Günther Beckstein

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Frau Kollegin Lück, Frau Kollegin Paulig! Seit Jahren wird die Staatsstraße 2006 zwischen Immenstadt und Missen abschnittsweise ausgebaut. 2002 wurde die 2,5 Kilometer lange Teilstrecke zwischen Unterstixner und dem Stixnerjoch ausgebaut. Als nächster Bauabschnitt steht der Ausbau der 1,5 Kilometer langen Teilstrecke zwischen dem Stixnerjoch und Zaumberg an, die mit Gesamtkosten von 1,95 Millionen e veranschlagt ist. Ein erster 150 Meter langer Abschnitt dieser Teilstrecke wurde bereits 2002 gebaut. Heuer wird ein weiterer rund 350 Meter langer Abschnitt gebaut, der aus Mitteln der fünften Tranche der Privatisierungserlöse mit 640000 e finanziert wird. Die Bauarbeiten laufen seit 23. Juni 2003. Es wäre sicher wünschenswert gewesen, gleich die gesamte Strecke auszubauen, doch fehlen dafür die erforderlichen Haushaltsmittel – dann hätte es später gemacht werden müssen.
In der Ausschreibung war ursprünglich eine Bauzeit von zwölf Wochen vorgesehen, während der die Staatsstraße für sechs bis neun Wochen voll und für die restliche Bauzeit halbseitig gesperrt werden sollte. In den Vergabeverhandlungen hat der Auftragnehmer angeboten, die Gesamtbauzeit auf sieben Wochen zu verkürzen, wenn die Arbeiten unter Vollsperrung ausgeführt werden können. Die Vollsperrung ist aufgrund umfangreicher Bohrpfahlarbeiten erforderlich. Die Sperrung und die Umleitungsstrecken wurden mit den betroffenen Gemeinden und mit dem Landratsamt abgestimmt.
Nach Anordnung der Sperrung gab es jedoch Proteste vonseiten der an der Sperrstrecke gelegenen Gaststätten, die auf den Fremdenverkehr angewiesen sind. Seit 3. Juli 2003 ist die Verkehrsführung geändert. Die Staatsstraße 2006 ist nun in Fahrtrichtung Immenstadt zwischen Missen und der Abzweigung der Gemeindestraße nach Knottenried/Diepholz halbseitig für den Verkehr freigegeben. Ab 19. Juli 2003, wenn der Allgäu-Triathlon stattfindet, wird die Baustrecke halbseitig mit Lichtsignalregelung für beide Fahrtrichtungen freigegeben. Für die abschließenden Deckenbauarbeiten ist dann noch für eine Woche eine Vollsperrung erforderlich. Die Bauarbeiten sind Mitte August 2003 abgeschlossen.
Der Staatsstraßenhaushalt 2004 ist vom Bayerischen Landtag im Doppelhaushalt zwar bereits verabschiedet, die Mittel für das Jahr 2004 werden den Straßenbauämtern jedoch erst Anfang 2004 zugewiesen, wenn bekannt ist, welche Haushaltssperren das Staatsministerium der Finanzen verfügt. Für die Folgejahre ab 2005 sind Aussagen über den Staatsstraßenhaushalt erst nach Verabschiedung des Doppelhaushalts durch den Bayerischen Landtag möglich.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage: Frau Lück, bitte.
Frau Kollegin, diese Frage habe ich natürlich auch gestellt. Es handelt sich um einen bestandsnahen Ausbau, das heißt, dass jede auch kurzfristige und kurzstreckige Ausbaunahme sofort verkehrswirksam wird. Deswegen ist es auch durchaus sinnvoll, sie in sehr kleinen Tranchen vorzunehmen, zumal dies eine entsprechend mittelstandsfreundliche Vergabe ermöglicht. Dabei muss nicht immer die gesamte Strecke gesperrt werden. Die Teilstrecke, die jetzt ausgebaut wird, muss deswegen gesperrt werden, weil Bohrpfahlarbeiten stattfinden. Bei den letzten Ausbaumaßnahmen war das nicht der Fall. Wenn wir eine sehr viel größere Strecke ausgebaut hätten, hätte wahrscheinlich eine längere Sperre erfolgen müssen; denn bei Einsatz einer einzigen Maschine – der Einsatz von mehreren Maschinen hätte sich auf der bergigen Strecke nicht gelohnt, teilt mir das Straßenbauamt mit – hätte die Maßnahme länger gedauert.
Ich kann Ihnen eine Zahl über die Mittel für Schwaben jetzt nicht sagen, wobei es im konkreten Fall auch um eine unmittelbar aus Privatisierungserlösen finanzierte Maßnahme geht. Wenn wir mehr Geld hätten, wäre ein Gesamtausbau realistisch; aber ich habe nicht mehr Geld und kann Ihnen dies deshalb nicht anbieten.
Im vorliegenden Fall wurde die Verkehrsführung während der Bauzeit mit Gemeinden und Landratsamt besprochen, aber die Leute vor Ort, also die Gastwirte sind damit nicht einverstanden gewesen. Das war sicher nicht optimal.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Herr Sprinkart.
Ich bin auch gestern Abend von einem Kollegen auf diese 20 Kilometer Umleitungsstrecke angesprochen worden. Nach meinen Unterlagen sind die Umleitungen sehr viel kleinräumiger. Nachdem ich aber selbst nur sehr oberflächliche Ortskenntnisse habe, will ich das nicht ungeprüft kommentieren. Ich sichere Ihnen zu, die Fragen, die Sie gestellt haben, kritisch weiterzugeben. Unter Umständen wird dann eben ein Jahr später ausgebaut, dafür aber ein größeres Stück. Eines ist sicher nicht möglich: dass wir jedes Jahr gerade im Sommer – aufgrund der Witterungsbedingungen ist ein Ausbau nur in der Haupturlaubszeit möglich – entsprechende Vollsperrungen vornehmen. Ich werde ähnliche Fragen an meine Verwaltung richten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Herr Sprinkart.
