Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 30. Sitzung des 16. Landtags von Baden-Württemberg.
Von der Teilnahmepflicht befreit sind Herr Abg. Deuschle, Herr Abg. Drexler, Frau Abg. Erikli, Herr Abg. Kopp, Frau Abg. Lindlohr, Herr Abg. Dr. Podeswa, Herr Abg. Dr. Rein hart, Herr Abg. Dr. Schmid, Herr Abg. Dr. Weirauch sowie Frau Abg. Wolle.
Aus dienstlichen Gründen entschuldigt hat sich ganztägig Herr Minister Wolf. Entschuldigt ist ebenfalls Frau Staatsrätin Er ler.
Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung der Landes regierung vom 21. März 2017 – Information über Staatsver tragsentwürfe; hier: Entwurf eines Staatsvertrags über die Or ganisation eines gemeinsamen Akkreditierungssystems zur Qualitätssicherung in Studium und Lehre an deutschen Hoch schulen (Studienakkreditierungsstaatsvertrag) –, Drucksache 16/1823. Ich schlage vor, diese Mitteilung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir haben heute ein Geburtstags kind in unseren Reihen. Lieber Herr Kollege Gramling, im Namen des ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen sehr herzlich und wünsche alles Gute.
Aktuelle Debatte – Wie steht Baden-Württemberg zur ge planten Einführung der Pkw-Maut auf deutschen Auto bahnen? – beantragt von der Fraktion der AfD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 50 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion zur Verfügung. Ich darf die Mitglieder der Landes regierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten; das tun sie sicher.
Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.
In der Aussprache erteile ich für die AfD-Fraktion Herrn Frak tionsvorsitzenden Dr. Meuthen das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, geschätzte Kollegen Abgeordnete, meine Damen und Herren! Etwa 13 000 km lang ist das deutsche Autobahnnetz. Etwa dieselbe Länge dürfte mittlerweile die Nase unserer Kanzler darstellerin Angela Merkel haben.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an das Jahr 2013. Damals verkündete Merkel in fast schon Walter-Ulbricht-haftem Duk tus, dass es mit ihr keinesfalls eine Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen geben werde. Niemand hatte also die Absicht, ei ne Pkw-Maut einzuführen? Denkste! Die Pkw-Maut wird nun wohl endgültig kommen unter Kanzlerin Merkel, und Ange la Merkel steht in puncto Glaubwürdigkeit dem Genossen Walter Ulbricht in nichts nach.
ist dabei fadenscheinig. Man brauche mehr Geld – so argu mentiert die Regierung – für die Verkehrsinfrastruktur, und die Pkw-Maut sei geeignet, hier die Mittel zu erhöhen. Nun ja, von den Einnahmen aus dem Straßenverkehr, etwa aus der Mineralöl- oder der Kfz-Steuer – in toto weit über 50 Milli arden € –, fließt gerade einmal ein Drittel in die ohnehin schon marode Verkehrsinfrastruktur. Das heißt im Klartext: Die Au tofahrer zahlen mehr ein, als sie an Verkehrsinfrastruktur he rausbekommen, und zwar wesentlich mehr. Im grün-ideolo gischen Kampf gegen das Auto werden seit Jahren unsere Straßen kaputtgespart. Ob da nun die erhofften 500 Millio nen € aus der Maut großartig Abhilfe schaffen würden, darf bezweifelt werden. Vermutlich würde man auch diese Mittel rasch zweckentfremden. Schließlich ist die Bundesregierung für ihre kreative Haushaltsführung berühmt-berüchtigt.
Ob man nun aber überhaupt auf die erhofften 500 Millionen € zusätzlicher Einnahmen aus der Maut wird zurückgreifen kön nen, ist indes mehr als fraglich. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die Bürokratiekosten dieses Vorhabens die fiskali schen Erträge – man stelle sich das einmal vor! – absehbar so gar noch übersteigen werden. – Ziemlich unsinnig.
Doch ganz unabhängig von Angela Merkels nicht vorhande ner Glaubwürdigkeit und dieser fadenscheinigen Begründung muss man sagen: Zumindest der Ansatz, für im Ausland re gistrierte und auf deutschen Autobahnen fahrende Pkws eine Mautgebühr zu verlangen, ist nicht völlig verkehrt. Wenn et wa ein Holländer in den Niederlanden volltankt und dann in die Schweiz fährt, wird er in nicht seltenen Fällen teure deut sche Autobahnen benutzen, ohne hier auch nur einen einzigen Cent zu deren Finanzierung beizutragen. Eine Maut für im Ausland registrierte Pkws wäre deshalb durchaus ein proba tes Mittel,
um die Trittbrettfahrerproblematik einzudämmen und das Äquivalenzprinzip bei der Finanzierung öffentlicher Infra struktur, hier der Straßen, zu stärken.
Dass man Besitzern von in Deutschland registrierten Pkws ei ne Maut aufbürdet, ist hingegen in mehrfacher Hinsicht falsch. Die bereits zu entrichtende Mineralölsteuer – nicht eben ge ring – und die Kfz-Steuer sind im Grunde genommen nichts anderes als eine alles in allem nutzungsgerechte Maut für je den gefahrenen Kilometer. Wer viel fährt, zahlt viel; wer we niger fährt, zahlt weniger; wer gar nicht fährt, zahlt nichts. Wer die Umwelt mit veralteter Technik stärker belastet, zahlt über die Kfz-Steuer mehr. Wer umweltschonendere, neue Technik verwendet, zahlt weniger. Das alles ist äquivalent, das ist unbürokratisch, das ist gerecht, und das haben wir be reits.
