Péter Vida
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordneten! Der Fairness halber muss man sagen, ich sehe Frau Ministerin
Schneider regelmäßig in der Bahn. Insofern: Ich kenne jeman den von der SPD, der Bahn fährt.
- Ist doch gut. Sie können sich ja nachher alle noch melden oder durch Kurzintervention anzeigen, dass Sie auch Bahn fah ren. Dazu haben Sie das Recht.
Meine Damen und Herren, wir haben die erste Diskussion zur Verbesserung der Mobilität als BVB/FREIE WÄHLER Grup pe bereits Ende 2014 - also gleich in dem Jahr, in dem wir in den Landtag gekommen sind - geführt. Da hat Ministerin Schneider zugesagt, dass 2017 - das haben wir jetzt ja - eine intensive Diskussion erfolgt und wir dann unsere Kenntnisse, unsere Anregungen, unsere Bedenken einbringen können.
Ich hoffe, Frau Ministerin, dass das ernst gemeint und dass das ehrlich gemeint war, dass wir als Opposition also auch unsere - ich sage es einmal so - infrastrukturellen Hinweise einbringen können.
Sie haben jetzt ja einen größeren Ausbau für nach 2022 ange kündigt. Ich glaube, wenn wir das wirklich angehen und schaf fen wollen, müssen wir die Flaschenhälse schon jetzt angehen. Schon jetzt ist die Hälfte der wichtigsten RegionalExpressLinien oder sind die drei wichtigsten Regionalbahn-Linien, die über die Berliner Stadtbahn laufen, extrem überlastet. Da ist eine Taktverdichtung oder sind andere Linien kaum möglich. Deswegen: Wenn wir zusätzliche Gleise wollen, wir eine Wie dereröffnung der Stammbahn oder Tangentialverbindungen wollen, die hier von allen gelobt werden, dann müssen wir be achten: Die brauchen gewisse zeitliche Vorläufe. Das muss al so jetzt angegangen werden. Automatisierungen oder auch elektronische Steuerungssysteme für verkürzte Mindestabstän de, die immer wieder gefordert werden, gehen auch nicht von heute auf morgen in allen Zügen. Das muss jetzt angegangen werden. Wenn die Entlastung der überlasteten Streckenab schnitte nicht jetzt angegangen wird, werden die Versprechun gen schon fünf Jahre im Voraus gebrochen.
Ein weiteres Problem sind die jahrelangen Sperrungen, die wir erleben. RE 3, Eberswalde-Bernau-Gesundbrunnen, ist der Horror. Über ein Jahr Umleitung über Lichtenberg. Oder auch die Sanierung der Dresdner Bahn, die den Südwesten in weiten Teilen abkoppelt. Die Union Pacific, als sie 1865 angefangen hat, hat am Tag neun Kilometer Schienen verlegt. Wenn die heute hier bauen würde, wären wir in drei Wochen mit der Dresdener Bahn fertig. Und bedenken Sie: Damals war das möglich ohne Lkws, ohne Kräne und ohne Bagger. Das ist schwer verständlich.
- Ich weiß, heute wird hier elektrifiziert. Aber der Vergleich ist trotzdem schon interessant. In Brandenburg, wenn irgendwo etwas saniert werden soll, geht es nicht unter zwölf Monaten. Das ist wirklich kaum zu vermitteln und sehr, sehr belastend. Das ist eine Lebensbeeinträchtigung für die Pendlerinnen und Pendler. Anders kann man das nicht bezeichnen. Deswegen lie ber eine Strecke mit vollem Personaleinsatz in vier Wochen
fertigstellen, als an fünf Abschnitten herumwerkeln und es dann zwei Jahre dauern lassen. Das ist kein Zustand.
Die S-Bahn-Anbindungen der Umlandgemeinden sind gebets mühlenartige Bekundungen - nicht seit fünf Jahren, nicht seit 20 Jahren, sondern seit fast 80 Jahren schon. Die Bürgerinnen und Bürger im Umland wollen sich durchaus umweltfreund lich verhalten, ihre Autos stehen lassen. Viele Kommunen ha ben auch ihre Planungen darauf ausgerichtet und auch Vorbe reitungen getroffen. Meine Damen und Herren, wer das Geld für den BER immer wieder bereitstellt und Geld für die Kreis gebietsreform hat, worum ihn niemand gebeten hat, außer er sich selbst, der muss auch Geld für den Nahverkehr haben.
Also ganz konkret: S 25, Erweiterung Stahnsdorf, das sind ge rade einmal vier Kilometer; betrifft 15 000 Einwohner.
S 2 nach Rangsdorf, fünf Kilometer, 11 000 Einwohner.
S 25 nach Velten, gerade einmal sechs Kilometer, 12 000 Ein wohner.
Nauen und Falkensee: Priorität hat hier Taktverdichtung RE 2 - gerade im Berufsverkehr. Wenn der nicht funktioniert, muss auch über die S 5 - ich weiß, Sie wollen es nicht hören - nach gedacht werden, wobei das mit 25 Kilometern in der Tat ein komplexeres Unterfangen ist.
Im berlinfernen Raum erleben wir genau das Gegenteil: Ganze Orte werden abgekoppelt, Bahnhöfe werden tagsüber nicht mehr angefahren. Das ist ein Riesenproblem. Ich denke an den RE 4, der tagsüber zwischen Spandau und Rathenow über eine halbe Stunde ohne einen einzigen Halt fährt. Das funktioniert so nicht. Allein schon die Ankündigung, dass bestimmte Bahn höfe nicht mehr angefahren werden, führt dazu, dass Bürger nicht zuziehen, dass bestimmte Bauvorhaben nicht begonnen werden.
Frau Ministerin, gerade beim RE 4 bitte ich Sie intensiv darü ber nachzudenken, Beratungen darauf zu fokussieren.
RE 6: Ebenfalls eine Problematik für den Nordwesten. Perle berg, Pritzwalk, Neuruppin - da geht es um die Randstunden, darum, dass dort länger gefahren wird und die „Stichanbin dung“ nach Rheinsberg zu ermöglichen.
Wir erwarten langfristige Garantien, langfristige Verdichtun gen, um insbesondere neue Bauvorhaben nicht „abzuschre cken“.
Schauen Sie, es ist so: 30, 40 Kilometer kann man heute mit dem RegionalExpress in 30 Minuten zurücklegen. Das ist auch der Grund, weshalb Orte wie zum Beispiel Biesenthal oder auch Borkheide in Potsdam-Mittelmark wachsen. Sie wachsen, weil sie eben die regelmäßige Anbindung an Berlin haben. Das ist ein infrastruktureller Vorteil, den ich Ihnen nicht erklären muss.
Deshalb bitte ich Sie: Sorgen Sie systematisch dafür - auch mit Blick auf den ländlichen Raum -, dass hier keine Region abge hängt, sondern es jungen Familien durch eine gute, schnelle Anbindung möglich gemacht wird, dort hinzuziehen, dort woh nen zu bleiben.
Gerade steigende Mieten und die Wohnungsnot in Berlin sind doch der Anreiz, in den ländlichen Raum zu ziehen. Platz ge nug haben wir ja. Jetzt müssen wir nur noch sicherstellen, dass sich die Leute auch entsprechend „zügig“ bewegen können.
Ich möchte deutlich machen: Das ist eine Diskussion, die nicht für parteipolitische, ideologische Grabenkämpfe geeignet ist, sondern die mit regionaler Kompetenz und auch mit den Erfah rungen vor Ort ausgetragen werden muss. Ich bitte Sie in aller Höflichkeit, hier die verschiedenen infrastrukturellen Hinweise der unterschiedlichen Landtagsabgeordneten, der unterschied lichen Landkreise auch ernsthaft einzubeziehen. Ich würde mich freuen, wenn unsere Anregungen hier ihren gebührenden Platz fänden. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Einer der größten Proponenten des BER war bzw. ist die Flug gesellschaft Air Berlin, die den Flughafen als Hub und Heimat flughafen nutzen wollte bzw. will. In der öffentlichen Diskussi on wird immer wieder eine mögliche Insolvenz kolportiert.
Ich frage die Landesregierung: Inwiefern ist sie über mögliche Risiken bei Air Berlin im Bilde in Ansehung der sich hieraus ergebenden Konsequenzen für den Betrieb bzw. die Auslastung des fertigzustellenden Flughafens BER?
Staatssekretär Bretschneider (Flughafenkoordinator der Landesregierung):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordne te! Herr Abgeordneter Vida, Herr Abgeordneter Schulze, der Sie ja eine ähnliche Frage gestellt haben, Sie fragen nach mög lichen Risiken bei Air Berlin bzw. nach etwaigen Konsequen zen für den BER. Vielleicht folgende Anmerkungen: Die Flug gesellschaft Air Berlin hat in unserem Flughafensystem mit überschlägig 25 % der beförderten Passagiere von Tegel aus den größten Anteil und ist insofern für die Flughafengesell schaft selbst, aber auch für die Anbindung der Metropolregion von erheblicher Bedeutung. Das haben die Länder Berlin und Brandenburg in der Vergangenheit immer wieder betont, und sie haben sich auch gegenüber dem Bund für Air Berlin einge setzt, etwa beim Thema Codesharing.
Was die aktuelle wirtschaftliche Situation angeht, muss ich auf die Medienberichterstattung und einen Bericht des Bundesmi nisters für Wirtschaft gegenüber dem zuständigen Ausschuss des Deutschen Bundestages von Mitte Juni verweisen. Weiter gehende Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. Danach hat Air Berlin am 01.06.2017 eine Voranfrage für eine Bürgschaft gestellt. Zuletzt teilte Air Berlin am 21.06.2017 mit, keinen Antrag auf Bürgschaften stellen zu wollen, und man habe seit dem letzten Herbst mit der begonnenen Um strukturierung gute Ergebnisse erreicht.
