Sebastian Schlüsselburg
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Last Statements
Vielen Dank, Herr Kollege Goiny! Ich muss jetzt doch noch mal fragen: Sie haben eben den Vorschlag des Kollegen Zillich, eine maßvolle Vermögensabgabe, zeitlich gestreckt, damit sie auch verkraftbar ist, als solidarisches Sonderopfer für diese außergewöhnliche Lage heranzuziehen, für Ihre Fraktion und Ihre Partei abgelehnt. Das steht aber im Widerspruch zu dem Handeln Ihrer Bundesregierung zu Beginn der Bundesrepublik, wo genau so ein Instrument gewählt wurde, um die Nachkriegsfolgen abzufedern. Wieso haben Sie denn da Ihre Position geändert?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Satz ist geflügelt in den letzten Monaten immer wieder auf allen Ebenen genannt worden: Die Coronapandemie, die Coronakrise legt schonungslos alle Schwächen in unserem funktionierenden Gemeinwesen und in unserer Gesellschaft auf. Ich möchte ergänzen: Sie legt auch schonungslos offen, dass die AfD nichts weiter als überflüssig ist. Sie haben keinen Gebrauchswert in unserer Gesellschaft.
Dieser Antrag macht das deutlich. Bei Ihnen hat man von Beginn der Pandemie an überhaupt nicht gewusst, ob Sie überhaupt irgend eine Linie haben. Ihre Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Frau Weidel, hat Mitte März noch getwittert: Es müssen sofort radikale Maßnahmen ergriffen werden. Das gesellschaftliche Leben muss komplett heruntergefahren werden. Die Bundesregierung handelt nicht und gefährdet Menschenleben.
Ende April hat sie getweetet: Die Wirtschaft muss sofort hochgefahren werden. Die Gastronomie muss noch vor dem Wochenende öffnen. Die Bundesregierung muss handeln. Jetzt, bei dem zweiten Lockdown light und der zweiten Welle, die wir jetzt haben, mischen Sie sich unter die Reichsbürger, Rechtsextreme, und drehen Ihre Fahne nach dem Wind und spielen sich auf, als wenn Sie die Lordsiegelbewahrer der Grundrechte wären, so auch ihre Rede, die Sie hier versucht haben zu halten.
Warum machen Sie das? Das ist doch ganz übersichtlich. Sie machen das, weil Sie wie ein Ertrinkender politisch ums Überleben kämpfen.
Da sprechen die Zahlen Bände. Schauen wir uns doch einmal die Zahlen an. Bei Forsa im Juli 2018 hatten Sie in den Umfragewerten auf Bundesebene 16 Prozent. Im März 20, wieder Forsa, zu Beginn der Coronakrise, waren es nur noch 11 Prozent.
Ende November 2020 sind Sie auf 7 Prozent heruntergesackt, 1 Prozent weniger als Die Linke in derselben Umfrage. Wir haben jetzt noch 2 Prozent bis zur 5-ProzentHürde. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass die Gesellschaft, weil wir Sie nicht brauchen, erkennt, dass Sie dem Bundestag nicht mehr angehören müssen und einfach einmal abgewählt werden.
Deswegen schlagen Sie um sich. Als erstes versuchen Sie sich in Law-and-Ordermanier an die Leute heranzuwanzen in dem Glauben: Ja, dann haben wir Aufwind, wenn wir die möglichst radikalen Shutdownprediger sind. Dann stellen Sie fest, oh, die Wirtschaft muss wieder hochgefahren werden. Versuchen wir es doch mit dieser Forderung. Jetzt versuchen Sie sich heranzuwanzen an Leute, die durchaus berechtigte Sorge haben bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseingriffe.
Jetzt komme ich aber noch einmal zu dem konkreten Instrument. Dazu haben Herr Rissman und Herr Kohlmeier einiges gesagt. Sie bemänteln Ihren Antrag hier mit einer pseudosachlichen Begründung und sagen, wir bräuchten einen Sonderausschuss, frei nach dem Motto, wenn ich nicht weiter weiß, das wissen Sie bei Corona nicht, dann gründe einen Arbeitskreis. Sie haben verkannt, dass dieses Parlament mit seiner Arbeitsteilung, die es in der Geschäftsordnung hat, sehr wohl in der Lage ist, zu sachgerechten Entscheidungen und zur Regierungskontrolle zukommen.
Sie waren gerade eben, zwei Tagesordnungspunkte vorher, Zeuge, dass dieses Plenum von seinem Königsrecht Gebrauch gemacht, einen Nachtragshaushalt beschlossen hat, der die Stadt Berlin sozial und solidarisch in der Krise am Laufen hält.
Was tun Sie hier? Sie behaupten das Gegenteil, dass wir das nicht machen. Das ist doch frech, es ist einfach nur frech.
(Sven Rissmann)
Das lassen wir Ihnen an der Stelle nicht durchgehen. – Herr Vallendar! Wir sind hier nicht auf dem Kasernenhof. Wir sind hier im Parlament. Parlament kommt von parler und nicht von Herumschreien. Benehmen Sie sich mal!
Aber nur, wenn sie geistreich sind und nicht solch komisches Zeug hier.
Wissen Sie, was ich Ihnen hier unterstelle? Ich unterstelle Ihnen, dass Sie mit diesem Sonderausschuss eigentlich etwas ganz anderes bezwecken, nämlich das, was Sie im Bundestag auch schon versucht haben. Sie versuchen, einen Pseudo-Untersuchungsausschuss zu installieren, den Sie versuchen, für Ihre Filterblase zu einer Art Tribunal gegen die jeweilige Regierungspolitik zu machen und bei begleitenden Prozessen sozusagen Untersuchungsgegenstände ans Licht zu zerren. Das lassen wir Ihnen auch nicht durchgehen. Dazu können Sie sich mal verhalten.
Wir haben eine sachgerechte Arbeitsteilung in diesem Parlament. Der Rechtsauschuss ist es gewesen, der übrigens einstimmig auf Initiative der Koalitionsfraktionen zur Gewährleistung der Religionsfreiheit und des Versammlungsgrundrechts eine eindeutige Beschlussempfehlung an den Senat abgegeben hat. Sich hier hinzustellen und zu behaupten, dass dieses Parlament nicht in der Lage ist, Grundrechtsabwägungen vorzunehmen, ist einfach nur frech. Dieser Antrag gehört in die Tonne. Dahin werden wir ihn auch gleich befördern. Wir werden stattdessen auf dem seriösen und sachgerechten Weg weiterschreiten, den wir mit den demokratischen Oppositionsfraktionen zusammen gehen, nämlich schauen, wie wir ein Landesgesetz zur Umsetzung der Coronamaßnahmen hinbekommen, wo es sowohl um die Parlamentsbeteiligung als auch um die wesentlichen Grundrechtsabwägungen geht. Das ist der richtige Weg und nicht diese Pseudoanträge, die Sie hier stellen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Vandrey für das Zulassen der Frage und die einminütige Beantwortungsmöglichkeit! Ich stelle Ihnen die Frage, ob Sie mir zustimmen, dass die Äußerungen des Kollegen Vallendar in seiner Rede, die er vorhin gehalten hat, bezüglich des Notverordnungsregimes und seinem Sprachgebrauch von Ermächtigungsgrundlagen, scharf zurückzuweisen ist, und dass die Geschichte gezeigt hat, dass Rechtsradikale und Nazis diejenigen sind, die man auf keinen Fall in die Nähe der Grundrechte lassen sollte, geschweige denn durchgehen lassen sollte, sich als Verteidiger derselben aufzuspielen.
(Dr. Petra Vandrey)
Vielen Dank, Herr Kollege! Es freut mich sehr, dass ich zu Ihrer Erheiterung oder Ihrer Freude am Rednerpult beitragen kann. – Sie haben ja gerade den Stadtrat Schmidt mit dem scheidenden US-Präsidenten verglichen. Sind Sie denn mit mir einer Meinung, dass es sich bei der Institution Staatsanwaltschaft um die vielleicht sogar objektivste Behörde handelt, die man sich bei der Untersuchung von Verfahrensgegenständen vorstellen kann? Und wie bewerten Sie vor dem Hintergrund denn, dass genau diese Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Stadtrat eingestellt hat?
Als ich groß
geworden bin, war die FDP noch eine
Bürgerrechtspartei! –
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Zur Transparenz gehört dazu, dass ich jetzt hier den Kollegen Schulze vertrete, der aus nachvollziehbaren Gründen nicht hier sein kann. Ich versuche, das so gut wie möglich zu machen, auch wenn Sie mir hoffentlich nachsehen, dass mir über Nacht kein Vollbart gewachsen ist und ich mich auch nicht habe durchringen können, meinen Kopf zu rasieren.
Aber das ist nicht mein geistiges Eigentum, sondern seins.
Die Pandemie unterzieht unsere öffentliche Infrastruktur einem Stresstest unbekannten Ausmaßes. Das haben wir im März gemerkt, als die Schulen und die Kitas geschlossen wurden und die Unternehmen und Behörden ihre Mitarbeiter angewiesen haben, so weit wie möglich von zu Hause aus zu arbeiten. Die Priorisierung des Homeofficeausbaus, Herr Lenz, ist der entscheidende Mosaikstein dieses Antrags. Na klar haben wir ein bisschen länger an dem gesessen, aber die Pandemie kam, und sie macht deutlich, wie sehr wir hier priorisieren müssen. Da kann das Parlament Druck machen und mit einem jährlichen Bericht den Druck im Kessel erhöhen. Das ist übrigens völlig richtig so.
Bis zum März waren Senat und Bezirke vor allem damit beschäftigt, die unterlassenen Investitionen der letzten Jahre bei unserer IT-Ausstattung aufzuholen. Herr Lenz, da habe ich wieder Regierungsamnesie bei Ihnen mitbekommen, denn auch Sie haben in Ihren fünf Jahren nur unzulässig Investitionen in diesen Bereich reingebuttert.
