Winfried Hermann
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Last Statements
Frau Präsiden tin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Abg. Dr. Schweickert, manchmal habe ich den Eindruck, Sie wollen testen, ob mein Haus auch komplizierte und lange Fra gen versteht.
Das ist wunderbar. – Sie geben mir hier die Gelegenheit, noch einmal klarzustellen, was wir versprochen haben, was wir machen wollen und warum wir was machen bzw. nicht machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Verkehrsminis terium haben wir – das will ich vorab sagen – insgesamt das Ziel, die digitalen Informationstechnologien an Baustellen wie auch im Verkehrssystem allgemein verstärkt einzusetzen; denn wir wollen, dass sowohl die Verkehrssicherheit als auch der Verkehrsfluss verbessert werden.
Deswegen werden wir verstärkt Echtzeitinformationen an den Straßen haben, und zwar ganz generell an stauanfälligen Stra ßen, aber natürlich auch an Baustellen. Dazu gehört das Bau stelleninformationssystem, bei dem man online Informatio nen abrufen kann. Wir wollen da, wo es möglich ist, Reise zeiten bzw. Reisezeitverluste genauer anzeigen, weil Autofah rende einen Stau besser ertragen, wenn sie wissen, in zwölf Minuten, in 30 Minuten sind sie da durch. Wir bauen deshalb die Mobilitätszentrale mit viel Engagement auf, um dafür zu sorgen, dass das klappt.
Wir haben schon mehrfach die Enztalquerung der A 8 ange sprochen, eine der größten Baustellen, die wir demnächst ha ben. Im Moment sind wir noch in der Phase der Vorbereitung der Baustelle. Es gibt noch keine konkrete Umleitung. Das wird noch etwas dauern, sodass wegen der noch nicht errich teten Baustelle jetzt auch noch keine Stauwarnung erfolgen muss.
Wir sind derzeit bei der Ausschreibung dieser Anzeigen. Wir gehen davon aus, dass wir die Anlagen in jedem Fall rechtzei tig haben. Wir müssen ausschreiben. Das ist keine Hürde, aber wir müssen es machen, und es kostet halt Zeit. Wir haben da mit rechtzeitig begonnen, sodass wir die Anzeigen an drei Standorten aufstellen können.
Wie bereits mehrfach berichtet, haben wir natürlich vor – das ist die Hauptinformation –, dass die Autofahrenden möglichst lange auf der Autobahn bleiben – am liebsten würde ich sa gen: immer. In der Regel ist man nicht schneller, wenn man von einer Autobahn herunterfährt; aber für alle, die an Um fahrungsstrecken wohnen, ist das sehr viel lästiger.
Sie haben meine Aussage zitiert, dass wir auch mitteilen wol len, wie viel länger man für eine Strecke braucht, wenn man von der Autobahn herunterfährt. Die allgemeine Antwort da rauf ist: In aller Regel dauert die Fahrt dann länger. Diese Re gel gilt. Wir werden sie auch offensiv kommunizieren. Des wegen ist es ein bisschen schwierig zu sagen, wie viel länger
man für welche Strecke braucht. Eine solche Anzeige ist nicht sinnvoll.
Wenn man sagt: „Wenn du auf der Autobahn bleibst, brauchst du für deinen Weg 32 Minuten, wenn du die Umleitung fährst, brauchst du 46 Minuten“, dann ist diese Ansage, glaube ich, hilfreich.
Aber im speziellen Fall der A 8: Es gibt auf der ganzen Stre cke so viele verschiedene Routen, dass ein Schild, welches die Reisezeiten auf den möglichen Umfahrungsstrecken an zeigte, ziemlich lang und kompliziert wäre. Es müsste mittei len: Wenn Sie da und da entlangfahren, brauchen Sie sound so lange. Wenn Sie aber so und so herum fahren, dann brau chen Sie soundso lange, usw. Man kann sich das vorstellen.
Ich würde sagen: Ein solches Schild wäre nicht sinnvoll. Des wegen sagt unsere Verwaltung klipp und klar: Wenn wir schon vorher wissen, dass ein solches Schild nicht funktioniert, weil es zu viele Varianten gibt, sodass man keine entsprechenden Zeitangaben machen kann, lassen wir es lieber bleiben.
Wir kommen zum zweiten Teil Ihrer Frage. Vorab die Infor mation: Weder das Ministerium noch das Regierungspräsidi um Karlsruhe sind über den sogenannten Kompromissvor schlag der Initiative „Offensive Reiseechtzeitanzeigen“ infor miert worden. Wir können uns also nur auf die Artikel aus der Presse beziehen. Darin wird davon gesprochen, dass man ei ne Anzeige wenigstens in der Weise machen soll, dass die Mindestreisezeiten angegeben werden – zwar nicht genau je de, aber zumindest die Mindestreisezeit.
Logisch gesehen, hat man dann aber das gleiche Problem, wenn es verschiedene Routen gibt: Was ist die Mindestreise zeit? Man will sie ja pro Route wissen. Es hilft einem nichts, wenn von fünf Routenvarianten die Mindestreisezeit von ei ner angegeben ist, aber man nicht weiß, von welcher. Ich glau be, den Gemeinden wäre damit auch nicht geholfen.
Im Übrigen: Wenn man, von Karlsruhe her kommend, bereits in Karlsbad von der Autobahn heruntermüsste, hätte man dort keine große Anzeige, wie es weitergeht und welche Alterna tiven es gibt. Diese große Anzeige extra aufzubauen wäre, glaube ich, zu viel verlangt.
Im Übrigen sind zwei, drei dieser Vorschläge fast identisch mit den ausgeschilderten Routen U 26, U 26a und U 28. Es ist einfach nicht klar, was die Initiative sinnvollerweise will, was besser wäre als das, was wir vorhaben.
Sie können einmal davon ausgehen, dass wir alles tun, was bei der Aufstellung solcher Tafeln möglich und sinnvoll ist. Aber wir wollen auch nicht unendlich viele dieser Tafeln dort aufstellen – die sind ja nicht ganz billig –, wo sie keinen Sinn machen. Vor allem gilt eines: Die Information muss einfach und sofort erfassbar sein, und sie darf vom Lesen her nicht kompliziert sein.
Es gibt das Problem, dass private Navigationssysteme die Empfehlungen, die wir haben, oft nicht aufnehmen. Das ist ein Problem. Aber wir arbeiten mit unserer Datenplattform daran, dass zunehmend auf unsere Daten und unsere Empfeh lungen zurückgegriffen wird.
Also, es bleibt dabei, dass die generelle Ansage lautet: Blei ben Sie auf der Autobahn, das ist das Beste für Sie – auch im Sinne der Reisezeit. Sie belasten damit weder Ihre Umwelt noch die Anwohner auf den Umfahrungsstrecken.
Mein Fazit: Lieber eine korrekte allgemeine Ansage als un glaubwürdige, schwer nachvollziehbare oder eher unüber sichtliche Echtzeitanzeigen, die eben nicht für das tauglich sind, was man will. Aber Sie sehen, dass wir alles tun, um das zu ermöglichen, was wir heute tun können. Aber wir wollen es auch nicht übertreiben und vorgeben, dass wir schon jede Variante anzeigen könnten.
Vielen Dank.
Danke für die Nachfragen. – Da ich an den Ausschreibungen nicht beteiligt bin, kann ich Ihre Frage auch nicht beantworten. Ich kann aber einmal in meinem Haus fragen, inwieweit uns zu dieser Fra ge etwas bekannt ist.
Zur zweiten Frage, wo genau das steht: Damit würden wir das Plenum überfordern.
Ich habe eine schöne Karte. Die könnte ich Ihnen überreichen.
Frau Präsiden tin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei der Fraktion GRÜNE dafür bedanken, dass wir heute diese Debatte führen.
Ja! – Lärm und Lärmschutz sind ein Dauerthema.
Entschuldigung! Lärmschutz und Lärm sind ein Dauerthe ma, und das Problem von Dauerthemen ist gerade, dass man sie vergisst. Es ist nur angemessen, dass man, wenn sich die se Koalition einen Lärmschutzbeauftragten bei einer Frakti on bestellt, am Ende einer Legislaturperiode auch darüber
spricht, was in dieser Legislaturperiode in Sachen Lärmschutz alles gemacht worden ist und was noch ansteht.
Insofern: Danke dafür, dass wir die Debatte führen. Danke, Thomas Marwein, für die Arbeit in diesem Bereich. Ein wei teres Mal ist deutlich geworden: Man braucht bei solchen The men jemanden, der sich darum kümmert.
