Markus Töns
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der März 2017 war ein ganz besonderer Monat in der Geschichte der Europäischen Union. Wir haben 60 Jahre Römische Verträge gefeiert. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Aber Großbritannien hat am 29. März nach § 50 den Antrag auf Austritt aus der Europäischen Union gestellt.
Das sind schon bewegende Momente, wenn man über die Europäische Union nachdenkt. Es sind 60 Jahre einer Erfolgsgeschichte, einer guten Geschichte für die Menschen innerhalb der Europäischen Union.
Nun stehen wir vor dem Brexit. Wir stehen vor der Frage, ob Rechtspopulisten in Europa bei Wahlen gewinnen. Die Wahlen in den Niederlanden haben gezeigt: Es ist nicht einfach. Geert Wilders hat dort keinen Erfolg gehabt.
Das kann man durchaus beklatschen, aber wir wissen noch nicht, wie die Wahlen in Frankreich ausgehen. Das muss uns allen Sorgen machen. Die Europäische Union steckt wahrlich in der schwersten Krise seit ihrer Existenz.
Ich will noch einmal daran erinnern, dass die Krise 2008 mit der Bankenkrise begann. Es war eben keine Staatsfinanzkrise, sondern eine Bankenkrise war der Auslöser. Das wird in diesen Zusammenhängen gerne verschwiegen.
Die Bankenkrise, die die Finanzkrise ausgelöst hat, ist in Griechenland noch immer nicht überwunden. Deshalb ist es umso wichtiger, heute noch einmal zu betonen, dass die Europäische Union eine Solidargemeinschaft ist. Das halte ich für den Kernpunkt, über den wir reden müssen.
Auch nicht überwunden ist gerade im Süden Europas die Arbeitslosigkeit. Dort herrscht vor allem eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Die verheerende Austeritätspolitik in den vergangenen Jahren schnürt den südeuropäischen Ländern die Luft ab. Das hat mit Solidarität nun wahrlich wenig zu tun.
Aber es gibt auch positive Ansätze in Europa. Es gibt die Bürgerbewegung Pulse of Europe. Es gibt zunehmend Eintritte in die demokratischen Parteien. Das hat viel mit einer positiven Entwicklung zu tun. Die Menschen interessieren sich für Politik, dafür, worum es in der Politik geht. Sie haben Angst um ihre Demokratie, Sie haben Angst um unser Europa. Das ist wichtig in diesen Zeiten.
Die Rechtsstaatlichkeit ist in einigen europäischen Ländern bedroht; ich verweise da nur auf Polen und Ungarn. In dem Zusammenhang will ich auch sagen: Ein Beitrittsland wie die Türkei bedroht rechtsstaatliche Werte, die wir als Europäer als Grundwerte verstanden wissen wollen. Diese Werte müssen wir verteidigen.
Dann muss man innerhalb der Europäischen Union – so meine Überzeugung – auch einmal über Konditionalitäten reden. Wer die Pressefreiheit einschränkt, wer demokratische Grundrechte verletzt, den muss
man – darüber muss man in Europa auch reden – in die Schranken weisen, notfalls finanziell.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir von mehr und von einem besseren Europa reden, dann muss es auch um ein soziales Europa gehen. Ich sage das häufiger und habe immer wieder betont: Die Europäische Union hat einen Fehler in der Grundkonstruktion. Sie hat sich in den vergangenen 60 Jahren zu wenig auf die soziale Solidargemeinschaft konzentriert. Sie hat einen Binnenmarkt sowie eine Wirtschafts- und Währungsunion geschaffen, aber sie hat keine soziale Gerechtigkeit innerhalb der Europäischen Union geschaffen. Das ist das Problem, mit dem wir heute zu kämpfen haben.
Wir dürfen Europa nicht mehr nur als reinen Wirtschaftsraum betrachten. Solidarität ist der Weg in die Zukunft, nicht Renationalisierung. Das müssen wir auch den Rechten in Europa sagen.
Dafür braucht es mutige Entscheidungen, auch von den Spitzen, nämlich den Staats- und Regierungschefs. Jetzt ist die Zeit, an unsere Erfolge anzuknüpfen und das Fundament für die nächsten 60 Jahre europäischer Integration zu legen. Europa braucht einen sozialen Kompass. Europa ist eben nicht nur Binnenmarkt und Wirtschafts- und Währungsunion, Europa ist bedeutend mehr: Europa ist eine Wertegemeinschaft.
Die Mitgliedsstaaten sind jetzt gefordert. JeanClaude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, hat das Weißbuch zur Zukunft der Europäischen Union vorgelegt. Er macht einige Vorschläge, über die man diskutieren muss – auch in diesem Hause; denn es geht um die Zukunft Europas, und wir müssen uns einmischen.
Jean-Claude Juncker hat den Begriff „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ genannt. Ich habe ernsthafte Zweifel daran.
Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten sollte nie die erste Option sein, die wir anstreben; denn es birgt Gefahren, und die Gefahren sind enorm. In einem Europa der zwei Geschwindigkeiten können Regionen oder auch Länder plötzlich auf Dauer abgekoppelt werden. Ich halte das für ein enorm großes Problem, das wir im Auge behalten müssen.
Deshalb: Ich weiß, es gibt jetzt schon unterschiedliche Geschwindigkeiten. Aber sie noch zu forcieren, halte ich nicht für den richtigen Weg. In die Debatte darüber, ob das richtig ist oder nicht, müssen wir uns einbringen, muss sich das Land NRW einbringen.
Zu Ihrem Antrag will ich noch sagen, liebe Ilka von Boeselager: Wir sind uns in diesem Haus in europäischen Fragen fast immer einig gewesen. Ich finde aber – das muss ich sagen –, dass der Antrag der CDU ein bisschen zu kurz springt. Es ist natürlich richtig, auf die vergangenen 60 Jahre zu verweisen. Aber wir müssen jetzt über die Krise reden, über die anstehenden Fragen und auch über Lösungen dafür. Das ist nach meiner Überzeugung in diesem Antrag ein bisschen zu kurz gekommen.
Nordrhein-Westfalen muss sich in diese Debatte einbringen. Dazu gehören aber auch Ideen und Perspektiven für die Zukunft Europas. Hier ist gerade Deutschland gefordert. Wir sind die größte Volkswirtschaft. Wir sind das reichste Land innerhalb der Europäischen Union. Wir haben aber auch die größte Verpflichtung für den Erhalt der Europäischen Union, die bedroht ist.
Dazu gehört – das will ich ganz deutlich sagen – ein Kanzler, der einen europäischen Kompass hat. Ich will auch sagen: Frau Merkel hat diesen Kompass nie gehabt,
oder sie hat ihn anscheinend verloren. Ich kann ihn nicht erkennen. Herr Schäuble hat Europa und somit Deutschland mit seiner Austeritätspolitik geschadet.
Er hat Europa geschadet.
Gerade die Rechtspopulisten verdanken dieser Politik den Aufstieg.
NRW ist die größte Region in Europa, auch wirtschaftlich. Da wir das in letzter Zeit ein bisschen anders hören – es ist Wahlkampfzeit, da ist man immer etwas emotionaler –, will ich auch noch einmal betonen: Als eine der bedeutendsten Wirtschaftsregionen Europas erwirtschaftet Nordrhein-Westfalen 4,4 % des europäischen Bruttoinlandsprodukts. Die enge wirtschaftliche Verflechtung des Bundeslandes mit der Europäischen Union zeigt die Handelsbilanz: 66 % der nordrhein-westfälischen Exporte gehen in die Mitgliedsstaaten der EU; bundesweit sind es 59 %. Nordrhein-Westfalen ist das industrielle Herz Europas.