Also stellen Sie sich hier nicht hin und machen sich frei von jeglicher Verantwortung!
Jetzt ging es darum, Behörden am Laufen zu halten, obwohl der Großteil der Beschäftigten nicht am Arbeitsplatz sein konnte. Ja, die Pandemie wirkt auch in Berlin als Digitalisierungsbeschleuniger und legt gleichzeitig die Defizite unserer Infrastruktur schonungslos offen. Es fehlte an mobilen Geräten, an sicheren Zugängen zu Servern, an Videokonferenztechnik und an digitalen Tools zum gemeinsamen Arbeiten. Die Unzufriedenheit war verständlicherweise groß – sowohl bei den Bürgerinnen und Bürgern, die auf Bescheide und Genehmigungen warten mussten, aber vor allem bei unseren engagierten Beschäftigten in der Verwaltung selbst. Viele haben sich zunächst mit privaten Geräten und Anschlüssen beholfen, was allerdings Probleme mit dem Arbeitsschutz und dem Datenschutz aufwirft. Das gehört dazu. – Senat und Bezirke haben schnell reagiert und oft unkonventionelle Wege gefunden. Es wurden kurzfristig Tausende von Laptops angeschafft, obwohl der Markt leer war. Bootsticks ermöglichten vielen auch auf privaten Geräten ein sicheres Arbeiten von zu Hause, und da die sicheren VPN-Tunnel beim ITDZ nicht ausreichten – das ist immer noch so –, wurden kurzfristig und temporär teure Zugänge eines privaten Dienstleisters dazugekauft. Nicht zuletzt mussten kurzfristig datenschutzkonforme Lösungen für Video- und Telefonkonferenzen gefunden werden. Auch das ist keine Kleinigkeit.
Wir stehen heute nach acht Monaten noch nicht da, wo wir beim mobilen Arbeiten hinwollen, das ist richtig. Die Richtung stimmt aber, und das sollte man nicht kleinreden.
Wir können nicht abschätzen, was uns die Zukunft mit Corona bringt. Was wir wissen, ist, dass wir unsere Verwaltung pandemiefest machen müssen, nicht mehr mit Provisorien, sondern mit der Möglichkeit zum Homeoffice als Standard.
Der mobile PC, ein Laptop mit Dockingstation, wird zum Standard in der Berliner Verwaltung werden müssen. Ein Gerät soll dann an verschiedenen Arbeitsstätten, auch im Büro, ausreichen – und in den kommenden vier Jahren werden alle Computer in Berlin mobil sein. Wir werden an der Strategie festhalten, das ITDZ als zentralen Dienstleister des Landes mit der Beschaffung und Administration des Berlin-PCs als Standardarbeitsplatz zu betrauen. Nur wenn die Administration dezentralisiert nach aktuellen Standards funktioniert, können auch Sicherheit, Funktionsfähigkeit und Datenschutz gewährleistet werden. Das Gegenbeispiel hat uns das Kammergericht geliefert: In einer Feuerwehraktion hat das ITDZ beim Kammergericht ein komplett neues Netzwerk aus dem Boden gestampft und es so wieder arbeitsfähig gemacht. Dabei geht es auch um die Gewährleistung des Grundrechts des
(Ronald Gläser)
Justizschutzes, der Inanspruchnahme des gesetzlichen Richters. Danke für diesen Einsatz, der hoffentlich allen eine Lehre für die Zukunft war!
Aber auch Videokonferenzen gehören zu einer pandemiefesten Verwaltung. Lange wurde mit der Datenschutzbeauftragten nach einer Lösung gesucht, die sicher und vor allem datenschutzgerecht arbeitet. Immer wieder beschweren sich jetzt Beschäftigte aus Hauptverwaltungen und Bezirksverwaltungen bei uns, dass gefundene Lösungen nicht funktionieren. Wir haben das Thema bereits mehrfach im KTDat-Ausschuss adressiert, die IKTSteuerung hat allerdings weniger die Videokonferenzplattform als vielmehr die höchst unterschiedlichen Voraussetzungen bei Netzzugang und Hardware in den verschiedenen Häusern als Ursache ausgemacht. Dem gehen wir weiter nach.
Elektronische Aktenführung und digitale Geschäftsprozesse gehören ebenfalls zur pandemiefesten Verwaltung. Beides ist beschleunigt und mit auskömmlicher Finanzierung anzugehen. Daher zum Schluss ein Appell an uns alle: Sparen wir nicht am Rückgrat eines funktionierenden Gemeinwesens, sondern machen wir die Verwaltung und die Stadt Berlin pandemiefest! – Vielen Dank!
Da haben Sie
Herrn Schopf nicht verstanden! –
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! In der Psychologie sagt man, dass man positiv gekleidete Ich-Botschaften versenden soll, deswegen will ich es an der Stelle so formulieren: Ich freue mich, dass der Senat bis eben zumindest durch den Stadtentwicklungssenator und jetzt durch den Innensenator hier vertreten ist. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Bericht retrograd ist. Wir reden hier vor allem über den bunten Strauß an datenschutzrechtlichen Themen, die im Jahr 2018 stattgefunden haben.
Erlauben Sie mir aber auch, für meine Fraktion an dieser Stelle noch mal Danke zu sagen, Frau Smoltczyk! Dank Ihnen und Ihrer Behörde – Sie haben vor dem Hintergrund eines enorm gewachsenen Workloads auch für die Koordination internationaler Fälle aufgrund der DSGVO und der Hauptstadtfunktion Berlins viel zu tun. Ihre tägliche Arbeit ist im Zeitalter der Digitalisierung unverzichtbar!
Wir haben in den von Ihnen monierten Punkten ein paar, auf die ich gerne an dieser Stelle im Plenum eingehen möchte. Wir haben eine Never ending Story im Bereich des mangelnden Datenschutzes bei den Polizeibehörden. In dem konkreten Bericht geht es um die Drohbriefe, die mit Daten aus polizeilichen Datenbanken entstanden sind und an Menschen aus der „linken Szene“ versendet wurden. Das ist leider immer noch ein sehr aktuelles Thema, wie die Vorgänge um den sogenannten NSU 2.0 jüngst gezeigt haben.
So lange Anne Helm, Janine Wissler oder sonst irgendjemand Drohungen aufgrund der illegalen Verwendung von polizeilichen Daten erhalten, dürfen wir keine Ruhe geben, bis der Datenschutz durchgesetzt ist und rechtsextreme Strukturen in der Polizei aufgedeckt und konsequent der Strafverfolgung zugeführt werden.
Wir haben das weitere Never-ending-Story-Problem der Verarbeitung personengebundener Hinweise in polizeili
chen Datenbanken. Parlamentarische Anfragen haben jüngst wieder gezeigt, dass Mitarbeitende der Berliner Polizei mehr als 100 Datenbanken des Landes und des Bundes haben, auf die sie zugreifen können. Es existieren 49 verschiedene personengebundene Hinweise und allein 30 000 Einträge in zehn Jahren beim Merkmal der Betäubungsmittelkonsumentin oder des Betäubungsmittelkonsumenten. Ich vermute, hier wird vor allem eine Kifferdatenbank geführt und jedenfalls auch eine Kriminalisierung von Menschen vorgenommen, die im Rahmen der zulässigen Eigenbedarfsmenge Cannabis konsumieren. – Das ist ein Beispiel, an dem man illustrieren kann und sollte, dass wir hier möglicherweise ein Problem haben: dass es einerseits einen gesetzgeberischen Kompromiss gibt, aber andererseits immer noch zu einer massenhaften, datengestützten Kriminalisierung von Menschen kommt.
Ich bin der Auffassung, dass wir hier inzwischen ein zu großes Ausmaß haben und wir mit Unterstützung der Datenschutzbeauftragten gucken müssen, die nicht erforderlichen Datenbanken im Polizeibereich zu löschen. Ferner sollten wir dafür sorgen, dass die Zugangsbeschränkungen und die Zugriffe kontrolliert werden. Es kann nicht sein, dass es immer wieder dazu kommt, dass sich Beamte in POLIKS einloggen und dann einem anderen Kollegen aus unterschiedlichen Gründen erlauben, unter dieser Kennung zu recherchieren oder zu arbeiten. So kann niemand mehr nachvollziehen, wer wann was erfragt oder eingetragen hat. Das ist dann ein Datenschutzproblem, im Zweifel aber auch ein Problem für die Dienstaufsicht, für die Gerichte und, ja, auch für die parlamentarische Kontrolle, weil uns das Journal in POLIKS dann überhaupt nichts mehr bringt, wenn es darum geht, das Handeln nachvollziehbar zu machen.
Einen weiteren Punkt will ich ansprechen: Sie haben sich ja auch dem Pilotprojekt der sogenannten intelligenten Videoüberwachung am Bahnhof Südkreuz gewidmet. Vielen Dank dafür! – Das ist ein sehr erheblicher Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Wir als Linke haben das Projekt stets abgelehnt, auch weil wir finden, dass die Grundannahme falsch ist. Im Kern geht es darum, dass wir mehr echte – also nicht nur gefühlte – Sicherheit dadurch erreichen, dass wir vor allem für mehr Personal sorgen. Denn im Zweifelsfall kommt die Kamera nicht vom Mast herunter und hilft jemandem, der möglicherweise Opfer einer Straftat zu werden droht. Für die Verfolgung ist es sicherlich ein Thema, über das wir reden können, aber ich glaube, wir sind uns alle einig, dass es zuallererst darum gehen muss, dass es gar nicht erst zu schädigenden Ereignissen kommt.
Wenn wir dann festgestellt haben, dass bei diesem Pilotprojekt zwischen 80 000 und 100 000 Personen zu Unrecht biometrisch erfasst wurden und diese Technik sehr fehleranfällig ist, dann habe ich doch erhebliche Zweifel, ob dieses Projekt unter den derzeitigen technischen
(Dirk Stettner)
Bedingungen tatsächlich zu mehr Sicherheit führt; auf jeden Fall führt es zu mehr Unsicherheit bei der Frage des Datenschutzes. Vor dem Hintergrund der aktuellen Hygienebestimmungen ist es sowieso eine sinnfreie Veranstaltung. Ich glaube, hier sollten wir dringend weiter nachgucken.
