Christoph Rabenstein
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Last Statements
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich den Ausführungen des Vorsitzenden nur anschließen. Auch wir Mitglieder der SPD in der Enquete, also Annette Karl, Günther Knoblauch und meine Wenigkeit, haben diese dreieinhalb Jahre zwar als sehr anstrengend empfunden – die meisten von uns haben das schließlich neben ihrer normalen parlamentarischen Arbeit gemacht, wenn ich das so ausdrücken darf –, aber ich glaube, insgesamt war unsere Arbeit zielführend und erfolgreich, und wir können froh darüber sein, dass wir heute den Bericht vorlegen können.
Ich möchte jetzt nicht noch einmal alle erwähnen, denen bereits gedankt worden ist; ich schließe mich dem Dank natürlich voll an. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchte ich aber schon noch einmal nennen. Gerade in der letzten Phase, bei der Bearbeitung
des Berichts, hat es doch einige Reibereien, einige heftige Diskussionen gegeben. Das ist so üblich. Ich glaube, sie haben hier bemerkenswert vermittelt, und deswegen ist dieses gute Gesamtergebnis sicherlich auch ihrer Arbeit zu verdanken. Herzlichen Dank noch einmal dafür!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich glaube, dass diese gute Arbeit auch zustande gekommen ist, weil wir nichtöffentlich getagt haben. Einerseits fehlt dadurch natürlich die Transparenz. Die Presse war nicht dabei. Dadurch war die Berichterstattung nicht so, wie sich der eine oder andere das vorgestellt hat. Auf der anderen Seite hat das aber dazu geführt, dass parteipolitische Schaufensterreden – die kennen wir schließlich auch – selten gehalten wurden. Es ging nicht um Profilierungen, sondern es ging um Themen und Inhalte, und das war letztlich auch gut so. Das hat zu einem Abschlussbericht geführt – ich habe das schon gesagt –, der sich sehen lassen kann und – wir werden das noch ausführen – der sicherlich auch Langzeitwirkungen hat und über die Grenzen Bayerns hinaus Beachtung finden wird.
Ein Wermutstropfen ganz zum Schluss – auch das möchte ich ansprechen – waren Unstimmigkeiten in den letzten zwei, drei Sitzungen. Obwohl wir den Fraktionen einen gut abgestimmten Vorschlag präsentiert haben, kamen von der Mehrheitsfraktion doch massive Änderungs- bzw. Streichungswünsche. Meiner Meinung nach war dabei der Druck aus den einzelnen Ministerien zu spüren, aber letztlich hat sich die vertrauensvolle Zusammenarbeit durchgesetzt. Auch die Experten haben dazu beigetragen, die gesagt haben: Schauen wir doch, dass wir das, was wir mühsam erarbeitet haben, auch über die letzten Hürden bringen. – Auch für diese vermittelnden Gespräche – Herr Spiller, Sie haben die Redaktionskonferenz geleitet – den Experten einen herzlichen Dank! Es war toll, dass Sie hieran mitgewirkt haben.
Zum Abschluss gilt es nun, diese Ergebnisse unter die betroffenen Menschen zu bringen. Der Bericht sollte nicht in Schubladen landen und dort schlummern, sondern er sollte gelesen werden, über ihn sollte diskutiert werden; denn dieser Abschlussbericht ist kein abschließendes Manifest, sondern ein Papier mit Vorschlägen, Anregungen und Empfehlungen, wie sich Bayern positiv entwickeln kann – zum Wohle aller Bürger. Das war unser Ziel, und ich glaube, das haben wir weitestgehend auch erreicht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den drei Jahren, in denen die Enquete-Kommission getagt hat, viele Besichtigungen in Bayern durchgeführt. Dabei hat sich überall gezeigt: Bayern ist ein großartiges Land. Wir können alle miteinander stolz sein auf dieses einzigartige Bundesland.
Wir waren in Niederbayern: im wunderschönen Landkreis Freyung-Grafenau und in Passau. Wir waren in meiner Heimat, im Fichtelgebirge, und wir waren in Unterfranken: in Aschaffenburg und im Landkreis Miltenberg, wo es dem Vorsitzenden sehr gut gefällt.
Überall trafen wir auf beeindruckende Landschaften mit lokalen Spezialitäten und Menschen, die sich im Ehrenamt oder hauptberuflich engagieren. Dieses schöne Bayern – das möchte ich an dieser Stelle sagen – ist nicht etwa eine Erfindung der CSU. Nicht sie hat die Zugspitze aufgetürmt oder die oberbayerischen Seen geschaffen und ist allein stolz auf Bayern. Vielmehr sind auch wir Sozialdemokraten stolz auf dieses Bayern und auf all seine Schönheiten.
Wer das nicht glaubt, dem möchte ich sagen: Schon Wilhelm Hoegner hat sich in diesem Sinne für Bayern eingesetzt. Man spürt es an vielen Stellen in der Bayerischen Verfassung. Er hat einmal geäußert – ich zitiere –: "Mit Tausenden der Besten unseres Volkes werde ich weiterkämpfen für die Rettung unserer Heimat, so lange ich lebe." So Wilhelm Hoegner.
Bayern geht es vor allem wirtschaftlich gut. Wir haben aber auch festgestellt: Es geht nicht allen Orten gleich gut; es gibt sogar ausgesprochene Problemregionen.
Noch etwas fällt auf: Es gibt das Bayern der unterschiedlichen Geschwindigkeiten mit all seinen Vor- und Nachteilen. Darauf müssen wir reagieren. Wie wirkt sich der demografische Faktor aus? Wie gehen wir mit einer älter werdenden Gesellschaft um? Was machen wir, wenn sich die Infrastrukturen verschlechtern, wenn die Post, die Bank, die Läden oder auch die Gaststätten dichtmachen?
Diese Fragen müssen wir ernst nehmen und die einzelnen Defizite ansprechen – das möchte ich ausdrücklich betonen, und zwar mit einer positiven Einstellung zu Bayern – sowie problematische Entwicklungen benennen.
Herr König, damit wollen wir nicht etwa eine Region schlechtreden, wie ein häufiges Totschlagargument lautet, sondern wir wollen den Menschen vor Ort helfen, dass sie sich in ihrer Heimat wohlfühlen und nicht wegziehen. Das ist das Entscheidende!
Die Umsetzung des Verfassungsziels der Förderung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern – das war und ist das Hauptanliegen der Enquete-Kommission. Wir haben Lösungen aufgezeigt, die in die Zukunft gerichtet sind und Substanz haben, von denen wir nach drei Jahren Enquete-Kommission sagen können: Die Arbeit hat sich wirklich gelohnt.
2010 wurde von Ministerpräsident Seehofer der sogenannte Zukunftsrat einberufen. Dabei ging es um die Frage, wie sich Bayern weiter entwickeln soll. Es wurden umfangreiche Berichte herausgegeben. In den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Familie haben sie durchaus gute Ansätze gezeigt, aber im Zusammenhang mit den Vorschlägen zum Thema Infrastruktur hat es massive Kritik gegeben.
Die Mitglieder des Zukunftsrates – übrigens 17 Männer und 5 Frauen – empfahlen, das wirtschaftliche Leben auf die Ballungszentren zu konzentrieren. Der ländliche Raum, so heißt es wörtlich, habe "eine eher noch zunehmende Bedeutung als natürlicher Erholungsraum für die urbanen … Wirtschaftszentren", also anders ausgedrückt: Die Großstädter können dort Urlaub machen.
Dann kam es noch besser: Teile Niederbayerns – die Region Passau – und Teile Oberfrankens – da ist der Raum Hof gemeint – sollten nicht weiter gefördert
werden; sie sollen sich vielmehr Richtung Österreich und Richtung Sachsen orientieren.
Meine Damen und Herren, das hätte eine falsche Entwicklung eingeleitet. Gedacht war dabei nur an die wirtschaftliche Entwicklung. Das Land Bayern wurde quasi als Bayern AG betrachtet. Ein Land ist jedoch kein Industriebetrieb, und Menschen sind keine Produktionsfaktoren.
Der Bericht der Enquete-Kommission ist insofern ein deutlicher Gegenentwurf zu den Vorstellungen des Zukunftsrates. Und das ist gut so! Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern, in Stadt und Land. Das ist die richtige Herausforderung für die Zukunft. Noch einmal: Natürlich soll die Wirtschaft prosperieren – es geht jedoch nicht um Gewinnmaximierung um jeden Preis, es geht nicht um Shareholder Value, sondern es geht darum, den Menschen in jeder Region gerecht zu werden. Letztlich geht es um räumliche Gerechtigkeit.
Dieser Begriff der räumlichen Gerechtigkeit steht im Mittelpunkt des ersten inhaltlichen Teils des Abschlussberichts. Er wurde in den ersten Sitzungen ausführlich diskutiert. Hier haben die Experten der Kommission, allen voran Prof. Dr. Holger Magel, hohe Verdienste erworben.
Ich verweise auf die Studie, die wir – mit Prof. Dr. Koppers, Prof. Dr. Miosga, Dr. Sträter und Dr. Höcht – erstellt haben. Darin wurde der Begriff der räumlichen Gerechtigkeit vertieft und auf dieser Grundlage die Herstellung von gleichwertigen Lebens- und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern entwickelt. Für unsere Arbeit war diese Konzeption sehr viel wert; deshalb an dieser Stelle noch einmal einen herzlichen Dank an die genannten Experten.
Die einzelnen Dimensionen sind bereits aufgezählt worden, ich möchte sie nicht wiederholen. Die räumliche Gerechtigkeit bietet quasi den geistigen Überbau, von dem sich die entsprechenden Handlungsempfehlungen ableiten. Dass dieser Begriff derart in den Mittelpunkt gestellt wird, bedeutet Neuland und zeichnet die Arbeit der Kommission aus.
In dem Begriff "räumliche Gerechtigkeit" steckt auch das Wort "Recht". Der ländliche Raum hat quasi ein Recht auf Entwicklung und ist nicht auf Almosen angewiesen. Das ist die Philosophie der räumlichen Gerechtigkeit, und das ist die richtige Antwort.
Erst dann, wenn man dieses räumliche Konzept im Hinterkopf hat, kann man überzeugend begründen, warum benachteiligte Regionen besonders gefördert werden sollen oder warum beispielsweise der ÖPNV ausgebaut werden soll, auch wenn dafür einige Mittel in die Hand genommen werden müssen. Erst dann kann man sagen, warum auch der letzte Weiler, der zurzeit noch schlecht versorgt ist, mit schnellem Internet angebunden und versorgt werden muss und warum wir auch eine funktionierende ärztliche Versorgung im ländlichen Raum brauchen.
Noch einmal: All das ist nicht zum Nulltarif zu haben; das muss jedem klar sein. Der ländliche Raum muss uns das aber wert sein.
Im Zusammenhang mit der räumlichen Gerechtigkeit liegt, wie übrigens im gesamten Bericht der EnqueteKommission, der Fokus auf dem ländlichen Raum. Das heißt aber nicht, dass wir die großen Städte und Ballungsräume außen vor lassen; denn eine Stärkung des ländlichen Raums schwächt die Ballungsräume gerade nicht – ganz im Gegenteil. Viele Probleme in den großen Städten wie Immobilienpreise, teurer Wohnraum, Verkehrsinfrastruktur, Umweltprobleme usw. lassen sich so zumindest abfedern.
