Martin Runge

Appearances

14/35 14/37 14/38 14/39 14/40 14/41 14/42 14/43 14/44 14/45 14/46 14/47 14/48 14/49 14/55 14/57 14/59 14/63 14/65 14/66 14/68 14/70 14/71 14/73 14/76 14/81 14/82 14/83 14/84 14/89 14/90 14/91 14/92 14/93 14/94 14/95 14/97 14/98 14/99 14/100 14/101 14/103 14/106 14/107 14/108 14/110 14/112 14/114 14/115 14/116 14/117 14/120 14/121

Last Statements

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte an und für sich vor, in aller gegebenen Kürze und Nüchternheit unsere Einschätzung und unsere Positionen zum vorliegenden Gesetzentwurf vorzutragen. Nur veranlassen mich die letzten Worte von Herrn von Redwitz, jetzt von diesem Vorhaben abzugehen.
Herr von Redwitz, wir haben es gar nicht so ganz nachvollziehen können, was Sie gesagt haben. Sie haben von Glaubwürdigkeit gesprochen, dann von den GRÜNEN und ihrer Nähe zu Nicht-Regierungsorganisationen, und dann sagten Sie etwas irgendwie kryptisch, wir stellten den Parlamentarismus und andere Dinge in Frage. Falls wir Sie so richtig verstanden haben sollten, weisen wir das in aller Schärfe und mit aller Heftigkeit zurück.
Selbstverständlich haben Sie Recht, wenn Sie auf unsere Nähe zu Nicht-Regierungsorganisationen zu sprechen kommen. Die gibt es aber im Übrigen genauso bei Ihnen. Aber ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass wir den Parlamentarismus hier in Frage stellten.
Das Problem ist ein ganz anderes. Probleme sind die Kommissionen, sind die Pakte, wo die Parlamente vor die Frage gestellt werden: Vogel friss oder stirb! Und das Problem in Bayern ist noch einmal ein anderes. Hier macht die Staatsregierung die Politik, nicht der Landtag. Das liegt an Ihnen, an der Landtagsmehrheit. Vielleicht sind Sie auch ein bisschen sauer, dass es uns GRÜNEN gelungen ist, Sie wenigstens partiell aus Ihrer Lethargie herauszubewegen.
Jetzt zum Gesetzentwurf der Staatsregierung. Dieser Gesetzentwurf ist im Grunde ein Mischmasch, ein buntes Potpourri, in dem ganz verschiedene Anliegen, ganz verschiedene Gegenstände versteckt sind. Dies erklärt auch das durchaus unterschiedliche Abstimmungsverhalten der Mitglieder unserer Fraktion in den einzelnen Ausschüssen. Es wurde danach abgestimmt, unter welchen Schwerpunkten die Dinge von den betroffenen
Abgeordneten in dem jeweiligen Ausschuss gesehen worden sind.
Erster Punkt ist der Jugendmedienschutz. Darüber haben wir unlängst hier im Plenum diskutiert. Wir haben dem Staatsvertrag damals zugestimmt. Wir haben die dazu eingesetzte Kommission begrüßt, auf der anderen Seite aber auch auf die Probleme und die Ungereimtheiten hingewiesen, die es beispielsweise weiterhin im Internet geben wird.
Der nächste Punkt, der mit diesem Gesetzentwurf erschlagen werden soll, ist die Medienbeteiligung der SPD. Dazu sage ich Ihnen ganz ehrlich: An und für sich sehen wir das, was hierzu in dem Gesetzentwurf steckt, relativ leidenschaftslos. Auf der anderen Seite müssen wir schon klar sagen: Wenn wir uns anschauen, woher hier die Vorwürfe und Einwürfe kommen, dann müssen wir feststellen, dass es Heuchelei und Scheinheiligkeit sind. Denn die Nähe der CSU und der Staatsregierung zu ganz wesentlichen Medien gerade hier in Bayern stellt für Sie überhaupt kein Problem dar.
Herr Söder, Sie haben letztes Mal im Ausschuss bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs den schönen Begriff von der „Legitimationszwickmühle“ geprägt. Ich glaube, die SPD-Freunde werden mit dieser Zwickmühle durchaus umzugehen wissen, wenn es für sie eine ist, während für die CSU diese Zwickmühle umgekehrt nicht existent zu sein scheint.
Der dritte Punkt, den ich aus diesem Gesetzentwurf herauspicken möchte, ist die schöne Geschichte mit dem deutschen bzw. bayerischen Liedgut. Mittlerweile ist in dem federführenden Hochschulausschuss dazu etwas anderes herausgekommen. Ich habe mir bei den Ausschussberatungen auf einen Einwurf einer SPD-Kollegin, man müsse dies den Rundfunkräten überlassen, den Hinweis auf die Beratungsresistenz der Intendanten und der Programmverantwortlichen erlaubt, die wir immer wieder anzutreffen haben. Wir sagen, dass zumindest der Anstoß seitens der Staatskanzlei hier kein Fehler war. Seitdem tut sich ja auch einiges in der Diskussion.
Vierter Punkt – und damit will ich es bewenden lassen: § 1 Punkt 1 Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes, dabei geht es um die Digitalisierung. Letztlich ist es eine Ermächtigung für die Öffentlich-Rechtlichen, in dem Fall konkret für den Bayerischen Rundfunk, schneller Analog abzuschalten und digital auszustrahlen. Es geht um digital-terrestrisch im Gegensatz zum Satelliten und zum Kabel. Dazu zwei Gesichtspunkte kursorisch in Stichworten: Es geht einmal um die Diskussion über Elektrosmog, die uns bewegt und alle bewegen sollte. Es ist durchaus so, dass Sender, wenn digital-terrestrisch ausgestrahlt wird, mit einer niedrigeren Leistung fahren können, als es analog der Fall wäre. Nachdem aber geplant ist, dabei mit ganz vielen Programmen herauszugehen, wird das mit Sicherheit überkompensiert werden.
Der zweite Punkt, an dem wir Anstoß nehmen, ist folgender: Wir haben gestern die Diskussion – Herr Huber, Sie haben dankenswerterweise die Regierungserklärung abgegeben – zum Thema Entbürokratisierung und Deregulierung geführt. Dabei habe ich mir erlaubt, auch über Intenventionismus und Staatswirtschaft zu sprechen. Was passiert hier? Hier hilft man wieder dem Markt nach. Es reicht nicht, dass 200 Millionen e an Steuergeldern und Gebührengeldern in die Digitalisierung geflossen sind. Der böse Kunde macht nicht mit. Er kauft keine Endgeräte. Die 200 Millionen e sind hier also zu wenig. Der Staat schafft einen bestimmten Rahmen, der letztlich etwas erzwingt, was der Markt nicht hergibt. Hier meinen wir: Richten Sie sich etwas mehr nach Ihren Worten und sorgen Sie für weniger Staatswirtschaft, für weniger Interventionismus! Dieser Punkt findet also auch nicht unsere Zustimmung.
Wie in den Ausschüssen werden wir uns auch im Plenum unterschiedlich verhalten. Das hängt mit den jeweiligen Schwerpunkten zusammen. Die Fraktion wird sich mehrheitlich der Stimme enthalten, es wird aber durchaus die eine oder andere, vielleicht auch nur meine Gegenstimme geben, vor allem wegen dem letztgenannten Punkt.
Den Antrag, den die SPD zu den Auskunftsrechten eingebracht hat, halten wir inhaltlich für sehr gut und wir werden diesem Antrag selbstverständlich zustimmen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, welche Fernsehsendungen sich Herr König ansieht, aber sie scheinen nicht gerade zu seiner Bildung beizutragen.
Einige wenige Sätze zu der eben geführten Diskussion: Herr Kollege Hoderlein, auch wenn es immer wieder zu Ihrer wunderschönen ideologischen Schallplatte passt, es stimmt nicht, was Sie hier erzählt haben, auch im Hinblick auf die Gebietskulisse haben Sie tief in das Kästchen der Fantasie gegriffen. Zu der Geschichte mit der Freizügigkeit – Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit –: Wir haben zu diesem Thema eine ganz andere Position vertreten. Wir haben gesagt, es kann nicht angehen – das ist Scheinheiligkeit pur –, auf der einen Seite ganz lange Fristen, nämlich sieben Jahre bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit und bei der Niederlassungsfreiheit zu fordern und auf der anderen Seite dann beim Kapital, beim Verkehr von Finanzdienstleistungen zu verlangen, dass das am besten hätte vorgestern geschehen sollen. So kann es nicht gehen. Die Osterweiterung kann und darf keine Einbahnstraße sein. Man muss sich dann anschauen: Was läuft denn und was lief vorher? Wenn ich mir das Problem der Kontingentarbeiter ansehe, wo die Bayerische Staatsregierung eine Unterschrift geleistet hat, dann macht das, was Sie vorhin angesprochen haben, nicht unbedingt einen großen Sinn.
Jetzt bin ich bei der CSU-Fraktion: Herr Kollege Sackmann, es war wirklich wohltuend zu hören, was Sie eingangs gesagt haben. Sie haben nämlich ganz anders, als es sonst die Kollegen in Ihrer Fraktion, der Herr
Ministerpräsident und die Mitglieder der Staatsregierung tun, nicht nur die Staatsregierung gelobt und gesagt: „Alles, was gut ist, kommt von Bayern und alles, was schlecht ist, kommt woanders her, im Zweifelsfall vom Bund“, sondern Sie haben die Segnungen des Bundesanteils bei der Gemeinschaftsaufgabe vorgeführt. Das war schön zu hören. Es ist für uns auch nachvollziehbar, dass die CSU versucht, nach jedem nur möglichen Wahlkampfknochen zu schnappen. Kollegin Gote hat vorgeführt, dass das wirklich das falsche Thema ist. Es geht tatsächlich um 10 Millionen e an Bundesmitteln für Ostbayern, und zwar jedes Jahr. Kollegin Gote hat geirrt, wenn sie gesagt hat, es seien Hunderte Millionen vergeudet worden, es waren Milliarden, die Sie in den letzten Jahren in den Sand gesetzt haben. Ich denke, wir brauchen keine Beispiele aufzählen. Wenn Sie an diesem Punkt angesetzt hätten, wäre es wirklich gut gewesen. Was ist mit dem Thema Oberfranken? Wir führen bei uns im Wirtschaftsausschuss immer wieder die Diskussion über die Entwicklung speziell in Oberfranken Ost. Wir haben lesen dürfen, der Ministerpräsident war wieder einmal dort und hat eine Arbeitsgruppe oder Projektgruppe eingesetzt. Da sind Ministerialen aus München drin, da sind die Regierungspräsidenten dabei. Wir können nur sagen: Peinlich, peinlich. Gestern haben wir über Bürokratieabbau diskutiert und die ganze Zeit diskutieren wir über den Subventionsabbau, aber jetzt wird eine Arbeits- oder Projektgruppe eingesetzt, bei der die Regierungspräsidenten erst im nachhinein erfahren, dass Sie dort Mitglied sind.
Festzuhalten ist letztlich: Sie sind seit gut 40 Jahren in Bayern an der Regierung. Es sind viele Hunderte Millionen e ganz gezielt nach Ostbayern geflossen; und zwar im Wesentlichen Infrastrukturförderung und auch Unterstützung von Unternehmen, vor allem von kleinen Unternehmen in Bezug auf die Förderung von Investitionen. Was ist daraus geworden, was haben Sie mit Ihrer Politik erreicht? Meine Damen und Herren von der Staatsregierung und der CSU, das Gefälle in Bayern ist größer geworden. Die wirtschaftlichen Disparitäten sind größer geworden. Sie stehen vor einem Scherbenhaufen, den Sie angerichtet und den Sie zu verantworten haben. Da nützen so jämmerliche Ablenkungsmanöver gar nichts.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Gesetzentwurf zur Änderung von Zuständigkeiten im Verkehrswesen geht es vordergründig um eine Formalie, aber nur vordergründig, Herr Kollege Rotter. Das Wirtschaftsministerium soll, wie Sie richtigerweise gesagt haben, ermächtigt werden, durch eine Verordnung die Behörde zu bestimmen, die dann wiederum für den Vollzug des Magnetschwebebahnausbaugesetzes zuständig sein soll. Das Gesetz und das Vorhaben der Staatsregierung haben aber sehr wohl einen materiell bedeutungsvollen Inhalt. Das geht auch aus der Presseerklärung der Staatsregierung hierzu hervor. Die Staatsregierung hat die inhaltliche Dimension des Gesetzentwurfes mit einer
Pressemitteilung dargestellt, welche betitelt war mit der Überschrift „Transrapid in Bayern kommt in Fahrt – Gesetzentwurf zur raschen Durchführung des Planfeststellungsverfahrens“. Ich wiederhole noch einmal, Herr Rotter: Zur raschen Durchführung des Planfeststellungsverfahrens.
