bericht und ein abweichendes Votum zur Arbeit des 2. Untersuchungsausschusses der 5. Wahlperiode vor. Diese zwei Berichtsteile sind nicht nur inhaltlich, sondern auch qualitativ erstaunlich unterschiedlich. Warum das so ist, will ich Ihnen im Folgenden erläutern.
Das grundsätzliche Ziel des Untersuchungsauftrages, den der Landtag dem 2. Untersuchungsausschuss mit Beschluss vom 19. Mai 2010 erteilt hat, heißt: „Die Verantwortung von Mitgliedern der Staatsregierung und von ihnen beauftragte leitende Behördenvertreter in Bezug auf folgende drei Schwerpunkte zu untersuchen“. Ich will es noch einmal ins Gedächtnis rufen:
„a) für etwaige schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke unter Beteiligung von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Justiz, Polizei und sonstigen Landes- und kommunalen Behörden in Sachsen,
b) für das Versagen rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und Vorbeugungsmechanismen und
c) für die unzureichende Aufklärung sowie gezielte Desinformation gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit im Umfeld der Debatte um den sogenannten SachsenSumpf“.
Warum aber tun die Koalition im Teil c) im Band II des Abschlussberichts und auch die Vertreter der Staatsregierung unter der Stellungnahme des Beauftragten der Staatsregierung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 des Untersuchungsausschussgesetzes vom 10. Juni 2014 so, als ob sich der Einsetzungsbeschluss auf die Aufklärung der Existenz von korruptiven und kriminellen Netzwerken richten würde? Die Staatsregierung arbeitet hier sogar mit
einem Zitiertrick, indem die auf den Bezug zu den korruptiven und kriminellen Netzwerken im Einsetzungsauftrag getroffene Feststellung unter Punkt a) nur verkürzt wiedergegeben wird.
Sie zitieren „das etwaige organisierte Zusammenwirken von Vertretern aus Wirtschaft, Politik, von Richtern, Staatsanwälten und sonstigen Bediensteten der sächsischen Justiz, der Polizei, von Landes- und kommunalen Behörden zur und bei der Begehung von Straftaten der mittleren und schweren Kriminalität sowie von Korruptionsstraftaten (kriminelle und korruptive Netzwerke in Sachsen)“.
Hier bricht das Zitat in der Stellungnahme der Staatsregierung ab, und es entsteht der Eindruck, als sei die Aufklärung krimineller und korruptiver Netzwerke in Sachsen zentraler Gegenstand der Untersuchung des Untersuchungsausschusses. Die Formulierung im Einsetzungsauftrag geht jedoch weiter; „... wie es sich aus den Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz, aus abgeschlossenen Ermittlungs- und Strafverfahren, aus der Erkenntnislage der Strafverfolgungsbehörden und der eingesetzten Ermittlungseinheiten ergibt und dessen Zustandekommen bzw. dessen Begünstigung infolge etwaiger Versäumnisse, Fehlentscheidungen, direkter oder indirekter Einflussnahme von Mitgliedern der Staatsregierung, von Staatsministerien und diesen nachgeordneten Behörden.“
Ganz klar: wie es sich aus Erkenntnissen anderer Behörden und nicht etwa Ermittlungen zu Strukturen oder Handlungsgeschehen ergibt. Das heißt, Gegenstand können wesentlich nur die Erkenntnisse bzw. Informationen von anderen Behörden sein, um hier anknüpfend zu untersuchen, wie bei Vorliegen solcher Verdachtsmomente das Handeln der Staatsregierung und ihr unterstellter Behörden einzuschätzen ist. Letzteres bildet, wie das Thema und die drei Schwerpunkte des Einsetzungsbeschlusses klar belegen, den eigentlichen Untersuchungsgegenstand.
Daraus ergibt sich, dass der 2. Untersuchungsausschuss zwar Erkenntnisse anderer Behörden zu etwaigen korruptiven Netzwerken nach zum Beispiel Anknüpfungstatsachen oder abschließenden Entscheidungen ordentlicher Gerichte auswerten soll, nicht aber beauftragt ist, die Existenz oder Nichtexistenz solcher Netzwerke zu ermitteln oder gar gerichtsfest oder für die Öffentlichkeit nachzuweisen. Diese auch vom seinerzeitigen CDUFraktionsvorsitzenden Dr. Fritz Hähle in seiner Rede vor dem Landtag am 19. Juli 2007 betonte Tatsache hinsichtlich der Rolle parlamentarischer Untersuchungsausschüsse und ihrer Unterscheidung von Ermittlungsbehörden scheint mitunter übersehen oder bewusst ignoriert worden zu sein.
Ich darf aus dem Plenarprotokoll zitieren: „Noch etwas. Die Opposition kann auch nicht mit den Mitteln eines Untersuchungsausschusses Vorgänge untersuchen, für die die Exekutive weder eine rechtliche noch eine politische Verantwortung trägt, weil sie allein der richterlichen
Unabhängigkeit unterliegen.“ Und weiter: „Der Artikel 78 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung lautet: ,Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahmegerichte sind unzulässig.‘ Sogar Herr Kollege Bartl hat heute bestätigt, dass es nur über die zuständigen Strafverfolgungsbehörden und über die Gerichte geht.“
Sie setzen sich genau darüber hinweg. Warum tun die Koalition und die Staatsregierung nun so, als ob die Aufklärung der Netzwerke selbst Gegenstand des Untersuchungsauftrags war? Eine schnelle Antwort wäre: weil diese Frage zunächst ab Mai 2007 im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte stand.
So weit, so gut. Aber warum haben es die Koalition und die Staatsregierung versäumt, wenigstens in dieser jetzigen Wahlperiode den zentralen Aufklärungsauftrag der Untersuchung möglichen Versagens der Staatsregierung und nachgeordneter Behörden in das Zentrum der Betrachtung zu rücken? – Die Antwort ist bei Lichte betrachtet relativ einfach.
Erstens. Man richtet die sogenannte Aufarbeitung – natürlich völlig rechtsstaatlich – so ein, dass Ergebnisse kaum oder gar nicht zu erwarten sind.
Zweitens. Man bietet gleichzeitig ein „Haltet den Dieb!“Szenario an, welches die eigentliche Ursache für den Skandal um den „Sachsen-Sumpf“ außerhalb von Herausforderungen durch mögliche Bedrohungen durch netzwerkartige schwere und schwerste Kriminalität mit Bezug zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Sachsen verortet, nämlich im individuellen Versagen von im Kern zwei übermotivierten Personen, die natürlich eine DDR-Vergangenheit haben.
