Timo Böhme

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Last Statements

Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Mit ihrem „Landesaktionsplan gegen Rassismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ – „Gemeinsam für Gleichwertigkeit“ möchte die Landesregierung, wie schon der Titel nahelegt, aktiv werden. Wofür oder wogegen man genau eintreten will, muss für den Laien allerdings erst einmal dechiffriert werden; denn während der Begriff Rassismus relativ klar definiert sein dürfte, ist es mit der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit nicht ganz so einfach.
Der eben zitierte Wikipediaeintrag zählt nämlich in der Folge zwölf verschiedene Diskriminierungsformen auf, die hierunter subsumiert werden können, unter anderem auch Sexismus, Etabliertenvorrechte, die Abwertung von Langzeitarbeitslosen und vor allem Antisemitismus.
Doch ausgerechnet diesen Antisemitismus hat Ministerin Spiegel im Titel ihres Aktionsplans für Rheinland-Pfalz ausgespart, obwohl die Bedrohung für Juden in ganz Deutschland auch maßgeblich unter dem Einfluss des politischen Islams in den letzten Jahren spürbar zugenommen hat.
Handelt es sich hierbei um ein Versehen oder um eine bewusste Entscheidung? Ihre grünen Parteifreunde in Bayern fordern einen Landesaktionsplan, der den Einsatz gegen Antisemitismus auch im Titel ausdrücklich betont. Schade, dass das in Rheinland-Pfalz nicht selbstverständlich zu sein scheint.
Frau Spiegel legt ihren Schwerpunkt stattdessen wieder einmal auf den Wahlkampf gegen angeblich populistische Haltungen, wie es in ihrer Presseankündigung vom November heißt. Dabei geht fast unter, dass das eigentliche Ansinnen, nämlich ein breites Engagement gegen echten Rassismus, gegen Antisemitismus und gegen Minderheitendiskriminierung absolut begrüßens- und lobenswert ist.
Auch Projekte zur Eindämmung von strafbaren oder verleumderischen Kommentaren oder sogar Gewaltaufrufen im Internet halten wir als AfD-Fraktion grundsätzlich für sinnvoll.
Allerdings gibt es in diesem Bereich bereits strafrechtliche Normen, die eine Verfolgung entsprechender Verstöße ermöglichen. Fraglich ist daher, ob das mit geplant 640.000 Euro Landesmitteln zu finanzierende Programm „Solidarität gegen Gewalt und Hass im Netz“ wirklich geeignet und erforderlich ist, um die zweifellos zu beklagende Verrohung der Debatte im Internet wirksam zu bekämpfen.
Ähnliches gilt für die anderen 28 Maßnahmen des Aktionsplans. Ob beispielsweise „der bunte Bus der Begegnung“, welcher Vielfalt sichtbar macht und Menschen ins Gespräch bringen will, tatsächlich helfen wird, rassistische oder antisemitische Ressentiments nachhaltig zu überwinden, darf durchaus hinterfragt werden.
Ich erinnere an der Stelle auch an das Programm Schule gegen Rassismus für Courage.
Deshalb benötigt unsere Gesellschaft mehr noch als wohlklingende Landesaktionspläne, die sich überwiegend an Symptomen sozialer Fehlentwicklungen abarbeiten: ein solides Wertefundament, ein Wertefundament, auf dem Rassismus, Antisemitismus und verfassungswidrige Weltanschauung von vornherein keinen Nährboden finden. Ein demokratisches und mitbürgerliches Wertefundament, wie es Kinder vor allem durch Vorbilder, insbesondere in ihren Familien kennenlernen und verinnerlichen.
Umso wichtiger ist aus unserer Sicht eine Stärkung familiären Zusammenlebens in Rheinland-Pfalz; denn hier im Kleinen entwickelt sich bei den meisten Menschen diejenige soziale Grunddisposition, die sie ein Leben lang prägen wird.
Deshalb wünschen wir uns von der Landesregierung mindestens einen gleichwertigen Einsatz für Familien, wie sie ihn in ihrem jüngst vorgelegten Landesaktionsplan aufbringt.
Danke schön.
Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Mit der Parole „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ zogen die französischen Revolutionäre in den Kampf gegen den Absolutismus. Die Idee der Demokratie war geboren. Diesen Weg meint nun Ministerin Spiegel im Namen der Landesregierung mit dem Begriff der Gleichwertigkeit von Menschen fortzusetzen, wobei der Begriff der Gleichheit den Menschen eine aktive Rolle zuschreibt – er kann zum Beispiel gleiche Rechte einfordern –, während der Begriff der Gleichwertigkeit wohl eher eine passive Rolle definiert, in der Menschen Gegenstand einer Bewertung sind. Genau das ist aber doch der Grundgedanke des Rassismus.
Besser und wertungsfreier beschrieben wird ein Mensch wohl durch seine Identität, welche sich durch eine gruppenbezogene Erfahrungswelt und individuelle Erfahrungen prägt. Identität kennt der Landesaktionsplan aber nur im Hinblick auf Sexualität. Ansonsten meidet man diesen Begriff lieber und spricht von Menschengruppen oder Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Letztlich reden wir aber über Konflikte zwischen Menschen und Menschengruppen, welche ihre Identität unterschiedlich definieren. Kann man also wirklich erwarten, dass Unterschiede in Wert- und Weltvorstellungen mit dem Begriff der Gleichwertigkeit überdeckt werden können?
Reden sollten wir daher über die Unterschiede und unterschiedlichen Erwartungen von Gruppen und Identitäten und über die Bedingungen, diese in einen gesellschaftlichen Ausgleich zu bringen. Dieser Aspekt fehlt jedoch im Landesaktionsplan vollständig.
Vielen Dank.
Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Mit dem Entwurf des Landesgesetzes zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes Rheinland-Pfalz hat sich die CDU-Fraktion auf heiß umstrittenes Terrain gewagt. Ladenöffnungszeiten wie auch Arbeitszeitregelungen und Arbeitnehmerschutz sind sehr sensible Politikfelder in unserem Land. Entsprechende Änderungen bedürfen eines breiten gesellschaftlichen Konsenses.
Dieser war in der Anhörung zum Gesetzentwurf aber nicht darstellbar. Die tiefe Kluft zwischen der Gewerkschaft ver.di und den Kirchen auf der einen Seite und den Vertretern von Städtetag, Handelsverband und IHK auf der anderen Seite war deutlich wahrnehmbar. Es herrschte offensichtliches Misstrauen, und es fehlte an einer gemeinsamen Basis, welche im Vorfeld der Einbringung des Gesetzentwurfs hätte geschaffen werden müssen. Somit ist die absehbare Ablehnung des Gesetzentwurfs im Parlament auch folgerichtig.
Letztlich kann man konstatieren, dass die CDU-Fraktion
mit ihrem Entwurf über das Ziel hinausgeschossen ist und in ihren Intentionen nicht eindeutig war. Es geht dabei offensichtlich eben nicht nur um die Unterstützung Not leidender Geschäfte und Unternehmer des stationären Einzelhandels in der durch die CDU-geführte Bundesregierung erzeugten Lockdown-Krise, sondern auch um die generelle Frage der Anlassabhängigkeit von verkaufsoffenen Sonntagen, welche für zwei Sonntage im Jahr generell gestrichen werden soll.
Das bleibt aber nach den bisherigen Entscheidungen von Verwaltungsgerichten auf Bundes- und Länderebene rechtlich fragwürdig, und auch wenn der Gesetzentwurf das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für Arbeit an Sonn- und Feiertagen geltende Regel-AusnahmeVerhältnis nicht per se infrage stellt – es geht ja um zwei Sonntage im Jahr –, so bleibt doch die Frage nach der rechtlichen Definition der Ausnahmen, welche das Bundesverwaltungsgericht an Anlässe und die Landesverfassung in Rheinland-Pfalz an das Gemeinwohl geknüpft hat.
