Monika Döllstedt
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Umverlegung der B 247 in Gotha-Siebleben
In Gotha-Siebleben berichteten Einwohnerinnen und Einwohner, dass offensichtlich im Auftrag der DEGES Vermessungsingenieure und Lärmschutzbeauftragte aktiv seien. Auf ihr Tätigsein angesprochen wurde erklärt, die Arbeiten stünden im Zusammenhang mit einer Verlegung der B 247 bzw. Lärmschutzmaßnahmen. Es sei beabsichtigt, beidseitig des Straßenverlaufs Lärmschutzwände mit einer Höhe von bis zu vier Metern zu bauen.
Der Stadt Gotha seien bisher diese beabsichtigten Maßnahmen nicht bekannt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche konkreten Absichten bestehen zur Umverlegung der B 247 innerhalb der Ortslage der Stadt Gotha und wie stellt sich der Arbeitsstand gegenwärtig konkret dar?
2. Inwieweit wurden bei der beabsichtigten Umverlegung der B 247 die aktuellen verkehrstechnischen Untersuchungen und Planungen der Stadt Gotha berücksichtigt und weshalb unterblieb gegebenenfalls die Berücksichtigung?
3. Inwieweit ist die Stadt Gotha über die beabsichtigte Umverlegung der B 247 durch die zuständigen Behörden informiert und welche Hinweise, Einwendungen o.Ä. hat die Stadt Gotha zu diesem Vorhaben vorgetragen und mit welcher Begründung wurde diesen bisher nicht Rechnung getragen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir beraten heute den Demographiebericht, den die Landesregierung Mitte 2006 vorgelegt hat. Seither wurde der Bericht federführend im Ausschuss für Bau und Verkehr und mitberatend in den anderen Ausschüssen des Landtags behandelt. Aufgabe dieses Hohen Hauses ist es, die Quantität des Berichts im Umfang von 130 Seiten in Qualität des politischen Handelns umzusetzen.
Die Erstellung dieses Demographieberichts war gut, richtig und notwendig. Als fundierte Analyse mit Ausblick in die Zukunft zeigt er - so die Aussage des damaligen Bauministers, Herr Trautvetter, ich darf zitieren - „wesentliche Handlungsfelder auf, die in den nächsten Jahren und Jahrzehnten gestaltet werden müssen. Es müssten Lösungen diskutiert und anschließend ein Masterplan für Thüringen erarbeitet werden.“ Wie aber sehen die qualitativen Antworten auf die Prognosen und Analysen des Berichts aus? Dicke Papiere allein tragen recht wenig zur Entwicklung unseres Landes bei. Im Mittelpunkt der Diskussionen hätten perspektivische Entwicklungsstrategien stehen müssen als Grundlage für ein zu erreichendes Ziel, für die aktive Gestaltung des demographischen Wandels und seiner Nutzung als Chance für die Weiterentwicklung Thüringens. So wurde leider versäumt, die Herausforderungen des demographischen Wandels für die Städte und ländlichen Räume ausführlich zu diskutieren. Dabei macht der Bericht in seiner Kompaktheit erstmals die Brisanz des Themas und den Handlungszwang für das Land mehr als deutlich. Deshalb stimmen wir auch der Fortschreibung dieses Berichts zu. Kürzungen und Abbau der Standards bei sozialen und kulturellen Leistungen, Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge und grenzenlose Deregulierung werden aus Sicht meiner Fraktion die Probleme verschärfen. Lösungen sehen anders aus.
Die demographische Entwicklung muss oft als Vorwand herhalten, den Sozialstaat infrage zu stellen. Wie viele Erwerbstätige zukünftig für welche Zahl Rentner Sorge tragen müssen, können wir in vielen Publikationen lesen. Dass die Erwerbstätigen aber ebenfalls die Versorgung der noch nicht Erwerbstätigen - nämlich der Kinder und Jugendlichen - mittragen müssen, wird in ähnlicher Form kaum thematisiert.
Vom gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandel, der uns in seinen Auswirkungen schon seit Jahren bekannt ist, sind alle Politikfelder und insbe
sondere die Aufgabenfelder der öffentlichen Daseinsvorsorge betroffen. Dazu gehören Arbeit, Wohnen, Bildung und Ausbildung, Familie, soziale und technische Infrastruktur, Finanzierung, Verwaltung und Kultur, um nur einige beispielhaft zu nennen. Ein Gesamtkonzept zur Zukunftsfähigkeit Thüringens ist daher dringend notwendig.
Dies wiederum erfordert ein gemeinsames Denken und vor allem auch ein Zusammenarbeiten. Getrennte Zuständigkeiten der Ministerien und das Nebeneinander der Fördermöglichkeiten sind hier ebenso hinderlich, wie die mangelnde Bereitschaft der Landesregierung und CDU-Mehrheitsfraktion zu einer konstruktiven Diskussion. Beispiele dazu werden Sie noch hören. Worin sehen Sie - hier spreche ich besonders die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion an - die Ursachen dafür, warum so viele junge Menschen, insbesondere junge Frauen, dem Freistaat den Rücken kehren?
Die Abwanderung schadet unserem Land doppelt, da die künftigen Kinder dieser jungen Frauen unserem Land fehlen. Anstatt darüber nur in Wehklagen auszubrechen, müssen die im Bericht aufgezeigten Ursachen ausgewertet und nach Möglichkeit beseitigt werden. Dazu brauchen wir Konzepte, die das Schaffen von Bedingungen zu lohnenswertem Leben und Arbeiten in Thüringen für die potenziellen Abwanderer zum Inhalt haben.
Täglich verlassen rund 120 Einwohner Thüringens das Land, Menschen, die keine Lebensperspektive in Thüringen sehen. Beantworten wir doch endlich die Frage: Wie machen wir Thüringen als Wohn-, Lebens- und vor allem aber auch als Arbeitsstandort attraktiv? Denn ohne Perspektive, ohne Aussicht auf existenzsichernde Arbeit werden immer mehr Menschen aus Thüringen flüchten. Es ist höchste Zeit, aus dem uns vorliegenden Material eine Perspektiventwicklung für Thüringen herzuleiten.
Voraussetzung dafür ist vor allem, dass die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes gewährleistet sein muss. Wir brauchen diese Handlungsfähigkeit, um Chancengerechtigkeit für die Menschen zu sichern und Zukunftsaufgaben zu finanzieren. Zu diesen Zukunftsaufgaben in Thüringen gehören für meine Fraktion insbesondere, dass Bildung als Investition in die Zukunft verstanden wird, die Sicherung einer leistungsfähigen Hochschullandschaft, eine starke Forschung und vor allem leistungsfähige Kommunen.
Vorschläge und Diskussionsangebote meiner Fraktion gibt es diesbezüglich zur Genüge.
Gleich am Anfang möchte ich hier auf unseren Vorschlag zu einer umfassenden Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform hinweisen. Seit dem Jahr 2005 haben wir unseren Masterplan ständig zur Diskussion gestellt. Wie mich meine Kollegen aus der Enquetekommission informiert haben, wurden durch unsere Fraktionsmitglieder insbesondere dort die Bestandteile dieses Masterplans in die einzelnen Debatten eingebracht. Entgegen der Meinung von Sachverständigen und Experten wurden durch die CDU alle unsere Vorschläge blockiert bzw. - man kann schon fast sagen - mit konstanter Boshaftigkeit ignoriert. Das von einem Berg geborene Mäuslein mit dem Namen Landgemeinde ist kein taugliches Mittel zur Vereinfachung und Modernisierung der Verwaltung.
Hier reiht sich das fehlende Umdenken von CDUMehrheit und Landesregierung in der Familienpolitik des Freistaats uneingeschränkt ein. Mit der Arroganz der Macht wird an der Familienoffensive festgehalten, obwohl seit gut drei Jahren wissenschaftliche Studien Defizite eben dieser Familienpolitik in Thüringen aufzeigen.
Dennoch hat die Thüringer Landesregierung und CDU-Mehrheit bisher wenig bis gar nichts zur Aufarbeitung dieser Defizite getan und darüber hinaus einen entsprechenden Gesetzentwurf der Oppositionsparteien kürzlich im Landtag abgelehnt.
