Ursula Meurer

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir begehen morgen den dritten „Equal Pay Day“ in Deutschland, und noch immer ist keine Besserung auf dem Weg zur Entgeltgleichheit in Sicht. In Westdeutschland erhalten die Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit 24 % weniger als ihre männlichen Kollegen, in Ostdeutschland 6 %.
Die Landtagspräsidentin hat im letzten Jahr, am 15. März, sinngemäß verkündet: Heute ist für die Frauen Neujahr. – Wenn man den Lohnunterschied auf die Anzahl der bezahlten Arbeitstage
umrechnet, dann würden Frauen bis Ende März quasi umsonst arbeiten.
In ehrenamtlicher Arbeit kennen wir uns ja aus. Doch auch wir müssen Familien ernähren, oftmals auch arbeitslose Ehemänner und uns selbst. Wenn durchschnittlich 500 € netto weniger in der Lohntüte sind, wirkt sich das auf das aktuelle Einkommen gravierend aus und hat in der späteren Rente seine Fortsetzung.
In einigen Berufen, Branchen und vor allem auf den höheren Stufen der Karriereleiter sind Frauen gar nicht oder kaum anzutreffen. Auch wegen der fehlenden Entgeltgleichheit unterbrechen Frauen ihre Erwerbstätigkeit familienbedingt häufiger und länger als Männer. Danach kehren sie oft in Teilzeit zurück. Signale auf der Bundesebene, wie das von Ihnen präferierte Betreuungsgeld, die sogenannte Herdprämie, stimmen nicht wirklich zuversichtlich, dass sich daran so schnell etwas ändern wird. Sowohl in individuellen als auch kollektiven Entgeltverhandlungen sind die typischen Frauenberufe nach wie vor schlechter bewertet. Die Berufsgruppen Verkäuferin, Friseurin, Erzieherin, Grundschullehrerin, Sekretärin und Raumpflegerin genießen kein sehr hohes Ansehen, obwohl sie wichtige und unverzichtbare Aufgaben verrichten. Wenn es darum geht, angemessen bezahlt zu werden, stehen sie hinten an.
Gerade am Beispiel der beiden Letztgenannten wird deutlich, wie ein Beruf an gesellschaftlichem Ansehen verlieren kann. Noch im 19. Jahrhundert genoss der Beruf des Schreibers ein hohes Ansehen. Männer übten ihn aus. Sie arbeiteten in den Kanzleien und Büros, führten die Korrespondenz und die Bücher. Dann erfanden andere Männer die Schreibmaschine. Frauen zeigten in der Bedienung mehr Geschick, und der Sekretär war nur noch ein Möbelstück und die Sekretärin die schlecht bezahlte Frau, die das neue technische Gerät mit viel Geschick und einer unglaublichen Geschwindigkeit bediente.
Raumpflege war im alten Rom bis hin in die frühe Neuzeit die Aufgabe der männlichen Sklaven, später der männlichen Hausangestellten – Wäsche waschen ebenfalls. Männliche Raumpfleger gibt es noch, aber sie sind deutlich in der Minderheit oder aber Meister im Gebäudereinigungsgewerbe, und Wäscher braucht es nicht mehr. Die Waschmaschine bedienen Frauen scheinbar besser.
Entgeltgleichheit durchzusetzen ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Frauenverbände setzen sich vehement für die Durchsetzung ein. Der letzte sozialdemokratische Bundesarbeitsminister Olaf Scholz hat im Jahr 2009 einen Gesetzentwurf für ein Entgeltgleichheitsgesetz vorgelegt. Benachteiligungen wegen des Geschlechtes sollte entgegengewirkt werden. Eine statistische Entgeltanalyse sollte Informationen liefern zu allen geschlechtsspezifischen Entgeltunterschieden in
Unternehmen, Betrieben, Betriebsteilen oder anderen organisatorischen Einheiten.
Wenn dadurch belegt werden könnte, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Bezahlung gebe, sollten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihren Arbeitgebern Auskunft über die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgeltes derjenigen Beschäftigten erhalten, die eine gleiche oder gleichwertige Tätigkeit ausüben. Mit diesem Gesetz sollte auch erreicht werden, dass bis zum Jahr 2014 ein Anteil von 40 % in den Aufsichtsräten von Frauen besetzt wird.
Mindestlöhne in allen Branchen könnten uns Frauen helfen, einen Schritt näher an das Ziel von gleichem Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit zu kommen. Das Beispiel Großbritannien zeigt, dass die Lohnlücke zumindest deutlich kleiner wird.
Der FrauenRat NW hat in seiner Mitgliederversammlung am 7. März 2010 einstimmig einen Antrag und eine Resolution beschlossen, die einen Mindestlohn zum Ziel hat. Der FrauenRat NW vertritt ca. 70 Frauenverbände in Nordrhein-Westfalen. Frau Westerhorstmann und ich sind Mitglieder im Vorstand. Das ermuntert mich, Sie, liebe Kolleginnen – ich spreche ganz bewusst nur die Damen an – von der CDU und der FDP, aufzufordern: Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß, stimmen Sie unserem Antrag zu! Die Frauen, für die wir stellvertretend hier im Parlament unseres wunderbaren Landes sind, danken es Ihnen und uns.
Lassen Sie uns Frauen ein Signal in das Land hinaustragen, dass wir in Frauenangelegenheiten fraktionsübergreifend zusammenhalten.
Ich möchte mich noch von einigen Kolleginnen verabschieden, die dem nächsten Parlament nicht mehr angehören werden, an erster Stelle die Ausschussvorsitzende, Frau Rühl; auch Frau Monheim wird nicht mehr dabei sein. Das war eine sehr angenehme Zusammenarbeit mit beiden. Und ganz besonders verabschieden möchte ich mich von Helga Gießelmann,
die 20 Jahre lang in diesem Haus die Fahne für die Frauen hoch gehalten hat, die für unsere Frauenhäuser und für das Landesgleichstellungsgesetz gekämpft hat. Helga, du hast für die Frauen hier wirklich Großes geleistet – und du leistest es immer noch. Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt Anträge und Anliegen, die alle Fraktionen im Landtag gleichermaßen betreffen. Die beiden vorliegenden Anträge gehören dazu. Eine gemeinsame Lösung wäre zielführender gewesen.
Bei der HPV-Impfung sind Mädchen, junge Frauen, aber auch junge Männer betroffen: Die Mädchen und Frauen, weil sie an Gebärmutterhalskrebs, hervorgerufen durch die humanen Papillomviren, erkranken und im schlimmsten Fall daran sterben
können, die Männer jeden Alters, weil sie die Überträger dieser sexuell übertragbaren Viren sind.
Anfang März dieses Jahres haben wir eine Anhörung mit elf Stellungnahmen und 14 Sachverständigen, die in den verschiedensten Bereichen des Gesundheitswesens tätig sind, durchgeführt. Sechs der vorliegenden Stellungnahmen gehen von einer hohen Wirksamkeit aus, drei Sachverständige äußerten sich kritisch, zwei machten keine Aussage.
In diesem Zusammenhang wird auch bemängelt, dass es keine herstellerunabhängige Begleitforschung gibt und dass die zahlreichen Kampagnen zur Aufklärung, wenn nicht unmittelbar von den Herstellern der Impfstoffe durchgeführt, so doch zumindest bezahlt werden. Hier scheint eine unabhängige, informierte Information über Nutzen und Risiken der Impfung zumindest zweifelhaft zu sein.
Im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales wurde angeregt, sich gemeinsam mit allen vier im Landtag vertretenen Fraktionen wenigstens mit der Berliner Erklärung zur HPV-Impfung zu befassen. Ich zitiere aus dem Schreiben des Ausschussvorsitzenden Günter Garbrecht vom 19. Mai 2009:
Diese zwar landesspezifische, inhaltlich aber unabhängige Berliner Initiative sollte nach meiner Einschätzung im Verlauf der weiteren Beratung des Grünen-Antrags Drucksache 14/6331 und im Nachgang zu der gemeinsam mit dem Ausschuss für Frauenpolitik im März durchgeführten öffentlichen Anhörung von Sachverständigen nicht unbeachtet bleiben.