Hierbei geht die CDU-Fraktion in ihrer Begründung des Gesetzentwurfs sehr weit; denn ein Interesse an der Stärkung des Präsenzhandels und der Erhaltung von attraktiven Innenstädten und Kommunen besteht grundsätzlich und nicht nur in COVID-19-Grippezeiten. Zudem ist das Virus bei Weitem nicht der einzige Grund für den Strukturwandel im Einzelhandel. Somit werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die relativ hohen Anforderungen an eine Anlassbezogenheit im bisherigen Sinn deutlich abgesenkt.
Eine derart grundlegende Änderung würde mit Sicherheit eine rechtliche Überprüfung nach sich ziehen, sodass eben keine Rechtssicherheit für Städte und Kommunen geschaffen würde. Damit würde der Zweck der gesetzlichen Regelung konterkariert. Zudem waren CDU-Fraktion, IHK und Verbände in der Anhörung und folgenden Aussprache nicht in der Lage aufzuzeigen, dass geöffnete Geschäfte an Sonntagen auch außerhalb bestehender Anlässe tatsächlich zu mehr Umsatz und nicht nur zu einer zeitlichen Verlagerung des Einkaufs oder gar zur Steigerung der Kosten für die Einzelhändler führen. Mehr Marktforschung wäre daher nötig.
Ob man den wachsenden Onlinehandel aber tatsächlich in die Schranken weisen kann, ist fraglich, zumal der überzogene Lockdown hier wie ein Brandbeschleuniger gewirkt hat. Es besteht überdies die Gefahr, dass eine Sonntagsöffnung zu weiteren Verwerfungen führt; denn ob private Einzelhändler sich die Sonntagsöffnung überhaupt leisten können oder wollen und am Ende wiederum Ladenketten auf dem Rücken der Arbeitnehmer weitere Umsätze machen, blieb ebenfalls offen.
Der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion suggeriert somit rechtliche Sicherheit und wirtschaftliche Lösungen, welche es naheliegend gar nicht gibt. Die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen im Ladenöffnungsgesetz sind völlig ausreichend, um auf kommunalpolitischer Ebene in Abstimmung mit den Bürgern, Unternehmern und Verbänden
Möglichkeiten für Einkaufserlebnisse und die Stärkung des regionalen Einzelhandels zu schaffen. Kommunen können Anlässe schaffen, für ihren lokalen Handel werben oder regionsbasierten Onlinehandel unterstützen.
Ganz ehrlich, liebe Kollegen von der CDU-Fraktion, Sie spielen mit diesem Gesetzentwurf den liberalen Retter vor der selbst erzeugten Not. Die Folgen des chaotischen CoronaManagements Ihrer Bundesregierung werden Sie damit aber nicht mildern. Die deutsche Wirtschaft ist von Frau Merkel und Herrn Spahn wie das Kind mit dem Bade ausgeschüttet worden.
Der Niedergang des deutschen Wohlstands und der Verlust an gesellschaftlichem Vermögen wurde damit enorm beschleunigt. Lernen will die CDU aus den Vorgängen aber nicht. Mit dem vorgeblich ökologischen und CO2-neutralen Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft wird gerade die nächste Wanne gefüllt. Wir werden sehen, wie viele Firmen und Arbeitsplätze dann noch baden gehen. Ich bin mir sicher, dass künftige Generationen das heutige Kapitel der deutschen Geschichte sehr kritisch bewerten werden.
Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.
Vielen Dank.
........... 7451, 7453........................... 7455 Abg. Marcus Klein, CDU:............ 7453, 7454 Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten:............ 7454
Tagesordnungspunkt mit Besprechung erledigt......................... 7456
Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksachen 17/11315/11668/12976 –.. 7456
Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Die AfDFraktion dankt der Landesregierung und den Mitarbeitern des federführenden Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie für den ausführlichen und informativen Armuts- und Reichtumsbericht 2020.
Wollte man den Inhalt des Berichts in aller Kürze zusammenfassen, böte sich der Titel eines Literaturklassikers an: Im Westen nichts Neues. Leider muss man statuieren, dass die generelle Lage trotz enormen wirtschaftlichen Wachstums und sinkender Arbeitslosenrate im Betrachtungszeitraum nicht wirklich besser geworden ist. Die Armutsgefährdungsquote stieg um 0,9 % auf 16,7 %.
Zu den Personengruppen, welche in besonderem Maße von Armut betroffen sind, zählen nach wie vor insbesondere Erwerbslose, Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, Alleinerziehende, Familien mit mehr als drei Kindern, Menschen mit Migrationshintergrund und ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Neben den Kindern weisen aktuell junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren sowie über 65-Jährige die im Durchschnitt höchste Armutsgefährdungsquote auf.
Die Gründe für die Armut sind seit Langem bekannt. Armut ist assoziiert mit Bildungsarmut, fehlenden Berufsabschlüssen, Migrationshintergrund, Fluchtbiografien, sie wird zum Teil auch vererbt, hat also einen familiären Hintergrund, und geht natürlich auch auf mangelnde Altersvorsorge und mangelnden Vermögensaufbau zurück, welchen Menschen mit geringem Einkommen nicht leisten können.
Ihre Ursachen liegen aber auch in einer zu hohen Steuerund Abgabenlast, nicht ausreichender Anerkennung und Honorierung von Erziehungsarbeit, einer verfehlten preistreibenden Energie- und Umweltpolitik, im Mangel an bezahlbarem Wohnraum und in einer Gesellschaftspolitik, welche eher gesinnungsethisch als rational nach der Devise „Koste es, was es wolle“ agiert.
Auffällig ist auch, dass das hohe Niveau an Armut vor allem durch Armutseinwanderung aufrechterhalten wird. Ob Kinderarmut, Erwerbslosigkeit oder geringfügige Beschäftigung, die Zuwachsraten bei Ausländern sind enorm. Das Gleiche gilt für die Belastung der Sozialsysteme.
Es ist schon bezeichnend, wenn die Ministerin im Ausschuss darauf hinweist, dass nicht in erster Linie Arbeitsmarktintegration, sondern zuerst der Erwerb einer prinzipiellen Integrationsfähigkeit im Vordergrund stehe. Unsere Gesellschaft wird damit vor enorme Herausforderungen gestellt, welche uns gerade bei der Armutsbekämpfung über Jahrzehnte begleiten werden.
Die Behauptung aber, dass es gerade bei der Bekämpfung von Kinderarmut keine Fortschritte gegeben hätte – aufgestellt in einer Anhörung zur Kinderarmut im Sozialpolitischen Ausschuss –, erweist sich damit als falsch. Im Hinblick auf deutsche Staatsbürger ist die Anzahl der Kinder in Bedarfsgemeinschaften in Rheinland-Pfalz im Betrachtungszeitraum um 13 % gesunken, aber bei Ausländern um 172 % gestiegen. Frau Thelen, das ist die Antwort auf Ihre Frage nach dem Warum.
Wenn also hier und heute wieder die erwartbare Forderung nach einer Kindergrundsicherung erhoben wird, sollte man diesen Fakt im Hinterkopf behalten. Wir als AfD stellen dem das Konzept des Staatsbürgergelds entgegen, welches auch für Kinder ausgezahlt bzw. angerechnet würde, aber keine weiteren Migrationsanreize schafft.
Des Weiteren fordern wir ein steuerliches Familiensplitting, um vor allem erwerbstätige Menschen im Hinblick auf die Erziehungsarbeit und Kinderbetreuung zu unterstützen.
Übergangsweise könnte natürlich auch ein Landeserziehungsgeld die Erziehungsarbeit honorieren und Familien mit Kindern besserstellen.