Selbstverständlich hat die Flughafengesellschaft das Thema Air Berlin im Fokus. Es ist Gegenstand der regelmäßigen Be richterstattung des Risikomanagements an den Aufsichtsrat und an den Finanz- und Prüfungsausschuss. Angesichts der komplexen Situation von Air Berlin selbst wie der möglichen Szenarien von möglichen Mitbewerbern verbieten sich aller dings weitergehende Spekulationen in der Öffentlichkeit. Inso fern darf ich auf die Antwort der Landesregierung auf die Klei ne Anfrage 1757 des Abgeordneten Schulze verweisen. An dem Standpunkt hat sich nichts geändert.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen dafür, dass zumindest un streitig ist, welche Systemrelevanz - wenn man es so formulie ren will - Air Berlin für den kommenden Flughafen hat bzw. haben wird. Sie haben deutlich gemacht, dass es unterschiedli che Spekulationen zur wirtschaftlichen Potenz des Unterneh mens gibt, und ich glaube Ihnen auch - das ist ernst gemeint -, dass es hierzu eine regelmäßige Berichterstattung gibt.
Meine Frage ist trotzdem - im Rahmen dessen, was Sie öffent lich sagen können -: Welche Vorkehrungen behält sich die Lan desregierung - der Teil, der hierfür zuständig ist - für den Fall, dass wir mit dieser Flughafengesellschaft in der Zukunft nicht mehr kalkulieren können, vor? Das muss ja eines der Szenarien sein. Gibt es dafür Notfall-, Ausweich- oder Auslastungspläne?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben uns deutlich gemacht, dass schon seit sieben Jahren darüber debattiert und diskutiert wird. Ich glaube, die ersten fünf von diesen sieben Jahren standen Sie auf der anderen Seite der Diskussion
und haben jegliche Reform vehement bekämpft - wenn ich mich recht erinnere.
Dann wurden Sie Minister; das war dann für Sie der Wende punkt der Meinungsbildung - das kann man ja zubilligen. Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Die Notwendigkeit der Re form mit den undemokratischen Strukturen der DDR zu be gründen ist wahrlich der Tiefpunkt Ihrer Argumentationskette der letzten Jahre.
Wir haben heute auch gehört: Das, was Sie im Radio machen, ist keine Werbung, sondern Aufklärung - über etwas, das man nicht spürt, also quasi eine Aufklärung über kommende Gefüh le. Da muss ich sagen: Das ist wirklich eine sehr starke psycho logische Leistung,
die ich der Landesregierung so gar nicht zugetraut hätte. Be eindruckend!
Meine Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, dass Ver bundenheit mit Gemeinden und Kreisen diesen die Kraft ver leiht, die sie brauchen, um leistungsstark zu sein und auch zu bleiben. Nur wenn man ihnen die Kraft zubilligt und sie nicht dauerhaft schlechtredet - auch mit Blick auf die Zukunft nicht -, wenn man alle Ehrenamtler, aber auch die Bürgermeis
ter und die Kreisverwaltungen, die sich redlich mühen, in ihrer Arbeit unterstützt, werden sie erfolgreich sein. Sie wollen mit ihren Hinweisen, was die Landesverwaltung betrifft, was die Kreisverwaltungen, was die Gemeindeverwaltungen betrifft, gehört werden.
Ich muss Ihnen sagen, ich bin stolz darauf - ganz ehrlich -, dass mit der Volksinitiative denen, die gehört werden wollen, eine Stimme gegeben wurde. Es ist eine Stimme gegen die Arro ganz der Macht, die Arroganz, die jede positive Entwicklung im Bereich der Demografie leugnet und weiter beharrlich mit alten Zahlen operiert, die den demokratischen Willen vieler Kreistage und Gemeindevertretungen ignoriert und auch in der Rhetorik all jene frustriert, die sich tagtäglich für ihre Heimat einsetzen. Das ist die Arroganz, die sich belehrend über sie er hebt. Dabei geschieht dies oft nur aus Opportunismus. Hier wird bei einer Sache mitgezogen, von der viele gar nicht selber überzeugt sind. Das sind all jene in Ihrer Koalition, die vor Ort mit großer Gebärde versprechen und suggerieren, in Potsdam dafür zu kämpfen, dass die Kreisreform nicht kommt, dass ihr jeweiliger Kreis erhalten bleibt, dass ihre Stadt kreisfrei bleibt, und die hier dann doch dafür stimmen, dass die Gebietsreform kommt.
Meine Damen und Herren, ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie die Mehrheitsmeinung Ihrer Fraktion nicht ändern. Niemand hat die Pflicht, ein Held zu sein. Aber Sie haben die Pflicht und das Recht als frei gewählter Abgeordneter, nach Ihrem Gewis sen zu stimmen. Und das fordern Ihre Wählerinnen und Wähler aus Ihren Wahlkreisen zu Recht von Ihnen ein.
Wenn Ihr Gewissen Ihnen sagt, dass Sie dafür stimmen müs sen, dann ist das Ihr Recht. Aber dann erzählen Sie vor Ort bit te nicht das Gegenteil.
In Interviews, in breitflächigen Ankündigungen in Zeitungen tun dies viele von Ihnen in den Kreisen. Ministerin Golze stimmt im Kreistag vollmundig gegen die Kreisgebietsreform, und hier im Landtag stimmt sie als Ministerin, als Kabinetts mitglied dafür und unterfüttert das dann selbstverständlich auch noch mit Argumenten.
Wir sind immer dafür eingetreten, meine Damen und Herren, dass Verwaltungsstrukturen optimiert werden können und müs sen. Es ist richtig, dass es jeder Zustand verdient, untersucht zu werden, verbessert zu werden. Doch das muss auf Grundlage von Erkenntnissen, Analysen und tiefgründigen Betrachtungen erfolgen und dadurch, dass man denjenigen zuhört, die das im Alltag vor Ort auszuführen haben, und nicht durch das dogma tische Durchziehen von Parteilinien und Parteitagsbeschlüssen.
Ich finde es sehr traurig, dass Sie diesen Konsens der sachge mäßen Analyse gegebener Lagen aufgekündigt haben und das Land durch Ihre Methodik der Durchsetzung der Gebietsre form spalten. Denn das ist das, was geschieht. Sie spalten, in dem Sie jetzt in dieser Diskussion, wo eine Volksinitiative läuft, die Bewerbung um die Kreisstädte bewusst schüren, um so den Widerstand der Landkreise dagegen, zusammengelegt zu werden, zu brechen, um so auch den Zusammenhalt für den
Erhalt gewachsener Strukturen wissentlich und willentlich zu attackieren. Sie tun das, weil Sie absichtlich keine Garantien für den Erhalt der Außenstellen der Kreisverwaltungen abge ben wollen, um somit die Diskussion den neuen Kreistagen zu überlassen, damit dort dann die regionalen Auseinandersetzun gen ausbrechen können.
Meine Damen und Herren, während die Gemeindegebietsre form im Land hochgradig diskutiert wird, mit sehr, sehr vielen Problemen und Hinweisen auch aus Ihrer kommunalen Basis heraus, ziehen Sie es durch und nehmen den Streit, der dadurch in vielen, vielen Kommunen vom Zaun gebrochen wird, in Kauf. Sie schüren ihn, und insbesondere wollen Sie dadurch sicherstellen, dass es keinen Zusammenhalt mehr in den Kreis tagen, in den Gemeindevertretungen gibt, die sich mit vielen kompetenten Hinweisen gegen die Gebietsreform stellen.
Meine Damen und Herren, und dann hören wir im Hinblick auf das sich abzeichnende Volksbegehren, auf den sich abzeich nenden Volksentscheid von Ihnen nichts anderes als: „Na ja, so ein Volksentscheid hat im Endeffekt nur den Charakter eines Entschließungsantrags.“
- Das kommt auch von Mike Bischoff; den kennen Sie viel leicht. Das war im Juni, als es hieß, ein Volksentscheid habe keine bindende Wirkung für das Parlament.
Da sind wir also wieder bei dem Punkt angelangt, dass sich die Bevölkerung nicht würdevoll gegenüber der Regierung gezeigt hat, dass sie sich bei der Regierung entschuldigen müsse, dass sie die seriösen Hinweise der Regierung nicht akzeptiert und hinnimmt.
Meine Damen und Herren, Herr Minister, Sie haben hier davon gesprochen, was Luther gesagt hat. Luther hat auch gesagt: Schau dem Volk aufs Maul! - Die 130 000 Unterschriften kom men ja aus dem Volk. Vielleicht hätten Sie da ein bisschen ge nauer schauen müssen, schauen sollen. Aber Sie suchen ja nicht die Kommunikation mit den Bürgern - das haben wir ja auch erfahren -, Sie sind nicht der, der mit den Bürgern kom muniziert. Das haben Sie uns ja so auch gesagt. Es reicht ja auch, auf die Unterschriften beim Landeswahlleiter - ebenfalls beim Innenministerium angesiedelt - zu gucken. Da sehen Sie, wie sich die Bevölkerung positioniert.
Also deswegen: Wer sich auf Luther beruft, um die Gebietsre form zu rechtfertigen, der sollte vielleicht auch einmal in der Geschichte ein bisschen detaillierter nachblättern. Da können Sie nämlich noch vieles erfahren.
Vielleicht blättern Sie dabei gar nicht so weit - das will ich Ih nen ja gar nicht zumuten -, vielleicht gucken Sie nach 1993, nach 2003 und schauen auf die Auswirkungen dieser Gebiets reformen, die viele immer noch nicht verdaut haben und die zumindest nicht analysiert worden sind. Wenn Sie das nämlich tun, können Sie sich, wenn es einen demokratischen Wider stand aus der Bevölkerung gibt - ich garantiere Ihnen, das ha ben viele, viele Ihrer Parteigenossen unterschrieben -, doch nicht hinstellen und verkünden, dass der Volkswille oder der
Volksentscheid, der dann kommt, gar nicht interessiert und gar keine bindende Wirkung entfaltet. Meine Damen und Herren, welches Signal der gewählten Vertreter des Landes Branden burg ist das!
Ich weiß, was Sie damit beabsichtigen. Sie wollen von vornhe rein demoralisieren, um dann zu sagen: Das Quorum wurde nicht erreicht.