Zu den anderen Themen kommen wir heute noch in der Tagesordnung. Deswegen will ich an dieser Stelle schließen und freue mich dann auch auf die Beratung des Datenschutzberichts 2019 und später 2020, weil ich glaube, dass wir gerade unter den Pandemiebedingungen ganz genau hingucken müssen, was im Bereich des Datenschutzes passiert oder nicht passiert ist. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! Inwieweit sind Sie sich bewusst, dass die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht seit der Föderalismusreform I auf die Länder übergegangen ist, und sind Sie mit mir auch der Meinung, dass es notwendig ist, weil der Bund die Gesetzgebungskompetenz gerade nicht mehr hat, das Versammlungsrecht nach 14 Jahren mal auf die Höhe der Zeit zu holen, und dass das Land Berlin, übrigens genau wie das von der FDP damals mitregierte Niedersachsen, hier von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch macht und das völlig in Ordnung ist?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die von Bundes- und Landesbehörden juristisch erstrittene Herausgabe der Airbnb-Vermieterdaten zu steuerlichen Kontrollzwecken, und mit gegebenenfalls wie vielen Selbstanzeigen könnte in Berlin, auch vor dem Hintergrund der Erfahrung mit den Paradise- und Panama-Papers, zu rechnen sein?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Staatssekretär! Können Sie schon, zumindest ungefähr, etwas zu der voraussichtlichen Größenordnung sagen, mit der wir da zu rechnen haben, also der Anzahl der AirbnbVermieter, um die es sich jetzt drehen könnte, ohne einen Generalverdacht auszusprechen, sondern nur die, die man als abstrakte totale Zahl sich angucken wird?
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Erstes zu dem einen Diskussionsgegenstand, zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Da nehme ich den geschätzten Kollegen Kohlmeier beim Wort. Wir werden das in der Koalition auswerten, sobald wir die Urteilsbegründung haben, und dann werden wir noch in dieser Wahlperiode darüber sprechen, welche gegebenenfalls auch gesetzgeberischen Konsequenzen wir daraus ziehen.
Zum Regelungsgehalt des CDU-Antrags – denn das muss man auseinanderhalten, und das werde ich gleich mal tun –: Herr Kollege Rissmann! Sie haben gestern offensichtlich dem Justizsenator nicht genau zugehört. Das ist nicht so schlimm, das passiert manchmal.
Der Justizsenator hat nämlich gesagt, dass er bzw. der Kammergerichtspräsident
die entsprechende Anordnung nicht aufgrund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts getätigt hat, sondern aufgrund des Referendarkopftuchurteils des Bundesverfassungsgerichts, das hier schon angesprochen wurde. Und wenn wir in dieses Urteil hineingucken, also in die Leitsätze, Herr Kollege Rissmann, sehen wir, dass es acht Leitsätze sind, und dann darf man nicht Rosinenpickerei betreiben, sondern dann muss man sich den ganzen Tenor angucken. Ich lese kurz den Punkt 7 vor – Zitat –:
Das normative Spannungsverhältnis zwischen den Verfassungsgütern unter Berücksichtigung des Toleranzgebots aufzulösen, obliegt zuvörderst dem demokratischen Gesetzgeber, der im öffentlichen Willensbildungsprozess einen für alle zumutbaren Kompromiss zu finden hat. Für die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten und Entwicklungen, von der abhängt, ob Werte von Verfassungsrang eine Regelung rechtfertigen, die Justizangehörige aller Bekenntnisse zu äußerster Zurückhaltung in der Verwendung von Kennzeichen mit religiösem Bezug verpflichtet, verfügt er über eine Einschätzungsprärogative.
Jetzt gucken wir mal in § 4 Ihres heiß geliebten Neutralitätsgesetzes in der gültigen Fassung, und dann erkennen Sie, dass dieser Gesetzgeber genau das getan hat, er hat nämlich für Referendarinnen eine Kann-Regelung getroffen, in diesem Bereich von den §§ 1 und 2 des Gesetzes gegebenenfalls bereichsspezifisch abzuweichen. Im Lichte der Rechtsprechung, der von mir gerade zitierten Verfassungsgerichtsentscheidung, hat der Kammergerichtspräsident das gemacht, und ich finde, er hat eine sehr maßvolle Entscheidung getroffen, indem er gesagt hat, dass Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in dem Moment, in dem sie Sitzungsvertretungen machen, ein religiöses Bekundungssymbol oder wie auch immer tragen dürfen, wenn und soweit neben ihnen die entsprechende Ausbildungsperson sitzt, sodass für jeden erkennbar ist, dass diese Person in einer Ausbildungssituation ist.
Nein, danke! Ich bin auch gleich mit meiner Rede zu Ende. – Herr Kollege Rissmann! Insofern ist das hier ein Missverständnis, dass Sie benutzt haben, um einen Ballon
(Marc Vallendar)
aufzupusten, in dem sehr viel Luft, aber eben nur heiße Luft ist. Ich kann einfach nur empfehlen, an der Stelle dann, wenn Sie das Gerichtsurteil und den Tenor lesen, das vollständig zu machen und dann auch zu gucken, was dieser Gesetzgeber beschlossen hat.
Das ist nicht zu beanstanden. Und über das Bundesarbeitsgerichtsurteil werden wir in der Koalition in aller Ruhe reden. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Versammlungsfreiheitsgesetz wird Rot-Rot-Grün einen Bereich von grundlegender Bedeutung für unsere freiheitliche Demokratie neu regeln. Die Versammlungsfreiheit als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist für unsere Demokratie konstitutiv. Sie ist eine wichtige Voraussetzung für die ständige Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ideen und den friedlichen öffentlichen Kampf der Meinungen. Obwohl dieses Grundrecht und seine konkrete Ausgestaltung so wichtig sind, gab es seit 14 Jahren, also seit dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder, kein echtes Update. Noch immer gilt das angestaubte Versammlungsgesetz des Bundes. Rot-Rot-Grün bringt das Versammlungsrecht in Berlin jetzt auf die Höhe der Zeit. Wir gestalten es freiheitlich aus und öffnen es für neue Versammlungsformen und -orte.
Dieses Gesetz ist aber nicht nur das Versammlungsfreiheitsgesetz des Landes Berlin, es ist gleichzeitig auch das der Bundeshauptstadt. Im vergangenen Jahr hatten wir mehr als 5 300 Versammlungen, nicht wenige davon richteten sich an oder gegen die Politik von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung. Anders als die Verfassung von Berlin kennt das Grundgesetz leider so gut wie keine Möglichkeiten der direkten Demokratie. Auf Bundesebene haben die Bürgerinnen und Bürger zwischen den Wahlen kaum Einfluss auf die Politik. Ihnen verbleibt als Möglichkeit politischer Einflussnahme daher vor allem die Inanspruchnahme der Versammlungsfreiheit. Sie trägt dazu bei, das Defizit an politischer Ein
flussnahme im Vergleich zu Verbänden, Lobbyisten und den Massenmedien zu kompensieren.
Berlin ist also als Bundeshauptstadt der wichtigste Gewährleistungsort für die kollektiven Kommunikationsgrundrechte. Ich freue mich, dass es gerade eine R2GRegierung ist, die der Bundeshauptstadt ein liberales Versammlungsfreiheitsgesetz gibt.
Es zeigt, dass es eben nicht egal ist, wer regiert. Und wer vor diesem Hintergrund allen Ernstes glaubt, dass es überhaupt nicht notwendig sei, das anachronistische Versammlungsgesetz des Bundes abzulösen, wer tatsächlich meint, alles könne beim Alten bleiben, hat ein erschreckend unterkomplexes Verständnis der Grundrechte.
Kommen wir nun zu einigen konkreten Punkten des neuen Gesetzes: Wir erweitern im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeiten zum Demonstrieren und die Rechte der Demonstrierenden. Künftig steht das Recht auf ungehinderten Zugang zu Versammlungen genauso im Gesetz wie die Ermöglichung von Gegendemonstrationen in Hör- und Sichtweite. Das in Berlin erfolgreich praktizierte Deeskalationsgebot bekommt jetzt Gesetzesrang. Für uns mag das zwar ein alter Hut sein, aber bundesweit gibt es kein einziges Versammlungsgesetz, das ein Deeskalationsgebot vorweisen kann. Und wir verhindern damit auch, dass ein möglicher – wir hoffen es nicht – konservativer Innensenator es einfach mit einem Federstrich beseitigen kann, nur um Sheriff zu spielen. Wir stärken den Grundsatz der Kooperation.
Wir machen deutlich, dass die Kooperationsgespräche dazu dienen sollen, die Demonstrierenden zu unterstützen und nicht zu gängeln. Ort, Zeit, Thema und Streckenverlauf von Versammlungen werden künftig rechtzeitig und maschinenlesbar von der Versammlungsbehörde im Internet veröffentlicht. Damit verbessern wir die Voraussetzungen für den öffentlichen Meinungskampf. Für Versammlungen unter freiem Himmel sind Erlaubnisse für die Benutzung der öffentlichen Verkehrsfläche nötig. Damit bauen wir Kosten und Bürokratie ab.
Und schließlich weiten wir das Demonstrationsrecht auf privatrechtlich betriebene öffentliche Verkehrsflächen so weit aus wie kein anderes Bundesland. Künftig kann sich grundsätzlich auch auf oder in allgemein zugänglichen Verkehrsflächen, die ausschließlich in Privateigentum stehen, versammelt werden, z. B. auch in der Mall of Shame.
