Kai Klose

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Verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der 12. Juni 2017 war ein Tag der Freude für Südhessen. An diesem Tag hat die Wissenschaftsstadt Darmstadt den bundesweit ausgelobten Wettbewerb des Branchenverbandes Bitkom und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes gewonnen. Darmstadt hat sich in der Endrunde gegen fünf starke Konkurrenten durchgesetzt. Es trägt seither den Titel „Digitale Stadt“. Es war eine Kraftanstrengung der gesamten Gesellschaft dieser Stadt. An ihrer Spitze wurde sie von Oberbürgermeister Jochen Partsch repräsentiert. Wir beglückwünschen sie dazu herzlich.
Die Jury hat offensichtlich erkannt, dass Darmstadt über das nötige Potenzial, den Forschergeist und die Experimentierfreude verfügt, um damit erfolgreich zur digitalen Modellstadt in Deutschland zu werden.
Darmstadt als Heimat der Technischen Universität, als ein Hauptquartier der europäischen Raumfahrt und als wichtiger Standort der pharmazeutischen Industrie genießt europaweit hohes Ansehen. Darmstadt ist aber auch das konti
nentale Zentrum für Cybersicherheit. Die Bitkom sieht nicht umsonst in Darmstadt ideale Bedingungen für eine Vorzeigestadt der Zukunft für digitale Prozesse und Dienstleistungen entlang harter Kriterien. Sonst hätte sich die Stadt in der Endrunde nicht gegen Heidelberg, Kaiserslautern, Paderborn und Wolfsburg durchsetzen können. Das war eine starke Leistung, die auch auf die Region ausstrahlen wird.
In Darmstadt hat sich ein breites Bündnis aus Politik, Digitalunternehmen, Wirtschaftsverbänden und der Wissenschaft zusammengefunden, das gemeinsam die Digitalisierung gestalten will, unter anderem auch, um den Alltag einer wachsenden Stadt mit knappen Flächenressourcen und hoher Verkehrsdichte besser zu organisieren. Hier kommen die Ziele einer ökologischen und einer digitalisierten Stadtentwicklung beispielhaft zusammen. In Darmstadt wird wirklich an morgen und an übermorgen gedacht.
Nicht zuletzt das Land Hessen hat die Bewerbung Darmstadts tatkräftig unterstützt; denn die Digitalisierung ist für diese Landesregierung eine der zentralen Zukunftsaufgaben. Mehrere Ressorts, bis hin zum Wirtschaftsminister und dem Ministerpräsidenten selbst, haben zu diesem Erfolg beigetragen. Oberbürgermeister Partsch hat das am Tag der Verleihung nicht umsonst besonders hervorgehoben.
Bis zu 5 Millionen € Landesförderung und die gleiche Summe an EFRE-Mitteln stehen bereit, um Darmstadt auf seinem Weg zu unterstützten. Das ist das richtige Signal; denn die Ernennung Darmstadts zur bundesweiten digitalen Modellstadt fügt sich hervorragend in unsere Strategie „Digitales Hessen – Intelligent. Vernetzt. Für Alle“, die von Minister Al-Wazir im vergangenen Jahr vorgestellt wurde.
Es wird jetzt wahnsinnig spannend, zu beobachten, was sich in unserer Südhessenmetropole tut. Ab Anfang 2018 werden der Verkehrssektor, die Energieversorgung, die Schulen und das Gesundheitswesen mit neuesten digitalen Technologien ausgerüstet. Die öffentliche Verwaltung soll ein Muster für innovative Onlineanwendungen werden. Das sind sehr ambitionierte Pläne, die die Stadt und Region vor gewaltige Herausforderungen stellen werden; denn es handelt sich hier nicht um den Gewinn eines Preises oder einer Auszeichnung, sodass der Prozess damit quasi an sein Ende käme. Im Gegenteil: Mit dem Erlangen des Titels „Digitale Stadt“ beginnt die Arbeit erst. Die Wissenschaftsstadt Darmstadt weiß das Land, die Landesregierung und sicher auch weite Teile dieses Landtags dabei an ihrer Seite. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gebe zu, selten hat mich eine Situation, zu der ich hier gesprochen habe, emotional so berührt wie diese. Der Grund sind nicht die Anträge. Der Grund ist, dass wir uns am Vorabend einer Entscheidung im Deutschen Bundestag befinden, auf die jedenfalls ich mein ganzes bisheriges politisches Leben hingearbeitet habe. Ich habe mich sehr intensiv gefragt, was an einem solchen Vorabend eigentlich die wirklich angemessenen Worte und Sätze zum Thema sind.
Morgen geht hoffentlich ein Vierteljahrhundert des Kampfes um die rechtliche Gleichstellung aller Paare auch in diesem Land zu Ende. Von dem Moment an, in dem homosexuelle Menschen auch in Deutschland aus den Schränken kamen, ihre Gesichter zeigten und sich selbstbewusst und kämpferisch für ihre Rechte eingesetzt haben, über die „Aktion Standesamt“ am 19. August 1992, als 250 lesbische und schwule Paare das Aufgebot bestellen wollten und abgewiesen wurden, bis zum morgigen Tag, wenn die vollständige Gleichstellung endlich beschlossen wird, zieht sich eine lange Linie in den Farben des Regenbogens.
Es ist zuallererst dieser vielfältigen Bewegung zu verdanken, dass wir im Jahr 2017 endlich auch in Deutschland so weit sind. Deshalb ist es mir gleich zu Beginn das wichtigste Anliegen, mich hier und jetzt bei all denen zu bedanken, die in den letzten Jahren für diesen Moment gekämpft haben.
Bedanken will ich mich bei jenen, die angefeindet, beschimpft, bespuckt, drangsaliert und gequält wurden und die dennoch nicht nachgelassen haben. Wir haben euch unendlich viel zu verdanken. Der 30. Juni 2017, das ist euer Tag.
Wissen Sie, was? Dieser Moment ist viel zu groß. Er bedeutet mir ganz persönlich und uns GRÜNEN viel zu viel,
als dass ich mich jetzt auf den letzten Metern hier im Hessischen Landtag auf Ihr Spiel einlasse.
Deshalb ganz direkt und gleich jetzt zu Beginn:
Ja, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier im Hessischen Landtag haben zur Öffnung der Ehe durch den Deutschen Bundestag unterschiedliche Auffassungen. Deshalb kann unser gemeinsamer Antrag leider auch nichts anderes abbilden.
Ich will da nichts verbrämen. Wir streuen auch niemandem Sand in die Augen oder vertagen Dinge 30-mal. So sind die Fakten, und darum wird nicht herumgeredet.
Deshalb nutze ich lieber die Gelegenheit, um unsere grüne Position noch einmal klar zu formulieren.
Wie bitte? Wie haben Sie mich gerade genannt, Herr Merz?
Ich respektiere, dass Sie meine Haltung nicht teilen müssen. Das ist in Ordnung. Ich teile Ihre auch nicht. Ich will trotzdem unsere Position noch einmal klar formulieren.
Wir GRÜNE wollen die Öffnung der Ehe für alle Paare. Seit vielen Jahren streiten wir dafür. Wir haben vor mehr als 25 Jahren erstmals im Deutschen Bundestag beantragt, die Ehe für Homosexuelle zu öffnen. Denn das hätte sofort die rechtliche Gleichstellung aller Paare zur Folge.
Wir haben die Öffnung der Ehe vor zweieinhalb Wochen auf unserem Bundesparteitag zur Koalitionsbedingung gemacht. Damit haben wir einen Stein ins Rollen gebracht. Ich bedanke mich ausdrücklich dafür. Vor allem war es ein mutiger Fragesteller beim „Brigitte“-Gespräch, der dazu beigetragen hat, dass aus diesem Stein eine Lawine wurde, der sich auch die Bundeskanzlerin nicht länger in den Weg stellen wollte.
Ein Bauchgefühl kann als Begründung im politischen Diskurs eines Rechtsstaats niemals dauerhaft genügen, um Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Dass das Bauchgefühl durch die Gewissensentscheidung abgelöst wird, ist deshalb wohl ein Fortschritt.
Dennoch kann ich, so wie ich Respekt für unsere Position erwarte, auch wenn es mir manchmal schwerfällt, die Position der Menschen respektieren, für die es um ein religiöses Sakrament geht. Deshalb findet auch diese Haltung im gemeinsamen Dringlichen Entschließungsantrag der CDU und der GRÜNEN Niederschlag.
Ehe und Familie genießen den besonderen staatlichen Schutz. Ich finde, dieser besondere Schutz sollte bald für alle gelten, die den Mut und die Liebe aufbringen, sich zu binden und Verantwortung füreinander und auch für ihre Kinder zu übernehmen.
Niemand verliert seine Rechte, wenn andere diese Rechte auch erhalten. Es ist wirklich genug Ehe für alle da, oder, wie Claudia Roth es neulich in ihrer unnachahmlichen Art sagte:
Wer unbedingt heiraten will, soll das doch können. Die werden schon sehen, was sie davon haben.
Ich muss hinnehmen, dass es Ihnen heute noch einmal eine kleine Genugtuung verschafft, aus dieser Differenz zwischen uns Honig zu saugen, damit irgendjemand morgen im Bundestag eine hämische Bemerkung loswerden kann. Bitte sehr. Ich schenke Ihnen das. Das ist angesichts des Erfolges, den wir mit vielen anderen seit fast drei Jahrzehnten erkämpft haben – zu den vielen anderen gehören
auch viele hier – und über den wir uns heute freuen, noch nicht einmal eine Fußnote in der Geschichte.
Herr Präsident, das mache ich. – Wir GRÜNE jedenfalls werden morgen viel Schwung für die nächsten Projekte holen. Wir werden mit der Community, die genau um den Anteil der GRÜNEN am Erfolg weiß, mit Carolin Emcke, Volker Beck, vielen anderen und den Regenbogenverbänden morgen in Berlin feiern, dass die Schwarte kracht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben es gehört: Das Hessische Spielhallengesetz wird Ende des Jahres auslaufen. Das heißt für uns natürlich, dass wir seine Wirksamkeit evaluieren werden und dass die Erkenntnisse daraus in die Überarbeitung einzufließen haben. Genau das ist der Anlass der heutigen Debatte.
Bevor ich jetzt auf die einzelnen konkreten Änderungen eingehen werde, die eben schon angesprochen wurden, will ich noch einmal kurz darlegen, warum es dieses Gesetzes überhaupt bedarf. Die Spielhallenbranche ist meiner Ansicht nach eine Besonderheit. Sie ist ein Musterbeispiel für einen Wirtschaftszweig, den der Staat unseres Erachtens nicht sich selbst überlassen darf.