Wir müssen dafür Sorge tragen, dass mehr Menschen auch in attraktive ländliche Gemeinden ziehen bzw. nicht von dort in die Städte flüchten. Wir müssen zudem dafür sorgen, dass die Arbeit zu den Menschen gebracht wird und nicht umgekehrt, so wie es der Zukunftsrat mit den Pendlern vorgesehen hat. Arbeit zu den Menschen, das muss unser Motto sein!
Was schlägt nun der Bericht der Enquete-Kommission im Einzelnen vor? – Zunächst sind wir auf die Indikatoren eingegangen, wie sich gleichwertige Lebensverhältnisse messen lassen und wie auf dieser Basis entsprechendes Handeln begründet werden kann. Nach langer Diskussion haben wir uns auf 50 Indikatoren geeinigt. Wir haben aber auch festgestellt, dass bei der Messbarkeit große Defizite bestehen. Das Bruttoinlandsprodukt zu messen, mag einfach sein, beim Thema Erreichbarkeit von Grundschulen mit dem ÖPNV gibt es schon große Probleme. Hier muss noch nachgebessert werden.
In unserem Bericht spielt die folgende Bestandsaufnahme deshalb nur eine untergeordnete Rolle. Sie stellt nur einen exemplarischen Teilausschnitt dar. Es wird aber auch in diesem Kapitel deutlich, dass Hand
lungsbedarf besteht. In vielen Bereichen, die auch schon im Sozialbericht angesprochen worden sind, existieren deutliche Defizite. Die dann formulierten Handlungsempfehlungen und die Beantwortung der Fragen in Kapitel 6 bilden diejenigen Vorschläge, die wir vor Ort umsetzen können.
Dieser Abschnitt ist sehr umfangreich. Das hängt auch damit zusammen, dass die Strukturen in Bayern sehr unterschiedlich sind. Was in der einen Region wichtig ist, spielt in der anderen keine Rolle. Die Handlungsempfehlungen sind deswegen auch eher eine Art Werkzeugkasten, aus dem sich jede Region das Instrument herausnehmen kann, das für die Lösung der Probleme vor Ort geeignet ist. Die Beteiligten vor Ort – ich werde darauf noch zu sprechen kommen – sind deshalb auch so wichtig.
Zunächst nur zu einigen Handlungsempfehlungen, mein Kollege Günther Knoblauch wird dann noch auf andere eingehen: Es geht bei allen Kommunen, die wir besucht haben, natürlich um die kommunale Finanzausstattung. Hier wird festgestellt, dass die vorgenommene strikte Aufteilung zwischen Pflichtaufgaben und freiwilligen Leistungen überprüft werden muss. Der Bürger erwartet nämlich, dass vieles, was jetzt freiwillige Leistung ist, etwa Sport- und Freizeitangebote, bereitgestellt wird. Er empfindet das quasi als Pflichtaufgabe. Deswegen soll das auch finanziell entsprechend unterstützt werden. Insbesondere, so der Bericht, ist der allgemeine ÖPNV als Pflichtaufgabe der Kommunen aufzunehmen und mit entsprechenden Mitteln auszustatten. Das ist für mich ein ganz wichtiger und entscheidender Punkt.
Einer der wenigen Punkte, bei denen wir keinen Konsens erzielen konnten, war die Forderung, den Anteil der Kommunen am allgemeinen Steuerverbund schrittweise anzuheben. SPD, FREIE WÄHLER und GRÜNE glauben aber nach wie vor, dass dies die Kommunen stärken würde. Die CSU ist für eine Streichung dieser Handlungsempfehlung. Wir wurden hier übrigens von den kommunalen Spitzenverbänden unterstützt, die auch für eine Anhebung plädieren. Wir haben Vertreter des Städte- und des Gemeindetages sowie der Landkreise und Bezirke im Oktober 2017 zu unseren Sitzungen eingeladen. Diese Vertreter haben ihre Positionen dargelegt. Auch das findet sich im Bericht.
Übereinstimmend wurde festgestellt, dass sich die Kommunen insbesondere bei den freiwilligen Aufgaben mehr Gestaltungsspielraum wünschen. Ausführlich wurde über das Thema kommunaler Finanzausgleich und über die Förderprogramme diskutiert. Die
Spitzenverbände haben ausführliche schriftliche Stellungnahmen eingebracht. Ich betone das deshalb so ausdrücklich, weil es mir wichtig erscheint zu erwähnen, dass wir in unseren Sitzungen mit den jeweiligen externen Experten diskutiert und gemeinsame Konzepte entwickelt haben. Das gilt auch für viele weitere Themen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Wir haben die Jugendverbände in den Landtag eingeladen, mit den Ärztevertretern gesprochen und mit den Tourismusexperten Debatten geführt. Die Ergebnisse finden sich in Kapitel 6. Sie stellen eine Vertiefung der Handlungsempfehlungen dar.
Ich möchte jetzt nicht auf weitere Handlungsempfehlungen eingehen. Diese können nachgelesen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was mir aber besonders wichtig ist: Die betroffenen Bürger vor Ort sollen bei der Umsetzung der Ergebnisse eingebunden werden. Die Hauptamtlichen in den Kommunen, die Ehrenamtlichen in den Verbänden und auch die, ich möchte es einmal so ausdrücken, ganz normalen Bürger wissen am besten, was vor Ort geplant und umgesetzt werden kann. Wie wir auf Fränkisch sagen würden, ist nicht Top-down, sondern Bottom-up das Prinzip des Prozessablaufs. Top-down, Bottom-up – das sind so schöne Ausdrücke.
Wir haben hier bei Flurneuordnung und Dorferneuerung gute Beispiele gesammelt. Vom Amt für Ländliche Entwicklung wurde nach diesem Prinzip verfahren. Dabei hat auch unser Enquete-Experte Roland Spiller, Leiter des Amtes für Ländliche Entwicklung Niederbayern, wichtige Impulse eingebracht. Das ist wichtig: den Betroffenen vor Ort nicht von oben herab zu sagen, was notwendig ist, sondern sie einzubinden. Das ist das Prinzip der Verfahrensgerechtigkeit, das wir auch untersucht und mit auf den Weg gebracht haben.
Ich glaube, wenn wir die Ergebnisse der dreijährigen Arbeit der Kommission insgesamt anschauen, können wir sagen, dass hier wichtige Impulse für die weitere Entwicklung gegeben und formuliert worden sind. Dieser Bericht enthält vor allem Empfehlungen, die über den Tag und über diese Legislaturperiode, die nicht mehr allzu lange währt, hinausreichen und die auch in der nächsten Legislaturperiode noch Anregungen geben werden.
Es ist auch schon gesagt worden, dass wir schauen müssen, diese Empfehlungen parlamentarisch zu verankern. Außerdem müssen wir auch die Forschung zur räumlichen Gerechtigkeit weiter vorantreiben.
Zum Schluss: Seit neun Jahren haben wir wirtschaftliche Prosperität, die aber auch hier in Bayern nicht ewig anhalten wird. Wir müssen deswegen jetzt Akzente setzen, jetzt – in der Zeit, in der es uns wirtschaftlich gut geht!
Ich möchte auch noch erwähnen: Der Abschlussbericht der Enquete-Kommission ist sicherlich auch für andere Bundesländer und für Deutschland insgesamt von großer Bedeutung. Diese Empfehlungen sind auch für die neuen Bundesländer, in denen es im ländlichen Raum noch viel größere Probleme gibt als bei uns, von Bedeutung. Es heißt auch im neuesten Sondierungsprogramm:
Unser Ziel sind gleichwertige Lebensverhältnisse... im ländlichen Raum in Ost und West.... Wir werden Strukturschwächen im ländlichen Raum in Regionen, Städten und Kommunen in allen Bundesländern bekämpfen, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen.... Eine Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" soll hierzu konkrete Vorschläge erarbeiten.
Das ist der Text der Sondierungsgespräche. Da kann ich nur sagen: Bayern ist hier im wahrsten Sinne des Wortes der Zeit voraus.
Aber ich füge hinzu: dank der SPD; denn wir haben den Gesetzentwurf eingebracht, der gleichwertige Lebensverhältnisse in der Verfassung verankert. Es war unsere Initiative zu einer Enquete-Kommission, die dann dankenswerterweise von allen Parteien unterstützt wurde. Wir Sozialdemokraten in Bayern werden mit dafür sorgen und kämpfen, dass sich unser Bundesland zum Wohle der Bevölkerung in allen Landesteilen gut entwickelt.
So wie wir hier in der Enquete-Kommission über die Parteigrenzen hinweg gut zusammengearbeitet haben, sollten wir auch weiterhin beim Thema "Gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen" hier im Parlament an einem Strang ziehen; denn es geht um die Sache, nicht um irgendwelches parteipolitisches Hin und Her. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Oberfranken ist eine der größten Dieselinseln in ganz Deutschland. Während Inseln meist positiv bewertet werden, sehen wir diese Tatsache sehr negativ. Die Dieselzüge gehören ins Museum, und zwar ins Dampflokomotiv-Museum in Neuenmarkt. Da gehören sie hin.
Wir kämpfen seit Langem dafür, dass vor allem zwei Strecken elektrifiziert werden. Die eine Strecke ist die sogenannte Franken-Sachsen-Magistrale. Sie führt von Nürnberg über Bayreuth nach Marktredwitz. Die Elektrifizierung soll bis nach Tschechien und in die neuen Bundesländer ausgebaut werden. Bei dieser Strecke haben wir zumindest erreicht, dass die Vorplanung in die Wege geleitet worden ist. Hier haben wir schon relativ viel erreicht.
Die zweite Strecke, die jetzt angesprochen wird, verläuft von Bamberg über Kulmbach Richtung Hof oder von Bamberg über Kulmbach Richtung Bayreuth. Wir haben im Mai letzten Jahres eine große Konferenz zu dieser Strecke in Kulmbach veranstaltet. An der Konferenz haben Oberbürgermeister, Vertreter der Kammern und Abgeordnete teilgenommen. Ich war selber dabei und habe dies begrüßt. Wir haben eine große
Resolution verfasst. Diese zweite Strecke muss schon allein deshalb elektrifiziert werden, da in Bamberg der einzige ICE-Halt auf der Strecke von München nach Berlin liegt. Es ist logisch, dass nun auch die Städte Bayreuth oder Kulmbach oder Hof angebunden werden müssen.
Nach dieser großartigen Konferenz und den Resolutionen erhalten wir die Meldung, dass die Brückenbauwerke zu niedrig gebaut worden sind oder zu niedrig gebaut werden. Das ist wirklich ein Schildbürgerstreich – im wahrsten Sinne des Wortes. Herr Kollege Ganserer hat das bereits angesprochen. Die Schildbürger bauen ein neues Rathaus, weil das alte marode ist. Sie vergessen aber, die Fenster einzubauen. Als sie das erste Mal in das Rathaus hineingehen, bemerken sie, dass es innen dunkel ist. Irgendetwas ist schiefgelaufen. Genauso ist es in diesem Fall. Die geplanten Brücken werden gebaut. Mit der Umsetzung der Elektrifizierung wird bemerkt, dass die Brücken zu tief gebaut worden sind. Das geht absolut nicht.
