Peter Lennert
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Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Kollege Roland von Hunnius, ich bin froh, dass Sie betont haben, dass die Landesregierung ordentlich informiert. Denn in der Begründung zu dem Gesetzentwurf steht unter „D.Alternativen“, dass die Abgeordneten des Hessischen Landtags in Fragen der Europäischen Union weiterhin unzureichend informiert würden. – Ich bin froh, dass Sie das korrigiert haben, was hier schriftlich niedergelegt ist.
Ich betone noch einmal, dass die Landesregierung regelmäßig im Europaausschuss ausführlich informiert und dass die Fragen zeitnah und umfassend beantwortet werden. Ich konnte auch den Protokollen der gesamten 16. Wahlperiode keine Beschwerden über eine unzureichende oder späte Information entnehmen.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus ist kaum ein Dokumentenportal im Internet so aktuell, übersichtlich und genau wie das der europäischen Institutionen.Abgeordnete, Fraktionen und ihre Mitarbeiter sollten also selbst in der Lage sein, sich regelmäßig direkt zugängliche Informationen zu beschaffen und deren Bedeutung für das Land Hessen zu analysieren.
Was im Landtag behandelt wird und wozu er Stellung bezieht, unterliegt ohnehin der Entscheidung der Abgeordneten. Es ist unnötig, dass die Landesregierung – ich zitiere aus § 1 des Entwurfs – „dem Landtag Gelegenheit zur Stellungnahme“ gibt.
Wenn Abgeordnete und Fraktionen der Meinung sind, dass es Vorgänge in der Europäischen Union gibt, die die Interessen des Landes berühren oder gar die Subsidiarität verletzen, kann der Landtag die Beratung der Angelegenheit jederzeit an sich ziehen, notwendige Beschlüsse fassen und seine Forderungen artikulieren.
Es mag zwar einfacher sein, sich per Gesetz der Zwangszuarbeit der Landesregierung zu versichern. Schließlich kann aber den Abgeordneten niemand die Entscheidung abnehmen, welche Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union für das Land Hessen von erheblicher Bedeutung sind und „wesentliche Interessen des Landes unmittelbar berühren“, wie es im Gesetzentwurf der FDP formuliert ist.
Dies lässt sich nur ungenau definieren – Sie haben es selbst gesagt –, sodass beim vorliegenden Gesetzentwurf der Streit über die Beurteilung vorprogrammiert ist, über was informiert wird und über was nicht.
Meine Fraktion ist der Meinung, dass dieses Gesetz über die Information des Landtags in Angelegenheiten der Europäischen Union an der Wirklichkeit vorbeigeht und für die parlamentarische Arbeit nicht zwingend ist. Ich zitiere hier den Staatsmann und Philosophen Montesquieu: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen.
Meine Damen und Herren, wir verschließen uns aber nicht weiteren Argumenten im Ausschuss, und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache mir ein bisschen Sorgen um das Selbstverständnis des Landtags,wenn ich höre, dass wir nicht in der Lage sind, mitzureden, nur weil wir meinen, dass uns die Landesregierung nicht ausreichend informieren könnte. Das war der Tenor der letzten Redebeiträge.
Ich denke, es ist wesentlich, dass wir Abgeordneten eine Infrastruktur haben – und wenn wir sie nicht haben, sie schaffen –, dass wir selbst sagen und bestimmen, wie wir informiert werden wollen, und dass wir selbst diese Informationen an der Quelle requirieren, sie nicht gefiltert von irgendjemandem bekommen. Nie, auch 1995 nicht, waren die technischen Möglichkeiten dazu so umfangreich, so gut und organisatorisch so ausgeklügelt wie heute. Ich habe vorhin in meiner Rede darauf hingewiesen.
Deshalb appelliere ich noch einmal an das Selbstverständnis und das Selbstbewusstsein des Landtags.Wir sollten sagen:Wir informieren uns direkt, wir schaffen uns die Infrastruktur, und dann haben wir die Informationen und können sie analysieren und bestimmen, wie wir sie verwenden wollen. – Danke schön.
Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung der Personalvermittlungsstelle?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das vereinigte Europa ist 50. Gratulation und herzlichen Glückwunsch.
Das europäische Einigungswerk brachte 50 Jahre Stabilität, Frieden und wirtschaftlichen Wohlstand – ein Wunder, das zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Da fällt es kaum noch auf, wie steinig der Weg bis dahin war. Die
Vision eines einigen Europa ist für die Gründungsväter Wirklichkeit geworden.
Vor einem halben Jahrhundert war das noch undenkbar. Der Zweite Weltkrieg war ein grausames Inferno. Europa lag danach in Schutt und Asche. Der bislang größte Krieg der Geschichte forderte 60 Millionen Menschenleben.Als mein Großvater und mein Vater in meinem Alter waren, hatten sie bei erheblichem Leid und großer Not zwei Weltkriege als Frontsoldaten überlebt, ihre Familien hatten den Bombenhagel – bis zu zweimal täglich! – überlebt.
Wenn auch die Feierlichkeiten zu „50 Jahre EU“ überschaubar sind, so bieten sie doch Anlass zur Freude und zum Gedenken. Um den Frieden dauerhaft zu sichern, musste wirtschaftlich und politisch ein Zusammenschluss aller europäischen Staaten hergestellt werden. Die Persönlichkeiten, die dies in Angriff genommen haben – ich nenne hier bewusst keine Namen –, haben meine Generation und die nachfolgenden Generationen in Europa bis heute davor bewahrt,einen Krieg erleiden zu müssen.Das erfüllt mich, Jahrgang 1949, mit Anerkennung und tiefer Dankbarkeit.
Meine Damen und Herren, das Wort Dank kommt von Denken.Denken wir daran,dass in der jungen Geschichte Europas der Friede nie selbstverständlich war und ist. Denken wir daran, dass wir im Kalten Krieg und wiederholt kurz vor einem heißen Krieg standen. Ich erinnere an die Berlinblockade, den Bau der Mauer, an den Einmarsch der Sowjetunion in Ungarn und in die Tschechoslowakei. Ich erinnere an die Kubakrise.
Auch wenn das vermeintlich weit weg war, sind sich die Historiker einig, dass wir knapp an einem Atomkrieg vorbeigeschrammt sind.Auch die Stellvertreterkriege, z. B. in Korea und Vietnam, standen zeitweise hart am Rand der Eskalation. Ich darf außerdem an den Krieg auf dem Balkan und das Leid der Menschen erinnern. Mit den Folgen dieses Krieges war auch unser Petitionsausschuss befasst, und unsere Kolleginnen und Kollegen haben die Lage vor Ort in Augenschein genommen.
Wie zerbrechlich und kostbar Friede und Freiheit auch heute sind, macht der Silvesterbrief eines jungen Bundeswehrsoldaten aus dem Odenwald deutlich, der in Afghanistan stationiert ist. Ich zitiere:
Feuerwerk konnten wir leider keines machen. Ab 17 Uhr, wenn es dunkel ist, sind wir angehalten, im Freien nur Rotlicht zu benutzen, die Fenster zu verdunkeln und die Türen geschlossen zu halten, damit das Lager von den Bergen, die es umgeben, nicht zu erkennen ist.
Ich füge hinzu: weil sie sonst fürchten müssen, mit Raketen beschossen zu werden.
Meine Damen und Herren, mit den Römischen Verträgen, die am 25. März 1957 geschlossen wurden, wurde auf dem Grundstein der Montanunion das Fundament für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gelegt. Montanunion und EWG fusionierten am 1. Juli 1967 mit der damals ebenfalls gegründeten EURATOM zur EG, zur Europäischen Gemeinschaft.