Herr Haußmann hat dankenswerterweise angesprochen, dass wir mit Staatssekretärin Dr. Splett schon in der letzten Legis laturperiode eine Lärmschutzbeauftragte hatten – damals der Landesregierung. Diesmal nun ist es ein Lärmschutzbeauf tragter des Parlaments. Beide Konstruktionen sind gut und wichtig gewesen bzw. sind noch wichtig, damit sich jemand um das Lärmthema kümmert, weil es sonst unter den Tisch fällt. Deswegen: Danke für das Engagement. Ich werde auch zeigen, was sich bei diesem Thema alles bewegt hat.
Übrigens zeigt sich jetzt auch, dass man eine Debatte ruhig führen kann. Und dann bleibt sie sachlich. Insofern ist diese Debatte, glaube ich, auch ein guter Beitrag im Vergleich mit dem, was wir davor hatten.
Meine Damen und Herren, mehrere Redner haben es ange sprochen: Verkehrslärm ist das, was am meisten belästigt. Auch in vielen anderen Bereichen gibt es Lärm, aber am meis ten belästigt fühlen sich Menschen von Verkehrslärm – nicht nur von Auto- und Motorradlärm, sondern genauso auch von einer lauten Eisenbahn, von lauten Güterzügen
oder vom Flugverkehr. Das Ausmaß des Lärms hängt sehr da von ab, wo man wohnt und wo man lebt. Wer in der Nähe ei nes Flughafens lebt – fernab von Eisenbahn- und Autoverkehr –, fühlt sich natürlich nicht von Eisenbahn- und Autoverkehr, sondern vom Flugverkehr belästigt. Und wer an einer Eisen bahntrasse wohnt, auf der im Dreiminutentakt laute Güterzü ge vorbeirattern, ist davon beschwert und wird davon krank. Insofern ist klar zu unterscheiden.
Herr Selcuk, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht: Lärm ist nicht für alle Menschen in der Gesellschaft gleichermaßen belästi gend. Vielmehr ist es ganz eindeutig so: Menschen, die es sich leisten können, in ruhigen Wohngebieten oder eben nicht in der Nähe eines Flughafens oder einer Bahntrasse zu wohnen, sind natürlich nicht so sehr mit Lärm befasst wie andere, die in einfachen Wohnungen an lauten Straßen, an lauten Bahn höfen – was auch immer laut ist – leben müssen, weil es ih nen nicht anders möglich ist. Insofern ist Lärmschutz auch ei ne soziale Frage. Wir nehmen ihn als soziale Frage ernst.
Lärmschutz und Lärm sind übrigens nicht nur ein städtisches Problem, sondern dort, wo z. B. auf bestimmten Straßen am Wochenende viele Motorradfahrer unterwegs sind, werden idyllische Landschaften und Dörfer plötzlich total verlärmt. Davon sind dann wieder ganz andere Gruppen betroffen. In sofern müssen wir uns den unterschiedlich Betroffenen auch jeweils mit unterschiedlichen Maßnahmen widmen.
Sie haben dankenswerterweise auch vorliegende Zahlen dazu zitiert, dass Lärm – durch Studien belegt – krank macht. In der Folge eines dauerhaften Krankseins kann es auch zu To desfällen kommen. Die EU geht von etwa 12 000 Menschen jährlich aus, die aufgrund dieser Dauerbelastung sterben – al so erst Stress, dann Herzinfarkt, dann Tod; so läuft das. Man stirbt ja nicht, weil ein Auto laut ist, sondern diese Belastung erstreckt sich sozusagen über Jahre. Das ist auch der Grund, warum wir uns um den Lärmschutz kümmern.
Wir haben unlängst ein Lob dafür bekommen, dass wir das machen, auch systematisch machen. Das ist gut so. Ich stehe auch dazu, dass ein Lärmschutzbeauftragter der Regierung da bei behilflich ist, dieses Thema immer wieder anzugehen.
Wir haben uns in verschiedener Weise des Themas angenom men. Ich komme nachher noch zu einigen Details.
Wir haben auch eine Grundsatzentscheidung getroffen. Na türlich ist es ein Unterschied, ob es einem egal ist, wie der Verkehr funktioniert, oder ob man sagt: Wir betrachten den Verkehr unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten. Und zur Nach haltigkeit gehört eben: leise, ressourcenschonend und auch umwelt- und naturschonend. Insofern kann man sagen: Eine neue, an Nachhaltigkeit orientierte Verkehrspolitik ist zugleich auch immer ein Beitrag zum Lärmschutz. Das ist doch klar. Wenn in einer Stadt weniger Autos fahren oder wenn die Au tos keine lauten Verbrennungsmotoren, sondern leise Elek tromotoren haben, ist das ein Beitrag zur Lärmminderung und damit zu einer neuen Lebensqualität.
Wenn wir die Menschen dazu bringen, auf das Rad umzustei gen und etwas zu Fuß zu machen – es ist ja unser Anspruch, mehr Menschen zu einer aktiven Bewegung anzuhalten –, ist das ein direkter Beitrag zum Lärmschutz. Als Fußgänger muss man sich schon anstrengen, hörbar zu sein. Ich will jetzt nicht sagen, wie; aber das geht auch.
Ich will nur sagen: Die andere Form des Sich-Fortbewegens ist auch ein wesentlicher Beitrag dazu, dass eine Stadt eine andere Ruhe ausstrahlt. In den Coronazeiten, in denen viele Menschen nicht mehr Auto gefahren sind – in der harten Lock down-Phase –, hat, glaube ich, jeder gemerkt, wie leise eine Stadt sein kann, wie leise es ist, wenn man mit dem Rad un terwegs ist oder zu Fuß durch die Stadt geht. Ich finde, davon kann man auch etwas in die Zeit danach mitnehmen.
Weniger Verkehr, weniger laute Antriebe, umweltfreundliche Mobilität sind ein Beitrag zum Lärmschutz, und deswegen treiben wir das voran.
Ich möchte Herrn Dörflinger ausdrücklich recht geben: Eine moderne Infrastrukturpolitik auf der Straße und auf der Schie ne ist ein wichtiger Beitrag zur Lärmbekämpfung.
Ortsumfahrungen – das ist für uns ein wichtiges Kriterium – nehmen wir ernst. Wenn Anwohner über Jahrzehnte durch Ab gase und Lärm belästigt werden und eigentlich keine Lebens qualität mehr haben, dann bauen wir Ortsumfahrungen. Wir
haben in den letzten Jahren zahlreiche Ortsumfahrungen ge baut. Wir achten aber auch darauf, dass die Ortsumfahrungen nicht neue Betroffenheiten auslösen. Das Problem zu verschie ben wäre natürlich falsch. Es wird auch immer sehr auf Lärm schutzwälle, auf Lärmschutzwände geachtet. Insgesamt kann man sagen: Das ist eine deutliche Verbesserung für die An wohner.
Das gilt übrigens auch für den Schienenverkehr. Das größte Lärmschutzaktionsprogramm war im Rheintal, dadurch, dass Pläne der Bahn geändert wurden und das dritte und vierte Gleis nicht durch die Städte, sondern entlang der Autobahn gelegt wurden.
Selbstverständlich sind wir seit Jahren dabei, in besonderer Weise am Flughafen Stuttgart, Änderungen mit Blick auf die Start- und Landegebühren vorzunehmen – Gebühren, deren Höhe sich am Lärm orientiert. Das hat auch Erfolg. Heutzu tage fliegen zwar mehr Flugzeuge als vor 20 Jahren, aber ins gesamt ist der Lärmpegel messbar heruntergegangen. Mit den Änderungen bei den Start- und Landegebühren haben wir da zu beigetragen, dass die Flotte modernisiert wurde, dass es sich in Stuttgart lohnt, mit moderneren, leiseren Flugzeugen zu landen. Das ist sozusagen ökonomisch gut.
Nein. Ich nehme an, dass sich seine Frage im Laufe meiner Rede beantwortet.
Wahrscheinlich wollte er fragen, warum ich nicht dafür ge sorgt habe, dass an der A 8 nicht jeder Zipfel eine Lärmschutz wand bekommen hat.
Zum Thema „Gestaltung von Infrastruktur und Stadtentwick lung“: Wir wollen über ein Programm dazu beitragen, dass 500 lebendige, verkehrsberuhigte Ortsmitten, Ortsteile entste hen. Wir haben das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungs gesetz so umgestaltet, dass darüber verkehrsberuhigende Maß nahmen finanziert werden können,
darunter Rückbaumaßnahmen, die Platz und Lebensqualität in der Mitte von Orten schaffen, Maßnahmen, die nicht nur dem Autoverkehr Raum geben.