Das ist eine Verschwendung von Steuergeldern. Selbstverständlich ist jedem klar, dass die Brücken etwas teurer werden, wenn man sie richtig baut. Diese Mehrkosten stehen jedoch in keinem Verhältnis zu den Mehrkosten, die entstehen, wenn die Gleise im Zuge der Elektrifizierung tiefergelegt werden müssen. Damit wird das x-Fache an Mehrkosten verursacht – nach dem Motto: Na ja, wahrscheinlich kommt die Elektrifizierung überhaupt nicht.
Mich interessiert es nicht, wenn die Schuld von einem auf den anderen, von der Bahn auf das Staatliche Bauamt, geschoben wird. Ich weiß nicht, wer am Ende die Schuld trägt. Selbstverständlich muss die Schuld ermittelt werden. Wir müssen prüfen, wo eine Fehlplanung stattgefunden hat. Wichtiger ist mir jedoch, dass das Ganze überhaupt vorangeht.
Deswegen möchte ich zum Abschluss drei Punkte nennen. Nachdem zunächst geprüft wird, wo der Kardinalfehler liegt, müssen wir uns erstens von politischer Seite deutlich dazu bekennen, dass wir die Elektrifizierung wollen, und zwar nicht in 50 Jahren, sondern jetzt. Die Vorplanungen müssen jetzt losgehen, damit etwas auf den Weg gebracht wird. Viele haben gesagt: In den nächsten 10 oder 20 Jahren kommt die Elektrifizierung sowieso nicht, also brauchen wir somit nichts zu machen. – Das ist das Hauptübel. Wir brauchen ein deutliches Bekenntnis zur Elektrifizierung beider Strecken, die ich genannt habe.
Zweitens müssen wir den Schaden, soweit es überhaupt noch möglich ist, begrenzen. Wir dürfen nicht einfach weiterbauen. Wenn überhaupt noch etwas möglich ist, muss repariert werden. Wir müssen Kosten vermeiden, indem Brücken noch umgebaut oder höher gebaut werden. Das wollen wir unmittelbar machen.
Drittens muss die Planung aus einer Hand erfolgen. Wir brauchen sowohl das Ministerium in München als auch das in Berlin. Sie müssen die Planungen in die Hand nehmen. Die eine Stelle darf nicht etwas anderes tun als die andere. Das war der Grund des ganzen Übels. Wir brauchen Planung und Bau aus einer Hand, damit etwas Vernünftiges dabei herauskommt und wir dem Steuerzahler gerecht werden. Diese drei Punkte sind mir wichtig.
Sehr geehrter Herr Dr. Reichhart, liebe Mitglieder der CSU-Fraktion! Ich stimme dem Kollegen Reichhart voll zu, wenn er an die Gemeinsamkeit appelliert. Gemeinsamkeit gegen Rechte und rechte Ideologen sollte für alle Demokraten eine Selbstverständlichkeit sein!
Jetzt kommt das große Aber. Wenn wir doch große Gemeinsamkeit demonstrieren wollen, warum stimmen Sie diesem Antragspaket dann nicht zu? Das versteht doch überhaupt niemand.
Ich muss Ihnen auch recht geben, wenn Sie von ideologischen Scheuklappen sprechen. Aber nicht wir haben diese ideologischen Scheuklappen, sondern Sie!
Es ist wirklich so: Wenn ein Antrag gegen Rechte oder Rechtsextremismus kommt und er nicht gleichzeitig auch gegen Linksextremismus ist, dann ist er bei Ihnen schon erledigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns die Situation aber noch einmal anschauen: Warum brauchen wir eine Neukonzeption? – Die Welt hat sich geändert. In vielen Staaten Europas haben wir leider ein Erwachen der Rechten und auch der Rechtsextremen. Auch in Deutschland sind wir nicht nur über den Wahlerfolg der AfD erschrocken, die jetzt mit immerhin 13 % und 94 Abgeordneten in den Bundestag eingezogen ist. Sie ist damit übrigens doppelt so stark wie die CSU-Fraktion. So viel zum Stärkeverhältnis. Im letzten Monat marschierten wieder rechte Gruppierungen in Tschechien auf und machten Schießübungen. Wir haben immer noch Anschläge gegen Flüchtlingsheime. Hier müssen wir Demokraten zusammenhalten.
Wir haben diesen Zusammenhalt beim NPD-Verbot demonstriert. Da ging es. Jetzt fallen wir allerdings wieder in die alten Rollenmuster zurück: Kommt irgendetwas von der Opposition, sind wir schon generell dagegen.
Ich sage nicht, dass bei allen Antragspaketen Einigkeit herrscht. Es geht aber einfach nicht, das in Bausch und Bogen abzulehnen!
Ich verstehe die Einwände der FREIEN WÄHLER. Das war eine differenzierte Darstellung, und dann ist gesagt worden, dass man das eine oder andere mittragen kann. Gleichzeitig hat man aber ganz deutlich die Linie aufgezeigt, im Grunde dafür zu sein. Das ist die richtige Haltung, die ich bei der CSU vermisse. Denn eines ist klar, und das ist die Lehre aus der Weimarer Republik: Wenn wir Demokraten uns auseinanderdividieren, dann freuen sich die Rechten, dann freut sich ein Herr Petr Bystron. Der freut sich darüber, wenn wir uns hier im Parlament nicht einig sind. Es ist ein Zeichen, das wir hier geben. Deshalb sind wir komischerweise und ohne ideologische Scheuklappen für den CSU-Antrag. Gleiches hätte ich von Ihnen erwartet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die un endliche Geschichte Studienkolleg für Nordbayern wird heute ein unrühmliches Ende finden. Ich bin mir sicher, dass die CSUFraktion trotz überzeugendster Argumente den Antrag ablehnen wird. Ich glaube nicht an einen LazarusEffekt. Ich bin auch nicht Jesus und kann keine Wunder vollbringen. Trotzdem halte ich dieses Thema für wichtig, das jetzt vor den Assistenzhunden und den Hebammen behandelt wer den soll. Warum meine ich, dass das Studienkolleg für Nordbayern trotz vorgerückter Stunde thematisiert werden soll?
Gerade bei dieser Debatte, die bis zum Oktober 2014 zurückgeht, zeigt sich die Arroganz der absoluten Mehrheit der CSU, und das ist traurig.
Ich werde es auch noch begründen. Diese Debatte zeigt auch das unselige Zusammenspiel der CSUAb geordneten mit der Staatsregierung und Regierungs
vertretern. Deswegen wird das Studienkolleg für Nordbayern noch einmal thematisiert.
Worum geht es? – Ein Studienkolleg bereitet auslän dische Studierende, die zwar qualifiziert sind, die aber doch etwa sprachliche Defizite haben, auf das eigent liche Studium vor. Ein solches Studienkolleg gibt es bereits in München, dieses läuft sehr erfolgreich, und das soll auch so bleiben. Wir wollen es nicht verla gern, aber wir wollen ein zweites Studienkolleg in Nordbayern. Dafür gibt es gute Gründe und Argumen te, die im Ausschuss schon ausführlich vorgetragen wurden und die ich hier noch einmal stichpunktartig zusammenfassen möchte.
München ist einer der teuersten Hochschulstandorte, und deswegen können sich viele ausländische Studie rende ein Studium in München nur schwer leisten. Nordbayern hat Gott sei Dank eine dichte Hochschul landschaft. Wir brauchen sowohl die Studierenden wie auch die Fachkräfte. Letztlich geht es um die Stärkung des ländlichen Raums, um die Entlastung des Ballungsraums München. Es geht, lieber Herr Rüth, um gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern. Mit dem Studienkolleg haben wir ein Beispiel dafür, wie man gleichwertige Lebensverhältnisse ge stalten kann.
Bei der Diskussion über den Nordbayernplan – CSU Abgeordnete, aufgepasst! – wurde Heimatminister Markus Söder von der "Mainpost" gefragt:
Um ausländische Studenten nach Franken zu lo cken, könnte man – wie bereits in München – ein Studienkolleg gründen. Ist das auch ein Projekt?
Söders Antwort lautete – ich zitiere wörtlich:
Ich befürworte ein Studienkolleg für Nordbayern sehr. Es gibt in der Tat solch eine Einrichtung mit großem Erfolg bereits in München. Und ich halte es für dringend notwendig,
Originalton Söder –
ein weiteres Kolleg auch in einem Netzwerk der fränkischen Universitäten in Nordbayern zu etab lieren. So fokussieren sich internationale Studen ten nicht mehr nur automatisch auf München, sondern können sich auch für die international ebenso hochklassigen fränkischen Universitäten entscheiden.
So weit das Zitat von Staatsminister Söder. Wenn er sagt, er befürworte es sehr und halte es für dringend
notwendig, dann kann ich nur sagen: Wo er recht hat, hat er recht.
Die Universitäten in Nordbayern wurden mit folgen dem Ergebnis angeschrieben. Bayreuth, Erlangen Nürnberg und vor allem Würzburg sehen einen ech ten Bedarf, nur Bamberg und Regensburg zeigen weniger Interesse. Am ausführlichsten äußerte sich der Präsident der FriedrichAlexanderUniversität Er langenNürnberg Prof. Dr. Joachim Hornegger, der in einem elfseitigen Schreiben vom Januar dieses Jah res ausführlich dargestellt hat, warum die Universität für ein Studienkolleg eintritt. In diesem Schreiben heißt es zusammengefasst: Innerhalb Bayerns zeige sich ein erhebliches NordSüdGefälle mit einem Standortnachteil für Nordbayern. Bewerberinnen und Bewerber von südbayerischen Universitäten nähmen mehr als doppelt so häufig an der Aufnahmeprüfung teil wie Kandidatinnen und Kandidaten von nordbaye rischen Universitäten. Präsident Hornegger schließt seine Ausführungen so ab: Damit werde deutlich, die nordbayerischen Universitäten bräuchten ein eigenes Studienkolleg kurzfristig und in zentraler Lage in Nordbayern. Soweit das Zitat des Präsidenten.
Warum wurde der Antrag trotzdem abgelehnt, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Zum einen kommt er einfach von der falschen Partei. Für die CSU war es auch nicht einfach, den Antrag abzulehnen. Seit 2014 wurde er immer wieder verschoben. Die Argumente waren ebenso gut, dass Sie sich dachten, diesen An trag könnten Sie nicht einfach ablehnen. Also haben Sie ihn immer wieder verschoben, bis es nicht mehr ging. Dass Sie nicht die Argumente in den Mittelpunkt stellen, sondern einfach sagen, wir sind die Mehreren, und deswegen stimmen wir die andern nieder, das habe ich mit "Arroganz der Macht" gemeint. Damit habe ich mich deutlich ausgedrückt, und dabei bleibe ich. Das ist eine Arroganz der Macht.