In der dann folgenden Ausschusssitzung regte Garbrecht an, auch in NRW eine vergleichbare Initiative anzustoßen. – Eine Verständigung über eine gemeinsame Vorgehensweise war jedoch nicht möglich.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal mein Bedauern über die diesbezüglich unverständlich starre Haltung – Frau Monheim, Sie haben das gerade noch einmal bestätigt – der Fraktionen von CDU und FDP zum Ausdruck bringen. Ich werde Ihnen nicht den Vorwurf der Lobbyarbeit machen. Ein Geschmäckle hat es dennoch, wenn immer wieder das Werbematerial der Hersteller, wo auch immer, verteilt wird. Sie haben die Chance vertan, unabhängige Informationen möglich zu machen.
Die Initiatoren der Berliner Erklärung – um das noch einmal in Ihre Erinnerung zu rufen – sind die Ärztekammer Berlin, der Berufsverband der Frauenärzte, der Hausärzteverband, die Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, pro familia, das Netzwerk Frauen und Gesundheit sowie die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen und die für Bildung, Wissenschaft und Forschung.
Es hätte dem Land gewiss nicht geschadet, an dieser Stelle durch eine eigene, mit anderen Akteuren im Gesundheitswesen erstellte Information zu einer wirklich informierten Entscheidung beizutragen. Die Entscheidung, ob sich die junge Frau oder aber auch der Mann impfen lassen, muss jede und jeder Einzelne selbst treffen.
Die beiden Impfstoffe, die zurzeit auf dem Markt sind, schützen gegen zwei Erreger, nämlich gegen den Typ 16 und den Typ 18, die für 70 % der Fälle verantwortlich sind. Ein 100%iger Schutz gegen Gebärmutterhalskrebs ist auch nach der Impfung nicht gegeben.
Deshalb sind Vorsorgeuntersuchungen, geschützter Geschlechtsverkehr mit Kondomen und nicht nur einseitige Informationen so notwendig, Herr Dr. Romberg.
Wie bei anderen Impfungen auch können Nebenwirkungen auftreten. Auch hier muss jede und jeder selbst abwägen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zum zweiten Mal innerhalb von vier Jahren wurden die Landeszuschüsse für Ehe-/Lebensberatungsstellen des Landes Nordrhein-Westfalen, aus denen auch die Mädchenberatungsstellen gefördert werden, gekürzt, diesmal wegen der Umstellung der Landesförderung auf TVöD.
So lautet ein Zitat. Weiter geht in diesem Zitat:
Insgesamt ist der Landesanteil damit innerhalb von vier Jahren um 10.085 € gesunken.
So beginnt ein Schreiben des Mädchenzentrums Gelsenkirchen vom November dieses Jahres. Damit noch einmal deutlich wird, um welche „Unsummen“ es sich handelt: Von 2008 auf 2009 sinkt der Landesanteil von 40.080 € auf 37.440 €.
Genau so, wie es dem Mädchenzentrum ergeht, ergeht es auch den anderen Frauenberatungsstellen in unserem Land. Wenn Sie nicht aktiv mit Sägezähnen am Bogen das Streichkonzert innerhalb der Titelgruppen betrieben haben, so haben Sie zu verantworten, dass in diesem sensiblen Bereich von Beratung nicht nur die Arbeitsplätze des Personals unsicherer und prekärer geworden sind, sondern Sie haben durch Ihre Politik auch dafür gesorgt, dass die Erstattung der Kosten für Heizung, Miete, Gas, Wasser und Strom, die ständig steigen, auf dem Stand von vor 2005 bleibt. Deshalb haben wir einen Antrag zur Erhöhung des Haushaltsansatzes von 150.000 € gestellt. Wir schlagen zur Deckung vor, die Druckpublikationen, die Ihr Haus so wunderbar herausgibt, zu verringern; denn durch die
Internetangebote wird weiterhin für ausreichende Öffentlichkeitsarbeit gesorgt.
Die Frauenhäuser mussten in den vergangenen Jahren des angeblichen Sparens – zur Erinnerung: Rüttgers und Co. haben in fünf Jahren 30 Milliarden € mehr ausgegeben – die Streichung der vierten Stelle hinnehmen.
Sie tragen die Verantwortung dafür, dass im letzten Jahr in Nordrhein-Westfalen mehr als 5.000 Frauen und ihre Kinder, die vor häuslicher Gewalt flohen, abgewiesen werden mussten.
Sie sind verantwortlich dafür, dass es in erster Linie zu Kürzungen im Bereich der Angebote für Kinder kommt, die ohnehin die größten psychischen und zum Teil auch physischen Belastungen zu erdulden haben.
Sie sind verantwortlich, dass wegen der dünnen Personaldecke insbesondere in den Nachtstunden kein Betreuungspersonal in den Frauenhäusern anwesend ist.
Mit unserem Änderungsantrag zum Haushalt im Kapitel „Aufgabengebiet Gleichstellung von Frau und Mann“, Titelgruppe „Schutz und Hilfe für von Gewalt betroffene Frauen“ fordern wir Sie auf, 2.360.600 € mehr bereitzustellen. Die notwendige Deckung haben wir bei den Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bereitgestellt, die seit Jahren sinken.
Durch das Urteil von Münster zur Finanzierungsbeteiligung der katholischen Schwangerschaftsberatungsstellen hatte der Landesgesetzgeber das Gesetz neu geordnet. Nicht mehr Geld, sondern aus wenig mehr machen, war Ihre Devise, und dies ohne Rücksicht auf Verluste. Sie tragen die Verantwortung, dass in den Konfliktberatungsstellen bald keine multiprofessionellen Teams mit festem Stammpersonal, bestehend aus Ärztinnen und Psychologinnen, die Qualität der Beratung sicherstellen.
Durch die Absenkung der Landesförderung auf BAT IVb können sie nicht mehr angemessen bezahlt werden. Die angestellten Ärztinnen und Psychologinnen sind, anders als Honorarkräfte, zu festen Zeiten in der Beratungsstelle und können, wann immer ein Konflikt auftritt, schnell und unbürokratisch helfen. Darüber hinaus erstellen diese medizinischen und psychologischen Fachkräfte Handlungsempfehlungen und Informationsmaterialien, die für das ganze Land Nordrhein-Westfalen unverzichtbar sind.
Wir empfehlen mit unserem Änderungsantrag: Gehen Sie ab von Ihrem Weg; denn Ihr Weg ist der Irrweg.
Helfen Sie den Frauen bei der wichtigen Entscheidung, für oder gegen ein Kind, indem Sie ihnen,
egal welchen Weg die Frauen nach der Konfliktberatung einschlagen werden, das Optimum an Unterstützung zu haben.
Die Erhöhung des Haushaltsansatzes um 500.000 € ist gedeckt in der Titelgruppe 67 des Kapitels 15 055. Sie sehen, wir sind verantwortlich mit den Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen umgegangen und haben zu jedem unserer Anträge im Frauenhaushalt eine Deckung sichergestellt. Geben Sie sich einen Ruck, stimmen Sie unseren Änderungsvorschlägen zu!
Den Änderungsanträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur besseren finanziellen Ausstattung der Frauenhäuser und der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen geben wir selbstverständlich unsere Zustimmung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie sprachen gerade von „normalen“ Eltern. Welches sind denn die anderen Eltern im Zusammenhang mit der 150€-Herdprämie? Sind das, wenn sie SGB II beziehen, „unnormale“ Eltern? Oder wie ist das?
Sie haben von „normalen“ Eltern gesprochen; das hat mich doch etwas irritiert.