Das, meine Damen und Herren, ist ein weiterer Angriff auf die demokratischen Strukturen in unserem Land. Das werden wir nicht akzeptieren. Deswegen sage ich ganz deutlich: Wir wer den diesen Gesetzentwurf ablehnen. Wir erwarten von Ihnen ja nicht, dass Sie Ihre Meinung ändern - dass Sie das nicht tun werden, habe ich jetzt deutlich mitbekommen -, wir erwarten von Ihnen aber, dass Sie ein Bekenntnis dazu ablegen, dass, wenn direktdemokratische Instrumente dieses Landes genutzt werden - gesetzlich korrekt, methodisch korrekt und demokra tisch richtig -, diese von Ihnen anerkannt werden, und dass Sie heute ein Zeichen setzen, dass das jetzt erfolgende Volksbegeh ren und der sich daran anknüpfende Volksentscheid von Ihnen akzeptiert werden und der dahinter stehende politische Wille von Ihnen nicht torpediert, sondern hingenommen wird. Sie werben für Ihre Argumente, wir werben für unsere Argumente. Wir erkennen jedes Ergebnis an, das kommt. Und nichts ande res erwarten wir auch von Ihnen. Das hat Brandenburg ver dient. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Zu nächst einmal möchte ich ganz deutlich den Versuch von Mi nisterin Golze, mir Unredlichkeit zu unterstellen, zurückwei sen. Die „Märkische Allgemeine Zeitung“ berichtet am 7. März 2017, indem sie Frau Golze zitiert:
„‚Ich finde es richtig, dass sich das Land heute Gedanken über die demografischen Probleme von morgen macht.‘ Allerdings sei der Gesetzentwurf aus dem Hause ihres Kabinettskollegen Karl-Heinz Schröter […] in Teilen
fehlerhaft und müsse auch inhaltlich korrigiert werden. ‚Ich setze darauf, dass das Land unsere Stellungnahme ernst nimmt und nachbessert‘, so Golze.“
„Andrea Johlige, die für die Linken sowohl im Potsdamer Landtag als auch im Havelland-Kreistag sitzt, hat am Montagabend ebenfalls gegen den Entwurf gestimmt.“
Jetzt sagen Sie: Ich habe nicht dagegen gestimmt. Na ja, gut, ich habe doch dagegen gestimmt; aber ich habe ja gegen etwas anderes gestimmt, nämlich gegen den Referentenentwurf. - Nun, dann gucken wir uns an, was Kerninhalt des einstimmi gen, ablehnenden Votums des Kreistags Havelland war - Zitat aus der Resolution, der Stellungnahme des Kreistages Havel land:
„Eine Eingliederung der Stadt Brandenburg a. d. Havel könnte […] bedeuten, dass der neu zu bildende Landkreis […] seine bisherige finanzielle Leistungsfähigkeit ver liert […],“
Nein, ich zitiere jetzt in Antwort auf die Ministerin.
„eine Verschiebung des […] Gleichgewichts zwischen städtischem und ländlichem Raum zu verkraften hätte und mithin in seinem öffentlichen Wohl beeinträchtigt wäre.
[…]
Aus den vorgenannten Gründen [können wir dem Ent wurf] nicht zustimmen.“
Kreistag-Havelland, 6. März.
Es hat sich an diesem Kritikpunkt - Einkreisung der Stadt Brandenburg an der Havel - nichts geändert, insofern ist es na türlich ein Trick, zu sagen: Ich habe nur gegen den Referenten entwurf gestimmt, nicht gegen den Gesetzentwurf - der dort ja gar nicht zur Abstimmung steht.
Inhaltlich haben Sie es aus diesen Gründen abgelehnt; das hat sich bis heute nicht geändert. Ihre Stellungnahme im RBB,
in der Sie sagten, dass da aufs Havelland bezogen Fehler ent halten sind, hat sich auch nicht geändert.
Nun ist es so, meine Damen und Herren: Wenn Herr Scharfen berg uns in Sachen Grundgesetz belehrt, muss man immer auf merksam sein,
weil es dann immer gefährlich wird.
Artikel 28 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz sieht eine Institutsgaran tie für Landkreise vor, Herr Scharfenberg, und deswegen sind sie genauso Teil der kommunalen Selbstverwaltung und genau so zu schützen und zu verteidigen wie die Gemeinden.
Genau deswegen erheben wir hier auch die Stimme. Und die kreisfreien Städte sind im Übrigen, Herr Scharfenberg, auch Gemeinden im Sinne des Grundgesetzes und deswegen sowie so schon vom kommunalen Selbstverwaltungsrecht erfasst; in sofern brauchen wir da Ihre Belehrungen nicht - und Ihre Gri massen schon gar nicht.
Meine Damen und Herren, nun ist es auch so, dass wir in der Diskussion immer eins erleben: Die Linke hat erbittert gegen die Gemeindegebietsreform 2003 gekämpft, mit großer Verve. Und jetzt, wo sie sich selbst in der Regierungsposition sieht und Kritik ertragen muss, will sie die Kritik nivellieren.
Damals gekämpft, heute: Heititei; macht doch mal Frieden,
lasst uns doch sachlich reden. - Mit bedeutungsschwerer Miene wird dann versucht, die öffentliche Debatte abzuwürgen.
Ich fände es angemessen, wenn ich auch ein bisschen Verlän gerung bekomme.
Sie müssen wissen: Wenn die Regierung überzieht, dürfen die Fraktionen nachziehen - wir als Gruppe aber nicht.
Das ist, denke ich, heute wirklich ganz angemessen. - Danke schön.
Noch 20 Sekunden. - Und genau deswegen ist es wichtig, mei ne Damen und Herren, dass die Volksinitiative mutig weiter macht,
dass sie von Ihren Versuchen, die Diskussion …
Für die anderen gilt ja etwas anderes!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass die Erhebung der Altanschließerbeiträge eines der besorgniserregendsten Ka pitel in der Brandenburger Abgabenhistorie ist. Tausende Fa
milien wurden in Sorgen und Nöte getrieben. Und mit einer gewissen Unerbittlichkeit wurden die Beiträge auch eingetrie ben, begleitet von Verzugszinsen, Säumniszuschlägen, und das leider orchestriert von einer breiten Mehrheit in diesem Land tag, die auch noch zwei Monate vor den richtungsweisenden Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts hier verkündete, dass in Brandenburg alles korrekt sei.
Noch im September 2015 wurden all unsere Anträge hier in diesem Haus verlacht und abgelehnt. Dann kamen die Ent scheidungen aus Karlsruhe, und die Verfassungshüter schrie ben Ihnen ins Stammbuch, dass offensichtlich verfassungswid rig gehandelt wurde.
Hat sich bis heute jemand dafür entschuldigt? - Und mit Ent schuldigung meine ich nicht „Es tut uns leid, dass es dazu ge kommen ist“, sondern dass man dem Bürger entgegentritt und etwas dafür tut, das Vertrauen in die Abgabengerechtigkeit und rechtsstaatliche Abgabenstrukturen wiederherzustellen. Nein, ich weiß: Das haben Sie und hatten Sie nicht nötig. Aber die Betroffenen hätten es wahrlich nötig gehabt, dass ihnen gehol fen wird. Das war bis 2015 nicht der Fall und ist - leider, lei der - in weiten Zügen bis heute nicht der Fall.
Was erleben wir seitdem? Viele Verbände verweigern die Rückzahlung - übrigens auch nichtbestandskräftiger Beschei de, der bestandskräftigen sowieso. Und die Menschen leiden darunter, dass sie, nachdem sie unter Druck gezahlt haben - und es war ein erheblicher Druck, der ausgeübt worden ist -, nun auf ihren Kosten sitzen bleiben.
Ich frage die Vertreter der Linken: Wie können Sie das den Bürgern Ihres Wahlkreises angesichts Ihres Versprechens von sozialer Gerechtigkeit erklären? Das ist wahrlich keine linke Politik, und das meine ich nicht polemisch.
Das meine ich ganz ehrlich, weil ich sehr viel darüber nachge dacht habe. Wie können Sie gegenüber den Menschen vertre ten, dass die, die keinen Widerspruch eingelegt haben, jetzt dermaßen alleingelassen werden? Das finde ich sehr, sehr ent täuschend und in weiten Teilen auch beschämend.
Wir haben es mit einem komplexen verfassungswidrigen Ver halten zu tun, und dieses muss bereinigt werden. Doch stattdes sen erleben wir, dass weiter auf Frustration gesetzt wird. Und man hat das Gefühl, dass man in manchen Verbänden immer wieder versucht, die Zahl derer, die weiter kämpfen und sich weiter wehren wollen, zu verkleinern, damit sich das Problem verkleinert, indem sich die Fallgruppen verkleinern und Teile abgeschält werden. Aber das geht nicht.
Über 250 000 Haushalte waren von der Altanschließerbeitrags erhebung betroffen, und fast überall - landauf, landab - wird die Rückzahlung bestandskräftiger Bescheide abgelehnt. Doch selbst bei nichtbestandskräftigen Bescheiden erleben wir Fol gendes: Bürger haben Widerspruch eingelegt, konnten sich die Zahlung aber nicht leisten, haben Stundungszinsen auferlegt bekommen, haben Säumniszuschläge zahlen müssen, und jetzt, wo sie aufgrund ihrer nichtbestandskräftigen Bescheide die Rückzahlung fordern, bekommen sie die Rückzahlung zwar,
aber diese wird mit den Säumniszuschlägen und den Stun dungszinsen, die damals erhoben worden sind, verrechnet. Ob wohl diese Säumniszuschläge auf eine verfassungswidrige Hauptforderung zurückgehen, erfolgt jetzt eine Verrechnung mit der Rückzahlung.
Wie sieht es nun bei Bürgern aus, die keinen Widerspruch ein gelegt haben, die also bestandskräftige Bescheide kassiert ha ben? Wir haben den Bürgern im 4. Quartal 2016 empfohlen, Staatshaftungsanträge zu stellen. Auch dafür wurden wir von manchen - es war schon eine kleinere Gruppe - hier auch aus gelacht, da das falsch sei.