Dann noch ein Wort zu den Ministerien. Diese haben brav Argumente geliefert. Das haben wir schon oft er lebt. Aus dem Brief des Präsidenten der Universität ErlangenNürnberg haben sie nur das herausgesucht, was gegen den Antrag spricht. Das ist nicht in Ord nung. Die ProArgumente aus ErlangenNürnberg, zum Beispiel die geringeren Kosten, hätten genauso berücksichtigt werden müssen. Deswegen noch ein Appell an die fränkischen Abgeordneten: Stimmt trotz alledem – ich glaube es allerdings nicht – aus diesen Gründen für diesen Antrag! Die Altbayern sollten aus Solidarität natürlich auch mitstimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Heute geht es um eine sehr interessante Diskusson: Gleichwertige Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern. Wir feiern 70 Jahre Bayerische Verfassung. In Artikel 3 ist jetzt an prominenter Stelle genau diese Passage eingebaut worden. In der Verfassung steht sehr viel, was auch grundsätzlich in Ordnung ist, aber nicht umgesetzt wird. Deswegen haben wir ja die Enquete-Kommission eingerichtet. Ich muss sagen: Auch dank der SPD-Landtagsfraktion haben wir dieses Thema vorangebracht und schon einiges erreicht, und das ist gut so. Was wollen wir denn? – Wir wollen Bayern ins Gleichgewicht bringen. Das heißt, dass sich eine Boom-Region nicht so entwickelt, dass es nicht mehr gut ist, weil bestimmte Probleme auftauchen – wir sehen das in München mit Blick auf Verkehr und Wohnungen –, während andere Regionen einfach abgehängt werden. Deswegen müssen wir konkrete Maßnahmen ergreifen. Deswegen auch unser Antragspaket. Ich hoffe auch, dass bei der CSU umgedacht und diesem Antragspaket zugestimmt wird.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, gerade beim Straßenbau hinken wir in Bayern weit hinterher. Wir wissen, dass wir bei über 40 % der Staatsstraßen Sanierungsbedarf haben. Auch beim kommunalen Straßenausbau haben wir erhebliche Mängel. Deswegen haben wir mit unseren Anträgen ja auch ein Sonderförderprogramm auf den Weg bringen wollen. Diese Anträge sind mit Sicherheit notwendig und sinnvoll; denn natürlich gibt es ein Programm, mit dem der Straßenunterhalt nach Artikel 13b Absatz 2 gefördert wird. Diese Mittel reichen aber nicht aus. Deswegen gibt es ein Auseinanderdriften. Reiche, finanziell gut ausgestattete Gemeinden können sich den Unterhalt selber leisten; sie brauchen die Zuschüsse nicht. Gerade aber Kommunen in strukturschwachen Gebieten und Kommunen mit finanziellen Schwierigkeiten
bräuchten die Fördermaßnahmen, damit sie vor allem auch kleinere Ausbaumaßnahmen durchführen können.
Deswegen sage ich zum Schluss: Gerade die Straßen sind eine Visitenkarte eines Ortes. Sie sind notwendig für die Pendler, für die Anwohner selber, aber sie sind auch Aushängeschild und damit auch für den Tourismus wichtig und wertvoll. Deshalb brauchen wir die Unterstützungen, die wir jetzt gefordert haben. Dies gilt analog ebenso für die Brücken.
Daher noch einmal: Wir werden gleichwertige Lebensverhältnisse nur erreichen, wenn etwas Konkretes umgesetzt wird. Deshalb fordere ich Sie auf und bitte Sie, diese Anträge entsprechend zu unterstützen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zu vorgerückter Stunde ein Antrag über Verladestationen. Da könnte einer fragen: Muss das jetzt sein, müssen wir uns damit beschäftigen? Die meisten werden in der Problematik nicht so drinstecken. Was sind überhaupt Verladestationen, wer betreibt die?
Ich habe diesen Antrag deswegen hier ins Parlament eingebracht, weil ich mich geärgert habe, dass eine sinnvolle Sache, die eigentlich jeder befürworten muss, weil es eben um Strukturpolitik in Bayern geht, vor allem aus Prinzip abgelehnt worden ist.
Worum geht es? – Wir alle, die wir mit dem Auto unterwegs sind, schimpfen über die vielen Lkws. Wir wissen, die Lkws sind notwendig für unsere Wirtschaft, damit alles brummt. Aber wir wissen auch, dass es natürlich sehr viel sinnvoller wäre, wenn wir
gerade im Güterverkehr einen Teil auf die Schiene verlegen könnten und dann viele Transporte über die Schiene stattfinden. Das ist eigentlich so selbstverständlich, dass es jeder sofort unterschreibt.
Es gibt auch viele Bemühungen in diese Richtung. Aber jetzt macht die DB AG meiner Meinung nach genau das Falsche, und zwar bundesweit, auch in Bayern. Es betrifft insgesamt 210 Verladestationen, die geschlossen werden sollen. In Bayern sind davon 32 Stationen betroffen.
Es ist jedem klar, auch in der CSU: Diese Pläne bedeuten, dass die Regionen, vor allem die strukturschwachen Regionen, noch weiter geschwächt werden; denn wenn Güter dort nicht mehr auf der Schiene transportiert und auf Lkws umgeladen werden müssen, entsteht natürlich nicht nur mehr Verkehr, was wir ablehnen, sondern es wird auch die ganze Region geschwächt, weil viele Unternehmen dann woanders hinziehen, wo sie ihre Güter wieder auf der Schiene transportieren können. Deswegen halte ich es für sinnvoll, wenn wir uns für diese Stationen einsetzen.
Ich werde meinen Antrag, um der CSU entgegenzukommen, noch ein wenig ändern. Mir ist bei den Recherchen, vor allem, als ich mit den einzelnen Betriebsräten gesprochen habe, auch klar geworden, dass wir uns nicht für alle 32 Stationen einsetzen sollen, wie ich es ursprünglich gefordert habe. Ich habe gedacht, wir sollten überprüfen und uns für sie einsetzen. Bei allen 32 Stationen ist das aber sicher nicht sinnvoll; denn wenn im ganzen Jahr nur noch zehn Waggons irgendwo auf einer Verladestation bedient werden, dann sage ich, es ist nicht sinnvoll, dass wir uns dafür noch einsetzen.
Ein Beispiel, wo es wirklich Sinn macht, betrifft die Firma Zapf in Weidenberg. Weidenberg liegt in meinem Stimmkreis, im Landkreis Bayreuth. Der Ort wird nicht weiter bekannt sein, aber die Produkte sind bekannt. Es werden dort Fertiggaragen hergestellt, und zwar insgesamt 6.000 Fertiggaragen pro Jahr. ZapfGaragen ist vielleicht ein Begriff. Ich darf hier noch ein wenig Schleichwerbung für die Region machen. ZapfGaragen werden in ganz Deutschland, in ganz Europa ausgeliefert. Ich habe mir die Verladestation dort selbst angeschaut. Mir wurde von der Geschäftsführung mitgeteilt, dass sie jetzt massiv auf die Schiene verlagern will. Sie wollen also schauen, dass von den 6.000 Garagen im Jahr 1.200 Garagen jährlich auf die Schiene kommen. Es macht wirklich Sinn, wenn sie ihre Garagen nach Bamberg oder Nürnberg fahren und dort mit Schiffen den Transport in weitere Entfernungen vornehmen.
Wenn zum Beispiel wie jetzt für einen Großauftrag in Wien 100 oder 200 Garagen geliefert werden, dann ist es natürlich ein Riesenaufwand, die auf der Straße über diese große Entfernung zu transportieren. Es macht sehr viel Sinn, wenn man diese große Menge auf der Schiene in die weit entfernte Stadt Wien transportieren kann. Deswegen bitte ich eindringlich darum, diesem Antrag zuzustimmen.
Walter Nussel hat im Ausschuss gesagt, der Antrag werde abgelehnt, weil wir nicht in die Marktwirtschaft eingreifen könnten. Vor Eingriffen des Staates in die unternehmerischen Entscheidungen sei zu warnen. Dazu muss ich sagen: Die Deutsche Bahn ist eben kein normales Unternehmen und DB Cargo erst recht nicht.
Da müssen wir Einfluss nehmen, und das machen wir doch auch täglich. Wir kümmern uns um barrierefreie Bahnhöfe. Wir schreiben auch, die Staatsregierung solle sich dafür einsetzen, obwohl wir natürlich wissen, dass die Staatsregierung nicht alle Bahnhöfe in Bayern barrierefrei gestalten kann. Trotzdem fordern wir sie auf. Etwas anderes verlangt dieser Antrag auch nicht.
Ich möchte unbedingt, dass die CSU zustimmen kann. Deshalb ändere ich den Antrag der SPD in der Art, dass nunmehr formuliert werden soll, die Staatsregierung werde aufgefordert, deutlich gegen die Pläne der DB Cargo Stellung zu nehmen. Dagegen kann man wohl nichts haben.
Ursprünglich hat es geheißen: "… und Einfluss zu nehmen …" Das ändere ich in: "… und sich auf Bundesebene dafür einzusetzen …" Sich auf Bundesebene einsetzen – ich denke, das kann man schlichtweg nicht ablehnen.
In dem Antrag hat es geheißen: "… damit eine Schließung der 32 gefährdeten Verladestationen in Bayern verhindert wird". Da ziehe ich etwas zurück.
Ja. – Ich weiß, alle 32 können wir nicht erhalten, aber mindestens fünf oder sechs oder sieben sind mir bekannt. Ich meine, man sollte den Text dahingehend ändern, dass es heißt: "… damit eine Schließung der gefährdeten Verladestationen in Bayern, deren Erhaltung sinnvoll er
scheint, verhindert wird." Die Verladestation in Weidenberg zu schließen, wäre ein Schildbürgerstreich. Dort hat der Betrieb selber 30.000 Euro für den Anschluss gezahlt; jetzt soll sie nach dieser Liste geschlossen werden.
Ich bitte, dem Antrag in der so veränderten Form zuzustimmen. Das wäre ein Zeichen, dass man einen sinnvollen Antrag, auch wenn er von der SPD kommt, unterstützen kann.
Sehr geehrter Herr Kollege Reichhart, ich bin froh über Ihre Ausführungen; sie gehen genau in die richtige Richtung. Ich unterstütze auch das breite Bündnis, das wir hier haben; es wird von unserem Redner noch betont werden.
Ich bin ein Verfechter des NPD-Verbots. Ich bin froh darüber, dass wir im Bundesrat so weit gekommen sind. Allerdings möchte ich hier etwas richtig stellen bzw. das Ganze einordnen: Es war ein Antrag der SPD, der, ausführlich begründet, das NPD-Verbot gefordert hat. Wir haben also die Initialzündung gegeben, und alle anderen haben sich dankenswerterweise angeschlossen. Aber es soll schon auch hier betont werden, dass wir Sozialdemokraten dieses auf den Weg gebracht haben und froh sind, dass sich das so entwickelt. – Das wollte ich nur anmerken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auf der
einen Seite sind wir wirklich erschüttert, wenn wir heute wieder die Überschriften in den Zeitungen lesen und brennende Häuser sehen, in die Asylanten aufgenommen werden sollen oder in denen sie wohnen. Wir sind erschüttert, weil wir so etwas schon einmal erlebt haben. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Überrascht bin ich nicht. Nach wie vor gibt es einen rechten Bodensatz. Wir wissen, dass die Rechten gerade in Krisensituationen – und eine solche Krisensituation haben wir jetzt – ihre dumpfen Parolen formulieren und vom rechten Bodensatz Beifall bekommen.