Vieles hat meine Kollegin Gerda Kieninger bereits gesagt. Sie hat Ihnen aber auch noch einige Hausaufgaben aufgegeben, die Sie weder mit Ihrer Antwort auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion noch mit Ihrer mündlichen Einlassung eben – geschweige denn mit dem Koalitionsvertrag in Berlin, an dem Sie, Herr Minister, schließlich mitgewirkt haben – gegeben haben.
Bereits gestern hatten wir in der Debatte zu der Aktuellen Stunde, aber auch zum Tagesordnungspunkt 2 Ihren Lobgesang auf den Koalitionsvertrag, der mehr Fragen offen lässt, als er beantwortet, vernommen. Sie sprechen von Entrümpeln der Arbeitsmarktinstrumente und von einer Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IVEmpfängerinnen und -empfänger. Damit werden Sie letztlich noch mehr Verdrängung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen erreichen und überwiegend Frauen weiter ins Abseits stellen. Sie werden die heute schon weit verbreiteten Mini- und Midijobs ausweiten und Arbeitgebern die Möglichkeit geben, billige Arbeitskräfte – billig fürs Unternehmen – einzustellen, weil eine Kofinanzierung dieser Jobs durch die staatlichen Instrumente der Förderung geleistet wird.
Sie erreichen so nur noch mehr Kombilöhne und schaffen keine Arbeitsplätze, von denen ein Mensch – hier sage ich ganz bewusst: ein Mensch; denn es ist egal, ob Frauen oder Männer – durch seiner Hände Arbeit trotz Vollzeit nicht mehr eigenständig leben und dadurch auch keine ausreichende Vorsorge für sein Alter treffen kann. So können sie den Rest ihres Lebens unbegrenzt neben der Rente hinzuverdienen,
wenn es nach der FDP geht. Das heißt, nach Kombilohn kommt die Kombirente.
Ich will auch die Steuersenkungsabsichten nicht verschweigen, die diese Menschen nicht erreichen, weil sie keine Steuern mehr bezahlen. Sie dürfen nur das Mehr an Steuern auf kommunale Abgaben wie Abwasser und Müll in Höhe von 19 % übernehmen. Das heißt: Sie werden zusätzlich be- und nicht entlastet.
In Ihrer Antwort auf die Große Anfrage schreiben Sie, dass 69 % der Frauen zwölf Monate vor der Geburt ihres ersten Kindes berufstätig waren. Was haben die anderen 31 % vorher gemacht? Wo waren sie? Waren sie in Berufsvorbereitungsjahren oder zu Hause oder noch in der Schule? Waren sie arbeitslos gemeldet? Darauf kommt keine Antwort von Ihnen.
Vom RWI schon, und zwar ganz aktuell mit Zahlen aus 2009. Befragungsteilnehmerinnen, die im Jahr vor der Geburt keine Erwerbstätigkeit ausübten, waren knapp zur Hälfte Hausfrauen – 48 % –, die nicht parallel in Elternzeit oder arbeitslos waren. Weitere 27 % waren Frauen in Elternzeit. 7 % waren arbeitslose Frauen und 5 % Studentinnen und Schülerinnen. 12 % machten keine Angaben zu ihrem Status. Und da versuchen Sie uns weiszumachen, Sie hätten keine Zahlen.
Das RWI hat die Zahlen. Und die hätten Sie auch verwenden können.
Aber auch in der von Ihnen genannten „Befragung Junge Familien 2008 I“ wird gesagt: Jene Frauen, die an der „Befragung Junge Familie I“ teilgenommen haben und angeben, im Jahr vor der Geburt nicht erwerbstätig gewesen zu sein, setzten sich zu 15 % aus Studentinnen und Schülerinnen, zu 19 % aus arbeitslosen Frauen und zu 63 % aus Hausfrauen zusammen. Die restlichen 3 % der nicht erwerbstätigen Frauen machen keine konkreten Angaben zu ihrem Status. Unter den nicht erwerbstätigen Hausfrauen machen Mütter, die sich in Elternzeit für vorherige Kinder befinden, einen erheblichen Anteil aus, nämlich 44 %.
Wirklich schlimm sieht es bei der Rückkehr in den Beruf nach der Geburt von Kindern aus. Da haben sie ja ganze Arbeit geleistet, indem sie die Regionalstellen Frau und Beruf gestrichen haben. Frauen gehen hier überproportional, wenn überhaupt, als Teilzeitkräfte in den Beruf zurück.
Ihr Ministerium listet nach der Seite 29 auf, was Ihrer Ansicht nach ursächlich dafür ist: die modernisierte Form der Versorgerehe – Vollzeit und Teilzeit – und der Wunsch der Frauen nach Teilzeit und geringfügiger Beschäftigung. Es fehlte nur noch, dass es frauengewollt ist, das Ganze für 23 % weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen zu machen.
Um es noch einmal herauszustellen: Berufsrückkehrerinnen wird der Weg schwer gemacht, auch durch
die Entgeltungleichheit in allen Berufszweigen und Hierarchien; bei Frauen in Führungspositionen sind es sogar 33 %.
Lösungsansätze bieten Sie erst gar nicht an. Die im Koalitionsvertrag stehende Herdprämie bis drei Jahre nach der Geburt kann nur als weiterer Hilfsmotor für Ihr „Zurück in die Zukunft“, „Back to the Roots“, von Küche, Kirche, Kinder verstanden werden.
Die angedrohte Ausweitung der Minijobs ist ebenso kontraproduktiv.
Was um Himmels willen haben Sie sich dabei gedacht, wenn Sie unter Punkt 3 davon sprechen, dass U3-Betreuung und Ganztag den Frauen bei der gewünschten Vereinbarkeit hilft?
Ja, ich komme gleich zum Schluss.
Für mich ist es noch immer Aufgabe beider Partner, und das auch gleichberechtigt.
Wenn ich mir noch einmal die beiden Befragungen ansehe, die von Ihnen genannt werden, stelle ich fest:
Erstens. Sie haben wahllos Tabellen aus den Studien gegriffen – Seite 21 der Beantwortung der Großen Anfrage –, einmal aus der „Befragung Junge Familien NRW“ und aus der „Befragung Junge Familien aus dem Bundesgebiet“. Wo sind die Zahlen zum Erwerbsumfang von Frauen im Bundesgebiet, damit sich wenigstens eine gewisse Vergleichbarkeit ergibt?
Ich komme gleich zum Schluss. Der Minister hat doch auch überzogen.
Ich komme gleich zum Schluss.
Sie scheinen das Buch „Wie lügt man mit Statistik?“ bei Ihrer Auslegung zugrunde gelegt zu haben.
Damit bin ich am Ende meiner Ausführungen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Monheim, definitiv soll die Ausrichtung auf beiden Geschlechtern liegen; das haben Sie gesagt. War das dann der Grund, warum Sie den Antrag jetzt ablehnen? – Wir haben nämlich auch mit den Sachverständigen in der Anhörung herausgearbeitet, dass in der Frauenpolitik ganz offensichtlich ein Rückschritt erfolgt.
Zwei Große Anfragen zum Thema Drogen- und Suchtpolitik in Nordrhein-Westfalen und geschlechterspezifische Aspekte der Drogen- und Suchthilfepolitik in Nordrhein-Westfalen – Frau Beer hat es
gerade eben ausgeführt – und dieser Antrag wurden von Bündnis 90/Die Grünen gestellt. Das Haus Ihres Kollegen Laumann, Herr Uhlenberg, hat Antworten auf die Großen Anfragen gegeben, die zeigen, dass er und das Ministerium sich mit dem Thema Geschlechtergerechtigkeit nur dann befassen, wenn er für den Landeshaushalt Einsparpotenziale sucht.
Die Geschlechtergerechtigkeit, das heißt GenderMainstreaming, nutzen Sie von der Landesregierung nur in den Bereichen, in denen Sie EU-Mittel abgreifen wollen. Dadurch verkommt Gender-Mainstreaming bei Ihnen zum „Gender-Einheitsbrei“, und Sie glauben, dem Ziel, der hinter dem Begriff steht, nämlich letztendlich die Durchsetzung der Gleichberechtigung, zu entkommen, weil Sie die Querschnittsaufgabe definieren, ohne die Wirkung der Maßnahmen tatsächlich zu überprüfen.
