Axel Plaue

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Last Statements

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In diesem Monat feiern wir den 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge.
Mit diesen Römischen Verträgen ist in Europa etwas geschaffen worden, was in der europäischen Geschichte - jedenfalls in dieser Konsequenz - einmalig gewesen ist und auch heute noch immer einmalig ist. Wir haben es erreicht, dass nach vielen Kriegen und Auseinandersetzungen, in denen sich europäische Staaten untereinander bekriegt haben, in einem Abschnitt von über 60 Jahren Frieden in Europa herrscht. Das ist ein Wert an sich, den man nicht hoch genug einschätzen kann.
Mit diesen europäischen Verträgen ist es gelungen, dass die Staaten Europas aufeinander zugehen, miteinander arbeiten, einen Wirtschaftsraum geschaffen haben, fast alle Grenzen in Europa fallen gelassen und dafür gesorgt haben, dass Europa nicht auf die Gründungsstaaten und die Unterzeichnerstaaten der europäischen Verträge reduziert geblieben ist.
Europa hat sich nicht erweitert. Aber wir haben die Gemeinschaft der Staaten in Europa vergrößert,
die sich zu der Europäischen Union bekennen und deshalb auch deutlich machen, dass sie zu einer Gemeinschaft gehören, die mehr ist als nur eine Wirtschaftsgemeinschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Europa, so wie wir es verstehen, ist eine starke Wirtschaftsgemeinschaft. Europa, so wie wir es verstehen, ist aber auch eine große und starke solidarische Gemeinschaft, die dafür ist, dass die Menschen in der Welt und in Europa vor großen Institutionen nicht nur Angst haben, sondern mit diesen Institutionen etwas verbinden, was ihre soziale Sicherheit stärkt, meine sehr verehrten Damen und Herren. An dieser sozialen Sicherheit mangelt es leider Gottes, jedenfalls in der politischen Interpretation des europäischen Projektes, noch sehr.
Natürlich ist mit der Verabschiedung der Europäischen Verfassung jedenfalls in den meisten europäischen Staaten etwas gelungen, was man als die Grundlage einer neuen europäischen Idee begreifen kann. Wenn wir sehen, dass heute in den europäischen Ländern mit unterschiedlichem Anspruch, aber mit dem gleichen Ziel dafür gekämpft wird, dass Bürgerrechte vor Staatsrechten etabliert werden, dann zeigt das, dass die Europäische Verfassung ein richtiger und wichtiger Meilenstein auf dem Weg dahin ist.
Leider ist diese Europäische Verfassung in ihrem Ratifizierungsprozess durch zwei Volksentscheide gestoppt worden, in denen aber - das will ich hier deutlich sagen - die europäische Leitidee keine Rolle gespielt hat. Es waren innenpolitische Probleme, die sowohl in Frankreich als auch in den Niederlanden dazu geführt haben, dass die Menschen Nein gesagt haben. Sie haben nicht Nein zu Europa gesagt, sie haben allerdings leider Gottes das Projekt der Verfassung mit einem Nein zu Europa verbunden. Das ist schlecht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deshalb ist es richtig, dass versucht wird, diesen Verfassungsprozess wieder auf den Weg zu bringen. Es ist aber genauso richtig, dass sich Frau Merkel als Bundeskanzlerin und Ratspräsidentin nicht ausschließlich mit diesem Thema befassen darf. Die Menschen erleben Europa in vielen Bereichen auch als eine Bedrohung ihrer wirtschaftli
chen Situation. Deshalb muss eine europäische Sozialpolitik ein wichtiger Stein der europäischen Zusammenarbeit sein, meine Damen und Herren. Aber das fehlt.
Die Menschen müssen wissen, dass ihr Zusammenleben mit den anderen Völkern Europas nicht ihre wirtschaftliche Existenz bedroht, sondern die Chancen zu einem gemeinsamen Miteinander nach vorne bringt. Deshalb erwarten wir von der Bundesregierung und von der Landesregierung, dass sie das Projekt „Soziales Europa“ in den nächsten Jahren nach vorne bringen, damit die Menschen wieder an Europa glauben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang etwas erwähnen, was man an dieser Stelle erwähnen muss, wenn man über Europa redet. Einer der wichtigen Gründe, aus denen sich die Bundesrepublik Deutschland als freier und sozialer Rechtsstaat hat etablieren können, war die Gesetzgebung, zu der wir nach dem Krieg die Chance hatten. Diese Gesetzgebung war darauf ausgerichtet, die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die regionale Bedeutung von Wirtschaftspolitik und die Verantwortung des Staates für Wirtschaftspolitik nach vorn zu bringen. Deshalb sagen wir eindeutig Nein zu einem wirtschaftsliberalen Ansatz, der diese Aspekte völlig außen vor lässt und versucht, über die europäischen Institutionen wirtschaftsliberales Instrumentarium als Glied der Zusammenarbeit in Europa zu definieren. Wer Europa so definieren will, der wird die Menschen nicht mitnehmen. Deswegen sagen wir Nein zu einem solchen Ansatz, meine Damen und Herren.
Man muss etwas zu dem Volkswagen-Gesetz sagen, weil es im Moment den europäischen Institutionen vorliegt. Das Volkswagen-Gesetz hat diese Zusammenarbeit organisiert und organisiert sie noch heute. Ich darf daran erinnern, dass das Volkswagen-Werk von der Deutschen Arbeitsfront gebaut worden ist, die dafür das Geld genommen hat, das die Nationalsozialisten den Gewerkschaften geraubt haben. Das war der Beweggrund für das Volkswagen-Gesetz.
Die Politik hat nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gesagt: Wir wollen dieses Unrecht wenigstens dadurch wieder gutmachen, dass wir die Machtverhältnisse in diesem Konzern so gestalten, dass die Politik als Sachwalter der Interessen der Arbeitnehmer dort eine starke Verantwortung hat, und dass eine Stiftung dafür sorgt, dass dort nicht nur reine Kapitalinteressen verfolgt werden.
Wenn der Europäische Gerichtshof dies nicht akzeptieren würde, würde er im Nachhinein das Unrecht der Nationalsozialisten gegenüber der Gewerkschaftsbewegung sanktionieren. Das kann nicht sein. Eine solche Vorstellung von Europa haben wir nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, dass Ihr niedersächsisches Geschichtsbild bei Ernst Albrecht aufhört, bei Ihnen wieder beginnt und dazwischen in der Tat ausgeblendet wird, das kennen wir.
Ich will mich an dieser Stelle nicht zu Ihrer Rolle bei VW äußern. Aber eines ist völlig klar: Wenn man als Land bei VW Einfluss behalten will, dann muss man versuchen, das im Konsens mit der Geschäftsführung zu tun. Man darf jedoch nicht versuchen, seinen Privatkrieg dort zu führen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich sage Ihnen ausdrücklich: Es ist übereinstimmende Meinung im Niedersächsischen Landtag - davon bin ich überzeugt -, dass die Ziele, die die Bundesregierung in ihrer Ratspräsidentschaft verfolgt, nämlich das Thema Klimaschutz auf der europäischen Agenda nach vorne zu bringen, absolut unstrittig sind. Das ist überhaupt keine Frage. Es wäre ganz gut, wenn Sie, Herr Ministerpräsident, Ihren Einfluss, den Sie bei VW haben, dazu nutzen könnten, um beispielsweise auch dort die Entwicklung, die es bereits gibt, positiv nach vorne zu bringen. Das Dreiliterauto bei VW wäre eine richtige Antwort auf die Frage, die wir hier zu diskutie
ren haben, meine Damen und Herren. Aber es gibt noch mehr.
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, das Problem ist: Von den jungen und auch den im mittleren Alter befindlichen Menschen in unserem Lande werden Sie sicherlich Verständnis dafür bekommen, wenn Sie auf die friedensstiftende Wirkung Europas hinweisen. Auch ich habe das ausdrücklich getan. Man muss aber aufpassen, dass diese Leute - Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - Sozialdumping nicht mit dem Begriff „Europa“ verbinden. Das kann es nämlich nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
- Doch, Herr Kollege! - Deshalb ist es wichtig, dass wir neben den wichtigen Fragen des Klimaschutzes, der europäischen Integration und des friedlichen Miteinanders auch die Frage eines sozialen Europa auf die Agenda der Politik setzen, meine Damen und Herren. Das sind die Ängste, die die Menschen haben. Darauf brauchen sie eine Antwort.
Wir haben die Ressourcen, um das zu tun. Europa ist einer der reichsten Wirtschaftsräume, vielleicht sogar der reichste Wirtschaftsraum in der Welt. Wir haben die Möglichkeiten, diese Ressourcen so einzusetzen, dass sich die Menschen mit dem identifizieren, was an europäischer Perspektive kommt.