Das ist der Grund, weshalb es den Glücksspielstaatsvertrag zwischen den Ländern gibt. Das ist auch der Grund, warum Hessen mit diesem Gesetz einen Ordnungsrahmen für unser Bundesland geschaffen hat. Was macht diese Branche also zu einer besonderen? Warum ist hier ein eigener staatlicher Ordnungsrahmen vonnöten?
Eigentlich hat Dostojewski in seinem Buch „Der Spieler“ schon 1867 die Antwort geliefert. „Morgen, morgen wird alles ein Ende haben“, ruft der namensgebende Spieler dort aus. Er schafft es das eine um das andere Mal dann doch nicht, weil er vom Spiel nicht lassen kann. Dostojewski wusste bekanntermaßen, wovon er schrieb. Er war auch häufig Gast in Hessen.
Von Spielhallen geht für Menschen, die von Spielsucht betroffen sind, damals wie heute eine unwiderstehliche Verführung aus. Wer pathologisch oder zwanghaft spielt, ist unfähig, dem Reiz des Glücksspiels zu widerstehen. Das gilt selbst dann, wenn es schlimme Folgen für ihn selbst oder sein familiäres oder berufliches Umfeld hat. Es ist kein Zufall, dass sich viele Spielerinnen und Spieler heute schon selbst für den Zutritt zu einer Spielhalle sperren lassen, weil sie um ihre Gefährdung wissen und so vor sich selbst geschützt werden wollen.
Deshalb müssen der Betrieb und Besuch der Spielhallen reglementiert werden. Zum Schutz der Spielsüchtigen und insbesondere der Jugendlichen müssen auch diejenigen Kundinnen und Kunden Einschränkungen hinnehmen, die nicht von der Spielsucht betroffen sind. Dieser Schutz ist das ganz grundsätzliche Thema, das dem Gesetz zugrunde liegt.
Auf welche aktuellen Entwicklungen müssen wir außerdem reagieren? – Seit das gegenwärtige gültige Spielhallengesetz der Vorgängerregierung in Kraft ist – das war das Jahr 2012 –, benötigen alle Spielhallen eine neue Erlaubnis. Das wurde bereits gesagt: Die Übergangsfrist, bis zu der die Erlaubnis zu erlangen war, läuft übermorgen, also am 30. Juni 2017, ab. Ab dann sind Mehrfachkonzessionen, also mehr als eine Automatenhalle an einem Standort, nicht mehr erlaubt. Mehrfachkonzessionen sind nach dem bereits erwähnten Staatsvertrag bekanntermaßen verboten.
Außerdem müssen ab Freitag bestimmte Mindestabstände zwischen zwei Spielhallen eingehalten werden. Das alles besagt bereits das Gesetz aus dem Jahr 2012.
Aufgrund des Auslaufens dieser Frist herrscht in der Branche Unruhe. Das ist nicht ganz unverständlich. Denn ausweislich der Informationen der Landesregierung während der Ausschusssitzung vor zwei Wochen gab es damals 725 Betriebe in Hessen, die noch keine neue Erlaubnis hatten. Davon sind 381 vom Verbot der Mehrfachkonzession betroffen. Bei 228 wird der Mindestabstand unterschritten. Deshalb ist die ohnehin anstehende Novellierung dieses Gesetzes eine gute Gelegenheit, für mehr Klarheit zu sorgen.
Der uns vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung tut das auch. Er wird konkret und wird die in den Kommunen sehr unterschiedlich ausgelegten Ausnahmemöglichkeiten streichen. Ich will das anhand ein paar weniger Beispiele klarmachen.
Die Anforderung, von Spielhalle zu Spielhalle einen Mindestabstand von 300 m Luftlinie einzuhalten, wird künftig entschiedener durchgesetzt werden. Eine dazu derzeit geltende Ausnahmeregelung wird sehr viel restriktiver und klarer gefasst werden. Damit wird Rechtssicherheit entstehen.
Unser Ziel ist es, künftig keine Stadtquartiere mehr entstehen zu lassen, die von Spielhallen dominiert und geprägt werden. Ich bin mir ganz sicher, jede und jeder von Ihnen hat sofort ein solches Quartier im Kopf.
Um Einrichtungen, die vorwiegend von Kindern und Jugendlichen besucht werden, z. B. Schulen und Kindergärten, muss künftig sogar ein Mindestabstand von 500 m Luftlinie herrschen. Kinder und Jugendliche sollen auf ihren täglichen Wegen eben nicht den Eindruck gewinnen, dass Spielhallen zum selbstverständlichen Konsumangebot gehören. Sie sollen nicht zu ihrem Alltag werden.
Die Regelungen zum Sozialkonzept, das ein Spielhallenbetreiber entwickeln muss, werden ebenfalls deutlicher gefasst werden. Es wird klargestellt, dass dieses Konzept alle zwei Jahre zu aktualisieren ist.
Die Sperrzeit, in der die Spielhallen geschlossen bleiben müssen, wird für alle Betreiber von 4 Uhr bis 10 Uhr vereinheitlicht. Die Ausnahmemöglichkeiten werden gestrichen. So wird, wiederum zum Schutz der Spielerinnen und Spieler, das sogenannte Spielhallen-Hopping unterbunden.
Auch die Regelungen zur Spielersperre – die Selbstsperre durch den Spieler selbst oder die Fremdsperre – werden deutlicher und funktionstüchtiger gefasst. Natürlich mögen Spielhallenbetreiber keine Sperren. Denn es ist unstrittig so, dass sie mit den Süchtigen auf eine gewisse Art und Weise ihre besten Kunden verlieren. Trotzdem haben sie solche Sperren zu beachten. Schlupflöcher, mit denen man sich um solche Sperren herummogeln kann, müssen, so gut es geht, geschlossen werden.
Bereits an diesen wenigen Beispielen ist erkennbar: Eine vernünftige Regulierung der Spielhallen erfordert detaillierte und passgenaue gesetzliche Regelungen. Wir danken dem Ministerium deshalb für den nach erstem Eindruck gut gelungenen Gesetzentwurf. An diesem Entwurf selbst – wie auch in der bereits begonnenen Diskussion um ihn – wird aber auch deutlich, welche unterschiedlichen Interessen hier aufeinandertreffen. Darauf wurde von beiden Vorrednern auch schon hingewiesen. Das lässt eine durchaus kontroverse und spannende Anhörung erwarten. Ich freue mich darauf. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am gestrigen Tag haben wir in der Debatte über die Respekt-Kampagne der Landesregierung – neben dem Dissens im Hinblick auf die Durchführung – alle betont, wie wichtig angesichts des Tons manch aktueller Diskussionen unsere ganz grundlegenden Werte sind.
Diese Werte, die uns im Innersten zusammenhalten, sind im Grundgesetz, aber auch in der Hessischen Verfassung normiert. Zu ihnen gehören zuvorderst die Unverletzlichkeit der Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Nichts weniger als diese Werte sind es, die von einer kleinen Gruppe infrage gestellt werden, die für sich in Anspruch nimmt, für alle zu sprechen. Sie will übermorgen erneut nach Wiesbaden kommen. Wir freuen uns deshalb sehr, dass sich dagegen wieder ein breites gesellschaftliches Bündnis formiert, dem zahlreiche Verbände und Organisationen, aber auch Mitglieder aller hier vertretenen Parteien angehören. Hessen zeigt Gesicht für eine offene Gesellschaft, für Respekt, Akzeptanz und Vielfalt. Es sagt damit auch: Ihr, die ihr spalten und ausgrenzen wollt, ihr seid nicht alle.
Schon in der Präambel unseres Koalitionsvertrags haben wir formuliert, was für uns trotz aller Differenzen hinsichtlich der einen oder anderen Weltanschauungsfrage, die es unbestreitbar gibt, gemeinsame grundlegende Überzeugung ist. Ich darf zitieren:
Wir erkennen die Vielfalt der Gesellschaft in unserem Land an und wollen den Bürgerinnen und Bürgern in ihrer Unterschiedlichkeit gleiche Chancen bieten.
Weil das so grundlegend ist, leitet uns das selbstverständlich auch hinsichtlich des Umgangs mit Menschen, die irgendwie anders sind, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie sich durch ihre Herkunft, ihre Hautfarbe, ein Handicap oder ihre sexuelle Identität von der Mehrheit unterscheiden. Die Hessische Landesregierung trägt dazu bei, dass alle Menschen in Hessen ein offenes, diskriminierungsfreies und wertschätzendes Leben führen können. Wir werben um die Akzeptanz dieser gesellschaftlichen Vielfalt. Das sind unsere Leitlinien, niedergelegt im Koalitionsvertrag.
Ich freue mich darüber hinaus, dass bei diesem Thema über alle Fraktionen hinweg im Landtag immer wieder klar Stellung bezogen wurde. Zuletzt geschah das bei der Debatte um die behutsame Modernisierung des Lehrplans Sexualerziehung Ende Oktober vergangenen Jahres.
Auch ich habe zu diesem Plan mehrere öffentliche Diskussionen geführt. Entgegen mancher Erwartung verliefen sie wohltuend sachlich. Ich bin da vielen Menschen begegnet, die sich ernsthaft informieren wollten. Nach meiner Erfahrung waren auch beunruhigte Bürgerinnen und Bürger sehr gelassen, nachdem sie einmal gelesen haben, was in dem Lehrplan wirklich steht.
Umso hetzerischer wurden aber die Reaktionen aus den Reihen der Organisatoren der samstäglichen Veranstaltung und ihrer Unterstützer. Da wurde gesagt, die Hessische Landesregierung gehe mit „Brutalität“ gegen Schulkinder und Eltern vor. Es wurde „abartig“ genannt, dass Schülerinnen und Schüler neben der traditionellen, unsere Gesellschaft unstreitig prägenden Familie auch andere Familienformen kennenlernen sollen. Der Hessische Kultusminister Prof. Alexander Lorz wurde öffentlich als „Volksverderber“ bezeichnet.
Wir müssen deshalb deutlich und vernehmbar klarmachen: Ihr wollt Hass nach Hessen tragen, ihr wollt ausgrenzen und spalten. Das erfährt auch in unserem Parlament deutlichen Widerspruch.