In der Weimarer Republik haben wir erlebt, dass in Krisensituationen Anfang der Dreißigerjahre die NSDAP stark geworden ist. Heute sehen wir, dass die rechten Rattenfänger aus ihren Löchern kommen, diesmal unter dem Tarnmantel von Pegida und AfD. Dagegen müssen wir gemeinsam vorgehen, dagegen müssen wir gemeinsam etwas tun.
Es ist schon gesagt worden: Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zündeln; denn der Ton macht die Musik. Wenn Hans-Peter Uhl davon spricht, dass in Deutschland nicht mehr die Sicherheitsbehörden, sondern kriminelle Schlepperbanden bestimmen, wer über die Grenzen kommen dürfe,
und wenn er dann noch fortfährt, dass der Bund jedem alles geben wolle, statt das Gesundheitssystem zu schützen und zu sanieren, dann klingt das zunächst recht harmlos. Von meinem Kollegen Horst Arnold ist aber schon gesagt worden: Die Rechten sehen das als Aufforderung, gegen unseren Staat vorzugehen. Das ist gefährlich, und deswegen bitte ich Sie, nicht zu zündeln.
Wir haben es gehört: In Fernsehdebatten bezeichnet Beatrix von Storch Deutschland als Bananenrepublik und spricht davon, dass Frau Merkel nicht nur abdanken, sondern auch aus Deutschland flüchten und in einem anderen Land ihre Memoiren schreiben solle. Für mich ist es ungeheuerlich, wenn aus dieser rechten Ecke solche Töne kommen.
Das Zweite: Wir müssen die Zivilgesellschaft stärken. Ich bin immer froh und stolz, wenn Tausende andere,
linke Kräfte und demokratische Kräfte dagegen demonstrieren, wenn hundert Rechte auf die Straße gehen. Das ist die richtige Antwort, meine Damen und Herren.
Zur Zivilgesellschaft gehören auch die Tausende oder Zehntausende von Helfern, die wir in München, in Bayern und in ganz Deutschland erlebt haben, die den Flüchtenden geholfen haben. Auch das verdient Respekt. Das ist die richtige Antwort.
Als Drittes – es ist schon erwähnt worden – möchte ich die Prävention bei Kindern und Jugendlichen ansprechen. Für mich heißt Prävention weniger verordnete, sondern mehr gelebte Demokratie an den Schulen. Darin besteht ein Unterschied. Wir müssen die Debattenkultur an allen Schularten wieder stärken. Erst wenn einer zu diskutieren lernt, erst wenn er nachzudenken lernt, ist er gegen rechte Parolen gefeit.
Das muss unser Ziel sein. Natürlich müssen wir – das ist von der CSU schon angesprochen worden – auch Lernorte außerhalb der Schulen schaffen. Das, was wir jetzt in Hersbruck gestaltet haben, ist richtig. Eines ist mir auch klar: Wenn sich einer vor Ort in den KZGedenkstätten aktiv mit den Verbrechen der Nazis auseinandersetzt, ist er zwar nicht völlig gegen rechte Parolen gefeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass er auf rechte Parolen hereinfällt, ist aber sehr viel geringer. Deswegen sind auch diese Lernorte die richtige Antwort.
Lassen Sie mich zum Schluss noch Folgendes betonen: Gerade aufgrund der Erfahrungen aus der Weimarer Republik müssen wir in diesem Haus trotz hitziger Debatten als demokratische Parteien zusammenhalten. Im Mittelpunkt muss stehen, dass wir anders als damals in der Weimarer Republik gegen die Rechten zusammenstehen und deutlich zeigen, dass wir keine Schwatzbude sind, wie es damals geheißen hat. Wir müssen darum ringen, dass es den Menschen gut geht, dass es unserem Land gut geht und dass wir gemeinsam gegen die rechten Kräfte vorgehen.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in Bayern, was die Medienvielfalt anbelangt, auch meiner Meinung nach recht gut aufgestellt, ebenso bei den Radio- und Fernsehprogrammen. Wir haben insgesamt drei Säulen, und das ist auch gut so, oder besser gesagt zwei Säulen und ein kleines Säulchen. Die erste Säule ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, unser Flaggschiff, der Bayerische Rundfunk. Dann haben wir die privaten Fernsehsender und die privaten Rundfunkanstalten. Das sind die beiden Säulen. Schließlich haben wir das Säulchen, um das es heute geht, nämlich das Community Radio, die Bürgerradios.
Natürlich geht es vor allem um die Finanzierung. Wir wissen, dass die beiden ersten Säulen ganz gut finanziert sind. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk geht es um zehnstellige Beträge. Hinsichtlich der lokalen Rundfunksender und lokalen TV-Sender haben wir im Bayerischen Landtag Beschlüsse gefasst und gesagt: Wir müssen sie unterstützen; es geht nicht, dass sie sich nur mit Werbung finanzieren müssen. Deswegen haben wir gemeinsam ein Finanzierungsmodell gefunden. Es fehlt leider bei der dritten Säule, den Community Radios; denn sie haben so gut wie keine Werbung und können sich auch selber kaum finanzieren. Ich spreche jetzt von den beiden Radiosendern LORA in München und Radio Z in Nürnberg. Es sind hauptsächlich Ehrenamtliche, die diese Rundfunkanstalten betreiben und die Sendungen produzieren.
In unserem Gesetzentwurf haben wir jetzt eine Basisfinanzierung vorgesehen, die sicherstellen soll, dass weiterhin gut gearbeitet werden kann. Dass die Arbeit sinnvoll ist, wird, glaube ich, auch vom ganzen Hohen Haus gesehen. Es wurde ja auch schon gesagt, dass es vonseiten der CSU eine Unterstützung der Sache gibt. Man meint allerdings, dass man das über das Medienrecht und über die BLM regeln soll. Wir glauben, dass es gut ist, wenn auch wir hier im Bayerischen Landtag ein Zeichen setzen und sagen, dass uns diese Rundfunkanstalten einen Gesetzentwurf wert sind, in dem wir festlegen, was wir wollen, und auch die Finanzierung sicherstellen.
Ich möchte jetzt nicht intensiv darauf eingehen, warum die Community Radios sinnvoll sind. Darauf wurde schon in der Ersten Lesung und in den Ausschusssitzungen ausführlich hingewiesen. Es geht hier um eine Nische, aber eine wichtige Nische. Es geht darum, dass wir Gruppen, die weder im öffentlich-rechtlichen noch im privaten Rundfunk zum Zuge kommen, eine Plattform geben. Es geht um kleine Gruppen, die zum Beispiel Flüchtlinge mit Sendungen in deren Sprache bedienen können. Dafür stehen ihnen aber leider oft nur ungünstige Zeiten zur Verfügung. Ich glaube, dass das beantragte Gesetz zur Medienvielfalt dazu beiträgt, dass sich unsere Demokratie in den Radios widerspiegelt und dass wir den Gruppen – ich habe es schon gesagt – eine Plattform geben, auf der sie sich äußern können.
Das sollten wir unterstützen. Ich bitte Sie, sich noch einmal zu überlegen, ob Sie nicht doch zustimmen können. Wir haben aber bei den 100 Abstimmungen heute schon gesehen, dass es sehr schwer ist, jemanden vor allem noch in der Zweiten Lesung zu überzeugen. Sollte dem Gesetzentwurf also nicht zugestimmt werden, kündige ich heute schon an – ich bin selbst Mitglied des Medienrats –, dass wir den Weg über die BLM und den Medienrat versuchen werden, um hier Mehrheiten zu bekommen. Wir werden einen Vorstoß unternehmen, dass die betroffenen Radios eine Unterstützung und eine Basisfinanzierung bekommen, die wir – das möchte ich noch einmal sagen – bei den anderen nicht in der gleichen Art brauchen. Aber ich bitte noch einmal, darüber nachzudenken. Vielleicht kann die CSU dem Gesetzentwurf, obwohl sie ihn vorher abgelehnt hat, in der Zweiten Lesung zustimmen. Zumindest werbe ich dafür.
Herr Kollege Blume, Sie haben dieses Fördervolumen genannt. Da sollten Sie aber hinzufügen, was bei Radio Z und bei Radio LORA wirklich hängenbleibt. Die Summe von 480.000 Euro klingt im ersten Moment recht groß. In der hier eingereichten Petition sind die Fördersummen im Einzelnen genannt. Radio Z bekommt 27.000 Euro, Radio LORA 18.000 Euro. Wenn man weiß, welcher Aufwand für die Herstellung von Sendungen notwendig ist, ich denke nur an die ganze Technik, dann muss man doch eigentlich erkennen, dass es sich hier nicht um große Beträge handelt. Diese 480.000 Euro, von denen Sie sprachen, reduzieren sich dann auf nicht einmal 50.000 Euro für diese beiden Stationen. Da ist mir rätselhaft, wie man mit so wenig Geld überhaupt Rundfunk machen kann. Deswegen wollen wir eine Basisfinanzierung, die keine horrenden Beträge ausmacht, aber doch ein bisschen über das hinausgeht, was sie jetzt bekommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Situation ist mit Blick auf das Geschehen am letzten Wochenende in Frankreich und darauf, was in den letzten Jahren in Deutschland – auch bei uns in Bayern – in Bezug auf Anschläge auf Flüchtlinge passiert ist, schwierig. Wir müssen hier mit einfachen Antworten sehr vorsichtig sein. Eines dürfen wir jedenfalls nicht tun: Ängste schüren und die Terroranschläge in irgendeiner Art mit der Flüchtlingsproblematik in Verbindung bringen. Das wäre das Allerschlechteste.
Das wäre auch unverantwortlich; denn wir wissen, dass wir dadurch gerade die Menschen, vor denen wir warnen, zu weiteren entsprechenden Taten ermutigen und ermuntern, weil dadurch ihre Taten gerechtfertigt werden. Rechtspopulismus kann sehr schnell zu Rechtsradikalismus führen, und das müssen wir vermeiden.
Die Ideologie des Rechtsextremismus und des Rassismus ist nicht mit einfachen Mitteln zu bekämpfen, sondern ihr ist nur mit langfristigen Handlungskonzepten entgegenzuwirken. Das Stichwort heißt: demokratische Bildung in den Schulen stärken und präventive Maßnahmen auf allen Ebenen einleiten. Das ist besser als populistische Sprüche, mit denen man die Rechtspopulisten und Rechtsradikalen nur noch mehr zu entsprechenden Taten auffordert. Ich habe dies bereits gesagt.
Es wurden bereits viele Vorschläge gemacht. Ich möchte hier ausdrücklich sagen: Es ist nicht so, dass in den letzten Jahrzehnten in unserer Gesellschaft und in unseren Schulen nicht viel passiert wäre. Die einzelnen Organisationen sind bereits angesprochen worden. Es gibt seit zehn Jahren das Bayerische
Bündnis für Toleranz mit Sitz in Bad Alexandersbad. Die SPD-Fraktion hat schon einen Preis verliehen; denn diese Organisationen leisten eine hervorragende Arbeit, was die Kooperationen innerhalb der lokalen Bündnisse anbelangt.