Und wir haben die sogenannte Bannmeile reduziert und sie vom Kopf auf die Füße gestellt. Es wird grundsätzlich erlaubt sein, auch vor dem Abgeordnetenhaus während der Sitzungszeiten zu demonstrieren. Wenn es nach uns
(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)
Linken gegangen wäre, hätten wir gerne ganz auf die Bannmeile verzichtet.
Wir erweitern und beschränken aber auch die Eingriffe der Versammlungsbehörde in bestimmten Bereichen. Immer wieder hatten wir Versammlungen, bei denen es zu Volksverhetzungen, zu Aufstachelungen, zu Hass und Gewalt, zur Verherrlichung des NS-Staates oder zu religiösen, rassistischen und ethnischen Diskriminierungen oder Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Identität gekommen ist. Hier mussten wir sorgfältig abwägen. Natürlich gilt das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch für die Menschen, deren Ziele wir bekämpfen. Das hat aber auch Grenzen. Wenn die Menschenwürde verletzt, die NSGewalt- und Willkürherrschaft gerechtfertigt oder zu Hass aufgestachelt wird, kann eine Versammlung verboten, beschränkt oder aufgelöst werden. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt. Das ist ein Ausdruck unserer grundgesetzlichen Werte. Das ist aber auch ein Auftrag aus unserer Landesverfassung. Artikel 30 bestimmt, dass Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, dem Geist der Verfassung widersprechen. Diesen Auftrag nehmen wir ernst, und deswegen betreten wir – das gehört zu Ehrlichkeit dazu – ein bisschen rechtliches Neuland und schaffen das neue Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Friedens. Wir werden sehr aufmerksam beobachten, wie das in der Praxis angewandt wird und wie die Gerichte über die Einzelfälle entscheiden werden.
Damit an der Stelle aber keine Missverständnisse aufkommen: Das ersetzt nicht die Pflicht zum antifaschistischen Widerstand und den Widerstand gegen rechtsradikale Demos. Wir müssen auch weiterhin auf die Straße gehen und unmissverständlich deutlich machen: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.
Auf der anderen Seite beschränken wir traditionelle Eingriffsbefugnisse und gestalten sie grundrechtsfreundlich aus. Das Vermummungs- und Schutzausrüstungsverbot wird bundesweit einmalig nur noch auf das tatsächliche Verwenden zu den verbotenen Zwecken reduziert und zugleich nur noch dann durchgesetzt, wenn es zuvor eine Anordnung gegeben hat. Das ist gut für die Demonstrierenden, die jetzt nicht mehr für das Mit-sich-Führen eines Schals oder eines Fahrradhelms kriminalisiert werden. Es ist auch gut für die Polizei, weil es die Deeskalationsstrategie stärkt und sie nicht in das Dilemma stürzt, wegen der Gesetzeslage sofort – im Zweifel ohne Ermessen – einschreiten zu müssen. Und es entlastet die Gerichte von vielen Verfahren um Schals, Sonnenbrillen, Fahrradhelme und Luftpumpen.
Hier zeigt sich auch die Kompromissfähigkeit der Koalition. Ich habe oft betont, dass wir Linken gerne ganz auf dieses Verbot verzichtet hätten. Die überzeugende Kritik der SPD-Bundestagsfraktion bei der Einführung im Bun
desversammlungsgesetz trägt immer noch. Zumindest hätten wir in der Rechtsfolge gerne – wie in SchleswigHolstein – die Sache nur als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat belegt. Beides war mit dieser SPD nicht zu machen, und dennoch haben wir in der Sache, wie ich finde, einen guten Kompromiss gefunden.
Die Koalition wird zu diesem Gesetz noch ein Fachgespräch mit der Zivilgesellschaft durchführen, und im Ausschuss werden wir natürlich auch eine Anhörung machen. Am Ende werden wir selbstverständlich noch Änderungen vornehmen, denn auch wir haben noch ein paar offene Fragen, die wir mit den Experten und der Zivilgesellschaft besprechen wollen. Ich z. B. möchte das Versammlungsrecht vor dem Hintergrund der aktuellen Erfahrungen mit der Coronapandemie gerne pandemiefest ausgestalten und dem Zugriff der Exekutive entziehen. Es ist ein so wesentliches Grundrecht, dass es tatsächlich vom Parlament geregelt werden sollte und nicht im Belieben der Exekutive aufgrund von irgendwelchen kurzfristigen Entwicklungen stehen sollte.
Ich freue mich auf die Ausschussberatung. Das heute war der Auftakt. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Kollege! Habe ich Sie in Ihrem vorigen Redeteil tatsächlich richtig verstanden, dass Sie das
Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit als kollektives Kommunikationsgrundrecht als Nebensächlichkeit bezeichnet haben? Wie passt das damit zusammen, dass Sie ansonsten immer das Hohelied auf die freiheitliche Demokratie singen? Sind Sie mit mir nicht auch der Meinung, dass das keine Nebensächlichkeit ist?
Die Frage nach dem Verständnis des Kollegen Luthe der Verwaltungsakzessorietät beim Vermummungs- und Schutzausrüstungsverbot hat der Kollege Lux gerade eben schon so gestellt, dass sie meinerseits nicht mehr ergänzungsfähig ist. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! Stimmen Sie mit mir überein, dass es jedenfalls für den Komplex der unverzüglichen Zusendung der Rechtsverordnungen – nach der herrschenden Meinung der Grundgesetzkommentare – gar nicht darauf ankommt, dass der Rechtsverordnungsnormtext eine Begründung enthält, sondern dass es allein darauf ankommt, uns den Verordnungstext zuzuleiten und dass das wohl ohne Probleme innerhalb eines angemessenen Zeitraums, also ohne schuldhaftes Zögern, möglich wäre?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Heute kann ein guter Tag werden im Kampf gegen organisierte Kriminalität, im Kampf gegen Geldwäsche. Das setzt voraus, dass wir als Bundesland Berlin im Bundesrat für unsere Initiative, die wir heute abschließend beraten, am Ende hoffentlich eine Mehrheit bekommen und dann hoffentlich auch die notwendige Mehrheit im Deutschen Bundestag.
Vorab ein paar Lobe: das erste Lob an Senator Behrendt, an die Staatsanwaltschaft, an Senator Geisel, an die Ermittlungsbeamten im LKA. Seitdem wir das neue Vermögensabschöpfungsrecht haben, seit Sommer 2017, hat sich das Land Berlin gut gerüstet, die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen und schon erste Zwischenerfolge erzielt. Das sind die bekannten 77 Immobilien, die wir im Moment arretiert haben, wobei wir hoffentlich am Ende siegreich bei der rechtssicheren Abschöpfung herausgehen werden.
Ein kleines Lob – vielleicht wundern Sie sich – ausnahmsweise auch einmal an die große Koalition auf Bundesebene und in dem Zusammenhang auch an die CDU und die SPD! Natürlich ist das neue Vermögensabschöpfungsrecht auch die Grundlage dafür, dass wir hier besser handeln können. Jetzt geht es darum, dass wir beherzter werden, als es jetzt schon möglich ist. Wir dürfen nicht bei der Anwendung und beim Ausprobieren dieses Neulands beim Vermögensabschöpfungsrecht stehenbleiben, sondern wir müssen zwingend unseren Instrumentenkasten erweitern.
Nein danke, Frau Präsidentin! – Wir müssen dringend dafür sorgen, dass der Besteckkasten erweitert wird. Warum ist das notwendig? – Italien hat schon seit Jahren das, was wir beantragen, nämlich ein zentrales Immobilienregister.
Das gibt es in Deutschland noch nicht, trotz der Umsetzung verschiedener Geldwäscherichtlinien, und das hemmt uns dabei, diese verdammte und obszöne Betongoldparty, die es überall in unserem Land gibt, zu bekämpfen. Mit dieser Party müssen wir Schluss machen, und dafür brauchen wir neue Instrumente. Das ist ein neuer Punkt, den wir in den Antrag eingefügt haben. Ich hatte das in der ersten Beratung im Plenum angekündigt, und wir haben den Antrag im Ausschuss in diesem Sinne nachgeschärft. Wir müssen dafür sorgen, dass wir dafür unbedingt eine Mehrheit im Bundesrat und im Bundestag bekommen. Denn wenn Rot-Rot-Grün diesen Instrumentenkasten nicht erweitert, dann wird mit dieser obszönen Betongoldparty eben nicht Schluss gemacht, und das können wir uns nicht leisten.
Nein danke, Frau Präsidentin! – Das Zweite ist, darüber haben wir schon ausreichend gesprochen, die Neuerung, dass wir, wenn der gesetzliche Opferausgleich nicht zum Zuge kommen sollte – das ist im Gesetz geregelt, darüber brauchen wir im Antrag nicht extra reden –, die Immobilien für Gemeinwohlzwecke zur Verfügung stellen statt sie meistbietend zu versteigern, wo wir nicht immer
(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)
unbedingt verhindern können, dass diese dann wieder in den Bereich der organisierten Kriminalität zurückfallen. Da sind viele Sachen möglich. Staatsanwältin Schwark hat im Rechtsausschuss prognostiziert, dass von den aktuell 77 Immobilien, die im Gespräch sind, ca. die Hälfte für gemeinwohlorientierte Zwecke geeignet wären, entweder in direkter Art und Weise oder insofern gemeinwohlorientiert, dass sie bei einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft angesiedelt werden und dann eben Vermieter haben, die nicht bei jeder Möglichkeit Mieterhöhungen reinknallen – dagegen haben wir mit dem Mietendeckel auch etwas gemacht.
Insofern freue ich mich, dass wir heute die Schlussberatung haben, und ich freue mich auf auch die Stimmen aus der Opposition. Ich adressierte noch einmal die Bitte an Herrn Rissmann und seine Kollegen auf Bundesebene, dass wir heute nicht nur hier eine Mehrheit hinbekommen, sondern in der Folge auch im Bundesrat und im Bundestag. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die CDU beantragt die Einsetzung eines unabhängigen IT-Sonderermittlers, und wenn ich es richtig gelesen habe, auch für die gesamte Berliner Justiz. Der Anlass dafür ist der Virusbefall bei dem Kammergericht. Lassen Sie uns doch darüber sprechen.