Es ist doch kein Zufall, dass bei der Demonstration am 30. Oktober 2016 auch vom Verfassungsschutz beobachtete rechtsextreme Gruppen wie die Identitäre Bewegung oder der sogenannte Dritte Weg dabei waren. Ein bekannter Aktivist der NPD fungierte sogar als Ordner. Daran ändern auch die bemühten verbalen Distanzierungen der Organisatoren nichts.
Natürlich zieht eine Veranstaltung, auf der Homosexualität mit Pädophilie gleichgesetzt wird, auf der die Heilung von Lesben und Schwulen propagiert wird, bei der man alle Menschen, die irgendwie anders sind, ausgrenzen will, genau solche Typen an. Das ist auch gewollt.
Deshalb wird in etwa zwei Wochen, am 17. Mai, dem Internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie, daran erinnert, dass Feindseligkeit, Hass und gewalttätige Angriffe gegenüber Menschen mit anderer sexueller Orientierung nach wie vor an der Tagesordnung sind. Das geschieht anderswo – da muss ich das Stichwort Tschetschenien nennen –, aber auch in Europa und in Deutschland.
Umso wichtiger ist es, dass das Regenbogenfest am Samstag ab 10 Uhr vor dem Kurhaus ein klares, friedliches und buntes Zeichen setzen wird. Ja, Hessen lebt Respekt. Deshalb findet das hier in Wiesbaden und hier in Hessen keinen Nährboden. Ich jedenfalls werde da sein. Ich würde mich freuen, wenn viele andere ebenfalls den Weg finden würden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde, die FDP hat sich für diesen Setzpunkt einen guten Titel überlegt: Wirtschafts- und Industriestandort Hessen stärken. Sie haben einen wirklich guten Titel gewählt, weil dieser Titel genau das beschreibt, was diese Koalition aus CDU und GRÜNEN seit mehr als drei Jahren erfolgreich tut.
Wir stärken den Wirtschafts- und Industriestandort Hessen genau so, wie wir es uns in unserem Koalitionsvertrag vorgenommen haben. Wir erhalten die Leistungsfähigkeit der hessischen Wirtschaft, und wir wahren dabei die Balance zwischen Ökonomie und Ökologie, weil Wirtschaft für uns kein Selbstzweck ist. Genau das unterscheidet die Politik dieser Landesregierung auch vom Verständnis der FDP.
Wir setzen nicht allein auf den Markt. Diese Landesregierung tritt für eine soziale und ökologische Marktwirtschaft ein, die vor allem den Menschen dient, ihren Wohlstand sichert und ausbaut. Uns ist sehr bewusst, dass es eine Vielzahl nationaler und internationaler, kleiner, großer und mittelständischer Unternehmen ist, die Tausende von Menschen in Hessen beschäftigen, denen diese Menschen ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen und mit denen sie sich identifizieren. Wir bedanken uns bei den Unternehmerinnen und Unternehmern, genauso aber bei den Beschäftigten, ohne die die Erfolge der hessischen Wirtschaft nicht möglich wären.
Meine Damen und Herren, wirtschaftliches Geschehen ist stets ein dynamischer Prozess. Wer stehen bleibt, verliert.
Da wir als Landesregierung einen Teil des Rahmens setzen, in dem sich hessische Unternehmen bewegen, ist uns eines besonders wichtig: Wir werden die große kreative Vielfalt und die große Innovationskraft, die daraus erwächst und der wir in Hessen begegnen, weiter gezielt unterstützen, weil wir wissen, dass stetige Dynamik stetige Anpassung erfordert.
Wirtschaftliche Dynamik, der Schutz von Umwelt und Natur, sichere Arbeitsplätze und nachhaltige Produktionsprozesse sind uns gleichermaßen wichtig. Damit setzen wir auf die richtige Balance, weil wir die langen Linien im Blick haben und weil es 2017 ist.
Meine Damen und Herren, heute ist ein sehr guter Zeitpunkt, eine wirtschaftspolitische Zwischenbilanz zu ziehen. Die hessische Arbeitslosenquote im April – bekanntlich heute veröffentlicht – betrug 5,1 %. Erneut liegt sie damit deutlich unter dem westdeutschen Durchschnitt. Gleichzeitig ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in unserem Bundesland erstmals auf über 2,5 Millionen geklettert. Hessen hat also unter Verantwortung eines grünen Wirtschaftsministers die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 26 Jahren und so viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte wie noch nie. Das ist ein echter Grund zur Freude.
Da wir die langen Linien im Blick haben, will ich eine solche Zwischenbilanz in den historischen Zusammenhang stellen, in den sie gehört. Vor 26 Jahren haben wir im Westen der Republik noch die Ausläufer eines Booms erlebt, der durch die Wiedervereinigung und den großen Nachholbedarf im Osten ausgelöst war. Viele Investitionen sind dorthin geflossen, und nur langsam entstanden Unternehmen, die wirklich im Wettbewerb bestehen konnten. Die Investitionen wurden vor allem darauf konzentriert, die Infrastruktur dort instand zu setzen und dem modernen Bedarf anzupassen. Das ist für uns heute deshalb noch relevant, weil ein guter Teil des Nachholbedarfs im Westen genau aus jener Zeit stammt.
Schlagwortartig: die Dotcom-Blase 2000, die rasch eine Bankenkrise nach sich zog, die insbesondere die vier damaligen deutschen Großbanken traf, die Lehman-Pleite 2008 und die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise, von der Deutschland mit seiner Exportorientierung überproportional betroffen war, Hessen insbesondere. Nennen will ich außerdem die Nuklearkatastrophe von Fukushima, die bekanntlich 2011 die Energiepolitik ganz entscheidend verändert hat.
Dieser kleine Rückblick, gemeinsam mit der zuvor genannten äußerst positiven Entwicklung der Beschäftigtenzahlen, zeigt mindestens zweierlei. Erstens sehen wir heute, dass die hessische Wirtschaft trotz ihrer erheblichen Abhängigkeit vom Finanzplatz Frankfurt besser aus den zahlreichen Krisen und Herausforderungen der letzten Jahrzehnte hervorgegangen ist, als dies zu erwarten war, zweitens aber auch, dass der Prozess des strukturellen Wandels gerade erst begonnen hat.
Deshalb ist völlig klar: Ein Zurück in eine vermeintlich heile wirtschafts- und industriepolitische Vergangenheit, wie Sie es in Ihrem Antrag beschreiben, verehrte Kollegin und Kollegen von der FDP, kann und wird es nicht geben.
Deshalb werden wir auch keinen Weg zurück verfolgen, sondern nach vorne blicken. Konkret will ich auf einige wichtige Felder dezidiert eingehen. Besonders beschäftigt uns alle gemeinsam das Megathema der Digitalisierung. Die Veränderung, die die Digitalisierung in allen Bereichen unseres Zusammenlebens mit sich bringt, beschleunigt den Wandel. Sie eröffnet eine Vielzahl neuer Wege der Information und der Kommunikation.
Mit der Strategie „Digitales Hessen“, die Wirtschaftsminister Al-Wazir im vergangenen Jahr vorgestellt hat, hat die Landesregierung die richtigen Maßnahmen beschrieben, um diesem Megathema zu begegnen. Digitalisierte Wirtschaftsprozesse sorgen einerseits zwar dafür, dass wir einen bequemeren und schnelleren Zugang zu einer unüberschaubaren Fülle von Waren und Dienstleistungen erhalten und Industrieprodukte immer stärker auf persönliche Wünsche und Bedürfnisse zugeschnitten werden können.
Aber gleichzeitig verändert die Digitalisierung unser Arbeitsleben und bringt negative Effekte mit sich. Menschliche Arbeitskraft wird durch Maschinen ersetzt. Das ist kein ganz neuer Effekt, aber es geschieht in einem bisher nie da gewesenen Tempo. Manche Berufsbilder verschwinden ganz, und es entstehen neue Arbeitsplätze, die vollkommen neue Fähigkeiten und Kenntnisse voraussetzen. Diese Veränderungen der Arbeitswelt erzeugen Angst und Unsicherheit und sind damit Nährboden für Populismus und Protektionismus.
Dennoch bringt die Digitalisierung wie jeder Strukturwandel Gewinner und Verlierer mit sich. Die Zahl der in Hessen ansässigen Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie wächst. Gleiches gilt für die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Branche und den dort generierten Umsatz.
Ich finde, jedes Land kann sich über Unternehmen aus Branchen freuen, deren Bedeutung wächst. Sie verdienen unsere besondere Beachtung und Förderung.
Die Vernetzung der Wertschöpfungsprozesse über Unternehmensgrenzen hinweg ermöglicht es, stärker auf Just-intime-Produktion zu setzen und so auf Lagerhaltung zu verzichten. Werden Wertschöpfungs- und Lieferketten in diesem Sinne aber optimiert?
Das betrifft vom Rohstofflieferanten bis hin zum Endkunden und darüber hinaus zum Recycling tatsächlich alle. Das spart Ressourcen. Damit sind nicht nur bedeutende ökonomische, sondern eben auch ökologische Gewinne verbunden. Zugleich lautet die umso dringlichere Aufgabe, innovative Lösungen für die Probleme der Lieferwege zu finden. Auch daran arbeitet die Landesregierung.
Ich nenne diese Beispiele, weil sie den Kern unserer wirtschaftspolitischen Agenda als Koalition beschreiben: Ökonomie und Ökologie zu versöhnen, sie als Chance, aber nicht als Widerspruch zu betrachten und mit grünen Ideen schwarze Zahlen zu schreiben.
Damit komme ich zur Energiepolitik. Ich muss schon sagen: Ihre Angst, die Angst der FDP vor Veränderungen,
dringt Ihnen gerade in diesem Bereich seit ein paar Jahren leider aus jeder Pore. Statt nach Fukushima und aufgrund der Klimakatastrophe die Chancen zu nutzen, die im Umbau unserer Energieerzeugung liegen, stemmen Sie sich dagegen, weil Sie auf kleine politische Geländegewinne hoffen.
Der Klimaschutzplan der Landesregierung, den Sie – jedenfalls in Ihrem Antrag – zu einer Art wirtschaftspolitischem „Gott sei bei uns“ stilisieren, wird den Ausstoß schädlicher Klimagase deutlich reduzieren, die negativen Folgen des Klimawandels vermindern und der Wirtschaft neue Möglichkeiten eröffnen. Das liegt im Interesse der gesamten Wirtschaft, gerade aber auch im Interesse der energieintensiven Branchen.