Zudem begrüßen wir den landesweiten Beteiligungsprozess „Armut begegnen – gemeinsam handeln“ mit dem Ziel verbesserter Strukturen und Beratungsangebote in den Kommunen. Wir werden die Landesregierung aber auch um Berichterstattung zu konkreten Ergebnissen bitten.
Wir sind davon überzeugt, dass den Kommunen bei der Umsetzung sozialer Ambitionen die entscheidende Rolle zufällt. Eine ausreichende Ausstattung mit kommunalen Finanzmitteln ist dabei eine unentbehrliche Voraussetzung.
Gerade aber im Hinblick auf eine verbesserte und effizientere Sozialberatung könnte die Landesregierung die Kommunen auch mit dem Aufbau einer digitalen Beratungsplattform, also eines digitalen Sozialnavigators, entlasten und unterstützen. Eine digitale Vorberatung kann sicherstellen, dass die Betroffenen wissen, an wen sie sich wenden können bzw. müssen und welche Antragsunterlagen und Belege einzureichen sind. Frustrierendes Suchen, Doppelarbeit oder mehrfache Wege könnten somit für alle Beteiligten vermieden werden.
Meine Damen und Herren, in der Einleitung zum Bericht wird von Armut als soziale Realität und gesellschaftliche Konstruktion gesprochen. In der Tat ist die Sozialpolitik lediglich das Auffangbecken für die Probleme, welche durch eine verfehlte Gesellschaftspolitik geschaffen werden.
So bestimmen zum Beispiel die Politikfelder Bildung, Infrastruktur, Wirtschaft, aber auch Finanz-, Zins- und Währungspolitik unter anderem darüber, wie und an wen Wissen, Arbeit und gesellschaftlicher Mehrwert verteilt werden. Eine verfehlte Gesellschaftspolitik, welche den gesellschaftlichen Mehrwert ins Ausland abfließen lässt, Ideologien finanziert und Armut importiert, bestimmt damit aber die Größe und die Anforderungen an den Sozialstaat. Deswegen ist er auch so groß.
In Teilen ist das ein Teufelskreis. Je mehr Sozialstaat, umso mehr Abgaben und letztlich Armut. Vieles auch zulasten künftiger Generationen. Die Verteilung des gesellschaftlichen Mehrwerts muss neu gedacht werden. Dazu gehört auch unsere Forderung nach einer Wertschöpfungsabgabe und Digitalsteuer.
Die armen Menschen haben üblicherweise wenig Lobby und gehen daher auch wenig wählen. Die Politik muss deshalb hier aus einer intrinsischen Motivation heraus handeln.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Köbler, ich bitte Sie, solche subtilen Unterstellungen zu unterlassen.
Ich habe weder von Genen noch Genpoolen noch irgendwie von Genetik gesprochen.
Wir wissen, dass sich Armut vererbt. Das ist auf die Armut der Familien, auch auf die Bildungsarmut der Familien zurückzuführen. Die Gründe habe ich klar und deutlich benannt. Von Genen habe ich nie gesprochen.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir besprechen heute die Antwort auf die Große Anfrage „Jodprophylaxe und staatliche Kontrolle der Lebensmitteljodierung und ihre Auswirkungen“. Über Geschichte, Hintergründe und Fakten habe ich zudem mit meinem Dokument „Chronik und Kritik zur Jodprophylaxe“ informiert, welches im August als offener Brief veröffentlicht wurde.
Zudem liegen dem Landtag ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, Antworten auf eine weitere Große Anfrage, Kleine Anfragen und Berichtsanträge vor. Sie finden die Dokumente im Parlamentarischen Auskunftssystem OPAL unter dem Stichwort „Jod“.
Als Ergebnis darf ich feststellen, dass die Landesregierung im Rahmen der Lebens- und Futtermittelüberwachung für die Kontrolle der Jodprophylaxe und Lebensmitteljodierung zuständig ist, aber dieser Verantwortung so gut wie nicht nachkommt. Zwar beschreiben die Antworten der Regierung Zuständigkeiten und behördliche Strukturen, offensichtlich werden die Anlagen jedes Futtermittelherstellers in Rheinland-Pfalz auch einmal im Jahr einer generellen Überprüfung unterzogen. Zum tatsächlichen Gehalt an Jod im Nutztierfutter macht die Landesregierung jedoch keine Aussage, obwohl die Große Anfrage explizit danach gefragt hat.
Nach Aussage von Agrarminister Dr. Wissing im Ausschuss 2017 liegt der durchschnittliche Jodeinsatz bei 1 mg Jod pro Kilogramm Futtermittel. Das entspricht dann ca. 250 µg Jod pro Liter Milch; Werte, welche Stiftung Warentest im Jahr 2017 auch in Milchproben gefunden hatte.
Allerdings fand man auch eine Milchprobe mit 520 µg. Das entspricht dann der täglich durchschnittlichen Jodaufnahme eines Bürgers nur über Milchprodukte und ist bereits mehr als das Fünffache des vermuteten täglichen Bedarfs.
Alltägliche Lebensmittel wurden von der Lebensmittelüberwachung in den letzten Jahren de facto überhaupt nicht auf Jodgehalte untersucht.
Aber wissen wir schon kaum etwas über die aktuellen Jodgehalte in Milch, Eiern und tierischen Produkten, so wissen wir so gut wie gar nichts über die Jodgehalte in den Jahren vor 1997, als mit 40 mg Jod pro Kilogramm Tierfutter Jodgehalte von ca. 8.000 µg Jod pro Liter Milch, also 8 mg, EU-gesetzlich zugelassen waren, auch nichts über den Zeitraum von 1997 bis 2005, als 10 mg Jod pro Kilogramm Tierfutter zugelassen waren und damit Jodgehalte von ca. 2.000 µg Jod pro Liter Milch, also 2 mg pro Tag, allein über Milchprodukte aufgenommen wurden. Wie viel Jod war also in Milch, Eiern und tierischen Produkten in den letzten 30 Jahren wirklich enthalten? Meine Damen und Herren, Sie werden kaum repräsentative Studien finden, und wenn, dann nur Mittelwerte, welche keine wirklichen Aussagen machen.
Eines ist aber klar und von der Wissenschaft mittlerweile eindeutig belegt: Bereits Jodaufnahmen ab 300 µg pro Tag und auf Dauer führen zu Schilddrüsenerkrankungen, vor allem Unter- und Überfunktionen. Das steht sogar schon in der Schrift des Bundesgesundheitsamts aus dem Jahr 1994.
Eine neuere Studie aus dem National Health and Nutrition Examination Survey III der USA untersucht 12.264 Menschen im Zeitraum von durchschnittlich 19 Jahren und fand eine erhöhte generelle Mortalität bei Personen mit einer
Jodausscheidung von größer gleich 400 µg Jod pro Liter Urin. Bei leichtem Jodmangel gab es einen solchen Effekt nicht. Sie leben also länger und werden weniger herz- und krebskrank, wenn Sie leichten Jodmangel haben, meine Damen und Herren. Das sollte man sich merken.
Studien aus den USA und China belegen zudem eine verringerte männliche Fertilität bei hoher Jodversorgung. Die Anzahl der Spermien und ihre Vitalität sind eingeschränkt. Also, meine Herren, aufgepasst bei der Ernährung!
Meine Damen und Herren, wenn Sie mit jodkranken Menschen sprechen, welche sich in Selbsthilfegruppen versammeln, dann werden Sie Berichte über Erkrankungen bekommen, welche die Wissenschaft im Zusammenhang mit Jod noch gar nicht beleuchtet hat: Nervenerkrankungen, ADHS, Schlafstörungen, Reizdarm usw.
