Theresa Schopper

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Last Statements

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Vor dem „prall gefüllten“ Hohen Haus heute zu den Kindern zu sprechen, wo es doch eine politische Daueraufgabe ist, an der sich alle Politikbereiche orientieren müssen, ist eine These, die alle unterschreiben, aber anscheinend doch viele noch mit einem kleinen Nickerchen oder vielleicht einem Kaffee verbinden. Sie wollen diese Realität doch lieber nicht in diesem Hohen Haus mit unterstreichen.
Auch wir sagen: Kinder brauchen ein Dach über dem Kopf, gute Luft, sauberes Wasser, reine Böden, eine Verkehrspolitik, die sich an den Kindern orientiert und die deren Sicherheit in den Mittelpunkt stellt. Kinder brauchen auch eine Nachhaltigkeit innerhalb der Haushaltspolitik. Dieses Potential dürfen wir nicht auf Kosten künftiger Generationen verfrühstücken.
Aber diese Erkenntnisse dürfen nicht den Charakter des Worts zum Sonntag bekommen; denn viele politische Debatten erwecken schon den Eindruck, dass oft der Besitzstand gewinnt, weil Kinderinteressen im politischen Raum immer noch die geringeren Interessen und die geringere Lobby haben, wenn es zum Schwur kommt.
Eines muss doch auch klar sein: Wenn heute oftmals von Kinderpolitik die Rede ist, wird doch zumeist das demografische Lied angestimmt. Wer zahlt unsere Rente, wer bezahlt unsere Krankenversicherung? Vor allem deswegen sind doch Kinderpolitik und Familienpolitik in den letzten Jahren thematisiert worden und aus der Gedönsecke herausgekrochen. Der Generationenvertrag „Jung für Alt“ droht einzustürzen, und die Losung von 1957 „Kinder gibt es immer“ stimmt heute nicht mehr. Allein am Jahrgang 1965 der Frauen wird deutlich: Ein Drittel dieser Frauen bleiben kinderlos, und 41% der
Akademikerinnen aus diesem Jahrgang haben keine Kinder.
Für uns als Politikerinnen und Politiker stellt sich doch die Frage: Welche politischen Hausaufgaben sind denn da nicht gemacht worden? Dass Frauen keine vernünftige Perspektive zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben, ist leider auch Ihr trauriges Verdienst; denn lange genug haben Sie mit Ihrem verzopften Frauenbild berufstätige Frauen als Rabenmütter an den Pranger gestellt.
Mit Ihren Beschlüssen zum Einstieg in die Krippenfinanzierung haben Sie doch die letzte Reißleine gezogen. Wenn man sich das eine oder andere in der Interpellation durchliest, muss man Ihnen aber eines tatsächlich zugute halten: An Selbstbewusstsein fehlt es nicht. Da wird geschrieben, dass man bei der Ausweisung der Krippenplätze in den letzten drei Jahren so richtig vorangekommen wäre. Sie müssten schon auch sagen, wer Ihnen in dieser Hinsicht sehr geholfen hat. Ohne das rotgrün regierte München sähe Ihre Bilanz noch weit verheerender aus; Sie hätten schlechte Karten.
Schauen Sie sich einmal an, mit welcher Hartleibigkeit Bürgermeister die Kleinkindbetreuung nach wie vor torpedieren. Man muss nicht nochmals die Beispiele aus dem Ausschuss bemühen; zum Beispiel hat sich das oberpfälzische Kemnath zu einer Zusage einer Kostenbeteiligung an der Krippe erst bereiterklärt, nachdem die Familie dem Gemeinderat vertraglich zugesichert hat, dass sie der Kommune Kosten erstattet. In anderen Gemeinden müssen die Familien Rechenschaft beim Gemeinderat ablegen, warum sie einen Krippenplatz brauchen, müssen sich Anwürfe gefallen lassen, warum sie denn ihre Kinder in der Krippe betreuen lassen wollen. Ich sage Ihnen: Wer Bauland verkauft, wer den Zuzug von Familien propagiert und wer mit Dollarzeichen in den Augen Investitionen will, der muss auch für die Infrastruktur für Kinder sorgen und darf sie nicht nach altem Inquisitionsmuster drangsalieren.
Sie verkünden in der Interpellation mit stolzgeschwellter Brust: Kein anderes Land in Deutschland hat ein Ausbaukonzept dieser Größenordnung zur Umsetzung gebracht. Ich sage Ihnen darauf: Auch kein anderes Land hatte dies so nötig.
Auch beim Thema Bildung und Erziehung wird das Motto ausgegeben: Bei Pisa waren wir im Mittelmaß noch die am besten Mittelmäßigen. Hierzu passt ein altes Sprichwort: Unter den Blinden ist der Einäugige König. Ich sage Ihnen aber: Wenn Pisa ergibt, dass die Chance
eines bayerischen Akademikerkindes, das Gymnasium zu besuchen, zehnmal höher ist als die Chance eines Facharbeiterkindes, dann kann doch hier nicht die bayerische Schulpolitik mit Weihwasser ausgesegnet werden. Chancen und Perspektiven für alle Kinder müssen das Ziel sein.
Pädagogisch beginnt dies im Kindergartenalter. Der Bildungs- und Erziehungsplan ist eine feine Sache, eine schöne Grundlage, die zurecht über Bayern hinaus Anerkennung findet. Aber wie gewährleisten Sie, dass der schöne Bildungs- und Erziehungsplan, der wirklich eine sehr, sehr gute Grundlage ist, nicht nur in Sonntagsreden immer wieder Erwähnung findet, aber ansonsten mit zwei Löchern abgeheftet im Bücherschrank steht? Wir fordern gleichzeitig, die Qualität in den Kindergärten durch die Absenkung der Gruppenstärken nochmals zu heben. Ansonsten, glaube ich, wird der Bildungs- und Erziehungsplan mit seinem Anspruch schwer umzusetzen sein und im Alltag nicht Realität werden.
Man muss ganz ehrlich sein: Die soziale Selektion wird nie ganz auszugleichen sein. Wenn wir aber ein Schulsystem haben, das diese Ungleichheit tatsächlich immer noch weiter vererbt, muss für uns die politische Folgerung sein: Wir müssen Kinder individuell fördern. Wir müssen dem Grundsatz entgegenwirken, dass Kinder für ihre Eltern haften.
Nach dem Ausbau der sechsstufigen Realschule hat der Druck in den Grundschulen massiv zugenommen – Sie bestreiten dies zwar immer noch. Familien mit entsprechendem Bildungshintergrund haben die Erwartung, dass ihr Kind den Übertritt schafft; manchmal wird dies mit allen Mitteln versucht. Kinder aus bildungsfernen Familien machen in der Schule die nachhaltige Erfahrung: Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Wir sollten versuchen, politisch gegenzusteuern, dass diese Kinder dies auf Dauer als Last mittragen.
In der Beantwortung der Interpellation fällt mir auf, dass Sie zum Beispiel die Ganztagsschulen fast ausschließlich unter dem Betreuungsaspekt diskutieren. Die pädagogische Chance der Ganztagsschulen, dort Zeit zum Lernen zu haben, dort tatsächlich auch Defizite auszugleichen, Stärken herauszuarbeiten, kann vom Otto Normalschüler nicht wahrgenommen werden. Entweder befindet man sich in der Kategorie defizitär und ist an einer staatlichen Ganztagsschule aufgenommen oder man ist hochbegabt. Dazwischen gibt es nur Angebote auf dem privaten Schulsektor. Dies ist dann wiederum eine Frage des Geldbeutels. Sie müssten doch sehen, welchen Zulauf diese Schulen haben, nicht nur in München, sondern auch in anderen Gebieten, welches pädagogische Angebot private Ganztagsschulen bieten. Sie werden mit einer Nachfrage überrannt, dass sie um Klassen erweitern könnten.
Meine Damen und Herren, beim Thema Armut sieht die Staatsregierung in der Beantwortung fast keinen Handlungsbedarf. Aber auch in Bayern gilt nach wie vor der Grundsatz: Alleinerziehend zu sein oder viele Kinder zu haben, birgt das Armutsrisiko Nummer 1 in sich. Ihre Definition heißt: Absolute Armut existiert nicht, weil es ja Sozialhilfe gibt. An verdeckter Armut sind die Menschen sozusagen persönlich selbst schuld, weil sie den Rechtsanspruch auf Sozialhilfe, den Sie einräumen – ich finde gut, dass Sie ihn betonen –, nicht geltend machen. Der Sozialbericht schätzt das Potenzial von Menschen in verdeckter Armut mir fast derselben Zahl wie die Zahl derjenigen, die Sozialhilfe beziehen. Die Bilanz ist doch famos geschönt. Ich schaue mit unter Punkt 4 an, was die Staatsregierung tut, um den Armutsrisiken von Kindern und Jugendlichen mittel- und langfristig vorzubeugen. Dort wird geschrieben: Das beste Mittel, Armutsrisiken vorzubeugen, ist eine florierende Wirtschaft und ein funktionierender Arbeitsmarkt. Das ist sicherlich ein Teil des Ganzen. Dies wird aber als endgültig dargestellt. Gott sein Dank ist dann ein Einstieg gelungen, wieder eine herzhafte Philippika gegen Rot-Grün in Berlin halten zu können. Wieder wurde Ihr Motto zum besten gegeben: Alles Schlechte kommt aus Berlin, und wenn etwas gut ist, kann es eigentlich nur von uns gewesen sein.
Sie müssen sich aber doch einmal nachfragen lassen. Für mich sind nach wie vor die besten Mittel, Armutsrisiken zumindest halbwegs vorzubeugen: Bildung, Schulabschluss, Ausbildungsplatz. Das bietet zwar keine Gewähr, aber stellt zumindest ein Netz dar, das den freien Fall abbremst.
Bildungspolitik ist Ländersache. Deshalb fällt dies wieder auf Ihre Füße.
Auch hinsichtlich dessen, wie man Familien materiell unterstützt, haben wir doch immer noch einen eklatanten Unterschied. Nach wie vor lautet unser Konzept, eine Kindergrundsicherung einzuführen. Ich sage: Wir würden das Ehegattensplitting kappen, damit die Besserverdienenden ohne Kinder einen Beitrag zur Förderung von Kindern aus unterprivilegierten Familien leisten, die nicht so viel Geld haben. Wir wissen, dass dies von der Finanzierung her schwierig ist; da bauen wir uns gar keine Wolkenkuckucksheime auf. Ihr Familiengeld war schon im Bundestagswahlkampf eine Luftnummer. Die Familien können doch nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten.
Bei der Suchtprävention ist unser Anliegen, das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken, ihnen eine Lebens
kompetenz auf den Weg zu geben, die nicht so einfach angreifbar macht, dass Lebenskrisen zu Suchtverhalten führen.