Ich muss dem Landtag jeweils jene Maßnahmen mitteilen, die nicht einzeln veranschlagt sind, und zwar mit dem Gesamtbetrag, unabhängig davon, wie hoch der Teilbetrag in einem Jahr ist. Wir haben nicht die Möglichkeit –
das hat uns der Landtag leider nicht bewilligt –, das innerhalb der Verwaltung in einem sehr viel großzügigeren Maß darzustellen. Ich muss dem Landtag mitteilen, wie hoch die Gesamtkosten sind. Unabhängig davon ist die Frage, wie viel Geldmittel dem Straßenbauamt in einem Jahr zur Verfügung stehen. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Daraus ergibt sich wahrscheinlich diese Differenz.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Frau Lück.
Sie können nicht davon ausgehen, weil die Finanzmittel nicht vorhanden sind. Sie alle kennen die Enge des Staatsstraßenhaushaltes. Ich rede auch überhaupt nicht darum herum, dass wir dafür viel zu wenig Geld haben. Leider erhalten wir für die Staatsstraßen nicht Mittel aus dem Mineralölsteueraufkommen. Dies war immer etwas, was ich gewollt hätte. Ich wollte, dass wir nicht wie für die Polizei oder für die Schulen nur allgemeine Steuermittel erhalten, sondern Mittel aus der Mineralölsteuer. Das ist nicht der Fall. Ich habe das Geld nicht.
Wir werden allerdings sorgfältig darauf aufpassen, dass es bei einer Maßnahme, die im nächsten oder übernächsten Jahr stattfinden wird, nicht wieder wegen zwei sehr kleiner Teilstücke zu Vollsperrungen kommt. Wie das im Einzelnen abgewickelt wird, ist für mich noch nicht klar; das müssen die Gespräche mit der Verwaltung ergeben und hängt auch von der Höhe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel ab. Nach der jetzigen Situation kann ich nicht davon ausgehen, dass ich die im Haushalt stehenden Mittel ohne nennenswerte Sperren bekomme. Im Moment werden wir vom Finanzminister aufgefordert, die zu erwartenden Steuerausfälle einzusparen. Wir sollen dazu Vorschläge machen. Ich rechne mit Sperren. Wir können erst im nächsten Jahr zuverlässig planen.
Das ist aber auch jährliche Routinearbeit der Straßenbauämter. Wenn die Mittelzuweisungen Anfang des Jahres erfolgen, werden die Ausschreibungen gemacht. Dies ist auch die Zeit, auf die sich die Baufirmen entsprechend einstellen. Dies sind keine großen Besonderheiten. Die Besonderheit liegt hier in den sehr kurzen Strecken. Ich will Ihren Einwendungen nachgehen, die lauten, dass nicht jedes Jahr ein ganz kurzer Streckenabschnitt mit Vollsperrung ausgebaut wird, sondern dass stattdessen eine größere Maßnahme mit nur einmaliger Sperrung erfolgt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Herr Sprinkart.
Herr Kollege Sprinkart, ich halte diese Aussage deshalb für richtig, weil wir immer wieder die Vignette gefordert haben. Sie erinnern sich an diese Diskussion, die auch in den eigenen Reihen sehr strittig war. Wir wollen eine Vignette, um damit mehr Geld für den Straßenbau zur Verfügung zu haben. Viele Mittel werden aus dem Verkehr herausgezogen. Ich erinnere an die Erhöhung der Ökosteuer und die in Kürze anstehende Frage der LkwMaut.
Herr Kollege Gartzke, das ist doch nicht gottgegeben. Welche Berechtigung hat die Regelung, dass der Autofahrer für die Rente bezahlt, aber nicht für den Verkehr? Ich hielte es für sinnvoll, wenn die Einnahmen aus dem Verkehr für den Staatsstraßenbau verwendet werden dürften. Dies ist derzeit jedoch nicht zulässig. Deshalb muss ich allgemeine Steuermittel, die ich sonst für Schulen oder die Polizei verwenden könnte, für den Straßenbau verwenden. Ich sage aber deutlich: Wir sind immer für die Vignette eingetreten. Wir haben auch der LkwMaut zugestimmt. Wenn wir diese Einnahmen haben werden, wird uns erheblich mehr Geld zur Verfügung stehen.
Obwohl 80% des Verkehrs über die Straße abgewickelt werden, hat Rot-Grün die „heilige Kuh“ eingeführt, dass für die Schiene genauso viel Geld ausgegeben werden muss wie für die Straße. Wenn es diese heilige Kuh nicht gäbe, hätten wir bei der Straßenverkehrsfinanzierung nicht diese Probleme. Deshalb möchte ich deutlich sagen, dass der Straßenbau aus ideologischen Gründen von den GRÜNEN zum Schaden der Volkswirtschaft vernachlässigt worden ist. In der Zwischenzeit reduziert sich das etwas.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Paulig, ich bitte Sie, zu diesem Thema eine eigene Frage einzureichen. Letzte Zwischenfrage: Frau Kollegin Lück.