Drittens. Voilà! Das Kaninchen kommt aus dem Zylinder in Gestalt der völlig unbefleckten Staatsregierung und ihrer verantwortlichen Vertreter sowie nachgeordneten Behörden.
Noch einmal langsam: Man erklärt die Frage nach einem Versagen der Staatsregierung bei der Aufklärung von Verdachtsmomenten zu korrupten Netzwerken für obsolet, weil die Verdachtsmomente in Gänze als Hirngespinste diffamiert werden und damit der Gegenstand fehlt, auf den sich das Versagen der Staatsregierung beziehen soll. Alles klar?
Meine Damen und Herren von der Koalition und auf der Regierungsbank! Mit diesem Trick werden wir Sie nicht davonkommen lassen. Das wird Ihnen heute und auch nicht später gelingen, schon gar nicht für den Fall der Eröffnung der Hauptverfahren gegen Simone Henneck und Georg Wehling, obwohl Sie die Anklageschrift in Ihrem Mehrheitsbericht vorsorglich heilig sprechen.
Glauben Sie wirklich, dass das die Richter der Großen Strafkammer am Landgericht Dresden beeindruckt, oder ging es noch einmal um ein Lob für eine dienstbeflissene,
aber nicht sonderlich eigenständige Staatsanwaltschaft, und wo bleibt ihr Verständnis von Gewaltenteilung?
Lassen Sie die Justiz Ihre Arbeit machen und präjudizieren Sie nicht schon wieder durch Mitteilung Ihrer nunmehr in parlamentarische Autorität gegossenen Wünsche den Ausgang des Verfahrens.
Wir jedenfalls vertrauen fest darauf, dass die politische Beeinflussung der Justiz – natürlich völlig ohne Weisung – durch Mitteilung von Ansichten oder Wünschen jenseits der weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften eine klare rechtstaatliche Barriere findet.
All diese Fragen werden in einem ordentlichen Gerichtsverfahren zu behandeln sein. Es wird sich nach unserer Überzeugung zeigen, was von Ihrem Potemkinschen Dorf des „Sachsen-Sumpfs“ gleich Ergebnis der Verschwörungstheorie einer durchgeknallten DDR-Staatsanwältin übrig bleiben wird.
Wir sind sicher, dass Sie sich mit den Positionen, die Sie hier mit Mehrheit zur Wahrheit des Ausschusses erklären, vor den Bürgerinnen und Bürgern Sachsens und vor der Geschichte lächerlich, ja sogar verdächtig machen
und dabei zugleich die Motive Ihres eigenen Handelns am Ende für jeden sichtbar aufdecken werden.
Anhand der tatsächlichen Entscheidungsvorgänge im Bereich des Innen- und des Justizministeriums im Zusammenhang mit dem „Sachsen-Sumpf“ wird jedenfalls ansatzweise in dem sogenannten Minderheitenbericht in Auswertung wesentlicher Teile der Beweisaufnahme nachvollziehbar, wie ein Netzwerk von Akteuren im Innenministerium, im Landesamt für Verfassungsschutz, im Justizministerium sowie in der Staatsanwaltschaft den Schein der weißen Weste der Staatsregierung mit allen Mitteln aufrechterhalten wollte.
Sie wussten gleichwohl, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss weder Strukturaufklärungen im Bereich organisierter Kriminalität noch sonstige im strafprozessualen Sinne beweiskräftigen Ermittlungshandlungen durchführen kann.
Sie wussten gleichwohl, dass mit Eintreffen des neuen Verfassungsschutzpräsidenten Boos am 15. Juni 2007 eine Gegenstrategie eingeleitet wurde, die einerseits darin bestand, die weitere staatsanwaltschaftliche Aufarbeitung der zu übergebenden Materialen zu Fallkomplexen, die vom ehemaligen OK-Referat bearbeitet worden waren und auf der Grundlage des PKK-Beschlusses vom 15. Mai 2007 an die Staatsanwaltschaft zu übergeben wurden, durch die vom Präsidenten angeordnete abrupte Beendigung der LfV-internen Aufbereitung und Verdichtung, wie sie noch durch den seinerzeitigen Innenminister
Dr. Buttolo angewiesen worden war, zu verhindern, mit der Folge, dass diese nunmehr für die Fallkomplexe „Italienische OK“, „Rocker“ sowie „Abseits II“ eine weitere Aufklärung von Tausenden von Seiten nunmehr geschwärzter und nicht weiter verdichteter Informationen zu Verdachtsmomenten und Gerüchten durch die Staatsanwaltschaft nicht Erfolg versprechend weiter ermittelt werden konnten.
Sie wussten gleichwohl, dass entgegen der Zuweisungsverfügung der Generalstaatsanwaltschaft Sachsen, die vorsah, dass die besondere Ermittlungseinheit INES mit der Aufarbeitung betraut werden sollte, infolge der hauptsächlichen Beauftragung von zwei Staatsanwälten mit der Bearbeitung des sogenannten Prüfvorgangs Korruption Sachsen, die bis dahin keinerlei Erfahrung im OKBereich, geschweige denn von Strukturermittlungen besaßen, und durch die mangelhafte Ausstattung dieser Ermittlungsgruppe mit zum Beispiel Ermittlern und Analysten, die in der Lage gewesen wären, die notwendigen Strukturermittlungen, über deren Erfordernis sich die Experten einig waren, durchzuführen, eine effektive Ermittlung zu den in den Materialien zu den in vier Fallkomplexen enthaltenen Ansatzpunkten für Straftaten im Bereich krimineller und korrupter Netzwerke kaum zu erwarten war.
Sie wussten gleichwohl, dass im unmittelbaren Nachgang und offensichtlich gesteuert durch das Kehrtwendeszenario aus dem Landesamt für Verfassungsschutz heraus spätestens seit Anfang Juli 2007 unter maßgeblicher Beteiligung des wachen Auges, Herrn Landgerichtspräsidenten Eißer, der als Helfer des seinerzeitigen Justizministers Mackenroth die staatsanwaltschaftliche Aufarbeitung begleiten sollte, die juristische Abmoderation, noch bevor überhaupt Beweismaterialien zu verschiedenen Komplexen vorlagen und gesichtet werden konnten, beschlossene Sache war.