Die Sie tragenden Koalitionsparteien springen Ihnen prompt im Ausschuss zur Seite – eben gab es auch Nebenbemerkungen des Kollegen Witzel – und decken die Landesregierung der Täuschung und Enttäuschung.
Sie fallen den Frauen und Männern, die von Sucht betroffen sind, in den Rücken. Das machen Sie alle gemeinsam.
Schon in dem von mir häufig zitierten Bericht der Enquetekommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in NRW“ können Sie nachlesen, dass Frauen anders als Männer reagieren und mit Suchterkrankungen anders umgehen. Dass hier noch valide Daten fehlen, sagen Ihnen die Sachverständigen immer wieder.
Auslöser für eine Drogen- bzw. Suchterkrankung kann auch Gewalterfahrung von Frauen sein, sei es körperliche Gewalt durch Männer oder sexuelle. Schon allein dadurch wird deutlich, dass Frauen nicht immer mit Männern in Therapien stationär oder ambulant in Gesprächskreisen usw. zusammen behandelt werden können.
Im Grundsatzpapier der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, DHS, können Sie nachlesen:
Frauen und Männer unterscheiden sich bezüglich Ursachen und Verläufen von Suchterkrankungen sowie hinsichtlich ihrer bevorzugten Suchtmittel, Konsummuster und komorbiden Störungen. Auch Ess-Störungen und Pathologisches Glücksspielen treten geschlechtsspezifisch unterschiedlich auf.
An anderer Stelle heißt es:
Spezielle Angebote für Frauen bieten mittlerweile viele der ambulanten und stationären Einrichtungen, in denen Frauen und Männer gemeinsam behandelt werden, an.
Nichts anderes fordert der Antrag. Machen Sie einen Vorschlag, wie den Unterschieden der Geschlechter auch in der Drogen- und Suchtpolitik begegnet werden kann! Entwickeln Sie ein Handlungskonzept!
Seien Sie einmal mutig und stellen Sie unser Land Nordrhein-Westfalen bundesweit an die Spitze der Bewegung! Erarbeiten Sie Lösungen für den geschlechtergerechten Ansatz in der Drogen- und Suchtpolitik!
Die Anhörung in den Ausschüssen für Frauenpolitik und Arbeit, Gesundheit und Soziales zum vorliegenden Antrag hat gezeigt, dass durch die Auflösung der Landesfachstelle Frauen & Sucht – Frau Beer, Sie haben es erwähnt – eine Lücke entstanden ist, die durch den neuen Zuschnitt der Aufgabe auf Gender und Sucht und die Ansiedlung bei der Landeskoordination Integration mit weniger Personal und weniger finanziellen Mitteln nicht geschlossen wird.
Während die bei BELLA DONNA in Essen angesiedelte Landesfachstelle schon sehr erfolgreich im Bereich Vernetzung und Weiterbildung war, hatte das neu geschaffene Gender- und Suchtaufgabenfeld bei der Landeskoordination Integration zunächst – Sie sagten, still ruht der See, aber ich sage es heute ein bisschen despektierlich – Ladehemmungen. Die vorschnelle Kommunalisierung der Drogen- und Suchthilfe war dabei im Hinblick auf Vernetzung und Sicherstellung der Angebote für besondere Zielgruppen wenig hilfreich.
Der Bereich Männer und Sucht ist noch längst nicht so weit entwickelt, wie es der Bereich Frauen und Sucht bereits Ende 2006 war. Zwar ist bekannt, dass Männer deutlich häufiger Alkohol und illegale Drogen konsumieren und da zu riskanterem Konsum neigen. Männer erkennen jedoch viel später, dass sie eine Therapie benötigen. Dass das Suchtverhalten mit der Männerrolle in der Gesellschaft zu tun hat, muss noch in das Bewusstsein dringen. Durch geschlechtshomogene Angebote bietet sich die Chance, eine völlig neue Form der Männersolidarität zu entwickeln.
In den Stellungnahmen der Sachverständigen wurde die Forderung nach einer besseren Datenlage deutlich, um für die Kranken erfolgreich wirken zu können und die Rückfallquoten zu senken. Sie wurde von allen Sachverständigen gleichermaßen als nicht ausreichend angesehen.
Deutlich wurde auch, dass die Menschen, die in der Therapie arbeiten, im Sinne von Gender-Main
streaming durch sinnvolle Vernetzung besser aus- und weitergebildet werden müssen.
Wenn Sie den Menschen in unserem Land helfen wollen, evaluieren Sie Ihren eigenen Ansatz und steuern Sie wieder in die richtige Richtung.
Danke schön, Frau Präsidentin. Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kleff, das kann nicht unbe
antwortet bleiben. Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht,
sonst würden Sie den Blödsinn nicht noch einmal wiederholen, dass wir vor vier Jahren das Ganze hätten ändern können! Vor vier Jahren war das Land Nordrhein-Westfalen noch nicht zuständig. Im Jahr 2006 gab es eine Föderalismusreform.
Erst damit haben die Länder erst die Zuständigkeit für die Gaststätten bekommen. Also: Setzen, sechs!
Selten ist ein Gesetz in NRW von der Presse so zerrissen worden wie das Raucherschutzgesetz und dessen Änderung. Es ist kein Wunder, dass sich etwa die Redakteure der „NRZ“ so äußern, sind es doch ihre Kolleginnen und Kollegen vor allem in den Lokalredaktionen, die die Folgen verfehlter Gesetzgebung zum Nichtraucherschutz von Ihnen täglich bei Veranstaltungen erleben. Die Reporter treten an uns heran und teilen mit, dass sie seit der Einführung am 1. Juli 2008 in Gaststätten enormen gesundheitlichen Belastungen durch weniger Schutz als zuvor ausgesetzt seien.
Theo Schumacher von der „NRZ“ kommentierte nach der Anhörung vom 10. Juni 2009 wie folgt:
Kaum ein Gesetzesvorhaben der letzten Jahre in NRW musste so viele Slalomstangen umkurven wie das „Nichtraucherschutzgesetz“. Nach all den Ausnahmeregelungen, die das Qualmen in Gaststätten erlauben, haben es Spötter längst in Raucherschutzgesetz umgetauft. Den Rest besorgte vor einem Jahr das Verfassungsgericht.
Und weiter:
Seitdem herrscht heilloses Durcheinander. Der aus politischem Opportunismus geborene Versuch, die Interessen von Gesundheitsschutz und Gaststättenverband am Tresen zu vereinen, musste fehlschlagen. Wer heute eine Kneipe zum ersten Mal betritt, kann meist nicht sagen, ob dort geraucht wird oder nicht. Kommunen klagen zu Recht über undurchsichtige Vorschriften, Missbrauch und mangelnde Kontrollmöglichkeiten. Aber es steht zu befürchten, dass aus der lückenhaften Übergangsregelung am Ende kein besseres Gesetz wird – typisches Produkt einer Landesregierung, die es allen Seiten recht machen will.
Recht hat er!
Sie haben zu Beginn der Diskussion die Chance vertan, dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zuzustimmen und damit das absolute Rauchverbot in allen Gaststätten einzuführen.
Das wollten Sie nicht.
Und Sie wollen auch heute noch nicht – das ist gerade wieder deutlich geworden – den dringend gebotenen Gesundheitsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Gaststätten oder von Kindern, die beispielsweise zu Familienfeiern mit in Gaststätten genommen werden. Stattdessen schützen Sie die Raucherinnen und Raucher vor scheinbar unzumutbaren Einschränkungen und singen das hohe Lied der Freiheit, die in dieser Frage ganz offensichtlich nicht enden soll, wo die Freiheit der anderen eingeschränkt wird.