Die deutsche Einheit und der Fall der Mauer bedeuteten auch das Ende der Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg und eine neue Schubkraft im europäischen Integrationsprozess. So gelang 1992 im niederländischen
Maastricht der große Wurf, die Gründung der Europäischen Union.
Die EU baut auf drei Grundpfeilern auf: auf dem gemeinsamen Markt, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie auf der verstärkten Kooperation in den Bereichen Justiz und Inneres.
Heute wohnen 480 Millionen Menschen in 27 Mitgliedstaaten unter dem Dach der Europäischen Union. Die Regionen in der EU bilden eine Einheit in Vielfalt der Kulturen. Die Vielfalt im Brauchtum und in der Lebensart einer Regionen gilt es zu bewahren, damit die Menschen dort Heimat fühlen.Sich als europäischer Bürger zu fühlen heißt nämlich, in der Europäischen Union eine Heimat zu haben.
Am europäischen Haus haben auch alle Hessischen Landesregierungen mitgebaut. Über fast drei Jahrzehnte wurden Partnerschaften eingegangen und gepflegt. Die gemeinsame Arbeit und Interessenvertretung der Aquitaine, der Emilia-Romagna und der Wojewodschaft Wielkopolska im Gebäude der Vertretung des Landes Hessens gelten in Brüssel als Vorzeigemodell.
Meine Damen und Herren, an dem Haus Europa haben wir alle zusammen gebaut, und wir haben ein großes Interesse daran, dieses weiterhin zu tun. Darüber herrscht Einigkeit. Unser Land ist nicht nur der geografische Mittelpunkt der Europäischen Union, sondern der europäische Gedanke muss auch ein Stück weit in das Zentrum des Denkens, des Handelns und der Herzen von uns Hessen rücken.
Ich frage die Landesregierung:
Wann und an welche Behörde können Anträge zur Unterstützung aus dem EU-Globalisierungsfonds (EGF) – z. B. für Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche, für Unternehmensgründungen, für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer – gestellt werden?
Ich frage die Landesregierung:
Wird sie den im Grünbuch zu Anwendungen der Satellitennavigation (Neue Wege zur Nutzung von Galileo) angekündigten Wettbewerb für junge Erfinder unterstützen, mit dem innovative Ideen zur Nutzung von Satellitennavigationstechniken und -diensten gefördert werden?
Herr Staatsminister, kann man etwas darüber in Erfahrung bringen, ob es bei diesem Wettbewerb irgendwelche Altersgrenzen für junge Erfinder gibt?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle werden als Volksvertreter immer wieder in unseren Veranstaltungen gefragt, was uns Europa eigentlich bringt. Frau Hoffmann hat es angesprochen. Herr von Hunnius hat es angesprochen. Ich greife auf, was die Bundeskanzlerin im Kern ihrer Regierungserklärung zur deutschen Ratspräsidentschaft als Begründung genannt hat:
Selbst wenn uns Europa nicht mehr gebracht hätte als jahrzehntelangen Frieden für unser Land und in Europa selbst, dann hätte sich der europäische Integrationsprozess längst gelohnt.
Frau Hoffmann, Sie haben gesagt: Das ist für unsere jungen Leute zu selbstverständlich. – Ich bin froh, dass Kollege von Hunnius
noch einmal deutlich gemacht hat, dass für unsere Jugendlichen möglicherweise ein Bildungsdefizit auch aus der Geschichte heraus besteht, das aufgearbeitet werden muss.
Aber zu meiner persönlichen Wahrnehmung aus der Erfahrung im Umfeld unserer drei Kinder kann ich nur sagen, dass das für unsere Jugendlichen nicht selbstverständlich ist, und erst recht jetzt nicht, wo deren Kameraden und Kameradinnen in die Welt hinausgehen, um mit Waffen Frieden zu schaffen. Es wird darüber gesprochen, was Friede wert ist.
Für unsere jungen Leute wird plötzlich wieder konkret, was für mich mehr als 50 Jahre nicht der Fall war: dass wir in der Welt aus Deutschland heraus, aus Europa heraus mit Waffen agieren.Aus dieser Selbstverständlichkeit heraus, wie Sie sie angesprochen haben, wird das nicht diskutiert, sondern die Jugendlichen sagen schon, was der Friede wert ist. Sie sind auch bereit, anzunehmen, was Gründe und Ideen für Frieden sind.
Roland von Hunnius hat die frühen Diskussionen angesprochen, wie nach einem fürchterlichen Weltkrieg Friede in Europa geschaffen wurde.Er hat Jean Monnet genannt, der eine Art Zeugmeister für Frankreich und dafür verantwortlich war, dass Kriegsmaterial zur Verfügung stand. Jean Monnet hatte die Überzeugung, dass für Kriegsführung Stahl und Kohle gebraucht werden. Daraus kam seine zündende Idee, die er seinem Freund Robert Schuman vorgetragen hat: Wir müssen die Verfügbarkeit über Kohle und Stahl gemeinsam haben und so mit ganz Praktischem den Frieden sichern.
Wenn Sie das den Jugendlichen heute auf diesen Veranstaltungen sagen, dann geht denen der Seifensieder auf, dass aus dieser Geschichte und diesen Ideen, die ganz praktisch sind, Friede entsteht. Sie sind bereit, in die Diskussion um diese praktischen Friedensdinge einzusteigen – auch wieder in einem neuen Europa, das sie in Zukunft selbst gestalten müssen.
Wir erleben immer wieder, dass diese großen Dinge von der Bevölkerung in Deutschland, in Hessen akzeptiert werden – diese Werte, die Europa mit sich bringt –, dass aber die Europaverdrossenheit, wie wir sie immer wieder finden, von den konkreten kleinen Dingen kommt: ob wirklich eine neue Steuer kommt, ob wir unsere gewohnten Lebensmittel weiter haben. Ich erinnere mich an die Bierdiskussion. Wir werden die Diskussion unter Umständen bei unserem Kulturgetränk Wein – es ist ein jahrtausendealtes Kulturgetränk – in der Zukunft haben.
Das ist das, was auch in der Regierungserklärung unseres Ministers ganz deutlich angesprochen werden muss,damit die Menschen in Hessen das Vertrauen haben: Diese Regierung kümmert sich darum, dass wir weiterhin in Hessen gut leben können, dass wir mit dem umgehen können, was wir kennen, was unsere Errungenschaften sind, und dass uns nicht etwas aufgedrückt wird, womit wir nichts anfangen können, bzw. dass unsere Errungenschaften in eine Ecke gesteckt werden, wo wir sie nicht haben wollen.
Herr Häusling, ich finde nicht gut, was Sie abgeliefert haben. Sie haben zunächst die üblichen Floskeln, wie man sie von einer Opposition erwartet, als Kritik abgeliefert. Da, wo Sie konkret geworden sind, gibt es diverse Beispiele dafür, dass man das auch anders sagen kann. Sie haben beispielsweise FFH und Natura 2000 angesprochen.
Auch hier ist Vertrauensverlust in der Bevölkerung – Herr von Hunnius ist darauf eingegangen – –
Das ist doch völlig egal. Lieber Herr Häusling, die Ausführung ist doch wichtig. Sie sind doch Landwirt.
Sie haben damit kein Problem.Vielleicht waren Sie noch nicht richtig betroffen.