Besagter Herr Eißer berichtet später stolz über bereits am 5. Juli 2007 mit der Hausspitze des Sächsischen Justizministeriums und unter Teilnahme des Generalstaatsanwalts sowie des Leitenden Oberstaatsanwalts der Staatsanwaltschaft Dresden, der dann mit dem Prüfvorgang Korruption Sachsen betraut worden war, debattierte Überlegungen, ob es vor dem Hintergrund der öffentlichen Darstellung taktisch bereits zum jetzigen Zeitpunkt günstig sei, Einstellungen der in Rede stehenden Vorgänge nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung vorzunehmen.
Sie wussten gleichwohl, dass in einer massiven Gegenstrategie, die als Ursache für den politischen Skandal unter dem Namen „Sachsen-Sumpf“ herhalten soll, eine regelrechte Verfolgungsorgie gegen ehemalige Mitarbeiter des OK-Referats, kritische Journalisten und selbst ehemalige Opfer schwerster Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Komplex „Abseits III“ eine Rolle spielen, betrieben wird.
Die sogenannte Schwürzer-Liste, eine von der Staatsanwaltschaft Dresden dem Untersuchungsausschuss übergebene Übersicht zu eingeleiteten Prüfvorgängen oder Ermittlungsverfahren, belegt, dass mehr sogenannte Gegenverfahren als Verfahren zur weiteren Ermittlung von Verdachtsmomenten, die sich aus den Fallkomplexen ergaben, geführt wurden.
Dennoch leugnen Staatsregierung und Regierungskoalition bis heute jede eigene Verantwortung für die Nichtaufdeckung schwerer und schwerster Formen organisierter Kriminalität.
Stattdessen benutzt die Staatsregierung in ihrer Entscheidungsbefugnis stehende rechtsstaatliche Mittel, um ihre Version der Wahrheit letztlich durch justizielle Entscheidungen, auch unter Gefährdung oder gar Vernichtung sozialer und beruflicher Existenzen einzelner als vermeintliche oder tatsächliche Widersacher ausgemachter Personen – jüngst ist der unglaubliche Vorgang des Verrats von Informationen aus einer nicht öffentlichen Zeugenvernehmung zu nennen – durchzusetzen und gegenteilige Meinungen vor dem Hintergrund dieser nunmehr juristisch festgestellten Wahrheit verfolgen und damit unterdrücken zu können.
Dieser im Einzelfall mit Hunderten scheinbar guten juristischen Argumenten begründbare Gebrauch der Macht zum Erhalt des eigenen Apparats sowie in Hinsicht auf die persönlichen Akteure, die Befestigung der eigenen Karriere, läuft eben in der Gesamtschau auf eine Tauschbeziehung, eine Austauschlogik zwischen dem Gebrauch der öffentlichen Macht für kollektiven Machtgewinn bzw. Machterhalt und für individuelle Karrierevorteile hinaus, anstatt dem Wohl und in unserem Fall dem Schutz des Gemeinwesens in Sachsen vor neuartigen Bedrohungen schwerer und schwerster organisierter Kriminalität nach besten Kräften zu dienen.
Diese sich zuerst selbst sichernde Schattenpolitik weist deutliche Züge eines Phänomens auf, das in der Korruptionsforschung als weiße Korruption bezeichnet wird: das Verhalten eines informellen Netzwerkes, das für sich im Einzelnen nicht als ein offenkundiger Rechtsbruch betrachtet wird, in dem der Gebrauch der Macht aber nicht im vorgegebenen Sinn erfolgt.
Die Netzwerke von Beteiligten am Komplex „SachsenSumpf“ können durchaus historisch konkret benannt werden. Es sind Teile von neuen Seilschaften, wie sie nach der Wende in Sachsen entstanden waren. Leider haben die Staatsregierung und die Koalition zu keiner Zeit, auch nicht 25 Jahre nach der Wende, die Kraft gefunden, diese Geburtsfehler des Machtgebrauchs und Rechtsstaat à la Sachsen zu bereinigen. Die Chance, die der „Sachsen-Sumpf“-Skandal bot, ist ebenso vertan worden.
Die Materialien im Archiv des Untersuchungsausschusses bieten eine Fundgruppe zur konkreten analytischen
Aufarbeitung für diese Art von unsensibler Demokratie und rechtsstaatsferner Klüngelpolitik zum Zwecke der eigenen Imagepflege blühender Landschaften und um die Herrschaft des Rechts im Detail zu untersuchen und müssen deshalb zwingend aufbewahrt und Analyse und Forschung zur Verfügung gestellt werden.
Der neue Landtag und die neue Staatsregierung werden gut daran tun, diese Befunde des 2. Untersuchungsausschusses ernst zu nehmen. Zum besseren Verständnis empfehle ich nicht nur die Berichte des 2. Untersuchungsausschusses, sondern zum Beispiel auch das von Ulrich von Alemann erschienene Buch „Dimensionen politischer Korruption. Beiträge zum Stand der internationalen Forschung“. – Zum Entschließungsantrag werden wir dann noch sprechen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will
es ganz kurz machen. Lassen Sie mich aber eingangs eines sagen: Sehr geehrter Herr Kollege Piwarz, hätte die Staatsanwaltschaft damals eine anständige Ermittlungsarbeit geleistet und wäre sie in die entsprechende Lage versetzt worden, dann hätte man sich auch vieles andere erspart.
Zum Entschließungsantrag, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir sind der Überzeugung, dass wir einen Anfang zu einer politisch-kulturellen Wende im Umgang mit den Erkenntnissen dieses Untersuchungsausschusses und natürlich auch die entsprechenden Grundlagen brauchen. Deshalb und um die Justiz- und Sicherheitspolitik auf die Herausforderungen unserer Zeit in der Zukunft zu lenken und sie entsprechend vorzubereiten, haben wir Ihnen diesen Entschließungsantrag zugeleitet, in dem wir feststellen lassen wollen, dass dazu eine andere Kultur, nämlich mit produktivem und sachorientiertem Streit, erforderlich ist, dass es erforderlich ist, eine Überprüfung des Rahmens dahin gehend durchzuführen, dass sachfremde Einflüsse auf die Justiz unterbunden werden und die Staatsanwaltschaft entsprechend qualifiziert wird, um möglichst auch in die Lage versetzt zu werden, polizeiliche Ermittlungstätigkeit durchführen zu können.
Wir wollen, dass es einen schrittweisen Übergang zu einer weisungsfreien und selbstverwalteten Staatsanwaltschaft in Sachsen sowie zu einer konsequenten Unabhängigkeit der Justiz gibt. Und wir wollen, dass die Protokolle der öffentlichen Sitzungen des 2. Untersuchungsausschusses der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zu den Unterlagen für die Forschungstätigkeit habe ich vorhin bereits gesprochen.