Die Zahlen zeigen, dass wir in vielem noch nicht sehr erfolgreich sind. Das Zusammenspiel von Familien, Erzieherinnen und Erziehern, Lehrern und Lehrerinnen und Jugendämtern ist oft noch nicht sehr erfolgreich. Die Tatsache, dass der Griff zur Zigarette vor allem bei Mädchen immer früher stattfindet, muss für uns ein Alarmzeichen sein, ebenso wie die Tatsache, dass exzessives Trinken – sprich: saufen, bis der Doktor kommt – immer mehr zunimmt.
Wir müssen die politischen Kampagnen dagegen weiter fortsetzen. Eines muss klar sein: Drogen werden immer zu unserer Gesellschaft gehören. Wir müssen den Jugendlichen klarmachen, dass der Gebrauch von Drogen keine Problemlösungsstrategie ist, dass Suchtmittel nicht die gewünschte Coolness bringen und die Anerkennung meist nur von kurzer Dauer ist.
Wirklich erschüttert haben mich die Zahlen in der Interpellation zum sexuellen Missbrauch. Dafür darf es null Toleranz – diese Vokabel nehme ich sonst nicht so gerne in den Mund – geben. Alle demokratischen Kräfte in diesem Haus müssen die gesellschaftliche Ächtung von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen als Signal nach außen geben. Diese Zahlen sind alarmierend. Das Material zeigt eine deutliche Zunahme von sexuellen Missbrauchsdelikten an Kindern, darunter auch besonders schwere Fälle. 1998 waren es zumindest in der PKS-Statistik 54 Fälle, im Jahr 2000 schon 253. Ich hätte gerne eine Erklärung, worauf das Innenministerium diesen Anstieg zurückführt, ob nun die Dunkelziffer zurückgegangen ist oder ob sich das Anzeigeverhalten verändert hat.
Es muss klar sein: Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren sind am meisten gefährdet. Es sind nicht nur die Mädchen, sondern auch die Jungen, die in der potenziellen Gefahr von sexuellem Missbrauch stehen. Man darf nicht davor zurückscheuen, sexuellen Missbrauch zu ächten. Ein Instrument ist die Kampagne „Kinder sind unschlagbar“, die vorhin angesprochen wurde. Wir müssen deutlich machen, dass sexueller Missbrauch ein Überschreiten aller Grenzen ist. Allein der Gedanke daran treibt mir die Zornesröte ins Gesicht.
Mit ihrer Antwort zum Thema Mitbestimmung zeigt die Staatsregierung auch dort, dass sie der Häuptling mit zwei Gesichtern ist. Die Staatsregierung ist ganz begeistert, wenn auf kommunaler Ebene Kinder- und Jugendvertretungen eingerichtet werden; laut Staatsregierung hat sich die Tätigkeit der vielen Kinder- und Jugendbeauftragten bewährt. Diese Euphorie erscheint mir nicht ganz verständlich, wenn ich daran zurückdenke, wie unser Antrag auf Einrichtung eines Kinderbeauftragten ohne großes Federlesen abgelehnt wurde. Wir wollten eine Lobby für Kinder auf Landesebene, ob nun als Ombudsmann oder als Ideengeber, um die Kinderpolitik in verschiedensten Bereichen voranzubringen. Die Behindertenbeauftragte ist ein positives Beispiel, das als Vorbild für einen Kinderbeauftragten oder eine Kinder
beauftragte hätte dienen können. Da verstehe ich Ihre Hartleibigkeit nicht.
Kinder sind unsere Zukunft – das wird immer wieder gerne formuliert –, aber es ist noch ein weiter Weg zurückzulegen, bis unser Alltag und unsere Gesellschaft kinderfreundlicher gestaltet sein wird. Ich nenne nur die Stichworte Toleranz auf Spielplätzen, Toleranz gegenüber Kindern und Jugendlichen in Räumen. Wir müssen Kinder fördern und fordern, müssen ihnen Schutzräume geben und die Eltern in ihrer Erziehungskompetenz stärken. Es liegt noch ein steiniger Weg vor uns, bis die Mitwirkung von Eltern in Schulen nicht als Einmischung betrachtet wird und sie als Erziehungspartner ernst genommen werden.
Frau Ministerin, Sie haben schon im Sozialbericht die Botschaft ausgesandt: Wir jammern hier auf hohem Niveau; Kinderarmut und Bildungsnotstand in der Dritten Welt wären doch noch viel schlimmer.
Dieser Appell erinnert mich daran, wie die Eltern in der Jugend immer dann, wenn man nicht aufgegessen hat, gesagt haben: Denk an die Kinder in Afrika, die haben gar nichts zu essen. Es ist völlig unbestritten, dass es eine Katastrophe ist, dass ein Großteil der Kinder in Afrika keine Chance auf Bildung hat, dass Armut und Reichtum dort noch weiter auseinanderklaffen. Dagegen wollen wir auch politisch agieren. Armut wird aber immer individuell und in Relation zu den hiesigen Verhältnissen erlebt. Kinder, die nicht an Klassenausflügen teilnehmen können, die nicht zu Kindergeburtstagen gehen können, weil sie kein Geschenk haben, empfinden ihre persönliche Situation als schmerzlich und sehen klar ihre Defizite. Da Sie schon Ihr Herz für die Dritte Welt entdeckt haben, hätten Sie auch unseren Antrag auf eine Kampagne gegen ausbeuterische Kinderarbeit unterstützen müssen und ihn nicht mit hanebüchenen Argumenten ablehnen dürfen.
Es gibt das Lied von Herbert Grönemeyer „Kinder an die Macht“. Manchmal denke ich mir angesichts der Mehrheitsverhältnisse in diesem Hause, dass das eine wunderbare Alternative wäre.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Hirschmann.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist allen klar, dass dieser Gesetzentwurf nicht mehr in die Beratungen der Ausschüsse kommt, weil der Landtag keine Sitzungen mehr abhält. Herr Kobler, es ist aber nicht richtig, wenn Sie sagen, man müsse erst Erfahrungen sammeln, um das zu beschließen, was wir im Altenpflegegesetz fixiert haben wollen. Es geht um die gesetzliche Anerkennung der Weiterbildung. Sie haben dazu auch sehr differenziert argumentiert. Seit 1990 haben fast alle Bundesländer gesetzliche Weiterbildungsregelungen für die Pflegekräfte. Sachsen hat zuletzt im Jahr 2002 solche Regelungen erlassen, und in Thüringen sind sie angekündigt. Wenn der Freistaat Bayern noch keine Regelungen hat, hat er auf diesem Gebiet noch seine Hausaufgaben zu machen. Er kann sich hier nicht auf die „Bayern-vorne-Mentalität“ berufen, die Sie sonst so gerne für sich reklamieren.
Verschiedene Regelungen in diesem Gesetzentwurf dienen vor allem der Anerkennung der Pflegeberufe. Die Frau Ministerin fährt mit einer Road-Show durch die Gegend. Wir machen Kampagnen, um auf die Attraktivität des Altenpflegeberufes hinzuweisen, diesen Beruf aufzuwerten und neue Pflegekräfte anzuwerben. Die Bezahlung der Pflegekräfte ist nach wie vor relativ gering. Deshalb muss sich die Frage der Rekrutierung von Pflegekräften auch in den Weiterbildungsregelungen niederschlagen. Nachdem sich im Bereich der Krankenpflege die Deutsche Krankenhausgesellschaft für die Weiterbildung verantwortlich zeigte, hat sich im Bereich der Altenpflege ein Vakuum aufgetan. Wir können nur darauf hoffen, dass die Experimentierklausel, die jetzt im Altenpflegegesetz enthalten ist, häufiger genutzt wird, um eine gemeinsame Ausbildung, die wir uns zum Ziel gesetzt haben, irgendwann einmal zu erreichen. Wir sehen, dass die Weiterbildung in weiten Teilen eher unkoordiniert und qualitativ unterschiedlich ist. Deswegen sehen wir schon einen Anlass dafür, dass wir uns in der nächsten Legislaturperiode, in welcher Form auch immer, mit diesem Thema beschäftigen. Deswegen sollten Sie sich diese Hausaufgabe mitnehmen. Die Tatsache, dass dieser Gesetzentwurf der Diskontinuität verfällt, darf auf keinen Fall ein abschlägiges Urteil darstellen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich nur die Rede des Kollegen Sprinkart zu Protokoll geben. Ich werde das nach meiner kurzen Bemerkung tun.
Das war ein beredtes Beispiel eines politischen Eiertanzes, einem Antrag nicht zustimmen, obwohl man ihn politisch für gut hält. Das ist fadenscheinig. Sie haben sich hier rumgedrückt.
Und wem hier auf die Integration schon ein Loblied gesungen wurde; bei diesem Loblied wurde der Ton nicht getroffen.
Darüber hinaus gebe ich die Rede des Kollegen Sprinkart zu Protokoll.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 1. Januar 1999 ist das Bundesgesetz zur Insolvenzverordnung in Kraft. Die Staatsregierung hat dieses Gesetz noch in ihrem Sozialbericht als Lösung für die Familien, die von der Überschuldung bedroht sind, propagiert. Fakt ist, dass die Insolvenzberatung seit dieser Zeit vor sich hindümpelt und aufgrund der Fallpauschalen in den Spitzengesprächen nicht vorangebracht werden konnte.
Wir haben im Ausschuss dazu einen ausführlichen Bericht gehört. Ich möchte für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Folgendes sagen: Die Eckpunkte des gemeinsamen Konzeptes sind Kompromisse, mit denen die Leute in den Insolvenzberatungsstellen und den Wohlfahrtsverbänden weichgekocht wurden. Inzwischen freut sich schon jeder auf eine schlanke Insolvenzberatung, da es andernfalls keine Insolvenzberatung gibt. Ich hoffe, dass wir zumindest zu einer schlanken Insolvenzberatung kommen werden und nicht zu einer, die wie bisher verhungert.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgrund der namentlichen Abstimmung ist im Hause immer noch etwas Laufverkehr. Trotzdem möchte ich jetzt etwas zum Thema Reform der sozialen Sicherungssysteme sagen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Gestern wurde in Berlin der Weg für eine gemeinsame Gesundheitsreform frei gemacht. Wir wissen das aus den Medien. Am kommenden Sonntag werden die Verhandlungen mit festem Willen beginnen. Der Fahrplan wurde abgesteckt. Heutzutage heißt das nicht mehr „Fahrplan“, sondern „Routemap“. Ziel ist es, die Lohnnebenkosten auf 13% zu senken. So sehr wir die Vorschläge zur Senkung der Lohnnebenkosten begrüßen, muss ich doch selbstkritisch anmerken, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen, zum Beispiel die Ausgliederung des Krankengeldes oder der Kosten für den Zahnersatz, vorwiegend beim Arbeitnehmer eingespart werden. Die Nebenkosten der Arbeitgeber werden sich zwar verringern, beim Arbeitnehmer bleibt jedoch die Zeche wie gehabt. Wir müssen für die Menschen, die rechnen können und wissen, wie viel bei ihnen letztendlich im Geldbeutel verbleibt, Ehrlichkeit einfordern.