Da man es in Wahlkampfzeiten hört, will ich Ihnen auch sagen: Wenn der Motor Nordrhein-Westfalen stottert, wenn also Nordrhein-Westfalen Husten bekommt, dann hat Deutschland die Schwindsucht, und Europa liegt auf der Intensivstation.
Ich fordere Sie auf: Erzählen Sie bitte nicht weiterhin einen solchen Quatsch über den Zustand der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen; am Ende glaubt das vielleicht noch jemand.
Ja, deshalb weiß ich das auch so genau.
Es gibt unzählige Projekte der Zusammenarbeit mit unseren europäischen Nachbarn. Wir arbeiten gut mit unseren direkten Nachbarn Belgien und Niederlande zusammen, die übrigens sehr wichtige Handelspartner sind. Die Landesregierung fährt eine hervorragende Beneluxstrategie, die von unseren Partnern gelobt wird.
Wir müssen weiterhin – das ist ganz wichtig – unsere nordrhein-westfälischen Vertreter in den europäischen Institutionen unterstützen, unter anderem, was Sie nicht verwundern wird, im Ausschuss der Regionen und im Kongress der Regionen Europas. Wir können mit Stolz darauf verweisen, dass es Parlamentarier sind, die wir dorthin schicken. Das macht nicht alle 16 Bundesländer so. Parlamentarier aus diesem Haus vertreten uns dort. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, auf den wir stolz sein können.
Wir in Nordrhein-Westfalen müssen uns im Sinne einer stärkeren Solidargemeinschaft in die Debatten über die Zukunft der EU einbringen – gerade gegen populistische und nationalistische Angriffe. Wir müssen uns, auch auf der Bundesebene, in die BrexitDebatte einmischen. Wir Europäer sind eine Solidargemeinschaft. Die Menschen spüren das, zum Beispiel bei Pulse of Europe. Deshalb muss es in den Debatten um ein soziales Europa gehen, deshalb muss es ein soziales Europa geben.
Ich komme zum Schluss meiner Rede und würde gerne noch zwei persönliche Bemerkungen machen.
Nach zwölf Jahren im Landtag Nordrhein-Westfalen werde ich ihn auch im Mai verlassen. Ich kandidiere nicht mehr für den Landtag – freiwillig. Ich strebe etwas anderes an; der eine oder andere weiß das. Ich habe hier spannende Jahre erlebt: Opposition, Minderheitsregierung – sehr spannend für einen Politikwissenschaftler –, stabile Mehrheit, und ich war fünf Jahre im Ausschuss der Regionen für NordrheinWestfalen. Es hat mir immer Freude gemacht, hier die Debatten zu erleben. Der Landtag ist ein Parlament der politischen Streitgespräche, und es macht sehr viel Freude, diese zu führen. Man muss das den Menschen aber auch sagen, auch auf den Rängen und – wie die Piraten gerne sagen – „am Stream“, dass es eben der politische Streit ist, um den es hier geht.
Aber eines ist mir auch wichtig: Die repräsentative Demokratie und somit die Parlamente in Deutschland schützen die Demokratie. Sie schützen den Rechtsstaat. Sie schützen die Grundrechte und die Freiheit. Das ist, mit Verlaub, vor dem Hintergrund dessen, was wir vielleicht bei den nächsten Wahlen erleben, aus meiner Sicht vollkommen alternativlos. – Ich verabschiede mich mit einem herzlichen Glückauf!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der CDU ist – mit Verlaub – Fleißarbeit. Aber es stellt sich schon die Frage: Warum wird er jetzt, warum wird er hier und warum wird er überhaupt gestellt?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Nordrhein-Westfalen ist die größte Region in Europa, ist die größte Region mit Gesetzgebungskompetenz. Zusammen mit dem Benelux-Raum sind wir auch wirtschaftlich die bedeutendste Region in Europa, wenn man das so betrachten möchte. Die Benelux-Staaten waren seit jeher Vorreiter der europäischen Integration und sind schon aufgrund der Grenze ein natürlicher Partner für Nordrhein-Westfalen. Gerade in der Krise der Europäischen Union und vor dem Hintergrund des Brexit ist diese Zusammenarbeit wichtig. Europa kann nur über die Regionen diese Krise bewältigen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Aspekt für uns alle.
Wir haben uns im letzten Jahr, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Ausschuss für Europa und Eine Welt sehr intensiv mit der Zusammenarbeit mit Benelux beschäftigt. Wir hatten dazu am 3. Juni auch eine Anhörung im Ausschuss. Ich komme darauf gleich noch einmal zurück. Also stellt sich hier die Frage, warum Sie diesen Antrag stellen und warum Sie sich nicht in die Debatte im Ausschuss eingebracht und mit uns dort versucht haben, diese Fragen, die Sie jetzt hier stellen, zu beantworten.
Es ist ausgesprochen löblich, dass Sie sich Gedanken zur Benelux-Zusammenarbeit machen. Das ist richtig. Wir sind uns auch alle einig, dass das wichtig und richtig ist. Aber Sorgen, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen Sie sich nun wirklich nicht machen. Seit 2010 wird durch diese Landesregierung die Zusammenarbeit im Benelux-Raum intensiviert und auf eine vernünftige Basis geführt. Das hat nichts damit zu tun, ob wir das jetzt zur Chefsache machen oder ob wir Detailfragen noch näher klären müssen.
In allen Ressorts – das gilt wirklich für alle Ressorts – gibt es Abstimmungsgespräche und Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen in den Nachbarregionen in den Niederlanden, Luxemburg und Belgien. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig: Die Zusammenarbeit geht sogar über diese Grenzregionen hinaus. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt, auf den wir schauen müssen. Es geht nicht nur darum, dass wir die Grenzregionen ordentlich politisch begleiten, sondern wir müssen darüber hinaus schauen, wie wir mit unseren Nachbarstaaten zusammenarbeiten können. Mit der Benelux-Strategie des Landes gibt es eine konkrete und spürbare Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich will jetzt noch einmal auf die Anhörung zurückkommen. Ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin schon ein bisschen verwundert. Ich hätte mir gewünscht, dass wir eine etwas strukturiertere Debatte hinbekommen; diese Debatte jedenfalls ist etwas durcheinander.
Das muss man an dieser Stelle sagen. Der Kollege Bergmann – ich will ihm nicht zu nahetreten – hat jetzt zum Landesentwicklungsplan und zur Landesplanung geredet, aber er hat im Prinzip nichts zu Europa gesagt. Ich soll jetzt etwas zu Europa ausführen. Das finde ich schon ein bisschen krude – aber gut.
Da scheint doch der Ältestenrat falsch aufgestellt zu sein. Vielleicht sollten die Fraktionen einmal überlegen, ob sie das nicht ändern wollen. Dann wird es ein bisschen strukturierter. Ich will das nur am Anfang gesagt haben.
Wir alle wissen: Im Einzelplan 02 steckt Europa-undEine-Welt-Politik, und im Einzelplan 02 geht es darum, auch danach zu schauen, welche Aufgaben das Land Nordrhein-Westfalen dabei hat. Sie alle wissen, Nordrhein-Westfalen ist das größte Bundesland, aber es ist auch die größte und die wirtschaftlich bedeutendste Region Europas. Deshalb ist es von großer Bedeutung für uns, wie wir uns europäisch, aber auch in der Welt aufstellen. Vor diesem Hintergrund ist es gut, was wir hier machen.
Wir geben nicht wirklich zu viel Geld aus. Das tun wir sehr bewusst und sehr klar – und das in einer Zeit, in der wir in der schwersten Krise stecken, die Europa ja erlebt hat. Wir reden immer noch von der Bankenkrise, wir reden seit Sommer dieses Jahres vom Brexit, und wir reden von der Flüchtlingskrise. Wir alle wissen, dass diese Aufgaben nicht einfach zu bewältigen sind.