Übrigens haben die Unterstützer des Volksbegehrens für eine bessere Familienpolitik über 12.000 Unterschriften gesammelt. Der demographische Wandel erfordert die Bereitschaft, neue Ansätze in der Bildungspolitik des Freistaats zu diskutieren, um die Herausforderungen zum Wohle der Kinder und Jugendlichen zu lösen. Eine der Antworten auf immer weiter zurückgehende Einwohnerzahlen gerade im ländlichen Raum muss an einer Umgestaltung und Überwindung des gegliederten Schulsystems in Thüringen liegen. Um allen Schülerinnen und Schülern eine optimale Schulbildung wohnortnah zu ermöglichen, ist das längere gemeinsame Lernen an einem Schulstandort der einzig mögliche Weg.
Was die CDU und ihr Kultusminister im Hinblick auf unseren Schulgesetzentwurf behaupten, stimmt ganz einfach nicht.
Mit diesem Gesetzentwurf und besonders mit dem Vorschlag des gemeinsamen Lernens bis Klasse 8 wird keine Schule geschlossen. Lesen Sie unseren Gesetzentwurf genau und hören Sie auf, Schauermärchen und Unwahrheiten zu verbreiten.
Die demographischen Veränderungen stellen aber nicht nur die Schulen vor große Herausforderungen. Die Möglichkeiten des lebenslangen bzw. lebensbegleitenden Lernens über die Schule hinaus müssen auch im ländlichen Raum gesichert werden. Die Angebote kultureller Einrichtungen dürfen nicht aus den ländlichen Regionen verschwinden. Kultur ist Bildung und dem muss gerade auch in Zukunft und langfristig Rechnung getragen werden.
Wir bekennen uns dazu, dass der Staat lenkend und gestaltend in bestimmte gesellschaftliche Prozesse eingreifen und die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen muss.
Nach wie vor ungeklärt ist die Frage der Altschulden. Konstruktive Vorschläge der LINKEN hierzu gingen leider auf Bundesebene und auch in diesem Hause den Weg der meisten unserer Anträge. Die Altschuldenentlastung ist seit Jahren auch Forderung der einschlägigen Fachverbände, wie erst kürzlich wieder in der Presse zu lesen war. Nun mögen Sie hier die Bundeszuständigkeit anführen und die Verantwortung von sich weisen. Auch DIE LINKE fordert grundsätzlich eine bundesgesetzliche Regelung. Dies will ich hier mit aller Deutlichkeit nochmals zum Ausdruck bringen. Im Bund trägt die CDU sehr wohl Verantwortung. Es mangelt aber am politischen Willen, anderenfalls hätte ja schon längst eine Lösung gefunden werden können. DIE LINKE jedenfalls will durch Schaffung entsprechender Voraussetzungen verhindern, dass Wohnungsbestände lediglich als finanzielle Manövriermasse an den Markt kommen. Thüringen wird bis zum Jahr 2020 fast 10 Prozent seiner derzeitigen Bevölkerung verlieren. Die Wohnungsunternehmen dürfen nicht alleingelassen werden bei der Bewältigung der Aufgaben im Zusammenhang mit diesem Schrumpfungsprozess. Gerade in Zeiten des fortschreitenden Sozialabbaus und der Polarisierungsprozesse sind kommunale Wohnungsunternehmen unverzichtbar, um für alle Bevölkerungsschichten Wohnraum bezahlbar zu machen und das Entstehen von sozialen Brennpunkten zu vermeiden. Für uns ist das ein Teil des Wahrnehmens von sozialer Verantwortung.
Die Bewältigung des demographischen Wandels und die damit verbundenen sozialen Herausforderungen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe erfordert die Schaffung entsprechender finanzieller Rahmenbedingungen für die Kommunen. Soziale Verantwortung wahrnehmen müssen wir auch für die Belange des wachsenden Anteils älterer Menschen. Meine Fraktion hat hierzu den Entwurf eines Seniorenmitbestimmungsgesetzes eingebracht.
Erforderlich ist auch eine massive Ausweitung des altersgerechten und barrierefreien Wohnungsangebots. Beim Stichwort Barrierefreiheit denken die meisten an Menschen mit körperlichen Behinderungen, aber wir sollten hier auch die Menschen mit Sinnesbehinderungen nicht vergessen. Dazu gehört eine adäquate Strukturentwicklung mit Vernetzung von Dienstleistungsangeboten.
Im Demographiebericht wird im Punkt Ehrenamt/Vereinswesen bei der Betrachtung des Ehrenamts auf einen größer werdenden Bedarf und parallelen Rückgang der Leistungen hingewiesen. Der aufgezeigte Handlungsansatz ist unserer Ansicht nach zumindest teilweise falsch. Er liefert dem Staat ein Alibi, sich zulasten der ehrenamtlich tätigen Menschen aus der Verantwortung zu ziehen. Vielmehr müssten insbesondere auch die Betreuung junger Menschen sowie
generationenübergreifende Angebote schrittweise zu Pflichtaufgaben der Kommunen gemacht werden. Die auf diesem Gebiet stattfindende Vermittlung und Praktizierung sozialer Kompetenzen wirkt sich letztendlich positiv auf das Miteinander in der Gesellschaft aus. Indirekt kommt das auch der Wirtschaft zugute.
Die medizinische Versorgung, insbesondere im ländlichen Raum, gibt immer mehr Anlass zur Sorge. Als Beispiele für Bereiche mit steigendem Bedarf führe ich hier die Situation in Bezug auf die Hausärzte an sowie die Geriatrie und Gerontopsychiatrie. Die Ansiedlung von Ärzten ist nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein infrastrukturelles Problem. So bezeichnen angehende Mediziner Thüringen als mangelhaft attraktiv im Hinblick auf die Arbeits- und Entwicklungschancen für die Partner sowie bestimmte Bildungsmöglichkeiten für die Kinder.
Bundespolitisch müsste dringend über eine bessere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung nachgedacht werden. Der ländliche Raum wird insgesamt das Problem des nächsten Jahrzehnts, dem es mehr Aufmerksamkeit zu widmen gilt. Die Landesregierung hatte zwar vollmundig angekündigt, noch in dieser Legislatur ein Gesamtkonzept zur Entwicklung des ländlichen Raums in Thüringen vorzulegen; es gibt zwar eine begleitende Studie, das Ende der Wahlperiode naht, aber was das Konzept anbelangt - wo ist es?
Nach unserer Überzeugung kann das Konzept der zentralen Orte, das aus der Bundesrepublik der 70erJahre stammt, keine überzeugenden Antworten für das ländlich geprägte und kleingliedrige Thüringen geben. Mit Blick auf die fortschreitende Globalisierung und zunehmende Harmonisierung innerhalb der Europäischen Union werden künftig nur Regionen eine Entwicklungsperspektive haben. DIE LINKE will mit dem Prinzip der dezentralen Konzentration die einzelne Kommune immer im Zusammenhang mit der Region betrachten.
Unser Planungsprinzip verpflichtet, weg vom zentralörtlichen hin zum raum- und regionalbezogenen Denken zu kommen.
Bestätigt fühlen wir uns in dieser Position durch den kürzlich vom Bundesbauminister Tiefensee vorgestellten Stadtentwicklungsbericht 2008. Dort heißt es nämlich: „Die Zukunft der Stadt ist die Region.“ In Beton ist schon sehr viel investiert worden, fangen wir doch endlich an, mehr in die Menschen zu investieren. Nicht nur Anhänger meiner Partei sehen das als beste Investition in die Zukunft. Was nützen beispielsweise die schönsten Bushaltestellen, an denen
kein Bus mehr hält. Damit bin ich beim nächsten Punkt, der Frage des Stellenwerts des Nahverkehrs im ländlichen Raum. In vielen Regionen Thüringens kommt der Bus nur noch, wenn Schule ist. In den Ferien sind zahlreiche Dörfer fast vollständig vom ÖPNV abgeschnitten. Diesen Dörfern droht teilweise die Verödung. Die Landkreise sind zwar bemüht, dem zu begegnen, aber eine konzeptionell unterlegte Antwort auf die Frage, was hier zu tun ist, gibt es noch nicht. Thüringen braucht ein landesweit schlüssiges Konzept für den öffentlichen Personennahverkehr.