In Bezug auf die weiteren Debatten, in denen wahrscheinlich über Vorschläge wie die Privatisierung der privaten Unfälle diskutiert wird, möchte ich zu bedenken geben, dass sich die Versicherten irgendwann die Frage stellen werden, welche Risiken überhaupt noch abgesichert sind und warum sie einer Zwangsversicherung angehören, wenn sie für alle Eventualitäten privat in den Geldbeutel greifen müssen. Vorschläge wie die Privatisierung der privaten Unfälle geistern derzeit als „Glanzlichter“ durch die Presse.
Gerade bei diesem Vorschlag müssen wir deutlich Nein schreien, weil das Ziel der Stärkung der Prävention mit
diesem Vorschlag auf den Kopf gestellt wird. Dahinter verbirgt sich nicht nur der Bungeejumper, der im Ernstfall, wenn das Seil reißt, wahrscheinlich der Hilfe gar nicht mehr bedarf, sondern auch ein Skifahrer, wie zum Beispiel Herr Dr. Zimmermann, oder ein Jogger. Ich mache darauf aufmerksam, dass Herr Staatsminister Sinner dafür wirbt, jeden Tag eine halbe Stunde ums Haus zu rennen. Daher muss klar und deutlich gesagt werden, dass wir nicht einerseits Prävention fordern und sie andererseits bestrafen dürfen. Wenn ein solcher Vorschlag auf den Tisch kommt, müssen wir eindeutig Nein rufen.
Die Frage wird auch sein, wie eine Lenkungswirkung erzielt werden kann, wenn ein Verhalten, das einerseits gefördert werden soll, andererseits dazu führt, dass derjenige auch noch belohnt wird, der mit einer Tüte Chips und einer Packung Zigaretten, anstatt Sport zu treiben, sich die Sportschau im Fernsehen anschaut.
Deswegen wollen wir die Bürgerversicherung als Versicherung aller auf den Weg bringen. Momentan ist sie nicht konkreter Verhandlungsgegenstand innerhalb des Paketes zur Gesundheitsreform, über das ab dem kommenden Sonntag verhandelt wird. Die Sozial- und Finanzpolitiker werden ihr aber nicht ausweichen können; denn alle konkreten Maßnahmen, die bei der Gesundheitsreform diskutiert werden, sind unter der Frage zu sehen, wie sie zu finanzieren sind. Dabei ist die Einnahmenseite zu bedenken. Man muss sich überlegen, wie die Finanzierung ausschaut und welche Perspektiven sich innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung bieten.
Vom Bayerischen Landtag aus muss an die Menschen im Land eine deutliche Botschaft ergehen, wohin die Reise in der gesetzlichen Krankenversicherung geht, wie die Konzepte sind und worauf man sich einstellen muss. Ich bin da für Ehrlichkeit. Vielleicht hat das vergangene Pfingstfest Herrn Seehofer zum Geist der Erkenntnis verholfen, so dass er die Bürgerversicherung ins Spiel gebracht hat.
Ich halte es für richtig, das Konzept der Bürgerversicherung weiterzuverfolgen. Ich möchte gerade an die Sozialpolitiker innerhalb der CSU appellieren – auch an Herrn Kobler, der für die Bürgerversicherung Sympathien hat, und an Frau Stamm –, zur Bürgerversicherung zu stehen und in ihrer Fraktion darum zu kämpfen. Ich bitte Sie, mit Ihrem Votum deutlich zu machen, was Sache ist.
Wir müssen klarmachen, wie notwendig die Einführung der Bürgerversicherung ist; denn wir brauchen nicht nur Reformen innerhalb des Systems, nicht nur die Mobilisierung der Wirtschaftlichkeitsreserven, nicht nur den Wettbewerb um Qualität und Transparenz, sondern wir werden auch auf lange Sicht eine Reform auf der Einnahmenseite brauchen. Uns ist es wichtig, alle einzubeziehen und die Solidarität aller für die gesetzliche Krankenversicherung einzufordern, so dass das Krankenversicherungswesen dadurch gestützt wird. Für eine wirkliche und nachhaltige Senkung der Lohnnebenkosten ist
die Bürgerversicherung ein Instrument. Die bisherigen Berechnungen der Rürup-Kommission ergeben Einnahmen von 14 Milliarden e. Dieser Betrag ist kein Pappenstiel, sondern ergibt, in Prozentzahlen umgerechnet, eine Marge von 1,4 Prozentpunkten. Ich fordere Sie deshalb alle dazu auf, die Bürgerversicherung aktiv zu begleiten.
Kernpunkt wird eine allgemeine Versicherungspflicht sein, auch für Selbstständige, für freie Berufe, für alle Abgeordneten und für die Beamten. Wir kennen die Pensionslasten und wissen, welche Mittel für die Beihilfe ausgegeben werden. Wenn man in Zukunft die jungen Beamten einbezieht, hätte man keinerlei Probleme mit der so genannten Besitzstandswahrung.
Wegen der demografischen Entwicklung wird es künftig notwendig sein, auch die anderen Einkommensarten bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen. Wir werden auch darüber debattieren müssen, ob Ehepartner – abgesehen von jenen, die Kinder erziehen oder Angehörige pflegen – auch selbst Beiträge einbezahlen. Da Herr Seehofer auch hierzu einen Vorschlag gemacht hat, möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie mit der Einbeziehung der Ehepartner der Besserverdienenden einen Anfang wagen wollen.
Die Bürgerversicherung wird die Versicherung der Zukunft sein. Dieser Vorschlag löst Bedenken aus, auch wegen der Besitzstandswahrung, nach dem Motto: Das haben wir noch nie gehabt, und das wollen wir auch nicht. Ich weiß, welche Schwierigkeiten damit verbunden sind, zum Beispiel bei der Einbeziehung der Beamten. Ich kenne auch die Schwierigkeiten, die eine Berücksichtigung der anderen Einkunftsarten bei der Beitragsbemessung mit sich bringt. Es zeugt aber von fehlender politischer Weitsicht, deshalb die Fahne der Bedenkenträger zu schwenken und zu sagen, man brauche gar nicht erst an der Umsetzung zu arbeiten. Ich will zwar nicht behaupten, ein Hellseher zu sein, aber ich glaube fest daran, dass die Bürgerversicherung kommen wird, weil sie aus Struktur- und Gerechtigkeitsgründen notwendig und überfällig ist. Deshalb muss man heute schon Vorbereitungen dafür treffen. Schließen Sie sich Ihrem Experten Seehofer an und stimmen Sie unserem Antrag zu; das wäre für Sie eine günstige Gelegenheit.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Jetzt ist schon vielfach das Europäische Jahr der Behinderten genannt worden. Wir dürfen deswegen auch ein bisschen stolz darauf sein, dass wir heute ein bayerisches Gleichstellungsgesetz verabschieden. Vorausgegangen sind auf der Bundesebene viele Gesetze, die wegweisend waren. Das Gleichstellungsgesetz auf Landesebene ist im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens schon ein gewisser Meilenstein; denn auch in Bayern haben wir einen Paradigmenwechsel eingeläutet. Wir wollen weg vom fürsorglichen Wohlfahrtsstaat hin zum selbstbestimmten Leben. Wir wollen Teilhabe, Mitbestimmung und Mitgestaltung. Das ist nicht nur für die Behinderten wichtig, sondern das ist auch für die Gesellschaft ein wichtiges Signal und ein wichtiger Schritt hin zur Normalität. Wir müssen die Barrieren Zug um Zug abbauen. Der Wermutstropfen ist schon einige Male genannt worden. Wir haben beim Barrierenabbau auch aufgrund der Haushaltsmittel eher ein Schneckentempo vorlegen müssen. Ich habe im Gesetz nachgelesen, was alles unter Haushaltsvorbehalt steht. Deshalb werden beim öffentlichen Nahverkehr, bei Zügen, Bussen und Trambahnen, für die Zuschüsse gewährt werden, mitunter sehr lange Wartezeiten entstehen.
Wir haben vor ein paar Monaten auf dem Marienplatz einen Aktionstag veranstaltet, bei dem sich unter dem Motto „Bayerisches Gleichstellungsgesetz durchgesetzt
alles erreicht?“ alle drei Fraktionen dazu geäußert haben.
Ich denke, es ist vieles erreicht worden. Das Gesetz ist ein guter Anfang. Trotzdem können wir den Schalter nicht komplett von heute auf morgen umlegen. Die Barrieren können aufgrund der finanziellen Verhältnisse nicht alle auf einmal abgebaut werden. Von den Barrieren sind etwa eine Million behinderter Menschen und zusätzlich alte Menschen betroffen. Gesellschaftliche Realität ist, dass behindert werden jeden Tag für jeden möglich ist.
Schon die Planungen müssen auf Barrierefreiheit abgestellt werden; denn es ist nichts so schlimm, wie wenn nachgerüstet und repariert werden muss. An so manchen S-Bahnstationen kann ein Behinderter gerade noch aussteigen, für ihn gibt es aber kein Entrinnen aus dem Bahnhof oder vom Bahnsteig. Das ist leider kein Einzelfall, sondern beim öffentlichen Personennahverkehr oftmals die Realität nach dem Motto: Hier müssen Sie draußen bleiben. Das ist beschämend. Gleichermaßen beschämend ist, dass es noch sehr lange dauern wird, bis sich etwas ändert.
Die Gedankenlosigkeit ist ebenso schlimm. Sehr oft sind Behindertenparkplätze zugeparkt. Es wird sehr wenig Rücksicht genommen. Auch hier ist noch einiges zu tun.
In den Beratungen habe ich angesprochen, dass die Architektenausbildung für die Barrierefreiheit sensibilisiert werden muss. Wahrscheinlich geht den Architekten die Ästhetik vor Praktikabilität. Im jetzigen Gesetz ist die Barrierefreiheit für das Erdgeschoss fixiert. Künftig sollte eingeführt werden, dass nicht nur im Erdgeschoss barrierefrei gebaut wird, sondern dass auch im Geschosswohnungsbau die Barrierefreiheit viel mehr berücksichtigt werden sollte. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es immer mehr Menschen mit Gehbehinderung geben. Denen ist das Leben in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich, weil die Wohnung zum Gefängnis wird. Solche Probleme sollten bei Neubauten berücksichtigt werden.
Die Barriere in den Köpfen der Menschen, die nicht behindert sind, darf nicht unterschätzt werden. Die öffentliche Diskussion um die Benachteiligungsverbote im Grundgesetz und in der Bayerischen Verfassung und in den Gleichstellungsgesetzen des Bundes und des Landes können dazu beitragen, ein anderes Bewusstsein zu schaffen, damit die Realität anerkannt und das Ziel erreicht wird, Akzeptanz, Toleranz, Gleichstellung und Selbstbestimmtheit Normalität werden zu lassen. Das Urteil, das Klägern Schadensersatz zugesprochen hat, weil sich gleichzeitig Behinderte im Hotel aufhielten, ist schändlich. Noch schändlicher ist jedoch, dass überhaupt ein Prozess angestrebt wurde, weil man sich von behinderten Menschen gestört fühlte. Ein solcher Vorfall ist ein Gradmesser, wie weit wir von der Normalität entfernt sind.