Für die weiteren Maßnahmen wurden die Gelder noch nicht zugewiesen. Diese müssen in den weiteren Haushalten zugewiesen werden. Die Maßnahme, die heuer durchgeführt wird, wird über die Privatisierungserlöse finanziert. Lassen Sie mich noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Wir wurden bei der Bundesfernstraßenplanung benachteiligt. Diese Äußerung ist nicht polemisch, sondern stellt eine notwendige Klarstellung dar. Der Anteil Bayerns wurde reduziert, obwohl Bayern unter Zugrundelegung aller Kriterien ein höherer Anteil zustünde. Deshalb werde ich nicht müde, diese Benachteiligung anzugreifen. Beim Anti-Stau-Programm wurden wir zum ersten Mal auf 12% heruntergesetzt, während Nordrhein-Westfalen auf 33% heraufgesetzt wurde. Herr Stolpe hat mir gesagt, dass ihm diese Regelung auch nicht gefalle. Die bayerische SPD hat dagegen jedoch nicht protestiert. Wenn Sie Einfluss haben, sollten Sie uns unterstützen. Dann hätten wir weniger Probleme.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Frage stellt Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer.
Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer. Der Staatsregierung ist die unzureichende Unterbringung der Polizeidienststelle in Mühldorf bekannt. Sie hat im Rahmen des Möglichen bis zum Ende des abgelaufenen Jahres 2002 alles unternommen, um dem abzuhelfen. Die Beamten in Mühldorf wissen, dass der Neubau ihres Dienstgebäudes mit oberste Priorität der neu zu beginnenden Hochbaumaßnahmen für die Polizei in Bayern hat.
Bereits im Jahr 2002 wurden die Detailplanung für diese Hochbaumaßnahme abgeschlossen und die auf dem Grundstück für die Polizei stehenden Gebäude abgebrochen. Ende des Jahres 2002 zeichnete sich jedoch ab, dass der Freistaat Bayern aufgrund der verfehlten Finanzpolitik der derzeitigen Bundesregierung einschneidende Sparmaßnahmen zur Konsolidierung der Haushalte der Jahre 2003 und 2004 treffen musste. Das dies auch die Hochbaumittel des Innenministeriums betraf, ist klar. Damit konnte die Maßnahme für die Polizei in Mühldorf im Jahre 2003 nicht zur Ausführung freigegeben werden. Ich füge hinzu: Wir haben im Jahre 2003 keine einzige neue Maßnahme auf den Weg bringen können. Das gilt auch für die Maßnahmen, bei
denen ich selber die Freigabe zugesagt habe. In einem Fall hat sich sogar der Ministerpräsident öffentlich geäußert, dass er davon ausgehe, dass heuer der Beginn erfolgen werde.
Zum Ausgleich der voraussichtlichen weiteren Steuerausfälle müssen im Nachtragshaushalt für das Jahr 2004 weitere einschneidende Kürzungen erfolgen. Dies wird möglicherweise auch die Hochbaumittel des Jahres 2004 betreffen, sodass nach derzeitigem Stand frühestens im Jahr 2005 mit dem Neubau für die Polizei in Mühldorf begonnen werden kann.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer.
Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer, alle Maßnahmen, die in den letzten Jahren in Auftrag gegeben worden sind, müssen zu Ende geführt und finanziert werden. Es wäre völlig unwirtschaftlich, wenn der Umbau am Odeonsplatz abgebrochen werden würde. Dieser Umbau ist dem Haushaltsausschuss bestens bekannt. Ich hatte die Kollegen des Haushaltsausschusses ins Ministerium eingeladen, um die Notwendigkeit der Arbeiten darzulegen. Ich wäre auch bereit gewesen, Restarbeiten trotz gewisser Unwirtschaftlichkeiten, die sich daraus ergeben hätten, zu verschieben. Der Haushaltsausschuss hat jedoch die Beendigung der Umbaumaßnahmen einstimmig gebilligt. Die Verkabelung musste erneuert werden, da das Gebäude im Jahre 1946 nur unvollkommen hergerichtet wurde. Wir hatten auch eine ganze Reihe von polizeilichen Baumaßnahmen, die jetzt abfinanziert werden müssen. Deshalb stehen wir jetzt vor der Schwierigkeit, dass wir kein einziges Gebäude errichten können.
Die Erwartungen für das nächste Jahr sind nicht viel besser. Dies wird sich im Nachtragshaushalt 2004 zeigen. Im Moment sind die Verhandlungen außerordentlich mühsam. Vielleicht kommt noch ein „Goldesel“ auf uns zu. Dann könnte ich Ihnen eine günstigere Nachricht geben. Außerdem müssen wir mit weiteren massiven Reduzierungen durch das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform rechnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer.
Ich kann Ihnen aus dem Kopf nicht hundertprozentig sagen, welche Rangzahl die PI Mühldorf hat. Ich kann Ihnen aus dem Kopf nur sagen, dass sie in der Prioritätenliste zu den fünf ersten Maßnahmen gehört.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Fragestellerin ist Frau Kollegin Paulig.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Paulig, eine dauerhafte Mitbenutzung der Schutzhütte der Bundeszollverwaltung ist nach Auskunft des Polizeipräsidiums Oberbayern nicht möglich. Der Zoll benötigt diese Hütte weiterhin für die Winterausbildung und für die Zollsportgruppe. Diese soll in Zukunft noch weiter intensiviert werden, so dass die Zollhütte vonseiten des Zolls noch mehr als bisher genutzt werden wird. Die Bundeszollverwaltung war zwar bereit, für eine Übergangslösung bis zur Wiedererrichtung der Polizeihütte gewisse Zugeständnisse zu machen; jedoch ist dies nur eine Notlösung. Für eine Lagerung von Einsatz- und Rettungsgerät ist nach Auskunft des Präsidiums die Hütte zu klein. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich die Zollhütte ebenfalls im lawinengefährdeten Gebiet befindet.