Gerade die auf den Dörfern lebenden älteren Menschen sind auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen. Das betrifft, wie bereits dargelegt, die ärztliche Versorgung und auch den Zugang zu Einkaufsmöglichkeiten besonders für Lebensmittel sowie andere Dienstleistungen der Grundversorgung. In etlichen Dörfern gibt es diese leider nicht mehr.
Nicht zuletzt ist der ÖPNV auch ein Problemlöser im Klimaschutz, wie es kürzlich der Landesgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, Matthias Scheithauer, medial äußerte. Aufgrund des voranschreitenden Klimawandels werden Fragen der Klimavorsorge, insbesondere auf dem Gebiet der Bereitstellung von Energie, zu einem Schlüsselthema in Gegenwart und Zukunft. Wesentlich in diesem Zusammenhang sind die Formen, die Quellen und Strukturen bei der Ausgestaltung der Energieversorgung als Bestandteil der Daseinsvorsorge. Gerade in diesem Punkt gehen bekanntermaßen die politischen Standpunkte ziemlich weit auseinander. Für uns als LINKE heißt Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit in der Energiepolitik, auch hier der sozialen Verantwortung gerecht zu werden. Regenerative Energiequellen, Dezentralität der Systeme, Energieeinsparung und Energieeffizienz sind immer auch unter dem Aspekt der Bezahlbarkeit zu betrachten. Wir müssen uns über energetischen Stadtumbau und Energiekonzepte in ländlichen Räumen unterhalten. Es geht darum, Energieplanungen zwingend unter dem Aspekt der Abstimmung zwischen Bedarfsprognosen und einer effizienten Infrastrukturausstattung vorzunehmen. Über die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand schweigt des Sängers Höflichkeit. Ein Landesprogramm zur Förderung regenerativer Energien wäre angezeigt.
Überaus wichtige Themen sind Ausbildung und existenzsichernde Arbeit. Seit Jahren sind die Wegzugs- und Wanderungsbewegungen aus Thüringen bekannt. Die Ursachen hierfür liegen im Wesentlichen im fehlenden Arbeitsplatzangebot in Thüringen, im Wegbruch der Industrie und den niedrigen Löhnen begründet. Das Durchschnittsmonatseinkommen in Thüringen betrug 2008 2.424 €. Aussagefähiger ist
das Medianeinkommen, das aber in der Statistik möglicherweise nicht zufällig recht schwer zu finden ist. Nach einigem Suchen habe ich für 2006 einen Nominalwert von ca. 1.300 € gefunden.
Insbesondere im hochinnovativen Bereich werden heute auch fiskalisch bedingt fachlich qualifiziert ausgebildete Menschen abgeworben. DIE LINKE sieht in der Entwicklung der Forschungs- und Hochschullandschaft einen entscheidenden Beitrag. Ein weiterer Beitrag besteht in einer Berufsschulnetzplanung zur Weiterentwicklung und dauerhaften Sicherung der Aus- und Weiterbildung in möglichst vielen Berufsgruppen in Thüringen unter Moderation der Landesregierung. Bis jetzt reagiert die Landesregierung aber nur mit minimalen Steuerungselementen.
Die auffällige Wanderung junger Frauen in die alten Bundesländer zeugt von der in Thüringen besonders ausgeprägten Ungleichheit bezüglich der Lohnzahlungen. Hier sehen wir dringend Handlungsbedarf in Politik und Wirtschaft, der eine Angleichung beider Geschlechter an Entlohnung sichert. Auch sehen wir einen Weg in der Schaffung eines gesetzlichen Mindestlohnes branchenbezogen oder auch branchenübergreifend.
Ebenso stellt sich für meine Fraktion die Frage nach einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Damit ist kein zweiter oft im Sinne von zweitrangig verstandener Arbeitsmarkt gemeint, der nur zeitweilig als eine Art Hilfsinstrument der Wirtschaftsförderung fungiert. Wir gehen von einer eigenständigen und langfristigen Perspektive aus. Wir meinen öffentlich finanzierte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im gemeinwohlorientierten Nonprofitsektor, in Arbeitsfeldern der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Entwürdigende Ein-Euro-Jobs, die teilweise sogar die regionale Wirtschaft schädigen, sind hier nicht gemeint. Es geht um Beschäftigungsmaßnahmen mit Qualitätskriterien und eine existenzsichernde Entlohnung. Damit wird eine Perspektive auch für arbeitslose junge Menschen geschaffen. Sie können in Thüringen einer gemeinwohlorientierten Arbeit nachgehen und müssen nicht wegen fehlender Lebenschancen abwandern. Unsere Vorschläge mit der Maßgabe, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, lehnte die CDU-Fraktion zum Leidwesen der Betroffenen mit wachsender Begeisterung ab.
Im Bericht wird in einigen Abschnitten auf Stagnation und Rückgang der Binnennachfrage und deren Auswirkungen eingegangen. Leider fehlt in den Anpassungsstrategien ein Lösungsansatz des Grund
problems namens Niedriglohn. Wer hier verstärkte Ausrichtung auf ausländische Märkte als das Nonplusultra einer Lösung sieht, sollte mal Nachhilfeunterricht in Volkswirtschaftslehre besuchen.
Arbeitsplatzwirksam würde auch der Ansatz der LINKEN in der selbstbestimmten Behindertenpolitik wirken. Die ausschließliche Einstellung der Einrichtungen und Heime auf eine größere Nachfrage von Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen ist eine mehr als schlechte Lösung. Es gibt eine bessere: Perspektivisch die Durchsetzung eines Rechtsanspruchs auf persönliche Assistenz für Menschen mit bestimmten Behinderungen. Das geht nicht von jetzt auf gleich, das ist klar, deshalb perspektivisch und schrittweise. Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen bestimmten mithilfe ihrer sozialversicherungspflichtig beschäftigten Assistenten selbst über ihren Tagesablauf. Arbeitsplätze werden geschaffen und es wäre sogar kostengünstiger, da die teilweise gewinnorientiert arbeitenden Einrichtungen, sprich Heime, nicht mitfinanziert werden müssten.
Die prognostizierten Veränderungen für die nahe Zukunft werden sich nicht nur vollziehen, nein, sie tun es bereits auf ganzer Breite. Für die weitere Zukunft ist es höchste Zeit, die politischen Weichen in die richtige Richtung zu stellen.
Wir müssen endlich in einen Dialog treten, um Thüringens Entwicklung unter den Bedingungen des demographischen Wandels aktiv und zukunftsorientiert zu gestalten.
Ich beende mit einem Zitat von Einstein: „Man kann Probleme nicht mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Wem das nicht gefällt, noch ein Nachsatz, der Spruch: „Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann.“ Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Danke, Frau Präsidentin.
Sanierung der Rollerstrecke in Tambach-Dietharz
Zu o.g. Maßnahme, die der Absicherung des Trainings der Biathleten dient, wurden durch die Stadt Tambach-Dietharz mehrfach Anträge auf Förderung an das Wirtschaftsministerium gestellt. Die Gesamtfinanzierung umfasst 28.000 €, davon trägt der Landkreis Gotha 8.400 €, die Stadt Tambach-Dietharz 8.400 € und als Anteil des Landes Thüringen wurden 11.200 € beantragt.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchem Grund wurde der Antrag der Stadt Tambach-Dietharz abgelehnt?
2. Nach meiner Kenntnis äußerte der Wirtschaftsminister vor einiger Zeit gegenüber Abgeordneten Dr. Pidde, dass es möglicherweise doch noch eine Förderung der genannten Rollerstrecke geben könne. Eine spätere Nachfrage hätte ergeben, eine Förderung könne doch nicht gewährt werden, und durch Herrn Minister Reinholz wäre ein Zusammenhang zum bevorstehenden Wahlkampf hergestellt worden. Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung zu diesem Vorgang?