Wir bitten um Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Heidan, ich lasse mich gern zitieren, aber nicht gleich in Mithaftung nehmen. Bringen wir also etwas Ordnung hinein, wenn es um die Frage des Wettbewerbs geht.
Wir als LINKE sind bei den Kollegen der FDP oftmals als wettbewerbsfeindlich verschrien. Das sind wir nicht. Allerdings bin ich sehr wohl der Auffassung: Wenn wir den Begriff „Wettbewerb“ verwenden, müssen wir genau hinschauen, was wir damit meinen und auf wessen Kosten der Wettbewerb gestaltet wird.
Lassen Sie mich eingangs einen weiteren Gedanken äußern. Lieber Kollege Heidan, Sie sagten, unterschiedliche Trassenpreise wirkten wettbewerbsverzerrend. Ich bitte Sie, mir nachher beim Sommerfest zu erklären, was Sie damit meinen. Ich glaube, wir müssen einiges trinken, um das zu verstehen. Den Preis für einen Streckenabschnitt zahlt Wettbewerbsunternehmen A genauso wie Wettbewerbsunternehmen B. Insoweit gibt es keinen Unterschied. Deshalb können Sie das wohl nicht gemeint haben. Erklären Sie mir das bitte; Sie können das auch hier machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ein Hinweis noch: Unsere Geschäftsordnung sieht zwar kein solches Verfahren vor, aber wir müssten eigentlich beschließen, diesen Antrag der Bundestagsfraktion der CDU zuzuleiten, da es sich in Gänze um eine Aufforderung an den Eigner des Konzerns Deutsche Bahn, den Bund, handelt. Etwaige gesetzliche Veränderungen müssen dort vorgenommen werden. Insoweit ist die Handlungsmöglichkeit der Staatsregierung etwas eingeschränkt.
Andererseits glaube ich, dass der Minister – egal, wer dann diesen Platz besetzen wird – große Probleme mit dem ersten Punkt haben wird. Jetzt gibt es ein Gutachten – ich setze einmal voraus, es wird so umgesetzt –, in dem steht: Handlungsempfehlungen 1 bis 20 – sollte man machen. – Dann steht der Minister wieder da und sagt: Ich wende mich an den Bundesrat.
Ich schlage vor: Leiten Sie das Ihrer Bundestagsfraktion zu! Auf Bundesebene ist man dafür zuständig.
Nächster Punkt: CDU und FDP hatten bis zum Herbst 2013 gemeinsam im Bund regiert. Da haben Sie das alles nicht angefasst.
Da haben Sie das alles nicht angefasst.
Zum dritten Mal: Da haben Sie das alles nicht angefasst.
Jetzt, kurz vor der Wahl, versuchen Sie, werbewirksam so zu tun, als ob man da etwas erledigen könne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme zur Wettbewerbsfrage; wir haben das bei der ÖPNV-Fachtagung hier in Dresden gemeinsam erörtert. Sie formulieren in Ihrem Antrag verschiedene Prüfaufträge, auch zur Fahrzeugfinanzierung. Wir haben mit Interesse zur Kenntnis genommen, welche Lösung der Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen für den Fahrzeugpool gefunden hat. Die Schwierigkeit tritt dann auf – ich wiederhole es –, wenn man aus dem Wettbewerbsverfahren alle Risiken für die Unternehmen weitgehend herausnimmt und auf den Zweckverband ablädt. Dann bleibt am Ende nur eine große Stellschraube für den Wettbewerb: die Höhe der Einkommen der Beschäftigten des Verkehrsunternehmens.
Wenn Sie einen solchen Wettbewerb wollen, können Sie von uns nicht verlangen, dass wir dem zustimmen. Das geht einfach nicht.
In Ihrem Antrag fehlt auch ein Hinweis darauf, welche Kriterien Sie sich für „optimale Ausschreibungsverfahren“ – so formulieren Sie es – vorstellen können. Welche Kriterien sollen das sein? Spezifizieren Sie das doch einmal! Für mich gehört zum Beispiel ein Sozialstandard in Bezug auf die Beschäftigten auf jedem Fall hinein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann es kurz machen.
Du verstehst doch hiervon sowieso nichts, Rolf. Das ist doch nicht dein Thema.
Also: Wir sind davon überzeugt, dass man Wettbewerb vernünftig organisieren muss. Man muss tatsächlich die Handlungsweise der Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn überprüfen. Man muss bei der Bundesnetzagentur wesentlich mehr Handlungsfreiheit – „Beinfreiheit“ hat einmal jemand gesagt – schaffen. Auch dafür bin ich, völlig klar. Aber mit diesem Antrag werden Sie das nicht erreichen. Deshalb werden uns an dieser Stelle wohlwollend der Stimme enthalten.
Danke schön.
Es bleibt Heidans Welt.
Wenn es tatsächlich Wettbewerb ist, bewerben sich mehrere Eisenbahnverkehrsunternehmen gleichzeitig um eine Strecke. Wenn Unternehmen X sich um Strecke C und Unternehmen Y um Strecke A bewirbt, dann ist das kein Wettbewerb. Die Unternehmen bewerben sich für ein und dieselbe Strecke – sind wir insoweit einig?
In dieser Konstellation gibt es keine unterschiedlichen Trassenpreise. Deshalb kann es auch keine Wettbewerbsverzerrung durch unterschiedliche Trassenpreise geben. Das sollte auch im Vogtland nachvollziehbar sein.
Danke schön.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Thema heute auf die Tagesordnung zu setzen kann nicht wirklich aktueller sein. Wir haben mit der Regierungserklärung durch Herrn Ministerpräsidenten Tillich ein regelrechtes Feuerwerk der Selbstbeweihräucherung dieser Staatsregierung erlebt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eingangs eines sagen: Ich kenne das noch von früher. Wenn man Kritik geübt hat, ist gesagt worden, man rede die Leistung der Werktätigen schlecht.
Herr Krauß, es geht um den Fakt, Kritik üben zu können oder nicht, und heute, wenn man Kritik an Regierungspolitik oder an ihren Irrtümern üben will, dann redet man den Freistaat und die Leistungen der Bürgerinnen und Bürger schlecht. Das halte ich für nicht angemessen, deshalb werde ich Sie dennoch mit diesen Irrtümern konfrontieren.