Es ist uns allen bekannt, worum es Ihnen geht. Sie wollen dieses Milliardenprojekt auf Teufel komm raus durchdrücken. Bei der Machbarkeitsstudie war Schnelligkeit wichtiger als Genauigkeit und Korrektheit. Es hat geheißen, es wären umfangreiche FFH- und Umweltverträglichkeitsuntersuchungen durchgeführt worden. Dazu kann ich nur sagen, das stimmt nicht, denn für umfangreiche FFH- und Umweltverträglichkeitsuntersuchungen braucht man eine volle Brut- und eine volle Vegetationsperiode; die gab es aber de facto nicht.
Das Raumordnungsverfahren ist in Rekordzeit durchgepeitscht worden. Bei der Planfeststellung soll es auch nicht anders sein.
Für uns ist dieser Gesetzentwurf auch Anlass, uns kritisch mit der Regierung von Oberbayern auseinander zu setzen. Hier macht man den Bock zum Gärtner. Es gibt wohl kaum eine Behörde, bei der sich Willfährigkeit und vorauseilender Gehorsam so manifestieren wie bei der Regierung von Oberbayern. Ich könnte hierfür reihenweise Beispiele anführen. Ich bringe davon nur einige wenige. Ein Beispiel ist das FOC Ingolstadt; ein weiteres Beispiel ist die Öffnung eines Tores am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger und gegen den Willen der Gemeinde Maisach. Mittlerweile ist diese Maßnahme vom Gericht ganz klar als rechtswidrig beurteilt worden. Ein weiteres Beispiel ist das Kassieren eines Bescheides des Landratsamtes Fürstenfeldbruck, mit welchem eine Mobilfunksendeanlage für illegal erklärt wurde. Auch diese Kassation durch die Regierung von Oberbayern ist mittlerweile rechtskräftig als rechtswidrig beurteilt worden.
Dass die Staatsregierung den Transrapid gegen den Willen der Anwohner und gegen die Interessen der Nahverkehrskunden wie auch gegen die Umwelt durchdrücken will, ist kein Geheimnis. Herr Kollege Rotter hat appelliert, keine lange Diskussion zu führen. Deswegen will ich nur einige wenige Sätze sagen, nachdem unser diesbezüglicher Dringlichkeitsantrag leider nicht mehr zur Behandlung gekommen ist.
Wir haben eben vorher über Geld gesprochen. Herr Kollege Rotter, die Staatsregierung will ganz massiv in Nahverkehrstöpfe eingreifen, um dieses Projekt zu finanzieren. Bei Herrn Stolpe sind die Anträge schriftlich eingereicht worden. Einmal sollen 120 Millionen e aus Nahverkehrsmitteln zur Finanzierung von Fahrzeugen entnommen werden. Herr Wiesheu hat zwar immer bestritten, dass es sich beim Transrapid um Nahverkehr handelt. Diese 120 Millionen e werden aber aus dem Haushaltskapitel 0707 entnommen, welches aus den Regionalisierungsmitteln gespeist wird, die wir vom Bund bekommen, um den Schienenpersonennahverkehr zu bestellen. 100 Millionen sollen zum Beispiel aus BSchWAGMitteln und aus Bahneigenmitteln aufgebracht werden. Mit BSchWAG ist das Bundesschienenwegeausbauge
setz gemeint. Auch das ist eine Unverschämtheit sondergleichen. Sie selbst erleben es im Wirtschaftsausschuss immer wieder, zuletzt am Beispiel der Strecke Landshut – Plattling. Herr Wiesheu sagt uns immer wieder, der Bund gebe uns zu wenig BSchWAG-Mittel, in fünf Jahren waren es nur 120 Millionen e für Schienennahverkehrsinvestitionen gewesen. Davon wollen Sie jetzt 100 Millionen abzweigen. Weitere 40 Millionen e für das Planfeststellungsverfahren sollen auch aus dem Kapitel 0707 entnommen werden, und so weiter und so fort.
Der nächste Hammer sind die 300 Millionen e, die aus künftigen Betriebsgewinnen vorfinanziert werden sollen. Das ist eine absolute Milchmädchen- oder Milchbubenrechnung. Es ist eine Schande, dass ein Minister, der sich auch Wirtschaftsminister nennt, so rechnet. Sie wissen es ganz genau, meine Damen und Herren von der CSU, die betriebswirtschaftliche Erfolgsrechnung ist völlig ohne Kapitalkosten, also ohne Zinsen und Abschreibungen erstellt worden. Das ist unseriös, es kommen auch hier wieder Kosten auf den Steuerzahler und auf den Fahrgast im Nahverkehr zu. Wir bitten Sie deswegen alles zu tun, um dieses Vorhaben zu verhindern, und deswegen sollten Sie auch nicht diesem Gesetzentwurf der Staatsregierung zustimmen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Es hat sich noch einmal Herr Rotter zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sich mit der Thematik „Deregulierung und Entbürokratisierung“ zu befassen, ist an sich nichts Schlechtes – im Gegenteil. Angesagt ist, sich immer wieder Gedanken darüber zu machen, wo und wie überbordende Bürokratisierung abgebaut werden kann. Auf diesem Gebiet passiert relativ viel. Herr Kollege Dr. Ritzer hat die einzelnen Kom
missionen und Wirtschaftsberatungsunternehmen genannt, die gerade in Bayern auf diesem Gebiet schon tätig waren. Allerdings hapert es meistens an der Umsetzung der Vorschläge. Aber was hier seitens der Staatskanzlei produziert und mit welchem Getöse und Gedröhn die Vorschläge auf den Markt geworfen wurden, ist für sich schon lächerlich.
Hierfür scheint der Wahlkampf das Hauptmotiv zu sein. Herr Prof. Henzler hat es nur für nötig erachtet, Herrn Huber zu lauschen. Als Dr. Ritzer zu reden anfing, verschwand er. Herr Prof. Henzler hat sich halt schlicht und ergreifend missbrauchen lassen.
Völlig lächerlich und daneben ist es, die Thematik zur Generalabrechnung mit Rot-Grün in Berlin nehmen und konstruieren zu wollen, Bayern sei der Musterknabe, Berlin der Sündenbock. Das ist lächerlich.
Denn gerade in Bayern gibt es übelste Auswüchse an Überregulierung und Überreglementierung, an überbordender und übermäßiger Bürokratie. Ich sage ganz bewusst: das gehört zum System „Bayern und CSU“, wie Sie es in den letzten 40 Jahren geschaffen haben. Kollege Ritzer drückte sich etwas höflicher und vornehmer aus. Die Durchdringung mit Filz auf der einen Seite und überbürokratischen Strukturen auf der anderen Seite ist das Markenzeichen hier in Bayern.
Es dient den Netzwerken und Seilschaften, es schafft und bewahrt Abhängigkeiten und Günstlingswirtschaft; Herr Dr. Ritzer sagte richtigerweise: Gefälligkeitsstaat.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ein Beispiel für die Scheinheiligkeit – –
es wird gewechselt, aber ich habe Sie im letzen Satz angesprochen – ein Beispiel für die Scheinheiligkeit der CSU im Plenum – Herr Sackmann, hören Sie genau zu, auch Sie sind immer einer der Oberbeteiligten –: Es ist ungefähr ein dreiviertel Jahr her, damals wurde von Seiten der CSU gegen die Bauabzugssteuer geätzt.
Der böse Bund, welchen Blödsinn hat er da wieder gemacht? Zwei Wochen früher gab es allerdings eine Jubel-Pressemitteilung aus dem Hause Beckstein, Bayerns Einsatz wäre es zu verdanken, dass es jetzt endlich die Bauabzugsteuer gebe. So scheinheilig und so inkompetent sind Sie bei diesem Thema.
Jetzt zur so genannten Henzler-Kommission und zur Umfrage. Zu fragen, wo die Unternehmer und die Unternehmen der Schuh drückt, ist an und für sich nicht dumm. Es gäbe allerdings bessere Wege, als mit einem relativ anonymen Fragebogen vorzugehen; denn auch dies wird von den Unternehmen als Bürokratie wahrgenommen. Es gäbe bessere Wege. Herr Sinner, der leider nicht mehr da ist, hat es mit dem Bürgergutachten vorgemacht. Man könnte auch so genannte UnternehmenGutachten machen. Immerhin hat aber ungefähr jeder zweihundertste Unternehmer geantwortet.
Die Antworten, die Verbesserungsvorschläge, die Begehrlichkeiten sind schon spannend. Stark im Vordergrund stehen politisch-inhaltliche Anliegen, die mit Bürokratieabbau im eigentlichen Sinne nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun haben. Deswegen sollte man diese Punkte auch nicht in der Diskussion über Bürokratieabbau anführen – es geht nämlich um Punkte wie weniger Kündigungsschutz, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall mehr, mehr Lkw-Fahrten auf Autobahnen am Sonntag. Dies sind andere Themen, die in dieser Diskussion meines Erachtens nichts verloren haben.
Dann gibt es viele Beschwerden und Vorschläge, die eigentlich nur an die bayerische Verwaltung, an die bayerische Bürokratie gerichtet sind. Bei den Statistiken – das ist auch schon bemüht worden – liegt das Landesamt hinsichtlich der Nennungen sogar noch vor dem Statistischen Bundesamt. Zweidrittel der Teilnehmer beklagen sich über bürokratischen Aufwand bei Baugenehmigungen – auch hier ist Bayern allein angesprochen. Augenfällig ist die Fokussierung auf Schikanen bei Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen ausländischer Mitarbeiter. Dazu passt wunderbar eine Überschrift in der „Süddeutschen“ vom 2. Juli: „Gastronomen klagen über zuviel Bürokratie. Strenge Bestimmungen machen es schwer...“. Was kommt vom zuständigen Minister Beckstein, wenn wir hier Bürokratieabbau für unsere Wirtschaft fordern? – Es kommt der Verweis auf die Beschlüsse der Innenministerkonferenz, und dass gar nichts ginge. Dazu muss man ganz klar sagen: In anderen Bundesländern, auch Unionsgeführten, geht sehr wohl mehr; es gibt sehr wohl mehr Beweglichkeit. Hier würden wir uns Ansatzpunkte für Bürokratie- und Schikanenabbau wünschen. Dies fordern wir von der Bayerischen Staatsregierung massiv ein.
Spannend sind auch die Aussagen zur Bürokratiebelastung in den so genannten Kernprozessen. Ganz oben bei den Nennungen – Herr Huber, Sie kennen es ja – steht die Beschaffung von Fördermitteln. Daneben wird immer wieder das Gründergeschehen genannt. Dazu müssen wir sagen: Reihenweise gab es Vorstöße von uns und von der SPD, zu Verbesserungen zu kommen, zum Teil auch zu Lockerungen zu kommen. Alles ist seitens der CSU und der Staatsregierung mit der Begründung abgebügelt worden, es wären keine Änderungen
notwendig. Ich darf nicht zuletzt an unseren Entwurf für ein neues Mittelstandsförderungsgesetz erinnern. Darin waren viele dieser Punkte enthalten. Er ist aber einfach abgebügelt worden; er sei nicht notwendig gewesen. Es muss also erst wieder eine Kommission arbeiten und auf die Missstände hinweisen.
Zur Kommission selbst und zu deren ersten Verlautbarungen sind im Grunde die Zeitungskommentare und -überschriften selbstredend. Ich darf zitieren: „Viel Papier, magere Ergebnisse. Das Ergebnis ist – vorsichtig gesagt – enttäuschend.“, schreibt der „Münchner Merkur“. „Eine überflüssige Kommission“ steht in der „Süddeutschen Zeitung“ von heute. „Bayern nicht immun“ – ich verlese mich nicht – „Anti-EntbürokratieKommission weiß wenig Neues“ schreibt Henry Stern. Vielleicht war dies ein Freudscher Verschreiber des geschätzten Henry Stern, aber vielleicht hat er sich bei der Wahl dieses Begriffes auch etwas gedacht.
Ja, Journalisten können auch sehr, sehr weitsichtig sein, Herr Kollege Wilhelm, und sogar sehr ironisch.
Zusammengefasst beinhalten die Vorschläge im Grunde sehr, sehr viel Altbekanntes, daneben auch einiges Wirre. Zum Beispiel finden wir auf ein und derselben Seite die Forderung nach Entlastung von betrieblicher Mitbestimmung, während es zwei Sätze weiter heißt: Stärkung betrieblicher Bündnisse für Arbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Was wollen sie jetzt eigentlich. Wollen sie die betriebliche Mitbestimmung stärken oder schwächen? In der Kommission weiß man offensichtlich auch nicht so ganz, was Sache ist.