3. Wie viele Anträge auf Förderung von Sportanlagen im Umfang bis zu 20.000 € wurden für das Haushaltsjahr 2009 gestellt?
4. Welche davon wurden in welcher Höhe (bitte Einzelaufzählung) positiv beschieden?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste, den Worten von Herrn Wehner, was den Dank anbelangt, möchte ich mich hier gern anschließen. Insbesondere geht mein Dank an Frau Roth und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Referats Petitionen, ohne deren Tätigkeit wir so gar nicht hätten arbeiten können.
Ich möchte aus dem Petitionsbericht einige Schlussfolgerungen vortragen speziell zum Problembereich Soziales. Herr Kollege Wehner hat bereits ausgeführt, dass es im Berichtszeitraum 237 Petitionen zum Thema Arbeit, Soziales und Gesundheit gab. Das sind 22,1 Prozent aller Petitionen. Im Bericht aufgezeigte Fälle sind nur eine kleine Spitze des Eisbergs der vorhandenen Probleme, da sich nur ein kleiner Teil der betroffenen Menschen an den Petitionsausschuss wendet. Dass solche Angelegenheiten im Verhältnis zu anderen Punkten vom Landtag und von der Öffentlichkeit nur marginal wahrgenommen werden, ist u.a. auch der Nichtöffentlichkeit der Ausschuss-Sitzungen geschuldet. Das betrifft das Petitionsrecht, zu dessen Ausgestaltung wir aufgrund der unterschiedlichen politischen Positionen hoffentlich im nächsten Plenum sachlich und konstruktiv streiten werden.
Die im Bericht aufgeführten Auseinandersetzungen mit den ARGEn lassen hier nicht nur auf teilweise mangelnde Fachkompetenz von Mitarbeitern schließen. Was in vielen Fällen die Menschen, die das betrifft, regelrecht verletzt, ist die fehlende soziale Kompetenz. Die Ausschussmitglieder mussten feststellen, nicht nur bei ARGEn, sondern auch bei anderen Behörden ist leider manchmal formalistische Kälte und Paragraphenreiterei anzutreffen, wo gesunder Menschenverstand und Bürgernähe angesagt wären.
Ob und was die Dienstvorgesetzten betreffender Behörden gegen die offensichtlich vorhandenen Defizite bei einigen Mitarbeitern unternehmen, hat sich bisher nicht zum Petitionsausschuss herumgesprochen, zumindest habe ich hierzu keine Information.
Einige Petitionen wurden nach § 17 Nr. 1 c an die Landesregierung überwiesen. Wie die Landesre
gierung in dieser Hinsicht ihre Verantwortung wahrnimmt, ist anhand der entsprechenden Reaktionen, z.B. Berücksichtigung in Gesetzentwürfen und Staatsverträgen, zu bewerten. Laut Bericht wurde bei 54 Petitionen von sachlicher Prüfung abgesehen. Hierunter waren Briefe, die verdeutlicht haben, dass Armut die Menschen manchmal sehr, sehr böse macht. Auch aus diesem Grund weise ich darauf hin, dass Petitionen, hier speziell zu sozialen und gesundheitlichen Problemen, ein Gradmesser der Wirksamkeit der entsprechenden Gesetzgebung sind. Hier sind sowohl Bundestag als auch die Landtage gefordert.
Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich mit einem Zitat von Molière meine Ausführungen beenden: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“ Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Stundung von Straßenausbaubeiträgen für den Landkreis Gotha
Das Landratsamt Gotha soll von der Stadt Gotha einen Straßenausbaubeitragsbescheid in Höhe von rund 31.000 € erhalten haben. Das Landratsamt soll für diesen Bescheid eine Stundung beantragt haben. Die Stadt Gotha soll diesem Stundungsantrag zugestimmt haben. Insbesondere der Landkreis Gotha zeichnete sich bisher dadurch aus, dass von Kommunalabgaben betroffene private Grundstückseigentümer durch die Kommunalaufsicht zur ordnungsgemäßen Bezahlung der Forderungen angehalten wurden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Aus welchen Gründen und für welchen Betrag hat das Landratsamt Gotha bei der Stadt Gotha einen Antrag auf Stundung für Straßenausbaubeiträge gestellt und wie stellt sich der Verfahrensstand gegenwärtig dar?
2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu dem Umstand, dass ein Landkreis nicht mehr in der Lage ist, einen Straßenausbaubeitragsbescheid in der üblichen Frist zu begleichen und deshalb einen Stundungsantrag stellt?
3. Inwiefern hält es die Landesregierung vor dem Hintergrund der nach wie vor anhaltenden Widersprüche und Klagen gegen Kommunalabgabenbescheide sowie der Tatsache, dass auch große kommunale Gebietskörperschaften offensichtlich nicht mehr bereit oder in der Lage sind, Abgabenbescheide zu bezahlen, für geboten, die gegenwärtige Rechtslage zu novellieren, welche Inhalte schlägt die Landesregierung dabei vor und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassungen?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, mit dem Seniorenmitbestimmungsgesetz bringt die Fraktion DIE LINKE ein Gesetz in den Landtag ein, welches seit mehr als einem Jahr in vielen Gremien, in vielen Verbänden und Vereinen und mit vielen Seniorinnen und Senioren diskutiert wurde. Laut demographischen Prognosen leben in den kommenden Jahren in Deutschland immer mehr ältere Menschen. Diese Entwicklung trifft besonders die östlichen Bundesländer und ganz speziell Thüringen. Die gesellschaftlich immer bedeutsamere Gruppe der Seniorinnen und Senioren braucht entsprechend
demokratischen Grundsätzen der Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger in eigenen Angelegenheiten wirksame Formen und Strukturen ihrer Interessenvertretung. Teile der Wirtschaft haben die älteren Menschen mit ihren spezifischen Bedürfnissen als Verbrauchergruppe hinsichtlich altersgerechter Produktgestaltungen und Angebote entdeckt. Eine ausschließliche Betrachtung der Seniorinnen und Senioren unter diesem Aspekt durch eine konsum- und profitorientierte Wirtschaft sowie als Kostenfaktor widerspricht ihrer Bedeutung in Politik und Gesellschaft. Alter ist eine Lebenszeit, die auch geprägt ist von eigenen Ansprüchen und Bedürfnissen. Sie ist auch dadurch gekennzeichnet, dass viele ältere Menschen länger gesund und aktiv bleiben. Deshalb darf Alter auch nicht auf Rente, Pflege oder andere Defizite bzw. vermeintliche Defizite dieses Lebensabschnitts reduziert werden. Um die Interessenvertretung und Mitbestimmung der Seniorinnen und Senioren in Thüringen umfassend und flächendeckend auszubauen, sind insbesondere folgende Schritte notwendig: Gesetzliche Verpflichtung zur Schaffung von Seniorenbeiräten auf kommunaler und Landesebene, gesetzliche Absicherung der engen Zusammenarbeit der Seniorenbeiräte und Seniorenorganisationen, gesetzliche Absicherung der Logistik und Arbeit von Seniorenbüros. Seniorenbeiräte sollen als Pflichtgremien im Seniorenmitbestimmungsgesetz und in der Kommunalordnung verankert werden. Damit wird sichergestellt, dass die Bedürfnisse und Vorschläge von Senioren in vielfältiger Weise und gesetzlich verbindlich in den politischen Entscheidungsprozessen Berücksichtigung finden. Bisheriges ehrenamtliches Engagement ist nicht ausreichend, weil es vom Willen anderer politischer Akteure abhängig und damit auch nicht entsprechend abgesichert ist. Es geht nicht nur um die Fragen des altersgerechten Wohnens oder der entsprechenden Ausstattung der ÖPNV-Angebote. Die Durchsetzung der Selbstvertretung und Mitbestimmung von Senioren ist gesellschaftspolitische Querschnittsaufgabe. Die enge Zusammenarbeit zwischen Seniorenbeiräten und Seniorenorganisationen vor Ort ist wichtig, um die Arbeit der Seniorenbeiräte in die gesellschaftspolitischen Diskussionsprozesse einzubetten und deren engen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern abzusichern. Die Seniorenorganisationen vor Ort benennen ihre Vertreter für die Beiräte. Die Absicherung der Logistik und Arbeit von Seniorenbüros ist insbesondere wichtig, um Seniorinnen und Senioren umfassende Informationsmöglichkeiten über ihre Rechte und Wege zu deren Wahrnehmung zu bieten. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine selbstbestimmte Lebensführung und dafür, sich an gesellschaftlichen und politischen Diskussionsprozessen beteiligen zu können. Die Arbeit der Seniorenbeiräte und Seniorenbüros ist mit einer gesetzlichen Finanzierungsgarantie abzusichern, die keinem Haushaltsvorbehalt unterliegt. Ich danke für