Deshalb sage ich: Wir brauchen nicht nur eine Umweltverträglichkeitsprüfung auf europäischer Ebene; sie ist richtig. Wir brauchen vielmehr auch eine Initiative, die sagt: Wir wollen abschätzen, welche Auswirkungen die europäischen Entscheidungen auf die sozialen Systeme des europäischen Kontinents haben. - Wenn wir das nicht hinbekommen, dann werden wir die Menschen mit ihren Ängsten alleine lassen.
Deshalb fordern wir die Landesregierung dazu auf, nicht nur die Themen Energie und Wirtschaftspolitik, sondern auch das Thema Sozialpolitik mit den Möglichkeiten, die sie hat - das sind nicht wenige; ich nenne z. B. die Dialoge, die sie in Brüssel organisiert -, nach vorne zu bringen. Europa hat das verdient, meine Damen und Herren!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie versuchen, hier den Eindruck zu erwecken, als sei die Personalsituation in den JVAs - insbesondere die in Uelzen in Ordnung und ganz toll. Wenn Sie gestatten, konfrontiere ich Sie mit der Wirklichkeit. In einem Bericht in der Uelzener Zeitung vom 23. November sagt die Personalratsvorsitzende, die Aufgaben
der Verwaltung würden immer umfangreicher. Dann heißt es:
„Aber dieses Personal fehlt dafür in den Hafthäusern.... Die Folgen bekommen die Wachtmeister zu spüren. ‚Tagelang, manchmal wochenlang, versieht man seinen Dienst auf einer Station allein. Wenn Not am Mann ist, wird man durch alle Abteilungen geschickt,‘ schildert ein Betroffener. Namentlich möchte er nicht genannt werden, wie seine Kollegen auch nicht. Man fürchtet Konsequenzen seitens der Anstaltsleitung. ‚Viele von uns fühlen sich mittlerweile als Prügelknaben.‘“
Ich stelle fest: Das Problem sind nicht die Bediensteten. Das Problem ist, Frau Ministerin, dass der Fisch vom Kopf her stinkt und Sie es offensichtlich nicht im Griff haben.
In der Nacht vom 25. auf den 26. November ist ein Gefangener an einem Herzinfarkt verstorben. Ich möchte wissen, wann der Mann zuletzt kontrolliert worden ist und warum Sie die Meldung über das, was dort passiert ist, über eine Woche lang zurückgehalten haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Politik und auch den Medien wird gelegentlich vorgeworfen, dass sie reflexartig auf schlimme
Ereignisse reagierten und dann sehr hektisch versuchten, Lösungen für ein Problem zu finden, das vorher bekannt war und gegen das man eigentlich vorher durch präventive Maßnahmen etwas hätte tun können; dann wäre es nicht dazu gekommen.
Frau Ministerin, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass das eine Aufgabe der Gesellschaft, eine Aufgabe der Familien, eine Aufgabe der Schulen ist. Herr Minister Busemann, in Ihrem Hause sind die Handreichungen zum Thema Medienkompetenz offenkundig noch nicht für alle Schulformen vorhanden und durchgereicht worden. Herr Minister, Sie haben das Medienreferat in Ihrem Hause aufgelöst. Wie wollen Sie dann präventiv wirken, damit Medienkompetenz bei den Menschen tatsächlich ankommt?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kuhlo, ich hatte streckenweise den Eindruck, dass Sie sich außerhalb dieses Parlaments gestellt und getan haben, als ob sozusagen das Parlament der böse Teil ist und Sie der gute Teil. Ich finde, wir alle sind dazu aufgerufen, etwas zu tun. Wir alle sind dazu aufgerufen, bestimmten politischen Themen eine gewisse Bedeutung zu verleihen.
Wenn dann zu Beginn des Vortrags des Kollegen Hogrefe außer ihm und noch einem anderen Mitglied, dem Kollegen Hilbers, kein anderes CDUMitglied aus dem Europaausschuss anwesend ist, dann sagt das meines Erachtens wesentlich mehr, als Sie es in Ihrer Rede gesagt haben.
Frau Kollegin Kuhlo, ich will Ihnen noch sagen, damit das sozusagen ein Auftrag an Sie selbst ist, was Sie eben gesagt haben. Sie sind Mitglied des Präsidiums und des Ältestenrates. Sorgen Sie dafür, dass die europapolitischen Debatten zu einem Zeitpunkt stattfinden, zu dem mehr Zuschauerinnen und Zuschauer, zu dem mehr Journalistinnen und Journalisten anwesend sind, dann haben Sie ein großes Werk getan.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Fragestunde der 93. Plenarsitzung der 15. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtags am 23. Juni 2006 hatten wir unter der Überschrift „Amigo-Wirtschaft im Justizministerium? Welche Rolle spielt der JustizStaatssekretär?“ einige Fragen zum Besetzungsverfahren im Zusammenhang mit der Stelle der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Hannover gestellt. Hintergrund der damaligen Anfrage war der - bislang unaufgeklärte - Widerspruch zwischen einer dienstlichen Erklärung des Justiz-Staatssekretärs und einer eidesstattlichen Versicherung eines Bewerbers aus Sachsen-Anhalt darüber, welche Gespräche und Vereinbarungen der Bewerbung vorausgegangen waren.
Doch auch die Ehefrau des Bewerbers hat sich um eine Stelle in der niedersächsischen Justiz bemüht. Sie ist mit ihrer Versetzungsbewerbung auf die Stelle der Direktorin bzw. des Direktors des Arbeitsgerichts Hannover letztendlich gescheitert, doch lassen sich dem Beschluss des OVG Lüneburg vom 22. April 2005 - Az. 2 ME 141/05 - bei sorgfältiger Lektüre einige Hinweise darauf entnehmen, dass diese Bewerberin zunächst vom Justizministerium deutlich favorisiert worden war.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie ist zu erklären, dass die Versetzungsbewerberin aus Sachen-Anhalt vom Justizministerium für die Stelle der Direktorin bzw. des Direktors des Arbeitsgerichts Hannover vorgeschlagen worden ist, obwohl sie aus einem internen strukturierten Auswahlgespräch nicht als Siegerin hervorgegangen ist und sie auch nicht im Besetzungsbericht des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen favorisiert worden ist?
2. Auf wessen Veranlassung ist zurückzuführen, dass der Präsidialrat vor seiner Sitzung, zu der auch die Bewerberin aus Sachsen-Anhalt eingeladen war, vonseiten des Justizministeriums ausdrücklich gebeten worden ist, in dieser Sitzung keinen Beschluss zu fassen?
3. Ist die Einlassung der Justizministerin in der Plenarsitzung vom 23. Juni 2006 „Der Ehefrau des
Bewerbers ist Staatssekretär Dr. Oehlerking erstmals im Zusammenhang mit ihrer Bewerbung um die Stelle der Direktorin bzw. des Direktors des Arbeitsgerichts in Hannover begegnet“ dahin gehend zu verstehen, dass es im Vorfeld ihrer Bewerbung auf die Stelle der Direktorin des Arbeitsgerichts Hannover keinerlei Kontakt bzw. Vorgespräch zwischen dem Justiz-Staatssekretär und der Bewerberin aus Sachen-Anhalt bzw. ihrem Ehemann gegeben hat? Wenn ja, auf welche Informationen stützt sich diese Aussage der Ministerin, wenn nein, welche Kontakte hat es gegeben?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Auftritt des Herrn Finanzministers ist die Angelegenheit ja nun noch dubioser geworden. Während Herr Möllring erklärt hat, es gebe keine Landeskinderregelung, ist der Präsidialrat, immerhin besetzt mit Richterinnen und Richtern, davon ausgegangen, dass es exakt diese
Landeskinderregelung gab. Dabei scheint es offenkundig eine Disharmonie zu geben, die wir gelegentlich noch aufklären müssten. Wenn der Finanzminister hier so etwas behauptet, dann müssten wir einmal nachfragen, was tatsächlich passiert ist.
Ich will zwei Nachfragen stellen.
Frau Ministerin, nachdem Sie hier erklärt haben, weshalb die Bewerberin, die zunächst einmal von Ihrem Hause bevorzugt worden ist, aus Ihrer Sicht nicht geeignet ist, frage ich Sie nach wie vor: Warum haben Sie sie, wenn Sie der Meinung sind, dass sie nicht geeignet ist, denn so nachdrücklich in diese Position hinein gepuscht?