Zusammen mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und dem Ministerium für Soziales haben wir eine gemeinsame Ar beitsgruppe, die ein Impulsprogramm ins Leben rief, mit dem 20 Kommunen dabei unterstützt werden, lebenswerte, ver kehrsberuhigte und barrierefreie Ortsmitten zu gestalten. Wir haben von den Kommunen sehr viele Anträge bekommen. Das Programm interessiert sie. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, um Ruhe in eine Ortsmitte zu bringen, damit dort auf der Ba
sis eines ruhigen Lebens wieder lebendiges Leben entstehen kann.
Ich komme zum Thema Lärmaktionspläne: Die Kommunen sind in der Pflicht, Lärmaktionspläne aufzulegen. In BadenWürttemberg haben inzwischen über 500 Kommunen einen solchen Plan. Am Anfang haben viele gesagt: „Was soll das? Das ist bürokratischer Aufwand. Das bringt nichts. Es gibt kei ne Vorgaben.“ Inzwischen wissen wir aber: Wenn man so ei nen Plan macht, entsteht ein Bewusstsein dafür, wo überall Lärm besteht, und es zeigt sich die Notwendigkeit, etwas zu tun, um ihn zu reduzieren.
Damit kommt genau das in Gang, was wir wollen, nämlich dass vor Ort Verantwortung übernommen wird, dass eine Kommune fragt: Wie müssen wir umplanen? Was müssen wir tun, damit es in dieser und jener Straße ruhiger wird?
Trotz der Hilfestellung, die wir gegeben haben – und zwar über den sogenannten Kooperationserlass, einen Leitfaden bzw. eine Hilfestellung für die Kommunen, wie sie das um setzen können –, haben noch immer 300 Kommunen in Ba den-Württemberg keinen Lärmaktionsplan. Die Bundesrepu blik Deutschland steht deshalb kurz vor einem Vertragsverlet zungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, weil in Deutschland viele Kommunen den Vertrag nicht erfüllen.
Die Kommunen sagen immer: „Land, mach du.“ In diesem Fall sagen wir: Kommunen, ihr habt die Verantwortung. Über nehmt sie auch. Schreit jetzt nicht nach dem Land.
Wir haben unseren Beitrag vielfach geleistet. Ich will nur ei nige Beispiele nennen, die teilweise auch von Ihnen schon ge nannt wurden. Beispielsweise haben wir sehr aktiv den Ein satz von lärmminderndem Asphalt vorangebracht. Inzwischen sind 85 km an entscheidenden Strecken, an denen es wirklich laut war, entsprechend ausgebaut worden. Wir haben weitere 11 km Lärmschutzwände angebracht – wahrscheinlich woll te sich Herr Dr. Schweickert darauf beziehen, vermute ich.
Überall dort, wo wir entsprechende Maßnahmen bezogen auf die Infrastruktur ergreifen können, machen wir das. Wir ver folgen das systematisch weiter.
Nein.
Es gibt in Baden-Württemberg in der Zwischenzeit noch im mer 250 000 Menschen, die zu hoch belastet sind. Da müssen wir ran, da müssen wir etwas tun. Dazu gehören eben die Maßnahmen, die ich vorher schon geschildert habe, die aber noch nicht überall umgesetzt sind und durch die wir auf der Grundlage von Lärmaktionsplänen dann auch mehr machen können.
Ein Punkt, der mir große Sorgen macht und der für viele Men schen auch sehr ärgerlich ist, sind der Motorradlärm und das Autoposing. Es gibt ja nicht nur laute Motorräder, sondern es gibt auch Krach machende neue Autos.
Da geht man dann zu einem Tuner, der dann aus einem leisen Fahrzeug einen lauten Brummer macht. Damit ärgert der Fah rer alle Leute und bringt sich sozusagen in Pose.
Es ist eine Halbstarkenpose, die aber immer zulasten der an deren und der Umwelt geht.
Wir haben deswegen auch die rechtliche Grundlage so geän dert, dass das einfache Herumfahren und Krachmachen straf bewehrt ist, dass es also mit Bußgeld belegt ist. Die Höhe des Bußgelds haben wir über eine Bundesratsinitiative deutlich erhöht, weil es nicht einzusehen ist, dass junge Leute, nur weil es ihnen gefällt, ein paar Hundert andere Leute dauernd be lästigen.
Es tut mir leid, dafür habe ich kein Verständnis; da will ich auch nicht tolerant sein.
Nein. – Wir ha ben mit diesem Autoposing ein Riesenproblem. Das Gleiche gilt auch für Motorräder. Es ist angesprochen worden: Oft ist es nicht das Problem, dass sie per se zu laut sind, sondern dass sie nachträglich manipuliert werden und dies nicht konsequent verfolgt wird.
Ich habe meinem Kollegen Strobl immer wieder gesagt, dass es wirklich entscheidend ist, dass die Polizei Kompetenz er wirbt, regelmäßig überprüft und die Betreffenden herauszieht – auch wenn ein Teil der Veränderungen möglicherweise so gar rechtskonform ist. Es gibt leider auch rechtskonforme Maßnahmen, die die Motorräder lauter machen. Das ist auch schlecht. Aber wenn es illegal ist, dann kann man es jeden falls beenden, und dann muss die Polizei hart durchgreifen und auch regelmäßig spezielle Kontrollen machen, damit man solche Leute erwischt.
Nun haben ja einige immer mal wieder ihre Vorurteile zum Thema „Fahrverbot für Motorräder“. Ja, das Land BadenWürttemberg war sehr aktiv im Bundesrat,
weil ich es als Anspruch betrachte, dass wir, wenn wir sagen: „Wir machen Lärmschutz“, auch etwas tun, und zwar dort, wo man etwas tun kann. Das ist in diesem Fall ganz sicher auch der Bundesrat. Ich bin aber von Nordrhein-Westfalen, wo ei ne schwarz-gelbe Koalition regiert, unterstützt worden. Prak tisch alle Verkehrsministerinnen und -minister und -senatoren sind der Meinung: Wir müssen etwas gegen unsinnigen Mo torradlärm tun und auch gegen unsinnigen Autolärm. Deswe gen gilt es, gezielt Maßnahmen zu ergreifen.
Einige haben Sie selbst aufgezählt, z. B. dass sich an der Quel le etwas verändern muss, dass die Manipulation bekämpft
werden muss. An einem Punkt haben wir etwas gemacht, was dann erheblich verdreht worden ist: Wir haben gesagt: Wir wollen Kommunen die Möglichkeit geben, zeitlich befristet zu bestimmten Bedingungen auch ein Fahrverbot zu verhän gen. Also nicht: „Wir verordnen ein Fahrverbot“, sondern: „Wenn eine Kommune – –“
Es gibt Kommunen, die derart belästigt sind, weil Hunderte Motorradfahrer am Wochenende im Stundentakt durch die Or te rollen und man sein eigenes Haus vergessen kann, weil man eigentlich in dieser Zeit, während der Motorradsaison, weg ziehen muss. Da kann man also schon einmal sagen: „Moment mal, Sonntagmorgens von 9 bis 12 Uhr gehen wir in die Kir che, da haben wir Feiern, da dürfen keine Motorräder fahren.“ Das war früher übrigens gang und gäbe; in Luftkurorten etwa durfte zu bestimmten Zeiten nicht Motorrad gefahren werden. Das war so. Das hat man so nebenbei abgeschafft.
Ich finde es durchaus legitim, dass man solche Instrumente entwickelt. Es ist kein allgemeines Fahrverbot. Ich habe auch mit vielen der Motorradfahrer, die aktiv waren, gesprochen und immer wieder gesagt: Klar, 90 % von euch sind vernünf tig, und die wissen auch, dass sie keinen Krach machen sol len. Aber es gibt halt 10 %, die viel kaputt machen, und um die geht es; da muss man etwas machen.
Jetzt komme ich noch zu der technischen Regelung. Das ha ben auch schon einige angesprochen: „Lass es uns technisch regeln.“ Ja, im Prinzip könnte man es technisch regeln. Das Problem ist nur: Als Landesregierung kann man es nicht; es kann nicht mal die Bundesregierung, nicht mal die EU, son dern nur die UNECE.