die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, im Mai vergangenen Jahres wurde das Thüringer Petitionsgesetz beschlossen. In ihm sowie in der Geschäftsordnung des Landtags ist die Umsetzung des in Artikel 14 der Thüringer Landesverfassung verankerten Petitionsrechts geregelt. Einmal niedergeschriebenes Petitionsrecht ist kein Dogma. Anhand der in der Praxis seiner Anwendung gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen muss es weiterentwickelt werden. Die in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Änderungen werden diesem Anspruch gerecht. Sie stellen eine Weiterentwicklung des Konfliktmanagements zwischen Bürgern und Behörden dar. Das Ziel der Änderung dieses Gesetzes besteht darin, die Petenten und den Petitionsausschuss in ihren Rechten zu stärken. Das soll erreicht werden durch folgende Punkte:
Mit der Möglichkeit einer öffentlichen Petition wird ein öffentliches Forum zu einer sachlichen Diskussion wichtiger allgemeiner Anliegen geschaffen, in dem sich die Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen, Bewertungen und Erfahrungen darstellt. Dieses Forum soll allen Teilnehmern eine Möglichkeit bieten, vorgetragene Sachverhalte und Bitten zur Gesetzge
bung wie auch Beschwerden aus unterschiedlichen Sichtweisen kennenzulernen und in die eigene Meinungsbildung einzubeziehen. Hier gibt es bereits positive Ergebnisse im Bereich der öffentlichen Petitionen, die im Bundestag möglich sind und die auch schon recht rege genutzt werden und wo im Internet jeder Petitionen mitzeichnen kann. In einer Beratung bei der Vorsitzenden des Petitionsausschusses wurde das dargelegt und es wird insgesamt positiv bewertet. Deshalb würden wir das in Thüringen auch gern einführen.
DIE LINKE fordert öffentliche Sitzungen des Petitionsausschusses, so, wie das in Bayern praktiziert wird. Hier finden sie bisher unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Einwände der anderen Fraktionen bestehen darin, dass der Schutz des Petenten gewährleistet sein muss, aber man kann ja wohl den bayerischen Kollegen nicht unterstellen, dass sie den Schutz der Petenten vernachlässigen. Die Stellung des Petenten kann dadurch gestärkt werden, dass der Petent selbst entscheiden kann, ob seine Petition in einer öffentlichen Sitzung behandelt werden soll, womit auch der Kontrolleffekt gesteigert würde. Der Druck, Petitionen in angemessener Frist zu erledigen, sollte erhöht werden. Besteht die Gefahr, dass während eines Petitionsverfahrens durch den Vollzug von Maßnahmen ein irreversibler Zustand zulasten des Petenten herbeigeführt wird, sollte der Petitionsausschuss bzw. in Eilfällen der Vorsitzende des Petitionsausschusses um eine Aussetzung des Vollzugs ersuchen können.
Im Hinblick auf ihre erhöhte politische Bedeutung sollte über Massenpetitionen grundsätzlich der Petitionsausschuss in Weiterreichung an den Thüringer Landtag entscheiden. Der Petitionsausschuss kann eine Beschlussempfehlung geben. Zu Massenpetitionen sollten grundsätzlich öffentliche Anhörungen stattfinden. Die Einführung eines Petitionsrechts auf kommunaler Ebene fördert das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Kommune und schärft das Problembewusstsein der Gemeinde bzw. des Kreises und der Verwaltung.
Da Petitionen auch parlamentarische Kontrollmaßnahmen auslösen können, sollten einige Verfahrensrechte, wie bei der parlamentarischen Kontrolle allgemein üblich, als Minderheitenrechte ausgestaltet werden. So sollte jedes Mitglied seine abweichende Meinung zum Jahresbericht darlegen können.
Um dem Verbesserungsbedarf gerecht zu werden, hat die Fraktion DIE LINKE Änderungen zum jetzigen Petitionsgesetz und einen Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung in den Landtag eingebracht. Trotz aller Vorbehalte der Mitglieder der anderen
Fraktionen befürworten wir und freuen uns auf eine konstruktive Beratung des Gesetzentwurfs durch die Kollegen aller Fraktionen, und zwar dass wir eine Änderung des Rechts im Sinne der Petenten erreichen. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Welche Position vertritt die Landesregierung zur Verschärfung von Sanktionen gegenüber Betroffenen? Wenn es um die Nichterfüllung von bestimmten Pflichten geht, droht z.B. für drei Monate Ausschluss von der Vermittlung.
Als zweite Frage: Wir haben gehört, dass ein Vermittlungsbudget neun eigenständige Förderinstrumente ersetzen wird. Wie der Einsatz erfolgt, das entscheiden dann die Vermittler. Hat die Landesregierung hier vor zur Umsetzung dieses Vermittlungsbudgets in Thüringen, das durch eine Rechtsverordnung abzusichern, dass hier mehr Rechtssicherheit besteht seitens der Betroffenen, sowohl der Vermittler als auch der Hartz-IV-Empfänger?
Danke.
Benachteiligung von Gefangenen nicht deutscher Herkunft bei der Vergabe von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in Thüringer Justizvollzugsanstalten?
Im Rahmen meiner Arbeit als Abgeordnete ist mir bekannt geworden, dass es in Thüringer Justizvollzugsanstalten Beschwerden geben soll dahin gehend, dass Gefangene mit nicht deutscher Herkunft bei der Vergabe von Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten der bzw. in Justizvollzugsanstalten nicht berücksichtigt wurden oder erst nach Schwierigkeiten Plätze bekamen, obwohl sie sich darum beworben hatten. Ihnen soll als Begründung für die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe dieser Stellen und Angebote gesagt worden sein, dass sie ja nicht aus Thüringen kämen. Angesichts dieser Informationen stellt sich die Frage nach einer möglichen unzulässigen Benachteiligung der betreffenden Personen.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie viele Gefangene nicht deutscher Herkunft wurden nach Kenntnis der Landesregierung in welchen Thüringer Justizvollzugsanstalten seit dem Jahr 2004 bei der Vergabe von Ausbildungs- und Arbeitsstellen und -gelegenheiten berücksichtigt bzw. nicht berücksichtigt?
2. Welche, insbesondere rechtlichen Gründe lagen in den konkreten Fällen der Nichtberücksichtigung bzw. den Problemen bei der Vergabe zugrunde und welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu diesen Begründungen vor allem unter rechtlichen Gesichtspunkten?
3. Inwieweit spielte die oben genannte Argumentation der fehlenden Herkunft aus Thüringen eine Rolle und welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu dieser Begründung vor allem unter rechtlichen Gesichtspunkten?
4. Welche Möglichkeiten gibt es für die bei der Vergabe nicht berücksichtigten Personen, möglichst zeitnah doch noch bei der Vergabe von Arbeits- oder Ausbildungsplätzen und -gelegenheiten der bzw. in den Thüringer Justizvollzugsanstalten berücksichtigt zu werden?
Ja, und zwar inwiefern sieht die Landesregierung die Notwendigkeit bzw. Möglichkeit, die Zahl der Ausbildungs- und der Arbeitsplätze oder -gelegenheiten in den Justizvollzugsanstalten zu erhöhen? Noch eine Nachfrage, inwiefern sieht die Landesregierung angesichts der bestehenden Situation die Notwendigkeit bzw. die Möglichkeit, rechtliche Nachbesserungen vorzunehmen, um den Betroffenen den Zugang zu einer Beschäftigung während der Haft zu erleichtern?