Erst kürzlich war ich bei der Internationalen Sanitär- und Heizungsmesse in Frankfurt zu Gast und habe dort mit vielen Unternehmen gesprochen. Sie setzen auf genau diese Chancen und nutzen sie längst intensiv. Den Weg zurück in die Vergangenheit, den Sie beschreiben, wird niemand mit Ihnen gehen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Meine Damen und Herren, Frankfurt ist der führende Finanzplatz Kontinentaleuropas. Seine Bedeutung wächst noch durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, den wir bedauern. Deshalb kann gerade in Hessen keine wirtschaftspolitische Debatte nur auf die sogenannte Realwirtschaft blicken. Hier bei uns hat die Finanzwirtschaft eine Bedeutung wie in keinem anderen Bundesland.
Der Veränderungsbedarf ist nach wie vor hoch. Der Finanzsektor sendet auch aktuell zahlreiche Alarmsignale aus. Was wir in den letzten Tagen beispielsweise aus der Commerzbank hörten, zeigt genau dies drastisch. Darauf müssen die Banken selbst, aber auch der Finanzplatz insgesamt adäquate Antworten finden. Zum Thema Fintechs und den darin liegenden Chancen haben wir zuletzt schon ausführlich gesprochen.
Wir sehen den nötigen Strukturwandel also nicht in erster Linie als Bedrohung für den Wirtschaftsstandort. Wir betonen vielmehr die Chancen, die in jedem Wandel stecken, und wollen diese Chancen konsequent nutzen. Deshalb ist dieses Bild vom zerbröselnden Jammertal, das jedenfalls im Antrag gezeichnet wird, weit weg von der Realität.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Abschließend, lieber Kollege Florian Rentsch: Sie haben sich entschieden, den Hessischen Landtag und damit auch uns alle, Ihre Kolleginnen und Kollegen, zu verlassen und Vorstandsvorsitzender des Verbands der Sparda-Banken zu werden. Ich will mich ganz ungeachtet aller inhaltlichen und grundsätzlichen Differenzen seitens meiner Fraktion für Ihre engagierte Arbeit für unser Land – sei es hier im Landtag oder in der Landesregierung – bedanken und wünsche Ihnen für Ihre künftige Tätigkeit eine glückliche
Hand, viel Erfolg und persönlich alles Gute für die Zukunft. – Vielen Dank.
Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn wir heute über die Erfolge der hessischen Gesundheitswirtschaft sprechen, möchte ich doch eines voranstellen, weil es meines Erachtens um eine besondere Branche geht. Gerade dieser Wirtschaftssektor erfüllt eine essenzielle Aufgabe. Er trägt zu dem Ziel bei, der Bevölkerung eine verlässliche, flächendeckende und qualitativ hochwertige gesundheitliche Versorgung zur Verfügung zu stellen. Es ist mir wichtig, dieses Ziel noch vor den wirtschaftlichen Erfolgen der Unternehmen zu nennen, sosehr wir uns auch über diese freuen. Denn diese Erfolge sind natürlich auch die Voraussetzung, um das Ziel zu erreichen.
Die Pharmaunternehmen und Hersteller von Medizinprodukten sind eine zentrale Säule der hessischen Wirtschaft. Die industrielle Gesundheitswirtschaft trägt 4,4 % zur gesamten hessischen Wertschöpfung bei. Das ist deutlich mehr als in jedem anderen Bundesland. Das unterstreicht
die Bedeutung dieser Branche, in der mehr als 90.000 Menschen Lohn und Brot finden.
In Hessen besteht durch die Tradition als Chemie- und Pharmaziestandort – Stichwort: Apotheke Europas – und mit unseren bedeutenden Medizintechnikherstellern und großen medizinischen Hochschulen ein ganz herausragender Nährboden für eine florierende Gesundheitswirtschaft. Hinzu kommen die besonders guten Rahmenbedingungen, die die Landesregierung geschaffen hat. Um den Erfolg der Branche zu sichern, sind Forschung und Entwicklung wichtige Voraussetzungen. Deshalb ist es besonders erfreulich, dass mehr als ein Zehntel der Beschäftigten dieser Unternehmen in eben diesen Bereichen arbeitet.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bei aller positiven Entwicklung an dieser Stelle auch sagen: Wir führen diese Debatte heute vor einem konkreten Hintergrund; der Kollege Möller hat es bereits erwähnt. Gestern hat Mundipharma bekannt gegeben, seinen Standort und durchaus auch Traditionssitz in Limburg aufgeben zu wollen. Davon sind mehr als 400 Beschäftigte und ihre Familien betroffen. Es ist deshalb gut und richtig, dass die Stadt und der Wirtschaftsminister im Gespräch darüber sind, wie der Verunsicherung der Betroffenen möglichst schnell entgegengewirkt werden kann.
Die Hersteller von Pharmazeutika und Medizinprodukten stehen aber auch in besonders enger Beziehung zum hessischen Dienstleistungssektor; denn sie beliefern Kliniken, sie beliefern unsere Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken, aber beispielsweise auch Rehabilitationseinrichtungen, die in Hessen mit seinen zahlreichen Kurorten eine besondere Rolle spielen.
Die demografische Entwicklung trägt wesentlich dazu bei, dass die Nachfrage nach Leistungen der Gesundheitswirtschaft steigt. Der medizinische Fortschritt sorgt aber auch dafür, dass immer mehr Menschen ihr Alter bei guter Gesundheit erleben können. Aus meiner Sicht wird viel zu oft nur die Kostenbelastung des Gesundheitswesens in den Fokus genommen. Die Tatsache, dass der medizinische Fortschritt die gesundheitlichen Einschränkungen von immer mehr Menschen reduziert und die Lebenserwartung insgesamt erhöht, bleibt dabei auf der Strecke. Ich finde es wichtig, das an dieser Stelle auch noch einmal zu betonen.
Meine Damen und Herren, wir GRÜNE begrüßen aufgrund der Bedeutung dieser Branche deshalb sehr, dass die unterschiedlichen Akteure, also die Unternehmen, die IG Bergbau, Chemie, Energie, die Akteure aus Wissenschaft und Forschung, aber auch die Hessische Landesregierung, sich in der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen zusammengeschlossen haben. Die kürzlich vorgestellte Studie ist ein weiteres Resultat dieser Zusammenarbeit. Daran lässt sich sehr gut weiter anknüpfen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich den Wünschen des Kollegen Reif, die er zum Schluss geäußert hat, anschließen, möchte aber eingangs sagen, dass der Erfolg dieses Projekts glücklicherweise nicht davon abhängt, ob Herr Lenders und Herr Eckert es mittragen.
Eines der wenig charmanten Urteile, mit denen wir politische Entscheidungsträgerinnen und -träger gerne konfrontiert werden, lautet, Politik sei langsam, entscheidungsschwach und hinke aktuellen Themen hinterher. – Ich finde, die Entwicklung der Region Frankfurt/Rhein-Main zum führenden Fintech-Standort widerlegt das geradezu beispielhaft.
Diese Entwicklung ist nämlich ein hervorragendes Beispiel für schnell und gut vorgenommene Weichenstellungen, die gemeinsam mit wichtigen wirtschaftlichen Akteuren vorbereitet wurden. Herr Minister, ich finde, darauf können Ihre Mitarbeiter und Sie wirklich stolz sein.
Es war vor ziemlich genau einem Jahr, als in der Frankfurter Universität auf Einladung des hessischen Wirtschaftsministers neun Konzepte für ein Fintech-Zentrum in Frankfurt vorgestellt wurden. Das war genau der richtige Schritt, um einen Ort zu schaffen, an dem man die Dienstleister der Finanztechnologie zusammenführen und Freiräume für Gründungen zur Verfügung stellen konnte. Frankfurt als die Stadt in Kontinentaleuropa, die innovative IT-Firmen, forschungsstarke Hochschulen und einen einzigartigen internationalen Bankenplatz beherbergt, verfügt über hervorragende Voraussetzungen.
Wohlgemerkt, diese Weichen wurden zu einer Zeit gestellt, als niemand auf einen Brexit gewettet hätte.
Im vergangenen März hat Staatsminister Al-Wazir im Rahmen seiner umfassenden Regierungserklärung „Digitales Hessen: Intelligent. Vernetzt. Für Alle“ dargelegt, wie die Landesregierung den Wandel durch die Digitalisierung analysiert, welche Chancen, aber auch welche Risiken sie für unser Land und seine Bürgerinnen und Bürger sieht und welche Maßnahmen sie ergreifen will. In der damaligen Debatte wurde neben den Veränderungen, die die Digitalisierung für unser Zusammenleben und unsere Arbeitswelten mit sich bringt, auch bereits auf die Umbrüche im Finanzdienstleistungssektor, der Frankfurt stark prägt, eingegangen.
In den zehn Monaten, die seither vergangen sind, ist viel passiert, und es lohnt sich, die Finanztechnologieanbieter – eben jene Fintechs – heute einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Woher kommt eigentlich ihr Erfolg? Ich glaube, er hat mindestens drei zentrale Ursachen.
Erstens. Die immer intensivere Nutzung der Informationstechnik folgt einem allgemeinen Trend, der natürlich auch vor dem Finanzsektor nicht haltmacht. Zunächst wurden das interne Rechnungswesen und der Zahlungsverkehr zwischen den Geldhäusern automatisiert. Überweisungen auf einem Papierformular mit Durchschlag sind beinahe schon Geschichte. Längst werden zahlreiche Bankgeschäfte online abgewickelt.
Zweitens. Der Druck auf das Bankgewerbe und auf Finanzdienstleister im Allgemeinen ist enorm, und er hat in den letzten Jahren nochmals zugenommen. Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise nach der Lehman-Pleite 2008 hat dazu geführt, dass das Vertrauen in die Banken gesunken ist. Die regulatorischen Anforderungen sind seither aus guten Gründen gestiegen.
Mit der Dresdner Bank ist eine der ehemals drei großen deutschen Geschäftsbanken verschwunden. An der Commerzbank ist die Bundesrepublik Deutschland immer noch mit rund 15 % beteiligt, und die Turbulenzen, in denen sich die Deutsche Bank befindet, sorgen fast wöchentlich für neue sorgenvolle Schlagzeilen.
Nicht zuletzt setzt auch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank die klassischen Geldinstitute unter Druck. Die schrumpfenden Zinsmargen schmälern die Gewinne auch der Genossenschaftsbanken und der Sparkassen. Das klassische Sparbuch kann noch weniger als zuvor mit anderen Geldanlagen konkurrieren. Dennoch ist insbesondere der deutsche Kunde nur selten bereit, in ertragreichere, riskantere Anlagen zu investieren.