Das ist eine UN-Organisation im Nordatlantikbereich, also in den USA, Kanada, Europa, Russland und Teilen von Asien. Diese Organisation setzt die Standards. Dies zu ändern ist wirklich eine große Herausforderung, aber da muss man ran; denn wenn man die Motoren nicht von Anfang an leiser macht, kann man des Problems nicht wirklich Herr werden. Vor al lem eines ist wichtig: Es darf nicht sein, dass die Motoren der Motorräder auf dem Prüfstand einen bestimmten Lärmgrenz wert einhalten, aber tatsächlich lauter gefahren werden kön nen. Es muss schon klar sein, dass zu jedem Zeitpunkt die Lärmwerte eingehalten werden.
Das ist die entscheidende Vorgabe, die wir brauchen. Also Emissionsmessung im „Real Driving“. Das ist hier das Stich wort.
Thomas Marwein hat darauf hingewiesen, dass diese Kampa gne mit den Kommunen eigentlich ganz nützlich, ganz hilf reich war. Unglaublich viele Kommunen haben sich dem an geschlossen. Die meisten haben Aufklärungsarbeit geleistet oder haben z. B. Lärmdisplays – die wir gefördert haben – aufgestellt; inzwischen sind 40 davon aufgestellt worden. Ob wohl das freiwillig ist, hat es eine erstaunlich große Wirkung.
Weil einige denken, wir wären nur für Verbote, möchte ich sa gen: Wir sind ganz stark auf dem Weg von Einsicht, Überzeu gung, freiwilligen Hinweisen,
Indikatoren wie: „Du fährst zu schnell, fahr leiser.“ Das wirkt. Dieser Impuls wirkt, und den nutzen wir auch gern.
Ich komme zum Schluss. Ich glaube, es ist notwendig, dass wir das Ganze als Teil einer anderen Mobilitätskultur verste hen, dass wir stärker auf das Prinzip „Rücksichtnahme auf an dere“ in jeder Hinsicht – also auch beim Lärm – achten, dass wir unsere Infrastrukturpolitik auch unter Lärmgesichtspunk ten betreiben. Ich habe dargestellt, wie das gehen kann. Ich glaube, dass die Verkehrswende selbst ein großer Beitrag zum Lärmschutz ist,
und ich bin weiterhin gern auf Bundesebene sehr aktiv, damit da etwas geschieht.
Wir haben diesen Maßnahmenplan zum Lärmschutz ja fast einmütig im Bundesrat beschlossen – das ist eine Aufforde rung an die Bundesregierung –, aber – das muss ich leider sa gen – viel ist da noch nicht passiert. Deshalb ist es schon an gesagt, dass die Bundesebene mehr Aktivität zeigt, mehr En gagement zeigt. Denn eines ist doch auch klar: Leiser ist ge sünder, und leiser ist auch angenehmer.
Vielen Dank.
Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute das Straßengesetz in zweiter Lesung. In der ersten Lesung hatten wir auf eine Aussprache verzichtet. Deswegen ist es gut, dass wir heute hier im Plenum debattieren.
Der vordergründige Anlass dieser Reform war – das ist mehr fach angesprochen worden – die Tatsache, dass es eine Auto bahngesellschaft gibt, die ab dem 1. Januar 2021 die Auto bahnverwaltung übernimmt. Es ist zu Recht betont worden, dass sich das Land Baden-Württemberg nicht für diese Auto bahngesellschaft eingesetzt hat. Aber ab dem Zeitpunkt, zu dem Bundestag und Bundesrat mit Mehrheit das Grundgesetz geändert und die Autobahngesellschaft ermöglicht haben, ha ben wir absolut konstruktiv an der Übergabe gearbeitet. Denn es macht keinen Sinn, etwas zu bekämpfen, was von Mehr heiten beschlossen ist, was grundgesetzlich geklärt ist. Viel mehr ist es im Interesse eines guten Miteinanders zwischen Bund und Ländern notwendig, zu kooperieren. Und das ha ben wir getan.
Einer der Gründe, warum wir gegen die Autobahngesellschaft waren, ist: In Zeiten, in denen man so viel bauen und sanie ren muss, ist es nicht besonders klug, die Organisationsstruk tur zu ändern. Klar war natürlich auch, dass der Übergang schwierig sein wird, weil es um sehr viele Menschen geht, die dann in eine neue Gesellschaft gehen müssen, und weil die Landesverwaltung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeben muss.
Es war klar: Das wird schwierig. Aber es ist dank guter Ko operation doch ziemlich gut gelungen, dass wir im Südwes ten die Autobahngesellschaft mit aufgebaut haben und das im Großen und Ganzen in Kooperation hinbekommen haben.
Die Gesellschaft wird also zum 1. Januar starten können, auch wenn es da und dort noch ruckelt und nicht alles gleich funk tioniert. So müssen wir z. B. die EDV der neuen Gesellschaft gewissermaßen leihen, weil sie selbst noch keine eigene neue hat. Das machen wir gern, weil wir nicht wollen, dass ständig etwas nicht funktioniert. Das war einer der Anlässe.
Natürlich gab es noch andere Anlässe. So wurde schon lange darüber diskutiert, dass dies und jenes im jetzigen Straßenge setz nicht gut geregelt sei. Und das sind wir angegangen.
Wir haben jetzt eine neue Zweckbestimmung. Man muss sa gen: Es ist, wenn Sie so wollen, ein Paradigmenwechsel, dass wir in das Straßengesetz hineinschreiben:
Dieses Gesetz... soll zur Entwicklung einer... nachhalti gen und klimafreundlichen Mobilität beitragen und dabei die veränderten Mobilitäts- und Raumansprüche... und... Verkehrssicherheit gewährleisten.
Das macht schon deutlich, dass es nicht nur um den Bau von Straßen, um Asphalt usw. geht, sondern insgesamt um eine andere, neue, nachhaltige Mobilität, so wie wir das übrigens im Koalitionsvertrag auch vereinbart haben. Wir sehen Mo bilität ganzheitlich, verkehrsträgerübergreifend. Verkehrssi
cherheit ist ein wichtiges Thema; das gilt auch für die Frage der Verteilung des Straßenraums.
Die Herausforderungen, die vor uns liegen und die sozusagen die Grundlage für die Änderung des Straßengesetzes bilden, waren: Wie können wir Infrastruktur so bauen, dass sie auch einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leistet? Dass sie selbstverständlich einen Beitrag zum Verkehr leistet, ist ja klar. Aber wie sie auch zum Umwelt- und Klimaschutz einen Beitrag leisten kann, ist eine wichtige Frage, die man klären muss. Die Verkehrssicherheit ist zu verbessern, und Planung sowie Bau von Infrastruktur – auch von Straßen, die auch Radwege sind – müssen beschleunigt werden.
Die AfD wiederholt immer wieder, wir würden nur ans Fahr rad denken. Herr Stauch, ich weiß nicht, bei wie vielen Ver anstaltungen im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen,
bei denen ich den Spatenstich vorgenommen oder ein Band durchgeschnitten habe, Sie sich vorn ins Bild gedrückt haben, damit Sie mit drauf sind.
Ja. – Und hier stellen Sie sich hin und äußern sich nach dem Motto, wir würden alles verhindern. Das ist doch lächerlich.
Aber Ihre Argumentation zum Straßenraum nehme ich ernst, denn Sie sind nicht der Einzige, der so denkt. Tatsächlich den ken manche, Freiheit könne man nur dann realisieren, wenn man ein Auto hat, und man könne nur mit einem Auto indivi duell unterwegs sein. Man kann mit allen Verkehrsmitteln in dividuell unterwegs sein –
man muss sie nur intelligent kombinieren.
Das schaffen aber nicht alle.
Natürlich ist das eine moderne Frage, die sich nicht nur ein grüner Verkehrsminister stellt. Vielmehr müssen Sie nur ein mal in die Kommunen hineinleuchten, müssen Sie auf öffent liche Veranstaltungen gehen. Auf allen öffentlichen Veran staltungen, bei denen es um Verkehrsprobleme von Kommunen geht, ist die zentrale Frage immer – übrigens auch beim letzten Bundeskongress zum Fußverkehr –: Ist der Straßenraum ge recht verteilt? Ist es in Ordnung, dass wir den größten Teil des Straßenraums dem Auto überlassen und dass die anderen Verkehrsteilnehmer zurückstecken müssen?
Die Straße war noch zu Beginn des letzten Jahrhunderts Raum für alle. Straße ist erst im Laufe der Jahrzehnte zunehmend ein Raum nur für die Autos geworden. Genau daran entzün det sich die Diskussion seit Jahrzehnten – der Titel eines Bu ches dazu ist ja genannt worden –, daran entzündet sich auch heute noch die Diskussion.