Es gingen auch Empfehlungen durchs Land. Ich kenne einige, wo den Bürgern gesagt wurde: Hört nicht darauf! Reicht diese Staatshaftungsmusteranträge nicht ein! - Doch Tausende, Zehntausende, wie ich jetzt weiß, haben es getan. Und nun war die erste Musterklage vor dem Landgericht Frankfurt im letz ten Monat erfolgreich. Was höre ich hier im Landtag? Irgend ein Eingeständnis? Irgendeine klare Aussage: Okay, wir hören jetzt auf mit diesen Prozessen, wir hören damit auf, dass die Bürger immer wieder Widerspruch einlegen müssen, neue An träge stellen, gegen die Widerspruchsbescheide klagen müs sen?
Nein! Ein ohrenbetäubendes Schweigen durchzieht den Land tag - auch jetzt noch. Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat den Staatshaftungsanspruch zugebilligt, und zwar ganz klar. Wenn jetzt nicht eingelenkt wird - es gibt, wie ich gestern erfahren habe, auch eine erfolgreiche Klage auf Staatshaftung vor dem Landgericht Cottbus und vier weitere Fälle vor dem Landge richt Frankfurt -, werden weitere Millionen Euro an unnötigen Anwalts- und Gerichtskosten entstehen. Das hat nichts mit Umverteilung zu tun: Zahlung per Beitrag oder per Gebühr; darüber, welches Finanzierungsmodell man wählt, kann man ja streiten. Es ist einfach zusätzliches Geld, was die Gebühren in die Höhe treibt.
Ich frage Sie ehrlich: Was muss noch geschehen? Wie lange sollen die Menschen noch frustriert werden?
Es geht weiter: Selbst diejenigen, die Widerspruch eingelegt haben, drohen in manchen Gebieten leer auszugehen, weil die Verbände sagen: Der Bundesverfassungsgerichtsbeschluss gilt bei uns nicht. - Die sind noch kühner als der Innenminister, und das will was heißen. Die Verbände sagen: Ja, es ist zwar eine Anschlussleitung aus den 70ern, und ja, ihr habt Widerspruch eingelegt, aber euer Ortsteil kam erst 2005 zu unserem Ver band. Damit ist eine neue Vorteilslage entstanden, die Verjäh rung beginnt von neuem zu laufen, also habt ihr keinen Ver trauensschutz. Es geht immer um dieselbe rostige Leitung aus den 70ern, die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung gilt ei gentlich auch, und durch die Eingemeindung in den Verband soll eine vertrauensschutznegierende Verjährung von neuem zu laufen beginnen. Das kann doch keinen ehrlich denkenden Ab geordneten und vor allem keinen Juristen schweigen lassen.
Im Übrigen gibt es auch dazu Urteile: Das Verwaltungsgericht Frankfurt und das Verwaltungsgericht Potsdam sagen, dass es so nicht geht. Trotzdem machen es die Verbände. Das können wir doch nicht einfach hinnehmen. Ich bitte Sie eindringlich: Setzen Sie dem ein Ende!
Ich glaube - auch darüber kann man natürlich streiten -, dass man den sozialen Frieden nur herstellen kann, wenn das Land
die Kosten trägt. Ich weiß, dass es um viel Geld geht. Die Ver bände haben Schadensersatzforderungen in Höhe von 300 Mil lionen Euro angemeldet, einige Verbände werden noch hinzu kommen; es ist damit zu rechnen, dass die Verbände Schadens- bzw. Regressansprüche von ca. einer halben Milliarde Euro geltend machen werden. Wir müssen unabhängig davon, dass die Bürger das Geld zurückbekommen, auch politisch einen Weg finden, dass das Land die Kosten übernimmt. Aufgrund der Komplexität der Fallgruppen und der Vielfalt der Interes senlagen, die mir nicht verborgen geblieben sind, schlagen wir vor, ein Gremium, bestehend aus allen interessierten Gruppen, den Wasserverbänden, dem Städte- und Gemeindebund, Ver tretern der Abwasserinitiativen und natürlich auch der Landes regierung, zusammenkommen zu lassen und ein Konzept zu erarbeiten, wie - über eine gewisse Zeit gestreckt - das Land die Kosten für die Verbände übernehmen kann. Ich bitte Sie, helfen Sie mit, dass wir eine gerechte und sozialverträgliche Lösung für die Bürger und die Verbände hinbekommen. Dazu soll dieser Antrag dienen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Kurth, Sie haben hier den Eindruck erweckt, es ginge bei diesem Antrag darum, dass alle Beiträge der letzten 27 Jahre zurückgezahlt werden sollen, und ausgeführt, dass dies zu erheblichen Gebührenerhebungen führte. Ich bitte Sie der Redlichkeit halber richtigzustellen bzw. ich stelle das jetzt richtig, dass Ziffer 1 unseres Antrags besagt, dass die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungs gerichts vom 12. November 2015 als rechtswidrig erwiesenen Anträge eine Rückzahlung erfahren sollen. Das ist erheblich weniger, als wenn Sie das auf alle Beiträge der letzten 27 Jahre beziehen. Das ist ein gravierender Unterschied.
Zweitens: Ja, es ist richtig, dass über die Staatshaftung ein Rechtsstreit geführt wird. Aber schauen Sie, diese Erklärungen höre ich seit Jahren. Wir haben im Jahr 2014, als wir in den Landtag eingezogen sind, gefordert, dass die Beitragserhebung gestoppt wird. Da wurde gesagt, das könne man als Land über haupt nicht tun, und darauf verwiesen, was dann alles entste hen würde. - Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass das, was hierzulande geschieht, rechtswidrig bzw. grob verfas sungswidrig ist. Dann wurde gesagt: Wir können den Verbän den noch nicht sofort zur Rückzahlung raten, weil es noch streitbefangen ist und geprüft werden muss. - In einem Gutach ten wurde festgestellt, dass die Rückzahlung möglich ist. - Dann haben wir Staatshaftung empfohlen, woraufhin gesagt wurde: Das können wir nicht prüfen. - Es kam das erste Ge richtsurteil, mittlerweile sind es fünf, die besagen: Es geht. - Auf diesem Weg von 2014 bis heute, wo Sie immer mit den gleichen Argumenten eine Rückzahlung verzögern oder brem sen, stellt sich der von uns vertretene juristische Weg als der rechtmäßige heraus. Auf diesem Weg sind immer neue An walts- und Gerichtskosten entstanden, und immer hieß es: Das konnten wir nicht wissen.
Ich bitte Sie: Überdenken Sie Ihre Position in diesem Punkt. Dieses Argument höre ich seit 2014, und seitdem häufen sich Gerichtskosten in mittlerweile zweistelliger Millionenhöhe an, die dann in die Gebühren einfließen und genau die Gebühren erhöhung mit sich bringen, die Sie ja nicht wollen - wir auch nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Scharfenberg, Sie sagten, wir dürften keinen Schnellschuss machen. Ich erinnere daran, dass anderthalb Jahre vergangen sind, seit das Bundesverfas sungsgericht entschieden hat - ich finde nicht, dass das ein Schnellschuss ist. Und ich möchte eines richtigstellen: Sie sprachen davon, wir könnten hier nicht eingreifen, da noch ein Musterprozess komme. Es ist ein Musterprozess zwischen Ver band und Land vorgesehen. Hier geht es in erster Linie selbst verständlich darum, eine Rückerstattung an die Bürger zu er möglichen. Der Musterprozess, der zwischen dem Königs
Wusterhausener Verband und dem Land vorgesehen ist, hat mit dem Verhältnis Bürger - Verband - darauf zielt unser Antrag hauptsächlich - nichts zu tun.
Um eins auch juristisch klarzustellen: Das Versäumnisurteil, das im Landgericht Frankfurt in Bezug auf den Storkower Ver band ergangen ist, wurde bestätigt. Es gab einen Einspruch, dann wurde es bestätigt - durch einen Einzelrichter, das ist richtig. Aber dass an Landgerichten Einzelrichter solche Ent scheidungen fällen, ist gang und gäbe. Die anderen erfolgrei chen Klagen vor dem Landgericht Frankfurt wurden von ande ren Einzelrichtern entschieden. Das heißt, da gibt es mittler weile vier Präzedenzfälle von unterschiedlichen Richtern, die allesamt in diese Richtung entscheiden. Das ist also durchaus signifikant.
In einem Punkt danke ich Ihnen: dass Sie gesagt haben, dass für die nicht bestandskräftigen Bescheide eine Rückzahlung er folgen muss. - Aber genau darauf zielt ein Punkt unseres Antra ges, dass die Verbände trotz nicht bestandskräftiger Bescheide, also widerspruchsbefangener Bescheide, sagen: Die Neuein gliederung eures Ortsteils in unser Verbandsgebiet - also quasi eine neue Plakette auf das Rohr legen - führt zu einer neuen Vorteilslage, und damit gilt der Vertrauensschutz für euch nicht. - Ich bitte Sie, wenn Sie das ehrlich verfechten, dass we nigstens die ihr Geld zurückbekommen, im Rahmen Ihrer poli tischen Arbeit und Forderungen auch darauf hinzuwirken, dass diese Ausreden der Verbände nicht gelten. Das wurde in Schö now in Bernau auch versucht, jetzt rudern sie zurück. Das ver sucht man in Beelitz und in Cottbus. Ich bitte Sie - das ist kein Vorwurf -, wenn Sie das ernst meinen, wenigstens darauf hin zuwirken, dass diese Tricksereien mit Verbandsneu- oder -um gründungen nicht als Möglichkeit akzeptiert werden, die Wir kung des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses zu umgehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Nonnemacher, Sie haben hier ausgeführt, dass Sie die Auffassung der Verbän de, dass Neugründungen und Beitritte eine neue Verjährungs frist beginnen lassen, durchaus akzeptieren können und bereit sind, das in diesem Bereich zu akzeptieren, also zu akzeptie ren, dass die auch bei den nicht bestandskräftigen Dingen ihr Geld nicht zurückbekommen.
Das heißt nichts anderes, als dass sich die Grünen - dies im Widerspruch zu dem, was Herr Scharfenberg gesagt hat, der ja noch genickt hat, als ich gesagt habe, dass man diese Trickserei nicht zulassen soll - auf den Standpunkt stellen, dass der Bei tritt eines Ortsteils zu einem Verband - obwohl der Anschluss aus den Siebzigern kommt - durchaus eine neue Verjährungs frist beginnen lässt. Die Erhebung bliebe dann rechtmäßig. Das finde ich abenteuerlich.