Auch aufgrund dieser Faktoren ist es kein Wunder, dass die Zahl der Beschäftigten im Kreditgewerbe Jahr für Jahr sinkt. Zwischen 2000 und 2015 schrumpfte die Zahl der Beschäftigten um 19 %, und dieser Schrumpfungsprozess hält an. Hier haben wir als politisch Verantwortliche auch eine besondere Verantwortung für die Beschäftigten.
All diese Rahmenbedingungen führen zu einem erheblichen Veränderungs- und Erneuerungsdruck. Genau da setzen die Fintechs an. Die Konzentration auf Teile der Dienstleistungen einer klassischen Bank, die dafür aber vergleichsweise einfach per Web oder per App nutzbar sind, und die intensive IT-Nutzung machen die Angebote der Fintechs bequemer und preiswerter.
Ich will das an ein paar Beispielen griffiger machen. Fintechs ermöglichen beispielsweise bequeme, bargeldlose Zahlungsabwicklungen oder das Inkasso von Forderungen. Sie bieten leicht zugängliche Wege, zu sparen, oder die Eröffnung und Verwaltung eines kompletten Wertpapierdepots. Sie dienen der Finanzberatung, oder sie stellen maßgeschneiderte Versicherungslösungen zur Verfügung. Sie sind also in hohem Maße spezialisiert.
Dann stellt sich die Frage: Warum bringt eigentlich der Kunde anonymen Fintechs, die ihm als App oder Webplattform begegnen, Vertrauen entgegen, obwohl es um heikle Geldangelegenheiten geht und schon beim Onlinebanking Angst vor Datenklau und -missbrauch besteht? Eine wesentliche Antwort darauf ist, dass das Verhältnis zwischen den traditionellen Banken und den Kunden seit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise nachhaltig gestört ist. Die Banken sind eben nicht mehr die sichere Alternative. Eine Studie von Ernst & Young aus dem Oktober hat gezeigt, dass im vergangenen Jahr das Vertrauen in die Banken bei 37 % der Deutschen gesunken und nur bei 11 % gestiegen ist. Nur die Hälfte der Befragten bringt der eigenen Hausbank noch volles Vertrauen entgegen. Gerade auf dem Kapitalmarkt aber ist Vertrauen eine zentrale Ressource.
Deshalb ist es aus unserer Sicht notwendig, dass der Staat für einheitliche Wettbewerbsbedingungen sorgt, die eine innovationsfreundliche und ausgewogene Regulierung aller Finanzdienstleistungen umfassen, seien sie analog oder digital. Auch hier kann uns der im neu geschaffenen Tech Quartier in Frankfurt ermöglichte Austausch zwischen Banken, Fintechs und Wissenschaft voranbringen.
In der erwähnten Studie belegt Ernst & Young außerdem, dass immerhin 28 % der Deutschen in den vergangenen zwölf Monaten Finanzprodukte oder -dienstleistungen über das Netz und nicht von einer Bank bezogen haben. International lag dieser Anteil bereits bei 47 %, was nur unterstreicht, wie groß das Potenzial für Fintechs gerade in Deutschland ist. Es gibt in Kontinentaleuropa keinen besseren Ort, um dieses Potenzial zu heben, als den Finanzplatz Frankfurt im Herzen Hessens.
Frankfurt ist der führende Finanzstandort. Hier treffen umfassende Kontakte in die gesamte Finanzbranche mit dem großen Potenzial vieler speziell qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammen. Dass der Austritt Großbritanniens aus der EU die Bedeutung Frankfurts weiter steigern wird, liegt auf der Hand.
Frankfurt ist aber ebenso ein herausragender IT-Standort und nicht umsonst von der Bundesregierung als einer der fünf bundesweiten Digital Hubs ausgewählt worden, natürlich mit dem Schwerpunkt Finanzdienstleistungen und Fintechs. Nicht zuletzt befinden sich in Frankfurt und in der Metropolregion namhafte Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die ihre Schwerpunkte sowohl auf dem Finanzmarkt als auch in der Informationstechnologie setzen. Genau an diesen vorhandenen Stärken wird angesetzt, wenn die Landesregierung gemeinsam mit anderen Akteuren die Rahmenbedingungen für Finanztechnologie weiter verbessert, die Qualitäten des Finanzplatzes noch stärker in das Bewusstsein von Gründerinnen und Gründern rückt und die vielfältigen Fintech-Aktivitäten bündelt.
Fintechs stehen in der Finanzbranche an der Spitze der Innovation. Ihre Rolle ist vielleicht am ehesten vergleichbar mit der Rolle, die der Internethandel vor zehn Jahren in der Handelsbranche hatte: Er hat einen erheblichen Innovationsdruck, aber eben auch einen Verdrängungsdruck ausgelöst. Auch deshalb ist es im eigenen Interesse der Banken, von den Fintechs zu lernen, mit ihnen zu kooperieren und ihr Leistungsangebot für das eigene Geschäft zu nutzen.
Das von ihnen geschaffene Tech Quartier im Pollux ist deshalb im besten Sinne ein Ort der Vernetzung. Es bietet Kontakte, Vermarktungschancen, wissenschaftliches Know-how, aber auch Förderberatung unter einem Dach und ist so ein attraktiver Standort für Fintechs. Gegenwärtig bestehen dort schon 120 Arbeitsplätze. Eine Erweiterung ist bereits in Angriff genommen. Herr Minister, dass es gelungen ist, innerhalb nur eines Jahres eine solche zentrale Anlaufstelle zu schaffen und namhafte Unternehmen der Finanzbranche für ihre Finanzierung zu gewinnen, nötigt nicht nur der „FAZ“ Respekt ab.
Frankfurt bietet also nicht nur bereits gute Rahmenbedingungen für die Finanztechnologien, sondern die Landesregierung sorgt auch dafür, dass diese sich weiter verbessern. Das nutzt den Fintech-Unternehmen ebenso wie den klassischen Banken, und es dient damit der Wirtschaftskraft der gesamten Region. Herr Minister, schreiben Sie diese Erfolgsgeschichte fort. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Jahr 2006 wurde im Zuge der Föderalismusreform die Zuständigkeit für das Gaststättenrecht den Ländern übertragen. Auch im Bundesgaststättengesetz in der damaligen Fassung war die Pflicht zum Vorhalten von Toiletten nicht explizit geregelt. Ich komme damit gleich zum Kern; denn das ist das Thema, das bei diesem Gesetzentwurf alle am meisten zu interessieren scheint. Allerdings waren die Länder damals ermächtigt, Mindestanforderungen an die Ausstattung von Gaststättenräumen zu definieren.
So hat auch die frühere Hessische Gaststättenverordnung die Verpflichtung enthalten, Toiletten bereitzustellen. Als sie 2002 aufgehoben wurde, war man der Ansicht, das sei eine Selbstverständlichkeit und im Interesse jedes Gastwirts, sodass man das nicht anordnen müsse.
Leider hat die Erfahrung seither gezeigt, dass das ein Irrtum war. Es waren insbesondere die Kommunen, die darauf hingewiesen haben, dass gerade kleinere gastronomische Betriebe zunehmend darauf verzichten, Gästetoiletten zur Verfügung zu stellen. Eine Folge sind unzufriedene und irritierte Gäste auf der Suche nach einer Toilette. Eine andere aber ist laut Städtetag das zunehmende Urinieren in der Umgebung solcher Gaststätten zum Ärger der Nachba
rinnen und Nachbarn – das wurde eben angesprochen –, also das sogenannte Wildpinkeln. Dies ist ein Zustand, der im Interesse aller nicht länger fortgeführt werden darf. Deshalb wird mit dem neuen § 39 Abs. 2 der Hessischen Bauordnung für Gaststätten die Pflicht aufgenommen, eine ausreichende Anzahl von Toiletten, und das heißt dann stets, entsprechende Waschräume, bereitzustellen, sofern Alkohol ausgeschenkt wird.
Warum wird dies aber auf Gaststätten beschränkt, die alkoholische Getränke ausschenken?
Im Rahmen der Evaluation des Gesetzes hat sich eben herausgestellt, dass dergleichen Missstände für BäckereiCafés, Imbisse usw. nicht bekannt sind. Aus dem gleichen Grund sind im Übrigen auch Straußwirtschaften oder Straßenfeste in diese Verpflichtung nicht eingeschlossen. Das stieß während der Anhörung vereinzelt auf Kritik. Das wurde eben schon angesprochen. Dennoch haben wir entschieden, die Toilettenpflicht zunächst an den Alkoholausschank zu koppeln, weil die bekannten Probleme eben dort auftreten.
Unisextoiletten sind – auch das haben wir schon in der ersten Lesung diskutiert – in Zukunft ausdrücklich zulässig. Das kann dann bei einer kleinen Kneipe auch heißen, dass eine Toilette, deren Nutzung nicht auf ein Geschlecht beschränkt ist, ausreicht. Ich hatte seinerzeit bereits darauf hingewiesen, dass es sowohl in unseren Nachbarländern als auch in Zügen und Flugzeugen längst akzeptierte Realität ist.
Einem Vorschlag aus der Anhörung kommen wir mit unserem Änderungsantrag gern nach. Dabei geht es um die Gaststätten in den Einkaufszentren. Frau Kollegin Wolff hat dies bereits ausgeführt. Auch diese sollen weiterhin auf zentrale Toilettenanlagen zurückgreifen können.
Jetzt gilt es, zu schauen, ob diese neuen Regelungen das Problem entschärfen oder ob weitere Maßnahmen notwendig sind. Auf St. Pauli und in Mainz werden beispielsweise Häuserfassaden inzwischen mit einem Speziallack behandelt, der dafür sorgt, dass die auftreffende Flüssigkeit von der Wand reflektiert wird. Ob eine nasse Hose statt nasser Wände der Weisheit letzter Schluss ist – na ja.
Jetzt aber genug zu dem Toilettenthema, auch wenn sich die öffentliche Diskussion stark hierauf fokussiert. Der Gesetzentwurf, den wir heute beschließen werden, verfolgt noch ein paar andere Ziele.