Die Initiative "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" ist bereits von meiner Vorrednerin Frau Trautner angesprochen worden. Auch dieses Projekt habe ich an Schulen mehrfach besucht. Ich kann nur alle Abgeordneten auffordern, über diese 300 Schulen hinweg die genannte Initiative weiter zu fördern; denn da wird über Learning by Doing Vorbildliches geleistet. Dabei treten die Lehrer zusammen mit den Schülern aktiv für die Menschenwürde und gegen Fremdenfeindlichkeit ein. Es wäre gut, wenn hier auch Abgeordnete Partnerschaften übernähmen und diese Sache weiter voranbrächten.
Auch das Programm des Bundes "TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN", unterstützt von der SPD und jetzt auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion nochmals mit einer Mittelerhöhung ausgestattet, ist sinnvoll.
Jetzt komme ich zu den Forderungen. Allerdings brauchen wir für Bayern auch ein Gesamt- und Handlungskonzept, um Initiativen zusammenzuführen. Das muss unser Ziel sein.
Hier möchte ich auch die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ansprechen. Durch die Neuaufstellung ist frischer Wind in die Organisation gekommen. Wir haben im Bayerischen Landtag viele Male darüber diskutiert. Ich glaube, dass hier die Richtung in Bezug auf den Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus wieder stimmt. Allerdings müssen wir auch die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit mit mehr Personal und besseren Mitteln ausstatten. Das ist notwendiger, als nur entsprechende Reden zu halten. Insofern sind die Staatsregierung und das Kultusministerium aufgefordert, die auf den Weg gebrachten Initiativen aktiv zu unterstützen.
Zum Schluss möchte ich den zahlreichen engagierten Bürgerinnen und Bürgern in Bayern Dank sagen. Das unterscheidet uns kolossal von der Weimarer Republik – ich habe es bereits angesprochen –, in der es kein solches Engagement der Bürgerinnen und Bürger gab. Wir haben in der letzten Woche in Wunsiedel und in vielen anderen Orten wieder erlebt, dass dann, wenn 100 Rechtsextreme auf die Straße gehen, 1.000
oder 2.000 Bürger dagegen demonstrieren. Dieses gesellschaftliche Engagement müssen wir weiter unterstützen. Deswegen finde ich die Debatte, die wir heute führen, und das Angebot der CSU gut. Aber den Abstimmungen müssen Taten folgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frau Präsidentin! Ein Zwischenbericht soll ein kritischer Rückblick sein. Wir werden feststellen, was gut gelaufen ist. Für mich ist ein Zwischenbericht aber auch immer ein Blick in die Zukunft. Was können wir verbessern? Was können wir in dieser Enquete-Kommission noch besser auf den Weg bringen? Diese Analysen unserer Arbeit haben summa summarum zweierlei gezeigt: Mit dem ersten positiven Ergebnis fange ich an. Es läuft in Bayern gut. Auch im Vergleich mit anderen Bundesländern läuft es gut. Allerdings müssen wir auch feststellen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Das
heißt, wir haben nach wie vor deutliche Defizite, vor allem wegen der unterschiedlichen Entwicklung der Regionen. Deswegen gibt es sowohl in der EnqueteKommission wie auch in der gesamten Politik noch sehr viel zu tun. Wir müssen uns stark anstrengen, damit wir das Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse auch wirklich erreichen.
Was wurde bisher gemacht? - In den ersten Sitzungen haben wir darüber diskutiert, was überhaupt gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen sind. Wie werden sie definiert? Schnell ist dabei klar geworden, dass wir in Bayern keine gleichartigen Regionen wollen. Jede Region ist anders geprägt, nicht nur landschaftlich, sondern auch kulturell und geschichtlich. Es gibt unterschiedliche Bräuche und Dialekte und natürlich auch regionale Spezialitäten, auf die jeder und jede stolz sind. Das ist auch gut so. Gerade diese Vielfalt macht den Reiz von Bayern aus. Das sagen auch wir Sozialdemokraten ganz ausdrücklich.
Gleichwertig ist etwas anderes als gleichartig. Zusammen mit den Experten haben wir den Terminus "räumliche Gerechtigkeit" in den Mittelpunkt gestellt. Jeder Bürger soll in seiner Gemeinde oder seiner Stadt die Chance erhalten, sich vor Ort zu verwirklichen. Er soll nicht gezwungen werden, in andere Regionen, nämlich in Metropolregionen, zu ziehen, um ein sicheres Auskommen zu haben. Dieser Umzug, diese Umstrukturierung insgesamt ist für beide Teile von Nachteil. Zum einen kommt es durch solche Umzüge zur Entvölkerung von Orten mit allen Nachteilen. Die Orte werden dadurch einfach unattraktiv. Zum anderen entsteht in den Ballungs- und Boomregionen ein Wachstumsdruck. Das führt ebenfalls zu großen Problemen.
Ich möchte es plakativ an drei Beispielen erläutern. Das erste Beispiel: In München und seinem Umland explodieren die Immobilienpreise. Die Mieten sind für viele Normalverdiener kaum mehr zu bezahlen. In anderen Teilen Bayerns stehen viele Häuser leer. Leere Schaufenster – ich habe es am Anfang nicht geglaubt, aber es wird gemacht – werden dekoriert, um das triste Bild eines Ortes einigermaßen zu kaschieren.
Das zweite Beispiel: In den Metropolregionen ist der Verkehr kaum mehr zu bewältigen. In München soll und muss eine zweite S-Bahn-Stammstrecke gebaut werden. Die Experten und der Oberbürgermeister sind deswegen gerade zu Gesprächen in Berlin; denn dieses Projekt kostet die Kleinigkeit von zwei bis drei Milliarden Euro. In anderen Räumen, nämlich in den Räumen mit besonderem Handlungsbedarf, wie sie so schön heißen, kann der ÖPNV kaum mehr finan
ziert werden. Bus- und Bahnverbindungen werden eher reduziert.
Das dritte Beispiel: In vielen Orten Nordostbayerns mussten und müssen Schulen schließen, weil die Schülerzahlen drastisch zurückgehen. Die Schulgebäude stehen dann leer. Die Kommunen werden aber doppelt belastet, einmal weil sie für ihre Schüler keine Schule mehr haben, zum anderen können sie mit dem Gebäude oft nichts mehr anfangen. Auf der anderen Seite hat die Stadt München laut "Süddeutscher Zeitung" vom Oktober 2015 berechnet, dass in den nächsten 15 Jahren neun Milliarden Euro für Schulneubauten ausgegeben werden müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das macht doch keinen Sinn!
Deswegen muss es Ziel der Enquete-Kommission sein, Bayern wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Nach wie vor haben wir ein Bayern der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. In den Boomregionen ist Bayern ein Sprinter mit Rückenwind. In den benachteiligten Gebieten ist es ein Läufer, der immer noch einen Klotz am Bein hat. Dann wundert man sich darüber, dass die beiden nicht gleichzeitig ins Ziel kommen.
Der Heimatbericht der Staatsregierung – Herr Söder, aufgepasst! – zeichnet ein sehr positives Bild. Die wirtschaftlichen Unterschiede in Bayern haben stark abgenommen - so steht es in Ihrem Vorwort, sehr geehrter Herr Minister. Wir wissen alle miteinander, dass unser Minister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, wie er sich nennt, oft übertreibt.
Deswegen haben wir die Zahlen natürlich genauer angeschaut. Ein Experte der Enquete-Kommission – wir haben die Experten schon gelobt -, Herr Dr. Sträter, der die Parlamentsdebatte hier mit verfolgt, ist zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen.
Ich möchte nur ein Beispiel nennen, das Bruttoinlandsprodukt in Bayern. Es ist ein wichtiger Indikator der wirtschaftlichen Entwicklung. Im Heimatbericht werden ausgerechnet die Jahre 2006 und 2012 verglichen. Man kommt dann zu dem Ergebnis, dass es im ländlichen Raum in diesem Zeitraum vorwärtsgegangen ist: Wir haben dort eine Steigerung von 22 %. Im Verdichtungsraum waren es lediglich 17,9 %. Logisch,
daraus schließt man: Der ländliche Raum hat deutlich aufgeholt. – Doch wie heißt es so schön? – Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, wobei ich nicht unbedingt sagen will, dass die Zahlen gefälscht worden sind. Aber man hat eben gerade die günstigsten Zahlen verglichen. Wer lediglich zwei Jahre vergleicht, um daraus einen Trend abzuleiten, macht es sich zu einfach;
denn – jetzt kommt der politische Teil, und der ist sehr kompliziert – betrachtet man die Entwicklung in den letzten Jahren, kann man feststellen, dass sich der Abstand im Jahr 2008 zwar verringert hat; das stimmt. Er ist von 11 % auf 7,7 % zurückgegangen, aber das liegt an der Wirtschaftskrise. Die Schere ist 2011 und 2012, als es wieder wirtschaftlichen Aufschwung gegeben hat, erneut deutlich auseinandergegangen; da ist der Abstand auf 8,6 % gestiegen.
Wenn wir einmal im Abstand von 20 Jahren vergleichen, kommen wir ebenfalls zu einem ganz anderen Ergebnis. So heißt es in der angesprochenen Studie – ich zitiere: Die Trendlinie zeigt, dass von einem Anstieg des Anteils des ländlichen Raums am gesamtbayerischen Bruttoinlandsprodukt keine Rede sein kann, im Gegenteil. Sie zeigt, dass der Anteil des ländlichen Raums sogar gesunken ist. – Die Schere geht also leider nicht zusammen. Das wurde übrigens auch bei der Anhörung der Enquete-Kommission mit den kommunalen Spitzenverbänden über den kommunalen Finanzausgleich deutlich zum Ausdruck gebracht. Herr Dr. Dirnberger als Vertreter des Bayerischen Gemeindetags, der die Gesamtentwicklung wie kaum ein anderer kennt, äußerte wörtlich: "Wir nehmen im Augenblick nur wahr, dass die Schere zwischen Strukturschwäche und Strukturstärke immer noch auseinandergeht." Recht hat er, und deswegen müssen wir hier deutlich andere Akzente setzen, als es bisher gemacht worden ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind schon ganz wichtige Ergebnisse der Enquete-Kommission. In der Stellungnahme im Rahmen der Anhörung wurde übrigens auch deutlich, dass die kommunalen Spitzenverbände trotz einer Erhöhung der Finanzzuweisungen mit der Gesamtentwicklung keineswegs zufrieden sind. Hier wurden auch das Konnexitätsprinzip – da gibt es eigentlich nur Kritik -, der kommunale Finanzausgleich und die Stabilisierungshilfen, die insgesamt begrüßt werden, angesprochen. Wir müssen eben schauen, dass neue Mittel dazukommen und dass nicht nur umverteilt wird.
Ich komme zum Schluss, und ich habe natürlich – wie könnte es anders sein – auch noch einige kritische Anmerkungen: Erstens. Trotz großen Aufwands ist die öffentliche Resonanz auf die Arbeit der Enquete-Kommission meiner Meinung nach bescheiden und noch zu gering. Wir sollten deshalb diskutieren, ob die Sitzungen nicht insgesamt und grundsätzlich öffentlich gestaltet werden sollten. – Zum Zweiten sollten wir noch zielgerichteter arbeiten. Wir sollten uns wirklich überlegen, welche konkreten Forderungen wir haben. Das Unverbindliche steht mir hier noch viel zu stark im Vordergrund.