Zweite Frage. Sie haben auf die dritte Frage der Kollegin Bockmann und mir, was den Kontakt Ihres Herrn Staatssekretärs mit der Bewerberin angeht, unter Bezugnahme auf die dienstliche Erklärung, die Ihr Staatssekretär zu dem ersten Fall abgegeben hat, erklärt, das wären sozusagen Ihre Erkenntnisse. Hat es außer dieser dienstlichen Erklärung irgendwelche Versuche von Ihnen gegeben, etwa in einem persönlichen Gespräch mit dem Staatssekretär, was ja vielleicht vernünftig wäre, genau diese Frage zu klären?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Weser-Kurier berichtet in seiner Ausgabe vom 8. Juni 2006 über Vorgänge im Zusammenhang mit der Besetzung der Stelle des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Hannover, die laut Weser-Kurier den Verdacht aufkommen lassen, dass der Justiz-Staatssekretär einem alten Freund einen einflussreichen Posten zuschanzen wollte. Der Bewerber, ein Verwaltungsgerichtspräsident aus Sachsen-Anhalt, glaubte nach dem Gespräch mit dem Staatssekretär, den frei werdenden Stuhl des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Hannover bereits sicher zu haben, und zog mit seiner Familie nach Hannover. Als die Landesregierung während des laufenden Auswahlverfah
rens den Bewerberkreis nachträglich auf Bewerbungen aus Niedersachsen eingeschränkt hatte,
zog der Bewerber aus Sachsen-Anhalt vor Gericht.
Am 22. November 2005 hat der Bewerber aus Sachsen-Anhalt bei dem Verwaltungsgericht Hannover um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. In dem erstinstanzlichen Verfahren hat er eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 17. November 2005 vorgelegt. Die Landesregierung hat ihrerseits eine dienstliche Erklärung des Staatssekretärs vom 28. November 2005 zu den Gerichtsakten gereicht. Beide Dokumente haben u. a. den Inhalt des im Jahre 2004 geführten Telefongesprächs zum Gegenstand. Im Beschluss 5 ME 31/06 des OVG Lüneburg vom 9. Mai 2005 wird in dieser Angelegenheit Folgendes ausgeführt:
„Der Sachverhaltsdarstellung des Antragstellers, die dieser durch eine eidesstattliche Versicherung vom 29. Januar 2006 bekräftigt hat, ist zu entnehmen, dass ihm durch den Staatssekretär bedeutet worden ist, dass seine, des Antragstellers, Bewerbung, soweit es in der Zuständigkeit des Ministeriums liege, nicht daran scheitern werde, dass er sich aus einem fremden Bundesland bewerbe. Allerdings wird diese Sachverhaltsdarstellung durch die dienstliche Erklärung des Staatssekretärs vom 28. November 2005 nicht bestätigt, weil der Staatssekretär verbindliche Aussagen zu den von dem Antragsteller angeführten Gesprächsthemen in Abrede stellt. Der Senat legt aber für die in diesem Eilverfahren zu treffende Entscheidung das Vorbringen des Antragstellers zugrunde. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass der Antragsteller eine nach den §§ 156, 163 StGB strafbewehrte eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und sich - insbesondere als Präsident eines Verwaltungsgerichts der Bedeutung einer derartigen Versicherung bewusst sein muss.“
- Jetzt können Sie wieder „Aha“ dazwischenrufen!
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Kontakte gab es zwischen dem JustizStaatssekretär und dem Bewerber aus SachsenAnhalt bzw. seiner Ehefrau im Vorfeld der Bewerbung, wann haben sie stattgefunden, und welchen Inhalt hatten diese Gespräche?
2. Was hat die Landesregierung bewogen, die Ausschreibung nachträglich auf Bewerber aus Niedersachsen zu beschränken, und wie ist die ursprüngliche Ausschreibung mit dem damals ausnahmslos verhängten Einstellungsstopp zu vereinbaren?
3. Wie bewertet die Landesregierung den Widerspruch zwischen der dienstlichen Erklärung des Staatssekretärs und der eidesstattlichen Versicherung des Bewerbers aus Sachsen-Anhalt über das zwischen ihnen geführte Gespräch, und welche dienst- und strafrechtlichen Konsequenzen müssen die Beteiligten befürchten, wenn sich die Unwahrheit ihrer Einlassungen herausstellt?
Herr Kollege Nacke, den Begriff „AmigoWirtschaft“, den wir in der Überschrift dieser Anfrage verwendet haben, haben nicht wir erfunden, sondern die Presse, die diesen Vorgang aufgegriffen hat. So ist das Leben nun mal!
- Ich entschuldige mich gar nicht. Wenn ich etwas schreibe, dann stehe ich in der Regel dazu - ganz im Gegensatz zu anderen in diesem hohen Hause.
Frau Ministerin, Sie sagen selbst, dass der Herr Staatssekretär mit dem Bewerber ein Gespräch geführt hat. Als Folge dieses Gesprächs verkauft der Bewerber nun sein Haus und zieht nach Niedersachsen. Das Bewerbungsverfahren, das zunächst regional offen war, wird plötzlich aus nicht nachvollziehbaren Gründen mit einer regionalen Auswahlkomponente versehen. Sind Sie auch aus Ihrer Lebenserfahrung heraus nicht ebenfalls der
Meinung, dass das Verfahren, das Sie hier organisiert haben, höchst anrüchig ist und einer parlamentarischen Überprüfung bedarf?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie sind gefragt worden, was Sie ge
wusst haben. Das hat mit den Bewerbungsverfahren im Detail nichts zu tun.
Deshalb bestehe ich nach der Geschäftsordnung darauf, dass uns die Ministerin hierauf entsprechend der Verfassung eine wahrheitsgemäße Antwort gibt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Innenminister hat in dieser Debatte das Parlament oder Teile des Parlaments und die Art, wie das Parlament diskutiert, mit dem
Begriff „Klamauk“ belegt. Ich habe an einigen Sitzungen des Petitionsausschusses teilgenommen, in denen über diese Fragen, um die es hier geht, diskutiert worden ist. Ich habe auch fast jede Debatte hier im Landtag bis zum Ende verfolgt, in der es um diese Fragen ging. Es gab hier sehr ernsthafte, sehr leidenschaftliche, manchmal auch emotionale, aber sehr zielgerichtete Diskussionen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb lasse ich es mir als Angehöriger des Parlaments nicht gefallen, wenn ein Mitglied der Landesregierung, also der Exekutive, das Parlament auf diese Weise beleidigt. Ich weise das zurück.
Herr Ministerpräsident, Sie haben von Ihrer Staatssekretärin einen Vermerk bekommen, in dem auch eine Aussage Ihrer Staatssekretärin steht, und es gibt keine Reaktion auf diese Aussage. Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob es üblich ist, dass bei solchen Vorgängen, die Ihnen die Staatssekretärin vorlegt, Ihre Antworten überhaupt nicht dokumentiert werden. Das finden wir schon sehr merkwürdig.
Nun komme ich zu meiner Frage. Sie haben gerade erklärt, dass auf Ihren Hinweis oder Ihre Anweisung hin die Frau Staatssekretärin, die Chefin der Staatskanzlei, mit dem Staatssekretär im Wissenschaftsministerium gesprochen hat. Gibt es denn über dieses Gespräch wenigstens einen Vermerk? Und wenn ja, wie sieht der aus?
Finden Sie es nicht merkwürdig, dass nicht nur eine unbefriedigende Antwort gegeben wurde, sondern dass sich offensichtlich überhaupt kein Kabinettsmitglied für die Europapolitik und die Lissabon-Strategie zuständig fühlt?
Eigentlich müssten die zuständigen Kabinettsmitglieder anwesend sein. Ich bitte darum, den Ministerpräsidenten darauf aufmerksam zu machen - Europapolitik ist sein Ressort -, dass er heute hier anwesend zu sein hat.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diesem Antrag, der heute vorliegt, wird meine Fraktion nicht zustimmen. Wir haben diesen Antrag der Landesregierung in einer, wenn man so will, überraschenden Aktion während der Reise des Ausschusses in Brüssel auf den Tisch gelegt bekommen. Allein das ist schon ein merkwürdiger Vorgang. Es war lange bekannt, dass es hier eine Nachbesetzung geben musste. Weshalb man diesen Weg gewählt hat, ist uns nicht bekannt gewesen.