Wenn also Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler im Gesundheitsausschuss zum Thema behauptet, es gäbe keine Warnrufe aus der Wissenschaft, dann ist das entweder eine Abwehrstrategie oder völlige Ahnungslosigkeit. Ich gehe aber von Ersterem aus; denn sämtliche Bundesoberbehörden und Ministerien agieren in der gleichen Weise. Fragt man zur Jodprophylaxe an, wird erst einmal das hohe Lied vom angeblichen Jodmangel und vom gesunden Jod gesungen. Fragt man dann konkret nach, läuft man gegen eine Mauer des Schweigens. Meine Damen und Herren, hinter dieser Mauer liegen aber ein Gräberfeld und sehr viel Elend.
Am absurdesten agiert übrigens das BML und verweist auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes RheinlandPfalz. Ich hatte aber nach Vorgaben für den Im- und Export von Lebensmitteln gefragt.
Auf den Warnruf vom Arbeitskreis Jodmangel und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung werden Sie übrigens lange warten können, Frau Ministerin. Als die Herren Professoren merkten, dass die Futtermitteljodierung über Jahre hinweg viel zu hohe, ja geradezu toxische Jodwerte in Milch und Eiern hervorbrachte, wurden die Vorgaben einfach von 40 mg Jod auf heute 5 mg Jod pro Kilogramm Tierfutter abgesenkt. Die Bürger erfuhren nichts davon. Sie wissen bis heute nicht, dass wir ausnahmslos alle zu Versuchskaninchen gemacht wurden, und das über Jahre und Jahrzehnte mit ungewissem Ausgang.
Meine Damen und Herren, ich fordere Sie hiermit auf, die Mauer des Schweigens aufzubrechen und über das zu reden, was war und ist. Die Jodpropagandisten des Arbeitskreises Jodmangel müssen sich einer öffentlichen gesellschaftlichen Debatte stellen. Wir sind es den Bürgern und den Geschädigten schuldig.
Zudem muss die überzogene Futtermitteljodierung umgehend beendet und besser kontrolliert werden.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege, es gibt beim Jod eine sogenannte U-Kurve,
und das ist auch wissenschaftlich anerkannt.
Das heißt also, – –
Genau.
es gibt eine U-Kurve,
und diese U-Kurve zeigt, dass sowohl zu wenig Jod
als auch zu viel Jod gesundheitliche Schäden hervorruft.
Wenn man sich also hinstellt und sagt, ja, Jod ist gut, dann gilt das nur für einen bestimmten Teil der Bevölkerung. Es gibt aber auch Kritik an der Jodprophylaxe, und diese Kritik ist so alt wie die Jodprophylaxe, nämlich 30 Jahre.
Wir wissen bis heute noch nicht genau, wie viel Jod in den Nahrungsmitteln in der Vergangenheit war, und wir wissen auch nicht, wie viel Jod aktuell in den Nahrungsmitteln ist. Es wird nämlich schlicht und einfach nicht untersucht. Es gibt also keinerlei Transparenz,
und das, obwohl die Wissenschaft sehr viele Warnungen ausgesprochen hat. Ich hatte zwei Beispiele aus der wissenschaftlichen Literatur genannt. Es gibt Dutzende davon,
die darauf hinweisen, dass die Jodierung in allen Ländern, in denen sie eingeführt worden ist, zu Unterfunktionen geführt hat, also zu Hashimoto, das ist eine Autoimmunerkrankung, oder auch zu thyreotoxischen Krisen.
Wir wissen aber nichts davon. Wir wissen überhaupt nichts davon. Dieses Projekt läuft seit 30 Jahren,
und die Exekutiven waren das letzte Mal 1993 einbezogen.
Ich finde also, es ist einfach einmal Zeit, sich von der Wissenschaft erklären zu lassen, was denn ganz konkret bei dieser Jodprophylaxe herausgekommen ist.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin,
auch Sie haben sich schon kritisch zur Jodprophylaxe und zu den Regelungen geäußert, damals noch als Bundestagsabgeordnete im Jahr 2007. Ich darf aus einer Anfrage zitieren: „Wie begründet die Bundesregierung, angesichts der zahlreichen Proteste von betroffenen Jod-Allergikern, dass sie eine freiwillige Vereinbarung mit der Wirtschaft einer rechtsverbindlichen Regelung zur Kennzeichnung von unter Verwendung von Jodsalz hergestellten unverpackten Lebensmitteln durch Änderung der LebensmittelKennzeichnungsverordnung vorzieht (...)?“ Das war damals Ihre Frage.
Auch damals haben Sie das sehr kritisch gesehen, und man muss das auch kritisch sehen; denn wenn Sie sagen, die Verbraucher haben die Wahl, dann ist das schlicht nicht richtig. Die Verbraucher haben überhaupt keine Wahl; denn bei der Futtermitteljodierung gibt es weder eine Kennzeichnung noch eine Quantifizierung.
Der Verbraucher weiß nichts davon, und er kann es auch nicht nachvollziehen. Wie viel Jod in der Milch ist, die er kauft, oder in den Eiern oder in anderen tierischen Produkten, kann er also schlicht und einfach nicht nachvollziehen.
Sie haben sich auf das Dokument des Bundesinstituts für Risikobewertung bezogen. Das ist so alt wie falsch, das muss man ganz klar sagen. Mittlerweile hat die Wissenschaft längst überholt, was dort steht. Dort wurde 2004 behauptet, 500 µg Jod pro Tag und auf Dauer wären kein Problem. Das war schon zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr Stand der Wissenschaft. Das hatte man schon zehn Jahre vorher widerlegt.
Ich will aber einmal kurz aus einer Dissertation aus dem Jahr 2014 zitieren. Sholeh Mashoufiaus dem Krankenhaus Am Urban in Berlin, immerhin ein Lehrkrankenhaus der Freien Universität Berlin, schreibt: In Deutschland erkranken zwischen 65.000 und 110.000 Menschen jährlich neu an einer Autoimmunthyreoiditis. – Das ist eine Unterfunktion, Hashimoto.
Der Auslöser dafür ist in erster Linie (wenn nicht sogar ausschließlich) das zusätzlich zum natürlichen Jodgehalt der Nahrung zugeführte Jod. Der jodbedingte Anteil der Neuerkrankungen liegt zwischen 66 und 100 %. – Das ist ein Zitat aus einer Veröffentlichung von Herrn Bruker, 2010.
Die in Deutschland als sicher erachtete maximale tägliche
Jodzufuhr von 500 µg würde zu 185.000 bis 220.000 Neuerkrankungen pro Jahr führen. –
Das ist Stand der Wissenschaft, und nicht das 2004 veröffentlichte Dokument des BfR. Das ist längst überholt.
Vielen Dank.
Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehen zahlreiche Verbesserungen im Hinblick auf die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen einher. Das ist uneingeschränkt zu begrüßen, oder – um es nach den Regeln der Leichten Sprache zu formulieren – das ist gut. Darüber freuen wir uns.
Einiges finden wir aber nicht gut. Insoweit besteht von unserer Seite aus Anlass zur Kritik. Dies gilt zum einen hinsichtlich der Regelung in § 21 Abs. 4 Satz 3 des Gesetzentwurfs, die vorsieht, dass die oder der Landesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen als Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zur Barrierefreiheit und zur Umsetzung dieses Gesetzes fungiert.
Um es vorab klarzustellen: Es geht uns dabei weder um eine Kritik an der Position noch an der Person des Landesbeauftragten. Wir sehen hier vielmehr aufgrund der Aufgaben des Landesbeauftragten die Gefahr von Interessenkonflikten.
Aufgabe des Landesbeauftragten nach § 15 Abs. 3 und 4 ist es, darauf hinzuwirken, dass die in § 1 des Gesetzes genannten Ziele verwirklicht werden und die sonstigen Bestimmungen des Gesetzes bzw. der aufgrund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie anderer Vorschriften zugunsten von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden.