Im Ausschuss hat sich aus Ihren Reihen nur der Kollege und verantwortungsbewusste Arzt Henke, der meine Wertschätzung an dieser Stelle ausdrücklich verdient, gegen die Gesetzesvorlage entschieden. Und Sie, Herr Laumann, Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, geben heute Morgen vollmundig den Kommunen für die Unmöglichkeit der Umsetzung Ihrer schlampigen, nichtssagenden, unbrauchbaren Verordnungen die Schuld. Sie machen das, was Sie am Besten können: Schuldzuweisungen an andere.
Die Kommunen haben Ihnen da anderes ins Stammbuch geschrieben. Die Ordnungsämter erledigen ihre Aufgabe so gut, wie es unter diesen Rahmenbedingungen, die Sie gesetzt haben, möglich ist. Sie erlassen nun Verfügungen, damit die Aushebelung des Nichtraucherschutzes gemildert wird. Sie reden sich die Welt schön, indem Sie behaupten, das beste Nichtraucherschutzgesetz geschrieben zu haben, das das Licht der Welt je erblickt hat.
Sie, Herr Kleff, singen das hohe Lied des Raucherschutzes. 75-m²-Kneipen bejubeln Sie als die endlich gefundene Definition für Eckkneipen und lassen außer Acht, dass der Thekenbereich zusätzliche Quadratmeter von unbegrenzter Größe bringt – will heißen: die Kneipe kann auch größer als 100 m² sein. Das ist Sand in die Augen streuen.
Sie bleiben die Antwort schuldig, wie „zubereitete Speisen“ definiert werden.
Auch für die Zukunft wird die Möglichkeit, Raucherklubs zu kontrollieren, nicht deutlich verbessert, wie wir in der Anhörung von den Ordnungsämtern gehört haben, sodass der Raucherschutz faktisch als gelungen angesehen werden kann. Sie und Ihre Landesregierung sind vor der Lobby des DEHOGA eingeknickt und hören nicht auf die 73 % der Bevölkerung, die für absolutes Rauchverbot in den Gaststätten sind. Sie müssen selbst entscheiden, wem
Sie das Wort reden. Die Nichtraucherinnen sind eindeutig in der Mehrheit, und das nicht nur bei den unter 14-Jährigen.
Wenn Sie also schon nicht unseren Gesetzentwurf zur Grundlage eines vernünftigen und einheitlichen Schutzes gegen Passivrauch und seine gesundheitlichen Folgen mit erhöhtem Risiko für Brustkrebs, Lungenkrebs, Impotenz, meine Herren, und mehr als 3.000 toten Nichtraucherinnen und -rauchern im Jahr nehmen konnten, dann ergreifen Sie jetzt die Chance, die Ihnen der Änderungsantrag der Fraktion der Grünen bietet.
Ich komme zum Schluss. – Stimmen Sie mit uns gemeinsam dem Änderungsantrag 14/9477 vom 24. Juni zu! – Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Rängen! Unter TOP 4 „Psychiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in NRW ausbauen und konzeptionell weiterentwickeln“ haben wir heute über den Ausbau von Tagesplätzen, aber auch von vollstationären Pflegeplätzen für bereits erkrankte Kinder und Jugendliche debattiert.
Im nun vorliegenden Antrag geht es uns von der SPD-Fraktion um Prävention: damit das Risiko für Kinder, deren Eltern psychisch krank sind und die viermal häufiger als andere Kinder gefährdet sind, selbst psychisch krank zu werden, minimiert wird.
In meinen heutigen Ausführungen zu diesem Thema will ich zwei Punkte herausgreifen: erstens Babys von Müttern mit postpartalen Depressionen und zweitens die Kinder, deren Eltern oder Elternteile in eine psychiatrische Fachklinik eingewiesen wurden.
Die Geburt eines Kindes ist ein besonderer Moment im Leben einer Frau. Ein Kind zu erwarten und es zu gebären ist eine der eindrucksvollsten Erfahrungen, die wir machen können. Was aber, wenn nach der Geburt die böse Überraschung kommt, die Mutter in schwere Depressionen fällt, die ihrer Umwelt zunächst verborgen bleiben? 10 bis 15 % der Frauen sind davon betroffen. 1 bis 2 % entwickeln eine manifeste Psychose.
Dies wirkt sich nicht nur auf die Mutter aus. Auch der Säugling ist in Mitleidenschaft gezogen. Durch die enge Bindung des neuen Menschen zu seiner Mutter nimmt er jede emotionale Regung auf, positiv wie negativ. Die kindliche Entwicklung kann durch das Auftreten einer psychiatrischen Erkrankung der Mutter nachhaltig ungünstig beeinflusst werden.
Erkennbar werden kann eine vorliegende Störung der Bezugsperson beim Säugling durch exzessives Schreien, Schlaf- oder Fütterstörungen. Bei den Müttern lässt sich häufig mangelnde Sensitivität für kindliche Signale, Passivität oder Intrusivität feststellen. Das Kind meidet Blickkontakt und zieht sich zurück. Es können bereits im zarten Alter von sechs Monaten die Grundlagen für spätere Depressionen gelegt werden. Das heißt im Umkehrschluss: Mutter und Kind müssen gemeinsam behandelt werden, damit die Fähigkeit der Mutter, auf die Bedürfnisse ihres Kindes einzugehen, geschult wird.
Die Heidelberger Mutter-Kind-Therapie hat hier mit speziellen stationären psychiatrischen Behandlungsangeboten gute Erfolge erzielt. Diese Erfahrungen können bei der Entwicklung von Materialien mit den behandelnden Ärzten zur gezielten Information von Eltern hilfreich sein.
Nun komme ich zu Kindern, deren Eltern oder Elternteile in eine psychiatrische Fachklinik eingewiesen werden. Lange Zeit wurden die Kinder vernachlässigt und nur die Eltern behandelt. Seit den 90erJahren des vergangenen Jahrhunderts hat sich dies zunächst langsam geändert. Heute gibt es in Deutschland eine sehr große Zahl von Initiativen, die sich mit Kindern psychisch kranker Eltern beschäftigen und Hilfen anbieten. Es sind aber immer noch zu wenige. Noch erhält die überwiegende Mehrheit der Kinder psychisch kranker Eltern nicht die Hilfe, die unbedingt notwendig wäre.
Kinder mit psychisch kranken Eltern sind auch heute noch gegenüber anderen Kindern benachteiligt. Hier sind die folgenden Punkte zu nennen.
Erstens: erhöhte Verletzlichkeit. Kinder mit psychisch kranken Eltern sind häufig besonders sensibel oder verletzlich. Diese Verletzlichkeit wird zu einem großen Teil vererbt. Das sagt die genetische Forschung. Sie haben zumindest zeitweilig einen besonderen Schutzbedarf.
Zweitens: traumatische Erfahrungen. Sehr viele Menschen haben Angst vor psychisch kranken Menschen. Meistens ist diese Angst völlig unberechtigt. Für Kinder, die ja körperlich und seelisch schwächer sind, kann es besonders bedrohlich sein, wenn sich die Eltern auf einmal so anders verhalten oder für das Kind unberechenbar werden. Wenn nun gerade die Hauptbezugsperson, die Mutter oder der Vater, die dem Kind normalerweise Sicherheit und Schutz gibt, das Kind bedroht, an wen soll es sich dann wenden? Dazu kommt, dass in extremen Fällen psychische Erkrankungen dazu führen können, dass Kinder misshandelt werden.
Drittens: gefährdete Grundbedürfnisse. Genauso wie die meisten Menschen wollen auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung gute Eltern sein. Kinder von psychisch kranken Eltern erhalten von ihren Eltern aber manchmal nicht die Zuwendung, Förderung und Anleitung, die sie brauchen. Die wichtigsten Grundbedürfnisse werden nicht oder nur eingeschränkt erfüllt. Grundbedürfnisse sind: basale körperliche Bedürfnisse, emotionale Zuwendung, stabile Sicherheit vermittelnde Beziehungen in der Familie, sensorische intellektuelle Anregungen, um entwicklungsgerechte Erfahrungen machen zu können, sowie das Bedürfnis, Grenzen sozialer Regeln, Normen und Werte kennenzulernen und einzuüben.