Sie sind – hier wird das gerade gesagt – Edellandwirt. Ich kann nur sagen: Denken Sie einmal darüber nach: Ein Landwirt hat ein Stück Acker, hat diesen gepflegt. Dieser Acker wurde seit Generationen in der Familie gepflegt. Er wurde naturverträglich mit der Umgebung gepflegt, sodass daraus ein Biotop geworden ist, ein Areal, das das Prädikat FFH nach sich zieht. Dann steht er plötzlich vor der Situation, dass irgendwelche schlauen Leute, die noch nie etwas damit zu tun hatten, kommen und sagen: So, jetzt machen wir aus deinem Acker, wo du dafür gesorgt hast, dass das jetzt ein Biotop geworden ist, ein Naturschutzgebiet, und du darfst nicht mehr darauf wirtschaften, wie du es bisher getan hast.
Es ist doch klar, dass daraus Misstrauen
das ist doch Käse, was Sie da sagen – und die entsprechende Regierungs- und Europaverdrossenheit entstehen. Deswegen ist es gut, wenn die Hessische Landesregierung, in Person des hessischen Europaministers, darauf hinwirkt,dass für die Hessen klar wird:Hier kümmert sich die Landesregierung darum, dass das, was in Europa beschlossen wird, auch für Hessen verträglich und vor allem im Wettbewerb ordentlich abgehandelt wird.
Dazu gehört auch, dass wir durch die ständige Erweiterung natürlich immer wieder fürchten mussten, dass wir ost- und südosteuropäische Länder integrieren, die dann unseren Arbeitsmarkt überschwemmen. Wer das schon einmal erlebt hat: Auf Großbaustellen hören Sie sämtliche osteuropäischen Dialekte, aber kein Deutsch mehr. Da brauchen wir uns auch nicht zu wundern, dass dadurch Misstrauen und Verdrossenheit entstehen.
Aber wir müssen den Menschen auch sagen:Wenn sich jemand vor dem Wettbewerb aus Rumänien oder Bulgarien fürchtet, so ist das erst eine Art Auftakt. Der eigentliche Wettbewerb kommt erst noch auf uns zu, und zwar durch die Konkurrenz mit China, Indien und dem unterschätzten südamerikanischen Kontinent.
Innerhalb der EU haben wir eine Möglichkeit, uns fit zu machen, uns für die Globalisierung zu wappnen und diese Herausforderung der Globalisierung anzunehmen. Globalisierung ist eine Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist und der wir uns stellen müssen. Dies müssen wir uns immer wieder bewusst machen. Die beste Antwort auf die Globalisierung war und ist die Schaffung eines großen europäischen Binnenmarktes mit fast 500 Millionen Ein
wohnern und eine koordinierte europäische Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik.
Europa ist für Deutschland keine Bedrohung,sondern die Antwort auf den weltweiten Wettbewerb. Europa ist in erster Linie nicht Risiko, sondern Chance für unser Land. Das wurde in der Regierungserklärung deutlich.
Der Binnenmarkt stellt gewissermaßen ein Fitnessprogramm für diese Herausforderung dar.
Lieber Herr Kaufmann, Ihr Sprecher hat sich doch sogar beschwert, der Minister habe zu sehr über Wirtschaft gesprochen; jetzt drehen Sie es doch nicht wieder um.
Ich wiederhole: Der Binnenmarkt stellt gewissermaßen ein Fitnessprogramm für diese Herausforderungen dar. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, in Deutschland mehr über neue Chancen zu reden statt nur über Risiken. Um die Herausforderungen der Globalisierung zu bewältigen, braucht Hessen Europa.
Wir müssen sehen, wo wir stehen.Vergleicht man Hessen nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft mit den Mitgliedstaaten der EU,so liegt unser Land deutlich höher als elf Mitgliedstaaten und etwa gleichauf mit acht Mitgliedstaaten. Hessen ist also im Reigen der 27 Mitgliedstaaten immerhin mindestens 19 anderen Mitgliedstaaten ebenbürtig.
Das wirtschaftliche Herz Hessens, die europäische Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main, Einzugsgebiet des Frankfurter Flughafens, erstreckt sich über Teile der drei Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und Bayern mit den Kernstädten Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Aschaffenburg und den beiden Landeshauptstädten Mainz und Wiesbaden.
Die Region ist durch eine Vielzahl von Organisationen mit regionalen Aufgaben geprägt, die sich auf verschiedene räumliche Bereiche beziehen und vielfältig miteinander verbunden sind. Die Vertretung der Metropolregion erfolgt durch den Planungsverband Ballungsraum Frankfurt. Das heißt, hier ist ein direkter Einfluss möglich.
Außerdem ist Hessen durch Staatsvertrag an der europäischen Metropolregion Rhein-Neckar beteiligt, mit dem Kreis Bergstraße und den Städten Worms, Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg. Der Mittelpunkt der Europäischen Union liegt in unserem Land – das ist mehrfach angesprochen worden. In Hessen liegt nicht nur das geografische Zentrum Europas, sondern Hessen bildet in der Vernetzung mit seinen Nachbarn einen wichtigen wirtschaftlichen und kulturellen Knotenpunkt.
Meine Damen und Herren, da muss uns auch klar sein, dass wir das erhalten und im Wettbewerb dafür sorgen müssen, dass wir angemessen aufgestellt sind. Da müssen wir auch abwehren können – und das tut die Hessische
Landesregierung –, wenn Dinge kommen, die uns im Wettbewerb schädigen.
Da kann ich nur nochmals die Emission der Kraftfahrzeugflotte pro Kilometer Fahrleistung ansprechen. Meine Damen und Herren, wenn sich Europa darum kümmert, wie viel jedes einzelne Fahrzeug emittieren kann, dann können wir das nicht als richtig empfinden.
Das ist natürlich für unsere Konkurrenten in Europa und letztlich auch in der Welt ein Wettbewerbsvorteil. Denn wer baut in Europa noch große Autos? Das sind doch wir in Deutschland. Wir leben davon sehr gut, dass wir die in die ganze Welt exportieren.
Wir müssen uns doch einmal klarmachen, dass es nicht richtig sein kann, uns vorzuwerfen, auf diesem Sektor zu viel zu emittieren, sondern man muss deutlich machen, dass wir unsere Emissionen insgesamt reduzieren müssen, okay;
aber man darf das nicht für bestimmte Autos festsetzen. Vielmehr müssen wir die Freiheit haben, insgesamt zu entscheiden, wo wir in unseren Grenzen emittieren und wo nicht. Natürlich müssen wir insgesamt die Regularien der EU einhalten. Aber wir dürfen nicht in dieses KleinKlein gehen. Da finde ich es auch richtig, dass der Minister das anspricht und deutlich macht, dass sich die hessische Wirtschaft – und letztlich auch die deutsche Wirtschaft – in der Europapolitik hier auf uns verlassen kann.
Wir nehmen die Herausforderungen der Globalisierung durch eine nachhaltige und solide Haushaltspolitik an, durch eine Wirtschaftspolitik zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung und durch eine Arbeitsmarktpolitik, die neue Chancen eröffnet.
Wir nehmen die Herausforderungen der Wissensgesellschaft durch eine neue Schul-, Hochschul- und Innovationspolitik an, die unser Land an die Spitze führt.
Wir nehmen die Herausforderungen der demografischen Entwicklung durch eine gute Politik für Kinder und Familien an, durch eine Politik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, durch eine wirksame Integrationspolitik und durch eine Sozialpolitik, die den demografischen Wandel und das Älterwerden als Chancen begreift.