Er hat eine Ombudsfunktion als Mittler zwischen den Interessen von Menschen mit und ohne Behinderungen, Verbänden und Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, Rehabilitationsträgern, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und der öffentlichen Verwaltung. Er hat Eingaben von Menschen mit Behinderungen oder zugunsten von Menschen mit Behinderungen zu prüfen und auf eine einvernehmliche, die besonderen Interessen von Menschen mit Behinderungen berücksichtigende Erledigung der Eingaben hinzuwirken.
Diese Aufgaben lassen sich aus unserer Sicht nicht mit der gebotenen Neutralität einer Schlichtungsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zur Barrierefreiheit und zur Umsetzung dieses Gesetzes verbinden.
Nicht ohne Grund sieht die vergleichbare bundesgesetzliche Regelung in § 16 Behindertengleichstellungsgesetz, auf die in der Begründung ausdrücklich Bezug genommen wird, im Gegensatz zur vorgesehenen landesgesetzlichen Regelung vor, dass eine Schlichtungsstelle bei der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen eingerichtet wird, die mit neutralen schlichtenden Personen besetzt wird. So lassen sich eventuelle Interessenkonflikte vermeiden. Hier sehen wir Nachbesserungsbedarf. Dabei geht es auch darum, den Landesbeauftragten vor eventuellen Interessenkonflikten zu schützen.
Ebenfalls Anlass zur Kritik geben Unklarheiten im Hinblick auf § 7 Abs. 3 des Gesetzentwurfs. In der Begründung wird ausgeführt – ich zitiere –: „§ 7 Abs. 3 wird um die Personengruppe der taubblinden und hörsehbehinderten Menschen ergänzt.“ Eine entsprechende Ergänzung wäre hinsichtlich des vorgesehenen Anspruchs aus § 7 Abs. 3, mit öffentlichen Stellen in einer geeigneten Kommunikationsform bzw. über geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren, soweit dies zur Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderlich ist, geboten.
Im Wortlaut des § 7 Abs. 3 des Gesetzentwurfs findet sich aber im Gegensatz zu § 7 Abs. 4 weder ausdrücklich der Begriff der hörsehbehinderten Menschen, noch der Begriff der taubblinden Menschen. Nicht nur, dass diese in § 7 Abs. 3 des Gesetzentwurfs nicht ausdrücklich erwähnt sind, sondern die ausdrückliche Erwähnung des Begriffs der hörsehbehinderten Menschen in § 7 Abs. 4 könnte im Rahmen der systematischen Gesetzesauslegung in Form eines Umkehrschlusses zu dem Ergebnis führen, dass diese von den Regelungen des § 7 Abs. 3 gerade nicht erfasst werden sollen. Dementsprechend besteht hier aus unserer Sicht ein Widerspruch zum Inhalt der Begründung zum Gesetzentwurf. Sollte es sich hierbei um ein Redaktionsversehen handeln, würden wir um Berichtigung bitten.
Ansonsten bitten wir um Auflösung des Widerspruchs im Gesetzentwurf bzw. um Erläuterung im Rahmen der anstehenden Ausschusssitzung.
Vielen Dank.
Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Die CDUFraktion erfreut uns wieder einmal mit einem agrar- bzw. ernährungspopulistischen Antrag, der so anmutet, als ob ein Küchenchef ohne Rezept vor einem übervollen Regal guter Zutaten gestanden hätte und sich nicht wirklich hätte entscheiden können, welche Köstlichkeiten er nun nehmen wolle. Am Ende kommt immer ein Brei heraus, der zwar gute Zutaten enthält, aber im Ganzen nicht wirklich befriedigend ist.
So hat man im vorliegenden Antrag die Themen der Bildung, Ernährung und Landwirtschaft, aber auch Aspekte der Beratung, Kontrolle, Finanzierung sowie Wirkprinzipien wie Freiwilligkeit, Vorgaben und Zwang bunt durcheinandergemischt. Auch die Zuständigkeiten sind nicht klar definiert.
Zum Beispiel stellt sich die Frage, was ein Schul- und Studienfach „Lebens- und Alltagsökonomie“ für Erzieher und Lehramtsstudenten so alles beinhalten sollte. Dieser sperrige Fachtitel klingt ein wenig nach der eierlegenden Wollmilchsau, um bei der Landwirtschaft zu bleiben, und geht weit über die Themen von Land- und Ernährungswirtschaft hinaus. Allein zur Sinnhaftigkeit und Ausgestaltung eines solchen Fachs könnte man wohl mehrere Debatten hier im Parlament führen.
Dazu muss die Frage beantwortet werden, ob Erzieher und Lehramtsstudenten wirklich Fachwissen zu den Bereichen Land-, Ernährungs- und Lebensmittelwirtschaft erwerben müssen oder ob nicht eine praxis- und anwendungsorientierte Allgemeinbildung hier der bessere Weg wäre.
Auch wird nicht klar, in welchen Schulformen wie agiert werden soll. Für Grundschulen hatte die AfD-Fraktion schon vor langer Zeit ein Fach Heimatkunde gefordert, in welchem Themen der Landwirtschaft, Ernährung und Regionalität problemlos untergebracht werden könnten.
Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, die geschätzte Kollegin Beilstein, hat zudem schon im Jahr 2017 im Plenum am 25. Oktober darauf hingewiesen, dass der Unterricht in Grundschulen nicht überfrachtet werden darf. Ich zitiere: „Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, wir brauchen auch wieder eine Neujustierung der Aufgaben einer Grundschule mit klaren Priorisierungen.“ Dem können wir angesichts der ernüchternden Ergebnisse des IQB-Bildungstrends nur zustimmen.
Aber auch bei den weiterführenden Schulen sind die Lehrpläne schon jetzt dicht gepackt. Zudem soll das Fach Sozialkunde weiter ausgebaut werden. Gerade meine Fraktion hat in diesem Zusammenhang mehrfach im Plenum und im Ausschuss darauf hingewiesen, dass die Schulen zunehmend mit Themen überfrachtet werden, die früher selbstverständlich Kernaufgaben familiärgesellschaftlicher Erziehung waren.
Doch auch mit dem vorliegenden Antrag bewegt sich die CDU von dieser konservativen Sichtweise weg und setzt auf den grünen indoktrinierenden Staat als Erzieher.
Ob ein verpflichtender Bauernhofbesuch für Kita- und Schulkinder aus dem ländlichen Raum von Rheinland-Pfalz, welche landwirtschaftliche Maschinen, Ställe und Felder kennen, wirklich notwendig ist, kann man hinterfragen. Für Stadtkinder wäre das sicher hilfreich, um einen realistischen Blick auf die Landwirtschaft zu erhalten und die
ländlichen Räume in ihrer Funktion als Versorger und Naturschützer kennenzulernen.
Natürlich sind Lehr- und Versorgungsküchen in Kitas und Schulen wünschenswert, sofern die Gegebenheiten das zulassen und es durch die Träger finanzierbar ist. Genau dafür wirbt aber bereits die Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung. Warum allerdings die CDU-Fraktion aus dieser Vernetzungs- und Beratungsstelle eine Kontrollbehörde machen möchte, welche Qualitätsstandards überprüft und kontrolliert, erschließt sich mir nicht. Das ist weder Aufgabe noch Intention dieser Stelle.
Auch stellt sich die Frage, was die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. mit der regionalen Wertschöpfung zu tun haben, wie es die CDU-Fraktion in ihrer Forderung andeutet. Natürlich sollte die Qualität der Kita- und Schulverpflegung so hoch wie möglich sein, aber das ist wohl eher eine Frage der Ausbildung von Küchenund Betreuungspersonal sowie der verfügbaren finanziellen Mittel. Hier landeseinheitliche Qualitätsstandards schaffen zu wollen, vermittelt eine Aura von Planwirtschaft. Man erkennt, dass sich die CDU den Grünen bereits kräftig annähert.