So muss künftig die Betriebsart bereits bei der Gewerbeanmeldung, ob es sich z. B. um ein Café, eine Discothek oder eine Bar handelt und ob eine Außenbewirtung stattfindet, angegeben werden. Das erleichtert es den Behörden, einzuschätzen, ob von einer Gaststätte möglicherweise Lärm oder andere Störungen für die Umgebung ausgehen. Künftig kann ein Untersagungsverfahren gegen einen Gaststättenbetreiber auch dann fortgeführt werden, wenn dieser die Gaststätte während des laufenden Verfahrens aufgibt. Das beseitigt ein bisher bestehendes Schlupfloch für manch schwarzes Schaf in diesem Bereich, das sich der Untersagung durch das Schließen einer Gaststätte entzieht, um wenig später eine andere zu eröffnen. Das dient den Gästen, aber eben auch den vielen ordentlichen Wirtinnen und Wirten in unserem Land. Für diese ist es außerdem sehr hilfreich, dass eine Alkohol ausschenkende Gaststätte künftig bereits vor dem Ablauf der sechswöchigen Anzei
gefrist betrieben werden darf, wenn die Zuverlässigkeit des Betreibers durch die Gaststättenbehörde festgestellt wurde. Das erleichtert den Gastwirten das Leben, es ist aber auch ein Beitrag für einen verbesserten Verwaltungsvollzug.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf treten echte Verbesserungen für die Betreiber von Gaststätten, aber auch für ihre Gäste und Nachbarn in Kraft. Deshalb wurde der Gesetzentwurf während der ausführlichen Anhörung weit überwiegend positiv beurteilt. Aktuell hat dies auch der Hotel- und Gaststättenverband noch einmal bekräftigt. Deshalb ist es sehr gut, dass wir heute endlich mit diesem Gesetz zu Potte kommen. Herr Staatsminister, wenn es sich so bewährt, wie wir das gemeinsam erwarten, steht sicherlich auch der Verleihung eines Lokusordens an Sie nichts mehr im Wege. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen über den Einzelplan 07 und damit über Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung. Dieser Bereich ist einer der zentralen Schwerpunkte unserer gemeinsamen Landesregierung. Unsere Wirtschaftspolitik folgt dem Grundsatz, dass Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch sind. Im Gegenteil, gerade gemeinsam sorgen sie für Innovation und für Fortschritt. Wohlstand im Sinne der sozialen Marktwirtschaft zu bewahren und Ressourcen zu schonen geht bei uns Hand in Hand. Genau das bedeutet es, mit grünen Ideen schwarze Zahlen zu schreiben.
Hessen entwickelt sich wirtschaftlich hervorragend.
Wer Herrn Eckert zugehört hat, wird vielleicht gedacht haben, er spricht von einem anderen Land. Aber nein, wir reden von demselben Land. Der Arbeitsmarkt ist in ganz Hessen in hervorragender Verfassung. Die Landesregierung nimmt gerade deshalb besonders diejenigen in den Blick, die davon bisher noch nicht so profitieren können, beispielsweise Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte.
Hessen ist traditionell das Land der Automobilindustrie, der pharmazeutischen Chemie, der Finanzdienstleistungen und der Logistik. In Hessen sind gerade in diesen Branchen große und namhafte Unternehmen tätig. Sie sind wichtig für unser Land, das wie kein anderes exportorientiert ist.
Gleichzeitig arbeiten die allermeisten Menschen in Hessen in Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten. Deshalb ist für uns die Bedeutung der kleinen und der mittelständischen Unternehmen nicht zu unterschätzen. Im Gegenteil, gerade für sie und gerade auch für diejenigen, die vielleicht im Moment im Entstehen begriffen sind – die Gründer –, schaffen wir noch bessere Bedingungen.
Das lässt sich auch ablesen. Das Land Hessen ist im KfWGründungsmonitor 2016 nicht zufällig auf den dritten Platz unter den Bundesländern vorgerückt, sondern es wurden genau die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt. Wir haben passgenau neue Förderprodukte der WIBank geschaffen, durch die sichergestellt wird, dass das Potenzial junger Unternehmen und Gründungen eben nicht mangels Kapital in der Anfangsphase auf der Strecke bleibt. Endlich bringt Hessen sein Potenzial als Gründerstandort besser zur Entfaltung. Das ist ein wichtiger Baustein für mehr Kreativität und für mehr Innovation. Die Mikrodarlehen und die Innovationskredite, die wir geschaffen haben, sind ganz wichtige Instrumente dafür, die in der Verantwortung des grünen Wirtschaftsministers ausgebaut wurden.
Der Megatrend Digitalisierung und der Ausbau der dafür notwendigen Infrastruktur bleiben ganz oben auf unserer Agenda. Wir sind da bereits sehr gut. In den letzten drei Jahren sind wir immer besser geworden, gerade was das Schließen des digitalen Grabens zwischen Ballungsräumen und ländlichen Räumen angeht. Es ist doch kein Zufall, dass sich die drei am besten mit Breitband erschlossenen Landkreise Deutschlands in Hessen befinden. Aber gerade angesichts des Tempos, das die Digitalisierung an den Tag legt, dürfen wir in diesem Punkt nicht nachlassen; denn was gestern eine herausragende Übertragungsgeschwindigkeit war, ist heute schon Durchschnitt und wird morgen veraltet sein.
Der digitale Wandel betrifft aktuell in besonderem Maße den Finanzsektor, der für uns – Frankfurt/Rhein-Main – eine besondere Bedeutung hat. Es sind längst nicht mehr nur die klassischen Großbanken – die wohl immer weniger –, die uns interessieren. Gerade die Fintechs müssen uns in Zukunft interessieren. In der vergangenen Woche hat Minister Al-Wazir das Tech Quartier im Pollux eröffnet. Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Rahmensetzungen in diesem Bereich. Nicht von ungefähr hat die Bundesregierung entschieden, dass Frankfurt der Fintech-Standort ihrer Digital Hub Initiative wird.
Da ich jetzt beim Finanzplatz bin, füge ich an dieser Stelle hinzu: Auch der Hauptsitz der Deutschen Börse ist ein wesentlicher Bestandteil für die weitere Entwicklung des Finanzplatzes Frankfurt. Dass die fixe Idee der Verlagerung auch nach der Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen, noch nicht vom Tisch ist, ist in meinen Augen absurd.
Trotz der positiven Zustandsbeschreibung muss uns Wirtschaftspolitikerinnen und Wirtschaftspolitiker die internationale Entwicklung besondere Sorge bereiten, denn wir leben hier nicht auf einer Insel. Für ein Land wie Hessen, das so stark in das globale Handelsnetz eingebunden ist, sind der erstarkende Nationalismus in Europa und die bevorstehende Isolationspolitik der USA ein hohes Risiko, und es bedarf aller Wachsamkeit in Bezug darauf, was das für die künftige Entwicklung in Hessen bedeutet.
Damit komme ich zum Feld der Energie. Nach dem Atomausstieg ist der Kampf gegen den Klimawandel aus meiner Sicht eine Aufgabe unserer Generation. Früher hat sich die Umweltbewegung auf die Fahnen geschrieben: „global denken – lokal handeln“. In Paris wurde jetzt endlich einmal global gehandelt. Das Klimaabkommen wurde unterzeichnet, und es ist eine Verpflichtung im Interesse der uns
nachfolgenden Generationen, die wir jetzt vor Ort in konkretes Handeln umsetzen müssen. Das heißt: Wir brauchen einen starken Klimaschutzplan für Hessen, der dafür sorgt, dass wir unserer Verantwortung und unserer Verpflichtung nachkommen.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein zentraler Baustein für mehr Klimaschutz; denn wir müssen mittelfristig weg von der Kohle, weg von den fossilen Energieträgern. Mit uns GRÜNEN ist in Hessen endlich richtig Schwung in den Ausbau der erneuerbaren Energien gekommen. Das gilt in besonderem Maße für die mit Abstand effizienteste Form der Erzeugung erneuerbarer Energie. Es ist gut und vorbildlich, dass von den Regionalversammlungen in Nord- und Mittelhessen endsprechende Pläne beschlossen worden sind und dass damit klar ist, wo sich dort die Vorranggebiete befinden. Beide Pläne haben die 2-%-Marke überschritten, die wir auf dem Energiegipfel gemeinsam vereinbart haben. Ich möchte mich ausdrücklich auch bei allen ehrenamtlich in den Regionalversammlungen Tätigen für den häufig schwierigen Abwägungsprozess bedanken; denn sie machen die Energiewende vor Ort konkret.
Meine Damen und Herren, seit wir GRÜNE mitregieren, sind in Hessen 160 neue Windräder errichtet worden. Die Menge des aus Wind erzeugten Stroms konnte um 74 % gesteigert werden. Ja, wir hätten gern mehr, und wir hätten es gern schneller; aber zur Wahrheit gehört leider auch, dass die Bundesregierung durch ihren Umgang mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz Investoren nicht nur massiv verunsichert, sondern Investitionen sogar aktiv abwürgt. Wer so agiert, will dem schmutzigen Kohlestrom eine Abnahmegarantie verschaffen, will aber keine Wende hin zu sauberen erneuerbaren Energien.
Es ist diese Landesregierung, die gemeinsam mit überschaubar vielen anderen für die Energiewende und damit für die Vereinbarungen des Hessischen Energiegipfels von 2011 kämpft. Das ist politische Verantwortung.
Ich will aber auch den Verkehrssektor zumindest kurz streifen. Mit den Lärmobergrenzen wird endlich die letzte große offene Wunde des Mediationsverfahrens behandelt. Niemals zuvor wurde so viel dafür getan, die Lärmbelastungen der Anwohnerinnen und Anwohner aufgrund des für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Bundeslandes so wichtigen Flughafens zu senken, wie seit dem Amtsantritt von Tarek Al-Wazir.
Viel zu lange haben wir aber nur auf den motorisierten Individualverkehr gestarrt, was die Mobilität betrifft, und die Infrastruktur für Bus- und Bahnfahrer, Radfahrer und Fußgänger vernachlässigt. Wir haben dieses Ungleichgewicht endlich beseitigt. Wir setzen eine echte, nachhaltige Mobilitätspolitik um, die die unterschiedlichen Verkehrsträger aktiv vernetzt. Dazu gehört unser Grundsatz „Erhalt vor Neubau“, was die Landesstraßen angeht; denn der Erhalt des Bürgervermögens muss Vorrang haben vor der Neuerrichtung immer neuer Asphaltpisten, die dann wiederum
einen Pflegebedarf nach sich ziehen. Herr Eckert, das ist selbstverständlich eine nachhaltige Verkehrspolitik.