Nun haben Sie unseren Antrag als abenteuerlich bezeichnet. Schauen Sie, unser Antrag ist die Position, die im August 2016 das Verwaltungsgericht Frankfurt und das Verwaltungsgericht Potsdam erklärt haben, dass nämlich diese Tricksereien der Verbände nicht rechtmäßig sind. Wir erwarten lediglich, dass nicht weiter geklagt werden muss, um diese Tricksereien zu stoppen, sondern das Land den Verbänden klar mitteilt, dass das im Lichte der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte so nicht funktioniert. Die Verwaltungsgerichte haben das nämlich so ausgeführt. Das Mindeste, was man erwarten kann, ist, dass nicht bestandskräftige Bescheide zurückgezahlt werden und nicht dadurch aus dem Anwendungsbereich des Urteils des Verwaltungsgerichts herausfallen, weil irgendein Ortsteil bei getreten ist.
Des Weiteren möchte ich eines richtigstellen: Sie sagen, es gibt hier Klagen aufgrund der Gebühren. Die Klagen der Bürger er folgen doch nicht aufgrund der Gebührenerhöhung, weil sie sagen: Jetzt kriegen die Altanschließer ihre Gebühren zurück, und wir klagen einmal dagegen. - Nein, das sind betroffene Al tanschließer, die gegen die Gebührenkalkulation, gegen die Jahresrechnung der Gebühren klagen, weil sie sagen, ihr lasst in die Gebührenkalkulation Dinge einfließen - nämlich die Rückzahlung an uns -, die dort nicht hineingehören. Es sind die Leute der Bürgerinitiativen, die jetzt klagen, weil die Gebüh renkalkulation falsch ist. Das sind nicht die Mieter, die klagen, weil sie sagen: Jetzt kriegen die ihr Geld zurück. - Nein, es sind die Leute, die die Klagen geführt haben, die jetzt auch gegen die Gebührenkalkulation vorgehen.
Zum Schluss zu dem Argument: Es ist zu kompliziert, als dass wir das jetzt alles zurückzahlen könnten. - Ich weiß, dass das kompliziert ist. Aber der Landtag, das Land hat es den Bürgern doch eingebrockt, die mussten zahlen. Die Bürger konnten auch nicht sagen: Es ist uns zu kompliziert, wir können jetzt nicht bezahlen.
Und - Entschuldigung - wir können uns doch jetzt nicht ernst haft auf den Standpunkt stellen: Weil es zu kompliziert ist, zah len wir die Gebühren an die Hälfte der Bürger nicht zurück. - Das Land hat es verschuldet. Bei allem Respekt vor Kompli ziertheit: So viel Arbeit müssen wir uns da schon machen …
… den Bürgern das zurückzuzahlen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Wir haben es vom Minister gehört: Weil das Hilfsprogramm startet, ist jetzt quasi alles in Ordnung, oder? Nein, über 100 000 Haus halte warten immer noch auf die Rückzahlung! Es ist über haupt nichts in Ordnung.
Wenn mir hier vorgehalten wird, dass ich verdeckte Kritik am OVG geübt hätte, dann muss ich dazu sagen: Ich habe nicht verdeckte, sondern direkte und ganz offene Kritik am OVG ge übt. Der Unterschied ist der, dass die Entscheidungen des Bun desverfassungsgerichts alle Gerichte und Behörden binden. Das ist der entscheidende Unterschied zu den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts, welche - so das Bundesverfas sungsgericht - korrigiert werden können. Eine Bundesverfas sungsgerichtsentscheidung kann jedoch nicht vom Innenminis ter korrigiert werden.
Genau das ist der große Unterschied, weil Sie nämlich nicht bereit sind, die Bindungswirkung der Entscheidung des Bun desverfassungsgerichts nach § 31 Bundesverfassungsgerichts gesetz zu akzeptieren. Das ist der große rechtsstaatliche Unter schied, der zwischen uns besteht. Wir reden hier über einen er heblichen Unterschied.
Ja, bitte.
Frau Abgeordnete …
- Der Name ist mir bekannt. Ich wollte schauen, ob das Mikro fon an ist.
Frau Abgeordnete, selbstverständlich sind in den ländlichen Ortsteilen im Verbandsgebiet Bürger betroffen. Deswegen wurde in Abstimmung mit der lokalen Wählergruppe „Bündnis Fürstenwalder Zukunft“, die über die nötige Kompetenz zur Beurteilung dessen verfügt, in welchen Ortsteilen Leute in welchen unterschiedlichen Fallgruppen betroffen sind, die Ein ladung verteilt. Das erstreckt sich auch auf andere betroffene Kommunen wie beispielsweise Storkow; auch dort sind Einla dungen verteilt worden.
Wenn das dazu führt, dass bestimmte Bürger daran kein Inter esse haben, dann ist ihnen das zuzubilligen. Selbstverständlich haben wir auch dort betroffene Fallgruppen - wie Altanschlie ßer, Neuanschließer, Fallgruppe 3 nach 2000 -, die eine politi sche Beratung bekommen. Die anschließende juristische Bera tung übernehmen Anwälte. Genauso, wie Sie Bürgerversamm lungen abhalten, dürfen wir das auch tun.
Meine Damen und Herren, das Darlehensprogramm der Lan desregierung ist auch deswegen besorgniserregend, weil unklar ist, ob es helfen wird. Denn viele Verbände werden keine Kre ditgenehmigung bekommen. Die Kommunalaufsichten sind bei der Gewährung der Kredite sehr stringent und restriktiv. Deswegen sehen wir mit Sorge, ob die Verbände überhaupt da von profitieren.
Wir haben auch heute wieder gehört, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überraschend gekommen sei. Hierzu möchte ich einen Beschluss des Bundesverfassungsge richts aus dem Januar 2017 zitieren. Am 16. Januar 2017 teilte das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss mit, dass die Entscheidungen nicht als überraschend gewertet werden kön nen und dass sich die Verbände über die Verfassungswidrigkeit ihres Handelns im Klaren sein mussten. Das Bundesverfas sungsgericht sagte im Januar 2017:
„Allerdings kann […] nicht ohne Weiteres darauf abge stellt werden, die Verfassungswidrigkeit der jahrelang ge übten Verwaltungspraxis sei angesichts der früheren ge festigten Rechtsprechung für den Zweckverband nicht erkennbar und der Beschluss […] daher überraschend gewesen. Da selbst für den Bürger eine ständige Recht sprechung nur bei Hinzutreten weiterer Umstände einen Vertrauenstatbestand begründen kann […], muss dies erst recht für eine Behörde gelten, die gemäß Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet ist, das eigene Han deln auf seine Grundrechtskonformität hin zu jeder Zeit kritisch zu prüfen und auch vermeintlich sichere Über zeugungen zur Disposition zu stellen […].“
Das Bundesverfassungsgericht macht deutlich, dass das verfas sungswidrige Handeln der Verbände von den Verbänden selbst - zumindest von den teuren Anwaltskanzleien, die sie be raten haben - hätte erkannt werden müssen. Das ist übrigens der Grund dafür, warum auch nur eine Kammer entschieden hat. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz sieht vor, dass eine Kammer nur dann mit Beschluss entscheiden darf, wenn die zu klärende Rechtsfrage bereits ausgeurteilt ist. Wenn die Rechts frage unklar gewesen wäre, dann hätte ein Senat mit Urteil ent scheiden müssen. Die Kammer durfte nur deswegen per Be schluss entscheiden, weil die ständige Rechtsprechung zum Vertrauensschutz klar war.
Das heißt, das Bundesverfassungsgericht macht ganz deutlich: Die Entscheidung war nicht überraschend. Die Verbände hätten
es erkennen können und müssen. Genau deswegen haben die Staatshaftungsklagen, die jetzt kommen, auch erhebliche Aus sicht auf Erfolg. Das heißt, wenn Sie jetzt trotz der Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht mittlerweile mitgeteilt hat, dass die Verbände nicht überrascht waren und nicht überrascht sein konnten, weitere Klagen erzwingen, dann erzeugen Sie unnötig Gerichts- und Anwaltskosten in weiterer zweistelliger Millionenhöhe.
Ich bitte Sie: Setzen Sie dem ein Ende - durch die Zustimmung zu unserem Antrag! - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich finde es bedauerlich, dass dieses Manöver der Amtszeitenver längerung hier weiter verfolgt wird. Es ist ein Wesensmerkmal von Machtübertragung auf Zeit, dass der Zeitumfang vor der Wahl bekannt ist. Es ist das Demokratischste der Welt, dass denjenigen, die die Kompetenzübertragung bestimmen - näm lich die Bevölkerung -, nicht von einer anderen Stelle gesagt wird, dass diese Machtübertragung - diese Amtszeitenübertra gung - nun wider Erwarten länger fortdauert.
Ich möchte Sie daran erinnern, dass es sich um das Amt han delt, welches mit acht Jahren ohnehin die längste Amtszeit in Brandenburg, aber auch in Deutschland hat. Ich glaube nicht, dass das öffentliche Wohl - das ist das Abwägungskriterium - diese Abweichung gebietet. Denn die Verlängerung ist mit ei nem Jahr bis hin zu fast anderthalb Jahren erheblich. Auch der Vergleich mit anderen Fallgruppen und Entscheidungen in an deren Bundesländern zieht nicht. Denn dort reden wir oft über Fälle von drei bis vier Monaten Verlängerung, bei denen teil weise vorher bekannt gegeben worden ist, dass es zur Amts zeitverlängerung kommt.
Ich glaube - das ist meine Sicht der Dinge -, dass die Einspa rungen den demokratischen Nachteil, den wir hier erleiden, bei Weitem nicht aufwiegen. Es wird hier noch viel zu zurückhal tend diskutiert. Was passiert hier eigentlich konkret? Ein hal bes Jahr vor Ablauf der Amtszeiten mancher Landräte wird, damit Sie Ihr - aus meiner Sicht fragwürdiges - Prestigeprojekt Kreisgebietsreform durchbekommen, einfach gesagt: Die Land räte machen ein Jahr bis anderthalb Jahre weiter. - Damit Ihr Gefährdungsprojekt Kreisgebietsreform durchgeht, wird weg geräumt, was im Weg steht. Und es erfüllt niemanden mit Scham.