Bei diesem Feuerwerk der Selbstbeweihräucherung hatte man schon den Eindruck, als säße dieses Kabinett – wahrscheinlich gemeinsam mit der gesamten Fraktion der CDU – zusammen, bevor das Plenum beginnt, dann geht die Shisha herum und alle vernebeln sich den Blick und trüben die Sinne für den Blick auf die Realität. Meine
Damen und Herren, so geht es nicht! Also fangen wir einmal an, ein wenig aufzuräumen.
Sachsen, das Zuwanderungsland: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Liebe Leute, was wir haben, ist Folgendes:
Erstens. Der Wanderungssaldo ist nicht in der Lage, die Sterberate auszugleichen. – Das sind wirklich nur Fakten.
Zweitens. Ja, wir haben einen positiven Wanderungssaldo mit Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.
Stimmt. Warum? Weil die Perspektiven dort einfach noch schlechter sind als hier.
Ja, noch schlechter als hier.
Ja, noch schlechter. Ehrlichkeit, Kollege Herbst, ist etwas, was Ihnen abgeht, ich weiß. Aber ich habe damit kein Problem.
Drittens. Wir haben nach wie vor einen negativen Wanderungssaldo zu den West-Bundesländern. Das ist das eigentliche Problem, weil dort – normalerweise – die Perspektiven besser sind als hier. Deshalb wandern die Menschen ab.
Viertens. Zuwanderungsland – das Lieblingsthema von Staatsminister Morlok. Da kann er vor Kraft kaum laufen in diesem Hause. 1,9 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Sachsen sind Ausländer. Da bekommen
die Nazis immer schon Angst wegen der Überfremdung. 1,9 %, davon 1,1 % EU-Ausländer, also, von Zuwanderungsland – Entschuldigung! – kann ich da nicht wirklich sprechen.
Fünftens. Leipzig und Dresden sind die Wanderungsgewinner – sowohl aus den anderen ostdeutschen Bundesländern als auch aus dem Umland, denn Leipzig und Dresden räumen regelrecht das Umland leer, das muss man sagen. Daraus folgt
sechstens – die Landkreise verlieren. Und noch etwas: Pendlersaldo, das hat ja, wenn ich mich nicht irre, Staatsminister Morlok in seiner Fachregierungserklärung so schön ausgewalzt. Fakt ist: 132 000 Auspendler haben wir jeden Tag und nur 93 000 Einpendler. Das heißt, wir haben einen negativen Saldo bei den Berufspendlern. Nun sage ich Ihnen eins: Wenn diese 40 000, nein, 132 000
auf die Idee kommen sollten, ihren Arbeitsplatz gleich noch mit dem Wohnsitz zu verbinden – sprich: nicht in Sachsen zu bleiben –, dann haben wir ein gigantisches Problem: Dann verpufft Ihre Rechnung vom Zuwanderungsland binnen Tagen.
Mythos Arbeitsmarkt. Das ist etwas, bei dem man wirklich Schwämmchen bekommen kann. Fakt ist:
Erstens. Die Einwohnerzahl in Sachsen sinkt beständig.
Zweitens. Die Erwerbspersonenzahl sinkt beständig.
Schauen Sie einmal ganz in Ruhe.
Ist die Zeit schon vorbei?
Unser Problem ist ganz einfach: Schauen Sie in Ihren eigenen Standortbericht. Von 2000 bis 2012 ist die Erwerbstätigenzahl um 0,2 % gesunken. Wir haben keinen so blühenden Arbeitsmarkt, wie Sie es uns ständig weismachen wollen.
Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fünf Minuten sind schnell vorbei, ich versuche mich zu beeilen.
Erstens. Es geht um Irrtümer dieser Staatsregierung. Fakt ist: Diese Staatsregierung mit ihrer schwarz-gelben Wirtschaftspolitik will sich mit der Spitze messen. Das ist der erste und zentrale Irrtum dieser Staatsregierung.
Wir haben einen Wertschöpfungsabstand zwischen Sachsen und dem Bundesdurchschnitt von knapp 30 %.
Das mag ja sein, dass Sie sich bemühen. – Sie sollten einmal Joachim Rackwitz lesen, der sagte: Wir gleichen uns innerhalb von drei Jahren um 1 % an. Wissen Sie, wann wir die wirtschaftliche Einheit Deutschlands erleben können? – Wir werden sie nicht erleben. Wenn das so weitergeht, dann können das unsere Urenkel vielleicht im Jahr 2100 erleben. Das ist der Punkt. Deshalb ist es ein Irrtum zu glauben, man sei an der Spitze.
Zweitens, Investitionsraten von circa 18 %.
Wissen Sie, dass diese Investitionsraten auf dem Buckel westdeutscher Länder erwirtschaftet werden?
Von denen lassen Sie sich diese Investitionen bezahlen, die sie auf dem Rücken Ihrer Verschuldung erarbeiten müssen.
Sachsen hält sich schuldenfrei. Die westdeutschen Länder verschulden sich und bezahlen das über Solidarpaktmittel an uns.
Rühmen Sie sich nicht, sondern seien Sie dankbar, dass man Ihnen aus dem Westen dieses Geld gibt, um solche Investitionsraten zu erreichen.
Der nächste Punkt: Es ist ein Irrtum zu glauben, dass wir mit der Einkommensverteilung in Sachsen bereits an der Spitze sind. Das ist völliger Unsinn. Der Abstand zum Westen wird größer.
Lagen die Bruttoeinkommen im Jahr 2012 in Sachsen bei 29 720 Euro, so sind sie im Jahr 2013 auf 30 992 Euro angestiegen. Das ist ein Plus von 4,3 %. Der Abstand zum Bundesdurchschnitt ist auf 12 317 Euro angewachsen, das heißt, mehr als 1 000 Euro brutto Abstand zum Westen. Das ist mehr als vor drei Jahren. Es ist ein Irrtum, wenn man dann glaubt, an der Spitze zu stehen.
Ferner ist die Frage zu stellen: Warum wird die Schere immer größer? Warum schaffen wir es nicht, diese Schere zu schließen? Das sind doch die zentralen Fragen.
Ich möchte Ihnen noch etwas sagen: Es ist ein Irrtum, was diese Staatsregierung – mit ihr diese Koalition – betreibt, um den Mindestlohn zu verteufeln. Fakt ist: Wer sein Geschäftsmodell darauf abstellt, dass die Gesellschaft den Rest des Lohns zu einem Mindesten bezahlt, der sollte sich fragen, ob er als Unternehmer tatsächlich das Risiko trägt. Das ist ein Irrtum schwarz-gelber Wirtschaftspolitik.