Solche Barrieren sind für Menschen mit psychischen Behinderungen noch viel schwerwiegender. Sie können noch viel schwerer normal leben, weil ihre Behinderung zum Teil nicht offensichtlich ist. Dadurch werden die
Menschen noch massiver ausgegrenzt und mehr diskriminiert. Die Politik muss alle Kräfte zusammennehmen, um die Ausgrenzungsprozesse einzuschränken.
Der Staatsregierung muss gesagt werden, dass auch sie ausgrenzt. Die gemeinsame Beschulung ist mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Auch wenn – so Kollege Unterländer – im Kindergarten schon viel erreicht wurde und dies hervorragende Einrichtungen sind, so beginnt doch der Kampf der Eltern um den Schuleintritt, der nervenaufreibend ist. Die vielen Petitionen im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport sind ein Zeichen für die vielen Schwierigkeiten, die es gibt, wenn Eltern ihre Kinder mit Behinderungen gemeinsam mit anderen beschulen wollen. Sehr oft wird auf das neue EUG verwiesen, obwohl sich dadurch nicht viel verbessert hat. Damit wurde nur ein kleines Schrittchen gemacht. Ein Kind muss sich aktiv am Unterricht beteiligen können, es muss gemeinschaftsfähig sein – das sind Hintertürchen, um solche Kinder abzulehnen. In diesem Gesetz schlägt der Haushaltsvorbehalt besonders durch. Das Umdenken ist nur zaghaft, zögerlich und halbherzig, weil in Ihren Köpfen die Gleichstellung noch nicht stattgefunden hat.
Das Motto des Aktionstages im Mai 2003 lautete: „Bayerisches Gleichstellungsgesetz – alles erreicht“. Das Fazit ist, dass unter dem Druck der Verbände viel erreicht wurde. Die Anerkennung der Gebärdensprache war innerhalb des Parlaments gar nicht umstritten, vielmehr stritten die Gruppen um den richtigen Weg.
In das Gesetz wurde ein Kapitel über behinderte Frauen aufgenommen. Das ist gut, denn Frauen mit Behinderungen sind der dreifachen Diskriminierung ausgesetzt. Der Weg in die Arbeitswelt ist gerade für behinderte Frauen sehr steinig. Mit diesem Gesetz wurden richtige Schritte getan. Es gibt es aber keinen Grund, jetzt die Hände in den Schoß zu legen.
Mit einer „Ruderaktion“ wollte Kollege Unterländer den Landesbehindertenrat „in den Hafen fahren“. Mir scheint, Sie befinden sich noch auf hoher See. Sie erkennen zwar an, dass die Selbsthilfe einen entscheidenden Beitrag leistet, weil Sie es sich nicht mit den Wohlfahrtsverbänden verscherzen wollen. Gerade im Landesbehindertenrat wäre die Kompetenz der Selbsthilfegruppen von Nutzen. Um etwas für die behinderten Menschen erreichen zu können, wäre es gut, die Kompetenz der Selbsthilfegruppen zu sammeln. Ich sehe hier Nachholbedarf. Wir werden beobachten, wie sich das Gesetz in der Realität auswirkt.
Auch ich möchte Frau Stein in meinen Dank einbeziehen. Ohne deren Hilfe und ohne die Tagung im Sozialministerium wäre „der Stein nichts ins Rollen gekommen“. Ich danke auch der Landesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte“ in Bayern e.V. für ihre Initiativen, um Anregungen von außen zu aktivieren.
Wir haben Anlass, mit einem gewissen Stolz auf das Gleichstellungsgesetz zu blicken. Ich will dazu bemerken: Wer keine Ziele mehr hat, hat auch keine Kraft mehr zu kämpfen. In diesem Sinne werden wir uns auch in der nächsten Legislaturperiode mit diesem Thema beschäf
tigen. Immerhin haben wir heute eine große Etappe geschafft.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir wissen, dass 250 Millionen Kinder unter 14 Jahren arbeiten. Sie müssen arbeiten, weil ihre Familien zum Teil davon abhängig sind, dass Geld aus Kinderarbeit in das tägliche Budget fließt. Trotzdem verwahre ich mich dagegen zu sagen, es wäre ein gut
gemeinter Antrag, mit dem wir aus den satten Sesseln heraus glauben, wir könnten wohlgemeinte Aktionen starten.
Sie sagten gerade, die kirchlichen Gruppen würden diese Aktionen nicht unterstützen. Genau in den kirchlichen Gruppen, sei es bei den evangelischen oder bei den katholischen,
überall wird gegen die ausbeuterische Kinderarbeit vorgegangen. Wir müssen gegen die ausbeuterische Kinderarbeit vorgehen, und zwar genau dort, wo wir Möglichkeiten haben, nämlich bei Exportwaren – das sind nur 10%; das ist nicht viel; das weiß ich. Das ist ein Anfang.
Nun wird es wirklich hinten höher als vorne, wenn Sie sagen, dass wir die Kriterien nicht genannt haben. Ich habe sie genau benannt. Im Ausschuss haben wir massiv darum gerungen. Es ist mir ein Anliegen. Das ist kein politischer Show-down um viertel nach Sieben – es ist mir ein Anliegen zu versuchen, öffentlich zu machen, wo Kinder ausbeuterisch beschäftigt werden und wo solche Waren vertrieben werden. Wir haben zum Teil das Siegel. Es ist schwierig, es ist auch rechtlich schwierig – das habe ich auch eingestanden; darum habe ich kein Federlesen gemacht oder weiße Salbe verstrichen. Mir ist wichtig, dass wir Symbole setzen. Das können wir mit diesem Siegel, und das können wir, indem der Freistaat Produkte, die mit ausbeuterischer Kinderarbeit produziert worden sind, nicht einkauft.
Ich weiß, dass Kinderarbeit in diesen Ländern existenziell ist. Ich habe mich damit auch beschäftigt. Man kann aber nicht auf diesem Status quo verharren. Wir hatten vor noch nicht einmal 100 Jahren auch Kinderarbeit. Mittlerweile ist sie verboten und abgeschafft. In den Entwicklungsländern ist der Weg dorthin noch weit. Wir können mit Symbolaktionen aber auch diesen Ländern deutlich machen, dass Kinderarbeit gerade unter dem ausbeuterischen Aspekt nicht unsere Zustimmung findet.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn ich jetzt gleich für viel Freude sorgen werde – es ist spät, aber nicht zu spät –: Wir fordern eine namentliche Abstimmung zu diesem Antrag.
Sie sind ja da. Mir geht es nicht um eine Schikane – –
Herr Loscher-Frühwald, ich weiß ganz genau, wie oft hier disziplinarische namentliche Abstimmungen von Ihrer Fraktion eingefordert werden. Jetzt werde ich gleich stocknarrisch. Ich beantrage für unsere Fraktion in
diesem Punkt eine namentliche Abstimmung. Ich habe mir das gut überlegt und mache das nicht, weil es Viertel nach sechs ist.
Sie kommen schon noch heim nach Cadolzburg.
Uns ist der Antrag betreffend eine Kampagne gegen ausbeuterische Kinderarbeit sehr wichtig. Leider haben wir dazu im Beratungsverlauf keine positiven Stellungnahmen von Ihnen bekommen. Deshalb möchten wir Ihnen das im Rahmen einer letzten Chance ermöglichen.
Laut Schätzungen gibt es 250 Millionen Kinder unter 14 Jahren, die arbeiten bzw. arbeiten müssen, und teilweise arbeiten sie unter ausbeuterischen Bedingungen. Etwa 10% der Kinder arbeiten in Betrieben, die auch Waren exportieren.
Wenn Sie sich schon aufregen, würde ich Sie bitten, mir genau zuzuhören, weil Sie dann wissen, warum Sie möglicherweise von den Kirchen, die in der Sache unsere Verbündeten sind, eines auf die Nuss bekommen.
Von den Kindern, die in ausbeuterischer Kinderarbeit drangsaliert werden, werden Produkte wie zum Beispiel Fußbälle, Orangensaft, Teppiche, Schokolade, Kaffee, Tee und T-Shirts hergestellt. Es gibt aber auch Kinder, die in Steinbrüchen arbeiten müssen und dort Pflastersteine, auf denen wir gehen, herstellen.
Ich denke, wer sich mit dem Thema „Kinderarbeit“ einmal beschäftigt hat, der vergisst das nicht und der weiß, dass wir diesen Kindern zumuten, körperlich schwer zu arbeiten, und zwar unter Bedingungen, im Vergleich zu denen der Abbau von Überstunden gemäß dem Antrag von vorhin lächerlich erscheint. Ich will diesen Antrag nicht kritisieren, aber in der Relation ist es lächerlich. Diese Kinder haben keine Kindheit, sie haben keine Jugend, sie haben keine Chance auf Bildung, und ihnen wird die Zukunft geraubt.
Internationale Konventionen sehen konkrete Maßnahmen gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit vor. In unserem Antrag fordern wir, dass auch der Freistaat Bayern aktiv Maßnahmen ergreift, um diesen Missständen entgegenzuwirken. Im Interesse der Kinder, aber auch im Interesse zukünftiger Kindergenerationen
sollte der Freistaat seine bescheidenen Möglichkeiten nutzen. Ich sage selbst, dass wir hier nicht die Welt verändern können, aber bescheidene Maßnahmen können auch wir ergreifen.
Als Großverbraucher, der er nun einmal ist, könnte der Freistaat Bayern sein Einkaufsverhalten in der Weise ändern, dass keine Produkte eingekauft und keine Dienstleistungen in Anspruch genommen werden, die ausbeuterischer Kinderarbeit entstammen. Es gibt Siegel und Markierungen, an denen man erkennen kann, dass es sich um verlässliche Firmen handelt, die ohne Kinderarbeit auskommen. Allein das Teppichzeichen Rugmark hat dazu geführt, dass im Teppichhandel bewusst eingekauft werden kann. Der Verbraucher weiß, er kann sich entscheiden zwischen einem Teppich, der nicht in Kinderarbeit hergestellt wurde, und einem Teppich, bei dem man nicht weiß, ob Kinder ihn geknüpft haben.
Es gibt staatliche Schulen, die zum Beispiel für ihre Sportstunden Fußbälle, für Feste Orangensaft und für ihre Schüler Schul-T-Shirts einkaufen und den Aspekt der Kinderarbeit berücksichtigen könnten.