Der Zusammenhalt in Europa ist in Gefahr. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Regionen wie NordrheinWestfalen – aber natürlich auch die Bundesrepublik Deutschland – weiterhin ihre Position in Europa wahren. Sie müssen klarstellen, dass sie zu Europa, zur Europäischen Union und zum europäischen Einigungsprozess stehen.
Deshalb finde ich es gut – das will ich hier ausdrücklich erwähnen –, dass es weiterhin gelungen ist, europaaktive Kommunen auszuzeichnen.
Hiermit setzen wir ein Beispiel dafür, dass sich Kommunen mit Blick auf Europa engagieren. Dies tun sie nicht nur, um Fördergelder zu erhalten, sondern sie zeigen darüber hinaus ein breites europäisches Engagement. Wir stärken die Partnerschaften nordrhein-westfälischer Städte, um diese europäischen Vernetzungen hinzubekommen. Denn nur, wenn Menschen sich kennenlernen, werden sie Europa positiv erfahren.
Ich halte es für ganz hervorragend, dass es uns gelungen ist, immer mehr Europaschulen in NordrheinWestfalen zu finden, die diesen europäischen Gedanken schon bei Schülerinnen und Schülern auf den Weg bringen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Lassen Sie mich noch einen Punkt erwähnen, den ich mit Blick auf diesen Einzelplan 02 wichtig finde, nämlich die Benelux-Zusammenarbeit. Sie ist in den letzten Jahren gestärkt und ausgebaut worden. Dafür möchte ich nur zwei Beispiele aus diesem Jahr nennen.
Der Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute hat die Konferenz „Perspektive ohne Grenzen“ in Enschede besucht. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Unser Justizminister Thomas Kutschaty hat sich in Maastricht gemeinsam mit dem niederländischen Amtskollegen Ard van der Steur und dem belgischen Justizminister Koen Geens zu einer Konferenz ge
troffen. Wichtig ist, dass wir die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Benelux-Raum fortsetzen und stärken. Dabei ist die Landesregierung auf einem äußerst guten Weg.
Lassen Sie mich noch etwas zur Eine-Welt-Arbeit sagen. Das ist eine ganz entscheidende Frage. Ich habe vorhin von der Flüchtlingsfrage und der Flüchtlingskrise gesprochen. Wir können ihnen nicht allein dadurch beikommen, indem wir sagen: Wir schauen mal, wie wir das alles integrativ hinbekommen. – Das ist wichtig und richtig. Das tun wir auch.
Aber wir müssen auch darauf schauen, wo die Krisen entstehen und was wir da tun können. Das Land Nordrhein-Westfalen ist natürlich im Verhältnis der großen globalen Player klein, aber wir können eine Menge dort tun, wo wir Partner haben. Das machen wir. Deshalb stärken wir die Eine-Welt-Arbeit, indem wir auch noch zur dritten Lesung einige Anträge einbringen werden, die dazu führen werden, dass wir insgesamt 1,4 Millionen € mehr ausgeben. Das muss man an dieser Stelle erwähnen.
Lassen Sie mich abschließend noch ausführen, dass wir in diesem Zusammenhang die Arbeit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ stärken, die ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen hat. Wir stehen aus meiner Sicht vor enormen Herausforderungen. Das ist ganz wichtig an dieser Stelle zu sehen, gerade was die Eine-Welt-Politik betrifft, insbesondere bei der Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie und der SDGs. Das sollte man nie außer Acht lassen. Das ist von enormer Bedeutung.
Vor diesem Hintergrund sage ich: Ich hoffe, Sie konnten meinen Ausführungen zu Europa und Einer Welt folgen, obwohl das ein bisschen krude durcheinandergelaufen ist. – Ich wünsche Ihnen ein herzliches Glückauf.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Eigentlich müsste ich jetzt 50 Minuten haben, um über all das zu reden, was ich hier heute gehört habe. Ich möchte einmal auf zwei, drei Dinge eingehen.
Herr Kerkhoff, Gratulation, Sie kennen sich bei der Sozialdemokratie ja sehr gut aus. Zumindest wissen Sie, welche Arbeitsgemeinschaften wir haben und was sie alles äußern. Das ist schon spannend.
Ich kann Ihnen sagen, Herr Dr. Paul, es gibt bei der SPD noch Granden. Ich weiß nicht, ob es sie bei den Piraten gibt. Aber das ist schon interessant, was Sie hier von sich geben.
Vielleicht noch eine Bemerkung zu dem Kollegen Markert. Herr Kerkhoff, auf die Frage von Herrn Markert hätten Sie relativ einfach antworten können. Lesen hilft vielleicht in diesem ganzen Zusammenhang – ich sage einmal: allen beteiligten Fraktionen hier im Haus –, weil: Wasser ist nicht enthalten. Es ist ausgeschlossen. Schauen Sie einmal genau in den Vertrag. Bei aller berechtigter Kritik an einigen Punkten muss man schon ein bisschen genauer hingucken.
Wir haben hier drei Anträge vorliegen von CDU, Piraten und dem fraktionslosen Abgeordneten
Schwerd.
CETA ist ein Abkommen, das in dieser Form, wie es im Moment verhandelt wurde, vorliegt. Ich sage ganz deutlich: Für die Sozialdemokratie in NordrheinWestfalen ist es im Prinzip ein gutes Abkommen, allerdings – und das sage ich auch ganz deutlich – nicht ausreichend. Das ist unsere Position.
Es muss substanziell nachverhandelt werden, und zwar in verschiedenen Bereichen. Ich will sie gar nicht alle aufzählen. Aber es gehört eine Konkretisierung des Internationalen Handelsgerichtshofes dazu. Es gehört ein deutlicherer Schutz der Daseinsvorsorge dazu. Es gehört dazu, dass man sich mit dem Negativlistenansatz noch einmal beschäftigt und diesen wieder zurückholt und dass man den gemischten Ausschuss demokratischer legitimiert, als er bisher ist. Er ist nämlich nicht demokratisch.
Da gebe ich Ihnen recht. So ist CETA zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmungsfähig.
Ich möchte Ihnen etwas zum Internationalen Handelsgerichtshof sagen – da steht auch einiges in Ihren Anträgen –: Es ist schon ein bisschen verwunderlich. Der Internationale Handelsgerichtshof ist aus meiner Sicht eine gute Einrichtung. Was er braucht – und das meine ich mit der Konkretisierung –, ist ein Hinweis darauf, wie er zukünftig konkret auszusehen hat. Er braucht eine Roadmap. Eine Frage ist: Wann kommt er denn? Das ist das Problem in diesem Vertrag und nicht die Tatsache, dass er kommt. Damit sind private Schiedsgerichte weg. Das Klageverfahren, das Sie nennen, hat ein Privatinvestor auch vor einem Gericht in Deutschland genauso wie in Frankreich und in Belgien. – Also, das alles ist schon merkwürdig.
Die SPD ist die einzige Partei in Deutschland – deswegen bin ich Ihnen dankbar, Herr Dr. Paul, dass Sie auf den Konvent hingewiesen haben –, und das muss man auch so sagen, die sich inhaltlich so intensiv mit den Freihandelsabkommen TTIP und CETA beschäftigt hat.
Unsere Auffassung ist dazu: Freihandelsabkommen brauchen Regeln und Leitplanken, um Globalisierung zu steuern. Das ist richtig. Wer keine modernen Regeln für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Verbraucherinnen und Verbraucher und soziale Standards festlegen will, betreibt neoliberalen Anarchismus. Genau das ist das. Deshalb beschäftigen wir uns so intensiv damit.