Viertens: eingeschränkte Kindlichkeit. Weil die elterliche Funktionsfähigkeit bei einer psychischen Erkrankung häufig reduziert ist, stehen die Kinder manchmal vor Aufgaben, mit denen sie eigentlich überfordert sind. Sie fühlen sich gezwungen, vernünftiger und weitblickender zu sein als ihre Eltern. Insbesondere bedeutet es eine massive Belastung und Überforderung für ein Kind, wenn es die Verantwortung dafür übernehmen muss, dass seine psychisch kranke Mutter zwangsweise in die Klinik eingewiesen wird.
Fünftens: zusätzliche Risikofaktoren. Wenn in einer Familie ein Vater oder eine Mutter psychisch krank ist, ist das sehr oft nicht das einzige Problem in der Familie. Häufig tritt eine Kumulierung psychosozialer Risikofaktoren wie niedriger sozialer Status, Arbeitslosigkeit, finanzielle Probleme, ungünstige Wohnbedingungen, eheliche Konflikte, familiäre Gewalt, häufigere Beziehungswechsel und Trennungserfahrungen der Kinder schon allein durch die Klinikaufenthalte auf. Diese Kumulierung erhöht das Risiko für eine psychische Störung beim Kind. Hinzu kommt die Sprachlosigkeit, die Tabuisierung, die Unfähigkeit oder das Verbot, über die Krankheit zu sprechen.
Eine Hilfe für die Kinder können pädagogische Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit sein, aber auch ein Landesprogramm mit dem Ziel, an jeder psychiatrischen Fachklinik eine Anlaufstelle zur Förderung und Unterstützung der Kinder einzurichten.
Wir haben in ganz Deutschland, aber auch bei uns in Nordrhein-Westfalen einen großen Nachholbedarf bei der Behandlung und Therapie von psychisch kranken Kindern. Ebenso besteht bei uns Nachholbedarf bei der Prävention von psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.
Hier haben wir einen konkreten Anknüpfungspunkt. Unterstützen Sie unseren Antrag – zum Wohle unserer Kinder, damit uns kein Kind verloren geht. – Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! „Verdamp lang her“ – so singt BAP. Sie meinten damit zwar nicht die Enquetekommission „Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in NRW“, die vom Mai 2001 bis Juli 2004 zu dem Thema arbeitete. Wolfgang Nideggen würde bestimmt eine Textbearbeitung vornehmen, wenn er wüsste, wie die Landesregierung mit wichtigen Themen umgeht.
Einige Kolleginnen aus dieser Zeit sitzen auch heute noch im Landtag von NRW. Die Kollegin Doppmeier könnte sich sicher, wenn sie jetzt anwesend wäre, noch an das Kapitel 4.9.2 – Essstörungen – und auch an die Handlungsempfehlungen auf Seite 225 ff. des Berichtes erinnern. Was Sie von dieser Landesregierung der Täuschung und Enttäuschung erbitten, hätte sie schon längst durchführen und umsetzen müssen.
Stattdessen haben wir uns vor einiger Zeit mit dem Präventionskonzept des Hauses Laumann auseinandergesetzt, um festzustellen, dass es frauenpolitisch eine Nullnummer ist. Nach Ihren heutigen Beiträgen stellt sich die Frage, was dieser Antrag im Frauenausschuss federführend zu suchen hat; er gehört doch eher in den Gesundheitsausschuss. Auf die zugesagte Überarbeitung des Konzeptes warten wir übrigens immer noch.
Eine kleine Auffrischung für Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, passend zu Ihrer ersten im Antrag vorgetragenen Bitte an Ihre Landesregierung: Im zweiten Spiegelstrich der Handlungsempfehlungen wird uns und der Landesregierung empfohlen, nach Möglichkeiten zu suchen, langjährige Projekte wie die DONALD-Studie des Forschungsinstituts für Kinderernährung weiterhin zu fördern, damit eine kontinuierlich aufgebaute Datensammlung für die Erforschung des juvenilen Ernährungsverhaltens erhalten bleibt und fortgesetzt werden kann. Im Weiteren wird darauf hingewiesen, geschlechtsspezifische Präventionsarbeit zu den Themen Alkohol, Rauchen, Essstörungen usw. in den Schulen durchzuführen sowie das Landesprogramm OPUS auszuweiten, in dem geschlechtsbezogene Faktoren aufgenommen werden und religiöse und kulturelle Unterschiede berücksichtigt werden. Auch dies fehlt in Ihrem Antrag.
Gereicht hätte also, die Landesregierung aufzufordern – hier besonders den Gesundheitsminister –, die Handlungsempfehlungen aufzugreifen und die damals bereits bestehenden Projekte weiterzuent
wickeln, überall im Land zu implementieren und zu fördern.
Wenn Sie zufällig am Wochenende den Deutschlandfunk gehört haben, haben Sie hören können, dass Aufklärung über Ernährung inzwischen allerorts betrieben wird und in Umfragen bestätigt wird, dass die Menschen wissen, worauf sie in Sachen Ernährung achten sollten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat im Ernährungsbericht 2008 festgestellt, dass heute mehr Getreide, Geflügelfleisch, Fisch, Gemüse, Obst, Zucker, Käse und Milcherzeugnisse gegessen werden. Im Vergleich zu 2004 bedeutet dies, dass weniger Alkohol, Eier, Fleisch, tierische Fette und Margarine verzehrt werden. Trotzdem sind wir von einer wirklich ausgewogenen Ernährung weit entfernt.
Scheitern muss eine gesundheitsbewusste Ernährung an drei Dingen: am Genuss und Geschmack der Lebensmittel, an der möglichst schnellen und einfachen Zubereitung – Convenience heißt hier das Zauberwort – und last but not least am Geldbeutel. Besonders beim letzten Punkt sind wir wieder bei einem hier bereits häufig debattierten Thema: 2,65 € für die Ernährung eines Kindes reichen nicht, etwas mehr als 4 € für Erwachsene ebenfalls nicht. Mehr steht Menschen im SGB-II-Bezug nun einmal nicht zur Verfügung.
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft hat Leitlinien gegen Adipositas herausgegeben. Sie hätten sie in Ihrem Antrag wenigstens einmal erwähnen können. Die eben genannte Enquete – übrigens von der Enquete „Zukunft für Kinder“ bestätigt – hatte herausgearbeitet, dass Adipositas und niedriger sozialer Status korrelieren. Etwa 67 % der Männer und 54 % der Frauen in der Bundesrepublik leiden an Übergewicht.
Aber selbstverständlich.
Liebe Frau Kollegin Westerhorstmann, auch wenn Sie heute Geburtstag haben, kann ich Ihnen da nicht recht geben. Wir haben das Problem hier schon häufig debattiert – auch in der Zeit, in der wir beide dem Landtag angehören – und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es die Probleme gibt und dass diese Probleme von dieser Landesregierung überhaupt nicht aufgegriffen werden. Die Chance hätte beim Präventionskonzept bestanden. Dort haben wir uns mit der Gesundheit von Mutter und Kind auseinandergesetzt, aber nicht mit den Folgen, die die Ernährung für das Gesundheitswesen hat.
Auf die Deutsche Adipositas-Gesellschaft bin ich gerade schon eingegangen. – Bereits mit 35 Jahren – hier sollten Sie alle ein bisschen hinhören – sind bei den Männern die Übergewichtigen in der Überzahl; bei den Frauen ist dies erst mit 55 Jahren der Fall. Was aber machen Sie? Sie „bitten“ wieder einmal und fordern nicht zum Handeln auf. Sie wärmen kalten Kaffee auf und singen Lobeshymnen.
