Protocol of the Session on July 11, 2002

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 93. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, eines ehemaligen Kollegen zu gedenken. Am 8. Juli verstarb Herr Ambros Neuburger im Alter von 76 Jahren. Er war von 1974 bis 1986 Mitglied des Bayerischen Landtags und vertrat für die Fraktion der SPD den Wahlkreis Unterfranken. Als Kreisrat von Aschaffenburg, als Stadtrat und als ehrenamtlicher Zweiter Bürgermeister von Sailauf sowie aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Polizeibeamter brachte er reiche Erfahrungen und großes Engagement in seine Arbeit in den Ausschüssen für Fragen des öffentlichen Dienstes, für Eingaben und Beschwerden, für Wirtschaft und Verkehr sowie für Sicherheitsfragen ein. Der Bayerische Landtag wird dem Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren. – Sie haben sich zu Ehren des Toten von den Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich eine Reihe von Glückwünschen aussprechen. Jeweils einen runden Geburtstag feierten am 27. Juni Frau Kollegin Monica Lochner-Fischer und am 2. Juli Frau Staatsministerin Monika Hohlmeier. Herr Kollege Dr. Gerhard Waschler feierte am 2. Juli einen halbrunden Geburtstag. Heute feiert der Alterspräsident dieser Legislaturperiode, Herr Kollege Dr. Herbert Kempfler, seinen 71. Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Im Namen des Hohen Hauses und persönlich gratuliere ich allen Genannten, insbesondere Ihnen, Herr Dr. Kempfler, sehr herzlich und wünsche ihnen weiterhin alles Gute, besonders Gesundheit und Erfolg für die parlamentarische Arbeit.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 1

Mündliche Anfragen

Ich bitte zunächst Herrn Staatsminister Dr. Schnappauf um die Beantwortung der ersten Fragen. Der erste Fragesteller ist Herr Kollege Prof. Dr. Vocke.

Herr Präsident, Herr Staatsminister! Da im Gegensatz zur Wildbach- und Lawinenverbauung über die Erfassung geologischer Risiken, wie sie vor allem am Geologischen Landesamt erfolgt, nur wenig bekannt ist, frage ich die Staatsregierung, ob die Aufgabe einer Prävention gegen geologische Naturgefahren in Bayern als ein grundlegender Beitrag zur Daseinsvorsorge genügend berücksichtigt worden ist und dieser mit ausreichendem, erfahrenen und dauerhaft gesicherten Fachpersonal begegnet wird?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, Kollege Vocke, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Grundlagenermittlung für die Prävention gegen geologische Naturgefahren in Bayern erfolgt am Geologischen Landesamt bereits seit 1987 vorwiegend in den Bayerischen Alpen als dem diesbezüglich sensibelsten Gebiet Bayerns. Hierzu wurde das Informationssystem „GEORISK“ eingerichtet. Ziel des mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen finanzierten Projekts ist es, Risiken durch Massenbewegungen, das heißt durch Berg- und Felsstürze, Rutschungen, Schuttströme und Muren, vorherzusagen und die Informationen und Hinweise über derartige Naturgefahren in einer Datenbank zu sammeln und für Nutzer bereitzustellen. Seit 1989 werden nahezu flächendeckend labile Hangbereiche als mögliche Gefährdungsgebiete aufgenommen und kartografisch dargestellt, um eventuelle Gefahren für die Bevölkerung aufzuzeigen. Damit können mögliche Schäden bereits im Vorfeld erkannt und gegebenenfalls verhindert werden. Kein anderes Bundesland verfügt über ein nur annähernd vergleichbares System zur Vorhersage von geologischen Naturgefahren.

Bisher hat das Geologische Landesamt 58 größere Siedlungsgebiete und deren Umfeld mit einem finanziellen Aufwand von mehr als einer Million e bearbeitet. Den betroffenen Kommunen stehen die Daten umfassend zur Verfügung. Die Ergebnisse gehen auch in das am Landesamt für Wasserwirtschaft im Aufbau befindliche „Informationssystem Alpine Naturgefahren“ ein.

Der Bekanntheitsgrad des Projekts GEORISK wird derzeit mit Hilfe gezielter Informationen der möglichen Adressaten mit einer durch das Umweltministerium finanzierten Broschüre sowie über das Internet erhöht. Darüber hinaus wurde eine Wanderausstellung „Georisiken durch Massenbewegungen“ erstellt, die mit großem Erfolg in den betroffenen Regionen gezeigt wird.

Für die Ermittlung von Daten über Massenbewegungen und für die Betreuung des Projekts GEORISK ist ein erfahrener Mitarbeiter des Geologischen Landesamtes dauerhaft und vorwiegend befasst. Ein weiterer Mitarbeiter ist ebenfalls vorwiegend mit Hangbewegungsfragen, insbesondere im außeralpinen Bereich, untergeordnet auch in den Alpen, betraut. Das Projekt GEORISK wird seit 1989 in mehreren Teilvorhaben durch jeweils einen Zeitangestellten unterstützt. Die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben enden vorerst zum 30. September 2002. Eine zukünftige Unterstützung im Rahmen eines EU INTERREG III b-Projekts wurde bereits beantragt, ist allerdings noch nicht gesichert. Im Rahmen der derzeit zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen und der finanziellen Mittel wird die Bewältigung der Aufgabe ausreichend sichergestellt.