Es ist, glaube ich, nur recht und billig, dass man sich auf kom munaler Ebene Gedanken macht: Wie teilen wir den Straßen raum auf, damit alle zum Zuge kommen, damit alle sicher un terwegs sind und damit insgesamt mehr umweltfreundliche Mobilität entsteht? Das geht, wenn man fair verteilt.
Ich komme zurück zur Autobahngesellschaft. Was ändert sich alles für das Land? Wir müssen 750 Personalstellen an die Au tobahngesellschaft übertragen. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mittlerweile dort beschäftigt. 1 050 km Autobahn gehen an die Autobahngesellschaft. Aber das heißt nicht, dass keine Straßenverwaltung im Land übrig bleibt. Ich will einmal die Zahlen nennen: 4 200 km Bundesstraße wer den weiterhin in der Auftragsverwaltung des Landes sein. Weiterhin werden 10 000 km Landesstraße natürlich in der Straßenbauverwaltung des Landes sein. Darüber hinaus gibt es noch gut 12 000 km kommunale Straßen, also Kreisstraßen und Gemeindestraßen. Wir haben also noch reichlich zu tun.
Aber der Anteil der verschiedenen Straßen verändert sich sehr stark. Es ist sinnvoll, über den Aufbau unserer Straßenbauver waltung nachzudenken und deutlich zu machen, dass sich im Straßenbau vieles ändert, dass sich im Verkehrsbereich Stra ße in den letzten Jahren viel verändert hat. Darauf gehen wir ein. Das ändern wir.
Die intelligente Straße, die Elektrifizierung der Straße und eWayBW sind solche Themen. Natürlich wird bei jeder De batte zu Recht gefragt: Schöpfen wir wirklich alle Mittel, die wir mit den modernen digitalen Techniken haben, aus, um Ver kehr intelligent zu lenken und so dazu beizutragen, dass er fließt und es nicht allzu viel Stau gibt?
Da entwickeln wir gerade mit großem Nachdruck die Mobi litätszentrale, die formal noch in der Landesstelle für Straßen technik angesiedelt ist. Aber bereits der Name „Landesstelle für Straßentechnik“ zeigt, dass diese Zeiten vorbei sind. Wir haben heute andere Herausforderungen. Wir müssen über Mo bilität und Mobilitätssteuerung nachdenken. Die Landesstel le für Straßentechnik wird sicherlich in die neue Mobili tätszentrale überführt, die Daten sammelt, die Daten weiter gibt, die verkehrslenkende Maßnahmen ergreift und die übri gens auch Daten zur Verfügung stellt, die für den richtigen Zweck einer modernen Mobilität genutzt werden können.
Zentrale Inhalte des Gesetzes sind die Mobilitätszentrale und die Möglichkeit der Teileinziehung von öffentlichem Raum. Es ist übrigens nicht so, Herr Kollege Haußmann, dass das bislang nicht ginge; aber es ist umständlich und schwierig.
Die Teileinziehung erleichtern wir jetzt. Sie ist auch berech tigt, weil es natürlich sinnvoll ist, dass man Platz schafft für Fahrradwege, für Abstellanlagen, dass es die Möglichkeit gibt, verkehrsberuhigte Zonen einzurichten; wir haben heute Mor gen darüber gesprochen.
Es ist ja überall in der Diskussion: Wie können wir die Orts mitten so gestalten, dass sie Aufenthaltsqualität bieten? Das bekommen Sie nicht hin, wenn Sie die Ortsmitten asphaltie ren und sonst nichts machen. Da muss man umbauen. Dafür ist die Möglichkeit der Teileinziehung so wichtig.
Die AfD hat das natürlich nicht begriffen, weil sie nur den Blick des Autofahrers hat.
Mir ist wichtig, dass wir die Planungsbeschleunigung in das Gesetz aufgenommen haben. Wir haben das, was auf Bundes ebene schon gemacht worden ist, auf Landesebene übertra gen.
Aber ich will ganz deutlich sagen: Bei allen Infrastrukturmaß nahmen brauchen wir in den Bereichen Planung und Bauen insgesamt viel zu lange. Ich habe schon oft gesagt, dass wir ewig lang brauchen, um eine Schienenstrecke zu bauen.
Bis sie fertig ist, vergeht locker ein halbes Jahrhundert. Bis eine Straße fertig ist, vergehen auch Jahrzehnte. Das können wir uns nicht leisten. Das ist auch nicht sinnvoll.
Auch sinnvolle Straßen werden zum Teil unsinnig, wenn es Jahrzehnte braucht, bis sie gebaut sind. Dann hat sich alles verändert, und man baut der Geschichte hinterher. Auch das macht keinen Sinn.
Gestatten Sie mir ein bisschen Ironie. Ich freue mich ja, dass ich gegen die Kollegen Rivoir und Schütte beim Radwegebau verloren habe, dass sie es mir endlich gezeigt haben, dass man Radwege bauen muss und ein Lückenschluss benötigt wird. Diese Niederlage nehme ich stolz hin.
Herr Schütte, Sie haben zu Recht gesagt: Es geht im Wesent lichen auch um die Beschleunigung des Baus von Radschnell wegen.
Man muss kein Feind der Umwelt und der Natur sein, wenn man sagt: Vorbereitende Maßnahmen müssen vorgezogen werden. Wir haben dem extra einen Riegel vorgeschoben, da mit etwas, was nicht mehr rückholbar ist, nicht gemacht wer den darf. Aber es gibt beispielsweise Ausgleichsmaßnahmen, die naturschützend oder -pflegend sind. Ich meine, dies vor zuziehen verursacht keinen Schaden. Wir wollen, dass das vo rangeht. Was aber nicht mehr korrigierbar ist, das geht dann nicht.
Ich glaube, dass wir mit den Natur- und Umweltverbänden, die uns schwer kritisiert haben, ein gutes Verfahren gefunden haben. Wir haben gesagt: Es ist doch selbstverständlich, dass Recht und Gesetz auch für die Straßenbauverwaltung gelten.
Was wir gemacht haben – das hat noch niemand angespro chen –: Wir bündeln die Planung bei der Straßenbaubehörde, weil wir glauben, dass das Hin und Her und der Streit zwi schen den Behörden ein Element der Verzögerung ist. Es will sozusagen jeder recht haben, aber dem anderen nicht recht ge ben. Deswegen bündeln wir es. Wir haben im Ministerium das Referat für Natur- und Umweltschutz im Infrastrukturbereich
aus der Abteilung 4 herausgenommen und in die Straßenbau abteilung gesetzt, weil wir glauben, dass der kurze und direk te Weg hilft. Es ist, glaube ich, auch ein neues Denken derer, die für den Straßenbau zuständig sind, dass sie sagen: „Wir wollen, wenn wir Straßen bauen, diese umweltverträglich bau en.“ Dazu ist das Ganze da.
Wir glauben, dass wir mit dem neuen Gesetz einen ersten Bei trag zur nachhaltigen und klimafreundlichen Mobilität leisten können, dass wir die Raumansprüche damit fairer und einfa cher verteilen können, dass wir die Planungs- und Genehmi gungsverfahren damit beschleunigen können – auch für den Radweg. Ich glaube, insofern haben wir einen guten Aufschlag gemacht. Deswegen freue ich mich auch, dass wir eine brei te Unterstützung haben, von allen, die vernunftbegabt sind,
und danke Ihnen.
Frau Präsiden tin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abg. Katzenstein, ich danke für die Frage. Ich möchte mit einem Spruch aus der Internationalen Charta für das Ge hen beginnen:
Gehen ist das Erste, was ein Kind tun will, und das Letz te, was ein alter Mensch aufgeben will.
Insofern ist Gehen tatsächlich sehr bestimmend für das mensch liche Leben überhaupt und natürlich für die Fortbewegung.
Deswegen freut es mich, dass das Thema „Fußverkehr, Zu fußgehen“ auch stärker in den Mittelpunkt von Politik – auch von Bundespolitik – gerät. Es ist vor wenigen Jahren noch un vorstellbar gewesen, dass es überhaupt einen Bundeskongress zu diesem Thema gibt. Das ist jetzt schon der dritte gewesen. Wir haben uns beim Bund um die Austragung des dritten Kon gresses beworben, und wir waren überrascht, wie groß das In teresse an diesem Thema ist.