Wir haben festgestellt, dass zum ersten Mal zumindest in der Geschichte der Besetzung dieses Ausschusses zwei Parlamentarier, ein Vertreter und ein Delegierter, der Kollege Dinkla und eine Stellvertreterin, auch eine Parlamentarierin, gewählt werden sollen. Nach dem üblichen parlamentarischen Verfahren hat in dem Fall, in dem die stärkste Fraktion den Vertreter benennt, die zweitstärkste Fraktion, die SPD, den Stellvertreter zu benennen. Das ist in diesem Fall offenkundig nicht geschehen und geht deshalb an diesen Regeln vorbei. Herr Kollege Althusmann, wir sind nicht nur zweitstärkste Fraktion, sondern auch zweitstärkste Partei. Deswegen werden Sie verstehen, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Althusmann, es lohnt sich immer, die Beschlussgrundlage tatsächlich nachzulesen. Dieser Landtag hat in der 13. Wahlperiode beschlossen - in der Drucksache 3634 ist das nachzulesen -:
„Die vom Land Niedersachsen der Bundesregierung vorzuschlagenden Mitglieder bedürfen der Bestätigung durch den Landtag.“
Das ist also nicht ein Hoheitsrecht. Bei Ihnen klang es so, als hätten wir die Entscheidung der Landesregierung einfach nur zur Kenntnis zu nehmen. Nein, wir haben die Benennung zu bestätigen. Erste Bemerkung.
Zweite Bemerkung, Herr Kollege: Diese Vorlage der Landesregierung ist nicht das Ergebnis eines ordentlichen Ausschussverfahrens, sondern die Ausschussmitglieder sind auf einer Reise nach Straßburg und Brüssel nachts oder abends über die Bitte der Landesregierung informiert worden, diese Drucksache zu beschließen.
- Es hat eine ganze Reihe von Mitgliedern an der Reise nicht teilgenommen. Der Ausschuss war nicht komplett. Ich z. B. war auch nicht dabei.
Einige Mitglieder des Ausschusses haben hinterher noch versucht, sich schlau zu machen. Wenn man aber so über den Tisch gezogen wird, dann muss ich mich schützend vor meine Kolleginnen und Kollegen stellen. So geht man mit dem Parlament nicht um, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Ministerin, da Sie als Mitglied der Landesregierung der Wahrheit verpflichtet sind, müssen Sie hier die volle Wahrheit sagen. Die volle Wahrheit ist, dass in der Tat in der ersten Wahlperiode eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der Landesregierung
- das waren nicht immer alle, die Sie genannt haben, sondern es war entweder Herr Trittin oder Frau Ministerin Bührmann oder Frau Ministerin Merk - und ein Vertreter des Parlaments als Delegierte - so nenne ich sie jetzt einmal - benannt worden sind. Vertreter für die Landesregierung war immer ein Staatssekretär. Welcher Partei der angehörte, ist dabei völlig unerheblich.
Ich will Ihnen dazu nur einmal deutlich sagen: Herr Holl hat zu Zeiten Ihrer Regierung ebenfalls als Staatssekretär gedient und vernünftige Arbeit geleistet.
Als Vertreter von Herrn Mientus - darüber waren sich alle Fraktionen einig - sollte eine kommunale Vertretung organisiert werden. Das ist geschehen. Wenn Sie das jetzt genauso gemacht hätten, hätte niemand etwas gesagt.
Da Sie jetzt aber eine rein parlamentarische Lösung suchen, gelten nun auch die Regeln des Parlaments. Wenn Sie in diesem Fall die zweitstärkste Fraktion und die zweitstärkste Partei ausschließen, zeigt das deutlich, wie Sie hier mit Minderheiten umgehen, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Regierungserklärung, die zu unserer Dringlichen Anfrage zu den Spielbanken abgegeben wurde, hat Möllring mit einem Zettel gewedelt.
- „Herr Minister“? - Wissen Sie, Herr McAllister, ich bin bereit, jeden mit „Minister“ anzureden, der sich wie ein Minister verhält, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Er hat mit einem Zettel herumgewedelt, auf den er sich in seiner Argumentation bezog. Ich habe daraufhin dazwischen gerufen: „Ich kann das nicht lesen, was Sie da hochhalten.“ - Daraufhin hat Möllring erklärt,
ich könne Schröder doch nicht als Flegel - andere wollen sogar gehört haben: „als Ferkel“ - bezeichnen.
Meine Damen und Herren, ich stelle fest, dass Möllring hier etwas frei erfunden hat - was man im gemeinen Sprachgebrauch wohl als „Lüge“ bezeichnet. Zweitens fordere ich den Ministerpräsidenten auf, das wiederholt flegelhafte Verhalten dieses Ministers in der Kabinettssitzung anzusprechen. Es fällt inzwischen auf sein Kabinett zurück, meine Damen und Herren.
Frau Ministerin, Sie erklären, dass Sie die Stiftung Baukultur im Bundesrat aus rein formalen Ge
sichtspunkten ablehnen. Hier im Landtag sind Sie nicht bereit, einen solchen Antrag, wie er von den Grünen formuliert - von mir aus auch: ausgearbeitet - wurde, mitzutragen. Finden Sie nicht, dass Ihr Verhältnis zur Baukultur dann rein platonisch ist?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was das Thema Europapolitik und die Frage, wie sich der Landtag gegenüber Europa positioniert, angeht, gibt es in diesem hohen Hause eine schon traditionell gute Übereinstimmung. Wir sind in vielen Punkten darin einig, dass wir die Stimme Niedersachsens in Europa stark machen wollen, weil wir die Interessen Niedersachsens vertreten wollen. Darüber sind wir uns einig. Gleichzeitig sind wir uns auch darüber einig, dass unsere Menschen wissen müssen, dass unter dem Begriff „Europa“ nicht nur Eurokraten zu verstehen sind, wie es in den Schlagzeilen immer heißt, sondern dass Europa ein ganz wichtiger Aspekt für die wirtschaftliche, für die soziale und für die kulturelle Entwicklung Deutschlands und Niedersachsens ist. Wir wollen für Europa werben. Das hat der Landtag immer einmütig getan.
Meine Damen und Herren, werben für Europa heißt, den Bürgerinnen und Bürgern mit Argumenten gegenüberzutreten, die sie nicht von vorn
herein gleich als parteipolitisch bewerten und deshalb vielleicht in Schubladen stecken. Deshalb war es eines der wichtigen Anliegen der letzten Landesregierung, ein Europäisches InformationsZentrum in Niedersachsen zu etablieren, das - auch darüber sind wir alle uns einig - in den letzten Jahren sehr gute Arbeit geleistet hat und dazu beigetragen hat, dass die Menschen etwas über Europa gelernt haben.
Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Unternehmen, und zwar gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, schätzen die Arbeit dieses Europäischen Informations-Zentrums, weil sie Kontakte bekommen und weil sie Informationen erhalten, die sie sich selbst, wenn sie es denn wollten, eigentlich nur sehr schwer selbst beschaffen könnten. Sie haben dort eine Hilfe, um einen besseren Kontakt zu Europa zu organisieren.
Meine Damen und Herren, durch die europäische Osterweiterung ist der Informationsbedarf nicht weniger, sondern mehr geworden. Die Menschen fragen. Die Menschen haben auch Befürchtungen, was die Osterweiterung betrifft. Sie sehen im täglichen Leben, dass die Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt auf der einen Seite etwas mit Konjunktur, auf der anderen Seite aber auch etwas mit anderen Sozialversicherungs- und Entlohnungssystemen zu tun haben, die Europa letztendlich zu koordinieren hat.
Es gilt also, dafür zu sorgen, dass die Information und die Unterstützung auf diesem Sektor nicht abreißen. Das hat das Europäische InformationsZentrum in der Vergangenheit geleistet.
Wir alle waren uns darüber einig, welche inhaltlichen Aspekte das hat. Herr Kollege Pörtner, der Streit ging nicht um das, was Sie sozusagen unserem Antrag noch hinzugefügt haben. Wenn die Ergänzung des Katalogs etwas Positives beschreibt, ist das immer gut. Der Streit ging darum, wie wir selbst, wie sich dieser Landtag zu dieser Aufgabe positioniert, und zwar nicht nur jetzt, sondern über den Tag hinaus. Darüber haben wir uns , wie ich finde, zu Recht gestritten. Ich komme gleich darauf zurück.
Natürlich sind wir alle der Auffassung, dass nicht nur Landesgelder in ein solches Informationszentrum hineinfließen müssen, sondern dass die Europäische Kommission, also die EU, ihren Beitrag
dazu leisten muss. Wir haben deshalb gemeinsam versucht zu verhindern, dass die Europäische Kommission die laufenden Zuschüsse für die Europäischen Informations-Zentren, auch für unser Zentrum, reduziert. Das ist uns nur in Teilen gelungen. Das weiß ich. Wir haben gleichzeitig gesagt, dann wollen wir versuchen, mehr Projektmittel zu bekommen, damit die Arbeit, die dort geleistet wird, weiterhin geleistet werden kann.