Dann gibt es jede Menge schöner Anglizismen: back to the basics, one stop agency, skilled service und small company act, der hier auch schon hinreichend bemüht worden ist. Das ist die Antwort auf Schröders und Hartzs small business act. Dazu sagen wir ganz klar: Die Staatsregierung muss aufpassen, aber auch Schröder und die Bundesregierung müssen aufpassen, dass auf der einen Seite nicht auf einmal lauter gehätschelte, bevorzugte Kleinstunternehmen vorhanden sind, auf der anderen Seite aber mittlere Unternehmen, die mit den Kleinstunternehmen im Wettbewerb stehen und die die regulären Arbeitsplätze und die Ausbildungsplätze haben, immer weniger werden. Ich bin einmal nicht mit Ihnen eins, Herr Präsident und Kommissionsvorsitzender Ritzer: Ich bin der Staatsregierung sehr dankbar dafür, dass sie das Kleinunternehmenförderungsgesetz des Bundes durch ihren Einsatz im Bundesrat erst einmal nicht so hat durchgehen lassen. Unseres Erachtens wäre da nämlich doch sehr viel Mist passiert. Ähnlicher Mist wird aber jetzt mit dem small company act propagiert. Ich bitte Sie, auch darauf aufmerksam zu blicken.
Interessant ist dann auf der anderen Seite, wie sich die Kommission um bestimmte spannende Fragen in der derzeitigen Deregulierungsdiskussion drückt. Ich nenne
die Beispiele Reformierung der Handwerksordnung, großer Befähigungsnachweis als zwingende Voraussetzung für den Gang in die Selbstständigkeit oder die Zwangsmitgliedschaft in den Kammern. Daran wird sehr elegant vorbeigegangen; in diesen Fällen stößt der Reformeifer von Staatsregierung, CSU und ihren Satelliten blitzschnell an seine Grenzen.
Ich erinnere mich noch sehr gut an einen Dringlichkeitsantrag der CSU zur Handwerksordnung im vorletzten Plenum. Dort war von behutsamen Reformen zu lesen, herauszuhören war: gar keine Reformen. Dort wird wieder nichts vorgewiesen. Das ist dasselbe Spiel wie beim Subventionsabbau. Der Ministerpräsident führt ihn im Mund, die Minister führen ihn im Mund, die Abgeordneten führen ihn im Mund. Wenn es dann aber erste Vorschläge gibt, wenn zum Beispiel Steuervergünstigungen abgebaut werden sollen, dann ist dies Teufelszeug. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass, gilt für den Subventionsabbau genauso wie für Deregulierung und Entbürokratisierung. Dies ist nichts als Scheinheiligkeit.
Ich sitze im Wirtschaftsausschuss. Sie reden von Bürokratieabbau, aber monatlich behandeln wir Anträge der CSU, deren Umsetzung mehr Bürokratie bedeuten würde. Ich nenne als Beispiele Anforderungen an und Befähigungsnachweise für Versicherungsmakler, für Leute im Fremdenverkehr. Sinnvolle Gedanken mögen darin auch enthalten sein, aber man muss dazu ganz klar sagen: Dies würde für mehr Bürokratie sorgen.
Zu den Auswüchsen in Bayern, Herr Huber, da kommen Sie uns gerade recht. Ich nenne das Bayerische Weinabsatzförderungsgesetz, eine zweite Zwangsabgabe für die bayerischen Winzer neben jener an den Deutschen Weinfonds. Daneben gibt es jede Menge an weiterer Bürokratie. Ein anderes Beispiel: Wie sehr wird in Bayern die Windenergie durch bürokratische Auflagen behindert? Ich erinnere an den diesbezüglichen jüngsten SPD-Antrag.
Zu den Dokumentations- und Meldepflichten und den statistischen Pflichten: – Für uns wichtige Dinge, darüber findet man angeblich nichts. Vielleicht werden uns die Dinge auch vorenthalten. Beispielsweise gibt es angeblich keine Übersichten über freie Gewerbeflächen und Brach- und Konversionsflächen. Blättern wir aber auf der anderen Seite in den Agrarstatistiken, können wir auf den Hundertstel Hektar genau die Anbauflächen für Radi, Radieschen und Kohlrabi nachlesen.
Herr Huber, Sie haben sich gerade so aufgeplustert und aufgeführt. Ich erinnere an die Online-Aktivitäten, an Ihre Online-Politik. Sie haben hier bürokratische Monster zusammengeballt und zusammengebraut. Sie haben nicht nur Hunderte von Millionen in den Sand gesetzt, sondern dies war auch innovationsfeindlich und kleinunternehmen- und gründerfeindlich. Ein Beispiel: Der virtuelle Marktplatz Bayern enthält viel zu überzogene büro
kratische Auflagen. Sie sind von Siemens und SAP erfunden worden, dies aber in Ihrem Auftrag.
Sie haben damit kleinen Internetdienstleistern keinen Gefallen getan und Innovationen verhindert.
Herr Staatsminister Huber, in Ihrer Rede waren heute viele Anwürfe und Schlagworte zu hören, zum Beispiel die berühmten dreimal 40. Da gibt es jedoch auch das Regierungsprogramm für die Kanzlerwahl des Ministerpräsidenten. Dort ist von zahlreichen Versprechungen zu lesen, die Kosten in Milliardenhöhe verursachen würden. Er fordert eine Spallationsquelle für die neuen Bundesländer und Steuermittel für den Transrapid und gleichzeitig eine Senkung der Steuern und der Staatsquote. Das alles passt nicht zusammen. Oder Sie müssten diese Gelder von den sozial Schwachen nehmen. Wir sagen dazu Nein.
Herr Staatsminister Huber, ich möchte noch einige Ihrer Zitate nennen. Sie sagten, „ein Selbstständiger bringe heute im Schnitt 324 Stunden pro Jahr mit Bürokratie zu; das sei mehr als eine Stunde pro Arbeitstag“. Der Rechenweg ist das Einzige, was hier stimmt. Ich habe zehn Selbstständige aus akademischen und nichtakademischen Berufen befragt, nämlich Zahnarzt, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Schreiner. Diese Leute haben sich an die Stirn gelangt. Das bedeutet, Herr Huber weiß überhaupt nicht, wovon er redet.
Ein weiteres Zitat: „Mehr Staat bedeute weniger wirtschaftliche Dynamik.“ Herr Huber, wenn Sie davon überzeugt sind, frage ich Sie, warum LWS, warum Kirch, warum Maxhütte? Das sind Beispiele für Staatswirtschaft pur, für Interventionismus und teilweise für Filz. Wenn Sie der Meinung sind, mehr Staat bedeute weniger wirtschaftliche Dynamik, dann machen Sie es uns in der Staatsregierung vor. Fazit: Was Sie heute verbraten haben, ist teilweise alter Wein in neuen Schläuchen. Wir haben heute das übliche „Rumgehubere“ und Rumgebolze erlebt. Gerade in Bayern brauchen wir weniger Staatswirtschaft, weniger Filz und partiell weniger Bürokratie.
Wir werden Sie in dieser Frage an Ihren Worten und an Ihren Sprüchen messen. Der beste Ansatzpunkt, an dem Sie Ihren Worten Taten folgen lassen könnten, wäre die völlig überdimensionierte und aufgeblähte Staatskanzlei. Das Abspecken dieser Staatskanzlei hätte mehrere Vorteile: Sie könnten damit ein lobenswertes Vorbild geben und viel Schaden von den bayerischen Bürgerinnen und Bürgern abwenden, wenn Sie Ihre Leute von Aufgaben entlasten würden, von denen sie nicht allzu viel verstehen. Ich habe bereits einige Beispiele genannt. Es gäbe noch eine Reihe von Beispielen. Ich möchte es aber
dabei belassen. Herr Huber, Sie sollten zuerst bei sich selbst anfangen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Darüber, dass wir in unserem Land dringend Reformen brauchen, herrscht hier weitgehend Einigkeit. Stichworte sind: Finanzkrise bei den öffentlichen Haushalten, Massenerwerbslosigkeit, Strukturprobleme und riesige Krisen bei der gesetzlichen Sozialversicherung. Im Wesentlichen ist auch die Diskussion über das Wo der Reformen unstrittig. Primär gilt es, die Sozialversicherung umzubauen, damit es diese nicht zerreißt. Daneben werden Reformen des Arbeitsmarktes diskutiert. Herr Dr. Stoiber spricht von „Entriegelung des Arbeitsmarktes“. Es geht also um Reformen im Arbeits- und Arbeitsförderungsrecht, bei der Berufszulassung und Berufsausübung.
Damit sind wir bei der Handwerksordnung angelangt. Hier müsste eigentlich auch noch unstrittig sein, dass es einen ganz ganz dringenden Reformbedarf gibt. Von Ihnen, meinen Damen und Herren von der CSU und der Staatsregierung, kommt immer wieder der Verweis, dass wir nicht auf einer Insel leben würden und laufend an unserer Wettbewerbsfähigkeit arbeiten müssten.
Fakt ist: Das Knüpfen des Erlaubnisganges in die Selbständigkeit an den großen Befähigungsnachweis ist inländerfeindlich – ich verweise auf die Niederlassung und Berufsfausübung von EU-Ausländern – und ist daneben gründer- und wettbewerbsfeindlich.
Die Änderungen der Handwerksordnung 1993, 1994 und 1998 greife ich heraus; sie können nicht Reformen genannt werden. Ich überspitze die Darstellung: Was ist passiert? – Gerade mal die Bürstenbinder und Pinselmacher sind in die Anlage B gewandert, und es konnte gerade noch verhindert werden – das war ein Ansinnen von manchen – die Computerhändler und Computerbastler in die Anlage A zu zwingen.
Jetzt liegt in der Tat ein radikaler Reformentwurf vor. Von 94 Gewerbearten sollen nur noch 32 in der Anlage A als sogenannte Handwerksarten verbleiben, „bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können“.
Hier soll es weiterhin den großen Befähigungsnachweis – den Meisterbrief – als Voraussetzung für die Selbstständigkeit geben. In der Anlage B soll es zwei Kategorien geben nämlich das zulassungsfreie Handwerksgewerbe und daneben das handwerksähnliche Gewerbe. Der Meister soll weiterhin fakultativ als „Gütesiegel“ möglich sein. Weitere erhebliche Änderungsschritte sind: Das Inhaberprinzip soll aufgehoben werden. Gesellen mit zehnjähriger Berufserfahrung, davon fünf Jahre in leitender Position, sollen sich auch in einem Gewerbe der Anlage A selbständig machen können.
Wie nicht anders zu erwarten, kommt seitens des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks – ZDH – und seitens der Vertreter einzelner Kammern der große Aufschrei und – wie nicht anders zu erwarten – fällt die CSU sogleich in den Jammerchor ein. Sie verfährt – Kollege Dr. Scholz hat es genannt – nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass; wir brauchen überall Reformen, aber nicht bei uns selbst.
Nun bin ich beim Dringlichkeitsantrag der CSU angelangt. Herr Dinglreiter, ich teile Ihre Kritik am Euphemismus, an den Übertreibungen und den konstruierten Zusammenhängen in der Begründung. Keine Frage, hier wurde sehr dick aufgetragen. Da ist aber schon Schluss mit unseren Gemeinsamkeiten.
Ihr kürze meine Rede ab, weil wir noch einige Beiträge haben werden. Ganz signifikant und herrlich ist beispielsweise die Formulierung im Antrag „behutsam fortentwickeln“. Wenn es um die Reformvorschläge der Agenda 2010 geht, also beispielsweise um das Arbeitslosengeld II oder um die Verkürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld, dann kann es Ihnen und Ihrem ExKanzlerkandidaten gar nicht schnell genug gehen. Er jammerte, dass es monatelang dauere. Das war ihm schon zu lange. Hier allerdings muss es ganz behutsam gehen. Was heißt das? – „Behutsam“ heißt, dass gar nichts passieren soll – nichts anderes.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass ich mich nicht davor scheue, die Bundesregierung – konkret das Ministerium der Herren Clement und Schlauch – zu kritisieren, wenn ich der Meinung bin, dass dort Kritikwürdiges fabriziert wird. Das Beispiel passt gut zum Entwurf der Handwerksordnung: Gemeint ist der Entwurf des Kleinunternehmerförderungsgesetzes mit der Möglichkeit, beim Umsatz bis 17500 Euro und später bis 35000 Euro die Hälfte des Umsatzes als Betriebsaufwand steuerlich geltend machen zu können und gleichzeitig nach der Kleinunternehmerregelung des Paragraphen 19 des Umsatzsteuergesetzes keine Mehrwertsteuer zahlen zu müssen. Ich bin der Meinung, dass dadurch Kleinstunternehmer entstehen, ohne Arbeits- und ohne Ausbildungsplätze, die immense Wettbewerbsvorteile gegenüber regulären Unternehmen mit Arbeits- und Ausbildungsplätzen haben werden. Dieser Vorschlag ist in dieser Form nicht tragbar.