Die seit November 1953 bestehende Schutzhütte der Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen am Übergang zwischen Gatterl und Zugspitzplatt wurde im vorletzten Winter durch die Drucklawine einer von den Gatterlköpfen abgehenden Staublawine weggerissen und völlig zerstört. Die Hütte diente in der Vergangenheit den Polizeibeamten der alpinen Einsatzgruppe in Garmisch als Stützpunkt für die Sommer- und Winterausbildung sowie den in der Lawinenkommission Zugspitze tätigen Kollegen. Auch im Rahmen von Streifengängen zur Aufrechterhaltung des Natur- und Umweltschutzes wurde sie bisher als Stützpunkt und bei extremen Wetterlagen als sichere Unterstandsmöglichkeit genutzt.
Darüber hinaus wurde die Hütte für die traditionelle Gatterlmesse genutzt. Diese Messe wird jeweils im Herbst jeden Jahres seit dem Jahr 1953 abgehalten und soll ein Gedenken sein für die am 20. 12. 1952 anlässlich eines Lawinenabgangs verunglückten Polizeibeamten. Schon
damals hätte eine bestehende Schutzhütte unter Umständen dieses Unglück verhindern können. Ich nehme an dieser Messe regelmäßig teil, weil wir die Veranstaltung insgesamt zum Gedenken an die im Dienst verunglückten Polizeibeamten abhalten.
Durch die Regierung von Oberbayern wurde die Wiedererrichtung einer Schutzhütte geprüft und ein sicherer Standort gefunden. Dies wurde durch die Lawinenwarnzentrale im Bayerischen Wasserwirtschaftsamt auch bestätigt. Das gemeindliche Einvernehmen der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen und die naturschutzrechtliche Erlaubnis durch das Landratsamt GarmischPartenkirchen liegen vor. Die Hütte könnte als Lager für notwendige Bergausrüstung und sonstiges Material von eventuell erforderlichen Hubschraubereinsätzen genutzt werden.
Die Kosten für eine Wiedererrichtung der Gatterlhütte wurden durch das zuständige Staatliche Hochbauamt Weilheim mit einer Gesamtsumme von 72000 e ermittelt. Die Mittelzuweisung für den Bau der Hütte erfolgte nur unter der Bedingung, dass die Bundeswehr im Rahmen einer Übung Transport und weitestgehend Aufbau ohne Inrechnungstellung eigener Kosten übernimmt. Die Bundeswehr müsste hierfür ein hundertprozentiges Ausbildungsinteresse anerkennen. Dies wird derzeit seitens der Bundeswehr noch geprüft. Polizeibeamte werden während ihrer Dienstzeit nicht für Bauarbeiten zur Errichtung der Hütte eingesetzt.
Eine endgültige Entscheidung zur Errichtung der Gatterlhütte für die bayerische Polizei wird erst getroffen werden, wenn die Entscheidung der Bundeswehr vorliegt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Frau Paulig, bitte.
Ich hoffe, dass ich die drei Fragen richtig mitbekommen habe. Die erste Frage lautete: Ist die Hütte wirklich notwendig, oder kann man die Messe in einer anderen Hütte durchführen? Wenn wir die Zollhütte dauerhaft hätten mitnutzen können, dann würde die Hütte nicht wieder aufgebaut.
Die Knorrhütte ist eine Hütte des Alpenvereins und steht den Behörden nicht zur Verfügung, insbesondere nicht für die Lagerung von Material.
Sie sagen, in der Polizeidienststelle Garmisch herrscht Unverständnis für diese Maßnahme. Ich habe eine andere Information, übrigens aufgrund eines Schreibens einer Kollegin und eines Kollegen aus dem Landtag, die sagen, sie halten es für unbedingt notwendig, die Hütte zu bauen. Sie berufen sich dabei auf Informationen aus der Polizeidienststelle in Garmisch.
Wegen der Gatterlmesse ist die Hütte nicht notwendig. Dort findet nicht etwa ein Staatsempfang statt; es gibt auch keine Verpflegung. Diese Messe, an der immer wieder Kollegen aus dem Landtag teilgenommen haben, wird ohne irgendeinen gesellschaftlichen Rahmen abgehalten. Vorher werden diejenigen, die den Abstieg oder, wenn sie von der anderen Seite kommen, den Aufstieg machen, unter Umständen in der Knorrhütte eine Rast machen. Es ist aber nicht so, dass die Hütte in der Vergangenheit Raum für einen gesellschaftlichen Rahmen geboten hätte oder in Zukunft bieten wird. Das ist eine ziemlich absurde Vorstellung von Leuten, die die Verhältnisse offensichtlich nicht kennen.
Mir wird gesagt – darauf muss ich mich verlassen –, dass es sinnvoll ist, Ausbildungen am Berg durchzuführen, und zwar in einem Gelände, wo immer wieder Lawinenunfälle stattfinden, und dort Material zu lagern. Diese Maßnahme ist mit relativ erträglichen Kosten zu machen, insbesondere deswegen, weil das eigentlich Teure der Transport nach oben ist.
Ich habe daraufhin gesagt, wenn dadurch ein Betrag zustande kommt, der über den normalen Unterhalt einer Dienststelle hinausgeht, ist das für mich nicht vertretbar. Deshalb habe ich gesagt, wenn die Bundeswehr bereit ist, das im Rahmen einer Übung zu machen und uns daraus keine Kosten entstehen, halte ich das für vertretbar. Wenn das nicht der Fall ist und wir auch Transportkosten zahlen müssen – dann geht das sofort in die Hunderttausende –, muss man sich anderweitig behelfen; dann muss man sich darum bemühen, dass man einmal vom Alpenverein, ein anderes Mal von jemand anderem eine Hütte bekommt. Das ist sicher nicht optimal. Wenn sich die Kosten aber im Rahmen halten, halte ich das für vertretbar, zumal im Bereich der Zugspitze und des Gatterls immer wieder Lawinenunglücke vorkamen und Einsätze notwendig waren. Von Leuten, die übrigens der Dienststelle in Garmisch angehört haben, wurde mir gegenüber im privaten Gespräch immer wieder eine derartige Maßnahme als Notwendigkeit herausgestellt. Mir
erscheint das Ganze als ein Streit vor Ort unter unterschiedlichen Gesichtspunkten.