Deswegen sage ich auch an dieser Stelle: Wir unterstützen die Bitte des Herrn Ministerpräsidenten, dass Niedersachsens großer Projektantrag, den die EU-Kommission abgelehnt hat, noch einmal bei den zuständigen Stellen in Brüssel nachgearbeitet wird. Gar keine Frage!
Worum ich allerdings bitte - das ist ein Anspruch, den das gesamte Parlament haben sollte - ist, dass die Landesregierung nicht immer nur dann das Parlament einschaltet, wenn dass Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern das schon im Vorfeld tut. Da ist wohl noch mehr Zusammenarbeit erforderlich.
Meine Damen und Herren, wenn wir gegenüber den europäischen Institutionen ein stärkeres Engagement Europas in Niedersachsen erwarten und verlangen, dann können wir das nur guten Gewissens tun, wenn wir selbst bereit sind, unsere Mittel dazuzutun. Selbst die Mittel zu kürzen und von anderen mehr Geld verlangen, das ist eine Art und Weise - so sage ich es - von Scheinheiligkeit, die draußen nicht akzeptiert wird.
Das, meine Damen und Herren, war der Streit. Sie waren bereit, unsere Inhalte, wir waren bereit, Ihre Inhalte mit zu transportieren. An der Stelle waren Sie aber nicht bereit, deutlich zu sagen, wie das mit dem EIZ in den nächsten Jahren weitergehen soll. Deshalb, meine Damen und Herren, lehnen wir diesen Änderungsantrag ab. Wer dicke Backen gegenüber Europa machen will, der muss dafür sorgen, dass im eigenen Laden alles in Ordnung ist. Hier ist nicht alles in Ordnung. Das haben Sie zu verantworten, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kuhlo, das ist in der Tat der Un
terschied. Das Problem dabei ist aber, dass man, wenn man sich gegenüber anderen Leuten dafür ausspricht, dass sie mehr oder zumindest das gleiche Geld in ein bestimmtes Projekt stecken sollen, mit gutem Beispiel vorangehen muss. Wie wollen Sie der Europäischen Kommission denn erklären, dass Sie zwar mehr Projektmittel haben wollen, aber gleichzeitig Ihre eigenen Anteile kürzen und sich Stück für Stück aus dieser Veranstaltung zurückziehen werden? - Meine Damen und Herren, das, was ich hier sage, ist nichts Theoretisches. Wir alle wissen aus den Haushaltsplanberatungen, dass das EIZ die Auflage bekommen hat, das sozusagen zu organisieren. Das Signal, das dort erwartet wird, ist, dass dieser Landtag über 2008 hinaus auf der Seite des EIZ steht und will, dass das EIZ weiter existiert. Das ist das Signal, das das EIZ braucht.
Herr Kollege Kaidas, das EIZ braucht keinen Hinweis darauf, dass wir fit für Europa sind oder dass, wer nicht in Bildung investiert, einen großen Fehler begeht. Sie haben die Landeszentrale für politische Bildung kaputtgemacht. Die Leute haben nun die Befürchtung, dass Sie auch das EIZ kaputtmachen. Deshalb bestehen wir auf unserem ursprünglichen Antrag, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwischen dem öffentlichen Reden und dem tatsächlichen Handeln klaffen bei dieser Landesregierung riesengroße Schluchten.
Ich finde bei der Beurteilung dessen, was die Landesregierung da an personeller Kompetenz entwickelt hat, der Herr Ministerpräsident Wulff und die Frau Sozialministerin haben eine Leistungsdichte
erreicht, die schon staunen lässt. Beide erwecken den Eindruck, man würde mit den Betroffenen reden und sich als der sachwaltende Gesprächspartner zur Verfügung stellen. Die Angehörten gingen aus diesen Gesprächen meistens mit dem Gefühl nach Hause, dass sie mit ihrem Anliegen in guten Händen waren und dass ihrem Anliegen auch Nachdruck verliehen wird. Wenn das Anliegen später allerdings umgesetzt worden ist, wenn die Entscheidungen im Landtag oder im Kabinett getroffen worden sind, dann ist das genaue Gegenteil von dem herausgekommen, was man mit den Betroffenen vereinbart hatte. Das ist schlicht unanständig, meine Damen und Herren.
So hat z. B. die Niedersächsische Sozialministerin den Wohlfahrtsverbänden erläutert, dass die Eingriffe in die Toto/Lotto-Mittel dieser Wohlfahrtsverbände im Jahre 2003 einmalig waren und dass sie darum kämpfen und sich dafür einsetzen würde, dass sich dies nicht wiederholt. Tatsächlich haben die Landesregierung und dieser Landtag das genaue Gegenteil beschlossen, meine Damen und Herren.
So sagte die Ministerin dem Landesblindenverband, dass die Kürzung des Landesblindengeldes im Jahre 2003 auf 406 Euro eine einmalige Angelegenheit gewesen sei und dass damit für diese Wahlperiode das Landesblindengeld nicht nochmals angepackt wird. Meine Damen und Herren, das genaue Gegenteil haben Sie hier im Dezember beschlossen.
So halten Sie also Ihr Wort, wenn Sie mit denen reden, meine Damen und Herren, die Ihnen als Gesprächspartner anvertraut sind und für die Sie, Frau Ministerin, im Kabinett eigentlich Sachwalterin und nicht Plattmacherin sein sollten.
Führen Sie bitte an dieser Stelle nicht die alte Leier auf, Sie hätten ja keine Alternative behabt, weil das nicht zu bezahlen gewesen wäre. Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen einen Änderungsantrag vorgelegt, in dem klar geworden ist, woraus wir in Zukunft das Landesblindengeld be
zahlen wollen. Wenn Sie sich allerdings eher für die Steuerprivilegien der Reichen verwenden und dafür das Geld der Blinden nehmen wollen, dann ist das Ihre Angelegenheit, aber nicht unsere, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Noch nie ist hier im Niedersächsischen Landtag ein Sozialminister oder eine Sozialministerin derart kaltherzig mit einer Bevölkerungsgruppe umgegangen, die eigentlich ihre Klientel ist und für sie handeln und sprechen müsste.
- Wissen Sie, Herr Kollege, das kann man gar nicht oft genug sagen. Diese Art der kaltherzigen Sozialpolitik muss gebrandmarkt werden.
Nun pfeifen es ja die Spatzen vom Dach, dass Frau von der Leyen auf einem neuen Karriereweg in Richtung Berlin ist. Aber ich frage mich schon - -
- Das gehört zur Sache. Sie begreifen nur nicht, was hier passiert. Hier soll eine Klientel der eigenen Karriere geopfert werden. Das halten wir für unanständig, meine Damen und Herren.
Denn die Menschen, meine Damen und Herren, sind durchaus bereit, Lasten hinzunehmen. Aber sie wollen Ehrlichkeit in der Debatte, und sie wollen vor allem Ehrlichkeit im Handeln.
Ihnen in Gesprächen etwas zu versprechen und hinterher das genaue Gegenteil zu tun, das haben die Menschen satt.
Ich will Sie, Herr Kollege - falls Sie es nicht nachgelesen haben sollten -, und Sie, Frau Ministerin, daran erinnern, welchen Eindruck Sie hier im Landtag erweckt haben. Sie haben gesagt: Nun gut, wir haben eine neue Situation, aber wir werden wenigstens das mit den Einkommensgrenzen so flexibel gestalten, dass die davon Betroffenen durchaus damit leben können. Sie haben am 17. September 2004 hier im Landtag wörtlich erklärt:
„Die neuen Regelungen zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen im SGB XII eröffnen Beurteilungsspielräume, in denen die besondere Situation blinder Menschen berücksichtigt werden kann und muss.“
Das waren die Versprechungen. Und jetzt zur Praxis, meine Damen und Herren: Tatsächlich bekommen die Blinden aber nicht Bescheide, in denen ihre besondere Situation gewürdigt wird, sondern in denen knallhart Einkommens- und Vermögensgrenzen festgelegt werden. Da heißt es z. B.: Die Vermögensfreigrenze beträgt 2 600 Euro zuzüglich 614 Euro für Ehegatten und 256 Euro für jede weitere haushaltsangehörige Person. Meine Damen und Herren, das heißt im Klartext, dass es in einer Familie, in der ein Ehepartner blind ist und zwei Kinder leben, Einkommensgrenzen für Vermögen in der Größenordnung von 3 726 Euro gibt. Das ist ein Viertel von dem, was selbst das vielgescholtene Hartz IV den Menschen gestattet. Das nennen Sie flexibel, meine Damen und Herren. Ich nenne das kaltherzig!