Von Forschung und Wissenschaft ist ein Weiteres festgestellt worden: Nicht das Essen, nicht die Werbung mit den Twiggies der Neuzeit, sondern die Probleme des Erwachsenwerdens sind für falsches Essverhalten ursächlich. Grundlagen gegen dieses Fehlverhalten müssen früh durch Stärkung des Selbstwertgefühls gelegt werden – das haben Sie auch gesagt; das gebe ich gerne zu –, damit der eigene Körper nicht zum Schauplatz der inneren Konflikte gerade in der Pubertät wird.
Ich komme zum Schluss. Im Juni wird in Berlin die Abschlussveranstaltung „gesunde kitas • starke kinder“ von peb, der Plattform für Ernährung und Bewegung, stattfinden. Die Ergebnisse müssen in die Fläche gebracht werden. Mülheim und Bielefeld waren bei den Pilotkommunen dabei. Mein Vorschlag an Sie getreu Ihrem Motto „Schluss mit den Modellversuchen“: Bitten Sie doch die Landesregierung, in allen Kommunen NRWs die Ergebnisse umzusetzen! Und noch einmal: Die Federführung sollte besser im Gesundheitsausschuss liegen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch das Nichtraucherschutzgesetz vom Dezember 2007 zeigte: Sie
können es nicht! Sie können Nordrhein-Westfalen nicht regieren und setzen dem Landtag unentwegt verfassungswidrige Gesetze und Verordnungen vor. Für Sie gilt: Es reicht! 2010 wird ein gutes Jahre für NRW. Dann werden Sie endlich abgelöst.
Das Bundesverfassungsgericht musste Ihnen für die notwendigen Änderungen zwei Möglichkeiten einräumen: entweder dem Ziel des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens Vorrang zu geben und sich unter Verzicht auf Ausnahmetatbestände für eine strenge Konzeption des Nichtraucherschutzes in Gaststätten zu entscheiden oder so zu verfahren, wie Sie es heute vorschlagen, nämlich die Raucherlobby zu stärken.
Unbenommen wäre Ihnen dabei gewesen, Ihre eigene Begründung ernst zu nehmen, die sinngemäß lautet: Dem Ziel, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen, wird dadurch Rechnung getragen, dass ein Gastwirt von der Ausnahme vom Rauchverbot nur Gebrauch machen kann, wenn er Personen mit nicht vollendetem 18. Lebensjahr den Zutritt verwehrt. Dadurch ist auch eine Beschäftigung von Minderjährigen in Rauchergaststätten ausgeschlossen.
Wenn es Ihnen ernst damit wäre, Kinder und Jugendliche zu schützen, könnten Sie weitere Änderungen vornehmen und zum Beispiel – erstens – in § 4 des Gesetzes eine Ergänzung einfügen, sodass auch hier gilt: Kinder und Jugendliche haben keinen Zutritt in den Raucherraum der Gaststätte, auch nicht in Begleitung der Eltern.
Oder zweitens: Auch die Beschäftigung von UnterAchtzehnjährigen in den Raucherräumen wird untersagt.
Und drittens: Für werdende Mütter wird ein Beschäftigungsverbot in Raucherräumen zum Schutz von Mutter und Kind ausgesprochen.
Damit wären Sie auf einer Linie mit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, aus dessen Urteilsbegründung ich zitiere:
Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche, die von ihren erwachsenen Begleitpersonen in Raucherräume mitgenommen werden und denen … der Aufenthalt dort nicht untersagt ist.
Weiter heißt es:
… werden außerdem Gesundheitsgefährdungen für diejenigen Beschäftigten hingenommen, die Raucherräume insbesondere zur Bedienung der Gäste betreten müssen.
Noch etwas: Die Kennzeichnungspflicht für Raucherräume mit Ihrem selbstgebastelten Schild in Anlage 1 ist nicht – wie von Ihnen im Besonderen Teil behauptet – ein besonderes Entgegenkommen
der Landesregierung. Nein, das ist bereits im Urteil festgelegt.
Ich komme zum Schluss meiner heutigen Rede. Herr Minister, meine Damen und Herren von CDU und FDP! Rauchen ist kein natürliches Grundrecht des Menschen, der Anspruch auf körperliche Unversehrtheit sehr wohl!
Herr Kollege Kleff, ist Ihnen eigentlich bewusst, dass im März 2005 Ulla Schmidt zusammen mit der DEHOGA eine freiwillige Vereinbarung getroffen hat, dass bis zum 1. März 2006 30 % der Speisegaststätten 30 % ihres Raumes frei von Qualm gestalten sollten, dass das aber von der DEHOGA nicht eingehalten wurde und dass wir, die SPD-Landtagsfraktion, als Erste einen Gesetzentwurf in den Landtag Nordrhein-Westfalen eingebracht haben?
Vielen Dank. – Ich möchte noch etwas zitieren. Frau Kollegin Steffens hat mich auf diese Idee gebracht. Offensichtlich lesen Sie die Zuschriften tatsächlich nicht. Ich habe hier eine Zuschrift von der Nichtraucherinitiative Deutschland vom 1. Dezember 2008, die allen Abgeordneten zugesandt worden ist. Darin steht zum Beispiel:
Im ersten Halbjahr 2008 musste das Gaststättengewerbe in NRW, in dem der Nichtraucherschutz erst am 1. Juli 2008 in Kraft getreten ist, minus 4,9 % in der getränkegeprägten und minus 5,5 % in der speisegeprägten Gastronomie hinnehmen.
So viel zu der Behauptung, nur durch Rauchverbote komme es zu Rückgängen.
Weiter heißt es, mein lieber Kollege Romberg:
Der Umsatz des Gaststättengewerbes ist in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern nach Einführung der Gesetze zum Schutz vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens deutlich
weniger gesunken als in den Vorjahren. In Bayern ist der Umsatz sogar gestiegen.
Eindeutigkeit in der Gesetzgebung, eine klare Regelung, sorgt also dafür, dass der Umsatz auch steigen kann. Das haben die Nachbarländer Irland usw. alles auch schon erfahren.
Wir bekommen auch noch andere Zuschriften. Lassen Sie mich nur wenige Sätze aus einer Schilderung unter der Überschrift „Eine Reise durchs Ruhrgebiet am Wochenende“ zitieren:
Ein Freitagabend, der mich ins Café Dax führt. Das über 75 m2 große Café, in dem auch zubereitete Speisen verkauft werden, hat mittlerweile wieder auf alle Tische Aschenbecher gestellt. Die Luft: unerträglich. Von dort aus geht es weiter …
Darin wird ein ganzes Wochenende im Ruhrgebiet beschrieben und festgestellt, dass immer wieder gegen das Nichtraucherschutzgesetz verstoßen wird.
Wenn Sie glauben, mit dieser gesetzlichen Regelung, die wir heute beraten, werde das anders werden, glauben Sie ein bisschen zu viel, denke ich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kleff, wo leben Sie eigentlich?
Bei dem Gesetz zur „Verwässerung“ des Nichtraucherschutzes sind Sie doch erst wieder aktiv geworden, nachdem der Antrag der Grünen vorgelegt worden ist. Was soll also dieser Quatsch? Was soll dieser Vorwurf, die Grünen seien zu spät gekommen? Ihr Kabinett ist zu spät gekommen.
Nun ist die Katze aus dem Sack, Herr Minister Laumann: Raucherschutz pur in NRW.
Gestern hat Ihre Koalition zum Schutze der Raucher – angeführt von Raucher Laumann – beschlossen, aus der Übergangsregelung vom Juli 2008 die neue gesetzliche Regelung zu machen. Im Kommentar des „Kölner Stadt-Anzeigers“ ist unter
dem Titel „Feigheit vor der Raucherlobby“ heute unter anderem zu lesen:
Dass ein umfassender Nichtraucherschutz … nun so völlig verwässert daherkommt, ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine Minderheit die Mehrheit in Geiselhaft nehmen kann.