Das Bewusstsein für die Bedeutung regionaler Wertschöpfungsketten zu schaffen, wäre dann wiederum ein Aspekt der schulischen Bildung und Ausbildung von Küchen-, Lehrund Betreuungskräften.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, im Hinblick auf Ihren Antrag verstehe ich aber überhaupt nicht, dass Sie die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) mit keiner Silbe erwähnen.
Die DLR sind seit Jahren in die Ernährungsbildung involviert und dort auch sehr engagiert tätig. Sie haben die Fachleute zu Landwirtschaft und Ernährung. Zudem könnten sie nicht nur im Bereich der Beratung und Bildung, sondern falls gewollt auch als Kontrollbehörde problemlos eingesetzt werden. Auch Kita- und Klassenfahrten zum Bauernhof könnten wohl von niemandem besser organisiert werden als von den DLR.
Als agrarpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion kämpfe ich seit Jahren gegen den Personalabbau bei den DLR und argumentiere für mehr Personal in Beratung, Landentwicklung und natürlich auch Ernährungsberatung. Die CDU-Fraktion erwähnt aber ihr klassisches Klientel im eigenen Antrag nicht.
Da hat man wohl wieder einmal zu grün gefärbte Brillen aufgehabt.
Für die AfD-Fraktion schlage ich daher vor, die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum zu zentralen Drehscheiben der Ernährungsbildung zu machen. Eine Abstimmung mit
der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung sollte problemlos möglich sein, meine Damen und Herren.
Der Alternativantrag der Koalition bildet die Realiltät der Ernährungsbildung in Rheinland-Pfalz besser ab. Allerdings finde ich, ist es kein besonders guter parlamentarischer Stil, diesen Antrag erst so spät – eine Stunde vor der Debatte – einzureichen.
Vielen Dank.
........... 7196, 7197........................... 7200, 7201 Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 7196, 7198 Abg. Dr. Helmut Martin, CDU:......... 7198 Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen:.... 7200
Mehrheitliche Ablehnung des Antrags – Drucksache 17/12757 –................ 7201
Präsidium:
Präsident Hendrik Hering, Vizepräsidentin Astrid Schmitt, Vizepräsident Hans-Josef Bracht.
Anwesenheit Regierungstisch:
Malu Dreyer, Ministerpräsidentin; Doris Ahnen, Ministerin der Finanzen, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, Ulrike Höfken, Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Dr. Stefanie Hubig, Ministerin für Bildung, Roger Lewentz, Minister des Innern und für Sport, Herbert Mertin, Minister der Justiz, Anne Spiegel, Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, Dr. Volker Wissing, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, Prof. Dr. Konrad Wolf, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur; Clemens Hoch, Staatssekretär, Randolf Stich, Staatssekretär.
Entschuldigt:
Abg. Jens Ahnemüller, fraktionslos, Abg. Simone Huth-Haage, CDU, Abg. Johannes Zehfuß, CDU.
106. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 27. August 2020
Beginn der Sitzung: 9.30 Uhr
Verehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Ich kann dem Vorredner, Kollegen Gies, nur zustimmen. Die FDPFraktion erfreut uns heute mit einer angeblich Aktuellen Debatte zu einem Treffen der EU-Agrarminister in Koblenz, welches erst am Montag, dem 31. August, starten wird. Glaskugeln wurden beim Antrag auf diese Debatte leider nicht mitgeliefert.
Zudem scheint nicht nur Wirtschafts- und Agrarminister Dr. Wissing bereits nach Berlin abgewandert zu sein, sondern er hat offensichtlich seine ganze Landtagsfraktion bereits mitgenommen.
Die will nun über die Forderungen der Landwirtschaft an die Bundesregierung debattieren.
Spielen wir also heute einmal Bundestag und widmen uns den ganz großen Themen, welche Bundesministerin Klöckner für das Treffen angekündigt hat: die Gemeinsame Agrarpolitik, Klima- und Bodenschutz, Lebensmittelstandards und auch Pflanzenschutz und Gesundheit. Dabei werde ich nicht alles wiederholen, was schon gesagt worden ist, sondern ich greife zwei Aspekte heraus, die mich ganz besonders interessieren und auch Landeszuständigkeiten betreffen: die Lebensmittelstandards und die Gesundheit.
Herr Kollege Weber, Sie werden es nicht glauben, die Jodprophylaxe gehört auch dazu. Sie ist nämlich ein Lebensmittelstandard. Wenn man mittels Zugabe von mineralischen Jodverbindungen zu Tierfuttermitteln die Jodgehalte in Lebensmitteln – hier vor allem Milch und Eier – um Zehnerpotenzen erhöht, teilweise auf das Hundertfache des natürlichen Gehalts, dann hat das Einfluss auf die Gesundheit von Menschen, und dieser Einfluss ist bei Weitem und nachweislich nicht immer positiv.
Die FDP-Fraktion interessiert das aber gar nicht. Bei der Besprechung der Großen Anfrage der AfD-Fraktion zum Thema „Schilddrüsenerkrankungen“ im Gesundheitsausschuss hörte man vonseiten der FDP kein Wort, übrigens auch nicht von den anderen Fraktionen. Das nennt man dann Demokratie und Übernahme von Verantwortung für die Bürger.
Die Landwirtschaft, in Form von Futtermittelherstellern und Landwirten, ist aber unmittelbar an dieser Mission Jodprophylaxe beteiligt. Wenn Milch und Eier de facto zu Jodtabletten und Landwirte zu deren Herstellern und Apothekern gemacht werden, stellt sich die Frage: Wer übernimmt in diesem Fall die Verantwortung für Produktqualität, Beratung und falsche Dosierung?
Eine Kontrolle der Lebensmittel auf Jodgehalte im Rahmen der Lebensmittelüberwachung findet nämlich nicht statt.
Das stand in einer Antwort der Landesregierung. Ich frage: Wer zeichnet dann eigentlich verantwortlich, wenn nach mehr als 30 Jahren Jodprophylaxe geschädigte Verbraucher einmal vor Gericht klagen würden? Die Jodierung von Futtermitteln ist nämlich kein gesetzlicher Zwang, sie ist angeblich freiwillig, allerdings nicht für die Verbraucher.
Die meisten Verbraucher wissen nämlich gar nicht, dass sie mit Lebensmitteln jodiert werden. Eine entsprechende Kennzeichnung oder Quantifizierung an Lebensmitteln gibt es nicht. Aber auch die meisten Tierhalter dürften sich nicht im Klaren darüber sein, was sie ihren Tieren da in Form von Mineralfuttermitteln in die Futtertröge schütten und in der Vergangenheit geschüttet haben. Als ich auf einer Jahrestagung des Landeskontrollverbands, welcher für die Milchprüfung zuständig ist, den Geschäftsführer fragte, wusste dieser nicht einmal, dass es eine Futtermitteljodierung gibt.
Es wäre also durchaus auch für die FDP und die anderen Fraktionen von Interesse, dieses Thema im Sinne der Tierhalter und der Bürger einmal genauer zu betrachten.
Von den europäischen Agrar- und Ernährungsministern fordere ich übrigens, die Futtermitteljodierung auf ein Maß zu begrenzen, welches lediglich dem unvermeidbaren tatsächlichen Bedarf der Nutztiere entspricht, und die Futtermitteljodierung besser zu überwachen. Die aktuell geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen der Europäischen Union müssen angepasst werden; denn sie sind grundgesetzwidrig und erlauben Jodmengen, welche gesundheitsschädlich sind.