Ich denke, wir sind uns alle einig, dass dieser Vorfall einen Zustand am Kammergericht offenbart hat, der nicht hinnehmbar ist. Wenn man das forensische Gutachten der T-Systems liest, muss man feststellen, dass das IT-Netz des Kammergerichts völlig unzureichend geschützt war. Man muss zwar zugestehen, dass es absolute Sicherheit auch im IT-Bereich nicht geben kann. 2018 gab es laut BKA 87 000 bekannt gewordene Cyberattacken in der Bundesrepublik. Das ist ein Anstieg von 1,3 Prozent. Die Dunkelziffer dürfte viel höher sein. So ein Angriff kann also grundsätzlich passieren. Was meine Fraktion und mich besorgt, ist aber, wie einfach man es den Angreifern am Kammergericht gemacht hat. Dafür spricht z. B., dass
(Sven Kohlmeier)
es allein dem ITDZ zu verdanken war, dass der Angriff überhaupt bemerkt und das Kammergericht sofort vom Netz genommen wurde. Dafür spricht, dass die gesamte Sicherheitsarchitektur des Kammergerichts völlig unzureichend war. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus dem genannten Gutachten:
Durch die IT-Infrastruktur (keine Netzwerksegmentierung, keine Filterung am Gateway, keine Proxy Logdaten, lokale Administratoren, mangelnde AD Logs) wurde aus einem Standardvorfall ein massiver Incident.
Zitat Ende. – Allein diese beiden Punkte zeigen, dass der viel zu lange aufrechterhaltene und von Herrn Kohlmeier angesprochene Sonderweg des Kammergerichts gescheitert ist, und ich sage sogar, dass dieser Sonderweg fahrlässig war. Es ist schlimm genug, dass dieser Vorfall überhaupt erst kommen musste, damit das Kammergericht diesen Sonderweg endlich beendet. Wir werden jetzt als R2G die IT des Kammergerichts von Grund auf neu aufbauen.
In der Bewertung und bei dem Ziel sind wir uns also einig. Jetzt stellt sich die Frage, ob das von der CDU vorgeschlagene Instrument, um dieses Ziel zu erreichen, auch hinreichend ist. Hier kommen wir aus folgenden Gründen zu einer anderen Bewertung: Erstens: Der Justizsenator stellt dem Kammergericht bereits einen unabhängigen externen Sachverstand zur Seite, um den ITAufbau fachlich zu überwachen. In diesem Punkt hat sich Ihr Antrag bereits durch Tätigwerden des Senats erledigt.
Zweitens: Durch das forensische Gutachten wissen wir bereits, soweit es durch die technischen Unzulänglichkeiten, die ich genannt habe, überhaupt möglich ist zu erfahren, welche Schwachstellen es gab. Deswegen wird die IT komplett neu aufgebaut.
Drittens: Der Justizsenator hat bereits im vergangenen Jahr den gesamten Geschäftsbereich angewiesen, ich glaube, per heutigem Berichtsdatum, Bericht zu erstatten über den Zustand der jeweiligen IT-Systeme in der gesamten Justiz. Lassen Sie uns diesen Bericht abwarten und dann im Rechtsausschuss und auch im KTDat auf Wiedervorlage stellen und dann sachlich die notwendigen Schritte zur Lösung der Probleme miteinander erörtern. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege! Wie bewerten Sie denn den von der Kollegin Dr. Kitschun vorgetragenen Auszug aus dem Testament bzw. der Biografie von Paul von Hindenburg, dessen Testament zu der Bewertung seiner Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler und die Einbettung in den Kontext, den er vorgenommen hat? Das war ja durchaus ein ganz personenbezogener Grund, den Frau Dr. Kitschun hier vorgetragen hat.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am Montag jährte sich zum 75. Mal die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch Truppen der Roten Armee, und aus diesem Anlass wurde der Millionen Opfer des Nationalsozialismus und vor allem der Shoah gedacht. Ich bin der festen Überzeugung, dass für alle Vertreterinnen und Vertreter der demokratischen Parteien in diesem Haus das Verbrennen oder sonstige Schändungen der Flagge des Staates Israel oder jüdischer Symbole gerade hier in Berlin, wo die Shoah geplant und organisiert wurde, unerträglich ist und von allen aus ehrlichem Herzen verurteilt wird.
Das gilt auch für uns, und ich möchte auch davon ausgehen, dass die hier vorliegende Initiative aus diesem Impuls erwachsen ist. Doch ausschlaggebend für die Erörterung eines Gesetzes ist die Frage, ob es das richtige Instrument und darüber hinaus angemessen ist, das gewünschte Ziel zu erreichen.
Und hier kommen wir zu einer anderen Antwort, die wir in der ersten Beratung und auch im Ausschuss dargelegt haben: Wir sind uns explizit einig in dem Ziel, aber wir haben eine andere Auffassung bei den vorgeschlagenen Mitteln. Die Linke ist der Auffassung, dass das Strafrecht kein Allzweckwerkzeug gegen jedwedes unerwünschte Handeln ist. Es sollte die Ultima Ratio sein und eng an die Verfolgung von erheblichen Straftaten gebunden sein.
Insofern ist es angemessener, die Verbrennung von israelischen Flaggen oder die Schändung jüdischer Symbole durch das Versammlungs- und Ordnungsrecht zu sanktionieren. Das ist schon jetzt möglich, und wir werden das auch auf Initiative meiner Fraktion als Koalition im neuen Versammlungsfreiheitsgesetz explizit nachschärfen.
Entscheidend ist, dass diese Auflagen und Verbote dann aber auch konsequent umgesetzt werden. Tatsächlich wäre dies vor der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, auf die heute niemand eingegangen ist, zu §§ 90a und 104 Strafgesetzbuch mit ziemlicher Sicherheit auch die nachhaltigere Lösung, denn
(Marc Vallendar)
immer wieder hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die entsprechenden Paragrafen nicht oder nicht in jedem Fall geeignet seien, die Meinungs- und Kunstfreiheit einzuschränken. An diese Paragrafen wollen Sie sich ja jetzt auch auf Bundesebene anlehnen. Bei der Verbrennung einer Flagge im Rahmen einer politischen Demonstration handelt es sich nach dieser Rechtsprechung, so widerlich wie wir das alle hier in diesem Saal finden, um eine Meinungsäußerung. Das können Sie in den Urteilen und in den einschlägigen Kommentaren nachlesen.
Noch ungeeigneter ist die Initiative der CDU jedoch, wenn man bedenkt, worum es ihr letztlich geht bzw. gehen sollte. Es muss doch allen demokratischen Fraktionen hier im Hause darum gehen, nicht nur mögliche Ausdrucksformen des Antisemitismus zu bekämpfen – dafür haben wir Instrumente –, sondern den Antisemitismus selbst. Dabei helfen aber weder Straf- noch Versammlungs- oder Ordnungsrecht. Im Kampf gegen den Antisemitismus helfen vor allem die Stärkung demokratischer Strukturen, der Zivilgesellschaft, historische Bildung und die Erziehung der Jugend zur Demokratie.
All diese Überlegungen lassen, auch wenn man die gut gemeinte Intention der CDU anerkennt, für uns keinen anderen Schluss zu, als dass wir die hier zur Diskussion stehende Initiative ablehnen müssen, insbesondere vor dem Hintergrund der Abwägung mit der Kunst- und Meinungsfreiheit.
Das fällt uns schwer, aber das ist das Motiv für unsere Abwägungsentscheidung – und nicht die Unterstellungen, die von Ihrer Seite in Bezug auf irgendwelche vermeintlichen Kniefälle gekommen sind. Das machen wir nicht; in der Frage sind wir völlig klar. – Vielen Dank!
Der Neubau ist nicht
im Gesetz! Der Neubau ist ausgenommen! –
Zuruf von Iris Spranger (SPD)]
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! – Frau Kollegin Jasper-Winter! Schade, dass Sie bei diesem wichtigen Thema mit so viel Schaum vor dem Mund argumentiert haben und leider auch nicht ganz die Sachkenntnisse über die Fakten geliefert haben. Das sehe ich Ihnen nach, weil Ihre Fraktion zu klein und unbedeutend ist, um einen Sitz im Richterwahlausschuss zu haben. Ich sitze im Richterwahlausschuss, und deswegen will ich einmal die Fakten zur Frauenförderung in der Justiz bei Richterinnen und Richtern kurz vervollständigen.
Rot-Rot-Grün steigert den Frauenanteil in der Berliner Justiz. Wir haben insgesamt – das haben Sie gesagt – einen Frauenanteil in der R-Besoldung von 54 Prozent. Was Sie nicht wissen, ist, dass wir im R-Bereich bei der Beförderung inzwischen eine Quote von 42 Prozent haben. Das ist deswegen wichtig, weil wir in den höheren Besoldungsgruppen bei Richterinnen bisher nur eine Quote von 37,83 Prozent haben. Das heißt, Rot-Rot-Grün ist gerade dabei, auch bei den höheren Besoldungsgruppen die Lücke zu schließen, um mindestens Parität zu erreichen. Bei den Neueinstellungen – Frau JasperWinter, das kann ich Ihnen sagen – haben wir im Richterwahlausschuss eine Frauenquote von 65 Prozent. Wir machen also gerade einiges, um bei der Frage der Richterinnen mindestens die Parität zu erreichen. – So viel zu den Fakten.
Am Ende! Ich würde jetzt noch kurz zum Antrag der FDP ausführen, dann rufe ich es gern noch einmal auf, wenn noch Zeit ist.