Natürlich schaffen wir auch neue Angebote, gerade im ÖPNV. Das landesweite Schülerticket – es ist bereits angesprochen worden – kommt. Dies wurde gestern verkündet. Es gibt eine Jahresfahrkarte für ganz Hessen; Schülerinnen und Schüler können es für ihren Schulweg, aber eben auch in ihrer Freizeit nutzen. Das erinnert an die Erfolgsgeschichte des Semestertickets vor 20 Jahren. Es ist ein echter Meilenstein.
Schließlich erhalten unsere erfolgreichen Verkehrsverbünde mit der gestern unterzeichneten Finanzierungsvereinbarung bis 2021 die Rekordsumme von 4 Milliarden €. Erstmals seit 15 Jahren sind es wieder originäre Landesmittel. Ohne leistungsfähigen ÖPNV gibt es auch keine Verbesserung bei dem Verkehrsdruck auf den Straßen, insbesondere im Ballungsraum.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Nicht ohne Grund hat der Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbundes die Unterzeichnung dieser Vereinbarung gestern „ein verfrühtes Weihnachtsmärchen“ genannt; denn diese 4 Milliarden € sind 24 % mehr als in der letzten Finanzierungsperiode. Das zeigt, wie wichtig dieser Landesregierung der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs ist. Sie sehen, wir setzen die richtigen Prioritäten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, der hier ansässigen Unternehmen und der uns nachfolgenden Generationen. Das ist im besten Sinne „grün aus Verantwortung“. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir diskutieren einmal mehr in diesem Plenum den Wunsch der Deutschen Börse AG, mit der London Stock Exchange zu fusionieren, auch wenn es eigentlich nicht wirklich neue Fakten gibt. Das hessische Wirtschaftsministerium als Kartellbehörde prüft diesen Wunsch der Deutschen Börse in seiner Funktion als Börsenaufsicht genau so, wie es Recht und Gesetz vorsehen. Aber das gibt uns zumindest Gelegenheit, hier noch einmal zu bekräftigen, wie wir das in diesem Landtag politisch bewerten, was wir in vielen Debatten zuvor eigentlich auch schon getan haben.
Nach wie vor gilt: Betriebswirtschaftlich betrachtet kann eine solche Fusion aus Sicht der Deutschen Börse AG sinnvoll sein. Es ist aber unsere Aufgabe als hessische Landespolitiker nicht, dieses Vorhaben betriebswirtschaftlich zu bewerten, sondern die Interessen unseres Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger zu wahren. Aus unserer Sicht ist eine Fusion mit Hauptsitz in London inakzeptabel. Darüber sind wir uns hier auch einig. Herr Rentsch hat das auch noch einmal ausgeführt. Natürlich ist das erst recht nicht mehr akzeptabel nach dem Votum der Briten für den Austritt aus der Europäischen Union. Es ist eigentlich auch nicht einmal mehr vorstellbar. Die inzwischen von der Börse selbst bekannt gemachten Details zum Arbeitsplatzabbau insbesondere am Standort Frankfurt/Eschborn haben unsere Bedenken seit der letzten Debatte jedenfalls eher bekräftigt als zerstreut.
Wir können es aber im Kern kurz machen. Thomas Schäfer hat klargestellt, wie sein Interview zu verstehen ist. Für uns ist wichtig, dass der Finanzplatz Frankfurt sich weiterentwickeln kann. Die Börse ist dafür ein wichtiger und zentraler Baustein. Wir erwarten von der Deutschen Börse auch, ihrer Verantwortung für den Finanzplatz insgesamt gerecht zu werden. Das muss auch im Interesse des Unternehmens liegen. Denn auch für die Börse gilt: An Hessen führt kein Weg vorbei.
Auf nichts anderes hat der Finanzminister Dr. Thomas Schäfer hingewiesen. Wir können das offensichtlich hier nicht oft genug bekräftigen. Jetzt haben wir es heute zum Ende der Plenarwoche noch einmal getan. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Landesregierung aus CDU und GRÜNEN hat sich zum Ziel gesetzt, den Finanzplatz Frankfurt zu einem der führenden Standorte für IT-getriebene Start-ups im Finanzsektor, sogenannte Fintechs, zu machen.
Die in diesem Bereich entstandene und weiter wachsende Dynamik muss hier, am führenden kontinentaleuropäischen Finanzplatz, gefördert und genutzt werden, um Frankfurt/Rhein-Main zu Deutschlands Fintech-Zentrum zu machen. Dafür stellen wir die richtigen Weichen.
Unsere heutige Aktuelle Stunde knüpft damit unmittelbar an die Regierungserklärung von Staatsminister Al-Wazir zum Megathema Digitalisierung an. Denn natürlich macht die Digitalisierung auch vor den Wertschöpfungsketten der Finanzbranche nicht halt. Im Gegenteil, gerade hier zeigt sich, welche Innovationskräfte und Chancen sie freisetzt, wenn wir sie richtig nutzen und auch gegenüber den Herausforderungen und Risiken nicht blind sind.
Fintechs sind Unternehmen, die Finanzdienstleistungen mit den technischen Möglichkeiten der digitalen Revolution verschmelzen. Für Deutschland ist bisher der digitale Zahlungsverkehr das größte Marktsegment. Das reicht vom Bezahlen per Smartphone über die Fotoüberweisung bis hin zu Apps, mit denen der Zahlungsverkehr direkt abgewickelt werden kann.
Zum Geschäftsfeld der Fintechs gehören auch Crowdfunding- und Crowdinvesting-Plattformen, mit deren Hilfe viele kleinere Investoren gesucht werden können, um ein konkretes Projekt zu finanzieren. Schließlich haben sich inzwischen auch automatische Anlagenberatungen und Vermögensgeschäfte etabliert.
Der Schub der Fintechs ist in den letzten Jahren auch dadurch befördert worden, dass inzwischen die Abwicklung von Onlinebanking und anderen Finanzdienstleistungen über das Netz eine Selbstverständlichkeit ist; und auch das aufgrund der Finanzkrise erschütterte Vertrauen in die Banken hat den Fintechs genutzt.
Gleichzeitig gilt aber auch: Gerade weil die meisten jungen Fintechs noch nicht profitabel und überwiegend auf die Zusammenarbeit mit Banken angewiesen sind, liegt darin eine große Chance für die etablierten Institute. Fintechs fördern den Wettbewerb. Sie tragen zur Diversifizierung des Finanzsektors und damit auch zu einer stabileren Kreditlandschaft bei.
Beispielsweise kooperiert die Deutsche Kreditbank längst mit dem Fintech Cookies zur Abwicklung von Kleinüberweisungen mittels Smartphone – und zwar ohne PIN- und TAN-Nummern, wie man sie heute noch benötigt.
Die Schweizer Postbank – das hört sich im ersten Moment schon im doppelten Sinne nach einem eher konservativen Finanzdienstleister an – setzt auf die deutsche FintechPlattform moneymeets, über die sich ihre Kunden einen Überblick über ihre Konten, Fonds und Versicherungspolicen verschaffen können. – Sie sehen, viele haben sich bereits auf den Weg gemacht.
Selbstverständlich stellt sich auch hier die Frage der Regulierung. Derzeit ist nämlich nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, ob bestimmte Fintechs nur der Gewerbeaufsicht unterliegen oder ob sie eine Erlaubnis der BaFin benötigen.
Deshalb kommt es für den Gesetzgeber darauf an, gleichzeitig angemessenen Verbraucherschutz und fairen Wettbewerb zu gewährleisten, ohne dass der Regulierungswahn Innovationskraft und Dynamik der Fintechs abwürgt. Als das Land, das den Finanzplatz Frankfurt beherbergt, sollten wir uns in diese Debatte aktiv einbringen. – Meine Damen und Herren, Minister Al-Wazir tut das auch bereits.
Investitionen in deutsche Fintechs haben sich in den letzten Jahren vervielfacht. Waren es im Jahr 2013 noch rund 80 Millionen €, so stieg diese Summe im Jahr 2014 auf 220 Millionen €. Im letzten Jahr waren es bereits rund 580 Millionen €, die in Fintechs investiert wurden.
Die französische Regierung hat im vergangenen Jahr eine Fintech-Offensive gestartet. Also auch im Wettbewerb mit den europäischen Partnerländern haben wir keine Zeit zu verlieren. Der Aufbau des Existenzgründerzentrums in Frankfurt ist dafür ein weiterer wichtiger Schritt. Die WIBank hat mit dem Innovationskredit Hessen jetzt auch ein geeignetes Förderprodukt für innovative und schnell wachsende Unternehmen und Gründungen in ihrem Portfolio. Das sind wichtige Bausteine zum genau richtigen Zeitpunkt.
Denn auch die großen Geschäftsbanken investieren in dieses Segment. Beispielsweise unterstützt der Main-Incubator der Commerzbank seit dem Jahr 2014 Startups mit Beteiligungskapital, Know-how und Büroräumen. Die Deutsche Bank will noch in diesem Jahr eine Digitalfabrik mit 400 Expertinnen und Experten in Frankfurt starten, und die Deutsche Börse hat im April ein Fintech-Zentrum eröffnet und will auch eine eigene Investitionsplattform schaffen, um in Fintechs investieren zu können.
Das alles ist doch kein Zufall. Hier in Hessen, in Frankfurt/ Rhein-Main verfügen wir über eine herausragende Infrastruktur, über ausgezeichnete Hochschulen, über einen traditionellen und gleichzeitig innovativen Finanz- und – das ist mir in diesen Tagen besonders wichtig zu betonen – auch einen etablierten Börsenhandelsplatz.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.
Damit existieren hier die besten Voraussetzungen für die Ansiedlung erfolgreicher Fintech-Unternehmen. Es ist sehr gut, dass die Landesregierung diesen Schatz hebt. Wir werden sie dabei nach Kräften unterstützen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es war am 17. Mai 1990, dass die Weltgesundheitsorganisation Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel und damit deren Definition als psychische Erkrankung gestrichen hat. Der 17. Mai jedes Jahres wurde deshalb zum internationalen Tag gegen Homophobie erklärt. An diesem Tag wird daran erinnert, dass die Diskriminierung von homo-, bi- und transsexuellen Menschen immer noch Alltag ist, in anderen Ländern und Kulturkreisen, aber auch in Europa und in Deutschland.
Für uns ist das Anlass, das Thema auch hier im Landtag aufzurufen. Es geht bei Homophobie keineswegs um die Angst vor Homosexuellen. Längst umfasst der Begriff Feindseligkeit, Hass und sogar gewalttätige Angriffe gegenüber Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten. Leider ist das bis heute an der Tagesordnung. Wir müssen alles dafür tun, diese wieder wachsenden Tendenzen entschieden zu bekämpfen und sie zu ächten.