Es ist daher naheliegend, aus Gerechtigkeitsgründen für im Ausland registrierte Pkws eine Mautgebühr zu verlangen, für in Deutschland registrierte Pkws hingegen auf eine direkte Maut zu verzichten, da die deutschen Autofahrer dafür ja be reits zahlen. Und nein, entgegen eines weit verbreiteten Irr tums wäre dies keine Diskriminierung, sondern ganz im Ge genteil: Es wäre die Korrektur einer Diskriminierung,
eine Korrektur der Diskriminierung des steuerzahlenden deut schen Autofahrers, der im europäischen Ausland unterwegs ist und dort für die Nutzung dieser Straßen nahezu überall ganz selbstverständlich Maut entrichtet – ob nun in Form des französischen Péage oder in Form von Vignettenlösungen, wie das in Österreich und der Schweiz gehandhabt wird. Es wäre also eine Korrektur der Diskriminierung des steuerzahlenden deutschen Autofahrers, der die deutschen Autobahnen bezah len muss, ohne dabei durch Straßengebühren der im Ausland registrierten Pkws entlastet zu werden, und eine Korrektur der Privilegierung des steuerzahlenden ausländischen Autofah rers, der in seinem Land durch die Mautzahlungen deutscher Autofahrer entlastet wird – was im Grundsatz auch richtig ist.
Nein, meine Damen und Herren, es ist mir unbegreiflich, wes halb eine solche Korrektur gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen soll. Vielmehr würde hierdurch eine bestehende Diskriminierung korrigiert werden. Aber in Brüssel wittert man ja sowieso ständig Diskriminierung, selbst dann, wenn Antidiskriminierung betrieben wird. Die EU leidet hier tat
Sie sieht ernsthaft Diskriminierung dort, wo wir es mit Anti diskriminierung zu tun haben. Und sie sieht Antidiskriminie rung dort, wo wir es mit Diskriminierung zu tun haben. Manchmal wirkt die EU schon ein wenig schizophren.
Schließlich predigt sie uns allen immer etwas von Subsidia rität und von der Souveränität ihrer Mitgliedsstaaten. Macht aber einer der Mitgliedsstaaten von seinen ihm zustehenden Kompetenzen Gebrauch, kommt schnurstracks der EU-recht liche Zeigefinger aus Brüssel.
Natürlich ist es legitim, eine Maut einzuführen. Natürlich wä re es legitim, dabei gleichzeitig die Zahlungspflichten für In länder zu reduzieren. Schließlich gehört dies zum Lastenaus gleich bei grenzüberschreitend verursachten Kosten. Natür lich gehört es zur Steuerhoheit des deutschen Gesetzgebers, die Zahlungslast für Inländer nach eigenem Belieben zu ge stalten.
Das zeichnet schließlich Subsidiarität aus – Subsidiarität, die sich die EU zwar gern auf ihre Fahnen heftet, die sie aber in ihrer gelebten Praxis permanent diskriminiert. Ich weiß, ich weise nicht zum ersten Mal darauf hin. Das haben wir hier bald in jeder zweiten Debatte.
Wenn sich die EU-Kommission ein Urteil darüber anmaßt, welcher Mix aus Steuern und Gebühren für das Verkehrswe sen der richtige ist, müsste sie von einem gesamteuropäischem Einheitsmodell ausgehen. Hat sie aber jemals ein solches Ein heitsmodell vorgelegt? Nein, natürlich nicht. Das hätte übri gens mit Subsidiarität auch nur äußerst wenig zu tun. Nur soll te sie dann konsequenterweise von der Steuerhoheit der Mit gliedsstaaten und ihrem Recht auf souveräne Gestaltung der eigenen Verkehrsinfrastruktur gefälligst ihre Finger lassen.
Denn, um es klar zu sagen: Unsere Autobahnen gehören uns und nicht der EU. Wir sollten bestimmen, wer unsere Auto bahnen zu welchen Bedingungen nutzen darf und wer nicht – wir, und nicht irgendwelche EU-Kommissare.
Im Ergebnis führt uns die EU-rechtliche Vorgabe einer ver meintlichen Antidiskriminierung in eine extrem bürokratische Mautregelung, die hohe administrative Kosten verursacht, welche am Ende sogar die Mauteinnahmen übertreffen. Oh ne zentralisierende Bürokratisierung könnte man sich das al les komplett sparen. Was letztlich von der ganzen Geschich te dieser Mautregelung, die jetzt durch den Bundesrat gegan gen ist, bleibt, ist eine bürokratische Gängelung und eine fis kalische Belastung für den deutschen Autofahrer.
Der Nutzen in dieser Form ist aber gleich null. – Meine Da men und Herren, aus Brüssel nichts Neues.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst vorab, Herr Meuthen: Der Vergleich, den Sie zwischen Frau Merkel und Herrn Ul bricht gezogen haben – zwischen der Maut und einer Mauer, an der Menschen erschossen wurden –, ist schlicht schäbig.