Sie möchten den personellen Anwendungsbereich des LGG auf Richterinnen erweitern. Das ist ein guter Vorschlag, der ursprünglich auch im neunten Änderungsgesetz vom Senat vorgesehen war, das parlamentarische Verfahren aber leider nicht überlebt hat. Ich habe versucht, das aufzuklären; das OVG auch. Das OVG hat es nicht herausgefunden, und ich habe es auch nicht herausgefunden trotz des Führens von Interviews. Insofern kann ich Ihnen hier und heute für die Koalition zusagen, dass wir das LGG entsprechend ausweiten werden, aber ich muss Ihnen leider auch sagen, dass Ihr Antrag in der vorliegenden Fassung dafür noch nicht ausreichend ist.
Warum ist das so? – Wir brauchen zusätzlich noch eine Überarbeitung der Zuständigkeit der Gesamtfrauenvertreterin in § 18, Abs. 4, Satz 1 LGG, um sie zum Beispiel an die Beteiligung des Präsidialrats anzubinden. Die Koalition wird in diesem Sinne Ihren Antrag zur Zustimmungsfähigkeit im Ausschuss läutern. – Frau Jasper-Winter! Da helfen wir Ihnen gern. Da jetzt noch 39 Sekunden übrig sind, lasse ich natürlich auch gern die Zwischenfrage zu.
Den wir machen! – Ja, natürlich haben Frauenvertreterinnen dabei eine wichtige Funktion. Sie haben das OVGVerfahren und das davor geschaltete Verfahren angesprochen. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hatte jetzt zu klären, ob unter den aktuellen Tatbestand des LGG die Beteiligung der Frauenvertreterinnen an den entsprechenden Personaleinzelangelegenheiten subsumierbar ist. Der Gesetzgeber hat sich zurückgehalten und abgewartet, was das OVG sagt. Das OVG ist zu dem Ergebnis gekommen,
dass es unter den derzeitigen Tatbestand nicht subsumierbar ist, auch nicht im Wege der Auslegung. Insofern ist jetzt tatsächlich der Gesetzgeber am Start. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir als Koalition bereit sind, das zu machen. Ich habe Ihnen auch gesagt, dass Ihr Antrag leider etwas ungründlich war wie am Anfang leider auch Ihre Rede, was die faktische Politik von Rot-Rot-Grün bei der Frauenförderung im Bereich der R-Besoldung anbelangt. Das ist aber nicht schlimm, weil ich Ihnen auch gesagt habe, dass wir Ihren Antrag entsprechend zur Zustimmungsfähigkeit läutern werden. In diesem Sinne freue ich mich auf ein hoffentlich etwas sachlicheres Verfahren in den Ausschüssen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir können ja dann noch einmal im Wortprotokoll nachlesen. Ich glaube, ich bin nicht der – oder die – einzige im Raum gewesen, der wahrgenommen hat, dass Sie mit einigem Schaum vor dem Mund und mit einigen Vorwürfen, zum Teil auch sachlich falsch, gegen den Justizsenator dieses Thema gepusht haben. Ich habe dafür Verständnis.
Ich habe auch schon einmal für eine Oppositionsfraktion gearbeitet und weiß, dass das zum parlamentarischen Spiel dazugehört.
Was den Vorwurf des Mansplaining anbelangt: Es tut mir leid, wenn Sie das so empfunden haben. Ich muss Ihnen aber sagen, und das habe ich auch eingangs in der Rede gemacht: Ich mache Ihnen keinen Vorwurf.
Sie konnten bestimmte Zahlen, die ich vorgetragen habe, gar nicht kennen. Das hat nichts mit meinem Geschlecht oder mit meiner geschlechtlichen Identität zu tun,
sondern es hat einfach nur etwas damit zu tun, dass ich im Richterwahlausschuss sitze, weil meine Fraktion nach dem Stärkeverhältnis die Möglichkeit hat, dort zu sitzen. Das ist bei Ihnen nicht der Fall. Strengen Sie sich also bei der nächsten Wahl ein bisschen an. Wenn Sie noch ein paar mehr werden, können Sie vielleicht auch im Richterwahlausschuss sitzen, und dann haben Sie auch ein paar mehr Informationen und Fakten. Dann können Sie Ihre Reden auch ein bisschen sachlicher gestalten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Juhnke, das war leider eine äußerst uninspirierte Rede. Es ist die alte Leier mit der falschen Behauptung, Herr Behrendt und auch der Justizetat würden sich im Schwerpunkt nicht um den Bereich Justiz drehen. Das ist falsch. Wenn Sie sich angucken, der Bärenanteil dieses Etats ist für den Bereich Justiz da. Wir setzen als Koalition hier deutliche Schwerpunkte.
Wir beschließen hier, Kollege Kohlmeier hat es gesagt, das erste Mal in der Geschichte der Stadt einen Etat, der die Eine-Milliarde-Marke knackt. Das haben Sie in Ihrer verschiedenen Verantwortungstätigkeit für dieses Resort nie geschafft.
Wir stärken den effektiven Rechtsstaat, wir stärken den Opferschutz und die Prävention, die Resozialisierungsarbeit, und wir investieren auch kräftig in Verbraucherschutz und Antidiskriminierung.
Beginnen wir mit dem Ausbau des Rechtsstaats. Nur ein paar Beispiele: In den kommenden beiden Jahren werden
über 280 neue Stellen in der Justiz geschaffen. Herr Juhnke, das müssen Sie konzedieren. Über 160 Stellen entfallen auf die Gerichte und die Strafverfolgungsbehörden, über 80 Stellen auf den Justizvollzug und die sozialen Dienste der Justiz. Das alles haben Sie hier unterschlagen, und das schätzen Sie nicht wert.
Einen besonderen Schwerpunkt setzt die Koalition im Bereich der Bekämpfung der Geldwäsche auf dem Immobiliensektor und bei der Vermögensabschöpfung. Allein 23 neue Dezernentenstellen werden wir hier schaffen, um den Machenschaften der Kriminalität entgegenzutreten. Wir haben jetzt auch eine Taskforce für die Verbesserung der Notaraufsicht eingerichtet, auch das ist wichtig, denn hier passiert in Punkto GeldwäscheVerdachtsmeldungen viel zu wenig. Beim Verwaltungsgericht haben wir – das nehmen Sie bitte auch zur Kenntnis – allein eine weitere Kammer bereits mit diesem Haushaltsplan eingerichtet.
Wir haben darüber hinaus Vorsorge getroffen für weitere Kammern, mit Blick auf den kommenden Mietendeckel.
Lassen Sie mich noch ein kleines, aber sehr wichtiges, Projekt hervorheben: Wir werden ein Programm auflegen, mit dem Richterinnen und Richtern an Schulen die Möglichkeit bekommen, den Schülerinnen und Schülern die Grundrechte unseres Grundgesetzes näherzubringen. Das ist leider gerade jetzt in der Zeit, in der wir leben, in der alte und neue Faschisten, außerhalb wie innerhalb der Parlamente, unseren demokratischen Rechtsstaat zerstören wollen, wichtiger denn je.
Deswegen ist es auch wichtig, dass wir darüber hinaus die Antirassismus- und Demokratie-Projekte wie z. B. das „Berliner Register“ oder die Amadeu-AntonioStiftung stärken, für deren tägliche Arbeit ich mich im Namen der ganzen Koalition herzlich bedanken möchte.
[Georg Pazderski (AfD): Am besten Gulag einrichten, davon haben Sie doch Ahnung! – Tobias Schulze (LINKE): Warum fühlen Sie sich angesprochen? – Holger Krestel (FDP): Und die Stasi-Vergangenheit der Amadeu-Antonio-Stiftung?]
Kommen wir zur Stärkung des Opferschutzes. Das ist auch ein Beispiel: Rot-Rot-Grün stärkt den Opferschutz, allein in diesem Einzelplan mit mehr als 400 000 Euro, darüber hinaus auch im Einzelplan 05. Ich möchte an dieser Stelle vor allem ein Projekt hervorheben, das wir zusammen mit den Innenpolitikern und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband auf den Weg bringen: Wir richten eine Servicestelle „Opferkontakt“ und eine Servicestelle „Täterkontakt“ ein. Das ist erforderlich, weil leider viel zu wenige Betroffene in unseren Hilfesystemen landen.
(Dr. Robbin Juhnke)
In den Niederlanden ist die Quote deutlich höher, daran wollen wir uns orientieren und in Zukunft – natürlich unter Beachtung des Datenschutzes – Opfern von Straftaten die Möglichkeit geben, direkt bei der Anzeige ihre Kontaktdaten an die Servicestelle weiterzuleiten, damit sie die Hilfe bekommen, die sie dringend brauchen.
Jetzt noch zum Verbraucherschutz: Die Verbraucherzentrale erhält zusätzliche Mittel von 775 000 Euro, vor allen Dingen für den Umzug und größere Räume. Das war im Senatsentwurf noch nicht vorgesehen, vor allen Dingen auch, um die Energieschuldnerberatung personell zu stärken, das ist leider bitternötig.
Im vergangenen Jahr wurden fast 20 000 Haushalten zeitweise der Strom und das Gas abgedreht, das ist nicht hinnehmbar. Die Energieschuldnerberatung ist extrem erfolgreich, Kollege Efler hat das ausgeführt in der letzten Sitzung, 90 Prozent der Hilfesuchenden konnte geholfen und die Sperre abgewendet werden.
In diesem Sinne: Mit diesem Haushalt stärken wir unseren Rechtsstaat und die zivile Gesellschaft, ich bitte um Zustimmung.
[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Weil das klasse war! Haben Sie prima gemacht, Herr Schlüsselburg! Auftrag ausgeführt! – Lachen bei der AfD]
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Vielen Dank an den Hauptausschuss, der so zügig über unsere Bundesratsinitiative beraten hat! In der ersten Beratung im Plenum haben wir uns über die Systematik des Antrages verständigt. Wir haben uns auch ausgetauscht über die Zahlen, die wir für Berlin bisher zu konstatieren haben, und festgestellt, dass wir in Berlin einerseits schon die erschreckend geringe Zahl, die wir bei den Prüfungen als Erblast der Vorgängerregierung vorgefunden haben, deutlich hochgefahren haben und dass wir dadurch erhebliche Steuermehr- und Zinseinnahmen zum Zweck der Gemeinwohlfinanzierung erbringen konnten. Wir haben aber gleichzeitig gesagt, dass es notwendig ist, diese Bundesratsinitiative zu ergreifen, weil wir natürlich auch das Wohl des ganzen Landes im Blick haben und weil wir insgesamt wollen, dass es hier eine größere Form von Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit gibt.