Wenn die Wiedererrichtung mit Kosten von einigen Zehntausend Euro geschehen kann, halte ich das für vernünftig, auch wegen der Gatterlmesse, die zum Gedenken an die im Berg verunglückten Polizisten abgehalten wird; daran haben auch immer wieder Vertreter ausländischer Polizeien und aus dem Bundesministerium teilgenommen. Die Messe wird jeweils immer ohne Haushaltsmittel des Staates ausgerichtet. Die Leute, die das durchführen, tun das aus persönlichem Engagement. Ich halte das insgesamt für vernünftig, wenn sich das, wie gesagt, in diesem Rahmen bewegt. Wenn der Staat den Transport bezahlen muss, wird es keine Freigabe der Mittel geben, weil die Kosten des Transports in die Hunderttausende gehen würden.
Die Bundeswehr sagt, dass sie ohnehin derartige Übungen macht. Ich war übrigens bei einer Großübung der Bundeswehr bei der Zugspitze. Sie fand zusammen mit der Bergwacht und anderen Organisationen unten an der Hütte – ich glaube, das war an der Angerhütte im Reintal – statt. Ich halte es für vernünftig, wenn bei einer derartigen Veranstaltung nicht nur Trockenübungen gemacht werden, sondern wenn etwas Nützliches gemacht wird. Ich habe keine abgeschlossene Meinung. Wenn die Bundeswehr das macht, würde ich mich sehr darüber freuen. Andernfalls würde diese Tradition nicht auf Dauer aufrechtzuerhalten sein. Wenn das geschieht, ist es gut; andernfalls werden die Mittel nicht freigegeben werden. In dieser Größenordnung erscheint es mir aber sinnvoll.
Ich möchte Sie herzlich darum bitten, das draußen entsprechend zu vertreten und damit eine größere Einheitlichkeit herbeizuführen.
Ich verspreche Ihnen auch, anders als frühere Amtsträger nicht mit dem Hubschrauber hinaufzufliegen, sondern entweder hinaufzulaufen – ich habe das zwei oder dreimal gemacht, ich kann Ihnen sagen, das ist etwas sehr Schönes, aber auch ziemlich Mühsames – oder mit der Seilbahn zu fahren – was vormittags sehr schön ist und ich veranlasse, dass Sie heuer dazu eingeladen werden, wenn es stattfinden sollte.
Frau Präsidentin, Herr Kollege Möstl, im Bereich der Autobahn A 6 wurde im Zulauf zum Grenzübergang Waid
haus die höchstzulässige Geschwindigkeit generell auf 100 km/h gesenkt. Zusätzlich wurden auf Höhe des Parkplatzes bei km 994,3, der Anschlussstelle Waidhaus und unmittelbar vor dem Abfertigungsbereich sogenannte „Prismenschilder“ aufgestellt, mit dem die höchstzulässige Geschwindigkeit auf 60 km/h im näheren Zulaufbereich und auf 40 km/h ab zirka 500 m vor Beginn des Abfertigungsbereiches beschränkt wird. Im gesamten genannten Bereich besteht Überholverbot für Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t. Im Falle von Stauungen kann von der Grenzpolizeidienststelle Waidhaus per Funk eine Umsteuerung des Prismenschildes auf Höhe km 994,3 bewirkt werden, so dass dann Zeichen 101 StVO (Allgemeine Gefahren- stelle) und das Zusatzzeichen „Staugefahr“ abgestrahlt werden. Im Staufall wird von der Anlage – ebenfalls funkferngesteuert – Zeichen 124 StVO (Stau) mit einer zusätzlichen Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h abgestrahlt. Ab der Anschlussstelle Waidhaus wurden drei Fahrstreifen in Fahrtrichtung Grenzabfertigung markiert, von dem der mittlere und der rechte unter anderem für den Lkw-Verkehr ausgeschildert sind.
Über die voranstehend geschilderten verkehrsrechtlichen bzw. verkehrstechnischen Maßnahmen hinaus werden selbstverständlich nach entsprechendem Lageerfordernis (unter anderem lange Staus, Nebel und anderes) und Lagebeurteilung auch weiterhin die erforderlichen verkehrspolizeilichen Maßnahmen (Stauabsi- cherung etc.) im notwendigen Umfang fortgeführt. Im Juli/August 2003 werden als Ersatz für die infolge der Ummarkierung in drei Fahrstreifen entfallenen Seitenstreifen zusätzliche Nothaltebuchten errichtet. Das wird in den nächsten Wochen passieren.
Es besteht aus Sicht der örtlichen Polizeidienststellen und des Bayerischen Staatsministerium des Innern momentan kein zwingender Handlungsbedarf für weitere verkehrsrechtliche oder verkehrstechnische Maßnahmen bzw. für bauliche Maßnahmen zur Erweiterung des Verkehrsraumes. Auch im Hinblick auf die unterschiedliche Länge von Stauungen ist darüber hinaus eine Reaktion durch weitere bauliche Maßnahmen nach derzeitiger Sachlage weder erfolgversprechend noch möglich.