Verfahrensstand der überörtlichen Kommunalprüfungen des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Gotha und Landkreisgemeinden
Die Landesregierung hat im September 2005 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kuschel mitgeteilt, dass sie zu den Ergebnissen der überörtlichen Kommunalprüfungen des Zweckverbandes Gotha und Landkreisgemeinden keine Aussagen treffen könne, da bei der zuständigen Staatsanwaltschaft vier Strafanzeigen vorliegen würden und laufenden Ermittlungsverfahren nicht vorgegriffen werden könne (siehe Drucksache 4/1235).
Zwischenzeitlich hatte die Kommunalaufsichtsbehörde des Landkreises gegenüber den Mitgliedern des Stadtrats Tambach-Dietharz als betroffenes Mitglied des Zweckverbands eine Auskunft über den gegenwärtigen Verfahrensstand verweigert.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welchen Stand haben die Ermittlungen zu den eingelegten vier Strafanzeigen nach Kenntnisstand der Landesregierung gegenwärtig erreicht und welche Ergebnisse liegen dabei gegenwärtig vor?
2. Welche weiteren strafrechtlichen Maßnahmen hat die zuständige Staatsanwaltschaft im Ergebnis der bisher durchgeführten Ermittlungsverfahren nach Kenntnisstand der Landesregierung bisher ergriffen?
3. Welche aufsichtlichen Maßnahmen hat die Landesregierung als zuständige oberste Rechtsaufsichtsbehörde im Zusammenhang mit den vier Strafanzeigen gegen Verantwortliche des Zweckverbandes Gotha und Landkreisgemeinden bisher ergriffen und mit welcher Begründung wurde gegebenenfalls auf diese aufsichtlichen Maßnahmen bisher verzichtet?
Herr Minister, Sie sprachen vorhin von der gestiegenen Verantwortung der Fahrzeugführer. Sehen Sie in diesem Zusammenhang Probleme mit der Einführung der Fahrerkarte oder wird hier beabsichtigt, ohne Fahrerkarte zu arbeiten?
Stiftung „FamilienSinn“
In einer Pressemitteilung vom 3. Januar 2008 teilt Minister Klaus Zeh mit, dass die Gremien der Stiftung „FamilienSinn“ im Frühjahr 2008 einen Wirtschaftsplan beschließen, der die Darstellung der Personal- und Sachkosten enthalte. Darüber hinaus kündigt er an, dass der Aufbau der Stiftung im Jahr 2008 abgeschlossen werde.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Gremien der Stiftung sind bereits arbeitsfähig und welche müssen sich erst noch konstituieren?
2. Wann genau soll der Wirtschaftsplan erstellt werden?
3. Gibt es zum jetzigen Zeitpunkt Aufgaben, die bereits von der Stiftung wahrgenommen werden und wenn ja, welche und mit welchem Personal?
Ist Ihnen bekannt, wie hoch der Anteil der Begleitpersonen ist, die an entsprechenden Einweisungslehrgängen teilgenommen haben, oder gibt es hierzu keine Erhebungen?
Danke.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Überschrift über unserem Antrag „Für eine Lebensstandard sichernde Rente“ haben wir nicht zufällig gewählt, sondern sie ist zum einen ein ausdrücklicher Hinweis auf das Leistungsziel einer Rentenversicherung, nämlich eine Absicherung für den Versicherten, zum anderen wurde diese Überschrift gewählt, weil dieses Leistungsziel bei Erwerbsminderungsrenten nur noch in den seltensten Fällen erreichbar ist.
Seit der Rentenreform 2001 wurden die Berufsunfähigkeitsrenten und die Erwerbsunfähigkeitsrenten durch eine zweistufige Erwerbsminderungsrente ersetzt. Wer von drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar ist, bekommt eine Teilrente, unter drei Stunden eine Vollrente. Wer von drei bis unter sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar ist, aber zu diesem aus bestimmten Gründen keinen Zugang hat, der bekommt eine sogenannte arbeitsmarktbedingte Voll
rente. Die Praxis der Rentenversicherungsträger sieht so aus, dass die Zahlung ohne Abschläge seit dem Jahr 2001 nur ab vollendetem 63. Lebensjahr erfolgt. Nach neuester Gesetzgebung im Rahmen der Rente mit 67 erfolgt eine Anhebung dieses Referenzalters auf das vollendete 65. Lebensjahr. Die gleichen Angaben zum Alter treffen auch für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu. Bei beiden Varianten werden pro Monat des früheren Renteneintritts 0,3 Prozent Abschläge in Anrechnung gebracht, das macht maximal bis zu 10,8 Prozent. Die Zahlung mit diesen Abschlägen ist seit 2001 gängige Praxis, um - wie es heißt - ein Ausweichen von vorgezogener Altersrente in die Erwerbsminderungsrente zu verhindern. Dafür wurde § 77 SGB VI umgestaltet. Der reguliert die Bestimmungen zum Zugangsfaktor zu dieser Erwerbsminderungsrente, vorher war der bei Erwerbsminderungsrenten generell 1. Hier wird ganz besonders deutlich, die neue Regelung kommt einer Rentenkürzung gleich, mein Kollege Kubitzki sprach schon davon, mit der Folge, dass das Armutsrisiko bei Betroffenen steigt und die Anzahl dieser steigt ebenfalls, weil die betroffenen Versicherten zwischen 63 und 65 Jahren auch noch dazukommen. Wie die materielle und finanzielle Lage dieser Menschen aussieht, hat wahrscheinlich bei diesen Festlegungen kaum einen der daran Beteiligten interessiert. In der Bundestagsfraktion der SPD wurde ein Programm zur Abfederung der Rente mit 67 ausgearbeitet. Leider konnte sich das nicht gegen das SPD-Präsidium durchsetzen. Es wurde auf eine Art Prüfauftrag reduziert und existiert noch, ich möchte es einmal als Papiertiger bezeichnen. Es sollte hinsichtlich der Erwerbsminderungsrente einen erleichterten Zugang geben, aber dem wurde nicht Rechnung getragen.
Die Regelungen der Sätze 2 und 3 des § 77 Abs. 2 SGB VI schließen sich je nach Auslegung teilweise gegenseitig aus. Es ist eine hervorragende Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Fachanwälte für Sozialrecht, obwohl diese so etwas eigentlich gar nicht nötig haben. Hierzu gibt es dementsprechend auch unterschiedliche Gerichtsurteile. So wurde vom Sozialgericht Aachen eine Klage eines Versicherten am 09.02.2007 abgewiesen, der eine Zahlung seiner Erwerbsminderungsrente ohne Abschläge beantragt hatte. Der Kollege Worm führte vorhin schon das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16.05.2006 an, was von den Rentenversicherungsträgern als Einzelfallentscheidung gewertet wird. Die Sozialverbände, sowohl der SOVD als auch der VDK, bezeichnen es als Skandal, dass eines der höchsten Gerichte in unserer Bundesrepublik so ein Urteil fällt und es wird in keiner Weise akzeptiert, jedenfalls nur als Einzelfallentscheidung. In dem Urteil dieses Sozialgerichts wird festgestellt, dass die Verringerung des Zugangsfaktors und damit die Kürzung der Erwerbsminderungsrenten für unter 60-Jährige gesetzes- und
eventuell sogar verfassungswidrig ist. Es handelte sich hier um eine 1960 geborene Klägerin, infolge des Gerichtsurteils wurden ihr statt 800 € dann 937 € Erwerbsminderungsrente zugestanden. Diese Frau hat wegen 137 € im Monat einen Nervenkrieg geführt und durchgestanden. Ich weiß nicht, wer hier im Raum für einen solchen Betrag möglicherweise bereit wäre, sich so einer Sache auszusetzen. Aber für diese Einkommensklasse sind solche Beträge manchmal eine Frage der wirtschaftlichen Existenz. Ich sagte schon, dass die Rentenversicherungsträger diesem Urteil nicht folgen. Es gibt hierzu eine Absprache mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dieses Urteil wird als Einzelfallentscheidung gehändelt und entsprechende Anträge zur Neuberechnung wurden allesamt abgelehnt. So liegen z.B. bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland allein aus Thüringen über 3.000 solcher Anträge vor. Die Ursachen der Ablehnung sind die finanziellen Auswirkungen. Nach den Angaben einer Sendung der ARD am 17.07. dieses Jahres würden auf die Rentenversicherungsträger Nachzahlungen von bundesweit 1,2 Mrd. € zukommen. Den Nachzahlungen sind allerdings mit der neuen Gesetzgebung auch Grenzen gesetzt worden. Auch das wird von den Sozialverbänden moniert und das mit Recht.