Gerade bei der letzten Anhörung der kommunalen Spitzenverbände haben wir gesehen, wie wichtig es ist, mit den Betroffenen zu diskutieren. Auch das sollten wir noch verstärken. Das heißt, die betroffenen Verbände und Vereine müssen noch intensiver eingebunden werden. Ich hoffe, dass uns das gerade beim Thema Jugend gelingt. Das haben wir nach der Winterpause als Erstes auf dem Plan.
Aber natürlich möchte ich auch einiges positiv erwähnen. Insgesamt entwickelt sich die Arbeit in der Enquete-Kommission gut, und ich hoffe, dass diese Zusammenarbeit auch bis zum Ende gut und zielorientiert bleibt. Dann, wenn der Bericht erarbeitet wird, wird es nämlich noch spannend; wir kennen das von anderen Ausschüssen. - Dem Vorsitzenden danke ich recht herzlich für seine souveräne Art, die Sitzungen zu führen.
Allen Abgeordneten der CSU und auch der anderen Parteien möchte ich ebenfalls danken. Aber gegenüber den CSU-Mandatsträgern sei mir doch die Anmerkung erlaubt, dass ich noch mehr erwarte und mir wünsche, dass Sie noch mehr Vorschläge einbringen, um das Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse in Bayern zu erreichen.
Natürlich geht mein Dank auch an die Experten; sie sind wirklich eine Bereicherung, weil sie Sachverstand von außen einbringen und auf dem Weg zum Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse unabhängig von irgendwelchen politischen Richtungen gute Impulse geben. Mein Dank gilt auch Herrn Heigl vom Landtagsamt; das ist schon angesprochen worden. Man merkt, Herr Heigl, Ihre große, jahrzehntelange Erfahrung im Landtag; sie tut uns allen entsprechend gut. Ich möchte auch den Mitarbeitern in den Fraktionen recht herzlich danken.
Zusammenfassend stelle ich fest: Die Tatsache, dass dieses Ziel in der Bayerischen Verfassung steht, und die Einsetzung der Enquete-Kommission – das soll noch einmal erwähnt werden – gehen auf Initiativen der SPD zurück.
Sonst sagt man immer, als Opposition bringt man nicht so viel auf den Weg. Hier ist uns das, glaube ich, wirklich einmal gelungen. Und es ist Bewegung in das Thema Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gekommen. Wir haben auch gemerkt, dass viele Interessierte gespannt warten, welche Ergebnisse wir erzielen. Nicht nur in Bayern, sondern auch in Berlin und in anderen Bundesländern schaut man auf unsere Enquete-Kommission; denn die Probleme sind in ganz Deutschland und vor allem in den neuen Bundesländern extrem. Deswegen hoffe ich, dass wir hier vorankommen. In einem reichen Land wie Bayern muss es das Ziel sein, Vorreiter zu sein
und den anderen Regionen zu beweisen, dass sich alle Landesteile positiv entwickeln können, ohne dass einer abgehängt wird. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten es uns nicht zu einfach machen. Beim Hinweis auf den Rechtsstaat, auf deutsche Behörden und darauf, dass wir keine rechtlichen Entscheidungen revidieren sollten, frage ich mich: Warum haben wir dann überhaupt einen Petitionsausschuss, in dem wir uns solche Fälle vorlegen lassen?
Dann könnten wir gleich sagen: Es ist so entschieden, die Staatsregierung gibt ihre Stellungnahme ab, also schließen wir uns dem an - Ende. Dann brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren. Wenn wir so verfahren, brauchen wir über solche Fälle im Petitionsausschuss gar nicht mehr zu diskutieren. Wir sind doch dafür da, dass wir sagen: Recht und Gesetz sind das eine, aber im Einzelfall ist eben festzustellen, ob wir hier einen Härtefall haben, ob wir uns einmal über Recht und Gesetz setzen müssen, weil wir aus Menschlichkeit oder aus christlicher Barmherzigkeit handeln müssen. Gott sei Dank gibt es gelegentlich Fälle, in denen wir im Petitionsausschuss und auch hier im Landtag rechtliche Entscheidungen revidieren und einer Familie helfen, Gott sei Dank, sage ich.
Bei der Härtefallkommission ist es genauso. In der Härtefallkommission werden ebenfalls Fälle behandelt, die rechtlich zu Ungunsten der Petenten entschieden worden sind, über die wir uns aber in der Härtefallkommission Gedanken machen und dort anders entscheiden. Das ist in der Härtefallkommission eigentlich immer so. Die Fälle, die dort angenommen werden, werden positiv entschieden; das nur als Vorbemerkung.
In der Stellungnahme zur Petition heißt es, dass in Serbien ein staatlicher Schutz besteht. Daran habe ich meine allergrößten Zweifel; denn wir wissen doch, dass Roma dort Menschen zweiter Klasse sind. Hier haben wir eine alleinstehende Frau, die schon in Konflikt mit den örtlichen Polizeibehörden geraten ist und in diese kein Vertrauen mehr hat. Dagegen, dass hier gesagt wird, es gäbe hinreichend staatlichen Schutz, habe ich große Bedenken.
Das Zweite: Man muss die Gesamtsituation betrachten. Bei uns hält sich eine alleinstehende Frau mit fünf Kindern auf. Die fünf Kinder schicken wir auch zurück, obwohl sie versuchen, hier Fuß zu fassen. Zu dem, was in der Stellungnahme steht, weiß ich überhaupt nichts mehr zu sagen. Da haben wir einen Säugling, der ein halbes Jahr alt ist. In der Petition heißt es: Seitens des Bundesamts liegt noch keine Entscheidung über den Ausgang des Asylverfahrens des Säuglings vor. – Na wunderbar, wenn der hierbleiben darf, während die ganze restliche Familie heimgeschickt werden soll! Was soll denn der Blödsinn? – Das hat jetzt überhaupt keinen Sinn, egal, ob es positiv oder negativ ausgeht.
Wir Sozialdemokraten machen es uns nicht einfach. Wir sind auch im Petitionsausschuss in vielen Fällen der Meinung, dass wir nicht alle Eingaben positiv entscheiden können, dass wir nicht alle hierlassen können. Aber wir schauen uns den Einzelfall an. Deswegen kann ich nur sagen: Aus Menschlichkeit – das ist
der einzige Grund - sehen wir hier einen eindeutigen Härtefall. Und deswegen, allein aus diesem Grund, hat sich wohl auch der örtliche CSU-Abgeordnete, der die Familie und die Verhältnisse genau kennt, für die Familie eingesetzt – nicht nur, wie es jetzt heißt, für die Rückführung und dafür, dass da alles läuft. Er hat sich vielmehr hier für die Familie – er kann heute dazu Stellung nehmen -, für ein Bleiberecht der Familie eingesetzt, und so wurde das auch kommuniziert. Weil es ein echter Härtefall ist, gilt hier für uns – ich kann es noch einmal sagen – die christliche Barmherzigkeit. Deswegen sind wir dafür und haben uns im Petitionsausschuss dafür ausgesprochen, dass die Familie hierbleiben kann.
Die Überweisung an die Härtefallkommission macht keinen Sinn. Die Kriterien, um diesen Fall auf die Härtefallkommission abzuwälzen, sind - so sage ich mal hier nicht gegeben. Wir wissen, die Härtefallkommission wird den Fall auch gar nicht annehmen. Deswegen hilft uns das nicht weiter. Wir müssen heute entscheiden, und ich bitte darum, heute für die Familie positiv zu entscheiden.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich finde es gut, dass wir hier und heute nicht nur über die Flüchtlinge sprechen, auch kontrovers diskutieren, sondern dass wir im Hohen Hause auch etwas zum Rechtsextremismus und zum Rassismus sagen. Deswegen sage ich erst einmal herzlichen Dank an die GRÜNEN dafür, dass sie diesen Antrag eingebracht haben; denn ich sehe hier einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesen beiden Themen, also auf der einen Seite den Flüchtlingen und der mit Ihnen verbundenen Problematik, die wir haben, und auf der anderen Seite dem Rechtsextremismus und Rassismus.
In den letzten Tagen und Wochen haben wir gesehen, vor allem bei Pegida: Sie richten sich gegen die Flüchtlinge und sind in ihren Äußerungen und Reden ausländerfeindlich und damit rassistisch.
Sie nennen sich Patrioten, aber das hat mit Patriotismus überhaupt nichts mehr zu tun; denn nicht jeder, der seine Heimat liebt oder sich als Patriot bezeichnet, ist automatisch ein Rassist; das stimmt absolut nicht. Wer aber seine Nation, seine Rasse, seine Religion über alles andere stellt, ist ein Rassist. Das lehnen wir ab.
Wenn bei diesen Pegida-Demonstrationen Galgen gezeigt werden, an denen Frau Merkel und Herr Gabriel hängen, dann fühlen wir uns an das Dritte Reich erinnert. Jede Diskussion mit diesen Leuten – das möchte ich ausdrücklich sagen – ist gefährlich, und da hört bei mir die Debatte auf. "Rassismus", so hat auf einem Schild der Gegendemonstranten gestanden, "ist keine Meinung, Rassismus ist ein Verbrechen". Das möchte ich auch ganz deutlich sagen.
Mit diesen Dumpfbacken wollen wir absolut nichts zu tun haben. Ich sage das auch als Sozialdemokrat. Wir sind in der SPD sehr sensibel, wenn es um das Thema Rechtsextremismus und Rassismus geht. Ich sage das auch als einer, der im Hauptberuf Geschichte studiert hat. Wir sind gegen Rassismus, weil viele Sozialdemokraten im Dritten Reich in den Konzentrationslagern waren und ermordet wurden, nur weil sie eine andere Meinung hatten. Mit ihnen wurden Millionen von Juden und Angehörige von Randgruppen wie Bibelforscher, Homosexuelle oder Behinderte Opfer, derer wir heute noch gedenken. Deswegen sind wir als gebrannte Kinder, wenn ich das einmal so sagen darf, gegen Rassismus und gegen Rechtsextremismus.
Wir waren schon immer so eingestellt und haben das auch hier im Bayerischen Landtag immer deutlich gemacht. Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu diesen Themen zahlreiche Initiativen ergriffen und Anträge eingebracht. Ich möchte nur einige Beispiele nennen: zusammen mit den GRÜNEN in diesem Jahr einen Antrag über die Weiterentwicklung des bayerischen Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus. Der Antrag war richtig, er wurde leider abgelehnt.
Wir haben einen Antrag im Zusammenhang mit rechtsextremen Angriffen gegen engagierte Bürger eingebracht. Leider wurde auch er abgelehnt.
Im Jahr 2011 haben wir einen Antrag für ein gemeinsames Vorgehen gegen Rechtsextremismus formuliert. Leider wurde er ebenfalls abgelehnt.
Bei der Vorbereitung auf diesen Beitrag habe ich einen schönen Antrag der SPD aus dem Jahr 2005 gefunden mit dem Titel "Für Toleranz und Zivilcourage – Wehret den Anfängen – Keine Toleranz für Extremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit!" Das war vor zehn Jahren. Wenn ich unseren damaligen Antrag und den Antrag der GRÜNEN von heute nebeneinanderlege, dann erkenne ich darin die gleiche Argumentation, die wir damals schon hatten und die wir auch heute noch haben. Leider wurde auch der Antrag im Jahr 2005 abgelehnt.