Es gibt auch Öffentlichkeitsarbeit. Der Herr Ministerpräsident, der bekanntlich ein ausgemachter Fußballfan ist und praktisch bei keinem Spiel des FC Bayern fehlt, wird doch sein Engagement für den Fußball auch auf die Verhinderung von Kinderarbeit ausdehnen können, indem er sich zum Beispiel mit dem Bayernspieler Giovanni Elber, der hier vorbildlich tätig ist, ablichten lässt und auf das Problem aufmerksam macht. Verdammt nochmal, sonst lässt er sich auch mit jedem ablichten. Warum nicht mit dem? – Das ist wenigstens für einen guten Zweck.
Ich denke auch an runde Tische. Staatsminister Dr. Wiesheu liebt runde Tische; er sitzt in einer Tour an runden Tischen. Warum kann er da nicht einmal Händler und Leute von Wirtschaftsverbänden über Kinderarbeit aufklären? Viele wissen es gar nicht. Als die Initiative in München gestartet wurde, hat sich gezeigt, dass die Händler oftmals dankbar für die Aufklärung waren, weil sie nicht wussten, was wo drin ist.
Von daher ist das kein Placebo, sondern ein erster Schritt oder zumindest ein symbolischer Schritt. Es ist ein Anfang gemacht, wenn wir im Interesse der Kinder versuchen, ein kleines Stück zu einer Verbesserung beizutragen. Gerade weil das Ganze so schwierig ist, weil man den Produkten nicht ansieht, ob sie in Kinderarbeit hergestellt wurden, sollte die Bayerische Staatsregierung ein Zeichen setzen.
Zum Schluss will ich kurz auf die Beratungen im Ausschuss eingehen. Die Gegenargumente waren: Wir sind nicht zuständig; es ist keine Staatsaufgabe; rechtliche Bedenken haben wir auch. Diese rechtlichen Bedenken kann man nicht ganz von der Hand weisen; das will ich nicht ins Lächerliche ziehen. Aber wir haben die Chance,
einen ersten Schritt zu tun. Das sollte zumindest möglich sein.
Ich nehme Ihnen Ihre Bedenken nicht ab. Sie wollen den bequemen Weg gehen und das Problem im Sinne der „Bedenkenträgerei“ an die Kirchen und Kommunen delegieren. Alle sind dafür zuständig, nur Sie nicht. Ich glaube, wir haben hier eine Vorbildfunktion und müssen unserer Verantwortung gerecht werden. Heute haben Sie eine letzte Chance, sich in einer namentlichen Abstimmung dazu zu bekennen.
„Gibt es nach Meinung der Staatsregierung im Pflege-Qualitätssicherungsgesetz unnötige und verzichtbare bürokratische Hemmnisse und wenn ja, welche und sollen diese abgebaut werden?“
Antwort der Staatsregierung: Die Frage kann ich mit einem eindeutigen Ja beantworten. Die im Folgenden näher dargestellten Regelungen, die durch das PflegeQualitätssicherungsgesetz in das SGB XI eingefügt wurden, stellen einen weiteren untauglichen Versuch dar, wie die Bundesregierung die bestehenden Probleme in der Pflege lösen will: mit Bürokratie anstatt mit Innovation und Kreativität!
Im Einzelnen:
1. Nach § 92 a SGB XI ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung einen Pflegeheimvergleich anzuordnen. Die Pflegeheime sind länderbezogen – Einrichtung für Einrichtung – insbesondere hin
sichtlich ihrer Leistungs- und Belegungsstrukturen, ihrer Pflegesätze und Entgelte sowie ihrer gesondert berechenbaren Investitionskosten miteinander zu vergleichen.
Einen Pflegeheimvergleich lehnt die Bayerische Staatsregierung ab. Er ist, um es auf bayerisch zu sagen, „überflüssig wie ein Kropf“; er belastet Pflegekassen und Pflegeheime in nichtvertretbarer Weise. Auch in der Sache selbst ist er entbehrlich: Die Landesverbände der Pflegekassen und die überörtlichen Sozialhilfeträger verfügen über das notwendig Know how, um Pflegesatzverhandlungen führen zu können; sie sind auch ohne bundesweiten Pflegeheimvergleich in der Lage, die pflegerische Qualität einer Pflegeeinrichtung und die Wirksamkeit ihrer Leistungen beurteilen zu können.
Der zur Umsetzung erforderlichen Rechtsverordnung wird die Bayerische Staatsregierung daher im Bundesrat nicht zustimmen.
2. Nach § 113 SGB XI sind die Träger zugelassener Pflegeeinrichtungen verpflichtet, ab 01. 01. 2004 den Landesverbänden der Pflegekassen in regelmäßigen Abständen die von ihnen erbrachten Leistungen und deren Qualität durch unabhängige Sachverständige oder unabhängige Prüfstellen nachzuweisen (Leis- tungs- und Qualitätsnachweise).
Dies ist eine Regelung, die die Pflegeheime unnötig belastet. Jede Minute, die das Personal für entbehrliche Bürokratie aufwendet, ist eine verlorene Minute; sie geht zu Lasten der Pflegequalität.
Nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung sind die Qualitätskontrollen durch den MDK und die Heimaufsicht ausreichend, um die Qualität der Pflegeeinrichtungen sicherzustellen. Die unionsgeführten Länder haben deshalb die von der Bundesregierung zur Umsetzung vorgelegte Pflegeprüfverordnung im Bundesrat abgelehnt.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Heute liegen elf Anträge der GRÜNEN zur Endberatung vor, die sich alle mit dem Themenkreis „frühkindliche Bildung“, mit den Rahmenbedingungen, mit der Erzieher/innen-Ausbildung und mit der Schaffung der Grundlagen befassen.
Im Sozialpolitischen Ausschuss gab es zaghafte Annäherungen. Manche Anträge wurden zu Prüfanträgen. Der Haushaltsausschuss hat aber leider – wie so oft – die Anträge kassiert. Wir waren am Ende der Nahrungs
kette, wo der starke Löwe den Schwächeren in die Schranken verweist.
Die Debatte zur frühkindlichen Erziehung gibt es nicht erst seit Pisa und seit dem Landessozialbericht. Die Ministerin hat in der letzten Plenarsitzung den Bildungsund Erziehungsplan der Öffentlichkeit vorgestellt. Ich hoffe, dass sie auch heute einiges sagen wird – momentan ist die Regierungsbank leer. Ich hoffe, dass sie noch eintreffen wird.
Ja, die virtuelle Anwesenheit ist gegeben.
Für die GRÜNEN bedeutet die frühkindliche Bildung nicht, dass die Kinder im Vorschulalter auf die Schulbank gesetzt werden sollen oder dass man ihnen ein Jahr vorgezogen das Einmaleins und die Rechtschreibung üben lassen soll. Wir finden es wichtig, dass bei der frühkindlichen Bildung dem Grundsatz gefolgt wird, die Kinder als Individuum ernst zu nehmen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken, die soziale Kompetenz zu vermitteln und ihre Kreativität und Neugierde zu fördern und zu wecken.
Im Alter von 0 bis 6 Jahren ist der Entdeckergeist am größten, und die Kinder lernen in dieser Zeit unglaublich viel. Dieser Entdeckergeist sollte gezielt gefördert und gefordert werden. Nach Pisa mussten wir erkennen, dass für die naturwissenschaftliche Begabung zu wenig gemacht wird und diese gestärkt werden muss.
Die Kinder ausbildungsferner Haushalte und Migrantenfamilien empfinden die Schule leider häufig als den ersten großen Ort des Versagens. Ihre Sprachkenntnisse sind mangelhaft, und sie wissen nicht, wie sie Lesen, Schreiben, Grammatik, Rechtschreibung lernen, den Heimat- und Sachkundeunterricht und die Leistungsnachweise in all diesen Fächern – in Form von Proben ab der 3. und 4. Klasse und vorher verklausuliert – erfolgreich absolvieren sollen, wenn ihnen die Sprachkenntnis abgeht, um die Texte zu begreifen.
Dort wird der Grundstein für das Gefühl gelegt, dass sie nicht anerkannt sind, weil sie nicht zeigen können, was sie können. Mit der sprachlichen Entwicklung muss also wesentlich früher begonnen werden.
Nicht nur die Diskussion um Bildungsinhalte und Ziele der Arbeit in den Kindergärten ist wichtig. Ich meine, die Politiker müssen eine Diskussion unter dem Personal der Kindertagesstätten über die Qualität der Arbeit anstoßen.
Ziel muss es sein – ich hoffe, dass wir uns hierüber im Landtag einig sind –, dass die Kinder bessere Startchancen für ihren Schuleintritt bekommen. Es darf nicht nach
dem Grundsatz verfahren werden, dass die Kinder für ihre Eltern haften und man gleich aufgrund der Familie, aus der sie kommen, prognostizieren kann, welchen Schulabschluss sie einmal machen können. Das darf uns auch nicht mit einem Schulterzucken egal sein.
Die hohe Qualität der Kindertagesstätten kommt letztlich allen Kindern zugute. Wir haben uns nie gegen den Bildungs- und Erziehungsplan gestellt. Wir halten ihn für ein hervorragendes Instrument, um gerade solche Fragen zu prüfen. Trotzdem muss man die Frage stellen: Sind unsere Einrichtungen heute überhaupt fähig, diesen Bildungs- und Erziehungsplan auch umzusetzen?
Wir wissen, dass es Einrichtungen mit Gruppen bis zu 28 Kindern gibt. Oft besteht die Personalausstattung pro Gruppe aus einer Erzieherin und einer Kinderpflegerin. Wenn jemand krank oder auf Fortbildung ist, dann ist oft nur eine in der Gruppe. In diesen Einrichtungen ist es häufig schwierig, allein den laufenden Betrieb zu gewährleisten. Der Bildungsauftrag, der im Kindergartengesetz niedergelegt ist, kommt dann oft zu kurz. Wir müssen deshalb schauen, dass wir diesen ehrgeizigen und ambitionierten Bildungs- und Erziehungsplan umsetzen können. Ich kenne diesen Plan zwar nicht im Detail, denn er ist noch nicht veröffentlicht. Was man aber bisher mitbekommen hat, lässt darauf schließen, dass er sehr ambitioniert und sehr grundlegend ist. Wenn man diesen Plan also umsetzen will, kommen Sie nicht umhin, etwas an den Rahmenbedingungen zu ändern. Andernfalls sieht dieser Plan auf dem Papier sehr schön aus, doch das Papier ist nichts wert, weil er nie Realität wird.
Um noch einmal auf die Anträge zurückzukommen. Für uns ist es wichtig, dass wir die individuelle Entwicklung, das Wohl jedes einzelnen Kindes in den Mittelpunkt stellen. Hier können wir eine Chancengleichheit durch Differenzierung erreichen. Es ist ein Prüfantrag geworden. So haben wir zumindest etwas von unserem Anliegen herübergerettet. Nun soll geprüft werden, inwieweit pädagogische Konzepte für die individuelle Betreuung der Kinder in den Tagesstätten entwickelt werden. Durch die Feststellung, welche Stärken und Schwächen ein Kind hat, kann man zielgenau und wirksam ansetzen.