Meine Damen und Herren, wir Hessen sind erfolgreich. Wir fühlen uns hier wohl. Wir lieben unsere Heimat und unsere Bräuche. Aus diesem Bewusstsein der Stärke und der Geborgenheit heraus wollen wir in Europa unseren Beitrag leisten, aber auch unsere Interessen vertreten.
Es ist normal und selbstverständlich, dass die Hessische Landesregierung darauf hinweist. Ebenso ist es selbstverständlich, dass die Landesregierung daraus den Auftrag für ihr europäisches Auftreten und Handeln ableitet. Es muss darauf geachtet werden, dass die Mitwirkungsrechte der Länder nicht eingeschränkt werden und dass in Europa das Subsidiaritätsprinzip gilt.
In diesem Sinne müssen auch unsere Landesvertretungen in Brüssel und Berlin eine wirksame Vorfeldbeobachtung und Einflussnahme bei der europäischen Rechtsetzung übernehmen.Wir müssen unsere Interessen auch im AdR vertreten.
Meine Damen und Herren, die Regierungserklärung durch Herrn Staatsminister Volker Hoff hat deutlich gemacht, dass wir in allen Punkten gut aufgestellt sind. Das 365-Tage-Programm erklärt in allen Einzelheiten,welches unsere aktuellen Standpunkte der Europapolitik sind, wo derzeit eventuell Probleme liegen – vor allem aber, wo Chancen wahrzunehmen sind und wo wir in einigen Punkten hin wollen. Ob Wirtschaft, Forschung und Technologie, Landwirtschaft und Weinbau, Umwelt und Naturschutz, Inneres, Justiz und Migration, Soziales und Gesundheit und nicht zuletzt das Flughafensystem Frankfurt – alles sehr konkret dargelegt. Die Hausaufgaben sind gemacht, und ich bin überzeugt, die Pläne werden auch durchgeführt werden.
Bei allen Themenbereichen können wir sicher sein, dass die europäische Komponente der hessischen Politik durch die Hessische Landesregierung dazu genutzt wird, Schaden von uns zu wenden und den Nutzen des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger in Europa zu mehren.
Die Europapolitik der Hessischen Landesregierung ist bei Staatsminister Volker Hoff in guten Händen. – Ich danke Ihnen.
Wie bewertet die Landesregierung die aktuellen Entwicklungen um die Europäische Verordnung zur Registrierung, Evaluation und Autorisierung von Chemikalien und deren Auswirkungen auf Hessen?
Die Einflussnahme der Landesregierung war auf allen Ebenen sehr deutlich, gerade beim Ausschuss der Regionen und durch direkte Gespräche in der Landesvertretung mit der Kommission und über das Parlament. Das hat Hessen schätzungsweise
Arbeitsplätze gekostet – – gebracht,
also erhalten. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, weiterhin Einfluss zu nehmen, um weitere Verbesserungen zu erreichen? Reicht dazu der Zeitrahmen aus?
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Europäische Union hat sich als das erfolgreichste Friedensprojekt in der Geschichte Europas erwiesen.
Sie hat die Aussöhnung der Völker in Westeuropa gebracht. Sie hat den Grundstein für einen einzigartigen wirtschaftlichen Aufschwung gelegt.
Die europäische Einigung bietet die große Chance, die europäische Wertegemeinschaft zu festigen und in der Welt von morgen zu behaupten. Das Europa der heutigen EU wird im Jahr 2010 nur noch 5 % der Gesamtbevölkerung der Welt ausmachen. Schon das zeigt, wie wichtig es ist, als Europäer zusammenzustehen. Dies ist notwendig, um auch in Zukunft im globalen Wettbewerb, insbesondere mit Amerika und dem pazifischen Raum, zu bestehen. Zur europäischen Einigung gibt es daher keine vertretbare politische Alternative.
Sie ist der Schlüssel zu dauerhaftem Frieden, Freiheit und Wohlstand auf unserem Kontinent. Schlimm ist es daher, dass mit wiederholten nationalen Alleingängen, der mutwilligen Schwächung des europäischen Wachstums- und Stabilitätspakts und einseitiger Parteinahme im Europäi
schen Rat Rot-Grün Europa gespalten und dessen Glaubwürdigkeit beschädigt hat.
Dies sind mit Gründe dafür, dass sich die Europäische Union in einer tiefen Krise befindet. Sie wurde in der Ablehnung des europäischen Verfassungsvertrags in Frankreich und den Niederlanden und dem Scheitern des letzten Gipfels sichtbar. Zwar gibt der Ausgang des Referendums in Luxemburg wieder ein wenig Auftrieb für die Ratifizierung des europäischen Verfassungsvertrags, aber der knappe Ausgang in einem Land, das große Vorteile aus der Mitgliedschaft in der Gemeinschaft gezogen hat, kann nicht befriedigen.Wir brauchen daher eine Europapolitik, die verloren gegangenes Vertrauen in die europäische Friedens- und Integrationspolitik zurückgewinnt.
Wir wollen das Europa der Bürger stärken, die deutsche Europapolitik auf den Weg des fairen Miteinanders von größeren und kleineren Staaten zurückführen und den Menschen auf unserem Kontinent wieder Hoffnung für ihre Zukunft geben.
Wir wollen, dass die europäische Politik wieder auf Vertrauen stößt und so die Unterstützung der Menschen findet. Die CDU sieht daher in der aktuellen Krise Europas die Chance für einen neuen Weg des politischen Miteinanders zwischen Institutionen und Bürgern. Dies wird allerdings nicht mit einem so genannten europäischen Gesellschaftsmodell gelingen. Der Ruf nach einer einheitlichen europäischen Beschäftigungs-, Steuer- und Sozialpolitik entspringt nicht selten dem Wunsch, die politische Verantwortung auf Europa abzuschieben, um notwendigen Reformen im eigenen Land entgehen zu können.
Meine Damen und Herren, nein, die Ursachen beispielsweise von Arbeitslosigkeit sind primär in den jeweiligen Mitgliedstaaten zu suchen und können auch nur dort Erfolg versprechend bekämpft werden. Der EU kann hier nur eine unterstützende Aufgabe zukommen. Sie darf nicht zum Alibi für mangelnden Reformwillen in den Mitgliedstaaten werden. Die politische und wirtschaftliche Stabilität der Europäischen Union hängt ausschließlich von der Stabilität seiner Mitgliedstaaten, insbesondere auch von Deutschland ab, dem bevölkerungsreichsten und meines Erachtens chancenreichsten Land der Gemeinschaft.
Wir brauchen in Deutschland wieder eine Politik der Klarheit und der Verlässlichkeit, um diese Chancen zu nutzen.
Viele europäische Nachbarn sind nur deshalb erfolgreicher als wir,weil ihre Regierungen die Weichen anders gestellt haben. Wir sind überzeugt, dass in Deutschland die Wende zum Besseren möglich ist. Unser Ziel dabei ist
nicht die bessere Verteilung des Mangels, nein, meine Damen und Herren, unser Ziel ist die Rückkehr zu mehr Beschäftigung, Wachstum und Sicherheit, und auf diesen Weg wird die CDU unser Land wieder zurückbringen.
Die Globalisierung verschärft den Wettbewerb innerhalb und außerhalb der Europäischen Union. Europa als Ganzes, Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen stehen in diesem Wettbewerb. Kapital, meine Damen und Herren, ist mobil. Standorte sind austauschbar. In einem vereinten Europa müssen die Regionen und Städte gezielt ihre Stärken ausgestalten und sich international positionieren. Der Ausbau der Flughäfen und Straßen in Hessen unterstützt dies ebenso wie die Umsetzung des Ballungsraumgesetzes, meine Damen und Herren.