Das waren – Sie haben es gesagt – weit über 1 000 Teilneh mer. Der Kongress war erst anders geplant; wir haben dann coronabedingt umgestellt und ihn digital durchgeführt. Der Kongress ging über einen ganzen Tag. In den Hauptzeiten ha ben 800 bis 1 000 Personen an den verschiedenen Arbeits gruppen und Workshops teilgenommen. Das war, glaube ich, ein sehr deutliches Zeichen, dass Interesse daran bestand und man nicht nur sozusagen kurz reingeklickt hat. Die Menschen waren da und dabei.
Das Motto des Kongresses war übrigens „Jetzt Straßen für al le schaffen!“ Sie sehen: Das ist kein parteipolitisches Thema. Bundesverkehrsminister Scheuer hat den Kongress mit eröff net. Ministerpräsident Kretschmann hat ein Grußwort gehal ten. Oberbürgermeister Kuhn hat ein Grußwort gehalten. Auch ich durfte eine Eröffnungsrede halten.
Einige inhaltliche Punkte hatten wir alle gemeinsam: „Gehen ist wichtig, gesund, hilft der Stadt, erhöht die Lebensqualität in der Stadt. Wir wollen mehr dafür tun.“ Das war, glaube ich, unisono Tenor.
Die Workshops, die angeboten worden sind, bildeten ein brei tes Spektrum ab. Es ging um Fragen, die heute schon einmal angesprochen worden waren: Wie können wir Ortsmitten so gestalten, dass sie fußgängerfreundlich sind, dass man gern
einen kurzen Weg hat, dass man in seiner Kommune zu Fuß alles findet, was man fürs Leben braucht?
Dann ging es um die Frage von sicheren Querungshilfen. Es ging darum, wie wir die Mobilität von Kindern und Jugend lichen fördern, um Parkraumpolitik und Flächenneuverteilung. Wie vermeiden wir Konflikte zwischen Rad- und Fußverkehr? Interessanterweise wurde in diesem Workshop vor allem über den Konflikt zwischen Fuß- und Autoverkehr gesprochen. Trotzdem, denke ich, gibt es auch einen Konflikt zwischen Rad- und Fußverkehr.
Es ging außerdem darum, inwieweit die Straßenverkehrs-Ord nung mit Blick auf den Fußgängerverkehr modernisiert wer den muss, um Fußgängerverkehr als Zubringer zu Bus und Bahn, die Einbindung konzeptioneller Fragen, strategischer Fragen. Der Workshop bildete ein sehr breites Spektrum ab.
Übrigens wurde der Workshop technisch sehr schön gemacht. Auf seinem Bildschirm hat man einen virtuellen Raum vor sich gesehen und sich dann ausgesucht, welchen Workshop man besucht; über einen Gang ist man zum Workshop gelangt.
Einer der Leitvorträge kam von Lucy Saunders aus Großbri tannien. Sie ist die Direktorin von Healthy Streets. Sie hat ei nen Vortrag gehalten, der, glaube ich, für viele Teilnehmerin nen und Teilnehmer interessant war. Das, was wir vielleicht als „verkehrsberuhigte Straße“ bezeichnen, wird in London als „Healthy Street“ bezeichnet. Damit ist eine gesundheits förderliche, eine lebensqualitätsförderliche Straße gemeint. Sie hat gesagt: „Über Verkehr reden wir gar nicht. Wir über legen uns: Wie gestalten wir eine Straße, sodass sie healthy ist?“ Das ist aus unserer Perspektive vielleicht ein radikaler Ansatz, weil wir immer überlegen: Wie bekommen wir die Themen Verkehr und Gesundheit zusammen? Bei Healthy Streets wird gesagt: „Gesundheit fördern – das Problem Ver kehr lösen wir auch noch.“ Das ist, glaube ich, ein anderer An satz.
Aber an dem Beispiel ist schön deutlich geworden, wie man verkehrsberuhigte Straßen, wie man Fußgängerzonen so um gestalten kann, dass sie animierend sind, dass Kinder Freude an einer Straße haben, weil es in dieser auch für sie Angebo te gibt.
Wir haben zu den Themen und Teilnehmerzahlen Umfragen gemacht. Interessant war, dass das Interesse an den Workshops sehr breit gestreut war. Man kann also nicht sagen: Ein The ma war der Renner, und die anderen Themen haben nieman den interessiert. Vielmehr haben an jedem Workshop 150 bis 350 Personen teilgenommen. Übrigens sind die Workshops nicht parallel gelaufen, sondern vielfach auch hintereinander.
Die Workshops wurden – auch hierzu wurde eine Umfrage gemacht – sehr positiv bewertet. Viele waren der Meinung, dass insbesondere der Vortrag aus London, aber auch die Vor rundendiskussionen sehr anregend waren.
Wir haben uns bemüht, bestimmte Themen filmisch darzustel len – das hat natürlich ins Format gepasst – und anschließend darüber zu sprechen. In der Summe, glaube ich, war das eine super Sache.
Auch wurde darüber gesprochen: Wie können wir das Thema stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung und der Politik
tragen? Da fiel der Begriff „Gehkultur“. Wir müssen eine Geh kultur entwickeln. Es sollte wieder selbstverständlich und nor mal sein, zu Fuß zu gehen. Es sollte Freude machen. Tatsäch lich ist es auch so: Diejenigen unter uns, die gern zu Fuß ge hen, wissen, dass man die Stadt, sein Umfeld beim Gehen an ders wahrnimmt. Selbst als Radfahrer nimmt man viele Din ge nicht wahr, weil man zu schnell fährt und aufpassen muss. Wenn man auf einem sicheren Gehweg, in einem sicheren Gehwegnetz unterwegs ist, kann man auch schon einmal rie chen, spüren, was Sache ist. Im Frühjahr mache ich das be sonders gern. Da kann man förmlich riechen, was zu blühen beginnt.
Was will mir der Kollege damit sagen? Dass viele Abgeord nete beim Essen sind?
Auch ein Fußgänger muss ab und zu einmal tanken
und Stoff und Energie sammeln. Insofern ist es völlig korrekt: Sie sind in der Vorbereitung zum Gehen.
Fangen wir mit dem Bund an. Bundesminister Scheuer hat sich ausdrücklich zur Förderung des Fußverkehrs verpflichtet und bekannt.
Auf Bundesebene soll eine Fußverkehrsstrategie erarbeitet werden. Es ist aller Achtung wert, dass der Bund das macht. Es ist nicht so, dass man auf Bundesebene nicht wahrnehmen würde, wie die gesellschaftliche Debatte verläuft. Das will ich ausdrücklich sagen. Phasenweise haben sich manche gewun dert, dass Minister Scheuer und ich miteinander gesprochen
haben, als wären wir zwei Freunde aus alten Zeiten, die das Gleiche wollen –
gerade in dieser Frage. Da bewegt sich etwas, da ändert sich etwas.
Jetzt zum Land und zur Landespolitik: Wir haben schon eini ges aufgenommen. Wir haben z. B. mit initiiert und geholfen, dass die Arbeitsgemeinschaft „Fahrradfreundliche Kommune“ jetzt auch den Fußverkehr mit aufnimmt. Wir unterstützen das auch.
Wir haben die Idee „1 000 Zebrastreifen für Baden-Württem berg“ als Erleichterung der Querungshilfen. Es gibt einen Leit faden für die Kommunen, damit man lernt, wie man die si chere Überquerung besser gestalten kann.
Wir haben übrigens auch einige bürokratische Hemmnisse ab gebaut, damit dies möglich ist. Es gab ziemlich harte Vor schriften, wann man überhaupt einen Zebrastreifen machen darf. Daher konnte man fragen: Wofür brauchen wir den dann überhaupt noch? Ich bin ein Anhänger des Zebrastreifens. Der Zebrastreifen stammt noch aus der Zeit, als der Fußgänger oder die Fußgängerin selbstverständlich Vorrang hatte. Genau genommen ist es ein intelligentes Querungsmittel; denn wenn man einmal beobachtet, wie lange es bei einer Ampel dauert, bis man als Fußgänger Grün bekommt, um über die Straße laufen zu dürfen, und wie lange das Auto noch stehen bleiben muss, obwohl der Fußgänger schon längst weiter ist – die Au tos stehen dann noch immer –, dann muss ich sagen: Ein Ze brastreifen ist viel besser. Der Autofahrer sieht den Fußgän ger, geht ein wenig auf die Bremse, dann überquert der Fuß gänger schnell die Straße, und der Autofahrer muss nicht ein mal halten, sondern kann weiterfahren. Also: Der Zebrastrei fen ist für Fußgänger und für Autofahrer das bessere Mittel.