Der Unfall vom vergangenen Sonntag ereignete sich bei km 998,230. Zur Unfallzeit war die Stauwarnanlage in Betrieb und zeigte bei km 994,3 – also vier Kilometer vorher – das Zeichen 101 mit Zusatzschild „Staugefahr“ und Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h und bei km 997,6 – also etwa 600 m vor der Unfallstelle – das Zeichen 101 und 80 km/h. Der an dem Verkehrsunfall beteiligte Lkw-Fahrer stand auf der mittleren Fahrspur als letzter im Stau. Ihm näherte sich gegen 9.55 Uhr eine 31-jährige Autofahrerin aus Tschechien mit ihrem Pkw. Die Frau benutzte ebenfalls die mittlere Fahrspur und bemerkte das Stauende offensichtlich zu spät. Unmittelbar vor dem Lkw versuchte die Frau nach links auszuweichen, was ihr allerdings nicht mehr ganz gelang. Sie prallte mit der rechten Pkw-Seite auf das linke hintere Eck des Lkw-Anhängers. Hierbei wurde der Pkw rechts aufgerissen und schleuderte anschließend gegen die Mittelschutzplanke. Anzumerken ist, dass der Unfall trotz des Warnschildes „Staugefahr“ und vorgeschriebener Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h passierte.
Die Frage, ob man durch technische Maßnahmen den Unfall hätte verhindern können, stellt sich also hier nicht. Es waren entsprechende Maßnahmen ergriffen worden und trotzdem ist der Unfall passiert. Das ist möglicherweise auf nicht genügende Aufmerksamkeit zurückzuführen.
Herr Kollege Möstl, ich versichere Ihnen, dass ich Ihr Engagement in dieser Frage ernst nehme und es nicht abtue, weil Sie einer anderen Partei angehören als ich. Ich nehme das Problem ernst und gehe der Frage sehr sorgfältig nach. Ich habe mich selber um dieses Anliegen gekümmert und werde auch die Frage nach einer verstärkten Polizeipräsenz angehen. Sie haben mir zu diesem Punkt geschrieben und auch eine schriftliche Anfrage gestellt, deren Beantwortung noch nicht erfolgt ist, weil mich die Antwort nicht zufriedengestellt hat. Die Frist wird deswegen überschritten werden, das hängt aber damit zusammen, dass ich mit der Antwort, die ziemlich formularmäßig war, nicht zufrieden war. Ich habe etwas Hemmungen zu sagen, die Frau hätte besser aufpassen sollen; verstehen Sie mich da nicht falsch. Es war auf die Gefahr hingewiesen worden und der Frau war nach unserer Kenntnis die Ortssituation bekannt. Sie wusste, dass es sich um einen Grenzübergang handelte, und dass sich der Verkehr staute. Neben der Geschwindigkeitsbeschränkung wurde durch ein Warnschild auf die Staugefahr hingewiesen. Sie ist auf der mittleren Spur gefahren, obwohl die linke frei gewesen wäre.
Es ist nicht meine Aufgabe, hier Vorwürfe zu erheben, aber es ist keine Zwangsläufigkeit, die sich auf die bauliche Situation begründet hätte, gewesen. Vielleicht müsste man die Schilder größer gestalten. Sie haben auch Recht: Wenn ein Polizeiauto mit Blaulicht und
einem Warnhinweis auf die Staugefahr dasteht, hat das noch eine andere Bedeutung, als wenn es sich um eine festinstallierte Maßnahme handelt. Wir werden in diesem Punkt nacharbeiten. Ich bitte Sie darum, sich noch einige Wochen zu gedulden. Ich habe noch einmal nachfragen lassen. Auch Ihre Frage nach einem verstärkten Polizeieinsatz werden Sie in meinem Schreiben in den nächsten Wochen beantwortet bekommen.
Ich will Ihre Anregung aufgreifen. Die Fahrer sind zum Teil ziemlich lange unterwegs, was erklärt, dass sie bei einem Stau aussteigen. Wir bauen Nothaltebuchten und ähnliches. Eine grundlegende Umgestaltung ist aus meiner Sicht auch deswegen nicht sinnvoll, weil sich die Situation an der Grenze zur Tschechischen Republik in überschaubarer Zeit völlig verändern wird, wenn der Beitritt Tschechiens zur EU nächstes Jahr Realität wird.
Ich werde aber Ihre Frage aufgreifen und im Rahmen dessen, was wir personell leisten können, Ihre Vorschläge prüfen. Ich bitte aber dafür um Verständnis, wenn ich sage: Wir hatten während des Irak-Krieges nicht die Möglichkeit – wie in einem Schreiben an Sie angekündigt –, die Bereitschaftspolizei in größerem Umfang zur Verfügung zu stellen, weil wir Sicherheitsvorkehrungen für Liegenschaften der amerikanischen Streitkräfte und der Housing areas vorzunehmen hatten.
Das hat die polizeilichen Kapazitäten bis an die oberste Grenze gebunden. Deshalb mussten andere Bereiche zurückstehen. Jetzt, wo wir wieder etwas Entspannung haben, werden wir die Sache angehen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächster Fragesteller ist Herr Hartmann.
Frau Präsidentin, Herr Kollege Hartmann, die Gesamtkosten für das Feuerwehrgerätehaus in Gerbrunn belaufen sich auf 2070700 e. Davon wurden von der Regierung von Unterfranken 1187730 e als zuwendungsfähig anerkannt. Der vorläufige Gesamtzuschuss beträgt unter Zugrundelegung eines Fördersatzes in Höhe von 26,7% 317000 e.
Am 07. 07. 2003 wurde von der Regierung von Unterfranken eine erste Teilzuwendung in Höhe von 40000 e als Ausgabemittel und darüber hinaus in Höhe von 40000 e als Verpflichtungsermächtigung – frühestens fällig 2004 – bewilligt. Die weitere Abfinanzierung erfolgt Zug um Zug im Rahmen der verfügbaren Mittel.
Für eine zügige Auszahlung der Zuwendung hat sich im Übrigen auch Kollege Ach bereits eingesetzt. Sie können sich vorstellen, dass dann, wenn beide Seiten sich einsetzen, die Regierung versucht, so kulant wie im Rahmen der verfügbaren Mittel möglich zu sein. Mehr geht nicht, weil wir nicht mehr Geld haben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Herr Hartmann.