Marktwirtschaft und Subsidiarität sind Zwillinge. In der Vielfalt der Unternehmen der Regionen und der Städte liegt die Chance für Innovation durch Wettbewerb, die Chance für ein kreatives Milieu,in dem sich immer wieder bessere Lösung entwickeln und am Markt durchsetzen.
Benchmarking, „best practice“ and „learning from the better of the best“,
das sind die Begriffe, die Methoden, die uns europäisch und global wettbewerbsfähig machen.
In diesem europäischen Verbund sind Regionen und Städte fit für die globale Liga. Das ist das Anliegen der CDU, und dafür arbeiten wir.
Gerade hier im Rhein-Main-Gebiet möchte ich deutlich machen: Die Zukunftssicherung einer Region und der Menschen in dieser Region erfolgt nicht durch Brüssel und auch nicht in Berlin.
Die Verantwortung für die Zukunft liegt in der Region selbst.Es ist nicht der Staat,der Bürgerbeteiligung schafft. Es ist nicht der Staat, der Wirtschaftswachstum erzeugt. Es ist nicht der Staat, der Arbeitsplätze zur Verfügung stellt. Es sind ganz wesentlich die lokalen Entscheidungsträger und die lokalen Unternehmer. Für sie schaffen wir Rahmenbedingungen,die Eigenverantwortung und Kreativität belohnen und so wirtschaftlichen Erfolg und Lebensqualität für alle Bürger möglich machen.
Die europäische Führung muss sich auf die Schwerpunkte der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Währungs- und Wirtschaftspolitik konzentrieren. Nicht jedes Problem in Europa ist auch eine Aufgabe für Europa.
Die Aufgabenfülle der Europäischen Union muss auf das Notwendigste beschränkt werden. Das Subsidiaritätsprinzip muss Maßstab für das Handeln der europäischen Institutionen sein. Dazu gehört eine klare Abgrenzung der
Zuständigkeiten zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen.
Europäische Rechtsetzungsakte müssen besser auf ihre Notwendigkeit und ihre Folgen für Bürger,Wirtschaft und Verwaltung geprüft werden. Die europäische Chemikalienrichtlinie oder jüngst eine 42 Seiten umfassende Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor natürlichen Quellen optischer Strahlung – gemeint ist die Sonne – sind abschreckende Beispiele, wie die Kommission, über die gute Absicht hinausschießend, Arbeitsplätze gefährdet bzw. den Bürgern Mündigkeit und Eigenverantwortung Stück für Stück entzieht.
Meine Damen und Herren, Europa und seine Mitgliedstaaten stehen vor großen Herausforderungen. Sie belegen die Notwendigkeit für eine starke, handlungsfähige Europäische Union.
Ich wiederhole: Das bedeutet jedoch nicht, dass die Europäische Union für nahezu alle Politikfelder zuständig sein müsste. So geht der europäische Vertrag denn auch vom Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung aus, d. h. von Hoheitsübertragungen der Mitgliedstaaten auf die EU nur in ganz bestimmten Bereichen. Der Verfassungsvertrag bedeutet für die erweiterte Union einen deutlichen Fortschritt. Die Ratifizierung muss daher weitergehen. Das Verharren bei dem Vertrag von Nizza wäre ein folgenschwerer Rückschritt. Die deutsche Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 muss die Voraussetzungen schaffen, die den Ratifizierungsprozess bis spätestens 2007 erfolgreich beenden.Auf alle Fälle müssen die wichtigen Elemente des Verfassungsvertrags zum Tragen kommen.
Meine Damen und Herren, der Verfassungsvertrag bringt uns weiter nach dem europäischen Motto:Einigkeit in der Vielfalt. Es ist besser geeignet als andere Entwürfe. Ein Amerikaner wie Jeremy Rifkin hat in seinem Buch „The European Dream“ Europa als überlegenes Zukunftsmodell beschrieben. Arbeiten wir alle zusammen, dass der europäische Traum Wirklichkeit wird.
Denken wir alle daran, dass „more power of the regions“, mehr Einfluss der Regionen, die Grundlage dieser europäischen Wirklichkeit ist, weil nur so die Bürgerinnen und Bürger ihre ganz persönliche Heimat und Geborgenheit in Europa wieder finden und sich nur so wohl fühlen und unsere Politik unterstützen.– Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Walter, Sie haben sehr laut gesprochen.
Gut, das ist Ansichtssache.
Ich denke, Sie haben sich bei Ihrer Rede gar nicht so recht wohl gefühlt,
weil Sie so geredet haben, wie Sie normalerweise nicht reden. Ich glaube, Sie haben ein bisschen gespürt, dass Sie im Glashaus sitzen und dass es geklirrt hat. Ich empfinde Ihre Rede, gelinde gesagt, als eine ausgemachte Unverschämtheit, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Sie stellen sich hier vorne hin und reden über Ihren Antrag, über dem steht: „Antrag der Fraktion der SPD betreffend seriöse Finanz- und Steuerpolitik“.
Was ist denn mit Ihrer seriösen Finanz- und Steuerpolitik? Glauben Sie wirklich, dass Sie draußen im Land noch jemand ernst nimmt?
Woher kommt denn das Elend, dass alle öffentlichen Haushalte notleidend sind? Weshalb brechen uns denn die Einnahmen weg? Weshalb sind wir denn bei den Steuereinnahmen auf den Stand von 1998 zurückgefallen?
Weshalb haben wir denn 5 Millionen registrierte Arbeitslose in Deutschland und noch einmal dieselbe Größenordnung von nicht registrierten? Darunter leiden wir doch nicht deswegen, weil BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Genossen eine seriöse Finanz- und Wirtschaftspolitik machen.
Doch nicht, weil Investoren Vertrauen zu Gerhard Schröder und Hans Eichel hätten.Nein,meine Damen und Herren, die rot-grüne Bundesregierung ist für die größte Ka
pitalabwanderung, seit es diese Bundesrepublik gibt, verantwortlich.
Sie ist dafür verantwortlich, dass nicht mehr genügend investiert wird.Sie ist dafür verantwortlich,dass die Binnenwirtschaft lahmt.
Und wer gestern Nachrichten im Fernsehen geschaut hat, hat das ganz aktuelle Resultat gesehen: AEG steht vor dem Aus. Siemens verramscht eines seiner einstigen Flaggschiffe und verkauft die Produktion der Mobiltelefone an BenQ. Die Menschen im Land sind verunsichert. Die Leute schränken ihren Konsum ein. Sie sparen vor Angst. Sie vergrößern ihren Notgroschen, weil sie noch schlechtere Zeiten erwarten. Sie glauben nicht mehr an die Zahlen von Hans Eichel.
Sie haben durchschaut, dass er anders redet, als er handelt. Ich zitiere:
Unserer Kinder wegen, der sozialen Gerechtigkeit wegen und der Handlungsfähigkeit des Staates heute und in Zukunft wegen müssen wir heraus aus der Schuldenfalle.
So Hans Eichel.
Hehre Worte, meine Damen und Herren. Die Realität sieht dagegen verheerend aus. Nach der Zeitung des Bundes der Steuerzahler ist der Bundesfinanzminister der größte Schuldenmacher aller Zeiten.
Zum Beispiel sollte eigentlich im Jahr 2002 die Neuverschuldung im Bundeshaushalt 21,1 Milliarden c betragen.