Bei der Reform zur Handwerksordnung sehen wir die Bundesregierung allerdings auf dem richtigen Weg.
Meine Damen und Herren von der CSU, was Sie mit Ihrem Dringlichkeitsantrag und Ihrer Presseerklärung vorführen, ist nichts anderes, als dass Sie das so viel gelobte duale Ausbildungssystem in Deutschland diskreditieren. Warum sollen denn junge Frauen und Männer, die drei Jahre Lehre und Berufsschule genossen haben, nicht selbstständig arbeiten können? Die zuständige Bundestagsabgeordnete der CSU, Frau Wöhrl, bietet „vernünftige Gespräche“ an und redet von „konstruktiven Vorschlägen“. Allerdings hat es konstruktive Vorschläge zur Reform der Handwerksordnung von Ihrer Seite nicht gegeben und liegen auch heute leider wieder nicht vor.
Gleiches spielt sich beim Thema Subventionsabbau ab. Sie predigen und fordern plakativ den Subventionsabbau. Wenn es dann konkret wird und beispielsweise Steuervergünstigungen ein klein wenig verringert werden sollen, erheben Sie sofort ein Geschrei und es kommt die Blockade.
Das zeigt, meine Damen und Herren von der CSU, Sie haben nichts, aber auch gar nichts auf diesem Gebiete zu bieten. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen. Das heißt, Herr Kollege Dinglreiter, wir diskutieren liebend gern mit Ihnen die Handwerksordnung, und wir diskutieren mit Ihnen auch kritisch den neuen Entwurf aus dem Hause Clement zur Reform der Handwerksordnung, weil auch wir den einen oder anderen Veränderungsbedarf sehen. Ihren Antrag halten wir für indiskutabel, da sind wir besseres von Ihnen gewohnt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da Kollege Dinglreiter sogleich erklären wird, dass seine Fraktion unserem Antrag zustimmen könne –
er wird es allerdings anders formulieren, er wird sagen, der Antrag habe sich erledigt, weil er gestern Mittag zufällig den Termin mit dem Minister ausgemacht hat, den wir gestern Mittag beantragt haben, aber das ändert an der Sache nichts –, kann ich mich auf wenige Sätze beschränken.
Fakt ist: Der Abschluss des Verkehrsdurchführungsvertrages ist überfällig. Der erste Vertrag zwischen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft und der DB AG vom 30. Mai 1996, in dem Art und Umfang des Schienenpersonennahverkehrs im Freistaat, soweit er von der DB AG erbracht wird, geregelt sind, hatte eine Laufzeit bis Ende 2001. Es gab zwar eine Verlängerungsoption, aber die Staatsregierung hat sie nicht in Anspruch genommen.
Was ist jetzt passiert? – Von Vertretern der Staatsregierung wie auch von Mitarbeitern des zuständigen Ministeriums haben wir immer wieder erfahren dürfen, dass der Vertrag demnächst abschlussreif sei. Das war vor zwei Jahren so, das war auch vor einem Jahr so, aber abgeschlossen wurde ein Vertrag bisher nicht. Ich möchte noch an eines erinnern: Obwohl der Freistaat Aufgabenträger und Besteller, also damit Bezahler des Schienenpersonennahverkehrs ist, kam der erste Verkehrsdurch
führungsvertrag unter weitgehender Ausblendung des Landtags und seiner Ausschüsse zustande. Beschlusslage des Landtags ist jetzt, dass der Landtag über den Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie „in die laufenden Verhandlungen zum Verkehrsdurchführungsvertrag einzubinden“ ist. Dieser Antrag wurde im federführenden Ausschuss und auch im Plenum einstimmig angenommen. Aus den Protokollen geht hervor, dass „einbinden“ für uns nicht heißt, ein fertiges Vertragswerk einfach nur abnicken zu können oder zu müssen. Darauf legen wir ganz, ganz großen Wert vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem letzten Vertrag. Dieser war nämlich in einigen Punkten granatenmäßig schlecht. Damals gab es jede Menge Versäumnisse, die nur sehr, sehr schwer, zum Teil auch gar nicht geheilt werden konnten.
Gestern wurde in den Medien breit über Kahlschlagpläne für Nebenstrecken berichtet. Wir sagen ganz klar: Wir wollen keine Verschlechterung im Bahnverkehr auf dem Land. Wir wollen auch nicht – zumal die Einbindung des Landtags jetzt Beschlusslage ist –, dass irgendwann im Sommer der Vertrag geschlossen wird und anschließend – selbstverständlich nach der Landtagswahl – die daraus folgenden Grausamkeiten verkündet werden. Deswegen bitte ich um Zustimmung. Herr Kollege Dinglreiter, ich freue mich sehr, dass Sie es gleich gestern geschafft haben, Minister Wiesheu davon zu überzeugen, zu uns in den Ausschuss zu kommen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Dinglreiter.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu meinem Vorredner möchte ich sagen, die CSU-Fraktion beschäftigt die bayerischen Beamten in ganz anderer Art und Weise und in ganz anderen Umfang. Jetzt aber zum Antrag der SPD-Fraktion. In diesem Antrag sind viele wichtige und richtige Punkte enthalten, die wir unterstützen, weil auch wir Defizite sehen.
Allerdings werden wir dem Antrag wie in den meisten vorberatenden Ausschüssen trotzdem nicht zustimmen.
Der Antrag nennt sich zwar Berichtsantrag; wer ihn aber liest, merkt, das ist kein reiner Berichtsantrag. Ich würde sagen, da hat die SPD einen Zwitter oder einen Hybrid fabriziert. An manchen Stellen heißt es nämlich doch, dieses und jenes muss geschehen. Ich erinnere zum Beispiel an die Elementarschadensversicherung. Wir haben darüber im letzten Plenum ausführlich diskutiert. Ich habe die Gründe dargelegt, warum wir einer solchen Zwangsversicherung für jedermann und jede Frau – konkret: für jeden Immobilienbesitzer – nicht zustimmen.
Deswegen wird sich meine Fraktion an dieser Stelle der Stimme enthalten.
Nach der eben gehörten Premiere gibt es von mir keine zweite. Vielleicht erleben wir es ein anderes Mal, Herr Präsident, dass ich verzichte.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie in den Ausschüssen werden wir auch im Plenum den Anträgen zur Einführung einer Zwangs-Elementarschadensversicherung, genauer zur Schaffung der Grundlagen für diese Versicherung, nicht zustimmen. Die Anträge haben, das ist bereits angeklungen, eine spannende Vorgeschichte. Korrespondierend mit Hochwasserereignissen und der Regulierung der dabei entstandenen Schäden gab es im Landtag immer wieder Vorstöße und Diskussionen zur Schaffung einer solchen Elementarschadensversicherung.
Ich bekenne, es gab Zeiten, das ist allerdings schon sehr lange her, in der die grüne Landtagsfraktion die Einführung einer solchen Elementarschadensversicherung forderte und beantragte. Später war es dann nur noch ein einzelner Kollege, der aber nicht die Mehrheitsmeinung unserer Fraktion vertrat. Aber jedesmal wurden die Vorstöße, die von der SPD-Fraktion oder von den GRÜNEN kamen, von der CSU und der Staatsregierung niedergebügelt. Ich erinnere mich gerade daran, was Herr Minister Schnappauf gerade sagte: „Guten Morgen, Herr Gartzke! Guten Morgen, Herr Wörner! Guten Morgen, Frau Paulig!“. Jetzt könnte man das an Sie zurückgeben. Sie haben in diesem Fall wesentlich länger geschlafen, falls man vorhin überhaupt hätte behaupten können, dass geschlafen wurde. Das war nicht der Fall. Beim Antrag der SPD-Fraktion ging es um ein Fünf-PunkteProgramm und darum, dass sie in Bayern endlich gelebt werden. Bislang ist das nämlich nicht der Fall. Jetzt aber könnte die SPD-Fraktion sagen: „Guten Morgen, liebe CSU-Fraktion!“.
Nein, Herr Haedke, zu uns kann sie das nicht sagen, weil wir anderer Meinung sind. Sie können es in den Protokollen zur Diskussion dieser Pflicht-Elementarschadensversicherung gerne nachlesen. Im Protokoll vom Juni 1996, also zu Zeiten, als wir nach meiner Erinnerung eine Bundesregierung hatten, die aus der CDU, der CSU und der FDP bestand, kann man lesen, dass die
Einführung dieser Versicherung aufgrund der EU-Verträge nicht möglich sei. Das bedeutet, damals hat man das Untätig sein auf die böse Europäische Union geschoben. Jetzt haben wir bekanntermaßen eine andere Bundesregierung. Was liest man jetzt im CSUAntrag? – Jetzt heißt es, eine rechtlich tragfähige Lösung ist nur auf Bundesebene möglich. Sie jonglieren also immer so, wie Sie es gerade brauchen.
Der weitergehende Antrag, so ich die beiden Anträge richtig interpretiere, ist der Antrag der SPD-Fraktion auch in seiner geänderten Form. Dort heißt es: Die Staatsregierung wird aufgefordert, Sorge zu tragen, dass über eine bundeseinheitliche Regelung auch in Bayern eine verpflichtende Elementarschadensversicherung eingeführt wird. Der CSU-Antrag ist wesentlich kryptischer. Erst wird festgestellt, nur auf Bundesebene könne man die Grundlagen schaffen. Dann heißt es, nachdem mehr Schadensereignisse registriert werden, muss eine Pflicht-Elementarschadens-versicherung geschaffen werden. Dann aber lesen wir in dem Text, dass dies nur für alle Hochwasserzonen gelten soll. Ich bin bereits auf die Abgrenzungen gespannt.
Wir, das wiederhole ich hier noch einmal, sind mit einer solchen zwingenden Pflicht-Elementarschadensversicherung nicht einverstanden. Zum einen, weil wir vonseiten der Staatsregierung und der CSU immer wieder das Argument hören, den Bürgerinnen und Bürgern könne man keine weitere Belastung zumuten. Hier aber kommt die Forderung nach einer weiteren Zwangsabgabe.
Wir befürchten außerdem, dass bei einer solchen Kollektivversicherung mit Baugenehmigungen und Baulandausweisungen noch schludriger umgegangen wird, als dies bisher schon der Fall war. Man würde also in die Retentionsflächen, in die Überschwemmungsgebiete, in die vom Hochwasser gefährdeten Gebiete bauen. Auch wenn Sie den Kopf schütteln, diese Erfahrung haben wir gemacht und wir machen sie schon länger. Es droht dann auch, dass man im Einzelfall weniger tut. Es gäbe dann beispielsweise weniger wasserdichte Wannen, wo sie eigentlich notwendig wären.
In der Diskussion in den Ausschüssen wurde immer der Vergleich mit der Gebäudebrandversicherung angeführt. Hierzu gibt es aber einen elementaren Unterschied. Ein Brand kann jeden Hausbesitzer treffen, Schäden durch Hochwasser, Überschwemmungen, Muren oder Lawinenabgänge aber nicht. Eher wäre das noch bei Sturmschäden der Fall. Die Versicherung letzterer dürfte in der Prämienhöhe aber keinen großen Anteil haben. Wir halten die Einführung einer Zwangsversicherung nicht für zielführend.
Ich halte es jetzt wie hin und wieder mit dem Staatsminister Otto Wiesheu. Ich darf ihn zitieren aus dem Plenarprotokoll über die Sitzung vom 13. Dezember 1995:
Gegen Unwetterschäden, genauer gesagt gegen Schäden wegen Sturm, Hagel, Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck und Lawinen, bietet die private Versicherungswirtschaft sei 1991 grundsätzlich Versicherungsschutz an.... Die Staatsregierung sieht keinen Vorzug
darin, Personen, die einen ausreichenden Versicherungsschutz durch freiwillige Verträge erhalten können, über eine Pflichtversicherung zum Abschluss dieser Verträge zu zwingen.
Danke – Ende.
Ihnen geht es doch um ganz etwas anderes.