Für Thüringen sieht das folgendermaßen aus: Wir haben, wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage an das Sozialministerium hervorging, etwa 24.200 Betroffene, darunter rund 22.400 Vollrentner und knapp 1.800, die eine Teilrente beziehen. Bei vorenthaltenen 100 € pro Betroffenen würde das im Jahr 29 Mio. € ausmachen. Wenn man 80 € in Anrechnung bringt oder einschätzt, sind das immer noch 23 Mio. €. Dieses Geld fehlt nicht nur den Erwerbsminderungsrentnern im Portmonee, sondern es fehlt auch den kleinen und kleinsten Unternehmen der Thüringer Wirtschaft bei einem Auszahlungsbetrag von knapp 700 € - nach der Rentenerhöhung dieses Jahres werden es vielleicht exakt 700 € sein. Das Geld muss gleich ausgegeben werden für den Lebensunterhalt, denn es liegt noch ein ganzes Teil unterhalb der Pfändungsuntergrenze. Also kommt dieses Geld gleich wieder in Umlauf und ein Teil kommt auch wieder an den Staat in Form von Umsatzsteuer zurück. Ich appelliere in dieser Hinsicht besonders an die Kolleginnen und Kollegen, die jeden Beratungsgegenstand auf seine Nützlichkeit für die Wirtschaft abklopfen. Tun Sie das bitte auch hier, und zwar im Sinne der kleinen und kleinsten Unternehmen.
Seitens der Rentenversicherungsträger wird angegeben, die verbesserte Anrechnung der Zurechnungszeit vom 55. bis 60. Lebensjahr würde die Abschläge kompensieren. Das ist aber in keiner Weise der Fall. Wie Sie sich schon denken können aufgrund der hier gemachten Ausführungen der Abge
ordneten aller Fraktionen, die gesetzlichen Grundlagen zur Erwerbsminderungsrente sind buchstäblich gesehen zum Gehirn verrenken, deshalb möchte ich hier ein Beispiel bringen. Das liegt mir schwarz auf weiß vor, was diesen Aspekt verdeutlicht.
Ein 1953 geborener Versicherter bezog 1996 und 1997 Erwerbsunfähigkeitsrente auf der Basis von 26,6813 persönlichen Entgeltpunkten Ost. Nach dieser Zeit war er teilweise versicherungspflichtig beschäftigt, kurze Zeit sogar vollbeschäftigt. Das hat sich auf den Gesundheitszustand nicht eben günstig ausgewirkt. Nach langem zähen Kampf mit der Deutschen Rentenversicherung Bund bekam er ab 2006 wieder eine Erwerbsminderungsrente. Von den jetzt vorhandenen 28,39 Punkten bleiben für die Rentenberechnung mit 10,8 Prozent Abschlägen ganze 25,3239 Punkte übrig. Der aktuelle Rentenwert Ost beträgt 23,09 €. Da können Sie sich ausrechnen, was der an Rente bekommt. Die Punkte sind weniger geworden als vor neun Jahren. Ich weiß nicht, wo hier in irgendeiner Form soziale Gerechtigkeit liegen soll.
Über gesundheitliche Beeinträchtigung oder eine Behinderung, die die Erwerbsfähigkeit einschränkt, entscheidet nicht der Betroffene. Das steht ihm nicht zur Disposition. Deshalb ist für die Erwebsminderungsrentner, die jünger als 60 Jahre sind, der Begriff des Ausweichens in die Erwerbsminderungsrente, von dem öfter die Rede ist - also was man für über 60-Jährige verhindern will -, ein schlechter Witz. Sie haben nur die Wahl, entweder Erwerbsminderungsrente oder gar kein Einkommen. Der Gesetzgeber sieht nämlich vor, dass Erwerbsminderungsrenten vorrangig vor anderen Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssen, wie z.B. Krankengeld oder Leistungen nach SGB II und SGB XII. Das können Sie in § 5 Abs. 3 SGB II nachlesen oder, was das Krankengeld betrifft, in § 51 SGB V. Hier ist sogar vorgesehen, dass ein Erwerbsminderungsrentenantrag gegen den Willen des Versicherten gestellt werden kann. Das kommt einer Zwangsverrentung mit erzwungener Rentenkürzung gleich.
In einer Pressemeldung der Thüringischen Landeszeitung - Sie haben sie vielleicht im Pressespiegel vom 12.07.2007 gelesen - wurde unter der Überschrift „Rentenkassen gut gefüllt“ über die Erhöhung der Einnahmen und die Senkung der Kosten der Deutschen Rentenversicherungen berichtet. Man fragt sich deshalb, was das alles soll mit den Rentenkürzungen und der vorrangigen Orientierung auf die Senkung der Beiträge. Der Wirtschaftswissenschaftler Stefan Welz hat hierauf eine Antwort gegeben. Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich ihn zitieren: „Ohnehin geht es bei den Einschnitten in Renten weniger um die Bewältigung von demographischem Stress, sondern um das Absenken der Bei
träge der Arbeitgeber.“ Resultat dieser Politik ist eine Erhöhung des Armutsrisikos allgemein bei Erwerbsminderungsrentnern und Erhöhung der Altersarmut und Anzahl der Betroffenen, wenn die Bestimmungen wirksam werden, die jetzt in diesem ganzen Gesetzeswerk „Rente mit 67“ enthalten sind.
Beim Stichwort „Armut“, von der heute schon öfter mal die Rede war, könnte bei einigen Zuhörern Langeweile aufkommen. Aber wir alle in diesem Haus müssen uns diesen Problemen stellen, wenn auch nur die Wenigsten nachvollziehen können, wie es einem geht, der gesundheitlich und finanziell förmlich auf dem Zahnfleisch kriecht, dass er sich kaum noch traut, seinen Briefkasten leer zu machen, weil schon wieder eine Rechnung drinliegen könnte, die er eh nicht bezahlen kann und der auf einen Arztbesuch verzichten muss, weil er das Geld für den Bus nicht hat, um dorthin zu kommen. Manch einer wirft Anfang eines Jahres seine Physiotherapierezepte weg, weil er sich entscheiden muss, entweder Zuzahlung zu Medikamenten oder Zuzahlung zur Physiotherapie, solange er sein eines Prozent für chronisch Kranke noch nicht voll hat. In ein oder zwei Monaten kann das einer, der nur ein paar Euro Erwerbsminderungsrente bekommt, nicht aufbringen.
Meine Ausführungen haben nur den Punkt 4 unseres Antrags betroffen. Im Sinne aller betroffenen Versicherten fordere ich Sie hiermit auf, diesem und natürlich auch den anderen drei Punkten zuzustimmen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Kretschmer, Sie haben jetzt sehr eindrucksvoll versucht zu dokumentieren, wie schädlich ein Mindestlohn wäre.
Dann frage ich Sie jetzt: Was hat denn einen positiveren Einfluss auf die gesetzliche Rentenversicherung, der Mindestlohn oder das Bürgergeld, was vom Herrn Ministerpräsidenten favorisiert wird?
Ihren Ausführungen entnehme ich, dass Sie die Bemerkung von Frau Kaschuba vorhin zur Binnennachfrage anscheinend nicht registriert haben. Ist das richtig?