Im vorliegenden Fall ist eine vorzeitige Baufreigabe erfolgt. Das heißt, in dem Freigabebescheid steht ausdrücklich, dass es fraglich ist, ob überhaupt ein Zuschuss gegeben wird. Das bedeutet, die Gemeinde baut auf eigenes Risiko. Der normale Weg – der mir im Übrigen sehr viel lieber ist – wäre, dass die Gemeinde einen Antrag stellt, der Antrag bewilligt wird und die Mittel, wenn sie zur Verfügung stehen, ausgezahlt werden.
Ich gestehe zu, dass wir bei der Förderung von Feuerwehrgeräten Engpässe haben. Sie kennen wahrscheinlich auch die Hintergründe, nämlich dass die Feuerschutzsteuer massiv eingebrochen ist. Mir ist allerdings
ein Rätsel, was der Grund dafür ist; denn die Gebäude sind nicht weniger wert geworden. Ich nehme an, dass der eigentliche Grund ist, dass es mehr Paketlösungen – Hausratversicherung mit Feuerversicherung – gibt und dass bei den gewerblichen Versicherungen der Wettbewerb extrem hart geworden ist. Dadurch sind die Beiträge und der Ertrag eingebrochen, obwohl wir in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium durchsetzen konnten, dass wir jetzt 100% bekommen, während wir früher nur 70% erhalten haben. 30% waren für die Wasserversorgung.
Damit haben wir Engpässe insbesondere im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen 2002. Sie wissen, dass in solchen Jahren Anschaffungen für Feuerwehren in der Regel etwas bereitwilliger bewilligt werden. Ich rechne damit, dass sich das im Moment tendenziell etwas bereinigt, sodass die Wartelisten kürzer werden. Sollte das nicht der Fall sein, dann müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Mittel in diesem Bereich erhöht werden.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Zusatzfrage: Herr Hartmann.
Entschuldigen Sie, ich will Ihr Fragerecht nicht beschneiden. Ich sage, es ist kein Einzelfall, es ist aber auch nicht immer so. Es gibt Fälle, bei denen man, wenn man die vorzeitige Baubewilligung erhalten hat, sofort am nächsten Tag mit dem Bau beginnt. Dann ist die Förderung noch nicht berechnet. Es gibt aber auch Fälle, in denen die Gemeinde einige Monate oder Jahre wartet, bis die endgültige Bewilligung erfolgt. Das ist weder ein Einzelfall noch die gängige Praxis. Aus meiner Sicht ist auch kein Problem dabei.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatzfrage: Herr Hartmann.
Sie haben Recht, die beiden Ausgabenblöcke umfassen nur 80000 e. Damit fehlen noch über 230000 e, was für eine Gemeinde sicher ein erheblicher Betrag ist. Eine zuverlässige Angabe kann ich nicht machen. Wir haben bisher etwa folgende Reihenfolge eingehalten: Die Bewilligung des vorzeitigen Baubeginns erfolgt nach einer Rangliste. Die Bewilligung der ersten Teilzuwendung erfolgt im Rahmen einer Prioritätenliste der Regierungen innerhalb von zwei Jahren. Die Abfinanzierung erfolgt dann in vier bis fünf Jahren. Wir hoffen, dass wir das halten und vielleicht sogar beschleunigen können. Das hängt zum einen von der Zahl der Maßnahmen ab – das haben wir nicht immer in der Hand – und zum anderen von der Frage des Eingangs der Mittel aus der Feuerschutzsteuer.
Ich hoffe, dass sich die Lage jetzt etwas entspannt, kann Ihnen aber keine zuverlässige Auskunft geben. Eine Hoffnung auf zusätzliche Finanzmittel des Finanzministers habe ich nicht, weil die Finanzminister im Moment leider andere Sorgen haben, als die Innenminister bei ihren wichtigen Aufgaben so zu unterstützen, wie die Innenminister das gerne hätten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Damit ist die Frage beantwortet. Nächster Fragesteller ist Herr Geiger.
Frau Präsidentin, Herr Kollege Geiger, die bestehende B 10 – Europastraße – wurde von der Stadt Neu-Ulm als Gemeindestraße gebaut und nach der 1992 fertig gestellten Verlegung der B 10 zwischen Nersingen und Neu-Ulm zur Bundesstraße aufgestuft. Sie ist bereits heute wegen der signalgeregelten Kreuzungen zu den Verkehrsspitzen überlastet.
Durch den Bau einer Verbindungsspange zwischen der B 30 und der B 10 könnte die Europastraße deutlich entlastet werden. Bei der laufenden Fortschreibung des Bedarfsplans hat Bayern deshalb das Projekt beim Bund erstmals zur Bewertung mit einer Baulänge von 4,5 Kilometern und Gesamtkosten von 28,1 Millionen e angemeldet.
Im so genannten Referentenentwurf des Bundesverkehrswegeplans des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen vom 20. 03. 2003 war das
Projekt „B 10, AD Neu-Ulm – Neu-Ulm (Finninger Straße)“ auch im „Weiteren Bedarf, Umsetzung nach 2015“ enthalten. Das Projekt war nicht Gegenstand der bilateralen Gespräche zwischen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen und Bayern – weder auf der Arbeitsebene noch auf der politischen Ebene –, weil die Einstufung in den „Weiteren Bedarf“ den mit der Stadt Neu-Ulm im Rahmen des Runden Tisches gemeinsam erarbeiteten Zielvorstellungen entsprach.