Allerdings muss man auch hier sagen, dass die Rahmenbedingungen der Dreh- und Angelpunkt sind. Kinder, die pflegeleicht sind, dürfen gleichfalls nicht unter die Räder kommen. Man muss bei jedem Kind prüfen, was es an Stärken und Schwächen hat. Alle Kinder haben es verdient, dass ihre Kompetenzen pädagogisch gefördert werden. Wir haben heute in der Regierungserklärung von Staatsminister Zehetmair zur Eliteförderung gehört, dass man Kinder mit besonderen Talenten erkennen muss. Die Landschaft der Kindertagesstätten wird sich in Zukunft verändern, da wird sich noch so manch einer die Augen reiben. Den klassischen Kindergarten, in dem die Kinder betreut werden, wo sie spielen
und vieles lernen, werden wir in Zukunft nicht mehr haben. Wir werden stattdessen immer mehr Einrichtungen brauchen, die richtige Zentren für Kinder und Familien sind. Beim einen oder anderen wird sich angesichts dessen erst einmal Verwunderung einstellen. Der Antrag ist in dieser Richtung mit einem Prüfauftrag versehen. Das Vorbild in England – dort nennt man diese Einrichtungen Early Excellent Center – muss man sicher nicht 1:1 übertragen. Doch auch wir werden Einrichtungen brauchen, die nicht nur Betreuungsangebote für die Kinder bereithalten, sondern die gleichzeitig Familien- und Begegnungszentren sind. Dort werden auch die Probleme der Familien und der Eltern im Sinne der aufsuchenden Familienarbeit beraten werden.
Ein wichtiger Punkt ist für mich auch, wie wir die Qualitätsdebatte, die wir im Rahmen der Diskussion um die neue Kindergartenfinanzierung immer wieder geführt haben, nicht zu einer rein theoretischen Diskussion verkommen lassen. Wir hatten einen Antrag gestellt mit dem Titel „Qualität verbessern und sichern“. Mir geht es auch darum, dass der Bildungs- und Erziehungsplan, der als verbindliche Grundlage für die Einrichtungen festgeschrieben werden soll, umgesetzt werden kann. Meine große Befürchtung ist, und die wird vor Ort von den Verbänden und den Erzieherinnen geteilt, wie sich die theoretisch geforderte Qualität in den einzelnen Einrichtungen umsetzen und leben lässt. Wie gesagt, wir meinen, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden müssen: Die Gruppenstärken müssen abgesenkt werden, um überhaupt eine Chance zu haben, die Kinder in ihrer Individualität zu sehen, zu fördern und zu fordern.
Wir sehen dazu gute Chancen, denn aufgrund der demographischen Entwicklung geht die Zahl der Kinder zurück. Die Kinder in den Einrichtungen werden also weniger werden. Der Finanzminister darf dann nicht lauernd wie ein Löwe darauf warten, dass nicht mehr so viel Geld pro Kind und Nase gebraucht wird, sondern wir müssen das Geld nehmen und damit das Fundament stärken. Es ist eine alte Weisheit, dass wir für die frühkindliche Förderung, sei es für den Kindergarten oder die Grundschule, wesentlich weniger Geld ausgeben als für die anderen schulischen Einrichtungen, je höher sie sind. Für das Gymnasium und die Universitäten wird viel Geld bereitgestellt. Wir müssen dazu kommen, mehr Geld in das Fundament zu investieren. Nur wenn wir die Kinder frühzeitig fördern, werden wir Erfolge haben. Das gilt zumal vor dem Hintergrund, dass immer gesagt wird, unser einziger Rohstoff sei der Geist. Wenn wir ihn nicht frühzeitig fördern, wird er auf lange Sicht auströpfeln, zumindest aber wird es immer schwieriger werden, die Kinder in ihrer Gesamtheit zu fördern.
Ihr Ratgeber, Frau Ministerin Stewens, Prof. Fthenakis, der den Bildungs- und Erziehungsplan entwickelt hat, spricht davon, nur 16 Kinder pro Gruppe zu haben. Mein lieber Scholli, davon sind wir aber noch weit entfernt. Wenn das die Rahmenbedingungen sein sollen, unter denen sich der Bildungs- und Erziehungsplan erst umsetzen lässt, dann handelt es sich hier nur um einen
Plan, den man in einem Ordner abheften kann, um ihn bei schönen Tagungen hervorzuholen. Meine große Befürchtung ist – und hiervon sind die Anträge auch durchdrungen –, dass wir in den jetzigen Einrichtungen nicht die Strukturen haben, diesen Plan auch umzusetzen. Wir werden selbstverständlich Fortbildungen für die Erzieherinnen anbieten müssen und die Ausbildung entsprechend gestalten.
Ich weiß nicht, ob Ihnen Kollege Unterländer von dem Gespräch im Diözesanrat berichtet hat. Dort wurden von den Mitarbeitern des Staatsinstituts für Frühpädagogik massive Bedenken vorgetragen. Sie befürchten, dass die Erzieherinnen den Qualitätsanforderungen nicht nachkommen können. Außerdem werde es immer schwieriger, Erzieherinnen zu finden bzw. junge Menschen, die sich für diese Ausbildung entscheiden. Das Niveau geht massiv herunter. Die Bezahlung ist ein weiteres Problem.
Diese Hinweise wurden nicht in einer politischen Auseinandersetzung vorgetragen, sie kamen auch nicht im Sinne einer Lobbyarbeit, sondern es handelt sich um Bedenken, die von fachlicher Seite vorgetragen wurden. Ich habe große Bedenken, wie wir diese ehrgeizigen Pläne umsetzen können.
Es wird auch kein Weg daran vorbei führen zu überlegen, ob wir die Ausbildung der Erzieherinnen an der Universität ansiedeln wollen. Das wird bei manchem noch ein böses Erwachen geben. Wir müssen überdenken, ob wir die Ausbildung der Erzieherinnen nicht mit der der Grundschullehrer verzahnen wollen. Zumindest aber muss die Verzahnung und der Übergang vom Kindergarten zur Schule, der nach wie vor sehr schwierig ist, verbessert werden. Das haben wir in unserem Antrag auch so formuliert. Was bisher eingerichtet wird, ist ein Schnuppertag, aber nicht viel mehr. Für mich wäre eine verbindliche Festlegung wichtig. Dieser Antrag wurde abgelehnt.
Es geht mir nicht darum zu sagen, dass landesweit am gleichen Tag oder zur gleichen Uhrzeit etwas gemacht werden muss oder dass die Klassenzimmer gleich ausgeschmückt werden. Es geht auch nicht darum, wie die Kindergartenkinder den Tag an der Grundschule erleben.
Darum geht es mir nicht. Mir geht es darum, Rahmenbedingungen festzulegen, wie man den Übergang vom Kindergarten zur Schule wesentlich einfacher gestalten kann, um den Kindern einen anderen Start zu ermöglichen. Ich hätte das Anliegen, den Kindergartensprengel mit dem Schulsprengel zu verzahnen, nicht für so dramatisch gehalten. Leider haben wir damit aber keinen Erfolg gehabt.
Auch die Elternrechte sollen gestärkt werden. Da gibt es natürlich bei den Erzieherinnen, beim Personal in den Kindertagesstätten manchmal einen großen Aufschrei, weil die Eltern oft mit sehr vielen Forderungen an die Erzieherinnen herantreten und darauf hinweisen, was noch alles fehlt. Hier ist ein Umdenken erforderlich. Wir müssen die Eltern wesentlich intensiver einbeziehen. Wir müssen die Elternrechte stärken, wir müssen sie in
die Einrichtung mit hineinnehmen. Auch das ist ein altes Credo von Prof. Fthenakis. Dabei ist aber die Realität von der Theorie noch weit entfernt. Stärkung der Elternrechte bedeutet auch, dass ich ihnen mehr Verantwortung in den Gremien der Kindergärten übertrage. Sie sollten nicht nur beim Bastelabend die Schultüte oder das Muttertagsgeschenk mitbasteln, sondern sie sollten auch Verantwortung mit übernehmen.
Ziel unserer Anträge – damit komme ich auch zum Schluss – ist es, dass die Qualität des Kindergartens gesichert und verbessert wird und dass der Bildungsauftrag des Kindergartens gestärkt wird. Die Rahmenbedingungen sollen klarer definiert und auf den Bildungs- und Erziehungsplan ausgelegt werden. Sie sollten insgesamt mehr auf die pädagogische Arbeit mit den Kindern ausgerichtet werden. Mir geht es nicht darum, dass im naturwissenschaftlichen Bereich meinetwegen mit einer Becherlupe ein Käfer oder irgendwelche Kaulquappen untersucht werden. Mir geht es darum, dass Kinder in ihrem Individuum gestärkt und gefördert werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass man das nicht mit 25 bis 28 Kindern in einer Gruppe erreichen kann. Daran wird sich die Qualität eines Kindergartens messen lassen müssen. Deshalb muss auch die Aus- und Fortbildung der Erzieherinnen in neue Bahnen gelenkt werden. Nur so können wir unseren Kindern Chancen und Perspektiven geben.
Die Investitionen im frühkindlichen Bereich sind Investitionen in unsere Zukunft. Unsere Kinder könnten es gut gebrauchen, dass wir dieses Fundament stärken. Wir dürfen nicht erst am Kopf anfangen, denn wenn man die Füße erst einmal wie bei einer Geisha einmauert, hat der Kopf oftmals auch schon Schwierigkeiten, das Ganze zu erfassen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat jetzt Herr Unterländer.
Also dann Frau Werner-Muggendorfer.
Frau Ministerin, eine Frage, weil Sie sagen, es gebe eine so enge Zusammenarbeit zwischen Sozial- und Kultusministerium bei der Reform der Ausbildung der Erzieherinnen: Wie gewährleisten Sie, nachdem jetzt die Reform der Erzieherausbildung erfolgt, dass der Bildungs- und Erziehungsplan dann noch eingearbeitet wird, sodass er im nächsten Jahr tatsächlich umgesetzt wird?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wurde namentliche Abstimmung beantragt, ich denke, um eine gewisse Disziplinierung der eigenen Fraktion herbeizuführen, damit ein paar mehr Kollegen und Kolleginnen in die Plenarsitzung kommen. Die tränenreiche Rede des Kollegen
Obermeier hätte zwar fast zum Zücken des Tempotaschentuches geführt, aber sie war nicht redlich.
Nein, Herr Kollege Kobler, Sie könnten Zeitung lesen oder sich ein bisschen vorbereiten, damit Sie wissen, was Sache ist.
Ich weiß noch sehr gut, dass früher die Zivildienstleistenden bei Ihnen im Ruf standen, Vaterlandsverräter zu sein. Nun übertreiben Sie wieder und tun, als würde der Sozialstaat abgeschafft.