Herr Carius, Sie sprachen vorhin von einer ganz besonders extremen Linken. Wen sehen Sie als diese extreme Linke an? Das hätte ich gern mal von Ihnen jetzt gewusst.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir haben heute über ein neues Petitionsgesetz zu entscheiden. Der Kollege Wehner hat die Empfehlungen des Petitionsausschusses vorgetragen, und zwar die Ablehnung des Vorschlags meiner Fraktion und die Zustimmung zum Vorschlag der CDUFraktion mit den Änderungen, die uns allen vorliegen. Uns ist der Gesetzentwurf der CDU trotz dieser Änderungen nicht umfassend genug. Meiner Ansicht nach fanden zum Beispiel wertvolle Hinweise der Veranstaltung des staatswissenschaftlichen Forums vom 18.04.2007 - da waren auch einige CDUKollegen zugegen - in ungenügender Weise Eingang in diesen Gesetzentwurf und auch in den CDUEntwurf des Bürgerbeauftragtengesetzes. Der Entwurf der CDU stellt in weiten Teilen eine Dokumentation der gegenwärtig gehandhabten Praxis dar. Er ist also nicht die riesengroße Weiterentwicklung des Konfliktmanagements zwischen Bürgern und Behörden. Als Beispiel: Herr Heym hatte es vorhin schon erwähnt, die von unserer Partei beantragte Änderung hinsichtlich des Ersuchens um vorläufige Aussetzung des Vollzugs von Maßnahmen, durch welche die Wahrnehmung des Petitionsrechts beeinträchtigt wird. Hier gab es den Hinweis, es ist gängige Praxis, es wird so gehandhabt, man muss das nicht im Gesetz festschreiben. Der Petent kann sich allerdings nur auf das Gesetz berufen und was dort nicht fixiert ist, darauf hat er keinen Anspruch und das ist ihm im Allgemeinen auch nicht bekannt.
Ich möchte eine positive Bewertung vornehmen der in beiden Entwürfen vorgelegten Festlegungen zu Aufgaben und Befugnissen der Strafvollzugskommission. Ebenfalls positiv bewerten möchte ich die Erweiterung des § 10 um die Sätze 3 und 4, mit denen den Erfordernissen des Datenschutzes Rechnung getragen wird.
Eine Ursache, dass es keinen gemeinsamen Entwurf der Fraktionen gegeben hat, liegt in der unterschiedlichen Auffassung über die Öffentlichkeit der Ausschuss-Sitzungen. Artikel 62 Abs. 2 der Verfas
sung des Freistaats Thüringen sagt hierzu aus, dass Ausschüsse in der Regel nicht öffentlich tagen; „in der Regel“, das heißt, dass Ausnahmen möglich und zulässig sind. Hierzu sagt § 78 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags, dass diese Ausnahmen zugelassen sind, wenn sie in einem Gesetz verankert werden bzw. wenn die Geschäftsordnung dementsprechend geändert wird. Die Bedenken der Kollegen der CDU hinsichtlich der Verfassungskonformität unseres Vorschlags zur Öffentlichkeit der Sitzungen müssten damit eigentlich ausgeräumt sein. Ich will hier nicht die Regelungen von Bayern noch einmal als Beispiel anführen, dazu hat Herr Heym schon einiges gesagt. Aber mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, möchte ich aus der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags zitieren - § 29 Abs. 1 Satz 1: „Die Sitzungen der Ausschüsse sind grundsätzlich nicht öffentlich.“ Absatz 2: „Der Ausschuss kann die öffentliche Behandlung von Bitten und Beschwerden beschließen. Dies gilt nicht, wenn Rechtsvorschriften die Bekanntgabe von Daten untersagen.“ Das wäre zum Beispiel eine Kompromissmöglichkeit, mit der unsere Fraktion mitgehen könnte, wenn es denn für die andere Version, die wir vorgeschlagen haben, absolut keine Zustimmung gibt. Außerdem macht die Öffentlichkeit der Sitzungen - natürlich nur, wenn der Petent das wünscht - Demokratie für die Bürger erlebbar. Sie wirkt gegen Politikverdrossenheit, sie stärkt das Ansehen der Ausschussmitglieder in der Öffentlichkeit. Hinsichtlich des Demokratieverständnisses der Thüringer Bürger hat die Öffentlichkeit der Sitzungen auf Wunsch des Petenten ausschließlich positive Auswirkungen. Die Öffentlichkeit der Petitionsausschuss-Sitzungen könnte sogar dem Petitionsausschuss Arbeit ersparen, und zwar in der Form, dass Bürger mit gleichen oder ähnlichen bereits öffentlich behandelten Problemen dadurch befähigt werden können, eventuell die Lösung ihres eigenen Problems selbst in die Hand nehmen zu können.
Zu Massen- und Sammelpetitionen möchte ich sagen: Als ich mich erstmalig mit den gesetzlichen Grundlagen des Petitionsrechts befasst habe, ist der Begriff im Petitionsgesetz gar nicht aufgetaucht. Die Bestimmungen zum Petitionsrecht sind in drei gesetzlichen Grundlagen verteilt. Es ist also ein Fortschritt, wenn das in einem neuen Petitionsgesetz umfassend behandelt wird.
Die Massen- und Sammelpetitionen, die auch bei Eingang beim Bürgerbeauftragten dem Petitionsausschuss zugeleitet werden müssen und dann im Petitionsausschuss beraten werden, diese Behandlung ist meiner Ansicht nach ein Stehenbleiben auf halbem Wege. Die Behandlung in der Öffentlichkeit wäre die Fortsetzung des Weges gewesen.
Unser Ziel sollte sein, mit dem zu beschließenden Petitionsgesetz generell nicht auf halbem Wege stehenzubleiben, sondern das Petitionsrecht als Konfliktmanagement zwischen Bürgern und Staat weiterzuentwickeln. Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich Albert Einstein zitieren: „Man kann Probleme nicht mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Entsprechend diesem Satz bitte ich alle, die es noch nicht getan haben, noch einmal die Änderungen zu überdenken, die eingebracht sind, damit wir den Weg zum fortschrittlichen Petitionsgesetz zu Ende gehen können. Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Keine Straßenausbaubeitragssatzung in TambachDietharz?
In Beantwortung der Kleinen Anfrage 1008 des Abgeordneten Buse (Die Linkspartei.PDS) „Erlass von Straßenausbaubeitragssatzungen seit Inkrafttreten des Thüringer Kommunalabgabengesetzes“ hat die Landesregierung in Beantwortung auf Frage 2 in beigefügter Anlage informiert, welche Gemeinden über eine rechtskräftige Straßenausbaubeitragssatzung verfügen (vgl. Drucksache 4/2486).
In der Anlage wird die Stadt Tambach-Dietharz nicht aufgeführt, obwohl die Satzung der Stadt über die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge erstmalig am 27. Dezember 1994 in Kraft getreten ist. Die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge ist erst mit der Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes im Jahre 1994 ermöglicht worden. Somit hat sich die Stadt Tambach-Dietharz vergleichsweise frühzeitig für die Form der Erhebung wiederkehrender Beiträge entschieden.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welches Verfahren zur Benennung der Gemeinden, welche über eine rechtskräftige Straßenausbaubeitragssatzung verfügen, hat die Landesregierung zur Erstellung der Anlage zu Drucksache 4/2486 angewandt?
2. Wie begründet die Landesregierung ihre Entscheidung zur Anwendung des in Frage 1 nachgefragten Verfahrens und welche Erfahrungen zur Zuverlässigkeit und Vollständigkeit der Datenerhebung im Zusammenhang mit der Anwendung dieses Verfahrens liegen der Landesregierung vor?
3. Wie begründet die Landesregierung unter Beachtung der Antwort zu Frage 2, dass die Stadt Tambach-Dietharz trotz rechtskräftiger Straßenausbaubeitragssatzung seit 1994 nicht in der Liste der Gemeinden mit einer rechtskräftigen Straßenausbaubeitragssatzung aufgeführt ist?
4. Welche weiteren Gemeinden mit rechtskräftiger Straßenausbaubeitragssatzung, die nicht auf der Liste der Gemeinden mit einer solchen aufgeführt sind, sind der Landesregierung zwischenzeitlich bekannt geworden und mit welcher Begründung sind diese Gemeinden nicht aufgeführt worden?