Damit auch einmal klar ist, über welche Größenordnungen wir reden: Die Einkommensgrenze für die Blindenhilfe beträgt für diese Beispielsfamilie, die ich eben genannt habe, 1 416 Euro zuzüglich der Kaltmiete. Den Menschen, die diese Grenzwerte überschreiten, nehmen Sie das Blindengeld weg. Ich halte das schlicht für nicht erträglich, meine Damen und Herren.
Am schlimmsten aber ist es, Herr Kollege, wie Sie mit diesem Antrag umgehen. Sie können dagegen stimmen. Dann könnte man sagen: Okay, Sie haben aus der Debatte im Dezember nichts gelernt. Augen zu und durch. Kopf zwischen die Schultern. Mal sehen, wie es durchgeht. - Aber Sie erklären
diesen Antrag für erledigt. Ich halte das für blanken Zynismus.
Dieser Antrag ist nicht erledigt.
Frau Ministerin, der Landesblindenverband ist mit Ihrer Politik fertig. Er vertraut Ihnen nicht mehr. Der Landesblindenverband wird zu einer Volksinitiative aufrufen. Ich bin mir sicher: Dieser Landtag wird sich damit zu beschäftigen haben. Sie können heute so abstimmen, wie Sie es im Ausschuss getan haben, aber das Problem bekommen Sie damit nicht aus der Welt, und das ist gut so, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der vorangegangenen Debatte hat mir Kollege Behr, genau wie Kollege McAllister in der Plenarwoche vor der Sommerpause, einen Artikel aus der HAZ vom Mai 2001 vorgehalten, in dem ich angeblich zu dem Thema Elbvertiefung zitiert worden bin. Da ich nicht weiß, wie solche Artikel zustande kommen - man kennt das ja, gerade bei der HAZ
- Sie verlängern das jetzt nur; ich werde Ihnen das hier vorlesen, ob Sie wollen oder nicht -, erlaube ich mir, Ihnen aus dem Protokoll der 77. Plenarsitzung vom 17. Mai 2001 zu zitieren:
„Nein, ich sage deutlich: Mit uns wird es keine Vertiefung der beiden genannten Flüsse [Weser und Elbe] geben, wenn nicht die ökonomischen, die ökologischen und die Sicherheitsfragen eindeutig und positiv geklärt sind. Daran hat es nie einen Zweifel gegeben.“
Damit ist klar: Was Sie machen, ist billige Polemik. Wir haben an dieser Stelle nichts zurückzunehmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man mit dem Ergebnis der Europawahl, die erst vor wenigen Monaten stattgefunden hat, einmal ganz ehrlich umgeht, dann sieht man, dass sie zumindest für die großen Volksparteien in Europa kein Erfolg gewesen ist. Je nachdem, in welchem Land sie an der Regierung waren, sind sie von den Wählerinnen und Wählern mehr oder minder abgestraft worden.
- Ja, Herr Kollege, genau das ist Ihre Perspektive. Niedersachsen ist für Sie Europa. Das ist das Pepita, das gestern Ihrem Bildungsminister vorgeworfen worden ist. Sie können nicht über den Tellerrand hinausschauen. Das ist Ihr Problem, Herr Kollege.
Sie sollten sich wieder beruhigen, Herr Kollege. Ich jedenfalls sage aus der Sicht eines Mitglieds der SPD-Fraktion, das natürlich auch in der Bundespolitik seine Erfahrung gemacht hat,
dass uns weder das Ergebnis noch vor allen Dingen die Wahlbeteiligung bei einem so wichtigen Wahlgang befriedigen kann. Schließlich reden wir alle immer darüber, dass das Europaparlament mehr und mehr Einfluss auf die tagtägliche Lebensgestaltung unserer Bürgerinnen und Bürger hat und in Zukunft bekommen wird. Verfassungs
diskussion hin, Verfassungsdiskussion her, wir alle wissen um die normative Kraft des Faktischen. Wenn es der Politik nicht gelingt, den Menschen draußen klar zu machen, dass sie sich um die große Bedeutung Europas Gedanken zu machen und sich darauf einzulassen haben, dann werden die Länderparlamente und wir als Politiker unsere Einflüsse verlieren. Das sollte nicht unser Ziel sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nach dieser Wahl können und sollten wir uns über grundlegende Fragen der europäischen Politik miteinander unterhalten. Das war Ziel dieses Antrags. Jedoch ist die Art und Weise, wie dieser Antrag im Ausschuss behandelt worden ist, geradezu lächerlich und macht deutlich, dass die Regierungsfraktionen hier in Niedersachsen mit Europapolitik offenkundig nichts am Hut haben.
Wir müssen sowohl zur Frage der europäischen Verfassung - man kann dazu unterschiedlicher Auffassung sein, Herr Kollege McAllister; man sollte es dann nur offen und sachlich miteinander austragen - als auch zu der Frage, in welche Richtung sich die Schwerpunkte der europäischen Politik entwickeln, eine breite Diskussion führen und eine Antwort finden. Das ist die eigentliche Problematik, das ist der Druck, unter dem europäische Politik steht. Stattdessen hat Ihre Partei, Herr Kollege McAllister, über Wahlkampf diskutiert und die inhaltliche Debatte verweigert. So weit ist die große Europapartei CDU schon verkommen.
Selbstverständlich.
Herr Kollege Möhrmann, genau das ist das Problem, über das wir hier diskutieren. Die rechte Seite dieses hohen Hauses nimmt das wichtige Thema Europa nicht wahr. Das ist das Ergebnis, meine Damen und Herren.
- Wenn Sie, Herr Kollege, „völliger Humbug“ dazwischenrufen, dann sage ich Ihnen: Die Art und Weise, wie Sie die Repräsentanz Niedersachsens in Europa in den letzten eineinhalb Jahren organisiert haben, war nicht dazu angetan, das Ansehen Niedersachsens in Brüssel und in Straßburg zu stärken. Ich will nicht alles pauschal verunglimpfen. Der Ministerpräsident hat sich in viele Dinge hineingekniet. Aber es ist eben ein Unterschied, ob man sich als Fachminister diesem speziellen Thema widmet oder als Ministerpräsident, der Überflieger über viele Bereiche ist. Darunter leidet die niedersächsische Repräsentanz, und das ist zum Nachteil unseres Landes, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das ist mir bekannt. Und als Antwort auf die Frage des Kollegen Möhrmann: Ich habe vorhin schon kommentiert, dass Frau Heister-Neumann jetzt da ist und der Debatte folgt.
- Nein, Herr Kollege, das war ein bisschen anders.
Meine Damen und Herren, es geht um die Frage, ob die europäische Politik umgestaltet und umstrukturiert werden kann.
- Herr Kollege, Sie können mich durch noch so viel Zwischengebrüll nicht aus dem Konzept bringen.
Es geht um die Frage, ob wir uns mit der europäischen Politik auf das konzentrieren, was die europäischen Regierungschefs als einen wichtigen Meilenstein zur Fortentwicklung in Lissabon diskutiert waren. Keiner von Ihnen war bereit, darüber zu reden.
Sie wollen offensichtlich, dass es in Europa so weiter geht, und das geschieht zulasten Niedersachsens. Es geschieht zulasten strukturschwacher Regionen, und dazu gehört Niedersachsen, meine Damen und Herren.
Wir sind als attraktive europäische Region von industriepolitischen Entscheidungen der Europäischen Kommission stark betroffen. Europäische Industriepolitik wird im Wesentlichen unter Marktgesichtspunkten diskutiert, sie würde im Wesentlichen von Herrn Bolkestein formuliert, und über die regionalwirtschaftliche Bedeutung von Industriepolitik als Wirtschaftsfaktor würde nicht diskutiert. Das macht deutlich, was ich meine. Wir müssen den Europäern z. B. deutlich sagen, dass unser Volkswagengesetz und unsere regionale Wirtschaftspolitik nicht gegen Wettbewerb gerichtet sind, sondern dass unsere Anstrengungen darauf gerichtet sind, die Wettbewerbssituation zu stärken und damit schwache Regionen nach vorne zu bringen. Das wäre Aufgabe von Politik, aber nicht Verweigerung der Diskussion, meine Damen und Herren.
Es gibt eine ganze Reihe von Punkten, über die wir uns meines Erachtens viel intensiver hätten unterhalten müssen. Die Redezeit reicht leider nicht aus, alle Punkte aufzuzählen.