Liebe Piraten, lassen Sie mich ein Zitat aus dem Antrag anführen. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren:
„Schiedsverfahren zum privaten Investorenschutz sollen weiterhin angewendet werden. Auch dem nun vorgeschlagenen Investitionsgerichtshof liegt weiterhin die materiell-rechtliche Klagegrundlage für ausländische Investoren zugrunde.“
Ja, aber private Schiedsverfahren sollen durch diesen Vertrag ausgeschlossen werden. Ich frage mich: Warum schreiben Sie es rein, wenn Sie doch eigentlich wissen müssten, dass es anders ist?
Liebe CDU, da wird es nun absolut spannend. Das muss ich wirklich sagen, Herr Kerkhoff: eine Seite zu diesem Handelsabkommen mit den Vor- und Nachteilen, die man betrachten muss. Eine Seite! Ich kann Ihnen sagen: Im Rat der Stadt Oer-Erkenschwick hat man sich intensiver und länger mit diesem Thema beschäftigt als Ihre Fraktion und Ihre Partei auf Bundesebene, ganz ehrlich.
Aus unserer Sicht sind alle diese Anträge abzulehnen, auch der von Herrn Schwerd, weil sie uns wirklich nicht weiterbringen.
Ich kann Ihnen allen nur raten: Sie sollten sich einmal die Mühe machen, diesen Vertrag wirklich auch zu lesen. Es hilft. Er ist nicht in allen Teilen gut. Er ist deutlich verbesserungswürdig. Aber auf diesen Weg wollen wir uns machen, ihn zu verbessern. Und dann kann man darüber entscheiden, ob man ihm zustimmt oder nicht.
Gern.
Ich kann Sie beruhigen: Ich bin Delegierter, bin zwar nur Ersatzdelegierter, aber ich
bin Delegierter am Montag. Ich werde an dem Parteikonvent teilnehmen.
Wir führen derzeit eine intensive Debatte. Wir haben sie auch in der Fraktion geführt, übrigens, wie ich finde, sehr ausführlich und sehr intensiv, und das nicht zum ersten Mal.
Es liegt dem Parteikonvent ein Leitantrag vor. Der besagt, dass die Partei noch einmal prüfen soll, ob über die Parlamente etwas zu ändern ist. Wenn sich das ändern lässt, dann wird man am Ende des Tages, wenn der Leitantrag angenommen wird – ich gehe davon aus, dass er eine breite Mehrheit bekommt –, schauen müssen, ob sich substanziell an dem Vertrag noch etwas ändert oder nicht. Ändert sich nichts, dann wird dieser Leitantrag deutlich machen – das kann man nachlesen und das ist Ihnen auch zugänglich –, dass dann CETA abzulehnen ist, und zwar in der jetzigen Form. Das habe ich vorhin deutlich gemacht. So wird auch mein Abstimmungsverhalten sein. – Danke.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Man kriegt ja selten Lob von der Piratenfraktion für das, was man öffentlich äußert. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Sie am Ende meiner Rede noch so viel Lob für mich haben, wie Sie es zu Beginn hatten. Darauf kommen wir dann zurück.
Freihandelsabkommen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind ja grundsätzlich nicht des Teufels.
Freihandelsabkommen können dazu dienen, Globalisierung und Handel den richtigen Rahmen zu geben. Aber die Frage ist: Was ist der richtige Rahmen in dem Zusammenhang?
Die Frage ist auch: Was wurde eigentlich veröffentlicht? Da muss ich dann auch sagen: Es war für mich nicht neu. Ich glaube, ich bin der Einzige im Raum, der sagen kann, dass es für ihn nicht neu war. Das war für mich deshalb nicht neu, weil ich den Leseraum in Brüssel betreten darf und das auch tue. Diesen Verhandlungsstand kannte ich.
Ich habe immer gesagt: Wenn das so ist und wenn das so bleibt, wird es kein TTIP geben. Deshalb ist das auch keine neue Haltung von mir gewesen.
Aber warum wurde das veröffentlicht, was da veröffentlicht wurde? Darauf kann man auch eine Antwort geben. Es gibt ja nicht wenige, die sagen, das war ein Insider der Europäischen Kommission, weil die sich einfach massiv über den Verhandlungsstand geärgert haben, weil sie nicht weiterkommen in der Frage, was denn da verhandelt wird. Und das hat viel damit zu tun, dass die Haltung der US-Seite eine knallharte Haltung ist, die überhaupt nicht übereinstimmt mit den Forderungen und mit den Überzeugungen, die wir in Europa oder in Deutschland haben.
Dann sage ich ganz deutlich – da will ich gerne mal unseren Bundeswirtschaftsminister zitieren, denn das passt ganz gut –: TTIP so wie es sich die Amerikaner vorstellen, darf und wird es nicht geben. Das will niemand. – Das hat er gestern in der Bundestagsdebatte gesagt.
Genauso ist das. Wenn das so kommt – das habe ich meiner Partei auch empfohlen –, dann wird es keine Zustimmung der Sozialdemokraten geben. Dann wird es keine Zustimmung der Sozialdemokraten geben.
Das hat auch eine Basis. Wir haben einen Parteitagsbeschluss zuletzt noch im Dezember 2015 bekräftigt und angeschärft, in dem wir deutlich machen: Wir wollen keine privaten Schiedsgerichte. Wir wollen einen internationalen Handelsgerichtshof. Wir wollen keine regulatorischen Maßnahmen. Wir wollen Demokratie sichern. Wir wollen keine Einschränkungen von Verbraucherschutz oder Vorsorgeprinzip, weil das nicht in die europäische Verfassung, in die europäische Gesamtgesellschaft passt.
So ist das zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmungsfähig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Jetzt will ich auf Ihren Antrag eingehen, weil das, glaube ich, ganz interessant ist. Sie schreiben in der Überschrift „TTIP muss ausgesetzt werden!“ Das würde für ein Moratorium sprechen. Dem könnte ich
mich ja noch anschließen. Aber Sie schreiben dann – ich finde das sehr widersprüchlich –:
„Der Landtag fordert die Landesregierung dazu auf, sich auf allen politischen Ebenen für ein Ende der aktuellen TTIP-Verhandlungen und einen demokratischen, transparenten und zivilgesellschaftlich getragenen Neustart einzusetzen.“
Neustart heißt: Sie sagen, Ende und Abbruch.
Da sage ich Ihnen an dieser Stelle ganz deutlich: Das ist ein Widerspruch im Antrag und es ist auch politisch naiv. Wenn jemand bei dem Verhandlungsmandat von 28 Mitgliedstaaten und bei dem Verhandlungsmandat, dass man sich mit den USA darauf verständigt hat, verhandeln zu wollen, glaubt, dass man auf diplomatischem Wege jetzt mal sagt: „Machen wir Stopp und dann kommen wir in Neuverhandlungen!“, halte ich das für politisch naiv und auch nicht für durchführbar.
Ich plädiere allerdings für eine Verhandlungspause, weil deutlich geworden ist, dass die amerikanische Seite ja nicht ernsthaft verhandeln will. Hier muss man unseren Freundinnen und Freunden auf der anderen Seite des Atlantiks auch mal deutlich sagen: Freunde, so wird das nichts! Weil das so nichts wird, brauchen wir eine Pause! – Ich fordere eindeutig ein Moratorium.
Dann will ich noch eine Bemerkung machen. Denn eines halte ich für vollkommen schädlich an dieser Stelle. Das geht auch in Richtung der Kolleginnen und Kollegen von der CDU. Im Übrigen, wie Sie ja wissen: Auch 60 % Ihrer Parteimitglieder sind gegen TTIP oder sehr kritisch eingestellt.
Aber wenn wir das mal betrachten: Frau Merkel und Herr Obama sagen, das muss bis Ende des Jahres fertig werden. Wir wissen, es gibt kaum konsolidierte Texte, es gibt eigentlich nichts, was fertig ist. Wie will man bis Ende des Jahres fertig werden? Aber man macht Zeitdruck.