Weiter heißt es dort:
Hasenfüßigkeit und Unentschlossenheit der Politik haben so in letzter Konsequenz dazu geführt, dass der viel beschworene Vorrang für die Gesundheit des Bürgers kommerziellen Interessen zum Opfer gefallen ist.
Herr Kleff, das ist hier passiert. Frei nach dem Motto der FDP auch in anderen Angelegenheiten bedeutet dies: freier Qualm für freie Bürger.
In kleinen Einraumgaststätten bis zu einer Größe von 75 m2 ohne Nebenraum und ohne Küche soll nach dem Willen von Rüttgers und Co. wieder rückhaltlos geraucht werden dürfen. Damit haben wir neben Raucherclubs, getrennten Raucherräumen in den größeren Gaststätten und geschlossenen Gesellschaften in allen Gaststätten eine weitere Aufweichung des Nichtraucherschutzes für kleinere Einraumgaststätten. Raucherclubs erstrecken sich über Eisdielen, Stehcafés, Discos und Imbissbuden bis hin zu Speiserestaurants. Die Mitgliederstruktur wird nicht überprüft.
Weil die Verordnung so eindeutig zweideutig ist, macht jeder seine eigene Regelung. Die kann so aussehen, dass jeder, der zum dritten Mal kommt, Mitglied werden muss. Eine andere mögliche und legale Variante ist, dass jemand den Abend im Club als Gast eines Mitglieds verbringen darf.
Ach, Herr Papke wieder. Na selbstverständlich.
Lieber Herr Papke, lassen Sie mich auf das Schulgesetz eingehen. Das haben wir damals geändert. Ich habe mich gerade noch einmal rückversichert. Seinerzeit war Frau Ute Schäfer Schulministerin, wie Sie sich sicherlich erinnern. Im Ministerium von Frau Schäfer gab es schon sehr frühzeitig ein komplettes Rauchverbot.
Gleiches war auf den Schulhöfen der Fall. Das hatte sich offensichtlich nur noch nicht herumgesprochen.
Lassen Sie mich noch etwas zu dem Rauchverbot auf Schulhöfen und generell sagen. Was haben Sie denn gemacht? Es ist richtig: Mittlerweile gibt es überall in den Schulen und auch in den Lehrerzimmern ein Rauchverbot. Auch die Lehrer dürfen dort nicht mehr rauchen. Was geschieht aber, wenn andere Veranstaltungen zum Beispiel in Schulhallen oder in Turnhallen stattfinden? Dort wird auf Teufel komm raus gequalmt, was das Zeug hält. Die Kinder haben am Montagmorgen wieder Sportunterricht und atmen diesen kalten Rauch ein. Das ist Ihre Errungenschaft. Das haben Sie gemacht. Nun stellen Sie sich hierher und sagen, Sie wollten die Kinder schützen.
Das ist eindeutig zweideutig und eindeutig unredlich.
Meine Zeit läuft wieder.
Wie Frau Kollegin Steffens eben schon sagte und wie auch ich ausgeführt habe, wird die Mitgliederstruktur in Raucherclubs eben nicht überprüft. Weil die Verordnung so eindeutig zweideutig ist, macht jeder, was er will, lieber Herr Papke.
Im Karneval gar gilt das alles nicht, nachdem die Rathausschlüssel abgegeben wurden. Dort herrschen dann Brauchtum und die gesetzlose Zeit. Jede und jeder hat unabhängig vom Alter freien Zutritt zu den Raucherclubs. Dabei heißt es in einem Kölner Karnevalslied: „suffe, poppe, danze“. Von „qualme, rooche und piefe“ ist da überhaupt nicht die Rede.
Die getrennten Raucherräume sind häufig nicht getrennt, sondern es handelt sich um den Thekenraum, von dem die Türen in die Küche, den Nichtraucherraum und die Toiletten abgehen. Geschlossene Gesellschaften sind das Allheilmittel für alle Übrigen. Damit dürfen dann auch reine Nichtraucherkneipen zu Raucheroasen werden, Kinder- und Jugendschutz hin oder her. Bei Hochzeiten und Kindstaufen, bei Kommunion und Konfirmation heißt es: Es lebe der blaue Dunst.
Die Ordnungsämter sind bei 38.000 Gaststätten in NRW und einer wässrigen Verordnung zum Gesetz häufig überfordert. Das ist kein Wunder. Der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist schon lange kein Thema mehr.
Herr Kleff, ich weiß nicht, ob Sie die gleiche Vision haben wie der Kollege Henke. Er hat geäußert, er gehe davon aus, dass wir irgendwann einmal einen kompletten Nichtraucherschutz haben. Ich gehe nicht mehr davon aus, dass ich das mit dieser Landesregierung und in diesem Parlament noch erleben werde.
Es gibt trotz allem noch kleine Lichtblicke. Davon hat Frau Kollegin Steffens gerade schon gesprochen. In Wuppertal wurden 20 Betriebe untersucht. Es gab endlich einmal eine Razzia. Trotz Rauchverbot wurde gequalmt, was das Zeug hielt. Das Ordnungsamt hat bei der Kontrolle von 20 Kneipen in 19 Kneipen Verstöße entdeckt und Bußgelder verhängt. In sogenannten Raucherclubs haben sich keine Mitglieder, sondern hat sich ganz normale Laufkundschaft aufgehalten. Am Eingang wurde gar nicht nach der Mitgliedschaft gefragt. Das ist die Realität, meine Damen und Herren.
Herr Laumann, seit dem 1. Januar 2008 und dem Inkrafttreten Ihres Nichtraucherschutzgesetzes tragen Sie als Minister die Verantwortung für den Nichtraucherschutz. Sie tragen auch die Verantwortung für jeden toten Passivraucher in NRW. Sie haben es in der Hand, aus einem schlechten Gesetz ein gutes zu machen. Sie können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gaststätten schützen. Sie können dafür sorgen, dass die Raucherclubs eingedämmt werden, wie Sie es im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales versprachen. Tun Sie es endlich!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Liebe Frau Kollegin Asch, es ist gerade wenige Wochen her, da haben wir die Anhörung zu unserem gemeinsamen Antrag „Kinder schützen – Grundlagen für regelmäßige ärztliche Untersuchungen aller Kinder schaffen“ im Jugendausschuss des Landtags ausgewertet. Auch durch diesen Antrag, wenn wir ihm alle zustimmten, werden wir nicht alle Kinder erreichen und schützen können. Es wird immer wieder, ohne dass es vorher Anzeichen gab, zu Gewalt gegen Kinder kommen, im schlimmsten Fall mit tödlichem Ausgang.
Die Sachverständigen haben uns in der Anhörung gebeten, § 8a SGB VIII erst einmal wirken zu lassen und nicht schon wieder für Veränderungen einzutreten. Die Verordnung zum Heilberufegesetz liegt inzwischen vor. Hier wurde geregelt, dass die Nichtteilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen gemeldet wird. Von den Ärzten wurden wir in der Anhörung zum Kinderschutz gebeten, durch politisches Handeln auf eine Überarbeitung der Richtlinien für die Vorsorgeuntersuchungen hinzuwirken; das können Sie auf Seite 18 des Protokolls zur oben erwähnten Anhörung nachlesen.
Hier böte sich an, die Anregung meiner Kollegin Ingrid Hack aufzugreifen und innerhalb eines gemeinsamen Antrags eine Bundesratsinitiative zur Überarbeitung der Richtlinien für die UUntersuchungen aus dem Jahre 1971 anzustoßen, Krankenkassen zu verpflichten, die von den Kinder- und Jugendärzten überarbeiteten Richtlinien zu übernehmen – sie liegen nämlich schon vor und sind abgelehnt worden – und so Kriterien für ein Erkennen von Kindeswohlgefährdung bei den Vorsorgeuntersuchungen einzubauen. Die Kinderärzte fordern uns auch auf, im Bereich der Primärprävention tätig zu werden.