- Ja, das mag sein. Sie sind erwischt worden und haben Angst davor, dass das publik wird. Sie sind als Europäer gescheitert und wollen dieses Scheitern hier nicht eingestehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir werden nicht müde werden, Herr Zwischenrufer, Sie zu dieser Diskussion zu zwingen. Wenn Sie sie im Ausschuss verweigern, werden wir Sie in öffentlicher Diskussion dazu zwingen. Dazu gibt es viele Gelegenheiten. Packen Sie sich warm ein, Herr Kollege.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, wenn Sie wenigstens im Ausschuss über den Antrag diskutiert hätten, dann hätten wir dort schon gewusst, was Sie heute der staunenden Öffentlichkeit erzählt haben: Sie sind gegen ein soziales, demokratisches und starkes Europa. Das ist das, was Sie gesagt haben, meine Damen und Herren. Dies ist die Überschrift. Was haben Sie denn dagegen?
Jetzt möchte ich mit ein paar Sätzen auf das Thema Türkei eingehen. Das sind übrigens nicht Türkvölker, sondern Turkvölker. Herr Kollege, gele
gentlich zahlt es sich aus, wenn man sich einmal über die Dinge sachkundig macht, über die man hier spricht.
Ich will Ihnen nur eines sagen: Was dort passiert - was Sie hier gemacht haben, muss an anderer Stelle noch einmal diskutiert werden -, ist nichts weiter als das Schüren von Vorurteilen gegen Ausländer. Das ist die klare Politik.
Was in Europa in Sachen Beitrittsverfahren der Türkei passiert, ist nichts weiter als die exakte Exekution dessen, was Helmut Kohl, Ihr Bundeskanzler, in Europa den Amerikanern und der türkischen Regierung zugesagt hat. Uns kommt es darauf an - es gibt in der Tat noch eine ganze Reihe von Punkten, nicht nur in der türkischen Verfassung, sondern auch in der türkischen Gesetzgebung, die es zu ändern gilt -, den Leuten zu sagen: Ihr könnt nach Europa, wenn ihr euch in den europäischen Rahmen einfügt und eure Gesetze und eure Gesellschaft ändert.
Das hat sich bewährt, und dies wollen auch wir tun. Alle anderen Punkte, die hier stehen, haben nichts an Aktualität verloren. Wenn wir dies kurz vor der Europawahl hier im Landtag zum Thema hätten machen sollen, dann hätten wir auf einer ersten Beratung bestanden. Das haben wir aber nicht. Uns ging es um die Sache, Ihnen ging es um Polemik.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn der Beratung dieses Antrags sollte man auf jeden Fall darauf hinweisen, dass es uns in der Tat gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Das macht deutlich, dass in diesem Landtag immer jedenfalls versucht wird - das war auch in der Vergangenheit der Fall -, Europapolitik auf eine sehr breite Basis zu stellen. Ich meine, das ist richtig, weil wir als europäische Region nur dann wahrgenommen werden, wenn es uns gelingt, unsere Interessen möglichst in einem großen Konsens gegenüber der Europäischen Union und dort gegenüber den vorhandenen Institutionen zu formulieren. Wenn uns das nicht gelingt und wenn wir sozusagen im Streit in Brüssel auflaufen, dann können wir auch gleich zu Hause bleiben, denn dann sind andere Regionen besser als wir. Das wollen wir nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich hatte bereits anlässlich der ersten Beratung dieses Entschließungsantrags darauf hingewiesen, dass durch die damals bevorstehende und jetzt realisierte Erweiterung der EU im Wesentlichen nach Osten neue, allerdings auch sehr strukturschwache Regionen unter das europäische Dach getreten sind. Deren Probleme sind deutlich größer als die Verwerfungen, mit denen wir es in Niedersachsen zu tun haben. Gleichwohl - auch das steht in diesem Entschließungsantrag - gibt es auch in Niedersachsen Regionen bzw. Teile, die deutliche Unterentwicklungszahlen gegenüber dem europäischen Durchschnitt aufweisen. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch weiterhin von der Förderpolitik der Europäischen Union profitieren. Wenn wir aber von dieser Förderpolitik profitieren wollen, dann müssen wir noch kreativer und noch intelligenter, als wir das in der Vergangenheit schon gewesen sind, immer am Ball bleiben und darauf achten, dass wir die Entwicklungschancen unserer Region auch mit der EU-Regionalpolitik in Übereinstimmung bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sollten im Landtag vordringlich die Beiträge miteinander diskutieren, die wir als Land in dieses Konzert einbringen können, und auch den Beitrag gestalten, den wir dazu leisten können. Wir erwarten von der Landesregierung ein Konzept dafür. Ich möchte aus dem Entschließungsantrag zitieren:
„Niedersachsen muss daher zur Zukunft der europäischen Strukturpolitik eine Position formulieren, die die Wahrung der Interessen des Landes an weiterer, berechtigter Förderung mit einem klaren Bekenntnis zur Fortführung einer solidarischen, gemeinsamen Politik unter den veränderten Bedingungen der EU 25 verbindet.“
Meine Damen und Herren, dies ist ein Auftrag an die Landesregierung, dazu ein Konzept zu entwickeln. Wir werden im Ausschuss gemeinsam hoffentlich bald dieses Konzept miteinander diskutieren.
Meine Damen und Herren, Förderpolitik heißt auch Ansiedlungspolitik, und Ansiedlungspolitik - das wissen wir aus eigener Erfahrung nur zu gut - heißt leider auch, dass Arbeitsplätze von A nach B wandern. Das heißt, dass Arbeitsplätze, durch Förder
gelder unterstützt, an einer Stelle verloren gehen und an einer anderen Stelle neu entstehen. Leider - auch das wissen wir aus Erfahrung - ist dieser Arbeitsplatztransfer meistens auch mit dem Verlust von Arbeitsplätzen aus Rationalisierungsgründen im Zusammenhang mit der Einführung neuer Technologien verbunden. Gerade in diesem Zusammenhang ist es nicht hinnehmbar, wenn die Staaten, die aufgrund von EU-Förderung Firmen ansiedeln können, durch Dumping-Steuern auch noch zusätzlich zur Arbeitsplatzvernichtung in anderen EU-Staaten beitragen. Das, meine Damen und Herren, darf nicht Ziel und Wirkung europäischer Strukturpolitik sein.
Wir haben am Beispiel von OTIS in Stadthagen deutlich erlebt, wohin es führen kann, wenn auf der einen Seite gefördert wird, wenn auf der anderen Seite mit niedrigen Steuern auch noch weiter angelockt wird und wenn ein Unternehmen, das eigentlich einen guten Ertrag erwirtschaftet hat, durch diesen Prozess einen noch höheren Ertrag erwirtschaften kann, also aufgrund von Förderpolitik, die mit Steuergeldern betrieben wird. Deshalb sage ich ganz deutlich: Wir müssen als Land - das erwarte ich auch von der Landesregierung - den Bundeskanzler darin unterstützen, dass mit dieser Art der Steuerpolitik in Europa Schluss gemacht wird. So kann es nicht weitergehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Heute ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Förderpolitik der Europäischen Union in Niedersachsen wirksam geworden ist, und zwar erfolgreich wirksam geworden ist. Niedersachsen ist als europäische Region in den vergangenen Jahren hervorragend aufgestellt worden. Wir sollten alles tun, damit es bei der Positionierung bleibt.
Frau Kuhlo hat auf den finanziellen Beitrag der Europäischen Union in der vergangenen Förderkulisse hingewiesen. 1,7 Milliarden Euro sind in das Projekt PROLAND gesteckt worden. Ich sage es in aller Deutlichkeit: Der ehemalige Landwirtschaftsminister Uwe Bartels hat in Europa dafür gestritten und hat damit erfolgreich Strukturpolitik gemacht. Dafür muss man ihm auch Dank sagen, meine Damen und Herren.
- Natürlich, Herr Kollege, alle gemeinsam. - Wir erwarten die gleiche erfolgreiche Politik von Ihrem Landwirtschaftsminister. Es geht darum, einen Strukturwandel zu begleiten, und nicht darum, Strukturen, die nicht mehr haltbar sind, zu zementieren. Den Strukturwandel zu begleiten, ist Aufgabe einer europäischen Strukturpolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir erwarten, dass sich die Mittel, die aus Europa kommen, im Landeshaushalt widerspiegeln. Wir erwarten aber auch, dass Sie selbst Butter bei die Fische geben. Wir sind sehr gespannt, ob das bei Ihnen alles nur Sonntagsreden sind oder ob wir bei den Haushaltsberatungen tatsächlich Geld dort finden, wo wir es brauchen.
Meine Damen und Herren, die Europapolitik muss hochrangig angesiedelt sein. Wir haben in der Vergangenheit erlebt, wie wichtig es ist, dass die Kontakte zu den europäischen Institutionen an der richtigen Stelle und zum richtigen Zeitpunkt erfolgen.