Jetzt komme ich zur CSU. Es gab aber auch – und das möchte ich betonen – zahlreiche Initiativen, die wir im Hohen Haus gemeinsam unterstützt haben, zum Beispiel einen Antrag im Jahr 2008. Das war eine Entschließung "Gemeinsam gegen Rechtsextremismus". Sie wurde damals von allen fünf Parteien im Landtag einstimmig angenommen. Das war gut so.
Ich erinnere noch an eine Initiative der SPD, die federführend von mir ausging: Verbotsantrag der NPD. Wir haben gemeinsam einen Antrag formuliert, dem alle Parteien zustimmen konnten. Das war gut so; denn ohne diesen Antrag wären wir heute beim Verbot der NPD noch nicht so weit. Das war richtig, dass wir damals die Initiative ergriffen haben.
Ich möchte auch an Initiativen erinnern, die von der CSU unterstützt worden sind, bei denen es um die KZ-Gedenkstätten geht. Ich meine damit vor allem die KZ-Gedenkstätten in Flossenbürg und in Dachau. Es war nicht immer eine Selbstverständlichkeit, dass wir diese Gedenkstätten auf den Weg bringen sollten. Jeder, der sich schon einmal in diesen KZ-Gedenkstätten aufgehalten hat und die Arbeit sieht, die dort vor Ort geleistet wird, wird sagen: Das ist präventive Arbeit gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Das ist gut und richtig so.
Ich möchte deshalb dem Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten Karl Freller recht herzlich danken, der zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort eine vorbildliche Arbeit leistet. Er bringt diese Arbeit über alle Parteigrenzen hinweg voran. Das ist eine wichtige Arbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, diese Arbeit müssen wir weiterführen.
Wir haben im Maximilianeum politische Gegensätze. Bei demokratischen Parteien ist es normal, dass die Opposition bei vielen Problemen andere Lösungsansätze hat. Mein Appell: Die Parteien sollten heute
trotzdem ein gemeinsames Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus setzen. Sie sollten deutlich sagen: Wir Demokraten in den Parlamenten sind gegen Fremdenfeindlichkeit und halten zusammen, wenn es um rechte Gewalt geht.
Im Bayerischen Landtag konnte zu Zeiten der Weimarer Republik keine gemeinsame Linie der Konservativen und der Sozialdemokraten hergestellt werden. Die Konservativen im Reich waren damals das ZENTRUM und in Bayern die Bayerische Volkspartei. Wenn wir in den Jahren von 1919 bis 1933 gemeinsam gegen die Nationalsozialisten vorgegangen wären, hätten wir einiges verhindern können. Ich möchte aber nicht einseitig den Konservativen die Schuld daran geben. Auch die SPD hat damals Fehler gemacht. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, deswegen müssen wir gemeinsam eine Linie gegen den Rassismus finden.
Ich möchte hierzu noch ein Wort an Herrn Dr. Reichhart richten: So herrlich, wie Sie es dargestellt haben, ist die Lage nicht. Wir haben das bei der NSU-Affäre gesehen. Da haben wir in Deutschland versagt. Aber auch wir in Bayern haben kein gutes Bild abgegeben. Wir sehen doch, was da alles schiefgelaufen ist. Das haben wir in den Untersuchungsausschüssen gesehen, und wir sehen es jetzt bei den NSU-Prozessen. Wenn alles so gut gelaufen wäre, wäre der NSU nicht so gut zum Zug gekommen.
Sie haben Bamberg als Vorbild hingestellt. Natürlich bin ich froh, dass wir in Bamberg rechtzeitig handeln konnten. Ich höre jedoch schon wieder, es wäre ein Einzelfall, und unter den Rechten gäbe es keine Vernetzung. Hier müssen wir vorsichtig sein; denn genau das wurde schon gesagt, als es um den NSU oder das Oktoberfest-Attentat ging. Hier wurde immer nur die Einzeltäter-Theorie vertreten. - Nein. Wir wissen, dass die Rechten heute besser als jemals zuvor vernetzt sind. Sie tun alles gemeinsam. Deshalb müssen wir diese gemeinsamen Aktionen bekämpfen. Wir dürfen nicht von vornherein sagen: Das waren ein paar Einzeltäter, ein paar Spinner. Damit würden wir es uns zu leicht machen. Das möchte ich deutlich sagen.
Wir haben in der heutigen Situation einen gewaltigen Unterschied zur Situation in der Weimarer Republik: Weite Teile der Bevölkerung sind gegen Rassismus und gegen Rechtsextremismus eingestellt. Wenn in Wunsiedel und in anderen Orten 100 rechte Dumpfbacken auflaufen, kommen immer zehnmal so viele
Leute, Tausende von Leuten, die dagegen demonstrieren. Diese Menschen kommen aus allen Parteien. Neben dem CSU-Bürgermeister laufen Abgeordnete aus allen Parteien zusammen mit Mitgliedern der Kirchen und Vertretern der Schulen und der Gewerkschaften. Das freut mich, und das ist auch gut so. Ich sage allen, die dort ehrenamtlich tätig sind, und der Zivilgesellschaft, die sich bei diesen Demonstrationen gegen die Rechten wendet: Herzlichen Dank dafür! Das ist gelebtes bürgerliches Engagement.
Zum Schluss möchte ich noch ein Wort an diejenigen richten, die sich an solchen Demonstrationen beteiligen, ob harmlos oder extrem, an die KonservativRechtsgerichteten. Viele dieser Leute schüren unter dem Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit Ängste und betreiben Hetze gegen Menschen. Es ist sehr schwer, etwas dagegen zu tun. Wir haben das hohe Recht der Demonstrationsfreiheit und der Meinungsfreiheit. Dieses Recht wird von den Gerichten weit ausgelegt. Wir können häufig nichts dagegen tun.
Ich möchte diesen Leuten jedoch eines sagen: Ihr könnt gegen den Islamismus wettern. Ihr könnt gegen den Krieg und die Kriegsursachen wettern. Ihr könnt gegen Gewalt sein. Ihr könnt auch gegen Terror sein, wie auch immer ihr das formuliert. Aber eines könnt ihr nicht: Ihr könnt nicht gegen die sein, die vor dem Terror fliehen wollen und müssen. Das werden wir ablehnen, ich hoffe, alle Parteien in diesem Haus. Deshalb bitte ich Sie eindringlich, diesem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen, vor allem dem ersten Teil dieses Antrags.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon angesprochen worden: Bei diesem Staatsvertrag geht es um die regionale Werbung von bundesweiten TV-Konzernen. In diesem Hohen Haus haben wir schon öfter darüber heftig diskutiert. Vorab: Wir haben nichts gegen bundesweite TV-Konzerne. Wir Sozialdemokraten haben uns hier aber immer für die lokalen Sender in Bayern starkgemacht und haben uns damit gegen die Großkonzerne positioniert. Es besteht nämlich die Gefahr, dass die lokalen Sender zugunsten der Großkonzerne Federn lassen müssen. Das wollen wir Sozialdemokraten auf keinen Fall.
Worum geht es bei diesen Großkonzernen, bei diesen bundesweit agierenden TV-Konzernen? – Sie wollen mit regionalisierter Werbung viel Geld machen. Das geht dann aber unseren lokalen Sendern verloren, aber nicht nur diesen, sondern auch den Radiosendern und den Privatmedien. Sie alle werden Federn lassen müssen. Wir sind deshalb strikt dagegen.
Liest man die Begründung und die Zielsetzung des Rundfunkänderungsstaatsvertrags, stellt man fest: Eigentlich sind alle unsere Argumente aufgegriffen worden. Es heißt dort, dass es eine Verbindung von redaktionellen Inhalten und kommerziellen Programmbestandteilen geben muss, die zur Finanzierung des Programms herangezogen werden. Die Werbemärkte sollten außerdem grundsätzlich denjenigen vorbehalten bleiben, die einen Beitrag zur Vielfalt in der Region leisten. Auch das ist eine unserer Forderungen.
Es wird darüber hinaus der Verlust der Qualität der Beiträge regionaler Rundfunkveranstalter angesprochen, wenn die Refinanzierung fehlt. Letztlich wird auch der Verlust von regionaler Meinungs- und Medienvielfalt sowie ein umfassendes und vielfältiges Angebot genannt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich hätte man nach diesen Festlegungen zu einem Verbot von regionalisierter Werbung durch überregionale TV-Anbieter kommen müssen. Es wurde aber schon angesprochen: Wir wissen, dass es sich bei diesen Rundfunkstaatsverträgen immer um Kompromisse aller Bundesländer handelt. Die einen wollen wohl - und dazu zählt auch Bayern - eine Freigabe. Das käme meines Erachtens für die lokalen Sender einer Katastrophe gleich. Die anderen wollen ein generelles Verbot. Nun ist dabei herausgekommen, dass regionalisierte Werbung einer gesonderten landesrechtlichen Zulassung bedarf. Ich kündige schon heute für die SPD an, dass wir alles unternehmen werden, dass es in Bayern nicht zu einer Zulassung kommen wird mit der Folge, dass große TV-Konzerne regionalisierte Werbung machen können. Dagegen werden wir uns hier im Bayerischen Landtag mit allen Mitteln wehren.
Wofür stehen wir? – Wir sind für starke lokale Sendeanstalten in ganz Bayern, also nicht nur in den Metropolregionen, in den großen Städten, wo sie sich relativ leicht durchsetzen können. Nein, wir wollen sie in ganz Bayern. Wir sind für regionale Meinungsvielfalt und für lokale Berichterstattung in allen Bereichen. Das betrifft Politik, Sport und Kultur. Für alle Bereiche muss regionalisierte Meinungsvielfalt das Ziel sein. Wir möchten, dass sich die Sender möglichst selber finanzieren. Dazu brauchen sie die Werbeeinnahmen. Wir wollen keine Gewinnmaximierung auf Kosten der Meinungsvielfalt. Das wäre das Allerletzte. Wir sind für ein starkes Bayern aller Regionen. Das muss unser Motto sein. Das gilt insbesondere für die lokalen Rundfunk- und Fernsehsender. Ein starkes Bayern auch auf diesem Gebiet muss unser Ziel sein. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, Hohes Haus! Nach der Diskussion über das Kommunalabgabengesetz folgt nun ein weiterer "Höhepunkt" der Plenardebatte. Es geht um die Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes.
Ziel der Landesplanung ist es, dass sich der Gesamtraum Bayern und seine Teilräume insgesamt gut entwickeln. Das ist in diesem Gesetz verankert. In Artikel 5 wird das Leitziel, die gleichwertigen Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Teilräumen zu schaffen und zu erhalten, vorgegeben.
Das kommt uns bekannt vor; denn das ist ja auf Initiative der SPD seit zwei Jahren auch Verfassungsauftrag, und seit einem Jahr kümmert sich die EnqueteKommission um die konkrete Umsetzung. Wir sind nämlich trotz aller Beteuerungen aus dem sogenannten Heimatministerium immer noch das Bundesland mit den größten Disparitäten. Oder anders ausgedrückt: Bayern entwickelt sich nach wie vor nicht im Gleichgewicht. Das heißt, trotz der positiven Entwick
lung auch in den ländlichen Räumen, auch in den Räumen mit besonderem Handlungsbedarf, geht die Schere nicht zusammen, sondern eher weiter auseinander. Das ist äußerst bedauerlich.