Deswegen heute vielleicht nur noch ein, zwei Punkte, die in der letzten Debatte ein bisschen zu kurz gekommen sind: Werfen wir mal einen Blick auf die Investitionsquote, also den Anteil der Bruttoanlageinvestitionen am Bruttoinlandsprodukt! Der lag in Deutschland 1991 in Bezug auf die ganze Bundesrepublik bei 24,9 Prozent, schon nicht besonders hoch. Er war zwischendurch auch mal unter 20 Prozent. Und 2018 lag er bei 21,1 Prozent. Das ist jetzt erst einmal eine abstrakte Zahl, das bedeutet aber, wenn wir uns den Investitionsstau auf der anderen Seite angucken, dass wir hier alle Hausaufgaben zu erledigen haben. Am Beispiel Berlins nur zwei Zahlen: Wir haben 3,5 Milliarden Euro Investitionsstau in unseren Krankenhäusern – das ist ein Problem –, und wir haben mindestens 5,5 Milliarden Euro Investitionsstau an den Schulen. Die Koalition geht das sehr beherzt an, aber das kostet alles Geld, das will bezahlt werden. Das Mindeste, was wir erwarten können, ist, dass alle Leute die Steuern zahlen, die sie auch zahlen müssten.
Wir schlagen hier ein verhältnismäßiges Instrument vor – keine neue Umverteilungsorgie. Man könnte ja darüber nachdenken und problematisieren, dass 45 der reichsten
(Marianne Burkert-Eulitz)
Haushalte die Hälfte des Gesamtvermögens der Bevölkerung haben; dazu schlagen wir hier nichts vor, sondern wir schlagen wirklich ein verhältnismäßiges Instrument vor, was wir im Bundesrat gerne einbringen würden.
Liebe CDU! Sie haben sich im Hauptausschuss leider enthalten. Ich bin jetzt selber nicht gläubig, aber ich habe mal in der Bibel nachgeschlagen – Sie sind ja eine christliche Partei –, Römer 13,6 sagt:
Deshalb zahlt ihr ja auch Steuer; denn sie sind Gottes Diener, auf diesen Dienst beständig bedacht.
Man könnte also mit der Bibel sagen: Steuern zahlen ist Gottesdienst. – Ich fände es schön, wenn Sie sich vielleicht heute doch einen Ruck geben und in diesem Sinne dieser kleinen Initiative, die wir hier vorschlagen, Ihre Zustimmung erteilen und bei Ihren Kollegen im Bundesrat werben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Kollegin! – Habe ich Sie gerade richtig verstanden, dass Sie dem Inhalt des Antrags unterstellen, dass den Steuerpflichtigen mit bedeutenden Einkünften unterstellt würde, Sie würden Steuern hinterziehen? Für meine Begriffe sind das zwei völlig getrennte Paar Schuhe,
denn Gegenstand dieses Antrags ist, Steuerehrlichkeit durchzusetzen,
und wenn es zu einer Nachprüfung kommt bei Einkommensmillionären,
dann ist das keine Steuerhinterziehung, auch im strafrechtlichen Sinne nicht, nicht notwendigerweise.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Gäste! Bei unserer Priorität geht es heute um zwei Dinge, um Steuergerechtigkeit und um die solidarische Finanzierung unserer Gesellschaft. Was ist das Problem? Der Bundesrechnungshof hat bereits im Jahr 2006 bemängelt, dass die Prüfquote bei den sogenannten Einkommensmillionären damals nur bei 15 Prozent gelegen hat. „Einkommensmillionäre“ ist noch ein Begriff aus DM-Zeiten, das bedeutet heute Menschen mit bedeutenden Einkünften oberhalb von 500 000 Euro aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Vermietung, Verpachtung und anderen Quellen. Bundesweit, so die Zahlen, gab es 2010 noch 1 838 Prüfungen. Dabei sind immerhin
(Katrin Schmidberger)
404 Millionen Euro an Steuermehr- und Zinseinnahmen zusammengekommen. 2017, so die aktuellsten Zahlen vom Bundesfinanzministerium, sah die Welt anders aus. Es waren noch 1 100 Prüfungen, und es kamen nur noch 266 Millionen Euro an Mehreinnahmen herum.
Medienrecherchen, die das Thema aufgegriffen haben, haben ergeben, dass ein Einkommensmillionär bundesweit im Schnitt einmal alle sieben Jahre geprüft wird. Das ist nicht hinnehmbar, und zwar aus zwei Gründen. Erstens ist es ungerecht gegenüber den normalen Steuerzahlern, denen monatlich centgenau die Lohnsteuer abgezogen wird, und zweitens führt es dazu, dass dem Staat jährlich Millionen Euro entgehen, um Schulen, Krankenhäuser, in Verkehr, sozialen Wohnungsbau oder die Feuerwehr zu investieren.
Was können wir dagegen tun? – Wir können zwei Sachen dagegen tun. Erstens: Wir können freiwillig unsere Prüfpraxis verbessern. Wie ist die Lage in Berlin? Die Zahl der Einkommensmillionäre auch in unserer Stadt steigt. 2007 hatten wir noch 360 in Berlin, 2019 waren es 749, eine Zunahme von 108 Prozent. Bei den Zahlen der Prüfungen ist es durchwachsen. 2011, am Ende der rot-roten Koalition, hatten wir immerhin noch 67 Prüfungen mit 3,3 Millionen Euro Steuermehr- und Zinseinnahmen. 2016, am Ende der großen Koalition, waren es nur noch elf Prüfungen und nur noch 837 000 Euro Einnahmen. Pikant dabei: Die Prüfungen in Steglitz-Zehlendorf, dem Millionärinnen- und Millionärsbezirk sind in dieser Wahlperiode stark zurückgegangen, von 19 unter Rot-Rot auf nur noch zwei unter der großen Koalition. Das war auch nicht hinnehmbar. Deswegen hat Rot-Rot-Grün hier die Trendwende eingeleitet. 2017 haben wir die Prüfung auf 67 hochgefahren, 2018 immerhin noch auf 51. Allein im letzten Jahr haben wir dadurch 23,5 Millionen Euro an Mehreinnahmen generiert.
Damit man einmal ein bisschen plastisch macht, was das bedeutet, 23,5 Millionen Euro – wir hatten heute die Aktuelle Stunde zur Bildungspolitik –: Davon könnten wir etwa 293 Lehrerinnen und Lehrer für ein Jahr bezahlen, um das einmal ins Verhältnis zu bringen. Darunter waren übrigens 21 Millionen Euro bei elf Prüfungen in Prenzlauer Berg. Ich beglückwünsche das Finanzamt Prenzlauer Berg. Es ist für mich das Finanzamt des Jahres 2018. Die haben genau hingeguckt und haben den Großteil hereingeholt. Herzlichen Dank für Ihre Arbeit!
Ich habe auch den Durchschnitt abgefragt. Wir müssen als Politiker Entscheidungen aufgrund von Zahlen treffen. Da helfen auch Durchschnittszahlen. Von 2006 bis 2016 haben wir knapp 90 000 Euro Mehreinnahmen pro Prüf
fall gehabt. Es zeigt, das Prüfen lohnt sich. Wenn wir mehr prüfen, werden wir auch mehr finden.
Ich möchte an dieser Stelle dem Finanzsenator Herrn Kollatz einen Vorschlag machen. Wir haben letztes Jahr sehr gute Erfahrungen mit Ihrer Schwerpunktprüfung im Bereich Mehrwertsteuerehrlichkeit im Gastronomiebereich gemacht. Ich fände es super, wenn wir im letzten halben Jahr dieses Jahres und im nächsten Jahr einen Schwerpunkt auf die Einkommensmillionäre legten.
Jetzt komme ich zu unserem Vorschlag. Allein die Prüfpraxis zu erhöhen, reicht nicht. Wir müssen neben den eigenen Anstrengungen auf Bundesebene die Abgabenordnung ändern. Warum? Wir müssen es deswegen tun, weil bisher nur dann die Außenprüfungen stattfinden, wenn Anhaltspunkte bestehen. Offensichtlich reichen die nicht aus, um eine lückenlose Prüfung vorzunehmen. Insofern schlagen wir die Änderung der Abgabenordnung vor. Wir wollen ein Mindestprüfungsintervall von drei Jahren einführen. Wir haben das durch den Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages auch prüfen lassen. Das Ergebnis ist, dass unser Vorschlag grundrechtlich zulässig ist und im Übrigen auch verhältnismäßig. Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus dem Gutachten:
Die Außenprüfung ist für die Steuerverwaltung bei den Einkommensmillionären die nahezu einzige Möglichkeit, um einen effizienten und gleichmäßigen Steuervollzug durchsetzen zu können.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratung im Ausschuss und ich hoffe auf die Zustimmung von CDU und FDP nicht nur in diesem Haus, sondern auch im Bundesrat und im Bundestag. Wir schlagen hier kein sozialistisches Experiment vor, keine Millionärssteuer, sondern einfach nur, dass das Steuerrecht für alle gilt. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Gäste! 100 Milliarden Euro – das sind nach der sogenannten Bussmann-Dunkelfeldstudie die Profite, die die organisierte Kriminalität allein in Deutschland jedes Jahr mit Menschenschmuggel, Raub, Zwangsprostitution, Datendiebstahl, Cyberkriminalität insgesamt und dem Waffen- und Drogenhandel macht.