Einen Satz noch einmal an den Kollegen der SPD: Ich habe eingangs gesagt, ursprünglich war die grüne Fraktion auch dieser Meinung, dann war es nur noch ein einziger Abgeordneter. Dieser Paradigmenwechsel hat bei uns vor ungefähr acht oder zehn Jahren stattgefunden. Wir meinen, wir haben dafür gute Gründe. Es geht nicht um den Anteil der Bevölkerung von einem oder einem halben Prozent, für den privatrechtlich kein Versicherungsschutz gefunden werden kann. Ihnen geht es um etwas ganz anderes. Ihnen geht es um ein bürokratisches Monster; Sie können es in Ihrem Antrag nachlesen, so wie er ursprünglich formuliert worden ist und in welcher Art über ihn diskutiert worden ist. Herr Kollege Sackmann hat den Antrag der CSU – wir werden es im Protokoll nachlesen können – ganz immens ausgeweitet und aufgebläht. Herr Sackmann, Sie haben eben gesagt, Sie könnten sich vorstellen, auch noch den Diebstahl und den Hagel mit hineinzupacken. Wir wissen dann, was Sie wollen. Sie wollen eine Zwangsversicherung für Elementarschäden, die noch mehr einschließt, und zwar für jedermann und jede Frau, welcher bzw. welche Immobilien besitzt. Die Versicherung soll sich nicht nur auf bestimmte Hochwasserzonen beziehen, wie es ursprünglich in Ihrem Antrag formuliert war.
Herr Sackmann, jetzt bin ich auch bei Ihnen angelangt: Dass Ihre Politik ganz wesentlich auf Opportunismus und Populismus gründet, ist uns bekannt. Das ist gar
keine Frage. Ich würde mich aber freuen, wenn Sie zu den Betroffenen hingingen und Ihnen sagten: Schaut einmal, was da war. Man muss in der Geschichte blättern. Dass die Menschen ihren Schaden nicht hinreichend ersetzt bekommen haben, hat Ihre Fraktion zu verantworten. Denn es gab bereits Anträge zur Einführung einer Elementarschadensversicherung und diese wurden von CSU und Staatsregierung abgelehnt. Sie haben von Zuhören geredet, aber selber nicht zugehört. Es ging bei der von Herrn Wiesheu begründeten Ablehnung nicht um verfassungsrechtliche oder verfahrenstechnische Fragen. Ich habe mir erlaubt, Herrn Wiesheu zu zitieren. Er hat einen ganz anderen Grund genannt, weshalb die Bayerische Staatsregierung – er hat am 13. Dezember 1995 an dieser Stelle angegeben, für die Bayerische Staatsregierung zu reden – gegen die Einführung einer solchen Pflichtkollektivversicherung war. Sie sollten, verehrter Herr Sackmann, den Menschen die Wahrheit sagen und nicht, weil jetzt andere oder mehr Menschen betroffen sind, populistisch umschwenken, wie es Ihre Art ist.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe der SPD-Fraktion hatte einen Vorläufer, wie ihn Kollege Dr. Scholz schon benannt hat, nämlich unseren gleichnamigen Gesetzentwurf. Mittlerweile ist er nahezu ein Jahr alt. Wir haben die Beratungen darüber zurückstellen lassen aufgrund der Absprache mit der SPD-Fraktion, die eigene Vorschläge angekündigt hat. Wir hatten die Hoffnung, dass dann vielleicht sogar die CSU-Fraktion ergänzend oder auch alternativ tätig wird. Dieser Wunsch, diese Hoffnung, ging aber nicht in Erfüllung.
Man muss klar sagen: Das Mittelstandsförderungsgesetz ist in 25 Jahren nur unwesentlich verändert worden. Der Rahmen für kleine und mittlere Unternehmen hat sich in den 25 Jahren allerdings stark verändert. Das heißt, es müssen vielfältige gesellschaftspolitische und politische Veränderungen bei einer Novellierung des Mittelstandsförderungsgesetzes berücksichtigt werden. Auf den Gebieten Finanzierung, Forschung und Entwicklung beispielsweise haben kleine und mittlere Unternehmen große Nachteile gegenüber Großunternehmen. Es gilt,
dass die öffentliche Hand hier gegensteuert. Es gilt in unseren Augen auch, verstärkt Aufgabenfelder wie Betriebsübernahme, Coaching und die Notwendigkeiten ökologischer und sozialer Betriebsführung zu berücksichtigen.
Jetzt komme ich zu unserem Gesetzentwurf von vor einem Jahr: Ganz wichtig vor einem Jahr war und ist auch heute noch, dass in dem Gesetz die im kommunalen Wirtschaftsrecht – das heißt jetzt kommunales Unternehmensrecht –, mittlerweile konkretisierte Subsidiaritätsklausel verankert wird. Diese Subsidiaritätsklausel wird immer noch nicht angewandt. Es ging uns auch darum, dass Fördertatbestände präzisiert und gesetzlich festgelegt werden sollten. Ganz wichtig ist auch: Wir wollten durch Evaluierung endlich für Transparenz in der Wirtschaftsförderung sorgen.
Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion enthält viele Punkte, die mit unserem Gesetzentwurf deckungsgleich sind, enthält aber auch Ergänzungen und Erweiterungen. Es gibt einige Punkte, mit denen wir einverstanden sind, zum Beispiel die Konkretisierungen bei den öffentlichen Vergaben. Herr Dinglreiter, ich habe mir sehr genau gemerkt, was Sie heute gesagt haben. Sie sprechen auf einmal wieder von mehr Bürokratie. Ihr bayerisches Weinabsatzförderungsgesetz oder die Anträge zu den Befähigungsnachweisen von Versicherungsmaklern oder zum Gastgewerbe: War das an dieser Stelle keine Bürokratie? Sie nehmen das immer so, wie Sie es gerade brauchen.
Es gibt sicher aber auch Punkte, die wir kritischer sehen, beispielsweise dieser Mittelstandsbeirat oder auch die Erweiterung der Definition um Betriebe des industriellen Mittelstandes. Dazu wird man sich in den Diskussionen sicher noch auseinander setzen müssen. Fragezeichen setzen wir auch bei der von Ihnen benannten Mittelstandsfinanzierungsbank oder dem Alternativmodell mit den Geschäftsbanken.
Fazit: Wir hoffen, dass die CSU-Fraktion die Vorstöße von uns und von der SPD-Fraktion endlich aufnimmt, diesen Vorstößen eigene Ideen und Arbeiten folgen lässt. Wir haben gerade gehört, wie es bei der CSUFraktion abgeht: Die Staatsregierung erarbeitet etwas, und das wird dann von der CSU-Fraktion wohlwollend beurteilt. Kollege Dr. Scholz und ich hoffen, dass Sie, meine Damen und Herren von der CSU, nicht all das, was wir vorschlagen, in Bausch und Bogen verdammen, nur weil wir diese Vorschläge machen.
Herr Dinglreiter, einige Sätze noch zu Ihren Ausführungen: Sie haben den hundertfünfzig- oder hundertsechzigseitigen Mittelstandsbericht angesprochen. Wenn wir jetzt hier anfangen würden, dessen Qualität –
und dessen Nutzen zu diskutieren, dann gäbe es wahrscheinlich zwei sehr unterschiedliche Lager. Ich erinnere mich, dass das mit Abstand wichtigste Instrument, nämlich das Mittelstandskreditprogramm, in einigen spärlichen Absätzen abgehandelt wurde, während man auf
der anderen Seite sehr viele Werbeblasen zu lesen bekam.
Interessant und für mich auch amüsant waren Ihre Aussagen zur Notwendigkeit eines Mittelstandsförderungsgesetzes. Sie haben gesagt, es ist ganz klar, wir brauchen das dringend. Wir hören das aus Ihrem Mund seit Jahren. Unser Gesetzentwurf ist ein Jahr alt. Ich habe aber schon ein oder zwei Jahre gewartet und Ihnen gelauscht. Ich bin immer hoffnungsfroh gewesen, dass etwas von Ihnen kommt. Ihre Fraktion und Ihre Minister haben vor zwei oder drei Jahren – das waren mindestens sechs Minister und Staatssekretäre – ein mittelstandspolitisches Aktionsprogramm der Staatsregierung angekündigt. Ministerpräsident Stoiber hat letztes Jahr vom „Sonderklima Mittelstand“ gesprochen und geschrieben und wiederum ein Mittelstandsförderungsgesetz angekündigt; gekommen ist letztlich nichts.
Sie sagen, es muss aus einem Guss und gescheit sein. Interessant ist, dass Sie hier genau umgekehrt verfahren, wie der Bayerische Ministerpräsident Stoiber in der Reformdiskussion auf Bundesebene verfährt. Da kann alles gar nicht schnell genug gehen, da kommt es auf Tage und Wochen an. Hier wird jahrelang, wahrscheinlich schon jahrzehntelang – so lange bin ich noch nicht in diesem Hause – versprochen, dass etwas passiert; passiert ist aber nichts. Deshalb fordern wir Sie noch einmal auf, unsere beiden Gesetzentwürfe wohlwollend zu beraten und dann kluge und gescheite Vorschläge von Ihnen folgen zu lassen, vielleicht sogar aus Ihrer eigenen Feder und Ihrem eigenen Kopf, nicht nur aus der Staatskanzlei und dem bayerischen Wirtschaftsministerium.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Wortmeldungen liegen keine vor. Die Aussprache ist geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist auch das so beschlossen.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 2 i
Gesetzentwurf der Abgeordneten Dr. Kempfler, Welnhofer, Herrmann und anderer (CSU)
zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes (Druck- sache 14/12261)
Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Erste Wortmeldung: Herr Kollege Kreuzer.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Realitätssinn und Ausgewogenheit – so schön wie Sie, Herr Präsident, kann ich es nicht betonen – sind zwei Attribute, die wir dem Referentenentwurf des neuen Bundesverkehrswegeplanes zuschreiben und die für die künftige Verkehrsplanung auch in Bayern gelten müssen. Neben oder anstelle von Realitätssinn könnte man auch von Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit sprechen. Dieses Mal enthält der Bundesverkehrswegeplan Projekte in einem Volumen, das im Planungszeitraum realistischerweise auch finanziert werden kann. Der Ärger um den letzten Bundesverkehrswegeplan ist ja kein Geheimnis. Wir hatten es damals mit einer Unterfinanzierung in einer Größenordnung von 80 bis 90 Milliarden DM zu tun.
Mit Ausgewogenheit meinen wir, dass erstmals für Schiene und für Straße genauso viele Mittel bereitstehen und dass ebenso viele Mittel für den Neubau wie für die Bestandserhaltung ausgegeben werden sollen; und zur Ausgewogenheit gehört auch, dass die Belange der Ökologie stärker gewichtet werden. Zum einen soll die Umweltverträglichkeitsprüfung vertieft werden, zum anderen wird künftig ein höherer Nutzen-Kosten-Faktor gefordert. Aus diesen Gründen begrüßen wir auch den Referentenentwurf zum neuen Bundesverkehrswegeplan.
Allerdings brechen wir keineswegs in Jubel aus. Schließlich enthält der Entwurf zahlreiche Projekte, wie Autobahnausbauten oder Ortsumfahrungen von Bundesstraßen, die wir nicht begrüßen und gegen die wir in der weiteren Diskussion noch kämpfen werden.
Bayern erhält nach dem neuen Bundesverkehrswegeplan einen Anteil von 13,8% an den Fernstraßeninvestitionen des Bundes. Damit werden im Planungszeitraum 2001 bis 2015 etwa fünfeinhalb Milliarden e für den Bundesfernstraßenbau in Bayern für fest disponierte und für neue Vorhaben verfügbar sein. Ungefähr genauso viele Mittel können dann innerhalb des Planungszeitraumes auch für Ersatz- und Unterhaltsinvestitionen ausgegeben werden. Dazu muss man ganz klar sagen, dass sich jetzt die zwei so groß begrüßten Projekte rächen, welche privat vorfinanziert wurden. Jetzt müssen diese Mittel zurückgezahlt werden, und das mindert eben den bayerischen Anteil. Angesichts der engen Finanzierungsgrenzen sind die Neubauwünsche der Bayerischen Staatsregierung für uns nichts anderes als unbezahlbarer Straßenbaufundamentalismus.
Bei den Einzelprojekten ist aus grüner Sicht erfreulich, dass die Fichtelgebirgsautobahn nicht in den vordringlichen Bedarf eingestuft wurde.
Für die A 94 zwischen Forstinning und Ampfing muss die Südtrasse über Haag als Alternative geprüft werden.
Ja, Sie haben es gemacht. 1991 hat diese Trasse allerdings besser abgeschnitten, und trotzdem haben Sie sie nicht übernommen.
Die Westumfahrung Würzburgs taucht nur mehr mit einem Teilstück in der Bedarfsliste auf. Dort ist sie mit einem großen Umweltrisiko markiert. Das heißt, hier muss massiv nachgebessert werden, sonst kommt diese Strecke nicht. Auf den Bau der B 2 Nürnberg – Schwabach durch das Regnitztal wird ganz verzichtet. Es gibt hier also einige ganz erfreuliche Entwicklungen.