Noch 2017 fand die Stiftung Warentest übrigens 520 Mikrogramm Jod pro Liter in einer zufällig gezogenen deutschen Milchprobe. Das ist definitiv zu viel, und in benachbarten Mitgliedstaaten und beim Import von Milchprodukten sieht es noch schlimmer aus.
Ja, meine Damen und Herren von der FDP, Verbraucherschutz ist eben auch ein Thema für Landwirtschaft und die Agrar- und Ernährungsminister. Es ist auch im Sinne unserer Landwirte, dass zu Lebensmittelstandards Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bestehen. Diese Forderung sollten wir erheben.
Die allgemeinen Themen spreche ich in der zweiten Runde an.
Danke schön.
Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Von der Bundesregierung und den EU-Agrarministern fordert die AfD einen Stopp der schleichenden Enteignung von Landwirten mittels Zwangsextensivierung. Weitere produktionseinschränkende Maßnahmen wie überzogene und nicht zielführende Düngeeinschränkungen und Einschränkungen im Hinblick auf die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln müssen vermieden werden. Eine leistungsfähige konventionelle Agrarproduktion mittels guter fachlicher Praxis und ein korrespondierendes Wirkstoffresistenzmanagement bei Pflanzenschutzmitteln müssen möglich bleiben.
Unsere landwirtschaftlichen Betriebe dürfen nicht mit ideologischen Wunschvorstellungen im Hinblick auf Klima und Umwelt überfordert werden. Die AfD setzt auf eine wissensund faktenbasierte Weiterentwicklung der Landwirtschaft bei leistungsfähiger und umweltschonender Wirtschaftsweise zugleich, also eine intensive Ökologie.
Im Hinblick auf die Gemeinsame Agrarpolitik fordern wir den Erhalt der Direktzahlungen im Rahmen der ersten Säule oder alternativ Schutzzölle auf landwirtschaftliche Produkte beim Import in die Europäische Union. Unserer Auffassung nach müssen alle geforderten Klima- und Umweltschutzmaßnahmen auch zu einem konsequenten Einkommens- und Aufwandsausgleich für die landwirtschaftlichen Betriebe führen, ob nun im Rahmen der zweiten Säule der GAP oder nationaler Ausgleichszahlungen.
Tierwohl- und Tierschutzvorgaben sollten europäisch harmonisiert werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Nationale Sondersteuern lehnen wir ab.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anzahl der in Rheinland-Pfalz verfügbaren Mietwohnungen mit Belegungs- und Mietpreisbindung, allgemein Sozialwohnungen genannt, wird am Ende der laufenden Legislaturperiode auf 45.000 bis 46.000 Wohnungen gesunken sein. Diese Anzahl kann man aus den Zahlen der Landesregierung ableiten, welche sie bereits im Jahr 2017 in einer Antwort auf die Große Anfrage der AfD-Fraktion „Wohnen in Rheinland-Pfalz“ genannt hat, zudem aus dem aktuellen Stand von 50.231 Sozialwohnungen zum Stichtag 31. Dezember 2019 und den geringen Zuwachsraten im Hinblick auf neu gebaute Sozialwohnungen und beim Erwerb von Belegungsbindungen von insgesamt nur 1.000 Wohnungen pro Jahr ca.
Allein in den beiden Jahren 2020 und 2021 werden ca. 8.000 Sozialwohnungen aus der Belegungs- und Mietpreisbindung herausfallen. Insgesamt verringert sich der Bestand an Sozialwohnungen in der laufenden Legislaturperiode um ca. 13.000 Wohneinheiten.
Diese Zahlen klingen für mich nicht gerade erbaulich, gerade auch weil der VdK bereits zu Beginn der laufenden Legislaturperiode davon sprach, dass in Rheinland-Pfalz 150.000 Sozialwohnungen fehlen, und es ist nicht besser geworden. Eine bundesweite Untersuchung des Pestel Instituts Hannover, brandaktuell veröffentlicht am 20. August des laufenden Jahres, weist auf den großen Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Deutschland hin. Hierbei addieren sich zwei negative Effekte, zum einen der sinkende Bestand an Sozialwohnungen, zum anderen die stark steigenden Mieten im Bestandsangebot, welche vor allem die junge Generation und Wohnungssuchende allgemein treffen.
Es ergibt sich also der Anschein, dass der Bedarf an gebundenem Mietwohnraum in Rheinland-Pfalz und das Angebot weit auseinanderklaffen. Es fehlt vor allem an preiswerten Ein- und Zweiraumwohnungen. Das stellt der Rechnungshof in seinem Jahresbericht fest und stellt damit der Landesregierung im Hinblick auf die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ein wenig schmeichelhaftes Attest aus, um es einmal nett zu formulieren.
Für einen verantwortungsvollen und pflichtbewussten Parlamentarier und jeden klar denkenden Menschen kann es hierbei nur eine Frage geben: Wie viele sozial geförderte Mietwohnungen werden denn eigentlich gebraucht in Rheinland-Pfalz? Daher haben wir bereits in der Großen Anfrage 2017 und erneut in der Großen Anfrage „Soziale Mietraumförderung – Bedarfe“ vom April des laufenden Jahres die Frage nach der Anzahl der aktuell ausgegebenen Wohnberechtigungsscheine in Rheinland-Pfalz gestellt.
Diese Frage wollte die Landesregierung aber weder im Jahr 2017 noch im Jahr 2020 beantworten. Die Zahl der Wohnberechtigungsscheine wäre aber ein Hinweis auf den eigentlichen Bedarf gewesen.
Doch es gibt weit bessere Ansätze, um einen umfassenden Überblick über den Bedarf an Sozialwohnungen und sozial
gefördertem Wohnraum zu erhalten. Die Studie des Pestel Instituts Hannover aus dem Jahr 2012 im Auftrag der Wohnungsbauinitiative macht es vor, und so haben wir uns als AfD-Fraktion die Mühe gemacht, deren gute Ansätze und unsere eigenen Gedanken in einem Antrag zu vereinen, welcher Ihnen jetzt vorliegt.
Wir, die AfD-Fraktion, fordern, dass die Landesregierung eine eigene aktuelle Studie zum Bedarf an sozial gefördertem Mietwohnraum in Rheinland-Pfalz in Auftrag gibt; denn es sollte doch wohl von Interesse sein zu erfahren, wie groß die Hausforderungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus sind und welche Ambitionen die Landesregierung gemeinsam mit den Kommunen tatsächlich entwickeln muss, um preiswerten Wohnraum für Anspruchsberechtigte in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen und die Situation am Wohnungsmarkt zu entspannen.
Erklären Sie mir bitte nicht, Frau Bauministerin Ahnen, dass Sie die Zahlen nicht interessieren, weil Sie mit der Lösung aktueller Probleme beschäftigt sind. Planen und richtig agieren kann man nur, wenn man die Größe der Herausforderung kennt, vor der man steht. Der soziale Wohnungsbau ist einfach zu wichtig, gerade vor dem Hintergrund der herrschenden Wohnungsnot und der Corona-Krise, um ins Blaue hinein agieren zu können.
Damit wir dann in Zukunft nicht wieder von der Bauministerin Ahnen auf einer Pressekonferenz hören müssen, 4.000 sozial geförderte Wohnungen pro Jahr wären sehr ambitioniert gewesen, nachdem sie zugeben musste, dass die Landesregierung das ausgelobte Ziel von 20.000 sozial geförderten Wohnungen nicht erreicht und in Rheinland-Pfalz in der laufenden Legislaturperiode nur bei ca. 14.000 Förderfällen landen wird, sollte man nun eine Studie auf den Weg bringen, welche der Ministerin zeigt, was wirklich ambitionierte und vor allem notwendige Ziele bei der sozialen Wohnraumförderung wären. Nur dann kann man sich auch fruchtbare Gedanken machen, was wirklich unternommen werden muss.