Es ist ein Irrtum zu glauben, dass kleine Unternehmen – sowohl in strukturschwachen als auch in Ballungsräumen – aufgrund des drohenden Mindestlohns krachen gehen. Sie gehen deshalb krachen, weil die Kaufkraft fehlt, die ihnen die stabile Grundlage schaffen würde.
Das ist ein Irrtum schwarz-gelber Regierungspolitik, meine Damen und Herren.
Dass Ihr Glaube an den sächsischen Arbeitsmarkt völliger Unfug ist, zeigt die Tatsache, dass das Arbeitsvolumen stetig sinkt – auch bei einer wachsender Zahl von Beschäftigung. Ergo: Wir haben neben einem gewissen Teil sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsaufwuchses – diesbezüglich muss man nach der Qualität dieser sozial
versicherungspflichtigen Beschäftigung fragen – einen Großteil des Aufwuchses an Minijobs, an geringfügigen Beschäftigungen. Damit sind wir wieder bei der Frage: Können sich dann die Menschen in Sachsen ein Leben entsprechend leisten?
Deshalb wollen wir dem Wirtschaftsminister – weil er ein Fan von Weiterbildungsschecks ist – zum Abschluss seiner Tätigkeit drei Schecks übergeben: erstens einen Weiterbildungsscheck in Steuerfragen, dann wird es einfacher mit der Zweitwohnungsteuer, zweitens einen Weiterbildungsscheck für den Volkshochschulgrundkurs „Soziale Marktwirtschaft und soziale Partner“, dann wäre er vielleicht in der Lage, den Gewerkschaftsbund als Sozialpartner zu erkennen und endlich einmal ein Spitzengespräch zu führen, und
drittens wollen wir ihm einen Volkshochschulkurs für die Statistik angedeihen lassen, damit wir in Sachsen Statistiken endlich richtig lesen lernen.
Ich bedanke mich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will das gar nicht groß auswalzen, weil unsere Position klar ist. Uns hat die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf dabei geholfen. Ja, man kann sicher bei den von Kollegen Fritzsche zitierten Sachverständigen unterschiedlicher Auffassung sein. Wir haben allerdings unsere Bedenken durch die Sachverständigenanhörung ausgeräumt gesehen und
werden sowohl dem Gesetzentwurf als auch dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Offen gestanden, muss der Ministerpräsident – liebe Kollegen von der SPD, gestattet mir diesen Einwurf – nicht auf jeden – ich formuliere es vorsichtig – politischen Reim reagieren. Aber er sollte auf zentrale Herausforderungen, die sich in diesem Land stellen, sehr wohl reagieren.
Dieser Ministerpräsident hat es im Gegensatz zu seinen Vorgängern geschafft, in fünf Jahren – eine wird noch folgen – sage und schreibe fünf Regierungserklärungen abgegeben zu haben, eine zum Auftakt, eine zur Mitte, eine zum Fiskalpakt und eine zum Hochwasser. Mehr war nicht drin. Aber – das sei gesagt – für die Eierschecke war er nun wirklich nicht verantwortlich. Das hat sich ein anderer ausgedacht, den wir demnächst hoffentlich los sein werden.
Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines sagen: Wenn man von 1,3 % durchschnittlichem Mietanstieg spricht, dann will ich jetzt nicht die Kuh und ihr Ertrinken im durchschnittlichen Wasserpegel heranziehen. Fakt ist aber, dass wir eine völlig unklare Datenbasis haben, auf der die Mietanstiege in den unterschiedlichen Mietsegmenten erfasst werden. Das ist unser Grundproblem. Das ist auch das Grundproblem bei der Rechtsverordnung nach § 558 Abs. 3 BGB. Deshalb haben auch die beiden Großstädte Dresden und Leipzig keinen Antrag zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 558 Abs. 3 BGB gestellt, also zur Senkung der Kappungsgrenze von 20 auf 15 %, weil keiner weiß, wie man die Daten erfassen soll, weil es kein Instrumentarium gibt. Jetzt, liebe FDP, jetzt, liebe CDU, seid Ihr in der Verantwortung, denn diese Mietrechtsnovelle habt Ihr in der letzten Legislatur verbrochen.
Moment, dazu komme ich gleich noch, Herr Staatsminister.
Das ist erst einmal die Ausgangslage.
Lieber Herr Herbst, das Problem der Baukosten ist nicht, dass wir das Kombinat Bauen und Wohnen wiederherstellen wollen. Fakt ist: Die Baukosten in Sachsen werden dem Einkommensniveau davonlaufen. Wer somit Wohnen zu bezahlbaren Preisen sichern will, muss die Differenz zwischen 9,00 Euro, 9,50 Euro und bezahlbaren 6,00 Euro, 6,50 Euro (netto kalt) abfedern. Deshalb sagen wir: Wir brauchen diese Baukostenzuschüsse, um die Bautätigkeit zu ermöglichen. Ansonsten verlegt sich, wie schon in der Vergangenheit, die Bauwirtschaft auf Eigen
tumswohnungen, auf die Schaffung von Eigentum, aber nicht auf sozialen Wohnungsbau und schon gar nicht auf Wohnungsbau für das mittlere Preissegment, da, wo Familien wohnen können.
Bitte.
Lieber Kollege, das Problem mit dem Wohneigentum haben wir jetzt bereits im ländlichen Raum. Viele Menschen leben dort im Wohneigentum und haben im Alter ein Problem. Sie gehen aus ihrem Wohneigentum wieder heraus, weil sie es nicht barrierefrei eingerichtet haben – das können die, die jetzt bauen, natürlich machen, das ist richtig –, aber vor allem auch, weil sie in nicht mehr attraktiven Räumen leben und damit zurück müssen in die Städte. Das ist ein großes Problem, das können Sie auch nicht auf die Art und Weise wegbeten, wie Sie das Problem angehen wollen.
Die reine Eigentumsförderung, um die Eigentumsquote zu heben, wird uns in dem Bereich, den wir hier ansprechen, nicht retten, beim sozialen Wohnraum und den Mietpreisen für Familien in den großen Städten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht um die Ermöglichung von Bautätigkeit. Dabei ist völlig klar, dass wir den Markt nicht aushebeln können. Man muss es ganz ehrlich sagen: Erst wenn Investoren wieder ein wirtschaftliches Ergebnis am Horizont sehen können, sind sie bereit zu bauen. Das ist das große Problem.
Der BFW, der ja nicht unbedingt für Nähe zum Sozialismus bekannt ist, sagt eindeutig: Wir brauchen eine Verdoppelung der Förderprogramme. – Entschuldigung, aber das ist nicht Markt, das ist Staat, Herr Herbst. Hört er noch zu? – Nein. Da muss man ehrlich sein. Wir brauchen in dieser Debatte große Ehrlichkeit.