Meine Damen und Herren, es wurden 32 Milliarden c. 2003 sollten die neuen Schulden 15,5 Milliarden c betragen. Die wurden erst auf 18,9 Milliarden c und dann auf das Doppelte, also 37,8 Milliarden c, und schließlich auf 42 Milliarden c nach oben korrigiert.
2004 sollte die Neuverschuldung ursprünglich 10,2 Milliarden c betragen.
Gelandet ist sie bei 43,7 Milliarden c, und 2005 werden auch rund 40 Milliarden c erwartet.
Rot-Grün lähmt das Land.
Alle Jahre wieder sieht sich die Bundesregierung gezwungen, ihre ursprünglich ohnehin zu niedrigen Wachstumsprognosen nach unten zu korrigieren. Auch die leichte Aufwärtsbewegung im ersten Quartal vermag nicht über die Stagnation der Binnenwirtschaft hinwegzutäuschen. Sie wird für Deutschland zum Dauerzustand.
Zum fünften Mal in Folge sehen sich die Steuerschätzer gezwungen, die Vorausschätzungen von Finanzminister Eichel drastisch zurückzunehmen.
Stets wird die rot-grüne Schönfärberei durch die harte Realität widerlegt. Deutschland gerät immer tiefer in die Schuldenfalle. Nach der jüngsten Steuerschätzung wird 2005 zum vierten Mal hintereinander der Europäische Stabilitätspakt im Bundeshaushalt verletzt.
Und was schlimm ist, meine Damen und Herren:
Die internationale Glaubwürdigkeit der deutschen Finanzpolitik ist dahin.
Meine Damen und Herren, es wäre doch geradezu aberwitzig, wenn diese Finanz- und Wirtschaftspolitik an den Ländern und Kommunen spurlos vorüberginge. Hessen ist doch keine Insel. Nein, Hessen liegt mitten in Deutschland. Wir leiden unter dieser Bundesregierung und deren miserabler Wirtschaftspolitik.
Wie alle öffentlichen Haushalte stehen auch wir seit Jahren vor fast unüberwindlichen Finanzproblemen. Aber aufgrund seiner Wirtschaftskraft steht Hessen in seinem Elend noch vergleichsweise gut da.
Das haben wir zu einem guten Teil unserem Finanzminister Karlheinz Weimar zu verdanken.Das muss hier einmal lobend gesagt werden.
Ich weiß, dass Sie das nicht ertragen können. Lachen Sie weiter, aber es ist das Lachen des Unvermögens. Herr AlWazir, es ist schlicht eine Unverschämtheit, wie Sie das in diesem Hause behandeln.
Von den Flächenländern hat Hessen die höchsten Steuereinnahmen pro Einwohner. Ich stelle fest: Wo die CDU regiert, geht es den Leuten eben besser.
Aber leider zahlen wir auch den höchsten Beitrag in den Länderfinanzausgleich. Das wirft uns auf den zehnten Platz zurück. Das haben wir Hessen nicht verdient, meine Damen und Herren.
Der Länderfinanzausgleich hat sich mehr und mehr zu einem leistungsfeindlichen System entwickelt, das die Transferempfänger besser als die Leistungsträger stellt.
Mit Start der CDU/FDP-Regierung in Hessen haben wir bis zum Jahr 2004 13,4 Milliarden c in den Länderfinanzausgleich eingezahlt. In derselben Zeitspanne betrug die Nettokreditaufnahme 8 Milliarden c. Ginge es im Länderfinanzausgleich einigermaßen gerecht zu, hätten wir diese Schulden nicht machen müssen. Da aber die Transferempfänger in der Mehrheit sind, d. h. diejenigen, die abzocken, ist das nicht zu ändern. Der Ministerpräsident hat es versucht.
So aber haben wir in diesem Haushaltsjahr nach Länderfinanzausgleich Steuermindereinnahmen in Höhe von voraussichtlich 330 Millionen c. Das errechnet sich aus dem Ergebnis des Arbeitskreises Steuerschätzungen mit prognostizierten Steuermindereinnahmen von 5 Milliarden c, übrigens eine neuerliche Bankrotterklärung für die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.
Mit der aktuellen Haushaltssperre hat Herr Finanzminister Karlheinz Weimar die Notbremse gezogen. Dies war richtig, um noch vorhandene Einsparpotenziale im Haushaltsvollzug des Landes zu sichern.
Allerdings kann man von der Haushaltssperre keine Wunder mehr erwarten, schließlich wurde mit der „Operation sichere Zukunft“ bereits im vergangenen Jahr das größte Sparprogramm aller Bundesländer auf den Weg gebracht.
Wir konnten den Haushalt 2004 um mehr als 1 Milliarde c entlasten. Die auf Dauer angelegte Entlastung durch diese „Operation sichere Zukunft“ – ich weiß, das mögen Sie nicht hören –
beträgt für zukünftige Haushalte über 500 Millionen c, Jahr für Jahr. Hätte die Landesregierung die „Operation sichere Zukunft“ nicht so konsequent gegen den Widerstand übrigens der Opposition durchgesetzt, wäre Hessen in einer weitaus schlimmeren Lage. Das ist seriöse Finanzpolitik, meine Damen und Herren.
Weiter muss festgestellt werden, dass mit der „Operation sichere Zukunft“ die Spar- und Konsolidierungsmöglichkeiten eines Bundeslandes erschöpft sind. Einerseits sind Sparbemühungen richtig und wichtig, andererseits muss man darauf achten, dass Chancen, die sich nur heute bieten, nicht verpasst werden.
Unser Ziel ist daher, die möglichen Einsparpotenziale im Landeshaushalt auszuschöpfen, ohne gleichzeitig die Zukunftschancen des Landes Hessen und seiner Bürger nachhaltig zu beeinträchtigen. Dazu gehört auch, dass die Strukturen in Hessen modernisiert werden. Behörden und Ämter sind bereits neu strukturiert und konzentriert. Diese Landesregierung ist dabei, die größte strukturelle Modernisierung umzusetzen,die je ein Bundesland in Angriff genommen hat.
Sie ist jetzt schon so erfolgreich, dass viele andere Bundesländer dem hessischen Beispiel folgen und unseren Weg ebenfalls beschreiten wollen.
Es muss also da investiert werden, wo es für unsere Zukunft nötig ist.
Es muss da gespart werden, wo immer es möglich ist.Was daher nicht geht, ist die von der Opposition geforderte umfassende und lückenlose Haushaltssperre. Nein, Hessen muss so aufgestellt werden, dass wir unsere Spitzenpositionen ausbauen können, wenn Schröder und Eichel weg sind und die Menschen und die Wirtschaft wieder Vertrauen in eine Bundesregierung setzen können.
Der von Finanzminister Weimar angekündigte Nachtragshaushalt 2005 wird dies berücksichtigen. Es ist doch Quatsch, diesen Nachtragshaushalt vor der Sommerpause einzufordern.
Wenn es notwendig ist. Das hängt doch von den Steuerschätzungen ab. Das hat der Finanzminister ganz deutlich gemacht. Einen Nachtragshaushalt braucht man, wenn hier wiederum eine Bankrotterklärung aus Berlin ankommt, die Steuerschätzungen wieder aus dem Ruder laufen und dann natürlich korrigiert werden muss. Dann brauchen wir einen Nachtragshaushalt.
Vor der Sommerpause haben wir vermutlich nicht einmal die Zahlen für das zweite Quartal. Die Anträge der Opposition, eine Haushaltssperre auszusprechen und einen
Nachtragshaushalt vorzulegen, waren und sind daher überflüssig – glauben Sie es mir – und kamen ohnehin nach dem Beschluss des Ministers.