Die Donau soll nach umweltschonenden, kostensparenden Gesichtspunkten ausgebaut werden, also ohne Staustufen und massiver Kanalisierung.
Für das Fern- und Nahverkehrsschienennetz wird von den Mitteln am meisten nach Bayern fließen. Ausgebaut werden soll die Bahnstrecke Neu-Ulm – Augsburg. Die Strecke soll gegenüber der Strecke München – Ingolstadt – Nürnberg konkurrenzfähig gehalten werden. Die Franken-Sachsen-Magistrale wird ertüchtigt. Die WestOst-Strecke Nürnberg – Marktredwitz – Hof – Reichenbach wird elektrifiziert. Das fordern wir in diesem Hause täglich. Ich erwähne noch einige weitere Stichworte wie den Ausbau der Neigezugtechnik im Allgäu, die Alpenquerung und den Zulauf zur Alpenquerung. Diese Projekte sind für uns von großer Dringlichkeit, und wir werden sie auch weiterhin einfordern, Herr Kollege Spitzner. Auch die Strecke München – Mühldorf – Freilassing muss vehement weiterverfolgt werden.
Ein Wermutstropfen – eigentlich ist es schon ein Wermutssee – ist für uns die ICE-Strecke Nürnberg – Erfurt. Diese Strecke ist in unseren Augen ökologisch nicht vertretbar. Sie ist auch nicht wirtschaftlich. Deswegen werden wir weiter dagegen angehen.
Insgesamt ist zu sagen, dass der neue Bundesverkehrswegeplan umweltverträglicher ist. Schiene und Straße werden gleich behandelt. Es wird verstärkt nach dem Grundsatz „Ausbau vor Neubau“ in die Substanzerhaltung investiert. Statt leerer Versprechungen gibt es jetzt endlich Haushaltsehrlichkeit.
Ja, das haben Sie nie geschafft, Herr Bernhard.
Damit bin ich jetzt bei Ihren Reaktionen und bei Ihrem Dringlichkeitsantrag angelangt. Staatsregierung und CSU pflegen weiterhin den schon erwähnten Straßenbaufundamentalismus. Sie träumen weiterhin von Betonorgien. Auch wenn Sie es hier wieder bestreiten werden: Wir kennen Ihre Meldelisten, wir wissen, was Sie noch einfordern werden. Die Krokodilstränen, die wegen der geringfügig geminderten Quote des Freistaates am Fernstraßenhaushalt vergossen werden, sind höchstens rührend. Innenminister Beckstein – er ist leider nicht da – tönt – –
Ich bin immer noch auf der alten Seite, Herr Beckstein.
Herr Beckstein tönt, der Bund versuche dem Wachstumsmotor in Deutschland den Hahn abzudrehen. Diese Aussage greift hier gar nicht. Der Bund hat mit Sicherheit nicht die
Aufgabe, in das Land, welches wirtschaftlich noch relativ stark ist, besonders viele Mittel für Infrastrukturmaßnahmen zu stecken.
Das gibt nicht einmal der von Ihnen so viel bemühte Wettbewerbsföderalismus her. Sie sagen bei „Galileo“ ja auch nicht: Wir bekommen hier viel zu viel, wenn das Projekt in Ottobrunn angesiedelt wird, wir können ja höchstens so viel bekommen, wie es dem Anteil Bayerns an der Bevölkerung entspricht. Das wäre die gleiche komische Logik.
Ihre Forderung nach Ausrichtung der Quote entsprechend verkehrsrelevanter Strukturdaten ist in unseren Augen weder plausibel noch gerechtfertigt. Motorisierungsgrad und PKW-Dichte sind in Bayern möglicherweise auch deshalb so hoch, weil wir eine relativ gute Straßenverkehrsinfrastruktur haben. Dass wir überproportional viel Personenverkehr auf unseren Straßen haben, liegt nicht allein am Transit. Wir sehen doch immer wieder in Verkehrszählungen, wie viel Ziel- und Quellverkehr häufig anzutreffen ist. Gestern hat Herr Kollege Schnappauf, der heute nicht da ist, in seiner Regierungserklärung treuherzige Beteuerungen abgegeben, wonach der Flächenfraß in Bayern gestoppt und keine weitere Bodenversiegelung vorgenommen werden solle. Heute fordern Sie weitere Milliarden, um den Boden in Bayern weiter zu versiegeln.
Es gibt einen probaten Weg, wie Sie Gelder für Ihrer Meinung nach zu kurz gekommene Regionen oder für notleidende Projekte freischaufeln können: Signalisieren Sie Verzicht auf milliardenschwere Prestigeprojekte. Diese ziehen viel zu viele Mittel ab, sind ökologisch bedenklich und häufig verkehrspolitisch zweifelhaft. Das Milliardengrab München-Ingolstadt-Nürnberg sollte Ihnen Warnung genug sein. Verzichten Sie also beispielsweise auf den A 99-Südring, verzichten Sie auf das Durchpauken der A 94 durch das Isental, stellen Sie die Bahnrennstrecke durch Gottesgarten und Thüringer Wald in Frage. Sie würden damit vielen bayerischen Bürgerinnen und Bürgern und vor allem der bayerischen Umwelt einen großen Gefallen tun. Erster Schritt dazu ist: Ziehen Sie bitte Ihren verunglückten und völlig daneben liegenden Antrag zurück.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir, die Grünen im Landtag, haben nie gesagt, Bayern sei hervorragend bedient worden. Wir sagen aber umgekehrt: Schluss mit der Maßlosigkeit! Sie sagen, bestimmte Projekte seien besonders dringlich, und dafür sei kein Geld vorhanden. Sorgen Sie doch endlich dafür, dass das Geld freigemacht wird. Sie haben doch für Ihre Milliardengräber Geld abgezogen, das anderswo viel dringender gebraucht worden wäre. Sie werden das auch weiterhin tun. Der Transrapid ist der nächste Fall. Hier greifen Sie doch ganz massiv in die Verkehrstöpfe hinein, auch wenn Sie es immer bestreiten.
Wir brauchen uns aber gar nicht bei den Größtprojekten aufhalten. Anderswo verhält es sich ganz genauso. Das gleiche Spiel treiben Sie bei den Straßen, egal ob Staatsstraßen oder Bundesstraßen. Wenn eine Ortsumfahrung gebaut wird und das nachgeordnete Straßennetz angebunden werden soll oder queren soll, wird immer die teuerste und größte Lösung gewählt. Das heißt also, es werden immer riesige Brückenbauwerke mit Einschleifungen statt eines Kreisels gebaut, welcher preisgünstiger wäre. Die Begründung des Straßenbauamtes und der CSU lautet immer unisono, unter einem Kreisel könnte der Verkehrsfluss leiden. So ziehen Sie Gelder ab, jammern aber andererseits.
Herr Beckstein – dieses Mal die richtige Seite –, ich habe schon fast den Eindruck, Sie müssten in die Wortwahl und in den Slang des Verkehrsministers Otto Wiesheu einfallen, weil er heute nicht hier ist. Zu Herrn Maget haben Sie „abenteuerlich blöd“ oder „unanständig“ gesagt. Sie haben Herrn Maget kommentiert, „er hätte keine Ahnung von Franken“. Das weiß ich jetzt nicht, denn ich habe wiederum keine Ahnung davon, ob Herr Maget Ahnung von Franken hat. Ich weiß aber, dass Sie, Herr Beckstein, zum Beispiel keine Ahnung vom Isartal, vom Gleißental, vom Kreuzlinger Forst oder vom Forstenrieder Park haben. Trotzdem schwafelten Sie vor zwei Monaten abenteuerlichen Blödsinn zum A 99-Südring.
Genauso haben Sie sich zur A 94 geäußert. Hier wird es aber wirklich äußerst ärgerlich. Das, was an dieser Stelle von mehreren Rednern der CSU zur A 94 gesagt wurde, ist lächerlich und infam. Sie haben doch jahrzehntelang
über 30 Jahre hinweg – die Bevölkerung – unfall- und staugeplagte Autofahrer und lärmgeplagte Anwohner – in Geiselhaft genommen. 1991 wurde endlich das vergleichende Raumordnungsverfahren durchgeführt. Das Ergebnis war ganz eindeutig, dass die Trasse über Haag wesentlich geeigneter ist als die Trasse über Dorfen. Das wurde von Ihren bayerischen Behörden bestätigt. Was machten Sie? Sie beharrten weiterhin auf der Trasse über Dorfen. Dass dann der Bau der A 94 länger dauert, beklagen Sie wieder scheinheilig mit Ihren Krokodilstränen. Hier passen die Verkehrskonferenzen als billiger Populismus und als billiger Wahlkampf sehr gut dazu. Sie haben immer nur eine riesige Wunschliste, aber es gibt kaum Prioritäten. Die Schuld dafür, dass nichts vorangeht, wird beim Bund abgeladen. Das ist unanständig, um in Ihrer Wortwahl zu bleiben, Herr Beckstein. Damit schaden Sie, meine Damen und Herren von der CSU und von der Staatsregierung, Bayern wirklich, und deshalb fordern wir Sie auf, das endlich bleiben zu lassen.
Herr Minister Faltlhauser, ist es Ihnen ernst, wenn Sie sagen: Wenn ein geldwerter Vorteil auch nicht ansatzweise in Höhe dieses geldwerten Vorteils versteuert werden müsste, dann handelt es sich dabei nicht um eine Steuervergünstigung? Ist es Ihnen mit dieser Aussage wirklich ernst?
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die eben vorgetragene Meldung hat mir jetzt mit Sicherheit den Dampf
genommen. Auch auf unserer Seite herrscht große Trauer. Ich persönlich war noch im letzten Sommer in Belgrad politisch tätig.
Jetzt aber zu dem Dringlichkeitsantrag der CSU „Die Steuererhöhungslawine stoppen“. Herr Minister Faltlhauser, wir, die Fraktion der GRÜNEN, haben Sie immer so eingeschätzt: von der Ideologie her zwar verquer, aber doch einigermaßen sachkundig. Das, was Sie eben abgeliefert haben, kann ich nur noch als absurd bezeichnen.
Herr Minister, Sie stellen sich hin und sagen, es sei keine Steuervergünstigung, wenn ein geldwerter Vorteil eben nicht in Höhe dieses geldwerten Vorteils versteuert werden muss, sondern zu einem erheblich geringeren Teil. Erklären Sie mir doch bitte, was denn eine Steuervergünstigung ist, wenn dies keine Steuervergünstigung sein soll.
Zu dem Gerede „Benachteiligung des Mittelstandes“ gilt es, an dieser Stelle festzuhalten: Durch Rot-Grün ist unser Mittelstand steuerlich massiv entlastet worden.
Sie wissen alle, Herr Dinglreiter – das sind Fakten; das können Sie selbst in statistischen Jahrbüchern nachlesen –: Der Mittelstand besteht fast ausschließlich aus Personengesellschaften. Was ist passiert? – Herr Kollege Strasser hat dies schon gesagt. Die Steuersätze sind massiv abgesenkt worden. Der Spitzensteuersatz von 53% beträgt demnächst 42%. Der Eingangssteuersatz sinkt von fast 26% auf 15%. Gleichzeitig darf die Gewerbesteuerschuld mit der Einkommensteuer verrechnet werden. Dies ist eine massive Entlastung des Mittelstandes. Sie waren bei 53% bzw. 25,9%. Dazu muss man allerdings auch sagen: Die Steuerbelastung ist doch gar nicht das Problem. Zugegebenermaßen gibt es in unserer Wirtschaft große Probleme, aber diese sind nicht die Steuern.
Jetzt zum Antrag der CSU „Die Steuererhöhungslawine stoppen“. Scheinheiliger geht es nicht mehr. Es ist bereits gesagt worden: Sie sind die Partei, deren Spitzenpersonal für die höchsten Steuersätze steht.
Ich nenne nur den Eingangssteuersatz und den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer. Sie sind aber nicht nur die Partei der höchsten Steuersätze, die einmalig in der Geschichte Deutschlands sind, Sie sind auch die Partei der größten Steuererhöhungen. Da Sie soeben die Öko-Steuer genannt haben, möchte ich Ihnen ein paar Beispiele nennen, wo es um völlig andere Dimensionen geht.
Gerne, Herr Kollege Dinglreiter.
Herr Kollege Dinglreiter, ich nehme das immer wieder gern zur Kenntnis, weil es zeigt, wer die Regierungskunst beherrscht und wer nicht. Wir alle kennen die Geschichte, als es Herrn Schröder gelungen ist, im Bundesrat Mehrheiten einzufahren. Sein Vorgänger hat das nicht geschafft.