Um diese illegal erworbenen Gelder dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden zu entziehen und dann auch legal nutzbar zu machen, müssen diese Verbrecher dieses Geld waschen. Die Bundesrepublik ist gerade wegen ihrer Wirtschaftskraft ein verlockendes Ziel für Geldwäsche; der stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Kriminalbeamten sagt sogar: Deutschland ist ein Geldwäscheparadies. – Er halt leider recht damit.
Die rot-rot-grüne Koalition hat der organisierten Kriminalität seit dem ersten Tag den Kampf angesagt und diesen Worten auch Taten folgen lassen.
Wir machen ernst im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Das hat für uns Priorität, und zwar nicht nur heute in diesem Haus, sondern jeden einzelnen Tag. Unsere Botschaft ist ganz klar: Verbrechen darf sich nicht lohnen!
Noch bevor am 1. Juli 2017 die Reform des Vermögensabschöpfungsrechts in Kraft getreten ist, hat sich Berlin darauf gut vorbereitet und bundesweit beachtliche Ermittlungserfolge erzielt. Seit Februar 2017 gibt es in der Justizverwaltung eine Arbeitsgruppe „Vermögensabschöpfung“ mit der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichtsbarkeit, die sich intensiv auf das neue Recht vorbereitet hat. Im aktuell gültigen Doppelhaushalt haben wir zusätzliche Stellen für den Bereich der Vermögensabschöpfung geschaffen und diese auch besetzt. Im Juli 2018 gelang es, 77 Immobilien im Wert von fast 10 Millionen Euro zu beschlagnahmen – ein Ermittlungserfolg, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte, der aber auch eine Zeitenwende im Kampf gegen die organisierte Kriminalität eingeläutet hat.
Im Oktober 2018 hat Rot-Rot-Grün das Thema zum Schwerpunkt im Rechtsausschuss gemacht, und im Dezember 2018 haben wir die Koordinierungsstelle „Organisierte Kriminalität“ auf Basis des Fünfpunkteplans der Senatoren Behrendt und Geisel an den Start gebracht. Zuletzt Ende April 2019 erwirkte die Staatsanwaltschaft 62 richterliche Beschlüsse zum Einzug auch der Mieteinnahmen der erwähnten Immobilien.
Ich möchte an diesem herausgehobenen Punkt unserer Tagesordnung die Gelegenheit nutzen und der Staatsanwaltschaft, dem LKA und dem Finanzamt für Strafsachen im Namen der Koalition und hoffentlich auch im Namen des ganzen Hauses herzlich für ihre tägliche Arbeit danken. Wir stehen hinter Ihnen, und wir unterstützen Sie!
Das erkennen Sie an dem heutigen Antrag der Koalition. Uns geht es vor allem um zwei Punkte: Nach der bisherigen Praxis werden rechtssicher abgeschöpfte Wertgegenstände und Immobilien nach gegebenenfalls erfolgreichem Opferausgleich meistbietend versteigert. – Das wollen und werden wir ändern, ganz besonders dann, wenn es sich um Immobilien handelt. Bereits im Oktober 2018 haben wir vorgeschlagen, die Immobilien für das Gemeinwohl zur Verfügung zu stellen.
Zweitens machen wir jetzt schon deutlich: Rot-Rot-Grün wird die Ermittlungsbehörden personell weiter verstärken, um die Geldwäsche mit Immobilien zu bekämpfen. Wir handeln, wo die CDU fünf Jahre gepennt hat.
Ich komme auch noch kurz zum Antrag der CDU: Dieser Antrag ist wieder ein gutes Beispiel dafür, wie man einen fahrenden Zug verpasst, sich also nicht nur dahinterwirft,
(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)
sondern ihn wirklich verpasst. Die CDU steht alleine auf dem Bahnhof, der Zug ist schon längst abgefahren. Ich glaube, Sie sehen nicht einmal mehr die Rücklichter, so weit ist der weg.
Genau! Die fliegen wahrscheinlich. – Das erkennt man auch daran, dass Sie Ihren Antrag einen Tag nach unserem Antrag eingereicht, mit der heißen Nadel gestrickt haben und so versuchen, von Ihrer substanzlosen Arbeit der letzten fünf Jahre abzulenken. Ich finde das ziemlich peinlich.
Kurz zum Inhalt: Ihr Antrag atmet einmal mehr den Geist der Gesetzesverschärfung. Sie schlagen vor, zum Abschöpfen der Mieteinnahmen das Gesetz zu verschärfen. – Es ist gerade erst verschärft worden. Die Staatsanwaltschaft hat sehr intensiv geprüft, ob das auf der Grundlage geht. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das der Fall ist. Wir müssen jetzt den Gerichten die Frage überlassen, ob die gesetzliche Grundlage ausreicht oder nicht. Da wieder einmal vorauseilenden Gehorsam an den Tag zu legen und einfach nur Gesetzesverschärfung zu fordern, das mag Ihre Rechtspolitik sein – das ist nicht unsere.
Zum letzten Punkt: Sie schlagen vor, ein zentrales Immobilienregister einzuführen. – Der Vorschlag ist nicht ganz neu. Wir als Koalition prüfen seit drei Monaten genau, wie wir das machen. In den Beratungen im Rechtsausschuss werden wir dazu auch einen Vorschlag unterbreiten.
In diesem Sinne: Die Kriminalität in dieser Stadt muss sich warm anziehen. – Rot-Rot-Grün ist euch auf den Fersen!
Vielen Dank!
Intellektuelle
Flachzange! –
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Krestel! Sie sagten eben, die Vermögensabschöpfung sei ein defensiver Ansatz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, wenn ich Sie richtig verstanden habe.
Stimmen Sie mir denn nicht darin zu, dass es oft so ist, dass bei ausgeurteilten Haftstrafen im Bereich der OK, gerade in Strukturen die Indianer getroffen werden, dass dort Haftstrafen eingepreist sind, man aber damit überhaupt nicht wirksam gegen die dahinterstehende Struktur und die Geschäftsgrundlage vorgehen kann, und stimmen Sie mir nicht darin zu, dass ein entschlossenes Vorgehen mit dem neuen Vermögensabschöpfungsrecht geeignet ist, die organisierte Kriminalität tatsächlich empfindlich zu treffen, und dass das ein offensiver Ansatz ist?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Krestel! Sie haben in Ihrer Rede, und in einer anderen Rede klang es auch an, uns unterstellt, dass wir, Sie sagten, glaube ich, ein Wohnungskombinat mit den rechtssicher abgeschöpften Immobilien errichten wollen.
Um das an dieser Stelle noch mal ganz klarzustellen: Darum geht es uns nicht. Das ist nicht Sinn und Zweck der Gesetzgebung der verschärften Vermögensabschöpfung. Ich sage Ihnen noch mal, was uns ganz klar und deutlich bewogen hat, von der bisherigen Praxis der Versteigerung nach dem Meistbietendenprinzip vor eventuell vorangegangenem Opferausgleich abzugehen, gerade bei den Immobilien. Wer schließt denn aus, dass bei diesen Versteigerungen eben genau Leute mit einem dicken Scheckbuch aus der organisierten Kriminalität sitzen und das Zeug einfach wieder zurückkaufen? Wer schließt denn das aus?
Dann haben wir zwar eine monetäre Einnahme, übrigens nur unterjährig im Einzelplan 06, Herr Vallendar. Das bleibt nämlich nicht im Justizhaushalt, sondern fließt dann erst mal in die Taschen von Herrn Kollatz, und dann ist es eine ganz große politische Entscheidung, ob dieses Geld dann auch wieder zurückkommt in den Justizhaushalt oder für ganz andere Sachen eingesetzt wird. Also machen Sie sich an der Stelle noch mal kundig. Aber wir
(Holger Krestel)
möchten ganz klar, dass gerade bei Immobilien, wenn sie rechtssicher abgeschöpft sind, die der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, dass z. B. mit der Kleingartenanlage, die sofort freigezogen wurde nach dem Eigentumsübergang, wo Wohnrechte aus DDR-Zeiten noch bestanden haben, von einer über 90-jährigen Frau z. B., dass die im Einzelfall das Ding wieder zurückbekommt oder dass wir es der Allgemeinheit öffnen, dass da Urban Gardening gemacht werden kann.
Und bei den Mehrfamilienhäusern, Herr Krestel, ist es ein Mehrwert für die Mieterinnen und Mieter dort, wenn das Ding an eine städtische Wohnungsbaugesellschaft oder an eine Genossenschaft geht, denn dann kriegen die nicht alle zwei Jahre nach dem rechtlich zulässigen Rahmen eine Mieterhöhung reingeknallt. Das ist der Mehrwert. Deswegen schlagen wir das vor, und deswegen sollten Sie da auch alle mitziehen und nicht an der Seitenlinie stehen und einfach nur beleidigt meckern.
Ja, diesmal von links! – Vielen Dank, Herr Kollege! Ist Ihnen bekannt, dass es bei den von Ihnen eben gelobten – in Anführungszeichen – Einsätzen von Jugendoffizieren an Schulen im Rahmen des schulpflichtigen Unterrichts in der Praxis – ich habe das als Schüler selbst erlebt – sehr oft zu einer starken Vermischung zwischen der reinen Informationstätigkeit und dem Bewerben von Karriereelementen bei der Bundeswehr kommt?
Und sind Sie mit mir nicht auch der Auffassung, dass es auf der Basis des Beutelsbacher Konsenses geboten ist, grundsätzlich, wenn solche Einladungen von einer Schule an die Bundeswehr ergehen, auch gleichzeitig, um für Ausgewogenheit zu sorgen und das Überwältigungsverbot durchzusetzen, mindestens ein weiterer Vertreter hinzuzuladen ist,
zum Beispiel aus dem Bereich des Bundesfreiwilligendienstes oder einer militärkritischen Organisation?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Heute ist der 4. und nicht der 1. April. Der Antrag ist vom inhaltlichen Niveau her eigentlich ein Aprilscherz. Den Tag merke ich mir aber trotzdem, weil ich Heiterkeit verspürt und bei Herrn Rissmann die ganze Zeit geklatscht habe.