Dann sage ich: Dann geht hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit, wenn man verhandelt. Dann geht es darum, es auch richtig zu verhandeln. Wenn man das nicht will, dann wird man am Ende des Tages vielleicht zu einem Abbruch kommen.
Ich sage: Jetzt brauchen wir mehr Zeit. Man sollte sich eine Verhandlungspause gönnen.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Ich will das nur noch einmal betonen. Nach meiner Überzeugung brauchen Freihandelsabkommen Regeln und Leitplanken, um Globalisierung zu steuern. Wer keine modernen Regeln für Arbeitnehmerinnen und Verbraucherinnen und soziale
Standards festlegen will, betreibt nach meiner Überzeugung neoliberalen Anarchismus. – Danke.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Großbritannien ist – das kann man wohl ohne Zweifel sagen – wichtig für Nordrhein-Westfalen, schon allein aufgrund unserer Ge
schichte. Dieses Bindestrich-Land Nordrhein-Westfalen, wie es manchmal despektierlich genannt wird, ist ein schönes Land. Ohne die Briten wäre es so nicht zustande gekommen. Das muss man an dieser Stelle auch einmal erwähnen. Ich halte das auch für wichtig.
Großbritannien gehört aus Sicht der Sozialdemokraten zu Europa. Großbritannien gehört somit auch zur Europäischen Union. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, den man erwähnen muss.
Ich will am Anfang sagen, dass wir uns heute mit diesem Antrag nicht in die inneren Angelegenheiten Großbritanniens und nicht in die inneren Angelegenheiten der Briten in der Frage einmischen, wie sie sich denn entscheiden. Ich hoffe, dass die Bürgerinnen und Bürger eine schlaue Entscheidung treffen werden. Das halte ich für wichtig.
Der sogenannte Brexit, der im Raum steht, birgt viele Gefahren – nicht nur für Nordrhein-Westfalen, für Deutschland und für die EU, sondern ganz besonders für die Briten. Das muss man so sagen.
Lassen Sie mich erst noch einmal zu der Europäischen Union zurückgehen. Wir stecken derzeit in einer der größten Krisen der Europäischen Union. Sie hat mit der Finanzkrise begonnen und ist noch lange nicht beendet. Wir haben eine Flüchtlingskrise. Innerhalb dieser Europäischen Union haben wir viele unterschiedliche Krisenherde. Wir haben sie nicht im Griff.
Es könnte ein Rutschbahneffekt entstehen, wenn die britische Bevölkerung sagt: Nein, wir wollen nicht mehr zu Europa gehören. – Und dieser Rutschbahneffekt für andere Staaten bringt die Europäische Union in Gefahr, bringt unsere Vorstellung in Deutschland davon, wie wir uns Europa vorstellen, in Gefahr. Deshalb ist es wichtig, dass wir dafür auch werben. Ich halte das für richtig.
Aber es sind viele Fragen ungeklärt in diesem ganzen Prozess, gerade auch für die Briten. Was passiert beispielsweise in Schottland? Was werden die Schotten machen, die sich eindeutig in ihrem Referendum dazu bekannt haben, in Großbritannien zu bleiben? Was machen die Menschen in Wales oder in Nordirland? Nordirland, ein ganz spannendes Thema. Wir haben endlich eine friedliche Situation. Was passiert, wenn Großbritannien aus der EU austritt und die Nordiren das nicht gut finden? Ich glaube, das sind Fragen, die unbeantwortet sind.
Was bedeutet es für die wirtschaftlichen Beziehungen, die nicht nur Nordrhein-Westfalen, sondern ganz Deutschland zu Großbritannien hat, die die Europäische Union hat, die wichtig sind? Was bedeutet das – und das ist noch viel wichtiger – für die Beziehungen der europäischen Staaten untereinander? Wie sollen die zukünftig dann aussehen?
Am Ende steht dann eigentlich noch die wichtigste Frage: Wie kann denn so etwas überhaupt funktionieren? Ich will mir das gar nicht vorstellen. Ich wüsste nicht, wie es funktioniert. Es gibt keine rechtlichen Rahmenbedingungen und Regeln, wie ein Staat aus der Europäischen Union austreten kann. Was das bedeuten würde, was das anrichtet, das möchte ich mir nicht vorstellen. Deshalb werbe ich darum, dass Großbritannien dabei bleibt.
Aber es gibt natürlich auch einige Kritikpunkte, die kann man einfach nicht verschweigen. Das, was bei dem europäischen Gipfel im Februar vereinbart wurde, birgt Gefahren, auch für uns. Es birgt die Gefahr des Endes einer Kohäsionspolitik in Europa. Ich glaube, diese Gefahr muss man beim Namen nennen.
Deshalb ist es wichtig, wenn Großbritannien dabei bliebe, wobei ich sehr dafür werbe, dass man hierüber noch einmal spricht. Das ist der Ausstieg aus gemeinsamen Politiken auf europäischer Ebene. Das können wir nicht gut finden. Dahin müssen wir zurück, denn mehr gemeinsame europäische Politiken ist die Zukunft Europas – nicht weniger. Das ist doch der Punkt, um den es hier geht.
Trotz dieser Kritik, die ich jetzt geäußert habe, will ich sagen: Great Britain gehört zu NRW, gehört zu Deutschland, gehört zu Europa. Ich finde, es gehört ganz besonders zur Europäischen Union. Wir sollten alles dafür tun, dass das auch so bleibt. Aber entscheiden werden am Ende die britischen Bürgerinnen und Bürger. Ich habe große Hoffnung, dass sie eine gute Entscheidung treffen. Somit: Glück auf!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Am 9. April 2014 hat die EU-Kommission den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter vorgelegt. Grundsätzlich begrüßen wir den Versuch der Harmonisierung nationaler Gesellschaftsrechtsformen. Allerdings muss man hier, glaube ich, sehr genau hinschauen.
Mit dem Richtlinienvorschlag wird – so ist die Auffassung der Kommission – das wenig umstrittene Ziel angestrebt, potenziellen Unternehmensgründern insbesondere von kleineren und mittelständischen Unternehmen die Gründung von Gesellschaften im Ausland zu erleichtern. So weit, so gut.
Aber worum geht es denn eigentlich im Detail?
Im Detail geht es erstens um die Trennung von Satzungs- und Verwaltungssitz dieser Unternehmen. Das Unternehmen kann sich also zukünftig aussuchen, wo es Steuern zahlt. Steuervermeidung und Steuerhinterziehung werden hier quasi blanko angeboten. Man sucht sich den Sitz aus, wo es die wenigsten Mitbestimmungsrechte gibt und wo man die wenigsten Steuern zahlen muss. – Ich erinnere nur an das Beispiel Flat-Tax, das wir in einigen europäischen Ländern haben. – Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist.
Zweitens geht es um die mögliche Onlinegründung, die ohne Identitätsprüfung beim Handelsregister angemeldet werden kann. Was versteckt sich dahinter? Zukünftig kann man also eine Gesellschaft online gründen. Das ist zunächst einmal noch nichts Problematisches. Dies kann aber ohne eine echte materielle Prüfung der eingereichten Dokumente und ohne deren Echtheitsprüfung geschehen.
Damit wird auf einfache Weise der Gründung von Gesellschaften mit betrügerischen Absichten Tür und Tor geöffnet. Briefkastenfirmen, Geldwäsche oder Scheinselbstständigkeit werden nicht nur ermöglicht, sondern erheblich zunehmen. Dass die schutzwürdigen Interessen Dritter völlig ignoriert werden, ist kein Nebeneffekt, meine Damen und Herren, sondern wird billigend in Kauf genommen.
Gläubiger-, Kunden-, Verbraucher- und Arbeitnehmerrechte sind hier massiv betroffen.