Neben dem Projekt GEORISK wird derzeit mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen gemeinsam mit dem Institut für Geophysik der Ludwig-Maximilians-Universtität München ein real-time-Beobachtungszentrum für Erdbeben

aufgebaut, um eine rasche Information von Bevölkerung und Behörden bei spürbaren Erdbeben zu gewährleisten. Mit dem vorhanden seismischen Netz können Lokation und Herdmechanismen in Bereichen mit regelmäßiger seismischer Aktivität zuverlässig bestimmt werden.

Zusatzfrage: Der Fragesteller?

Nein, danke schön, Herr Präsident.

Dann ist Herr Kollege Werner der nächste Fragesteller – Er ist nicht da. Dann verfällt die Frage. Wir alle waren vorher darüber informiert, dass der Herr Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten etwas Schwierigkeiten hatte, hierher zu kommen. Deswegen bitte ich jetzt den Herrn Staatsminister des Innern, die Fragen der Kollegen zu beantworten. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Kobler.

Herr Staatsminister, wie beurteilt die Staatsregierung die Arbeit des im österreichischen Braunau niedergelassenen Luftrettungsunternehmens, von wo aus künftig trotz einer klaren Einteilung der bayerischen Luftrettungsbezirke in Bayern die Unfallopfer und die Notfälle bedient werden sollen?

Herr Staatsminister, bitte.

Herr Präsident, lieber Kollege Kobler, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unserer Kenntnis nach wird gegenwärtig von einem Standort in Braunau aus kein Rettungshubschrauber eingesetzt. Nach uns zugegangenen Informationen soll sich die österreichische Seite jetzt für Suben entschieden haben. Realisiert werden soll eine Planung des ÖAMTC, des Österreichischen Automobilclubs, der dort einen RTH-Standort vorsieht. Die Öffnung der Station soll am 23.07.2002 erfolgen.

Grundsätzlich können österreichische Rettungshubschrauber auch in Deutschland eingesetzt werden. Zwischen Bayern und den angrenzenden österreichischen Bundesländern besteht seit vielen Jahren eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Luftrettung. Diese gegenseitige Hilfeleistung basiert auf dem Grundgedanken der Subsidiarität. Danach setzt zunächst jedes Land seine eigenen, regulär zur Verfügung stehenden Rettungsmittel ein. Nur bei Bedarf, wenn eigene Kapazitäten nicht zur Verfügung stehen, zum Beispiel weil diese durch anderweitige Einsätze gebunden sind, werden Rettungsmittel des anderen Landes angefordert. Dies hat auch einen wirtschaftlichen Hintergrund: Luftrettungssysteme sind teuer und dementsprechend wirtschaftlich nur zu betreiben, wenn sie eine gewisse Auslastung haben. Es stellt deshalb für jeden Standort ein Problem dar, wenn in allzu großer Nähe ein weiterer Hubschrauber stationiert wird. Betroffen sind hier auf bayerischer Seite die RTH-Standorte Traunstein und Straubing.

Die Einzelheiten der Einsatzmöglichkeiten sind in einer Einsatzweisung des Innenministeriums geregelt, die sowohl die Interessen der bayerischen Bevölkerung an der Versorgung mit Luftrettungsleistungen, als auch die wirtschaftlichen Auswirkungen auf bayerische Hubschraubersysteme berücksichtigt.

Zusatzfrage: Herr Kollege.

Dass sich die Luftrettung für Suben entschieden hat, ist ganz neu. Die Entscheidung ist vor wenigen Tagen gefallen. Hat es dazu Abstimmungsgespräche mit der Bayerischen Staatsregierung gegeben, und wurde möglicherweise auch daran gedacht, dass der optimalere Standort eigentlich der Raum Passau wäre, um auch das Gebiet der Euregio – möglicherweise mit dem südböhmischen Raum – einzubeziehen, hat es dazu Konsultationen gegeben?

Eine förmliche Abstimmung zwischen der Bayerischen Staatsregierung und der Oberösterreichischen Landesregierung wegen des Standortes Suben hat nicht stattgefunden. Das ist in den internationalen Beziehungen auch nicht üblich. Dass es sowohl auf örtlicher Ebene als auch insbesondere unter den Betreibern der Rettungshubschrauber Gespräche gegeben hat, setze ich voraus.

Zusatzfrage: Herr Kollege.

Wir haben in Bayern Luftrettungsbezirke vorgesehen. Besteht nicht die Gefahr, wenn vom österreichischen Suben aus diese Einsätze geflogen werden, dass die fest vorgesehenen Luftrettungsbezirke tangiert werden und dass es möglicherweise zu einer Art Luftrettungspiraterie kommen kann?