In dieser Verantwortung sind wir auch, weil in unserem eigenen Land zwischen 1933 und 1945 eine fünfstellige Zahl schwuler Männer aufgrund ihrer Homosexualität verfolgt wurde, an ihnen Kastrationen und andere abscheuliche medizinische Versuche durchgeführt wurden und viele von ihnen ermordet wurden. Auch nach der Nazizeit waren schwule Männer weiterer Verfolgung ausgesetzt. Der von den Nazis verschärfte § 175 des Strafgesetzbuchs blieb bis 1969 in Kraft. 50.000 Männer wurden Opfer dieses Paragrafen. Sie wurden verfolgt, drangsaliert und verurteilt, weil sie sind, wie sie sind.
Die Geschichte des 97-jährigen Frankfurters Wolfgang Lauinger, der vergangene Woche hier im Landtag zu Gast war und der aufgrund der Vermutung, ein „175er“ zu sein, sieben Monate in Untersuchungshaft saß, gibt ein eindrückliches Beispiel: Wolfgang Lauinger wurde 1950 von einem schon bei den Nazis tätigen Staatsanwalt eingesperrt, der als Beweis Gestapo-Akten aus der NS-Zeit heranzog. Es schmerzt uns heute, dass das in der jungen BRD möglich war. Aber wahr ist, dieser § 175 war von Beginn an mit Art. 1 unseres Grundgesetzes unvereinbar;
denn nicht die Würde des heterosexuellen Menschen ist unantastbar, sondern die Würde des Menschen ist unantastbar. Ich will deshalb bei dieser Gelegenheit auch allen Fraktionen nochmals ausdrücklich dafür danken, dass wir uns 2012 und 2013 einstimmig bei den Opfern dieses Unrechts entschuldigt und die Aufarbeitung ihrer Schicksale beschlossen haben. In diesem Haushaltsjahr stehen auch die Mittel für Ausstellungen und Dokumentationen zur Verfügung. Staatssekretär Dreiseitel hat den Auftrag dafür ausgeschrieben. Wir kommen dem Ziel endlich näher.
Ich will aber auch der hessischen Justizministerin, Eva Kühne-Hörmann, danken, die im vergangenen Jahr die Vorlage eines Rehabilitierungs- und Entschädigungsgesetzes vorgeschlagen und das auch in der Justizministerkonferenz der Länder eingefordert hat. Das scheint nun nach Jahren der Prüfung endlich auch bei der Bundesregierung zu fruchten; denn vergangene Woche hat der Bundesjustizminister angekündigt, ein solches Gesetz vorzulegen. Das ist ausdrücklich richtig, es ist überfällig, und wir begrüßen das.
Es kommt jetzt aber auch darauf an, zügig zu liefern. Die Zeit heilt nämlich keineswegs alle Wunden, und die Zahl der Männer, denen wir noch zu Lebzeiten ihre Würde zurückgeben können, nimmt stetig ab. Jede weitere Hängepartie in dieser Frage wäre unmenschlich.
Meine Damen und Herren, der 17. Mai mahnt, auch in der Gegenwart wachsam zu sein. Der teilweise tief verwurzelte Hass gegenüber Homosexuellen lebt fort. Die Gleichsetzung von Homosexualität mit Pädophilie, der Gedanke, Homosexualität heilen zu wollen, die Ausgrenzung von Menschen, die irgendwie anders sind: Das nimmt im Gefolge der rechtsextremistischen Hetzerinnen und Hetzer der AfD wieder zu – manches ganz unmittelbar, was die Stimmung angeht, aber auch mittelbar, weil das dumpfe Gefühl von „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ wieder um sich greift und Minderheiten bevorzugt zum Gegenstand des Hasses werden. Wir Lesben, Bisexuelle und Schwule genauso wie diejenigen mit abweichenden geschlechtlichen Identitäten sind aufgrund unserer historischen Erfahrung, wohin das führen kann, besonders hellhörig und nicht von ungefähr von Beginn an Teil des Widerstands gegen diese Partei – wehret den Anfängen.
Auch in Zukunft haben wir das eine oder andere zu tun, um diesen Tag vielleicht irgendwann überflüssig zu machen. Beispielsweise brauchen wir in Deutschland endlich auch ein zeitgemäßes Transsexuellengesetz. Wir GRÜNE wollen die Öffnung der Ehe und das Ende des Adoptionsverbots. Wir kämpfen weiter für die vollständige Gleichstellung; denn alles andere ist Diskriminierung.
Vielfalt ist Chance und Bereicherung – keine Bedrohung. Auch viele gesellschaftliche Institutionen und Unternehmen haben das längst begriffen. Unsere Koalition bekennt sich zu Akzeptanz und Vielfalt. Wir treten gegen jede Form der Diskriminierung ein, und wir ergreifen konkrete Maßnahmen, wie den Aktionsplan und die Förderung von Antidiskriminierungsprojekten. Der 17. Mai ist jedes Jahr einer der Tage, der uns daran erinnert, warum das so wichtig ist. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In Hessen purzeln die Rekorde: Nachdem bereits 2014 ein neuer Höchststand erreicht war, wurden im vergangenen Jahr erstmals über 32 Millionen Übernachtungen gezählt. Wenn wir auf die letzten zehn Jahre schauen, dann stellen wir fest, die Übernachtungszahlen sind seit 2005 um mehr als 30 % gestiegen. Das sind sehr gute Daten für das hessische Gastgewerbe. Sie belegen, dass Hessen als touristische Destination stetig attraktiver wird, und sie zeigen auch, dass Hessen ein gastfreundliches Land ist.
Die tourismuspolitischen Trends der letzten Jahre bilden sich natürlich auch bei uns in Hessen ab: Die Zahl der Kurzreisen und der Tagesbesucher steigt, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer unserer Gäste ist nämlich innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte von 3,2 auf 2,2 Tage gesunken.
Natürlich ist es so, Herr Lenders, dass dieser Trend insbesondere den Städten zugutekommt. Das ist nicht nur in Hessen so, sondern im ganzen Bundesgebiet, übrigens auch in Europa insgesamt zu beobachten.
Mehr als ein Viertel aller Übernachtungen in Hessen findet in Frankfurt statt. Unsere Metropole verfügt inzwischen mit über 45.000 Betten in 265 Hotels über einen neuen Rekord. In den nächsten Jahren sollen dort nochmals 4.000 Betten hinzukommen. Es sind dabei gerade die internationalen Touristinnen und Touristen, deren Anteil besonders steigt. Frau Kollegin Wolff hat bereits auf den wachsenden Anteil der US-amerikanischen Gäste hingewiesen. Es sind aber auch aufstrebende Volkswirtschaften wie China, Indien oder die Staaten des Nahen Ostens, die wichtige Quellmärkte sind.
2013 entfielen beispielsweise 17,6 % aller Übernachtungen durch chinesische Urlauber oder Geschäftsreisende in Deutschland auf Hessen. Deshalb ist es gut und richtig, dass die Landesregierung durch gezielte Informationen, beispielsweise für chinesische Reisende, einen besonderen Schwerpunkt setzt. Es war eine kluge Entscheidung, durch eine chinesischsprachige Webseite touristische Informationen in und über Hessen zu bündeln.
Gerade im Bereich Tourismus ist es wichtig, immer am Puls der Zeit zu bleiben; denn Hessen ist kein klassisches Tourismusland, wie es die Bundesländer an den Küsten oder in der Alpenregion sind. Es gehört dann schon zur Wahrheit, zu sagen: Nicht jede hessische Region, so schön wir sie auch finden mögen, verfügt durch besondere oder
gar einzigartige Landschaftsbilder oder kulturhistorische Besonderheiten über großes touristisches Potenzial.
Dennoch ist es inzwischen gelungen, touristische Marken zu etablieren, z. B. die Grimmheimat Nordhessen, die eine beispielhafte Kooperation verschiedener Landkreise, der Stadt Kassel und der Industrie- und Handelskammern ist.
Solche Destinationsverbünde sind gerade für die ländlichen Räume der richtige Weg. Daran müssen wir anknüpfen, auch über die Landesgrenzen hinweg.
Denn die Zuwächse konzentrieren sich tatsächlich zunehmend auf die Ballungszentren. Bei der Vorlage unseres tourismuspolitischen Konzepts im Jahr 2012 haben wir die Frage gestellt: Ist Hessen zu nah, um schön zu sein? – Ein Stück weit stellt sich diese Frage weiterhin. Denn wenn wir über Tourismus sprechen, dann ist es wichtig, uns immer vor Augen zu führen, dass die Steigerung der touristischen Attraktivität einer Region immer auch eine Steigerung der Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner mit sich bringt.
Da besteht weiteres Potenzial, beispielsweise im Bereich Wellness- und Medizintourismus – Stichwort: ehemalige Kurorte –, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Mit der Möglichkeit, eine Tourismusabgabe zu erheben, haben wir den Kommunen neue Möglichkeiten der Finanzierung eingeräumt.
Frau Schott, an der Stelle will ich auf einen Aspekt eingehen, den Sie genannt haben. Sie haben über die Kanu-Anlegestellen gesprochen. Wahrscheinlich gibt es niemanden hier im Raum, der größeres Interesse an guten Kanu-Anlegestellen hat als Staatsminister Al-Wazir. Der ist nämlich beim Einstieg an einer solchen schon einmal gekentert und in der Werra gelandet. Von daher wird er darauf bestimmt ein besonderes Augenmerk legen.
Gleichzeitig stehen in vielen Restaurants und Beherbergungsbetrieben Unternehmensnachfolgen an. Der DEHOGA ist da mit einer beispielhaften Initiative unterwegs. Wir sollten darüber sprechen, dass es auch darauf ankommt, das Arbeiten im Tourismus attraktiver zu machen.
Wir haben gehört, über 200.000 Arbeitsplätze hängen direkt oder indirekt vom Tourismus ab. Das ist ein wichtiger Faktor, und zwar gerade auch, weil die Ausbildungsqualität von heute die Servicequalität von morgen ist.
Meine Damen und Herren, am Freitag setzt die Internationale Tourismusbörse mit dem Tag des barrierefreien Tourismus einen wichtigen Schwerpunkt. Für etwa 10 % der Bevölkerung ist eine barrierefrei zugängliche Umwelt zwingend erforderlich, für rund 35 % notwendig und für uns alle in jedem Fall komfortabel. Deshalb ist der Schwerpunkt, den auch die Landesregierung beim Thema Barrierefreiheit setzt, genau der richtige.