Das Sozialministerium, das Ministerium für Ländlichen Raum und das Verkehrsministerium werden demnächst beim Projekt „Ortsmitten – gemeinsam barrierefrei und lebenswert gestal ten“ verkünden, dass wir 20 Orten, die bereit sind, dieses Pro jekt zu machen, die Beratung schenken. Wir helfen ihnen da bei, diesen Umbau zu machen.
Wir haben das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz so verändert, dass gerade auch Fußverkehrsmaßnahmen ge fördert werden können.
So gesehen haben wir, glaube ich, schon ziemlich viel ge macht. Trotzdem muss ich sagen: Natürlich ist das nicht das Ende der Politik; denn als Fußgänger merkt man auch: Man hat bisweilen einen schönen Weg, aber dann endet er auch hart an der Straße, sodass man sich fragt: Wie geht es weiter?
Ich kann jedem raten, einmal als Fußgänger zu versuchen, die Charlottenkreuzung hier schräg gegenüber zu überqueren.
Dann wird er feststellen – die Straße ist ja in alle Richtungen mehrspurig –, dass er praktisch an jeder Straße stehen muss. Man kommt einfach nicht vorwärts, es gibt keine Ampelschal tung, die es ermöglicht, die Straße rasch zu überqueren –
selbst abends nicht. Da sage ich: Zu einer fußgängerfreundli chen Stadt gehört es, dass man direkt über die Straße kommt.
Oder nehmen wir die Ampel an der B 14 vor dem Landtag. Darüber haben wir oft gestritten. Die kann man eigentlich ver gessen, weil man drei Mal drücken muss, bis man rüber kommt. Das ist sehr teuer und eigentlich fußgängerfeindlich. Letztlich schadet es auch dem Autoverkehr. Also sollte man es gleich bleiben lassen. Solche Ampeln braucht man wirk lich nicht. Vielmehr sollten das Bedarfsampeln sein. Man geht in einem Zug hinüber, und sofort schalten sie für den Auto verkehr wieder auf Grün. Solche Dinge müssen wir machen. Das will ich auch vorantreiben: intelligente Ampeln für Fuß gänger und für den Autoverkehr.
Ich glaube, dass wir auch ein Netzwerk brauchen. Man muss sich von dem Gedanken lösen: Ich mache da einen Fußweg. Erstens brauchen wir breitere Fußwege, und zweitens brau chen wir sichere und grüne – so sage ich immer – Netze von Fußwegen, sodass man in der Stadt zu Fuß tatsächlich schnell und direkt vorankommt und nicht ständig Umwege machen muss, mal nach unten, nach oben laufen muss, Treppen stei gen und Engpässe bewältigen muss.
Ich sage es auch ganz offen: Ich bin nicht glücklich über die gemischten Wege, auf denen Radfahrer und Fußgänger ver kehren.
Das geht nicht mehr zusammen. Das ist zu gefährlich. Da bin ich klar für eine Trennung. Wenn eine bestimmte Menge von Radlern da ist, sind diese für Fußgänger zu gefährlich.
Das wäre übrigens ein Auftrag ans Finanzministerium für den Bereich des Landes.
Man sieht, es gibt noch einiges zu tun. Aber es kommt auch sehr darauf an, dass die Kommunen das Angebot jetzt aktiv annehmen.
Vielen Dank. – Das ist eine schwierige Frage. In dem Sinn, wie Sie gefragt haben, haben wir kein konkretes Zahlenmaterial über Kon flikte usw. Aber es gibt natürlich schon ziemlich viele erfah rungsgestützte Einschätzungen, dass dort, wo viel Radverkehr ist, häufig Konflikte sind. Das kann man schon sagen.
Jedoch ist es im ländlichen Raum, wo auf dem Gehweg fast niemand unterwegs ist, kein Problem, wenn dort zugelassen
ist, dass man mit dem Rad fahren kann, weil es auch keinen Radweg gibt. Aber innerorts ist es schon ein Problem, wenn auf relativ engen Wegen Radfahrer, Scooter und Fußgänger unterwegs sind. Ich höre immer öfter von Menschen, die eben nicht Radfahrer und nicht Scooterfahrer sind, dass sie sich von den Radfahrern bedroht fühlen, weil Radfahrer gerade durch die Pedelecs auf diesen gemischten Wegen zu schnell unter wegs sind.
Ich überlege mir wirklich ernsthaft, ob wir nicht öfter einmal eine Kampagne machen müssen, in deren Rahmen wir Rad fahrer anhalten und sagen: Wie kannst du mit 25, 30 km/h an einer Stelle fahren, wo so viele Fußgänger – Fußgänger mit Kindern; Hund und Katze – unterwegs sind? Das ist verant wortungslos. Da kannst du nicht so tun, als wärst du auf der Rennbahn.
Wir werden es in bestimmten Bereichen nicht schaffen, alles zu trennen, aber jetzt nehmen wir einmal das Beispiel hier um den Landtag. Da ist es leider so, dass der Radweg so schlecht ausgeschildert ist und hintenherum verläuft, dass die meisten gar nicht wissen, dass man hier vorn eigentlich die ständige Störung mit den Fußgängern hat. Ich glaube, dass die Aus schilderung oder auch die Piktogramme auf dem Boden Ver besserungsmöglichkeiten bieten.
Allerdings muss ich sagen: In der Stadt ärgert es mich als Rad ler immer wieder: Da ist ein Piktogramm, ein Fahrrad auf den Boden gemalt, und da stehen die Fußgänger drauf und sehen es nicht. Das gibt es auch. Aber wir werden uns des Konflikts annehmen müssen. Je mehr Menschen Rad fahren, desto kla rer wird es, dass wir eine besser funktionierende Regelung brauchen.
Vielen Dank für die Frage. – Tatsächlich ist es so, dass die Ampelregelung da durch begründet wird, dass der Zebrastreifen zu gefährlich ist. Das ist die Begründung, die man immer von der Verwaltung hört.
Ich kann das jetzt mit Zahlenmaterial nicht belegen. Ich lese aber immer, dass das die Begründung ist. Ich schaue aber ein mal nach, ob wir Zahlen haben. Das interessiert mich selbst auch.
Denn ich glaube eigentlich nicht, dass ein Zebrastreifen zu ge fährlich ist. Nur einen Zebrastreifen, der quasi aus dem Nichts kommt und auf den man nicht vorbereitet ist, übersieht man. Aber Zebrastreifen kann man mit Schildern ankündigen, man kann sie nachts beleuchten, sodass auffällt, dass dort eine Que rung ist – das macht man übrigens auch bei anderen Querun gen –, sodass das gut geht.
Viele sagen: „Bei Zebrastreifen achtet der Fußgänger nicht auf den Verkehr.“ Das kann man aber auch lernen. Man kann schon den Schülern in den Schulen beibringen, dass sie beim Zebrastreifen Vorrang haben, aber trotzdem schauen müssen. Einfach darüberzulaufen ist gefährlich. Man kann ihnen bei bringen: Ihr müsst Kontakt aufnehmen zu dem Autofahrer und schauen, ob er euch wahrnimmt. Dann könnt ihr über den Ze brastreifen gehen. Das halte ich für wichtig und machbar. Da für werde ich mich auch einsetzen.
Wenn eine Ampel eingesetzt werden soll, dann bin ich für ei ne Ampel, die faktisch für die Autofahrer auf Grün steht und die nur dann, wenn die Fußgänger sie benutzen, kurzzeitig auf Rot schaltet, die Fußgänger die Straße überqueren lässt und dann sofort wieder auf Grün zurückspringt oder abgeschaltet wird. Das gibt es ja alles.
Es gibt sogar Ampeln, die technisch so gestaltet sind, dass je mand, der z. B. Tempo 30 fährt, Grün hat. Das kann man heut zutage alles machen. Ich finde, gemessen an dem, was tech nisch möglich ist, ist das Ampelsystem, das wir haben, von vorgestern.
Zu der netten Bemerkung zum Thema Grün wollte ich noch etwas sagen, damit ich nicht missverstanden werde. Ich mei ne: Einen Gehweg, der entlang einer Betonwand verläuft und wo auf der anderen Seite auch noch irgendetwas Unschönes ist, den nutzt man nicht gern. Wenn der Bereich aber begrünt ist, wenn da etwas blüht, wenn da etwas wächst, wenn da ein Baum steht usw., dann wird der Weg als angenehm empfun den. Es sollte daher bedacht werden, dass man die Wege grün – grün im Sinne von einem wachsenden Grün – und sicher ge staltet.
Um ehrlich zu sein: Ich glaube, die letzten Lotsen habe ich in meiner Schul zeit gesehen.