(Wörner (SPD): Das ist unglaublich!)

Herr Staatsminister.

Der Standort in Suben würde in der Tat dazu führen, dass im Bereich Passau der eine oder andere Transport von dem österreichischen Hubschrauber vorgenommen wird. Ich habe dargelegt, dass das nur dann der Fall ist, wenn ein Hubschrauber aus Bayern nicht schnell genug zur Verfügung steht. Die Entfernung zwischen Traunstein und Suben ist sicher geringer.

Es wird von uns nicht daran gedacht, einen weiteren Rettungshubschrauber zu installieren; da gibt es immer wieder Forderungen. Das hätte aber auch finanzielle Auswirkungen. Ich sehe dafür im Moment keine Realisierungschancen. Das bedeutet, dass ich es für vorrangig halte, dass man Verunglückten möglichst günstig helfen kann. Deshalb sehe ich den jetzt geplanten Standort nicht als negativ.

Letzte Zusatzfrage: Herr Kollege Wörner.

Herr Staatsminister, kann man davon ausgehen, dass es im Rahmen des Abbaus der Grenzen innerhalb der EU und der Wichtigkeit der möglichst schnellen Rettung egal ist, ob ein österreichisches oder deutsches Unternehmen zum Zug kommt, um Menschen zu helfen, oder sehen Sie das anders?

Herr Staatsminister.

Ich habe dargestellt, dass ich es für wichtig halte, dass eine möglichst schnelle Rettung zur Verfügung steht. Andererseits wirkt sich darauf aus, welche Rettungsmittel in Bayern zur Verfügung gestellt werden können. Wenn die Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist, dann würde das Rückwirkungen auf die in Bayern stationierten Rettungshubschrauber haben.

(Kobler (CSU): Kosten!)

Die Stationierung in Suben wird aus meiner Sicht nicht negativ beurteilt. Sie bringt eine Verbesserung vor Ort, und sie bringt weniger Überschneidungen als der ursprünglich beabsichtigte Standort Braunau.

Von daher glaube ich, dass das eine vernünftige Lösung ist, wenn das so gemacht wird, wie wir die Auskunft erhalten haben. Förmlichen Einfluss haben wir trotz des Abbaus der Grenzkontrollen nicht; das ist eine Entscheidung, die ausschließlich in Österreich getroffen wird.

Nächster Fragesteller ist Herr Kollege Schläger.

Herr Staatsminister, wie stellt sich die Staatsregierung die rechtliche Seite vor, wenn auf der B 303 über zig-Kilometer Staus herrschen und nicht nur die Bediensteten der Speditionen sowie Zoll- und Polizeikräfte sondern auch alle PKWs an diesem Stau auf der linken Seite unter Missachtung der Straßenverkehrsordnung vorbeifahren müssen und es zu einem Unfall kommen sollte?

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, lieber Kollege Schläger, meine Kolleginnen und Kollegen, die Verkehrssituation auf der B 303 vor dem Grenzübergang Schirnding ist in der Tat nicht gut und nicht ungefährlich. Ich habe deshalb veranlasst, dass die Regierung von Oberfranken hier umgehend eine Verkehrsschau durchführt und, soweit es erforderlich ist, die notwendigen straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen trifft. Die Regierung von Oberfranken wird dabei auch berücksichtigen, dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Juni 2002 dem Ausbau der Ortsumgehung Schirnding um einen zusätzlichen Streifen speziell zur Aufnahme des

Lkw-Verkehrs nach Tschechien auf unseren Antrag hin zugestimmt hat. Es ist damit einem Antrag der Bauverwaltung aus dem Frühjahr 2002 gefolgt.

Die Bayerische Straßenbauverwaltung strebt noch in diesem Jahr einen Baubeginn an. Das setzt aber voraus, dass das Bundesministerium für Verkehr dem Freistaat die erforderlichen Haushaltsmittel zusätzlich bereitstellt, was derzeit leider noch nicht geschehen ist. In Übereinstimmung mit dem Bundesverkehrsminister bin ich zuversichtlich, dass, wenn die Planungen wie vorgesehen umgesetzt werden können, das Problem bis Anfang 2004 endgültig gelöst sein wird. Bis dahin müssen aber Verkehrsgefahren, soweit sie sich bestätigen sollten, mit zusätzlichen straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen vermieden oder zumindest vermindert werden.

Die rechtliche Bewertung, sollte es zu einem Unfall kommen, hängt von den Umständen des Unfallhergangs im Einzelfall ab und ist im Zweifelsfall von den ordentlichen Gerichten zu klären.

Zusatzfrage: der Fragesteller.

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass Firmen, deren Bedienstete dort öfter fahren müssen, in der Zwischenzeit sogar Zusatzversicherungen für diese Fälle abgeschlossen haben, weil die staubedingten Unfälle exorbitant zugenommen haben – man spricht in der Zwischenzeit von circa 30 zusätzlichen staubedingten Unfällen pro Jahr?

Herr Staatsminister.