Wir als BVB/FREIE WÄHLER Gruppe fordern nichts Exoti sches, sondern lediglich, dass die Bürger zu einem Zeitpunkt wählen können sollen, der ihnen bei der letzten Wahl verspro chen worden ist, so, wie es bei jeder demokratischen Macht übertragung, Kompetenzübertragung auf Zeit der Fall ist. Das funktioniert so in jeder Demokratie der Welt.
Ich muss Ihnen ganz deutlich sagen: Wenn Sie davon abwei chen wollen, müssen Sie Gründe dafür vorbringen. Sie müssen auch für Spezial- und Sonderfälle eine Lösung finden. SpreeNeiße/Cottbus ist eine Sondersituation. Das ist ganz klar.
Sie haben, wenn bis dahin verlängert wird, zur Kommunalwahl 2019 das Auslaufen der Amtszeiten des Landrates und aller Beigeordneten, die in Betracht kämen, das Amt fortzuführen. Der Kreistag kann das nicht beschließen, weil am Tag der Kommunalwahl im Mai 2019 die Gebietskörperschaft nicht mehr bestehen wird, wenn die Kreisgebietsreform durchkom men sollte. Das heißt, der Kreistag kann diesen Beschluss dann gar nicht mehr fassen, weil er für einen nicht zuständigen Landkreis handeln würde, und der neue Großkreistag ist noch nicht konstituiert, er kann den Beschluss auch nicht fassen. Das heißt, am Tag nach der Kommunalwahl haben Sie ein Gebiet ohne Hauptverwaltungsbeamten.
Das ist vielleicht ein Sonderfall, aber Sie müssen Sonderfälle vorsehen, wenn Sie vom Regelfall der Periodizität von Wahlen abweichen wollen. Und wenn wir - oder in diesem Fall die CDU - darauf hinweisen,
dann ist das kein Showgehabe, sondern weist auf eine Lücke hin, die Sie unnötigerweise reißen. Das ist die Rolle der Oppo sition, das ist normales parlamentarisches Vorgehen.
Der Städte- und Gemeindebund empfiehlt die Ablehnung die ses Gesetzentwurfes, und zwar nicht, weil er allgemein gegen die Kreisgebietsreform ist, sondern aufgrund des genannten demokratischen Defizits. Der Städte- und Gemeindebund ist nicht unbedingt von BVB/FREIE WÄHLER-Hauptamtsland räten oder -Bürgermeistern durchsetzt, das kann man nun lei der nicht behaupten.
Meine Damen und Herren, ich habe in der 1. Lesung die Frage gestellt: Was machen Sie, wenn die Volksinitiative oder der Volksentscheid erfolgreich ist? Denn dann werden Sie einen demokratiewidrigen, selbst nach Ihrer Auslegung des öffentli chen Wohls dann nicht mehr gerechtfertigten Eingriff haben, weil dann nämlich die Zusammenlegung, die das vielleicht rechtfertigen mag, nicht kommt.
Was passiert dann?
Wer zahlt dann die Demokratieablöse? Das würde ich gern von Ihnen wissen.
Ich muss ganz deutlich sagen: Dieser Handstreich muss und wird genauso scheitern wie die Kreisgebietsreform in Gänze.
Ich glaube, dass schon der Respekt vor den 130 000 Unter schriften es geboten hätte, nicht so zu handeln. Sie tun es trotz
dem. Deswegen muss es dabei bleiben, auch wenn Sie es nicht hören wollen: Die Volksinitiative „Bürgernähe erhalten - Kreis reform stoppen“ muss Erfolg haben, muss mit Händen und Fü ßen unterstützt und die Unterschriftensammlung mit allen Kräften verfolgt werden, damit genau dieses Vorhaben obsolet wird und die Kreise in der Struktur erhalten bleiben, wie wir sie kennen und lieben.
Ich finde, dass die Auswüchse Ihres Handelns mittlerweile ein unerträgliches Ausmaß angenommen haben. Dem muss man mit Entschiedenheit entgegentreten, ob in der 2. oder in der 3. Lesung, aber auf jeden Fall mit der Ablehnung dieses Vorha bens. - Vielen Dank.
Ich habe eine etwas allgemeinere Frage, anknüpfend an das, was Sie geantwortet haben. Vielleicht wird jemand anders aus der Landesregierung antworten, weil Sie ja deutlich gemacht haben, auf welchen Zuständigkeitsbereich Sie sich beschrän ken. Das ist auch okay.
Sie haben deutlich gemacht, dass in der Landesregierung und in Ihrem Haus sehr streng darauf geachtet wird, eine Trennung vorzunehmen, und Sie das immer kritisch betrachten. Im Land Brandenburg - entgegen der gespielten Empörung gerade eben - ist es gängige Praxis, dass kommunale Wahlbeamte und andere Amtsträger ihren Wahlkampf ganz klar unter dem Eti kett des Hauptverwaltungsbeamten bzw. des Amtsträgers füh ren. Das ist ein generelles Problem, wenn beispielsweise SPDBürgermeister die Adressen ihres Rathauses als Wahlkampfadressen angeben, Telefonnummern ihrer Sekretärinnen als Wahlkampftelefonnummern angeben, die E-Mail-Adressen der Amtsverwaltung als Kontakte in Wahlflyern angeben.
Herr Staatssekretär, ich habe das mehrfach kritisiert. Ich habe eben gehört, dass auch Sie das kritisch sehen. Welche Schritte leiten Sie ein, welches Monitoring gibt es hierzu im Land Brandenburg, um Ihren strengen Kriterien, die Sie hier gerade formuliert haben, Taten folgen zu lassen und nicht immer nur alle vier Jahre in allen Wahlkämpfen auf einer Empörungswel le durch das Land zu reiten oder das empört zurückzuweisen? Wann wird hier im Land Brandenburg endlich eine systemati sche Betrachtung dieses mit Händen zu greifenden Problems vorgenommen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Heute geht es darum, ob die Regierungsmehrheit hier im Landtag den Mut besitzt, einen Fehler zu korrigieren, und die Demut, auf die erfolgreichste Volksinitiative in der Geschichte Brandenburgs zu hören. Denn es gehört wahrlich nicht Tapferkeit dazu, diese Unterschriften abzulehnen, sondern Kühnheit und Hochmut.
Denn die Menschen haben mit ihrer Unterschrift dokumentiert, dass sie an die Leistungsfähigkeit der Landkreise und kreisfrei en Städte glauben. Sie haben somit ein Gegenbild aufgestellt zu jenen, die unsere Kommunen nur schlechtreden und mitun ter unflätige Bemerkungen über die Bürger machen, die dort wohnen. Es hat sich somit ganz klar gezeigt, dass auf der einen Seite die sind, die von nichts anderem als dem Rückgang der Bevölkerung und der mangelnden Leistungsfähigkeit reden, und auf der anderen Seite jene, die Hoffnung haben und an die Zukunft unserer Landkreise und die Leistungsfähigkeit der dort lebenden Menschen glauben.
Ich glaube, es ist auch gut, dass sich dieses Bild so klar zeigt; denn dann haben wir es mit einem offenen Visier zu tun, mit einer klaren Unterscheidbarkeit der Positionen.
Richtig ist, Brandenburg braucht leistungsfähige Kreise. Genau deswegen gibt es diese Volksinitiative, die wir als BVB/FREIE WÄHLER mittragen; denn wir wissen, Leistungsfähigkeit wird vom Bürger her definiert. Wenn die Menschen einen Bezug zu ihrer Verwaltung und zu ihrer Vertretung haben, setzt das Kräfte frei und stärkt das demokratische Miteinander. Die Stärke der Kreise lebt auch von der Stärke der Unternehmen, und die brau chen kurze Wege zu ihren Verwaltungen. Und die Zukunftsge richtetheit, von der Sie reden, braucht Verwurzelung, eine Ver wurzelung in gewachsenen, örtlich und überörtlich überschau baren und greifbaren Strukturen. Genau deswegen braucht es keine Zwangsfusion und auch nicht diese Kreisgebietsreform.
Ich bin dankbar, dass so viele Menschen mitgezogen, so viele Menschen unterschrieben haben, über Parteigrenzen, Berufs gruppen und Altersgruppen hinweg, aus allen Regionen, ein wahrlich breites gesellschaftliches Bündnis, das sich nicht da durch kleinreden lässt, dass Ihnen das nicht gefällt. Es ist wohl tuend zu sehen, dass die Menschen ihre Kommunen liebge wonnen haben. Diesen Wert sollten Sie nicht schlechtreden, sondern das als Signal erkennen.
- Ich weiß, Sie wollen.
Schauen Sie, das löst bei uns ein so positives Gefühl aus, dass wir uns das durch Ihre Rochaden gar nicht vermiesen lassen. Was wurde nicht alles versucht! Unzulässigkeit von Teilen, Verzögerung, Prüfung von Regeln, Zerreden der Inhalte: Wir sind dafür, aber doch nicht so ganz. Dann hieß es: Wir sind doch gesprächsbereit, aber Grundlage des Gespräches ist, an zuerkennen, dass die Reform alternativlos ist.
Wissen Sie, wir lassen uns dadurch die Stimmung nicht vermie sen. Wir stehen zu unserem Änderungsantrag aus dem Innenaus schuss, das hier anzunehmen, und wir stehen dazu, dass die Landkreise Selbstvertrauen brauchen und nicht Ihre Schlechtma cherei und deswegen Unterstützung aus dem Land verdienen.
Wer das genauso sieht, der sollte heute entsprechend stimmen. Ich bitte die Abgeordneten von Rot-Rot nur: Seien Sie ehrlich und stimmen Sie hier so, wie Sie in Ihren Wahlkreisen vorge ben, es zu tun!
Denn da gibt es erhebliche Unterschiede.
Das wird dann immer verbrämt mit „Verantwortung für das ganze Land“. Schauen Sie: Sie kommen Ihrer Verantwortung auch dadurch nach, dass Sie vor Ort dasselbe tun wie hier. Das kritisiert niemand. Ich werfe auch keinem von SPD und Linken vor, dass Sie die Mehrheit Ihrer Fraktion nicht ändern. Aber niemand zwingt Sie als frei gewählter Abgeordneter, hier an ders zu stimmen als in Ihren Kreisen und Stadtverordnetenver sammlungen.
