Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 63. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags und begrüße Sie ganz herzlich. So groß ist der Abstand zum Abschluss der letzten Sitzung nicht – zumindest zeitlich.
Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Prof. Dr. Gillo, Herr Prof. Dr. Wöller, Frau Klinger, Frau Nicolaus und Herr Schowtka.
Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 5 bis 12 festgelegt: CDU bis zu 125 Minuten, DIE LINKE bis zu 86 Minuten, SPD bis zu 52 Minuten, FDP bis zu 52 Minuten, GRÜNE bis zu 45 Minuten, NPD bis zu 45 Minuten und Staatsregierung 84 Minuten. Die Redezeiten der
Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.
Meine Damen und Herren, ich weise Sie darauf hin, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach § 55 der Geschäftsordnung von ihrem Recht Gebrauch gemacht hat, das Thema der Aktuellen Debatte zu ändern. Er lautet nunmehr verkürzt „Endlich Transparenz bei der Bodenvergabepraxis in Sachsen herstellen“.
Ich lasse meinen Blick in die Runde schweifen. – Es gibt keine weiteren Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der
Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 30 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 17 Minuten, FDP 12 Minu
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir steuern in Sachsen auf ein großes Problem zu. Das Thema Altersarmut kann uns nicht kalt lassen. Es ist kein Thema, das in der Ferne liegt, sondern Sie können sich schon jetzt die Zahlen anschauen. Ein 86-Jähriger erhält derzeit durchschnittlich eine Rente in Höhe von 1 279 Euro im Monat. Ein 65-Jähriger erhält dagegen nur noch 891 Euro. Die Altersarmutsquote ist in Sachsen enorm gestiegen; sie liegt bei 19,5 %. Das ist nicht nur eine enorme Steigerung, sondern vor allem auch ein enormer Unterschied zum Bundesdurchschnitt, der bei 15,1 % liegt. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon
wieder zu schwarz male, ob das alles schon wieder nur zu düster ist. Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Das geht die Leute ganz klar etwas an.
Die wollen wissen: Wie geht es mir in Zukunft? Wie geht es mir im Alter? – Da kann ich mich nicht zurückziehen und sagen: Das ist eine reine Rentenversicherungsfrage. Zwar können wir deshalb gern nach Berlin schauen und darüber diskutieren, wie wir ein Lebensniveau auch im Alter absichern können. Dazu finden gerade aktuelle Diskussionen statt.
Jedoch ist das nicht nur eine Frage des Rentenniveaus, sondern die Frage ist, mit wie vielen oder welchen Instrumenten man tatsächlich dazu beitragen kann, damit man auch im Alter vernünftig leben und seine Lebensqualität aufrechterhalten kann und nicht in Altersarmut abrutscht.
Wenn Sie sich die Zahlen des DGB anschauen und die Mahnungen des DIW ernst nehmen, dann stellen Sie fest, dass wir in den Jahren von 2020 bis 2030 in eine Problematik steuern, dass bis zu 50 % der Rentnerinnen und Rentner von Altersarmut bedroht sind, das heißt, dass sie unterhalb der Grundsicherung liegen. Das kann Sie doch nicht kalt lassen. Das kann Sie auch deshalb nicht kalt lassen, weil es nicht ausreicht, nach Berlin zu schauen, ob man da vielleicht rentenversicherungsmathematisch etwas löst. Ich empfehle Ihnen: Einigen Sie sich mit Ihrer zuständigen Ministerin! Sie sind ja mit ihr selbst nicht grün in dieser Frage.
Geben Sie bitte auch nicht den Osten auf! Als ich jetzt gehört habe, dass die Bundesregierung gesagt hat, das Thema Ostrente sei in dieser Legislaturperiode kein Thema, bin ich hellhörig geworden. Wann ist es denn ein Thema, wenn nicht jetzt, wenn jetzt gerade über Rentenkonzepte diskutiert wird?
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach Berlin schauen allein reicht nicht. Wo ist Ihre aktive Politik gegen Altersarmut, und zwar hier vor Ort?
Altersarmut ist Erwerbsarmut. Altersarmut hat damit zu tun, dass Menschen in der Zeit, in der sie gearbeitet haben, zu wenig verdient haben oder dass sie aufgrund ihrer gebrochenen Erwerbsbiografien keine ausreichende Rente haben. Da können Sie die Hände nicht in den Schoß legen. Wenn Sie das tun, wie wir es in den letzten drei Jahren von Ihnen gesehen haben, bedeutet das, dass Sie Altersarmut akzeptieren, dass Sie Altersarmut in Sachsen wollen. Denn Sie werden sich an der Frage messen lassen müssen: Was ist bei Ihnen eine aktive Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, die dazu führt, dass Menschen genügend Lohn haben? An dieser Frage werden Sie sich messen lassen müssen, und da sieht Ihre Bilanz aber schlecht aus. Sie werben heute noch damit, dass Sachsen ein Niedriglohnland ist. Diese Strategie ist falsch. Sie müssen aufhören, mit dem Niedriglohn in Sachsen zu werben.
Entschuldigung, Ihre Wirtschaftsförderung wirbt heute noch damit, 26 % unter Gehaltsniveau zu sein. Ich würde damit nicht werben. Ich würde mich für eine solche Aussage schämen.
Wenn wir einen Wirtschaftsminister haben, der alle Allgemeinverbindlichkeitserklärungen sabotiert, der
– der muss sich dem Vorwurf aussetzen, nichts aktiv gegen Altersarmut zu machen. Gerecht geht anders.
Für die einbringende SPD sprach Herr Kollege Dulig. – Es gibt an Mikrofon 7 Bedarf zu einer Kurzintervention.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich warten, bis ich mit meinem regulären Redebeitrag dran bin, aber angesichts dieser himmelschreienden sozialdemokratischen Heuchelei und Doppelmoral konnte ich einfach nicht auf meinem Platz sitzen bleiben.
Herr Dulig, Ihre Rede war inhaltlich rund und mitreißend vorgetragen, aber erinnern wir uns doch daran, welche Regierung die Liberalisierung der Arbeitsmärkte und die Agenda-2010-Politik durchgesetzt hat. Es ist an Verlogenheit nicht zu überbieten. Wenn die Fraktionen von CDU und FDP da Kontrapositionen setzen, muss man ihnen wenigstens, auch wenn wir diesen Positionen fernstehen, zugutehalten, dass sie sich programmatisch treu geblieben sind, denn FDP und CDU haben der Agenda-2010-Politik stets Applaus gespendet.
Ja, diese Fraktionen stehen immerhin zu dieser unserer Meinung nach verfehlten Politik, sie sind sich treu geblieben.
Aber es ist doch sozialdemokratische Verlogenheit, wenn die SPD jetzt die Niedriglohnpolitik, die Altersarmut und all das anprangert, wozu durch die sozialdemokratische Agenda-2010-Politik der Grund gelegt worden ist. Wenn Sie die Arbeitsmärkte nicht dereguliert hätten, gäbe es heute nicht dieses Ausmaß an Minijobs, an Niedriglöhnerei und damit auch nicht die Altersarmut, die Sie eben so wortreich beklagt haben.
Bei dieser sozialdemokratischen Heuchelei muss ich jetzt sagen, auch wenn mir das einen Ordnungsruf einbringt: Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen will.