Das trifft auch auf den dritten Kritikpunkt zu, den man hier erwähnen muss. Dabei geht es um das Ein-Euro-Mindeststammkapital mit dem Verbot einer Verpflichtung zur Rücklagenbildung. Nach deutschem Recht kann eine Unternehmergesellschaft mit einem Euro Stammkapital gegründet werden. Sie hat aber eine gesetzliche Kapitalsparpflicht. 25 % des Jahresgewinnes müssen als Eigenkapitalrücklage gebildet werden. Das ist gut und richtig so.
In diesem Fall wird auf jegliche Haftungsmasse als Ausgleich für eine Haftungsbeschränkung verzichtet. Das ist nach meiner Überzeugung Unternehmertum zum Nulltarif. Hier sind Verbraucher- und Arbeitnehmerrechte ganz massiv betroffen. Gewinne werden privatisiert und Risiken sozialisiert. Ich finde, das geht so nicht.
Wenn man diesen Vorschlag der Kommission liest, entdeckt man, dass man aus der Finanz- und Bankenkrise überhaupt nichts gelernt hat. Es sind gerade diese möglichen Schlupflöcher, die eine solche Krise erst ermöglicht haben.
Flat-Tax akzeptieren, Verbraucherrechte und Arbeitnehmerrechte schleifen: Das ist nicht dazu geeignet, Vertrauen in die EU und ihre Rechtsetzung zu erzeugen. Wir stecken im Moment auf der Ebene der Europäischen Union in den Mitgliedsstaaten der EU in einer der tiefsten Krisen und Vertrauenskrisen im Hinblick auf dieses wirklich wichtige politische Projekt. Wir dürfen das nicht zugunsten solcher Entscheidungen opfern.
Unternehmertum heißt nach meiner Überzeugung, Verantwortung zu übernehmen. Deshalb braucht eine soziale Marktwirtschaft auch Regeln. Die hier vorgelegten Regeln sind nach meiner Überzeugung nicht dazu geeignet, Verbraucherrechte, Arbeitnehmerrechte oder die Rechte der Allgemeinheit zu sichern. Hier wird nur dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet, und am Ende, meine Damen und Herren, zahlen wir alle dafür.
Ich bin gespannt, wie weit bei der direkten Abstimmung gleich die Zustimmung geht. Ich würde mich freuen, wenn Sie alle diesem Antrag folgen könnten. – Glück auf!
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrtes Publikum! Herr Dr. Bergmann, an einer Stelle sind wir uns wohl einig: dass es nämlich einen Wert hat, darüber zu streiten, ob es ein gutes Freihandelsabkommen mit den USA geben kann oder nicht.
Allerdings bin ich mit Ihrem Antrag und damit, wie Sie vorgetragen haben, schon nicht mehr so einig, weil es mir eine zu große Jubelarie auf das ist, worüber wir uns hier auch unterhalten müssen: Sie haben gesagt, dass es auf beiden Seiten hohe Standards gibt. Mal sind die Standards aufseiten der USA höher, mal bei uns. Das kann so sein, und das ist sicher auch so.
Aber was in diesem Zusammenhang definitiv immer vergessen wird: Es geht nicht um die hohen Standards und welche wir anerkennen, sondern es geht um die Frage, ob wir hohe Standards zukünftig noch weiter erhöhen können, und ob wir hier einen Erkenntnisgewinn haben werden.
Ich komme gleich noch mal auf die Frage zurück, warum das so wichtig ist.
Außerdem haben Sie gesagt, die Daseinsvorsorge sei nicht betroffen. Das stimmt, ja. Aber es stimmt auch nur zum Teil; denn wenn man die Formulierung nimmt, die bei Ceta benutzt wird – wo die Rede davon ist, dass hoheitliche Aufgaben der Daseinsvorsorge nicht betroffen sein sollen durch den Vertrag –, dann möchte ich wissen, wie Sie Ihrer kommunalpolitischen Vereinigung erklären wollen,
dass zukünftig alles andere, was also nicht hoheitliche Aufgabe ist, dem freien Marktzugang geöffnet wird.
Ja, wir reden von TTIP, und da müssen wir konzedieren: Wir müssen in die Verträge schauen. Ich habe nicht gesagt, dass das drinsteht. Bei Ceta steht es drin.
Sie müssen lernen – auch Sie, Herr Brockes –, zuzuhören. Das ist das Problem bei dieser Frage.
Die Daseinsvorsorge ist zum Teil betroffen, und es wird verhandelt, und zwar der freie Marktzugang, aber nicht die komplette Daseinsvorsorge. Dem muss man sich stellen. Dieses zu ignorieren, ist einfach falsch.
Sie nehmen die Ängste der Bürgerinnen und Bürger nicht wirklich ernst, auch nicht mit diesem Antrag.
Ich will Ihnen auch sagen, warum. Es geht mir in diesem Zusammenhang nicht um die Verschwörungstheoretiker – dazu werden wir gleich sicherlich noch etwas hören; ich bin gespannt –, sondern es geht mir um eine entscheidende Frage, und die müsste gerade für sie als CDU interessant sein: Wenn sich beispielsweise die EAB, die KAB, die katholischen Bischöfe und die evangelische Kirche zu diesen Verhandlungen und zu den Themen, die dort verhandelt werden, kritisch äußern, dann muss man sich doch die Frage stellen: Warum beschäftigen die sich damit überhaupt?
Das heißt: Das Thema ist in der gesellschaftlichen Mitte angekommen. Diese Debatte ernst zu nehmen, das ist wichtig. Ich persönlich bin dafür, dass man ein Abkommen nicht scheitern lassen muss. Aber man muss sehr genau auf die Inhalte schauen.
Die sind noch nicht da.
Ich will noch einmal darauf eingehen, warum Daseinsvorsorge und die anderen Dinge …
Nein, die Inhalte sind noch nicht bekannt. Die sind ja auch noch nicht da.
Deshalb muss man auch ein bisschen abwarten, ehe man eine Komplettabsage erteilt.
Doch eines ist ganz interessant. Sie sagen: Das ist alles nicht betroffen, auch nicht die hohen Standards; wir werden die höchsten Standards anerkennen. – Aber was ist denn beispielsweise mit der sogenannten Ratchet-Klausel, die verhandelt werden soll? Die Ratchet-Klausel würde bedeuten, dass demnächst höhere Standards nicht mehr möglich sind, weil man den höchsten Liberalisierungsgrad nimmt.
Das Gleiche gilt für die regulatorischen Mechanismen, über die verhandelt wird, was dazu führt, dass demnächst ein nicht demokratisch legitimierter Rat darüber entscheidet, ob überhaupt noch ein Parlament wie das Parlament in Nordrhein-Westfalen,
der Bundestag oder das Europaparlament eine Gesetzgebung auf den Weg bringen können. Das ist eine – ich sage das ganz deutlich – Enteierung der Demokratie, und das können wir nicht zulassen. Wenn das so verhandelt werden sollte, wäre das ein Ausschlusskriterium.
Ich sage an dieser Stelle: Verhandelt vernünftig, weil wir demokratische Regeln für die Gestaltung der Globalisierung brauchen. Das ist zwischen zwei demokratischen Volkswirtschaften durchaus möglich. Aber dann muss man das auch wollen. Ich will Ihnen in diesem Zusammenhang sagen: Die Konservativen auf europäischer Ebene gehen durchaus kritischer damit um, übrigens auch die Liberalen, Herr Lindner.
Auch. Die gehen kritischer damit um. Die Sozialdemokraten und die Grünen in Deutschland führen dazu einen Diskurs.
Die Konservativen – um zum Schluss darauf zurückzukommen – gehen kritischer damit um, und zwar deshalb, weil sie erkannt haben, dass es in den kommunalen und regionalen Gebietskörperschaften durchaus schwierig werden kann.