Ich wohne in der Nähe einer Schule, an der es auch keine Lot sen gibt. Manchmal übernehmen Eltern oder einige Lehrer diese Aufgabe. Gerade zum Schulanfang achten sie darauf, dass die Übergänge sicher sind. Dass man da früher aufge passt hat, fand ich übrigens nicht schlecht.
Ich bin auch mit der Kultusministerin und mit Vertretern des Kultusministeriums im Kontakt. Wir arbeiten in einer Arbeits gruppe zusammen, die schaut, was beim Rad- und Fußverkehr für Schulen gemacht werden kann.
Wir legen auch Wert darauf, dass der Radführerschein noch an der Schule gemacht wird, dass also in der Grundschule die Verkehrsausbildung stattfindet. Dazu gehört auch die Fußgän gererziehung. Ich meine, es ist das Allerwichtigste, dass jun ge Menschen in der Grundschulzeit die Kompetenz entwi ckeln, sich in dem gefährlichen Verkehrssystem zurechtzufin den, sodass sie sich nicht selbst gefährden.
Wenn man aufpasst, kann man sicher unterwegs sein. Man darf aber nicht dieses oder jenes nebenher machen – Handy oder, was ich ganz schlimm finde, die Verbreitung von Kopf hörern –, sodass man nicht mehr wahrnimmt, was ein Risiko bzw. eine Gefährdung ist.
Für mich wäre wichtig, dass man den Schülerinnen und Schü lern beibringt, dass es das Beste ist, mit eigener Körperkraft zur Schule zu kommen, sei es zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Scooter. Wenn in meiner Schulzeit jemand mit dem Auto in die Schule gefahren worden wäre, dann hätte man den glatt als „behindert“ beschimpft.
Das soll jetzt keine Beleidigung sein, aber damals hat man so gedacht – man hätte das auch so gesagt. Heute ist das natür lich diskriminierend. Aber es war völlig klar, dass jeder und jede selbstständig in die Schule kommt. Alles andere war pein lich.
Vielen Dank. – Ich glaube, da gibt es zwei Perspektiven.
Zum einen gibt es Barrieren – was Sie zuletzt angesprochen haben. Ich glaube, viele Barrieren müssen abgebaut werden. Bei uns in Süddeutschland ist es ziemlich übel, dass bei ab gesenkten Bordsteinen eigentlich überall noch immer so viel übrig bleibt und es scharfe Kanten gibt. Wer Rollstuhlfahrer ist oder Radfahrer, ärgert sich darüber mordsmäßig. Da muss ich sagen: In den USA ist es schon seit Jahrzehnten selbstver ständlich, dass es eine vollständige Absenkung gibt, über die man glatt herüberfahren kann. Hier heißt es immer, das ma che man wegen der Blinden so. Aber anderswo gibt es eben falls Blinde, und man könnte sozusagen auch Rillen in den Boden einsenken, sodass man merkt, wo der Gehweg zu En de ist und die Straße beginnt.
Wir müssen also Barrieren abbauen und Treppen anders ge stalten. Man kann viele Treppen mit Schiebeschienen für Kin derwagen und für Fahrräder sehen. Man muss fast schon ein sportiver Künstler sein, um dort hochzukommen. Viele Trep pen sind wirklich nicht benutzerfreundlich, gerade wenn man etwas dabei hat.
Auch die Beläge sind nicht gut. Da eignet sich Stuttgart, muss ich sagen, als Beispiel ganz schlecht. Es gibt Platten, die ka putt sind, die aufgesprungen sind. Dann gibt es dazwischen Asphalt und gleich wieder Platten. Gute Fußgängerstädte ach ten auf einen glatten und trotzdem griffigen Belag. Das ist ent scheidend: glatt und griffig. Das ist ganz wichtig.
Der zweite Bereich, den ich mit dieser Frage verbinde, ist die Sicherheit. Ich höre von Frauen immer wieder, dass sie nachts bestimmte Wege nicht gehen und lieber ein Taxi nehmen, ob wohl man zu Fuß gehen könnte. Das liegt daran, dass die We ge, wenn sie schon einmal separiert sind, bei uns häufig so ab seitig sind, dass es schon gefährlich abseitig ist.
Deswegen glaube ich: Wenn man will, dass auch Frauen si cher gehen können, müssen Wege gut beleuchtet sein. Sie soll ten auch nicht abseitig sein, sondern dort, wo Menschen sind, damit man, wenn man schreit, sozusagen noch jemanden hö rend erwischt, weil ein Haus in der Nähe ist.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist mir viel Zeit zum Reden geschenkt.
Wir reden jetzt über einen Gesetzentwurf mit dem komplizier ten Namen „Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Pla nung, Organisation und Gestaltung des öffentlichen Personen nahverkehrs und des Finanzausgleichsgesetzes“. Käme das Gesetz aus Berlin, würde es in Anlehnung an ein Beispiel aus dem Bereich des Sozialministeriums wahrscheinlich „Guter ÖPNV“-Gesetz heißen.
Aber worum geht es? Es geht um die Qualität des öffentlichen Verkehrs. Weil sich alle Rednerinnen und Redner nicht nur auf das Gesetz selbst, sondern auch auf einige Punkte bezo gen haben, die darum herum in der Diskussion, im Gespräch sind, möchte ich zunächst darauf eingehen.
Dass wir jetzt ein solches Bündnis für den Mittelstand ge macht haben, Herr Haußmann, war ja im Koalitionsvertrag vereinbart – von Kommunen wie von Unternehmen gefordert. Wir haben anderthalb Jahre lang verhandelt, damit wir diesen Text zusammenbekommen. Am Ende haben wir ihn in dieser Woche gemeinsam unterzeichnet – mit den Vertretern des Städtetags, Frau Heute-Bluhm, des Landkreistags, Herrn von Komorowski, und des Mittelstands, dem WBO-Vorsitzenden Sedelmeier. Das haben alle unterschrieben, und Herr Sedel meier, ein Vertreter des Mittelstands und kein Grüner, hat aus
drücklich gesagt: „Ich möchte den Minister und das Ministe rium loben, dass sie diesen Pakt zustande bekommen haben. Wir sind voll und ganz zufrieden, weil unsere Interessen da mit zu Papier gebracht und festgestellt worden sind.“
Jetzt sage ich auch, warum das wichtig ist. Wir empfehlen den Landkreisen und den Städten, mittelstandsfreundliche Aus schreibungszeiten zu machen, mittelstandsfreundliche Modu le zu schaffen, also Netze oder Linienbündel, die kleine Un ternehmen auch tatsächlich anbieten können. Man sollte bei den Laufzeiten darauf achten, dass auch eine Dynamisierung der Kosten berücksichtigt wird. Das haben wir, das Ministe rium, ganz zum Schluss noch vorgeschlagen. Damit soll es auch sein Bewenden haben. Darin steht natürlich noch viel mehr.
Aber alle haben gesagt: „Das gibt es in der ganzen Republik nicht, das ist einmalig. In anderen Ländern werden sie uns um diesen Pakt beneiden.“ Sie dagegen sagen gerade: „Ich habe aber Sorgen, und der Mittelstand ist nicht berücksichtigt.“ Lie ber Herr Haußmann, ich hätte nicht gedacht, dass ich eines Tages einmal einem FDP-Mann erklären muss, dass zur Markt wirtschaft auch Wettbewerb gehört und sich im Wettbewerb jeder anstrengen muss. Es ist aber entscheidend, dass man gu te Regeln trifft, und das ist bei diesem Pakt für den Mittelstand der Fall. Er setzt die richtigen Regeln.
Ich will noch etwas Zweites ansprechen: Natürlich ist der ÖPNV gerade in einer schwierigen Situation, weil die Einnah men jetzt fast das ganze Jahr über kontinuierlich weggebro chen sind. Es ist auch nicht in Sicht, dass sie jetzt wieder rich tig hochgehen.
Man muss sich, glaube ich, darauf einstellen, dass wir min destens in diesem Jahr und auch Anfang nächsten Jahres noch deutlich weniger Fahrgäste und damit deutlich weniger Ein nahmen haben. Deswegen war es gut, dass wir, die Koalition, rechtzeitig beschlossen haben: Wir machen einen Rettungs schirm. Wir haben dies in der Weise geschafft, dass wir sagen: Wir legen über 450 Millionen € auf den Tisch, um der Bran che zu helfen. Damit haben wir erreicht, dass der Bund eine Kofinanzierung in gleicher Höhe machte. Das hat der Bran che wirklich geholfen. Ich bin froh, dass wir das rechtzeitig geschafft haben.