Nachdem also die Bundesregierung einen erneuten Offenbarungseid leisten musste, hat Staatsminister Weimar rechtzeitig und umfassend die notwendigen Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Darüber hinaus müssen Maßnahmen zügig vorangetrieben werden, die durch Vereinfachung der Erhebung und weniger Bürokratie zu Mehreinnahmen führen. Vorbildlich ist in diesem Zusammenhang der Vorschlag des hessischen Finanzministers zur Gründung einer so genannten Taskforce auf Bundesebene. Dies ist eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Länder. Ihre besondere Aufgabe wird es sein, Steuerschlupflöcher und überbürokratische Steuerregelungen ausfindig zu machen und zu beseitigen. Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit werden damit für alle Bürger gefördert. Als erfolgreiches Beispiel in Hessen führe ich die Sonderkontrolle bei der Zuteilung der Eigenheimzulage an.
Diverse unrechtmäßige Zahlungen konnten aufgedeckt werden. Das Land konnte 2,5 Millionen c zurückfordern. Auch das ist seriöse Finanzpolitik.
Meine Damen und Herren, Hessen wird gut regiert und ist in einer vergleichsweise guten Verfassung – trotz der Wirtschaftsmisere.
Diese Misere muss in Berlin beendet werden. Was Deutschland fehlt, ist eine ordnungspolitische Linie. Die Reformen des Bundeskanzlers sind überwiegend zur Flickschusterei geworden. Die einzelnen Steuerarten können nicht isoliert betrachtet werden. Diesen handwerklichen Fehler macht die Regierung Schröder bis heute. Heute Morgen habe ich gelernt, auch Frau Ypsilanti neigt zu diesem Fehler.
Absenkung des Spitzensteuersatzes, Gesundheitskosten, Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer, Anhebung der Mehrwertsteuer, Ausgleich und Gegenfinanzierung müssen in einem Gesamtkonzept mit weiteren Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung stimmig sein.
Der Bürger muss wissen, woran er ist, und er darf nicht mehr belastet werden. Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit und Entlastung bei den Lohnnebenkosten. Die CDU hat im Gegensatz zur Bundesregierung mit ihrem „Steuerkonzept 21“ ein schlüssiges Konzept für ein einfacheres, gerechtes und leistungsfreundliches Steuerkonzept vorgelegt.
Aber die festgefahrenen Karren der Staatsfinanzen einerseits und der Binnenwirtschaft andererseits sind fest miteinander vertäut. Es braucht Behutsamkeit und Zeit, sie gemeinsam aus dem Jammertal zu ziehen. Vernachlässigt man einen, bricht die Geschichte insgesamt zusammen. Wichtig ist dabei, den Menschen wieder Vertrauen zu geben, sie nicht zentralistisch zu dirigieren, sondern ihnen
Spielräume zu lassen, damit sie in diesem Land – ich betone: in Deutschland und in Hessen – ihre Kräfte wieder entfalten können. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wieder Vertrauen in die Zukunft haben können. Aber, meine Damen und Herren, die Verunsicherung hat einen Namen.
Es sind dies Gerhard Schröder, Joseph Fischer, Hans Eichel.
Ihre Abwahl ist der erste Schritt in eine bessere Zukunft für Deutschland.
Wissen Sie, je mehr Gegenwind man aus den Reihen spürt, in denen die Opposition sitzt, desto mehr hat man den Eindruck, ordentlich getroffen zu haben.
Sie haben vorhin immer kräftig auf dem Schlosskauf herumgehackt.
Ich habe es mindestens fünfmal gehört. Ich gehe davon aus, dass dieses Thema morgen in aller Länge und Deutlichkeit behandelt wird. Es gibt noch eine Beschlussempfehlung, die hier diskutiert wird.
Meine Damen und Herren, dass Sie sich nicht schämen, die Leute draußen in der Öffentlichkeit glauben machen zu wollen, dass wir 13,3 Millionen c für Hirschgeweihe – so absonderlich sie auch sein mögen – ausgeben,
daran sieht man, wie tönern und billig Ihre Argumentation ist.
Hirschgeweihe, wie sie in jedem Forsthaus und in jeder besseren Wirtschaft im Odenwald hängen, hängen natürlich auch im Schloss.Wir zahlen dafür keinen Cent.
Wofür es sich aber lohnt, sich hier zu engagieren,
ist z. B. der Schöllenbacher Altar, ein einzigartiger Schnitzaltar.
Es ist wichtig, sich für die Einhardskapelle mit seltenen Grabplatten zu engagieren, denn Einhard war der Chronist Karls des Großen.
Die Sammlung umfasst auch seltene antike Marmorbüsten antiker Herrscher, z. B. die Porträtbüste Alexanders des Großen. Jeder Schüler lernt bei uns in der Schule, wer Alexander der Große war,dass er ein großer Feldherr und Staatsmann der Antike war. Diese Büste ist nur noch zweimal in der Welt vorhanden – in Athen und in London.
Wir setzen das Geld für eine Rüstung Gustav Adolfs II. und für die Altenberger Scheiben – 13 Glasgemälde aus dem 12. Jahrhundert – ein.
Was wollen Sie Ihren Kindern einmal sagen, wenn sie fragen, worauf unsere Kultur und unsere Werte basieren?
Kultur ist Landschaft, Literatur, Musik und auch Dinge, die man anfassen und greifen kann. Die meisten Menschen – insbesondere Jugendliche und Kinder – erleben Kultur durch Anfassen.
Das wollen Sie ihnen vorenthalten. Sie wollen die Gefahr riskieren, dass diese wertvollen Stücke in die gesamte Welt versteigert werden und aus dem hessischen Kulturgut verschwinden – insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir das UNESCO-Weltkulturerbe Limes haben und wesentliche Teile dieser Sammlung Fundstücke sind, die zu dem Weltkulturerbe Limes gehören. Das sind einzigartige Dinge.
Meine Damen und Herren, Kultur ist ein weicher Wirtschaftsfaktor, aber sie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Es ist wichtig, dass dieses Kulturgut in Hessen bleibt, dass es hier eine Zukunft bekommt, dass die Leute sehen, wo wir herkommen, was unsere Vorfahren gemacht haben, was sie zusammengetragen haben, was ihnen wichtig war, worauf unsere Kultur basiert. Nur dann, wenn man weiß, wo man herkommt, weiß man auch, wo man hingehen muss. Das bleibt Ihnen aber verschlossen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine andere bedeutende Branche in Europa ist bereits heute so stark reguliert wie die chemische Industrie.
Dabei ist das Europaprogramm zur Registrierung, Bewertung,Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe, mit Abkürzung REACH, nicht berücksichtigt. Nahezu alles wird von Brüssel jetzt schon geregelt.Das betrifft nicht nur die großen chemischen Unternehmen, sondern das geht über die kleinen und mittleren Unternehmen bis hin zur chemischen Reinigung.
Zunächst bezogen sich die Regulierungen mehr auf Einträge in die Luft, das Wasser und den Boden sowie auf die Sicherheit der Chemieanlagen. Dann kamen Arbeits
schutzaspekte und Regulierungen hinzu, die auf einen sparsamen Umgang mit den knappen Ressourcen hinwirken sollen. In den letzten zehn Jahren sind es zunehmend stoff- und produktbezogene Regelungen, die zu beachten sind. Die Unternehmen der chemischen Industrie unterliegen heute über 500 Umweltregulierungen, rund ein Drittel davon betreffen chemische Stoffe. Darunter sind die EU-Altstoffverordnung, die Notifizierungs- und Prüfpflichten für neue Stoffe, Spezialvorschriften sowie Richtlinien für Arzneimittel, für Kosmetika, für Biozide, für Pflanzenschutzmittel, für Düngemittel, Lebensmittel, Bedarfsgegenstände und vieles mehr.
Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus haben die chemischen Unternehmen sowohl national als auch international eine Reihe von Eigeninitiativen mit dem Ziel ergriffen, die Sicherheit ihrer Stoffe zu überprüfen und zu verbessern. Zum Beispiel wurde 1988 das deutsche Prüfprogramm für Altstoffe in Kooperation mit der Bundesregierung gestartet. Das Programm verlief außerordentlich erfolgreich, wesentlich erfolgreicher als die seit 1993 geltende EU-Altstoffverordnung. Die Ergebnisse wurden auch in Englisch veröffentlicht, sodass sie grundsätzlich europaweit verwertbar sind.
Programme für die Beurteilung der möglichen Wirkung von Hormonen und hormonähnlichen Stoffen auf den Menschen und die Umwelt sowie die Risikobewertung von Waschmittelinhaltsstoffen wurden dargelegt. Viele Stoffe werden bereits seit Jahrzehnten produziert, vermarktet und von uns allen verwendet. Die chemischen Unternehmen haben in dieser langen Zeit vielfältige Erfahrungen mit dem Umgang mit diesen Stoffen gesammelt und die Sicherheitsmaßnahmen Schritt für Schritt auf den heutigen hohen Stand gebracht. Die Zahlen der Berufsgenossenschaften belegen, dass die chemiespezifischen Arbeitsunfälle auf historischem Tiefstand sind und die Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit seit Jahren zurückgehen.
In der Bevölkerung sind die Ursachen für die Zunahme bestimmter Krankheiten wie Krebs oder Allergien nicht etwa Industriechemikalien. Es handelt sich vielmehr zum großen Teil um Alterskrebs, der bei steigender Lebenserwartung natürlich zunimmt, und Krebsarten, die nachweislich mit dem Rauchen, ungesunder Ernährung, Infektionen und erhöhtem Alkoholgenuss zusammenhängen. Internationale Studien erhärten einen positiven Zusammenhang zwischen Wohlstand, übertriebener Hygiene und der Zunahme von Allergien.
Vor diesem Hintergrund wird klar, wir haben ein sehr hohes Niveau erreicht.Mit REACH wird es kaum einen großen Sprung nach vorne beim Schutz von Umwelt und Gesundheit geben. Die Möglichkeit, von Chemikalien ausgehende Risiken noch weiter zu reduzieren, ist begrenzt. REACH ist jedoch eine Chance für die europäische Chemieindustrie,ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft im internationalen Vergleich zu stärken.Anstelle einer Vielzahl von komplizierten und nicht aufeinander abgestimmten stoff- und chemikalienbezogenen EU-Regelungen könnte ein konsistentes Regelwerk für Chemikalien entstehen – könnte. Insbesondere müsste das ineffiziente, innovationshemmende Verfahren zur Zulassung neuer Stoffe verbessert werden. Das neue System könnte auch dem Verbraucher klarmachen, dass der Umgang mit Chemikalien sicher ist. Das wäre für das Geschäft in Europa nicht schlecht.
Der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission vom 29. Oktober 2003 war diesbezüglich allerdings eine Enttäuschung.
Die Chance, ein wirklich neues, fortschrittliches und flexibles Chemikalienrecht zu schaffen, wurde verpasst. Das ist schade. Das vorgesehene System aus Registrierung, Bewertung und Zulassung ist viel zu bürokratisch, zu komplex und zu aufwendig. Mit REACH wird ein über 20 Jahre altes Konzept, das sich in der Praxis nicht bewährt hat, im Prinzip weitergeführt und auch auf die Altstoffverordnung ausgedehnt.
Die Prüfanforderungen richten sich weiterhin in erster Linie danach, in welcher Menge ein Stoff produziert oder importiert wird und ob er gefährliche Eigenschaften hat. Entscheidend dafür, ob ein Risiko für Mensch oder Umwelt existiert, ist aber die Exposition, d. h. die Höhe, Art und Dauer der Belastung, der Mensch und Umwelt tatsächlich ausgesetzt sind. Gefährliche Eigenschaften an sich ergeben noch kein Risiko.
Ein weiterer Kritikpunkt ist für uns, dass die Chance, ein einheitliches konsistentes Regelwerk zu schaffen, nicht genutzt wurde. Die Vielzahl bereits bestehender chemikalienrechtlicher Regelungen wird nach dem Kommissionsvorschlag neben REACH weiter Bestand haben.
Hieraus ergeben sich zwangsläufig Doppelregelungen und Widersprüche. Wenn der Verordnungsvorschlag so verabschiedet werden wird, wird REACH gravierend negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Chemieunternehmen und der gesamten Industrie haben.
Eine Reihe von Studien, die es in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union dazu gegeben hat, hat das bestätigt. Die Ergebnisse sind alarmierend. Insbesondere in den vielen kleinen und mittleren Unternehmen wird der zeitliche,personelle und finanzielle Aufwand,der erforderlich sein wird, um die wesentlichen Anforderungen, die sich aus der Verordnung ergeben, zu erfüllen, nur in begrenztem Umfang oder gar nicht geleistet werden können. Es ist deutlich geworden, dass die Mehrzahl der Unternehmen eine fachliche Beurteilung der Produkte in der von REACH geforderten Detailtiefe und in dem geforderten Umfang insbesondere wegen der dabei entstehenden Kosten nicht gewährleisten kann. Hier muss sachgerecht nachgearbeitet werden. Dabei sind Broschüren wie die, die Bundesumweltminister Trittin verbreitet, wenig hilfreich. Ja, sie sind sogar für unser Land schädlich.
Darin wird eine Schlüsselindustrie unseres Landes insgesamt als von Katastrophen geschüttelt diffamiert. Die Mitarbeiter der chemischen Industrie sind zu Recht besonders darüber empört, dass der Minister in seinen Verlautbarungen sogar so weit gegangen ist, der chemischen Industrie Großversuche an Menschen zu unterstellen. Herr Trittin sollte sich für diese Entgleisung entschuldigen. Denn die Beschäftigten der chemischen Industrie sind keine Hasardeure, die mit dem Leben ihrer Mitbür
ger und ihrem eigenen Leben spielen. Sie haben es nicht verdient, dass man so mit ihnen umgeht.
Meine Ausführungen haben deutlich gemacht, dass es in den nächsten 20 Jahren in der chemischen Industrie und der gesamten Industrielandschaft Europas zu erheblichen Verwerfungen kommen würde, wenn REACH so in Kraft gesetzt würde, wie es bisher von der Kommission vorgeschlagen wurde. Das wird natürlich insbesondere da spürbar werden, wo die chemische Industrie eine große Bedeutung hat. In Deutschland sind das Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Wir werden dadurch neue so genannte strukturschwache Regionen erhalten. Nicht nur ehemalige Regionen des Bergbaus und der Stahlindustrie, wie das Ruhrgebiet, werden dann nach Subventionen rufen. Vielmehr werden dann auch Regionen, in denen es ehemals die chemische Industrie gab, nach Subventionen rufen. Kann das politisch gewollt sein? Wir sagen dazu Nein. Noch ist es Zeit, die Weichen für eine neue Chemikalienpolitik richtig zu stellen. Der Antrag der CDU-Fraktion zielt darauf ab.Wir bitten um Ihre Unterstützung. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.