Das ist mal Fakt.
Sollte wider Erwarten die Volksinitiative heute doch abgelehnt werden, wünsche ich uns allen ein fleißiges Sammeln in der zweiten Stufe. BVB/FREIE WÄHLER wird dies mit aller Kraft tun, und wir freuen uns darauf; denn es gibt uns die Chance, Ihrer Welle der Selbstgerechtigkeit eine Flut von Un terschriften entgegenzusetzen, die dokumentiert,
dass diese Zwangsfusion nicht gewollt ist. Deswegen schließe ich: Schöner unsere Städte, Gemeinden und Kreise! - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordneten! Ich glaube, es ist nicht übertrieben, wenn man sagt, die ganze Pla nung, die ganze Entwicklung gleicht einem Totalversagen. Ich glaube, die Personaldiskussion, die in den letzten Tagen losge treten wurde, soll nur von einer weiteren zeitlichen Verzöge rung ablenken. Wenn immer wieder darüber geredet wird, wer jetzt Opfer ist, wer jetzt schuld ist, wer es verursacht hat - Ist es der Marks? Ist es der Mühlenfeld? Sind es beide zusammen? -, dann ist das, meine Damen und Herren, im Endeffekt eine Dis kussion, die von der zentralen Fokussierung auf das Techni sche, auf das Ökonomische ablenken soll.
Wenn wir es ständig mit einem Wechsel in der Leitungsebene eines Unternehmens zu tun haben, Wechsel der Geschäftsfüh rer - oder diese werden zumindest infrage gestellt - oder leiten den Angestellten, dann muss man sich irgendwann die Frage stellen: Haben nicht die Kontrolleure versagt? Das ist in jedem vernünftig geführten größeren Unternehmen auch der Fall.
Wer regelmäßig die falschen leitenden Angestellten, Abtei lungsleiter oder Geschäftsführer einstellt, der muss sich die Frage stellen, ob da nicht im Aufsichtsrat, bei den Gesellschaf tern der Fehler liegt. Das ist wie im Fußball: Wenn man ständig den falschen Trainer einstellt, dann sind es irgendwann der sportliche Direktor und der Aufsichtsratsvorsitzende, die hin terfragt werden.
In diesen Personaldiskussionen, die uns nicht voranbringen, ist nur eines sicher: die zeitliche Verzögerung und die damit ein hergehende Kostensteigerung. Jeder Personalwechsel im Füh rungsbereich führt zu neuen Einarbeitungen, führt zu einer weiteren Verzögerung, und Verzögerungen führen zu einer Kostensteigerung. 30 Millionen Euro zahlt Brandenburg jeden Monat für aktuell nichts. Genau deswegen sagen wir als BVB/ FREIE WÄHLER Gruppe: Es braucht eine Haftungsprüfung der Aufsichtsratsmitglieder. Diejenigen, die die Personaldis kussionen begleiten, führen, nicht führen, die sind auf den Prüfstand zu stellen. Das ist auch keine exotische Forderung, sondern der Landesrechnungshof empfiehlt das genauso.
Ganz logisch: Wenn das Personal vermeintlich immer versagt, dann muss der auf den Prüfstand, der es ausgesucht hat. Tatsa che ist, meine Damen und Herren, dass wir hier personell, ope rativ und wirtschaftlich konzeptlos handeln.
Nun könnte man ein Unternehmen in diesem Stil führen, wenn nur privates Geld im Spiel wäre - so wie sozusagen bei einem Hobby -, aber das kann man nicht tun, wenn es sich um öffent liche Gelder handelt, und zwar um unsere. Deswegen sagen wir als BVB/FREIE WÄHLER Gruppe ganz deutlich: Es braucht ein klares Bekenntnis der Landesregierung zu einem Stopp weiterer Darlehen oder Zuschüsse, solange kein tragfä higes Konzept mit Perspektive für diese Baustelle vorliegt. Zu einem Konzept gehören die Benennung eines Eröffnungster mins - ich glaube, es ist keine exotische Forderung, wenn öf fentliche Gelder fließen, wissen zu wollen, wann die Eröffnung geplant ist -, eine ganz klare Benennung der Gesamtkosteno bergrenze und auch ein klares Wirtschaftlichkeitskonzept für die Zeit nach der Eröffnung - nicht nur jetzt in der Bauphase, wo es bereits defizitär hoch drei ist, sondern wie dieser Flugha fen nach der Eröffnung jemals wirtschaftlich betrieben werden soll.
Bis diese Parameter nicht genannt worden sind, keine klare Antwort dazu vorliegt, darf den Milliarden, die bereits ausge geben wurden, kein öffentliches Geld hinterhergeworfen wer den. In dieser Diskussion muss Schluss sein mit den Neben kriegsschauplätzen, die zeitlich nur ablenken und die den Fo kus von der immensen Geldverschwendung nehmen.
Es braucht ein gesamtökonomisches und zeitliches Konzept, einschließlich - das ist das, was wir auch als Kleine Anfrage eingebracht haben - einer Darlegung der Abfindungen und der fortlaufenden Zahlungen für ausgeschiedene Manager. Ich hof fe, dass die Landesregierung zu dieser Auskunft in der Lage sein wird - im Gegensatz zu den Staatssekretären, wo wir ja erfahren durften, man könne das nicht berechnen, weil man nicht wisse, wie alt sie würden. Vielleicht können Sie ja bei der FBB wenigstens darlegen, wie viel Geld noch an die dort aus geschiedenen Personen fließt.
Meine Damen und Herren, wenn wir über den Flughafen re den, braucht’s auch eine Frage zum Umgang mit den Betroffe nen. Durch die diskutierten neuen Flugrouten werden weitere
Zehntausend von Lärm betroffen sein. Es gibt keine erkennba re nachhaltige Konzeption, den Lärmschutz bis zur Eröffnung - wann immer die auch sein wird - sicherzustellen. Hierzu sind auch heute wieder nur Lippenbekenntnisse gekommen wie: Wir wollen mehr Lärmschutz, wir wollen mehr Nachtruhe. - Das glaubt Ihnen in der betroffenen Region niemand mehr.
Ein solches Projekt ist immer eine Abwägung öffentlicher Inte ressen und der privaten Interessen der Betroffenen. Doch wie sieht es hier aus? - Die öffentlichen Belange sind hier massiv geschädigt, Milliarden Euro aus dem Landeshaushalt sind ver senkt worden. Es ist ein Fass ohne Boden. Und dieser Negativ bilanz stehen Zehntausende von Lärm und wenig Nachtruhe Betroffene entgegen. Das heißt, Sie haben eine Abwägung von zwei negativen Aspekten. Das kann so nicht weitergehen.
Ich würde mich freuen, wenn in diese Diskussion endlich ein klares Bekenntnis der Landesregierung einzieht und sich auch der Umgang mit den Flughafenanwohnern, aber auch mit den Brandenburgern insgesamt ändert. Denn dieses Geld wäre wahrlich in anderen Infrastrukturprojekten unseres Bundeslan des besser angelegt. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Staatssekretär! In der Runde der Parlamen tarischen Geschäftsführer wurde gesagt, zu diesem Tagesord nungspunkt möge nicht der Minister, sondern der Staatssekre tär sprechen, weil wir da eine sachliche, fachliche Information zu erwarten hätten. Das hier war allerdings eine Parteitagsrede, die in keiner Weise in Aussicht gestellt hat, wie es konkret wei tergehen soll. Das Einzige, was Sie tun, ist, kritische Töne im Parteijargon niederzumachen, anstatt ganz konkret Fehler ein zugestehen
und Konzepte zur Lösung aufzuzeigen. Das ist der Punkt.
Ich mache eines ganz deutlich, Herr Staatssekretär: Ihre Be hauptung, ich hätte gesagt, hier seien neue Aufsichtsratsmit glieder berufen worden, weise ich zurück. Das habe ich nie gesagt - Sie werden es im Protokoll sehen -, und ich erwarte von Ihnen, dass Sie das richtigstellen. Ich habe gesagt, es wur den leitende Angestellte und Geschäftsführer ausgetauscht, und jetzt müssten die Aufsichtsratsmitglieder auf ihre Haftung überprüft werden. Das habe ich gesagt. Zu keiner Zeit habe ich behauptet, es seien neue Aufsichtsratsmitglieder durch Bran denburg bestellt worden.
Sie haben Wert darauf gelegt, deutlich zu machen, dass wir „so viel noch nicht ausgegeben hätten“. Wissen Sie, sämtliche Dar lehen aus den 90er-Jahren und von Anfang der 2000er-Jahre, die gewährt worden sind, sind in Eigenkapital umgewandelt worden, mittlerweile ungefähr 200 Millionen Euro. Können Sie, wenn es Ihnen so wichtig war, hier in der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass es „so viel ja noch nicht ist“, garan tieren, dass die offenen Darlehen und Bürgschaften zurückflie ßen und nicht in Eigenkapital umgewandelt werden? Können Sie den Brandenburgern die Garantie geben, dass die derzeit offenen Darlehen/Bürgschaften in den Haushalt des Landes
Brandenburg zurückkehren und nicht in Eigenkapital umge wandelt werden bzw. beim Flughafen verbleiben? Können Sie als Staatssekretär diese Garantie hier und heute - ein Jahr vor der angeblichen Eröffnung - geben?
Herr Chef der Staatskanzlei, Sie haben deutlich gemacht, dass es der normale Prozess sei, der jetzt eingeleitet sei, und dass der Finanzminister nichts anderes gemeint habe als den Volks entscheid, der am Ende von Volksinitiativen und Volksbegeh ren steht. So habe ich Sie verstanden.
Kann ich also davon ausgehen, dass die Landesregierung das vernünftig begleiten und keine Schritte einleiten wird, die das verzögern bzw. verschleppen, denn irgendetwas muss der Fi nanzminister gemeint haben. Wenn er nicht das Schweizer Mo dell gemeint hat, obwohl er es gesagt hat, hat er zumindest die Möglichkeit eines Volksentscheides gemeint.