Das heißt, Herr Kollege McAllister, nicht Sie sollten dorthin gehen - weil man Sie dort nicht kennt und weil man Sie dort auch gar nicht kennen lernen will -, sondern der Ministerpräsident muss diese Aufgabe wahrnehmen, zumal er ja auch Europaminister ist. Wir fordern von Herrn Wulff, dass er das in Zukunft stärker tut als in den letzten eineinhalb Jahren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So deklinieren Sie Demokratie, keine Frage.
Herr Ministerpräsident, weil Sie sich das offensichtlich haben aufschreiben lassen, möchte ich Sie auf den drittletzten Absatz unserer gemeinsamen Beschlussempfehlung hinweisen. Da heißt es nämlich:
„Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Aufteilung der Strukturfondsmittel für Ziel 1/Ziel 2/Ziel 3 in Höhe von 78 %/18 %/4 % stellt eine geeignete Verhandlungsgrundlage dar.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Konsens, den Sie hier anmahnen, gibt es schon längst.
Deshalb stellt sich die Frage, welchen Maikäfer Sie wohl meinen, der sich da gerade aufgeplustert hat. Das kann nur auf Sie selbst zurückzuführen sein.
Aber die entscheidende Frage wird sein, wie sich Niedersachsen in diesem Konzert aufstellt - Sie sind der Ministerpräsident des Landes Niedersachsen -, wie Sie als Land Niedersachsen eine Strukturpolitik machen, die an den Erfolg anknüpft, den wir Ihnen mit PROLAND vorgegeben haben. Da sind Sie in der Beleg- und Beweispflicht, und wir werden sehen, was Sie daraus machen, meine Damen und Herren.
Herr Minister, der Landtag hat einstimmig beschlossen, Aktionen gegen den Rechtsextremismus zu organisieren. Vor dem Hintergrund, dass wir alle wissen, dass Gewalt gegen Minderheiten - das ist ein aktuelles Thema - oft Ausdruck eines beginnendem Rechtsextremismus ist, und vor dem Hintergrund der Erkenntnis, die der Kollege Schünemann soeben verbreitet hat - nämlich dass der Rechtsextremismus gerade auch in der jungen Generation latent vorhanden ist -, frage ich die Landesregierung, ob sie es nicht für ein fatales politisches Signal hält, ausgerechnet in dem Bereich der Prävention und bei den Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus, die zum Teil ja auch jungen Leuten selbst durchgeführt werden, zu kürzen und das zum Ziel ihrer Haushaltspolitik zu machen.
Ich nehme mit Entsetzen zur Kenntnis, dass Sie dieses Engagement Bagatellförderung nennen. Aber das ist Ihr Problem, Herr Minister.
Es geht um einen Betrag von rund 300 000 Euro, der von Ihnen im Übrigen ja auch schon einmal halbiert worden ist. Herr Minister, wollen Sie diesem Parlament wirklich erklären, dass Ihr Haus nicht in der Lage ist, 300 000 Euro an einer anderen Stelle zu sperren und Sie deshalb ausgerechnet diese Stelle dazu benutzen müssen? Ich frage das insbesondere vor dem Hintergrund, dass Ihre Fraktion offensichtlich ganz locker in der Lage ist, mal eben 4,2 Millionen Euro für die Tierkörperbeseitigung bereitzustellen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob es ihr nicht zu denken gibt, dass der Ministerpräsident offensichtlich aus dem Stand heraus zu dem Thema regenerativer Energien, deren Förderung und Bedeutung in der Politik mehr zu sagen hat als der zuständige Fachminister.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass es die neue konservative Mehrheit hier im Landtag mit der Verfassung manchmal nicht so genau nimmt, zumindest ein rustikales Verhältnis zu ihr hat,
ist auch im Laufe dieser Sitzung bekannt geworden. Die Art und Weise, wie Sie das Mediengesetz durch den Landtag gepeitscht haben - ich spreche jetzt zu den Petitionen zu diesem Thema -, ist ein parlamentarischer Skandal allererster Güte.
Dass Sie mit den parlamentarischen Rechten liederlich umgegangen sind, das ist das eine. Herr Kollege McAllister, Sie sollten einmal überlegen, auf welche Art und Weise Sie mit den parlamentarischen Rechten umgehen. Sie haben gesagt, Sie wollten hier einen neuen Stil einführen. Sie haben dafür gesorgt, dass dieses Gesetz, das in Eigentumsrechte meiner Partei eingreift,
ohne Rücksicht auf Verluste durchgepeitscht worden ist.
Herr Kollege McAllister, das werden wir Ihnen vor Gericht beweisen.
Was Sie aber sonst noch tun, ist mindestens genauso skandalös. Sie nehmen das Petitionsrecht, das Recht der Bürgerinnen und Bürger, an den Landtag Petitionen zu richten, überhaupt nicht ernst und treten es mit den Füßen.
Keine der Eingaben zu dem Mediengesetz ist solide parlamentarisch beraten worden. Die drei Ein
gaben, zu denen ich spreche, gehören auch dazu. Es geht im Kern um die Frage, ob in der Landesmedienversammlung eher die staatliche Seite, also Staatsnähe, repräsentiert ist oder ob dort die Bürgergesellschaft repräsentiert ist. Sie haben diese Versammlung so zugeschnitten, wie Sie Ihrem Gusto entspricht. Mehr Staatsnähe und weniger Bürgernähe, meine Damen und Herren, das ist ein medienpolitischer Skandal, der auch mit diesen Eingaben dokumentiert wird.
Meine Damen und Herren, warum - das müssen Sie mir erklären - haben Sie eine solche Angst vor der Landesarbeitsgemeinschaft Jugend und Film? Junge Menschen, die bereit sind, sich mit den Fragen der Medienpolitik auseinander zu setzen, die viel dazu zu sagen haben und dies in die Landesmedienanstalt einbringen wollen, die lassen Sie draußen. Warum werden die Volkshochschulen, die drin waren und dort eine qualifizierte Arbeit geleistet haben, mit einem Federstrich von Ihnen aus der Landesmedienversammlung herausgeschmissen? Das macht deutlich: Sie wollten eine handverlesene Einrichtung haben. Alle die, die Ihnen nicht gepasst haben, haben Sie herauskatapultiert.
Wir wollen denjenigen, die die Petitionen eingesandt haben, zu ihrem Recht verhelfen. Meine Damen und Herren, die Volkshochschulen haben darum gebeten, wieder in die Landesmedienversammlung hereinzukommen. Diese Petition hat die Vorsitzende des Landesverbandes der Volkshochschulen - das ist die Kollegin Frau Vockert - unterschrieben. Wir wollen Frau Vockert zu ihrem Recht verhelfen. Ich fordere die Mitglieder der konservativen Mehrheit auf, es ihrer Kollegin gleichzutun.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kuhlo, wir kämpfen nicht die Schlachten von vorgestern, sondern die von heute. Es geht um die Frage, wie Sie eigentlich mit dem Petitionsrecht umgehen.
Es geht um die Frage, ob Bürgerinnen und Bürger, die Petitionen an den Landtag, z. B. zu Gesetzen, richten, von Ihnen so ernst genommen werden, dass sie zumindest im Ausschuss diskutiert werden. Ich stelle fest: Keine dieser Petitionen ist im Fachausschuss richtig diskutiert worden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist nachweisbar.
Herr Kollege Pörtner, das hat etwas damit zu tun, dass Sie in unverantwortlicher Art und Weise die Zeit für die Beratung im Fachausschuss niedergeknüppelt haben. Das ist das Entscheidende und der politische Skandal.
Herr Kollege Pörtner, wenn Sie dann noch behaupten, Sie wollten erreichen, dass die Küblböcks dieser Welt aus den Medien verbannt werden, dann müssen Sie der erstaunten Öffentlichkeit erklären, warum Sie der Meinung sind, dass der Landesverband der Volkshochschulen dafür sorgt, dass solche Leute hineinkommen. Diesen Eindruck habe ich bei diesen Leuten nicht. Im Gegenteil: Ich halte sie für seriöse, der Medienpolitik zugeneigte Organisationen. Deshalb gehören sie hinein.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, dass es nach einer solch emotional aufgeladenen Debatte etwas schwierig ist, sich wieder auf den Boden der europäischen Wirklichkeit zu begeben. Dennoch sollten wir es tun.
Allerdings will ich einschränkend hinzufügen: Das, was heute zu diskutieren und abschließend zu beraten ist, nämlich ein Antrag der beiden Regierungsfraktionen - -
- Frau Präsidentin, ich habe Verständnis dafür, dass sich die Kolleginnen und Kollegen dort noch austauschen müssen. Vielleicht sollten wir so lange die Sitzung unterbrechen.