Stimmen Sie also unserem Antrag zu, meine Damen und Herren. Wir wollen im Parlament Sehende sein und keine Blinden.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren, lieber Kollege Köbler! Wir haben uns die Studien natürlich angeschaut, auch die empirica-Studien, aber die haben eine ganz andere Zielrichtung als das, was wir gefordert haben. Dort geht es im Wesentlichen um Zustandsbeschreibungen am Wohnungsmarkt allgemein und Projektionen, wo es hingeht, Wanderungsbewegungen und Ähnliches.
Man kann aus diesen Studien keinen unmittelbaren Bedarf an Sozialwohnungen ableiten. Man kann zwar ableiten, wo die einzelnen Problemfelder in Rheinland-Pfalz sind. Das kann man aber auch ohne Studie ableiten. Das sind natürlich die Ballungsgebiete. Solche Tendenzen kann man erkennen, aber es gibt keine exakten Zahlen. Wenn es sie gegeben hätte – denn die Studien gehen ja auf den Stand 2017 zurück –, dann hätte die Landesregierung sowohl im Jahr 2017 als auch im Jahr 2020 die konkreten Zahlen nennen können, als wir in Großen Anfragen danach gefragt haben.
Wenn die Landesregierung bestätigt, dass sie die Zahlen nicht hat und sie in den Studien auch nicht aufgeführt sind, macht es also durchaus Sinn, sie zu erfragen.
Sie werfen uns vor, wir hätten die Studien nicht gelesen.
Ich glaube, Sie haben die Pestel-Studie nicht gelesen; denn die Dinge, die wir aus dieser Pestel-Studie herausgezogen haben, sind nicht nur einzelne Werte, sondern das ist die Grundlage für eine systematische Auswertung, so wie sie vom Pestel Institut gemacht worden ist. Auf dieser Basis kann man vernünftige Abschätzungen treffen, wie viele Sozialwohnungen ganz konkret gebraucht werden.
Sie sagten dann noch, man könne nicht regional agieren. Natürlich kann man das. Man kann diese Zahlen auch regional auswerten. Letztendlich geht es auch dem Pestel Institut bei Weitem nicht nur um die Anzahl der Sozialwohnungen, sondern es schätzt schon auch die Marktbedingungen mit ab, also wie viele Wohnungen im Bestand bezahlbar sind.
Auch das ist eine Frage, die man sich dort gestellt hat, und die korrespondiert , ganz wichtig, auch mit der Anzahl der Sozialwohnungen; denn es gibt zwei Faktoren – das habe ich in meiner Rede genannt –: Ich kann auf der einen Seite Sozialwohnungen haben, die bezahlbar sind, weil sie sozial gefördert sind, ich kann auf der anderen Seite aber eben auch noch bezahlbare Wohnungen im Bestand haben. Beide Dinge sind wirklich von Interesse.
Ich glaube, wir sind es den Bürgern schuldig, irgendwann einmal einen Status quo festzustellen dahin gehend, was eigentlich der Bedarf ganz konkret ist.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nur ganz kurz. Auch die empirica-Studien schauen bis 2030. Auch diese Studien haben also versucht vorauszusagen, was in den nächsten Jahrzehnten an Problemen auftreten wird und wo man in den Wohnungsbau investieren muss. Das zeigt also, dass unsere Projektion auf 20 oder 30 Jahre nicht unbedingt falsch gewesen ist.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, es gibt zu diesem Thema immer zwei Ebenen. Das ist einmal die operative Ebene, also die konkreten Förderprogramme und Maßnahmen, die man einleitet. Da bin ich völlig bei Ihnen. Es gibt welche. Der Rechnungshof hat gesagt, sie sind nicht besonders effizient und wirksam. Kritisieren kann man aber immer, besser machen kann man auch. Das wissen wir alle. Das betrifft aber eben nur die
unmittelbare operative Ebene.
Man muss aber natürlich auch eine politisch-strategische Ebene haben. Man muss wissen, wohin man will. Man muss wissen, was auf einen zukommt. Wenn das Pestel Institut in seiner Studie schon im Jahr 2012 eine ganz konkrete Aussage machen konnte, wie viele Sozialwohnungen oder gebundene Wohnungen in Rheinland-Pfalz fehlen, und es eben die Faktoren benutzt und verrechnet hat, die wir genannt haben – die Kriterien, die wir in unserem Antrag genannt haben –, dann spricht doch eigentlich nichts dagegen, das jetzt nach fast zehn Jahren nochmals zu machen, ganz spezifisch auf die Regionen von Rheinland-Pfalz bezogen, um Transparenz zu bekommen und zu sehen, wo ganz konkret wie viele Sozialwohnungen fehlen oder wo soziale Wohnbauförderung ganz konkret nochmals tätig werden muss.
Ich glaube einfach, diese strategische Ebene ist wichtig, um dann auch die Maßnahmen auf der operativen Ebene nach sich ziehen zu können.
Ich stelle fest, dass die Landesregierung behauptet, sie weiß, wo die Probleme liegen, und sie weiß, wie viele Wohnungen gebraucht werden, aber auf unsere entsprechenden Anfragen – Große Anfragen, Kleine Anfragen, Berichtsanträge – behauptet sie immer wieder das Gegenteil behauptet und hat gesagt, es gibt keine konkreten Zahlen zum Bedarf. Dementsprechend muss ich feststellen, dass man diese Zahlen wohl gar nicht wissen oder zumindest nicht transparent machen will.
Danke schön.
Wertes Präsidium, meine Damen und Herren! Die Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 sind mit erheblichen Einschränkungen in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens verbunden. Das betrifft das Privatleben ebenso wie auch das Arbeitsleben. Solange wir gezwungen sind, mit COVID-19 zu leben, gilt es daher, Mittel und Wege zu finden, um trotz dieser Einschränkungen, soweit sie erforderlich sind, ein Mindestmaß an Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten.
Als Mitglieder des Landtags haben wir hier in den vergangenen Monaten unsere ganz eigenen Erfahrungen gesammelt, wie man ganz pragmatisch mit der derzeitigen Situation umgehen kann.
Zum Beispiel wurden Ausschusssitzungen mittels Videokonferenz erfolgreich durchgeführt. Meine persönliche Erfahrung dabei ist, dass das doch deutlich besser funktioniert hat, als man es vielleicht vorher erwartet hätte.
Ich glaube, viele Menschen in unserem Land haben ganz ähnliche Erfahrungen mit vergleichbaren pragmatischen Lösungen gemacht. Insoweit bestehen, auch aufgrund eben dieser Erfahrungen, von unserer Seite keine Bedenken dahin gehend, dass künftig Sitzungen der Personalvertretungen mittels Video- oder Telefonkonferenz stattfinden können und Beschlüsse auf diesem Weg oder im schriftlichen Verfahren gefasst werden. Damit wird die Arbeitsfähigkeit der Personalvertretungen in der derzeitigen Situation sichergestellt.
Allerdings verlangen selbst pragmatische Lösungen manchmal eine gesetzliche Grundlage, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. So auch an dieser Stelle. Vergleichbare Regelungen wurden ja auch bereits auf Bundesebene im Rahmen von Änderungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes für die Verwaltungen des Bundes und die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie die Gerichte des Bundes bzw. im Betriebsverfassungsgesetz für Betriebsräte getroffen. Entscheidend ist dabei, dass den Anforderungen der IT-Sicherheit und des Datenschutzes und dem Gebot der Nichtöffentlichkeit aus § 30 Absatz 1 Landespersonalvertretungsgesetz Rechnung getragen wird.