Um das zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass die Landesre gierung keine Steine in den Weg legt wie verzögernde Begut achtungen. Ist da Entsprechendes vorgesehen, oder wollen Sie sicherstellen, dass das zeitlich ordnungsgemäß abgewickelt werden kann? Oder wollen Sie, wie Sie in Aussicht gestellt ha ben - es gibt die Möglichkeit zu Verhandlungen mit der Volks initiative -, der Volksinitiative doch entgegenkommen und Kompromisse vorschlagen? Gibt es bei Ihnen bereits Planun gen dazu?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die BVB/FREIE WÄHLER Gruppe legt Ihnen heute einen Antrag vor, auch die Sitzungen der Ausschüsse des Landtages per Livestream zu übertragen bzw. in der Mediathek zu erfassen.
Ich möchte ausdrücklich die bisherige Öffentlichkeitsarbeit des Landtages insgesamt würdigen, allein schon, wie das Gebäude beschaffen, wie besucheraffin alles gestaltet ist. Das drückt sich auch in der Zahl der Besuchergruppen, die wir hier regel mäßig empfangen, der Pressearbeit der Landtagsverwaltung oder dem Tag der offenen Tür aus - all das ist eine sehr öffent lichkeitsaffine und bürgernahe Arbeit, die landesweit sehr ge schätzt wird. Ich glaube, dass das auch bundesweit durchaus positiv wahrgenommen wird.
Es war ebenso die richtige Entscheidung in einer vergangenen Wahlperiode, die Ausschüsse öffentlich und nicht mehr nicht öffentlich tagen zu lassen, wie es früher gewesen ist. Ich glau be, das ging seinerzeit auf einen Vorschlag der Linken zurück.
- Sie haben es unterstützt, habe ich gehört. - Auch die Einfüh rung einer Livestream-Übertragung der Landtagssitzungen war eine richtige Entscheidung. Niemand streitet mehr ab, dass das notwendig, richtig und gut ist; denn all diese Aspekte tragen zur Öffentlichkeitswirksamkeit bei. Sie ermöglichen den Bür gern einerseits eine gewisse Kontrolle, erhöhen andererseits das Interesse in der Öffentlichkeit, aber auch die Nachvollzieh barkeit von Debatten und Diskussionen. Es geht bei der Livestream-Übertragung der Plenarsitzungen auch nicht unbe dingt um präzise Klickzahlen - die sicherlich nicht so hoch sind wie bei einer Fernsehübertragung -, als müsste man hier nach
Marketingaspekten herangehen. Schon allein die Möglichkeit, dass man sich die Debatten ansehen kann, ist gut im Sinne ei ner Kontrolle und führt zu wachsendem Interesse.
Zugleich erleben wir eine Verlagerung der Debatten und Dis kussionen in die Ausschüsse. Vieles wird überwiesen - der vor herige Antrag nicht, aber sonst passiert das ja durchaus -, es finden komplexe Anhörungen und ausführliche Diskussionen statt. Ich muss Ihnen nicht erklären, wie intensiv die dort statt findenden Diskussionen sind.
Es gibt auch Protokolle dieser Sitzungen - das ist richtig -, aber abgesehen davon, dass sie recht spät kommen, sind sie in der Regel im „Telefonbuchformat“, sodass die mündliche Nach vollziehbarkeit durchaus nutzerfreundlicher, schneller und auch bequemer für die Bürger ist, die sich für die Themen inte ressieren. Außerdem kann nicht jeder Bürger an den in der Re gel werktags und vormittags stattfindenden Ausschusssitzun gen teilnehmen, insofern ist eine Online-Nachvollziehbarkeit, ob in der Mediathek oder live, durchaus gut. Es wäre ganz abs trakt gesprochen ein weiteres Zeichen von Transparenz und Bürgernähe, wenn wir den Bürgern die Option bieten würden, einbezogen zu werden. Ich glaube, das würde vieles erleichtern, und wir würden damit insgesamt ein gutes Zeichen setzen.
Ich möchte einige unwiderlegbare Argumente für den Antrag ins Feld führen. Nordrhein-Westfalen wendet die LivestreamÜbertragung auch in den Ausschüssen an. Ich weiß, viele Bun desländer tun es nicht, aber Brandenburg und NRW könnten hier gemeinsam Vorreiter sein. Das dürfte Sie überzeugen. Schließlich hat auch die Stadtverordnetenversammlung Cott bus letzte oder vorletzte Woche beschlossen, neben der SVV auch die Ausschüsse per Livestream zu übertragen. Im Übrigen würde das auch die Arbeit der Presse erleichtern. Die Presse leute müssten - abgesehen von einem Vertreter - nicht anwe send sein. Meine Damen und Herren, genau deswegen wäre es für die Presse im Hinblick auf eine zeitnahe Nachvollziehbar keit von Diskussionen sicherlich auch nicht uninteressant und würde die Kontrolldichte der öffentlichen Diskussion erhöhen. Insofern bitte ich Sie um Zustimmung oder zumindest - von dieser Absicht habe ich schon gehört - um Überweisung. - Vie len Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Zu nächst möchte ich den Grünen die Ehre zurückgeben: Der An trag ging auf ihren Vorschlag zurück. Ich meinte die vorver
gangene Wahlperiode, wo das diskutiert wurde, wo Sie noch nicht dabei waren. Dann kam selbstverständlich Ihr Antrag, und wie Herr Vogel ausführte, ist es mittlerweile unumstritten, dass das eine gute Sache ist.
Richtig ist, dass die Klickzahlen nicht allzu berauschend sind, das will ich nicht in Abrede stellen. Allerdings glaube ich, das ist eine Sache, die wachsen muss: Man erkennt, dass es diese Möglichkeit gibt, die Leute nutzen es, dann spricht man darü ber, dann wird es häufiger verlinkt, irgendwann ist es Stan dardrepertoire, und dann werden die Zahlen auch steigen.
Im Übrigen sehe ich die Klickzahlen nicht unbedingt als einzi ges Kriterium der Transparenz. Denken Sie an Gerichtsver handlungen, die sind an allen Amtsgerichten immer öffentlich, und es geht nie jemand als Zuschauer hin. Trotzdem ist der Wert, dass die Sitzung, in der Straf- oder Zivilsachen verhan delt werden, öffentlich ist, ein hohes Gut, das niemand in Abre de stellen würde. So sehe ich das auch hier, dass man sagt: Die öffentliche Übertragung ist schon ein Wert an sich, unabhängig davon, wie sich die Klickzahlen entwickeln - wobei ich glaube, dass sie steigen werden.
Hinzu kommt, wie schon gesagt wurde, die Abspeicherbar keit - sicherlich ist das eine gewisse technische Herausforde rung, aber in überschaubarem Rahmen, Herr Vogel hat ja schon Finanzierungsvorschläge gemacht -, die wichtig ist, um die De batten nachzuvollziehen. Ich stelle mir eine Mediathek vor, in der man auf alles schnell zugreifen kann, in der man alles fin det, in der der Landtag Brandenburg zeigt: Alles ist nachvoll ziehbar und transparent.
Ich habe gedacht, dass es ein ausreichender Zeitrahmen sei, wenn man in den Antrag „ab Mai“ schreibt. Ich entnehme den Hinweisen, dass das insgesamt nicht so gesehen wird - das ak zeptieren wir natürlich. Ich habe auch nicht mit mehr als einer Überweisung gerechnet. Insofern sind die vielen kritischen Hinweise zur Feinjustierung absolut willkommen, ermöglichen sie es doch, den Antrag so weiter fortzuschreiben, dass er viel leicht Aussicht auf Erfolg hat.
Insofern danke ich für die kritischen Hinweise, aber auch für den allgemein erklärten politischen Willen, diesem Vorschlag im Grunde zu folgen und ihn im Hauptausschuss intensiver zu diskutieren. - Vielen Dank, ich wünsche alles Gute für die Überweisung und eine gute Beratung im weiteren Verlauf.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben hier gehört, es sei alles gut, oder auch, es sei alles schlecht. Wo liegt nun die Wahrheit? Ich versuche das ein we nig anhand von Zahlen zu betrachten. Diese sind meist nicht so stark meinungsabhängig, denn Mathematik ist in aller Regel - auch hier im Landtag - klar und eindeutig.
Wir haben es mit Steuermehreinnahmen zu tun, was das An wachsen des Haushaltes schon ein wenig erklärt. Unseres Er achtens, aus Sicht der BVB/FREIE WÄHLER Gruppe, wird von den zusätzlichen Steuereinnahmen zu wenig in kommuna le Investitionen gesteckt. Das kann man natürlich anders sehen. Aber gerade wenn es um die Stärkung des ländlichen Raumes und Infrastrukturmaßnahmen geht, so glauben wir, dass die er höhten Steuereinnahmen dort besser angelegt wären, weil wir eben nicht mit Potsdamer Leistungskennzahlen an den ländli chen Raum herangehen können, wenn es um Infrastrukturver sorgung geht, sondern mit anderen Maßstäben herangehen müssen, um gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Gebie ten des Landes sicherzustellen.
Wir haben heute bereits gehört, dass viel investiert wird. Dabei ist es sicherlich nicht uninteressant, sich einmal die Investiti onsquote anzuschauen: Hier lagen wir im Jahre 2015 bei 12,6 %, im Jahr 2016 bei 11,6 %, und im Rahmen der mittel fristigen Finanzplanung 2020 kommen wir auf 9,3 %.
Es ist die Landesregierung - nicht ich -, die immer wieder ge sagt hat: 10 % ist die Grenze, darunter wollen wir nicht kom men. Insofern ist ein sukzessives Absinken der Investitions quote bei übrigens gleichzeitigem Anstieg der konsumtiven Ausgaben wahrlich kein großer Wurf und vor allem nicht un bedingt Ausdruck eines kreativen, besonders erfolgreichen Haushaltes. Damit meine ich jetzt gar nicht einzelne Positio nen - das ist sicherlich auch ideologisch bedingt; jeder möchte einen bestimmten Bereich vielleicht mehr gestärkt wissen -, sondern wenn man sich die nüchternen Zahlen ansieht, stellt man fest, dass wir in diesem Bereich keine positive Entwick