Liebe Kollegen der SPD, Fakt ist eines: Sie besetzen drei zentrale Ministerien – da ist die CDU nicht aus der Verantwortung; denn sie ist mit in der Bundesregierung –, die diese Thematik angeht.
Erstens. Barbara Hendricks im Bauministerium. Klar, 700 Millionen Euro sind zugesagt. Die Problemlage ist nur: Wie ist die innere Verteilung? Darüber brauchen wir dringend Aufklärung.
Zweitens. Das Wohngeld. Das Wohngeld ist eine zentrale Frage in der Zukunft. Dabei dreht es sich auch um die Frage, ob wir endlich den Heizkostenzuschuss für das
Wohngeld bekommen, wenn uns die Kosten weiter davonlaufen. Das ist doch völlig klar: Teilweise ist die zweite Miete – also die Nebenkosten, massiv getrieben durch die Energiekosten – größer als die Nettokaltmiete. Das ist doch Irrwitz! Da wäre eine Lösung angebracht. Wie bremsen wir die Energiekosten? Herr Gabriel ist zuständig dafür.
Jetzt komme ich zum Mietrecht. Die 10 %, um die Sie bremsen wollen, sind keine Bremse. Das sage ich ganz klar. Das ist eine Tarifsprungregelung, die ganz klar kommen wird.
Bei Neuvermietung gelten 10 %, und dann ist für drei Jahre ein weiterer Aufwuchs um 20 % zulässig. Halleluja! Das bremst die Mietpreise nicht im geringsten, sondern das wird nach wie vor gefährlich für Sachsen.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Biesok, die traditionell höhere Eigentumsquote in anderen Ländern kann man nicht in Konfrontation zum traditionellen Mietwohnungsland Deutschland bringen. Das war schon ziemlich krude. Gerade Sachsen hat eine lange Tradition von Wohnungsgenossenschaften. Zu behaupten, das sei völlig aberwitzig und wir bräuchten unbedingt mehr Eigentum – gerade das ist aberwitzig.
Ich darf Ihnen noch etwas sagen: Sie sagen, Sie wollen die Eigentumsquote heben. Das kann man ja machen. Das Problem ist nur, dass die Erben, die vielleicht nicht unbedingt dort wohnen wollen, irgendwann auf die Idee kommen, das wieder zu verkaufen. Deshalb haben wir so viel Leerstand und so viel nicht veräußerbares Wohneigentum vor allem im ländlichen Raum. Dort kann man massenhaft Wohneigentum kaufen.
Das ist ein strukturelles Problem in diesem Land: Die ländlichen Regionen werden abgehängt. Das Wohnen ist dort nicht attraktiv, wenn man nicht mit dem Auto unterwegs ist, sondern auf den ÖPNV angewiesen ist. Lieber Kollege Biesok, irgendwann sind wir alle auf den ÖPNV angewiesen, wenn wir nicht mehr richtig fahren können, Sie genauso wie ich. Das ist ein Grundproblem, dem Sie konsequent ausweichen.
Aber Sie können das nicht herbeibeten. Das ist doch Ihr Problem. Sie wollen massiv Eigentum fördern, aber die Menschen ziehen trotzdem in die großen Städte. Die großen Städte räumen das Umland regelrecht leer. Warum ziehen die Menschen – vor allem junge Menschen – denn in die großen Städte? – Die Menschen ziehen dorthin, weil das Leben für sie – Stichworte sind unter anderem Ausbildung und Studium – im ländlichen Raum nicht attraktiv ist. Punkt. Fragen Sie doch die jungen Menschen, weshalb sie in die großen Städte ziehen. Wer dort einmal kulturell und subkulturell angekommen ist, der zieht auch nicht wieder hinaus, außer vielleicht, wenn er Familie hat. Aber dann haben sie ein Problem, weil sie im ländlichen Raum den entsprechenden Wohnraum nicht mehr zur Verfügung haben. Das ist ein großes Problem für Sachsen insgesamt.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich möchte auf Herrn Staatsminister Ulbig reagieren. Herr Staatsminister, ja, vor dem Krieg haben sicherlich mehr Menschen in der alten Kernstadt Leipzig gewohnt als heute. Allerdings waren damals auch die Wohnungsgrößen für die Masse der Bevölkerung wesentlich geringer als heute. Herr Staatsminister, wir wollen auch nicht auf dieses Niveau zurück. Ich denke, darin sollten wir uns einig sein.
Ich habe Sie sehr wohl verstanden, aber das muss man berücksichtigen, wenn man diesen Rückblick auf die Vorkriegszeit wagt.
Zweitens. Herr Staatsminister, nein, die Förderinstrumentarien sind nicht alle bedarfsgerecht ausgerichtet. Ich gehe ganz kurz nur auf die Mehrgenerationenrichtlinie ein. Sie gilt nicht für den ländlichen Raum. Damit wird für viele Menschen das Leben im Alter in ihrem angestammten Umfeld einfach nicht möglich sein. Hier wäre dringend geboten nachzusteuern. Das lege ich Ihnen hiermit noch mal ans Herz – das haben wir ja schon öfter diskutiert –, vor allem auch mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen Ende des Jahres.
Drittens. Ja, wir wollen Mietwohnungsbau und Eigentumsförderung auch nicht gegeneinander ausspielen. Aber Fakt ist auch eins: Die Überbetonung, die Sie auch jetzt wieder vorgenommen haben – aus dem Wohnraumförderfonds in Richtung Wohneigentum –, sollten wir dringend überdenken, weil auch der Mietwohnungsbau gefördert werden muss. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man hat manchmal den Eindruck, dass hier sehr intensiv aneinander vorbeigeredet wird. Ich will es plastisch machen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit ihrer Großen Anfrage auf Prognosen aus dem Anfang der Neunzigerjahre abgestellt. Die Prognosen stammen von damals. Darüber muss man sich klar werden. Das sind Bevölkerungsprognosen, die ganz anders aussehen, als sich die Entwicklung hinterher vollzogen hat. Kollegin Springer antwortet mit dem Landesentwicklungs
plan 2013. Das kann schon in der Diskussionskultur nicht zueinander führen. Ich bitte darum, dass wir sprachlich ein bisschen abrüsten und aufeinander zugehen.