Auch ich finde es nicht gut, dass die Träger statt 70% nur noch 50% Zuschüsse erhalten. Obwohl Sie wissen, dass der Kompromiss, der zur Haushaltskonsolidierung nötig ist, im schriftlichen Einvernehmen mit den Wohlfahrtsverbänden, in mündlicher Zustimmung der Krankenhausgesellschaft und der Umweltverbände zustande kam, haben Sie das nicht erwähnt. Die Situation ist für alle schwierig, und insbesondere für die kleinen Träger eine große Bürde.
Die CSU gibt in jeder Plenarsitzung Zeugnis ab, dass Einsparungen notwendig sind. Alternative wäre gewesen, in Familienleistungen einzugreifen. Ich möchte nicht wissen, was dann los gewesen wäre. Es gibt die Möglichkeit, 66 e beim Träger einzusparen oder in die Familienleistungen einzugreifen. Sie gebärden sich als Pharisäer.
Ich möchte auf einen weiteren Aspekt hinweisen, der heute noch nicht zur Sprache kam. Die Einberufung geschieht unglaublich ungerecht. Der Zivildienst ist gekoppelt am Wehrdienst. Es kann nicht angehen, dass die Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen alle eingezogen werden, während die Wehrdienstleistenden sich mehr oder weniger ausrechnen können, dass sie nicht eingezogen werden. Die GRÜNEN, die den Wehrdienst am liebsten abschaffen würden, sehen größeren Reformbedarf, weil dann der Zivildienst zum Auslaufmodell werden könnte.
Ohne Zivildienstleistende wäre vieles nicht möglich, was für die Pflegebedürftigen und die Behinderten getan wird. Die Zahlen sprechen für sich. 1971 gab es bundesweit 6000 Zivildienstleistende, 1999 war mit 138000 der Höhepunkt, und nun sind es 100000.
Sie wissen so gut wie wir, dass die gesetzlich geforderte arbeitsmarktpolitische Neutralität nicht mehr gegeben ist und der Zivildienst vielfach zum Ausfallbürgen im Gesundheits- und Pflegewesen geworden ist. Als politisch Verantwortlicher muss man sich Konsequenzen überlegen. Alles beim Alten zu lassen und nichts zu ändern, bringt nicht weiter. Es muss eine Perspektive entwickelt werden. Diese kann lauten, dass die freiwilligen Dienste gestärkt und die Konversion innerhalb des Zivildienstes begonnen wird.
Die jetzigen Kürzungsmaßnahmen haben eine gewisse Planungssicherheit geschaffen. Die CSU ist in dem
Modell verhaftet, den Kopf in den Sand zu stecken. Der „Reformmotor“ wird mit Rückwärtsgang gefahren.
Uns fällt es momentan sehr schwer, die Kürzungen akzeptieren zu müssen. Auf Dauer werden wir aber Antworten geben müssen, wie der Zivildienst künftig aussehen soll, damit die Dienstleistungen, die ohne die Zivildienstleistenden nicht funktionieren, sichergestellt werden können. Das ist besonders für Leistungen wichtig, die zum selbstbestimmten Leben nötig sind. Antworten auf solche Fragen sind Sie heute ebenso wie in Diskussionen zu früheren Anträgen schuldig geblieben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn sich so mancher Kollege noch beim Mittagsmenü befindet: Dieses Problem liegt vielen Kommunen im Magen. Es geht um die Frage, wie die Unterbringung von Gastkindern in Kindertageseinrichtungen gestaltet werden soll. Der Landtag muss dieses Thema aufgreifen und eine Regelung beschließen, weil dieses Thema bei
Gemeinden und Städten für Verdruss sorgt. Die Kommunen haben mit viel Mühe eine Infrastruktur aufgebaut und Betreuungseinrichtungen geschaffen. Der Verdruss herrscht vor allem bei Gemeinden, die für Gastkinder bezahlen sollen, und bei den Eltern, die häufig in ihrer Heimatgemeinde kein geeignetes Angebot vorfinden und versuchen müssen, ihre Kinder anderweitig unterzubringen. Diese Kinder müssen zu Orten fahren, die Betreuungsplätze in einer Zeit geschaffen haben, als ausschließlich die Kindergartenplätze gefördert wurden.
Die Frau Ministerin ist vielleicht auch noch beim Essen. Wir wissen es nicht. Wir hoffen aber, dass sie im weiteren Verlauf der Debatte eintreffen wird. Vielleicht kann der Justizminister zu diesem Thema Stellung nehmen, weil er momentan das einzige anwesende Kabinettsmitglied ist.
Zurück zum Thema: Schon in der Zeit, als sich die Aufgabe des Freistaates auf die Förderung der Kindergärten beschränkte, war das Problem der Gastkinder im Landtag immer wieder virulent. Einige Gemeinden haben dem Ausbau der Plätze Priorität eingeräumt. Diese Gemeinden ärgern sich zu Recht, dass sie ihr Angebot für Kinder aus Nachbargemeinden vorhalten müssen, aber von dort keinen müden Euro dafür bekommen. Sicher, einige Gemeinden hatten Kindergärten, Kinderkrippen oder Kinderhorte nicht an der Spitze ihrer Prioritätenliste. Dort war das Feuerwehrhäuschen wichtiger als der Kindergarten.
Nach langem Drängen hatte die Staatsregierung hinsichtlich der Förderung von Krippen und Horten ein Einsehen. Das begrüßen wir. Dadurch hat sich die Situation jedoch noch verschärft. Bei der Krippenfinanzierung, die bereits nach dem Modell der kindbezogenen Förderung durchgeführt wird, erfolgt eine Förderung nur, wenn die Kommunen komplementär mitfinanzieren. Die Kommunen, die über eine größere Zahl von Krippenplätzen verfügen, sehen nicht ein, warum sie für Kinder zahlen sollen, die aus anderen Gemeinden kommen.
Wir haben dieses Thema am Fall der Stadt Bayreuth aufgezogen. Dort gibt es im Industriegebiet eine Kinderkrippe mit langen Öffnungszeiten, die ein Musterbeispiel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf darstellt. Die Eltern wissen dort ihre Kinder in guten Händen, während sie ihrem Beruf nachgehen.
Die Hälfte der Kinder in dieser Krippe stammt aus dem Umland von Bayreuth. Mit der Richtlinie zur Krippenfinanzierung vom 14. Juni 2002 ist für diese Kinder das Aus vorprogrammiert worden. Die Stadt Bayreuth will ab dem Kindergartenjahr 2003/2004 die Kinder aus dem Umland nicht mehr in der Krippe haben, weil die Umlandgemeinden nicht bereit sind, die Plätze zu finanzieren. Die Kommunen sehen nicht ein, warum sie dafür
bezahlen sollen. Die Kommunen müssten in diesem Punkt ein Einsehen haben.
Sie berufen sich auf den Punkt 5.1 der Fördervoraussetzungen für die Förderung vonseiten der Stadt Bayreuth. Danach setzt die staatliche Förderung eine kommunale Förderung in mindestens gleicher Höhe voraus. Die Leidtragenden sind die Kinder, die diese Krippe besuchen. Sie werden diese Krippe ab September nicht mehr besuchen dürfen und mehr oder weniger auf der Straße sitzen. Ich halte es nicht für sinnvoll, Kinder im Alter von null bis drei Jahren aus ihrer Umgebung herauszureißen, an die sie sich gerade gewöhnt haben, wo sie Freunde gefunden haben und die Bezugs– und Betreuungspersonen kennen. Welche Alternativangebote haben die Gemeinden in Aussicht gestellt? – Das sind Tagesmütterprojekte und das „Netz für Kinder“. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Für die Familien sind lange Öffnungszeiten in einer Krippe wichtig, um Familie und Beruf zu vereinbaren.
Fazit: Wir brauchen eine grundsätzliche Regelung. Der genannte Fall in Bayreuth ist sehr exemplarisch. Solche Fälle gibt es überall. Wir brauchen eine grundsätzliche Regelung für den finanziellen Ausgleich, der durch diese Gastkinder nötig wird.
Ich habe durchaus Verständnis für Gemeinden, die sich eine Infrastruktur aufgebaut haben und ankündigen, die Schotten dichtzumachen, wenn Kinder von außerhalb die dortigen Einrichtungen besuchen. Dies gilt vor allem dann, wenn bockbeißige Gemeinderäte und Bürgermeister sagen, dass sie für diese Plätze nicht zahlen wollen.
Das gleiche Problem haben wir bei den Horten und den Kindergärten. Ich glaube, dass wir mit freiwilligen Verpflichtungen nicht mehr vorankommen werden. Ich begrüße, dass die CSU-Fraktion in ihrem Antrag mit Nachdruck an die kommunalen Spitzenverbände appelliert. Allerdings dauert mir das ständige Hinwirken und Appellieren bei aller Langmütigkeit, die man in der Opposition aufbringen muss, zu lange. Auch die Aussicht, dass dieses Thema im Dachgesetz im Jahre 2005 geregelt wird, hilft uns in diesem Jahr nicht weiter.
Wir haben deshalb Handlungsbedarf und müssen als Bayerischer Landtag versuchen, eine Regelung zu finden, die schon für das kommende Kindergartenjahr 2003/2004 gilt.
Es ist ein richtiger Ansatz der kommunalen Spitzenverbände, dass die Kommunen dann nicht für Einrichtungen in anderen Gemeinden zahlen sollen, wenn sie selbst solche Einrichtungen vorhalten. Aber man muss hinterfragen, was sich hinter dieser Vorhaltung verbirgt. Hier müssen wir eine klare Definition schaffen, um uns dieser Frage zu stellen.
Unsere Forderung lautet – und so haben wir sie im Dringlichkeitsantrag auch formuliert –: Noch in dieser Legislaturperiode muss eine verbindliche Regelung erarbeitet werden, damit für das nächste Kindergartenjahr Klarheit herrscht. Wir brauchen Sicherheit in der Planung sowohl für die Gemeinden, die die Infrastruktureinrichtungen bereithalten, als auch für diejenigen, die Zahlungen leisten. Aber wir brauchen auch Sicherheit – und das ist besonders wichtig – für die Familien und die Kinder. Die Kinder sind es, die in den Mittelpunkt der Überlegungen gehören.
Wir haben uns geeinigt, den Antrag in den Ausschüssen eingehender zu diskutieren. Damit bin ich einverstanden. Ich freue mich, dass wir diesen Aspekt angeschoben haben, denn wir dürfen diese Frage nicht länger auf die Wartebank setzten. Das Bänklein ist hier zu Ende; was man noch draufsetzt, fällt in ein Loch.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Auch von meiner Seite nur eine ganz kurze Einschätzung; der Gesetzentwurf wurde sehr kurzfristig vorgelegt. Das war so verabredet und war so auch in Ordnung. Trotzdem muss man sagen, es wurde einiges an dem verändert, was ursprünglich vorgelegen hat. Es ist richtig, dass Zuständigkeiten anders geregelt werden, dass Gesetze zusammengefasst werden und diesem Haus diese neue Struktur gegeben wird. Auf jeden Fall gibt es Einiges, dem wir zustimmen.