Nun zu den Steuererhöhungen, die Ihre Bundesregierung und Ihr Finanzminister Dr. Waigel vorgenommen haben. Am 1. Juli 1991 wurde die Versicherungsteuer von 7 auf 10 Prozentpunkte erhöht. 1993 wurde sie von 10 auf 12 Punkte erhöht. Nicht einmal 1,5 Jahre später war sie bereits bei 15 Prozentpunkten angelangt. Innerhalb von vier Jahren wurde diese Steuer von 7 auf 15 Prozentpunkte angehoben. Die Mineralölsteuer für leichtes Heizöl lag 1989 bei 1,66 Pfennige je Liter. Sie haben diese Mineralölsteuer um mehrere 100% auf 5,66 Pfennige angehoben. Zwei Jahre später wurde die Steuer auf 8 Pfennige je Liter erhöht.
Ich möchte auch auf die Öko-Steuer eingehen, weil sie von Ihnen immer wieder als Beispiel genannt wird, wie sehr wir die Bürgerinnen und Bürger belasten. 1988 lag die Steuer für bleifreien Sprit bei 48 Pfennige. Sie haben diese Steuer zunächst um 9 Pfennige, im Januar 1991 um 2 Pfennige und im Juli 1991 noch einmal um 22 Pfennige und schließlich im Jahre 1994 noch einmal um 16 Pfennige erhöht. Jetzt vergießen Sie Krokodilstränen wegen der Öko-Steuer.
Schon während der letzten Plenarsitzung ging es anlässlich der Behandlung unseres Dringlichkeitsantrags und Ihres nachgezogenen Dringlichkeitsantrags um das Thema „Subventionsabbau“. Wir haben gefordert, in Bayern mit gutem Beispiel voranzugehen. Diesen Antrag wollten Sie nicht unterstützen. Wir haben dagegen Ihren allgemein gehaltenen Antrag unterstützt. Sie fordern immer wieder niedrigere Steuern, eine niedrigere Staatsquote und einen Subventionsabbau.
Gleichzeitig jammern Sie jedesmal, wenn angedacht wird, Steuervergünstigungen abzubauen. Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber ist vorhin kurz in diesem Plenarsaal erschienen und danach wieder weggeschwebt. Der Ministerpräsident schafft es tatsächlich, in einem Satz
niedrigere Steuern zu fordern und gleichzeitig zu jammern, wenn Steuervergünstigungen abgebaut werden sollen. Zwei Sätze später fordert er Milliardenausgaben des Staates, die der Steuerzahler finanzieren soll. Das passt nicht zusammen. Ihre Äußerungen sind nichts anderes als scheinheilig und doppelzüngig. Das bringt niemanden weiter, hoffentlich nicht einmal Sie.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Wiesheu, ich hätte gerne ihrem Beitrag gelauscht, aber ich war wieder einmal im mittlerweile fast täglichen S-Bahn-Chaos.
Das geschah in den letzten Wochen einfach viel zu oft.
Ich habe es beim letzten Mal schon im Plenum gesagt: Unserer Meinung nach, nach Meinung der Landtagsfraktion der GRÜNEN, findet zur Zeit ein Wettlauf der politischen Dinosaurier statt, und zwar zwischen Stoiber und Wiesheu auf der einen Seite und Clement und Stein
brück auf der anderen Seite. Der Schiedsrichter Stolpe hat eine Augenbinde auf. Der Wettlauf ist bar jeder Vernunft und bar jeden Anstands.
In Nordrhein-Westfalen wird der Metrorapid, der Finanznot gehorchend, immer weiter abgespeckt. Mittlerweile sind wir bei einem Dreispänner angelangt. Er ist nichts anderes mehr als eine schwebende Trambahn mit hauptsächlich Stehplätzen. Und was ist das bayerische Projekt? – Wir sagen: Das bayerische Projekt dient in erster Linie dazu, den Münchner Flughafen mit Steuermilliarden weiter zu mästen.
Beide Vorhaben sind verkehrspolitisch höchst zweifelhaft. Sie sind vor allem aber unter umweltpolitischen Gesichtspunkten eine einzige Katastrophe. Ich empfehle meinen Vorrednern sowohl von der SPD als auch von der CSU, die Machbarkeits- studie durchzulesen, wenn hier schon von Energie geredet wird. Das Projekt ist schon deswegen umweltpolitisch eine Katastrophe, weil die Energiebilanzen, die CO2-Bilanzen hundsmiserabel sind. Das ist auch ganz klar: Der Transrapid braucht auf der Kurzstrecke unheimlich viel Energie, weil er ungefähr eine Spitzenlast von 60 oder 70 Megawatt braucht, um hochzuschaukeln und loszudüsen. Das ist da das große Problem.
Unser Hauptargument ist: Wir halten beide Projekte haushalts- und finanzpolitisch für unverantwortlich. Die Milliarden, die hierfür ausgegeben werden sollen, wären anderswo weitaus zielführender einzusetzen, auch im Verkehrsbereich.
Uns war von Anfang an klar, dass der Bau der Magnetschwebebahn zu Lasten des Nahverkehrs in Ballungsräumen sowie zu Lasten des Nahverkehrs in der Region, auf dem flachen Land, gehen soll. Das akzeptieren wir nicht.
Wir befinden uns immer wieder in der Diskussion, auch mit den Transrapid-Befürwortern. Wir werden die wunderschönen Vergleiche auch hier wieder erleben, wie schon letztes Mal im Plenum. Man versucht, die Kritiker zu diffamieren. Da ist einmal der Vorwurf der Technologie- und Innovationsfeindlichkeit, dann kommt der Adler von 1835, die Bedenkenträger von damals werden ins Spiel gebracht. Zum ersten Vorwurf ist zu sagen: Es handelt sich – es heißt immer so wahnsinnig innovativ und Hightech – um ein Reichspatent, angemeldet 1935. Jahr für Jahr schwebte dieser Zug im Emsland – nachdem er nicht ins Donauried gekommen ist – und niemand wollte ihn haben, und zwar einfach deswegen, weil er zu teuer war. Jetzt hat ihn die letzte große Diktatur der Erde abgenommen, aber auch nur deswegen, weil wir ihr Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe nachgeworfen haben, damit sie dieses Teil abnimmt.
Herr Kaul und meine Herren und Damen von der CSU, es wäre also doch gar nichts Neues – gerade im Verkehrsbereich –, eine interessante technische Idee, aber wirtschaftlich nicht tragfähig: Das ist wie der Wankelmotor, das ist wie der Hovercraft im Ärmelkanal – wunderbar, aber wenn es allen Leuten schlecht wird, dann ist es auch nicht so toll – oder es ist ein Senkrechtstarter; überall tolle Ideen, aber wirtschaftlich nicht tragfähig.
Der schöne Vergleich mit dem Adler – die erste Eisenbahnstrecke 1835 – hinkt nicht einmal, dieser Vergleich lahmt. Der Adler ist ausschließlich privat organisiert und im Wesentlichen privat finanziert worden. Ich habe es das letzte Mal schon gebracht: König Ludwig hat seine Verwaltung ermächtigt, zwei Aktien aus dem Bestand des Zentralindustriefonds zu kaufen. Der ganze große Rest war privat finanziert, und das ist der elementare Unterschied: Sie wollen sich hier ausschließlich oder im Wesentlichen aus Steuergeldern bedienen.
Herr Maget, wir haben auch überhaupt nichts gegen diese Technik, nur sagen wir: Wir prüfen vorbehaltlos, und wir wissen dann abzuwägen. Es gab schon ganz andere Destinationen, die gerechnet worden sind, z.B. Rio – Sao Paulo, wirkliche Verkehrsströme, aber man hat gesagt: Nein, es rechnet sich mit Sicherheit nicht. Ganz interessant waren die Anmerkungen von Herrn Dinglreiter, der gemeint hat: 167 Jahre Technik, da müssen wir doch einmal zu einer anderen Technik kommen. Das heißt, Sie wollen tatsächlich Rad-Schiene durch Magnetschweben ersetzen. Da kann ich Ihnen sagen: Das war noch nie im Sinne der Erfinder. Vor 20 Jahren hat man gesagt: Es gibt den Deutschland-Achter, und damit hat es sich, weil man genau gewusst hat, wie teuer das Ganze ist. Sie wollen jetzt auf einmal komplett RadSchiene ersetzen. Das ist schon etwas famos, was Sie machen.
In beiden Bundesländern – sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Bayern – sind die Finanzakrobaten am Werk, um die Finanzierungslücke zwischen den Investitionskosten und den vom Bund zugesagten Mitteln zu schließen. Die Bayerische Staatsregierung hatte hier ganz tolle Ideen. Einmal wollte man die Landesbank – wie so oft – zum Hätscheln befreundeter Unternehmen oder politischer Steckenpferde wieder einschalten. Wir haben klar gesagt: Es kann nicht weiter angehen, hier die Bayerische Landesbank zu missbrauchen; zum ersten Mal sogar im operativen Geschäft Verluste, damit muss jetzt Schluss sein. Eine andere Idee war, die Flughafengesellschaft einzuschalten, und diese Idee ist noch gar nicht gestorben. Da hoffen wir weiterhin auf den Widerstand der Landeshauptstadt. Die Flughafengesellschaft ist in Milliardenhöhe bei ihren Gesellschaftern – Bund, Freistaat und Landeshauptstadt – verschuldet. Sie bedient diese Darlehen nicht, weder Zins noch Tilgung. Hier weitere Investitionen zu tätigen, würde die Situation verschärfen. Das ist auch mit uns nicht zu machen.
Man muss anmerken: Die zuletzt gemachten Finanzierungsvorschläge bestätigen unsere Befürchtung, dass Staatsregierung und CSU den Transrapid weitgehend zulasten des Nahverkehrs in ganz Bayern realisieren wollen, und zwar anders als erwartet soll das nicht einmal über Umwege passieren, sondern sie greifen direkt in die Töpfe des Nahverkehrs. Herr Minister Wiesheu, das von Ihnen letzten Freitag vorgelegte Konzept ist zum Teil eine Milchmädchenrechnung und zum Teil ein Raubzug zulasten der Fahrgäste im Nahverkehr in Bayern.
Sie wollen Ihren Traumzug auf Kosten und zulasten des Schienenpersonennahverkehrs und mittlerweile sogar des allgemeinen ÖPNV realisieren. Deren Fahrgäste sollen weiterhin im Wind oder Regen stehen oder in überfüllten Zügen und Bussen stehen, nur damit Sie sich Ihren Traumzug erfüllen können.
Jetzt schauen wir einmal Ihre Vorschläge im Einzelnen an: Sie haben ja bisher immer bestritten, dass es sich beim Transrapid um Nahverkehr handelt. Ihre Fraktionskollegen haben das anders gesehen. Ich habe schriftliche Anfragen gestellt, und in den Antworten darauf heißt es: Es ist kein Nahverkehr. Jetzt sieht es ganz anders aus. Der Freistaat soll Fahrzeugkosten in Höhe von 120 Millionen e übernehmen, wie „üblicherweise im Nahverkehr“. Jetzt muss man wissen – Herr Dinglreiter, hören Sie bitte zu, die Regionalisierungsmittel werden noch für ganz andere Dinge genommen –: Die Fahrzeugförderung wird in Bayern aus dem Haushaltskapitel 07 07 vorgenommen. Dieses Haushaltskapitel speist sich wiederum aus den Regionalisierungsmitteln. Sie wollen für Transrapid-Fahrzeuge 120 Millionen e Regionalisierungsmittel hernehmen – das geht letztlich auch von den Mitteln des Bundes weg – und diese Mittel fehlen dann beispielsweise bei der Busförderung in allen Landkreisen oder bei der Beschaffung von Fahrzeugen für den Schienenpersonennahverkehr.
Natürlich nehmen Sie die aus den Regionalisierungsmitteln. Sie bedienen sich ja eh immer schamlos aus 07 07. Lesen Sie doch einmal den Haushalt und kapieren das endlich einmal.
Die Mittel fehlen da dann ganz eindeutig.
Der nächste Punkt: Bundesschienenwegeausbaugesetz – BSchWAG-Mittel -. Sie jammern immer; wir haben jede Woche Anträge im Verkehrsausschuss – letzte Sitzung: Landshut-Plattling geht nicht, weil wir vom Bund zu wenig BSchWAG-Mittel bekommen. Man muss ganz klar sagen: Wir bekommen die gar nicht, sondern die bekommt die Bahn für Projekte in Bayern. Jetzt wollen Sie da 100 Millionen e herausnehmen. Wir haben nachgesehen: Die letzten vier Jahre gab es für Bayern 120 Millionen e BSchWAG-Mittel für den Nahverkehr. Sie meinen, Sie können jetzt der Bahn einfach so noch
einmal 100 Millionen e wegnehmen. Auch das – so sagen wir – ist nicht zu machen.