Deshalb rate ich Ihnen: Schauen Sie doch einmal in die Drucksache hinein. Dort werden Sie erkennen, dass eine Stellungnahme dahin gehend, wie TTIP aussehen soll – welche Kriterien er beinhalten soll und welche nicht –, von allen Konservativen und Liberalen im Ausschuss der Regionen einstimmig beschlossen wurde. Ich stelle Ihnen das gerne zur Verfügung, wenn Sie das interessiert. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir führen heute die zweite Lesung des Gesetzentwurfes zur Regelung der Verleihung von Körperschaftsrechten an Religions- und Weltanschauungs-gemeinschaften – kurz: Körperschaftsstatusgesetz – durch. Worum geht es eigentlich in diesem Gesetz? Worum geht es beim Körperschaftsstatus?
Es geht um die Verleihung hoheitlicher Rechte an Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften. Das Interesse an der Verleihung von Körperschaftsrechten ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Es ist zum einen ein Stück Integration der Zugewanderten in unser Land, zum anderen der zunehmenden Pluralität der Glaubensgemeinschaften in unserer Gesellschaft geschuldet.
Bisher sind die Verleihungen nicht durch Gesetz geregelt. Verwaltungsgerichte haben in den letzten Jahren Entscheidungen getroffen. Wir wollen dies aber nun ändern. Wir wollen es nicht den Gerichten überlassen, zu entscheiden, ob Statusrechte verlie
hen werden oder nicht. Wir wollen gesetzlich regeln, wann und wie Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Religionsgemeinschaften verliehen werden können. Wir regeln aber auch – und das muss dazugesagt werden – den möglichen Entzug von Statusrechten. Das ist erstmalig der Fall, und es ist, glaube ich, auch richtig, dass wir das tun. Denn wir wollen es nicht den Gerichten überlassen, dieses zu entscheiden.
Wir bestimmen aber nicht – und das ist ein ganz entscheidender Punkt –, was eine Glaubens- oder Weltanschauungsgemeinschaft ist. Das ist nicht unsere Aufgabe. Das ist nicht Aufgabe des Parlaments und auch nicht Aufgabe des Staates.
Dieses Gesetz wird – davon bin ich überzeugt – ein Fingerzeig für andere Bundesländer sein. Ich weiß, dass sie uns schon jetzt bei diesem Gesetzentwurf über die Schulter schauen und gespannt sind, wie wir das regeln. Das ist auch einmalig in der Bundesrepublik.
Was man auch herausstellen sollte und politisch richtig ist, ist insbesondere die mögliche Befassung des Landtags bei der Verleihung, die bei diesem Gesetz vorgesehen ist. Das ist politisch so gewollt, aber es ist eine Kann-Vorschrift, was so viel heißt, dass zum einen die Landesregierung den Landtag damit beschäftigten kann, wenn sie es für richtig hält. Zum anderen hat auch der Landtag die Chance, zu sagen: Wir wollen dieses Verfahren an uns heranziehen, wir wollen darüber reden und debattieren.
Das ist meiner Meinung nach ein ganz wichtiger Punkt. Denn wir müssen bei diesen Verleihungen, die in den nächsten Jahren vorzunehmen sind, versuchen, einen breiten Konsens herzustellen. Diesen breiten Konsens hatten wir damals bei der Einbringung durch fünf Fraktionen. Wir hatten bei der Beratung und bei der Verabschiedung einen breiten Konsens; jetzt ist dieser zumindest bei vier Fraktionen im Landtag gegeben. Ich sage an dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für die Mitarbeit und Arbeit aller Kolleginnen und Kollegen
auch der Fraktion, die jetzt nicht mehr dabei ist. Ich sage trotzdem herzlichen Dank. Denn es war eine offene und gute Zusammenarbeit, die noch einmal gezeigt hat, dass dieses Parlament auch dann sehr leistungsfähig ist, wenn es um eine gesellschaftliche Frage geht, über die wir grundsätzlich entscheiden müssen. Dann zerstreiten wir uns nicht in den verschiedenen Fraktionen, sondern wir gehen aufeinander zu und machen das gemeinsam. Insofern ist es, ohne es an dieser Stelle zu überhöhen, eine Sternstunde des Parlaments, wenn wir diesen Gesetzentwurf heute verabschieden.
Dem Änderungsantrag der Piraten werden wir nicht zustimmen, weil er aus unserer Sicht inhaltlich falsch ist und auch nicht unseren politischen Überzeugungen entspricht.
Nichtsdestotrotz werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen. Wir werden uns heute nicht zum letzten Mal mit Körperschaftsstatusrechten beschäftigt haben. Denn dieses Gesetz sagt, dass wir es auch zukünftig tun werden. Ich glaube, das ist der richtige Weg, um dieses Thema in unserer Gesellschaft zu verankern. – Ein herzliches Glückauf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Live-Stream! Ich komme gleich noch einmal auf diese letzte Anrede zurück; denn das gehört ein bisschen zum Hintergrund dieses Themas.
Im Juni 2013 fand die Gemeinsame Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente sowie des Südtiroler Landtags statt. Es kam dort zur sogenannten Kremser Erklärung.
Man muss diese Erklärung der Präsidentinnen und Präsidenten ausdrücklich loben. Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, nämlich in Richtung Transparenz.
NRW ist diesbezüglich auf einem guten Weg, wie die Piraten es in ihrem Antrag selber sagen. Wir müssen die Kirche aber im Dorf lassen: An der Umsetzung wird gearbeitet, meine Damen und Herren.
Lassen Sie uns noch mal über die Forderungen der Piraten reden.
Die erste Forderung ist die Einrichtung einer maschinenlesbaren Schnittstelle für den Zugriff der Öffentlichkeit auf die parlamentsinterne Datenbank. – Diese Forderung ist okay, aber zeitnah nicht durchführbar.
Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus der Vorlage der Präsidentin zu diesem Thema:
„Mit der Umsetzung dieses Beschlussvorschlags würden Sonderlösungen geschaffen, die zusätzliche Kosten, verbunden mit einem erheblichen Personaleinsatz, verursachen sowie rechtliche Probleme bringen.“
Das sagt eigentlich schon alles. Datenschutz und Urheberrecht müssen in diesem Zusammenhang auch berücksichtigt werden.
Kommen wir zur zweiten Forderung der Piraten: Zugriff für alle auf den landtagsinternen Service OPAL. – Diese Forderung, meine Damen und Herren, ist bereits auf der Agenda des Landtages und in das Aufgabenprogramm aufgenommen. Wir werden das alle miteinander umsetzen. Allerdings geht auch hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit.
Drittens fordern Sie ein Pilotprojekt zur Beteiligung der Bevölkerung an Anhörungen. – Hier haben Sie scheinbar übersehen, dass es ein solches Pilotprojekt schon gibt. Die Verfassungskommission hat dies bereits beschlossen. Das Thema ist nach meiner Überzeugung bei der Verfassungskommission auch sehr gut aufgehoben. Welches Thema wäre für ein solches Pilotprojekt denn besser geeignet als die Fragen, die in der Verfassungskommission beantwortet und bearbeitet werden müssen?
Die vierte Forderung, die Sie stellen, ist die nach Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur digitalen Öffnung des Parlaments. – Darüber muss ich mich schon ein bisschen wundern; denn nach meinem Kenntnisstand gibt es diese Arbeitsgruppe bereits. Aber die Frage ist natürlich: Arbeiten Sie als Piraten darin mit?
Ja? Dann müssen Sie vielleicht ein bisschen intensiver darin arbeiten, Herr Sommer. Ich kann nicht erkennen, dass das wirklich intensiv ist.
Daraus, wie ich diese vier Themen, die Sie aufgeworfen haben, kommentiert habe, hören Sie schon: Wir werden Ihren Antrag folgerichtig ablehnen.