Bezüglich der Zuständigkeitsübertragung auf die Landratsämter konnte man aus Ihren Worten, Herr Staatsminister Sinner, noch einige Kritik heraushören. Damals, als das Gesetz zur Verlagerung der Aufgaben hier im Landtag beraten wurde, wurden große Synergieeffekte beschworen. Man konnte meinen, Hosianna bricht über den Landratsämtern und über den Arbeitsaufgaben auf. Die Synergien haben sich meines Wissens darin erschöpft, dass jeder Landrat so handelt, wie er es für richtig hält. Das nennt sich dann Synergie.
Auch von Ihrer Seite müsste man immer wieder einmal darüber nachdenken, ob tatsächlich mit der Verlagerung, wie Sie es immer behauptet haben, der Zweck erreicht wurde, den Sie im Grunde angestrebt haben. Wir haben in den Ausschussberatungen sicher noch darüber zu reden, inwieweit diese Risikobewertung und Risikoanalyse, die Sie sozusagen mit einem Federstrich beieinander halten können, tatsächlich standhält. Richtig und gut finde ich, dass die Gesundheitsberichterstattung quasi als Nebenprodukt abfällt. Das ist eine oft gestellte Forderung auch von unserer Seite. Man muss aber sehen, wie diese qualitativ aussieht. Inwieweit diese Warnsysteme bei der Verbraucherinformation tatsächlich durchzuhalten sind, müssen wir im Ausschuss auch noch bereden.
Bei den Kosten bin ich trotz Ihrer doch sehr optimistischen Prognose skeptisch, dass das mehr oder weniger alles, bis auf ein paar Stellen, in dem bezeichneten Rahmen aufkommensneutral wäre. Mit der Einrichtung neuer Aufgaben entstehen immer neue Kosten.
Sie hatten es sicher nicht leicht mit der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs. Das konnte man an den Einsprüchen sehen, beispielsweise ob der Veterinär genannt oder nicht genannt wird. Darüber haben Sie sicher viele graue Haare bekommen, weil sich dort immer wieder jemand anderer für wichtig befand und sich für nicht wichtig genug genommen fühlte. Soweit ich das jetzt gesehen habe, sind diese Probleme gelöst.
Wir stehen dem Gesetzentwurf positiv gegenüber. Der Teufel sitzt aber oftmals im Detail.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Kobler.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob es verfahrenstechnisch noch geht, den aufgerufenen Antrag in die Fachausschüsse zu überweisen. Ich wollte von unserer Seite Zustimmung signalisieren, wenn auch unser Antrag noch in die Fachberatungen einbezogen wird. Wenn wir heute über den Antrag abstimmen müssen, würde ich noch gerne unser Votum erklären. Inhaltlich stimmen wir dem CSU-Antrag zu, aber in der Begründung konnte er den bundespolitischen Stift wieder nicht lassen. Daher würden wir uns heute bei einer Abstimmung der Stimme enthalten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Staatsministerin Stewens.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als ich den Antrag gestern zum ersten Mal in der Fraktionssitzung gelesen habe, habe ich mir gedacht: Warum wird ein solcher Antrag eingebracht? Im Dezember ist eine Einigung zwischen Bund und Ländern erzielt worden, wonach eine Vollbevorratung mit Impfstoffen gegen Pockenviren erfolgen soll,
dass 100 Millionen Dosen insgesamt angeschafft werden sollen und somit im Falle eines bioterroristischen Anschlags mit Pockenviren irgendwo auf der Welt eine flächendeckende Impfung und ein Schutz der Bevölkerung ermöglicht wird. Auch in dem Gespräch beim Bundeskanzler im Dezember ist über die Finanzierung geredet und gesagt worden – das ist auch schon erwähnt worden –: Wir sind erst einmal bei einer 50 : 50-Finanzierung, weil natürlich jeder schaut, dass er möglichst günstig davonkommt. Man wird sehen, ob es dem Katastrophenschutz oder dem Zivilschutz zugerechnet wird; wer davon dann am meisten betroffen ist, der bezahlt.
Von daher halte ich Ihre vollmundigen Worte, die Sie gebraucht haben, und die Litanei, die Sie aufgezählt haben, wer was bezahlen wollte und das dann doch nicht gemacht hat, für verfehlt; diese Litanei könnte ich fortsetzen. Ich könnte Ihnen aufzählen, was Sie alles schon an Ankündigungen und Beschlüssen durchgesetzt haben, was letztendlich dann auch zu keinerlei finanziellem Ergebnis geführt hat. Ich sage nur: sechsstufige Realschule, Mittagsbetreuung – mir fiele noch einiges mehr dazu ein.
Sie dürfen sich ganz klein ins Bänklein setzen und können sich nicht den Heiligenschein aufsetzen.
Dann habe ich mir gedacht: Warum wird dieser Antrag gestellt?
Soll denn der Panikmache Vorschub geleistet werden? – Man sollte die Leute, die sowieso Angst vor dem Krieg haben und unsicher sind, nicht mit dem Hinweis auf bioterroristische Anschläge zusätzlich in Angst und Schrecken versetzen.
Ich habe mich erkundigt, warum der Antrag gestellt wurde. Ich weiß mittlerweile, dass er notwendig ist, damit 12 Millionen e für die Beschaffung des Pockenschutzimpfstoffs vom Finanzminister genehmigt werden. Wir brauchen den Schutz der Bevölkerung. Da Sie wissen, dass der Antrag gestellt werden muss, damit Bayern das Geld bekommt, sollte man mit der Nummer 3 nicht einen Wahlkampfschlenkerer machen und die rot-grüne Bundesregierung „zusammenräumen“. Eine solche Passage ist nicht angezeigt.
Unser Ziel ist, die Bevölkerung zu schützen. Dazu ist sachliche Aufklärung und Information nötig und keine Panikmache. Ein Parteienscharmützel ist nicht nötig. Da Sie sich dessen nicht enthalten konnten, werden wir uns bei dem Antrag der Stimme enthalten.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit genau 28 Tagen befinden wir uns im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen. Wir sollten uns alle dafür einsetzen, dass dieses Jahr nachhaltige Verbesserungen für die betroffenen Menschen bringt. Ich glaube, die rot-grüne Bilanz auf Bundesebene kann sich sehen lassen. Mit den Gesetzen, die in der letzten Legislaturperiode verabschiedet wurden, sind die Hausaufgaben mehr als ordentlich gemacht worden.
Ich erwähne die Novelle des Schwerbehindertengesetzes, das neue Sozialgesetzbuch IX und das Bundesgleichstellungsgesetz. Ich glaube, mit der Verabschiedung dieser Gesetze auf Bundesebene ist auch eine sehr gute Grundlage für die weitere Entwicklung des Behindertenrechtes auf Landesebene geschaffen worden.
Die Ministerin hat erwähnt, dass im März 1998 Artikel 118 a in der Bayerischen Verfassung mit einer zusätzlichen Verpflichtung versehen worden ist, dass ein Benachteiligungsverbot verankert wurde und eine Verpflichtung des Staates festgelegt wurde, gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen zu schaffen.
Auch von unserer Seite haben wir schon frühzeitig im Juli 2001 die Staatsregierung in einem Dringlichkeitsantrag aufgefordert, einen Entwurf für ein Bayerisches Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderungen vorzulegen. Ich glaube, dass sowohl der Selbsthilfe, namentlich der LAGH, als auch der Behindertenbeauftragten der Staatsregierung, Ina Stein, Dank dafür geschuldet ist, dass wir heute so weit sind. Ich möchte Ihnen schon mit auf den Weg geben: Sie schimpfen immer, wenn ein Beauftragter gefordert wird und kritisieren dies als Beauftragtenunwesen. Mit Ina Stein ist eine Persönlichkeit im Amt, die Ihnen schon einmal ganz gehörig die Leviten liest und die Fraktion erst einmal zum Jagen tragen musste.
Wir hatten eine Anhörung. Herr Kollege Kobler, ich kann es Ihnen genau sagen: Frau Kollegin Fickler war in einer Anhörung des Sozialministeriums – das war schon sachlich – und hat dort ganz eigene Vorschläge vertreten.
Wenn Sie etwas sagen wollen, bitte ich Sie, sich hier etwas anders zu artikulieren, als mir jetzt dreinzureden.
Bezüglich der Einschätzung der Eckpunkte finden wir es richtig, dass hinsichtlich der Gebärdensprache eine Gleichberechtigung verankert wird, dass das Verbandsklagerecht – –
Mein Gott, regen Sie sich wieder ab; es ist jetzt halb sieben. Ich bitte Sie: Sie müssen sich etwas für den Abend aufsparen.
Ich bitte Sie darum: Wenn Sie etwas Wichtiges zu sagen haben, sagen Sie es einfach am Rednerpult kurz und bündig, anstatt mir immer dreinzureden.
Ich nenne nochmals die für uns wichtigen Punkte: die Gebärdensprache, das Verbandsklagerecht und der Frauenaspekt – denn gerade Frauen mit Behinderungen sind mitunter doppelter und dreifacher Diskriminierung ausgesetzt –, die Regelung der Barrierefreiheit im privaten Wohnungsbau und die Festlegung eines oder einer Behindertenbeauftragten auf kommunaler Ebene.
Eine gewisse Kritik der Halbherzigkeit können wir Ihnen nicht ersparen. Hinsichtlich der Barrierefreiheit bei den öffentlichen Gebäuden und bei den Verkehrsmitteln ist auf Fristen verzichtet worden. Im Grunde endete es für die öffentliche Verwaltung mit einer Soll-Vorschrift; man weiß, dass dies immer mit einem allgemeinen Finanzierungsvorbehalt verbunden ist. Wir haben auch dazu einen eigenen Antrag auf Bekanntmachung der entsprechenden DIN-Normen eingebracht, um eine verbindlichere Festlegung zu erreichen. Ich muss Ihnen sagen: Mit Appellen an den guten Willen allein wird es nicht getan sein; denn davon kann man sich noch keine Gleichstellung kaufen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass wir vom Gestaltungswillen her mehr als reine Zielvorgaben erwarten würden, die in gewissem Umfang von der Haushaltslage abhängen. Details können wir noch im Ausschuss ändern.
Ich finde, dass wir insgesamt einen ersten guten Schritt gemacht haben. Unsere Kritik ist ähnlich wie jene, die Kollegin Steiger inhaltlich formuliert hat. Kollege Unterländer hat gesagt, wir hätten einen Meilenstein platziert. Ich muss ihm sagen – wir sind uns oftmals einig –: Es gibt noch viele Mauern, die sowohl real als auch in den Köpfen bestehen, und diese gilt es auch noch niederzureißen. Dazu kann dieses Gesetz ein erster Schritt sein. Wir müssen versuchen, eine gesellschaftliche Akzeptanz und eine Normalität zu erreichen, die sowohl den Behinderten als auch den Menschen, die mit Behinderten arbeiten, leben, befreundet sind, gerecht werden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist das so beschlossen.