Weitere dreistellige Millionenbeträge fordern Sie vom Bund, wobei Stolpe ganz klar gesagt hat: Wenn beide Länder einen Zuschlag bekommen, dann geht das zu Lasten der sonstigen Verkehrsinvestitionen, die in diesen Ländern zu tätigen sind. Also auch hier nehmen Sie das Geld dem Verkehr weg. In diesem Fall sind wir nicht nur bei den Bussen und bei den Bahnen, sondern da kann es dann auch die Umgehungsstraßen treffen.
Interessant ist im Übrigen – da frage ich noch einmal: Was ist denn der Transrapid? Ist er Nahverkehr, oder ist er irgendetwas anderes? – Sie wollen sich zahlreicher Nahverkehrskassen bedienen, und gleichzeitig reklamieren Sie und Herr Stolpe bei der Europäischen Union TEN-Mittel – das sind Mittel für die Transeuropäischen Netze –, also Nahverkehrsmittel und Mittel für die Transeuropäischen Netze. Was soll eigentlich noch alles her für dieses Projekt? Man muss auch eines sagen, weil wir vorhin über die Regionalisierungsmittel gesprochen haben – den Kollegen Maget sehe ich gerade nicht –: Es ist jetzt schon so, dass in die ersten Planungen – Raumordnungsverfahren und das, was die Vorbereitungsgesellschaft kostet – Gelder geflossen sind und dass sie auch weiterhin Gelder aus den Regionalisierungsmitteln nehmen wollen.
Nochmals sei gesagt: Diese Mittel gibt uns der Bund aus seinem Mineralölsteueraufkommen in erster Linie, um Zugkilometer im Schienenpersonennahverkehr zu kaufen. Daneben können wir diese Mittel auch – Herr Dinglreiter, hören Sie bitte zu – zur Bezuschussung investiver Maßnahmen im Schienenpersonennahverkehr und im allgemein öffentlichen Personennahverkehr einsetzen und die werden auch so eingesetzt. So speist sich nämlich auch unsere Busförderung aus Kapitel 07 07.
Sie nehmen diese Gelder jetzt schon für den Transrapid her. Herr Minister Wiesheu hat in einem Interview gesagt, er will jetzt wieder 40 Millionen haben, bis die ganzen Planungen bis zum Planfeststellungsverfahren fertig sind. Der Minister sagt, er nimmt die Gelder aus nicht beanspruchten Mitteln des Nahverkehrsetats. Da sagen wir: Eine solche Behauptung ist eine Unverschämtheit, weil die Mittel nicht „nicht beansprucht“ sind, sondern Sie lehnen reihenweise Anträge von Fahrgastverbänden, von Kommunen oder von uns ab, zusätzliche Kilometer einzukaufen, z.B. den 20-40-MinutenStolpertakt zu beenden oder mehr Nahverkehrsleistungen in den Abendstunden nach Augsburg vorzusehen.
Da sagen Sie einfach, es sei kein Geld da. Nein, Sie stecken es in die Tasche, um Ihre Lieblingsprojekte damit zu finanzieren.
Nun komme ich zu dem Stichwort „Milchmädchenrechnung“. Sie wollen 300 Millionen e aus Betriebsgewinnen finanzieren. Das ist nichts anderes als eine Luftnummer. Schauen Sie sich doch einmal die betriebswirtschaftliche „Erfolgsrechnung“ des bayerischen Transrapidprojekts an. Da sind Gewinne unter völliger Ausblendung der Kapitalkosten errechnet worden; es wurden weder die Verzinsung noch die Abschreibungen berücksichtigt. So geht das nicht. Außerdem ist zu sagen, dass selbstverständlich das Betriebsergebnis von den tatsächlichen Kosten und den tatsächlichen Erlösen abhängt. Das Ganze ist aber hoch spekulativ, sodass die 300 Millionen e beispielsweise durch das schöne Instrument der Landesbürgschaft oder Ähnliches abgesichert werden müssten.
Völlig krumm wird Ihre Idee, Herr Minister Wiesheu, wenn Sie die Finanzierungslücke durch andere Bausteine, beispielsweise Darlehen, schließen wollen und meinen, dabei überhaupt nichts kapitalisieren zu müssen. Auch das ist nichts anderes als eine Luftnummer, eine Milchmädchenrechnung, was Gott sei Dank auch vom Fraktionsvorsitzenden der CSU inzwischen akzeptiert worden ist.
Bei Nordrhein-Westfalen wird immer gesagt, es werde dort schöngerechnet, manipuliert und gezinkt. Aber auch hier in Bayern gibt es reihenweise Beispiele, wie das bayerische Projekt schöngerechnet wird, so die Machbarkeitsstudie, die zwar der Bund in Auftrag gegeben hat, die von Bayern aber zur Hälfte mitfinanziert worden ist und die im Wesentlichen auf Untersuchungen der Magnetschwebebahnvorbereitungsgesellschaft fußt. Hier wurde reihenweise getürkt und getrickst, um dieses Projekt schönzurechnen. Ich spare mir und Ihnen jetzt die einzelnen Beispiele; wir haben sie bereits in extenso durchgehechelt.
Ich möchte nun auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen, nämlich auf die Drohung von Minister Wiesheu, Ministerpräsident Stoiber und von der CSU insgesamt bezüglich der Express-S-Bahn. Ich sage hier bewusst „Drohung“, denn Sie gehen ja zu den Anwohnern und sagen denen: Wenn der Transrapid nicht komme, sondern diese Express-S-Bahn auf der gleichen Trassierung, dann sei dies wesentlich lauter. Zu dieser Luxus-Express-S-Bahn, die hier als Alternative zum Transrapid propagiert wird, ist Folgendes zu sagen: Interessanterweise haben sich die Kostenansätze innerhalb von eineinhalb Jahren verdoppelt. Ich habe ein Zitat von Minister Wiesheu aus dem November 2000 gefunden. Damals hat er gesagt, diese Luxus-Express-S-Bahn auf einer neuen Trasse koste etwa eine halbe Milliarde DM. Mittlerweile ist er auf eine Milliarde Euro gekommen.
Innerhalb weniger als drei Jahre finden Sie hier eine Vervierfachung der Kosten. Hier wird also entweder schöngerechnet oder schlechtgerechnet, gerade wie man es braucht.
Das ist die mit der neuen Trasse; das andere kostet nur 40 Millionen. Der Minister hat, wie ich schon ausführte, am 20. November 2000 gesagt, die Express-S-Bahn koste eine halbe Milliarde Mark. Das andere Projekt mit dem Staugleis in Neulustheim usw. hatte damals eine Größenordnung von 40 Millionen DM.
Nun ist eines dazu zu sagen: Wir gehen einmal von 20000 Fahrgästen aus; das ist angelehnt an die Hochrechnung für den Transrapid, wobei wir gehört haben, auf der S-Bahn – auch wenn es die Luxus-ExpressS-Bahn würde – führen weniger. Eine Bahn für 20000 Fahrgäste täglich bei 1 Milliarde e Kosten ist ein Projekt, das nie und nimmer genehmigungs- und förderungsfähig ist. Wir diskutieren doch gerade den zweiten Tunnel in München, Herr Minister Wiesheu. Dafür sind die Kosten mit 900 Millionen e angesetzt bei 100000 bis 120000 Fahrgästen. Da haben Sie nach der standardisierten Bewertung ganz große Schwierigkeiten, einen entsprechenden Nutzen-Kostenfaktor zu bekommen. Und da wollen Sie uns nun weismachen, bei 1 Milliarde e für 20000 Fahrgäste ein solches Projekt bauen zu können. Das ist schlicht und ergreifend lächerlich.
Wir bleiben weiterhin dabei: Wir wollen die ExpressS-Bahn light – von Ihnen immer abgemeiert als Humpelexpress. Dazu sind zu nennen einige kleinere Maßnahmen wie zwei Überwerfungsbauwerke, ein Staugleis in Neulustheim und Ähnliches. Der Fahrzeitgewinn betrüge eine Viertelstunde. Selbstverständlich kann man dann nicht mehr in Neufahrn flügeln, aber ich denke, das kann man den Fahrgästen zumuten. Die entscheidenden Vorteile sind folgende: Erstens. Sie lässt sich wesentlich schneller realisieren – und jetzt müssen solche Maßnahmen her –, und zweitens kostet sie nur einen geringen Bruchteil Ihrer beiden Traumschlösser Transrapid oder Luxus-Express-S-Bahn. Deshalb propagieren wir weiterhin diese Maßnahmen, die von Ihnen zwar immer wieder einmal zugesagt wurden, dann aber wieder zurückgenommen wurden, und so weiter und so fort. Wir meinen, es muss sofort etwas passieren.
Wir reden gerade von der S-Bahn. Ich habe gehört, dass Sie die zweite Stammstrecke angesprochen haben. Was Sie hier planen, ist auch sehr famos. Da gibt es doch folgende Probleme. Man muss so tief runtergehen, dass man länger auf der Rolltreppe steht als dann in der S-Bahn sitzt, und weil es so tief hinuntergeht, ist es auch so teuer, und deshalb kann man dann auch nicht genügend Stationen haben. Der Ostbahnhof ist dann im Grunde gar nicht angebunden, außer über eine 180-Grad-Schleife mit der Folge, dass dann, wenn es einen Störfall in der alten Röhre gibt, die Passagiere, die von Ismaning oder Markt Schwaben kommen und zum Ostbahnhof wollen, gar nicht dort hingelangen, sondern erst zum Marienhof fahren müssen, zu Fuß zum Marienplatz gehen und versuchen müssen, retour in Richtung Ostbahnhof zu kommen. Diese Problematik muss noch weiter diskutiert werden. Da gibt es noch einige kritische Punkte. Diese Diskussion ist aber heute nicht angesagt. Sie muss zu anderer Zeit geführt werden.
Eines ist klar zu sagen: Es hilft nicht, die Leute bis ins nächste Jahrzehnt zu vertrösten. Wir haben jetzt die Engpässe, die Störfälle, die katastrophalen Zustände. Dagegen müssen Sie aktiv werden und versuchen, Maßnahmen zu ergreifen wie die Umleitung der S-Bahn über den Bahnsüdring. Da sind keine teuren 100-MillionenLösungen angesagt; es reichen beispielsweise zwei Behelfsbahnsteige in Laim, einige wenige Überwerfungsbauwerke bzw. Weichen, und mit zwei weiteren Behelfsbahnsteigen an der Poccistraße könnte man schon sehr viel pendeln. Damit hätte man zum einen für die wochenendlichen Sperrungen etwas erreicht und zum anderen vor allen Dingen gegen die Störfälle, die immer wieder auftreten und die die Fahrgäste überaus verdrießen.
Ich komme wieder zum Transrapid zurück und möchte ein paar Bemerkungen zu den Anmerkungen machen, die uns immer wieder „entgegengeschnattert“ werden. Ein Argument, das auftritt, wenn wir unsere Bedenken vortragen, lautet: Wir müssen in der jetzigen Situation unternehmerisch handeln. Da bin ich völlig d’accord. Für mich aber heißt unternehmerisch handeln etwas wagen. Es kann nicht angehen, dass Sie allein die Gelder der Steuerzahler „wagen“ wollen, sondern auch die Industrie muss etwas wagen. Sie darf sich nicht allein auf den Steuerzahler verlassen.
Nun ein Wort zum Kollegen Maget. Es war interessant, dass Kollege Maget die Kostensteigerung auf der Strecke München – Ingolstadt – Nürnberg als Beispiel gebracht hat. Uns allen ist bekannt, was da passiert ist. Da wurde zunächst um eine Milliarde DM schöngerechnet, und dann ist eine weitere gute Milliarde dazugekommen, weil man die Höhlen im Karst nicht berücksichtigt hatte. Die, die da gebohrt haben, haben sich keine Vorstellung davon gemacht, und die am grünen Tisch, der Rechnungshof, der Bund Naturschutz und die GRÜNEN haben gesagt: Das wird schwierig, Leute; das kann bedeuten, dass im Tunnel Brückenbauwerke notwendig sind. Das alles wurde vom Tisch gefegt. Und es ist interessant, das jetzt aus dem Mund vom Kollegen Maget zu hören, denn wir waren damals im Landtag einsame Rufer in der Wüste. SPD und CSU haben dieses Projekt damals in Bayern ganz maßgeblich mit befördert. Dies sei an dieser Stelle angemerkt.