Sie sollten mal zur Kenntnis nehmen, dass es viele in diesem Haus gibt, die an mehr Transparenz arbeiten – alle Fraktionen, kontinuierlich. Verabschieden Sie sich endlich von Ihren Verschwörungstheorien. Das ist Kindergarten.
Lassen Sie mich auch sagen: Digitale Transparenz ist kein Königsweg, um Politikverdrossenheit zu begegnen und mehr Vertrauen zu erzeugen.
Das ist nicht der alleinige Königsweg!
Die Begrüßung der Zuschauer am Stream ist nett; das machen Sie ja ständig. Das ist mittlerweile auch ganz niedlich, finde ich. Aber man könnte diese Zuschauer auch persönlich begrüßen; denn die durchschnittliche Zuschauerzahl im Netz – diese Zahlen sind belastbar – liegt an Plenartagen bei unter hundert. Bei Anhörungen sind die Zahlen noch geringer. Aber es gibt ein Quotenhighlight, das ist wirklich schön: Bei der Anhörung zu den Delfinen waren 211 Zuschauer am Stream. Ich bin mir an der Stelle allerdings nicht ganz sicher, ob das alle 211 Delfine in Europa waren.
Das sind nach meiner Überzeugung übrigens keine Argumente gegen Streaming und Liveübertragungen; so will ich das nicht verstanden wissen. Hierfür muss mehr geworben werden; das ist auch meine Überzeugung. Aber es besteht wahrlich kein Grund zu operativer Hektik. So groß ist der Leidensdruck nun wirklich nicht.
Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist abzulehnen. – Glück auf!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU: „Auf jede Stimme kommt es an: Europawahl am 25. Mai 2014 nutzen, um die gemeinsame Zukunft zu gestalten“ ist löblich. Aber das ist es auch schon.
Wir alle kennen die Situation: Die Europäische Union und das Europäische Parlament werden immer wieder – in den letzten Monaten besonders intensiv – mit Kritik überschüttet. Viele stellen sich die Frage: Wozu dient diese Wahl eigentlich? Wir hören das auch an den Infoständen, die wir alle bedienen. Die Leute wollen wissen, worum wir uns auf europäischer Ebene kümmern und warum wir die Menschen davon überzeugen wollen, zur Europawahl zu gehen.
Das ist eigentlich der Punkt, um den es geht. Wir wollen alle zusammen für diese Europawahl werben. Ich kann aber bei keiner Partei hier im Landtag erkennen, dass es dafür nicht ein großes Interesse gibt. Deshalb bin ich schon ein bisschen enttäuscht; das muss ich Ihnen sagen, Frau von Boeselager. Als Sie den Antrag eingebracht haben und wir von Rot-Grün Ihnen das Angebot gemacht haben, doch etwas Gemeinsames auf den Weg zu bringen, diesen Antrag mit einem Änderungsantrag zu erweitern, vielleicht dafür zu sorgen, dass alle Parteien in diesem Landtag sich diesem Antrag anschließen können, um einen gemeinsamen Wahlaufruf zu machen, haben Sie sich dem verweigert.
Mittlerweile liegen ein Änderungsantrag der Piraten, ein Entschließungsantrag der FDP und ein rotgrüner Entschließungsantrag auf dem Tisch. Ich hätte es schöner gefunden, wenn wir uns alle darum gekümmert hätten. Wir alle betonen in all diesen Anträgen, wie wichtig die Europawahl für Nordrhein-Westfalen ist – und das bei aller Unterschiedlichkeit unserer Positionen auch im Wahlkampf. Ich finde das ein Stück weit schade.
Sie haben recht mit Ihrer Kritik – das will ich durchaus sagen –, dass die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes zu jener Tageszeit nicht mehr so prickelnd ist – für uns alle nicht. Das sieht man auch am Plenarsaal. Er ist nicht mehr so toll gefüllt.
Ich möchte noch etwas dazu sagen: Sie als antragstellende Fraktion hätten im Ältestenrat dafür sorgen können, dass der Antrag zu einem etwas prominenteren Zeitpunkt behandelt wird. In der Hinsicht
ist auch nichts gelaufen. Sie sollten daher mit der Kritik an dieser Stelle ein bisschen vorsichtig sein.
Lassen Sie mich noch zwei oder drei Dinge sagen, die von entscheidender Bedeutung sind. Sie kritisieren die Benelux-Strategie der Landesregierung. Sie sagen, es gebe gar keine Strategie. Da passiere seit Jahre nichts mehr. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben diese Benelux-Strategie intensiv mit Ihnen diskutiert. Es ist schon fatal, dass man in einem solchen Antrag, in dem es um die Europawahl geht, die Benelux-Strategie der Landesregierung kritisiert.
Sie kritisieren die Nichtanwesenheit der Ministerin, die heute in Berlin weilt. Ich weiß nicht, wie Sie dazu kommen. Das ist schon abenteuerlich. Sie geht eben den Interessen des Landes nach im Auftrag von uns allen. Das sollte man auch zur Kenntnis nehmen.
Wir reden in diesem ganzen Zusammenhang immer – und das ist in Ihrem Antrag zu sehen – zu viel vom Binnenmarkt und zu wenig von einem sozialen Europa.
Wir haben eine europäische Wirtschafts- und Finanzunion. Das ist richtig, und das ist auch wichtig. Wir brauchen aber endlich auch eine Sozialunion. Es ist nach meiner Überzeugung ein Konstruktionsfehler der Europäischen Union, dass wir uns darum noch nicht gekümmert haben. Eines der Beispiele dafür, wohin das führt, ist die Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Gerade in Griechenland beträgt sie 60 %, in Spanien 50 %.
Nur mithilfe – jetzt kommen wir zu einem Punkt, den ich hochspannend finde – des Europäischen Parlaments wurde eine Jugendgarantie eingebracht. Die Regierungschefs – und deshalb brauchen wir ein starkes Parlament, das etwas durchsetzt – haben sich aber dieser Jugendgarantie zumindest hinsichtlich der finanziellen Verantwortung bisher entzogen, auch Frau Merkel. Das muss man deutlich sagen.
Wir brauchen ein starkes Parlament zur Kontrolle der Kommission. Mittlerweile ist die Kommission die Regierung Europas. Also braucht man in einer Demokratie ein starkes Parlament, das diese Regierung kontrollieren kann.
Der nächste Kommissionspräsident – Sie haben es gesagt – wird vom Parlament auf Vorschlag des Rates gewählt. Aber wie ist denn die Haltung von Frau Merkel dazu? Wie ist Ihre Haltung als Partei dazu? Ich habe nicht gehört, dass es dazu ein klares Bekenntnis gibt, welcher Spitzenkandidat die Mehrheit hinter sich bringt, damit er dann auch vom Rat vorgeschlagen wird. Da machen Sie sich einen sehr schlanken Fuß. Ich muss ganz ehrlich sagen: Wir verstecken im Übrigen in unserem Wahlkampf den Spitzenkandidaten nicht. Die EVP – besser gesagt
die CDU, die zur EVP gehört – versteckt ihren Spitzenkandidaten in Deutschland. Das ist Ihnen vielleicht peinlich. Ich weiß nicht, ob das so ist.
Herr Präsident, ich komme zum Ende meiner Ausführungen.
Wichtig ist in Europa, dass wir dem Rechtsruck in Europa ein Zeichen mit einer hohen Wahlbeteiligung entgegensetzen und dafür sorgen, dass die Menschen in Europa gut vertreten werden, und zwar durch ein starkes Europäisches Parlament. Dafür können wir alle werben. Es geht aber nicht darum, Einzelsüppchen zu kochen. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema „Transatlantisches Freihandelsabkommen“ beschäftigt uns nicht zum ersten Mal. Es wird uns sicherlich auch noch weiter beschäftigen.