Ich will es noch einmal verdeutlichen. Mit Infrastrukturplanungen ist vor allem in den Neunzigerjahren versucht
worden, wirtschaftliche Entwicklung zu induzieren, die aber aus anderen Rahmenbedingungen so nicht entstanden ist. Die Folge ist: Wir haben massiv Einwohner verloren, vor allem im ländlichen Raum, während die Städte Leipzig und Dresden seit einigen Jahren zunehmend das Umland leerräumen. Das war zu der Zeit, als die Bevölkerungsprognosen die Grundlage auch der Verkehrsprognosen waren, so nicht absehbar.
Herr Staatsminister, es ist zwar seltsam für mich, dass wir übereinstimmen, aber es kommt vor.
An dieser Stelle will ich einen zweiten Punkt vorausschicken. Es ist eindimensional, diesen politischen Forderungskatalog ausschließlich an die Staatsregierung zu richten. Ich will das kurz erläutern. In den vergangenen 25 Jahren haben unter anderem auch Gemeinderäte, Stadträte, Kreisräte, Bürgermeister – Landräte hatten wir nicht –, Landtagsabgeordnete, Bundestagsabgeordnete, sicherlich auch meiner Partei, aber auch aller anderen Parteien, fleißig daran mitgearbeitet, dass das Straßennetz in Sachsen so entstehen konnte, wie es jetzt geschehen ist. Da müssen wir uns alle selbst an die Nase fassen und fragen, ob unsere Vorstellungen so richtig waren, wie wir sie dann umgesetzt haben, und zwar mit allem Hin und Her. Das muss man, glaube ich, an dieser Stelle vorausschicken.
Dritter Punkt. Wir haben es gestern beim Gutachten des Rechnungshofes zum City-Tunnel durchexerziert: Wenn man sich bei Projekten, die allein für die Planungsphase, also von der Planung bis zur Fertigstellung, weit über zehn, 15 Jahre brauchen, über eine bestimmte Kostenentwicklung wundert, sollte das nach meiner Auffassung verwundern, weil genau das ein zentrales Problem der Planung ist. Kollegin Jähnigen, da gebe ich Ihnen recht. Das ist tatsächlich ein Problem der Planung.
Das entlastet allerdings die politisch Verantwortlichen, egal in welcher Regierung das stattfand, nicht davon, sich spätestens mit der Richtlinie für integrierte Netzentwicklung selbst zu überprüfen und die Netzentwicklung des Straßennetzes in Sachsen entsprechend anzupassen. Deshalb sage ich: Netzkonzeptionelle Überlegungen mögen vorliegen. Das ist richtig, Kollegin Springer. Aber die Frage ist, ob es die richtigen sind. Das muss man an dieser Stelle eindeutig hinterfragen.
Ich will noch ganz kurz zum Entschließungsantrag sprechen. Wir bitten um getrennte Abstimmung über die Punkte I und II und werden dem ersten Teil zustimmen. Beim zweiten Teil werden wir uns enthalten, weil wir der Auffassung sind, dass wir nicht eine zusätzliche Stelle schaffen müssen, sondern das Landesamt für Straßenbau und Verkehr die richtige Stelle wäre. Hier muss anders gesteuert werden. Das ist eine andere Frage. Aber das müsste dort angesiedelt werden.
Wir haben unsere Bedenken: Was machen wir mit einem Vergleich von Prognosen, die teilweise 20 Jahre alt sind,
mit heutigen Belegungszahlen? Was heißt das für zukünftige Prognosen?
Ja, bitte.
Kollegin Jähnigen, auch bei der Landesverkehrsprognose ist das SMWA wie eine Black Box gewesen. Da sind wir uns einig, das ist völlig klar. Wir haben bei der Erstellung des Landesverkehrsplanes und bei der Erstellung des Landesentwicklungsplanes gemeinsam angemahnt, dass die Offenlegung dieser Prognosen und deren kritische Überprüfung erforderlich ist. Darüber, dass sie veraltet sind, sind wir uns völlig einig. Dennoch ist die Frage: Was machen wir mit dem jetzigen Abgleich? Was machen wir mit dem Vergleich? Was heißt das für zukünftige Prognosen?
Gestatten Sie mir einen kurzen Exkurs: Mit wie viel Prozent wurden die Grünen in den Prognosen vor der Bundestagswahl gehandelt? Nur kurze Zeit später kam sozusagen die Zählung, und es sah ganz anders aus. Was machen wir also mit solchen Vergleichen für die Methodik zukünftiger Prognosen? Diese Frage haben wir miteinander zu klären, vor allem aber, so denke ich, haben Fachleute diese Frage zu klären.
Ja.
Darüber sind wir uns einig. Das ist nicht die Frage.
Ja, aber mir geht es generell um die Methodik für die künftigen Prognosen. Hält die prognostizierte Entwicklung für die Einwohnerzahlen an? Für Dresden und Leipzig hat man sinkende Zahlen vorhergesagt. Dann war man erschrocken, dass die Zahlen gewachsen sind. Und dann hat man gesagt: „Wir reißen keine Schulen mehr ab.
Wir brauchen Kitas usw.“ Generell ist das zu hinterfragen. Aber grundsätzlich steht die Frage, mit welcher Methodik wir hier herangehen. Da sind wir uns einig. Meine Frage war nur, wie wir damit umgehen.
Im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeplan geht es auch um die Umschichtung der Mittel. Das betrifft auch die Bundesfernstraßen. Die Mittel werden wir vielleicht nicht unbedingt so verwenden können.
Mit anderen Worten: Wir haben bei dem zweiten Teil durchaus Bedenken und werden uns an dieser Stelle enthalten. Den ersten Teil werden wir mittragen.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist für DIE LINKE ein zentraler Baustein, wenn wir die Entwicklung des ländlichen Raums betrachten. Das haben wir auch in der Begleitung des Prozesses, der zur Erarbeitung des Landesentwicklungsplanes führte, in diesem Hause verdeutlicht.
Dabei verschränken wir in unserer Betrachtung die Sicherung der ländlichen Regionen – also ihre Stabilisierung –, die Daseinsvorsorgesicherung und die Barrierefreiheit zu einem ganzheitlichen Gedankenansatz. Das ist auch wichtig vor dem Hintergrund der Problemlagen, die die Kollegin vorhin umrissen hat.
Unser Leitbild umfasst unter anderem die klare Orientierung auf die Erreichbarkeit von Grund-, Mittel- und Oberzentren in 30, 60 und 90 Minuten mit dem ÖPNV, eine klare Schulnetzplanung, die vor allem kurze Wege garantiert und somit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert, und ebenso Aussagen zur KitaLandschaft.