Am 2. Juli 2003 hat das Bundeskabinett den neuen Bundesverkehrswegeplan 2003 beschlossen. Abweichend vom Referentenentwurf des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom 20. März 2003 und ohne Beteiligung Bayerns hat das Bundeskabinett die Aufnahme des Projekts „B 10, Autobahndreieck NeuUlm – Neu-Ulm (Finninger Straße)“ in den „Vordringlichen Bedarf“ des neuen Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen beschlossen.
Zunächst ist nun das Ergebnis der parlamentarischen Beratungen im Deutschen Bundestag abzuwarten, insbesondere ob das oben genannte Projekt in der endgültigen Fassung des Bedarfsplans im „Vordringlichen Bedarf“ enthalten sein wird oder ob es gelingt, stattdessen andere, aus bayerischer Sicht deutlich wichtigere Projekte in den „Vordringlichen Bedarf“ zu bringen. Wir schlagen vor, andere Maßnahmen, die wichtiger sind, in den „Vordringlichen Bedarf“ zu nehmen und diese Maßnahme wieder in den „Weiteren Bedarf“ zurückzustufen.
In einer vergleichenden Machbarkeitsstudie wurde – alternativ zur Verbindungsspanne – der höhenfreie Ausbau der bestehenden B 10 in Neu-Ulm untersucht. Dieses Vorhaben wird sowohl von der Stadt Neu-Ulm als auch von dem Runden Tisch, an dem auch Bürgerinitiativen in die Meinungsbildung eingebunden waren, favorisiert. Die Straßenbauverwaltung unterstützt das Ergebnis des Runden Tisches.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage: Herr Geiger.
Herr Kollege Geiger, Sie würden es wahrscheinlich als Polemik empfinden, wenn ich Ihnen sage, dass es sich bei dieser Entscheidung um eine der üblichen rätselhaften Entscheidungen der Bundesregierung handelt. Ich versichere Ihnen noch einmal, dass ich stundenlang Gespräche mit Herrn Stolpe und mit Herrn Großmann über viele Straßen geführt habe. Kein Wort ist über die Veränderung der B 10 gefallen. Meine Beamten haben über diese Probleme gesprochen. Für andere Projekte haben wir massiv gekämpft, hier ist nichts gekommen. Deshalb
ist es etwas verwunderlich, dass diese Maßnahme jetzt erfolgt ist, aber es ist ganz gut, dass über diese Maßnahme im weiteren parlamentarischen Verfahren noch beraten wird.
Ich hoffe auch, dass die parlamentarische Mehrheit in Berlin unseren Vorstellungen entspricht und die Maßnahme nicht ersatzlos herabstuft, sondern auch eine andere bayerische Maßnahme heraufstuft. Wir haben eine ganze Serie von Projekten, die wir dafür zur Verfügung stellen können – übrigens auch in Schwaben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es eine weitere Zusatzfrage? – Herr Geiger.
Ich glaube, es ist aus meiner Antwort deutlich geworden, dass wir die Aufnahme dieser Spange in den „Weiteren Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplanes für richtig gehalten und auch im Hinterkopf behalten haben. Wir sind dabei engstens in die Planungen der Bürgerinitiativen vor Ort eingebunden; das war ein großes Anliegen der Oberbürgermeisterin. Deshalb ist auch die staatliche Straßenbauverwaltung in höherem Maße, als sonst üblich, in die Verhandlungen vor Ort mit eingebunden.
Der Weg, den die Bürgerinitiative vorgesehen hat, nämlich die Untersuchung des höhenfreien Ausbaus der B10, wird auch von meinen Leuten für vernünftig und richtig gehalten. Eine abschließende Entscheidung ist aber noch nicht getroffen worden. Deswegen ist es aus unserer Sicht falsch, wenn wir die andere Maßnahme, die aus unserer Sicht nicht optimal ist, in den „Vordringlichen Bedarf“ aufnehmen. Die Maßnahme, die vor Ort für richtig gehalten wird und die die Oberbürgermeisterin mit dem Runden Tisch auf den Weg bringen will, erscheint uns vorzugswürdig. Ob diese Maßnahme realisierbar ist, muss die weitere Planung ergeben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatzfrage: Herr Geiger.
Die Meinungsbildung ist insbesondere auch vor Ort noch nicht abgeschlossen. Der Runde Tisch hat noch keine abschließende Entscheidung getroffen. Nachdem die Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes ein langfristiges Projekt ist, war es sicher vernünftig, dass die Maßnahme in den „Weiteren Bedarf“ aufgenommen werden soll, damit man nicht ganz blockiert ist. Es
besteht vor Ort breite Übereinstimmung darin, dass etwas geschehen muss. Jetzt stellt sich die Frage, ob der Vorschlag des Runden Tisches weiterverfolgt wird. Wenn das erfolgt, halte ich die andere Maßnahme nicht mehr für vernünftig.
Wenn dieser Vorschlag nicht weiterverfolgt wird, müssten wir uns weitere Möglichkeiten ansehen. Ich halte den Weg, den die Oberbürgermeisterin geht, für zweckmäßig, zumal sie sich mit der Einrichtung des Runden Tisches in dieser Frage auch sehr engagiert hat. Wir versuchen, unsere Vorstellungen mit einzubringen. Wir stecken nicht dahinter, dass es vor Ort eine Menge an Ärger gegeben hat. Hier müssen andere Leute und andere Interessen mitgewirkt haben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Strasser ist jetzt da. Nächste Frage, Herr Strasser.
Frau Präsidentin, Herr Kollege Strasser! Der Vorentwurf des Straßenbauamtes Neu-Ulm für die Umfahrung Dillingen/ Höchstädt im Zuge der Bundesstraße 16 datiert vom 30. Dezember 2002. Er wurde von der Regierung von Schwaben mit Schreiben vom 21. Februar 2003 der Obersten Baubehörde zur Genehmigung vorgelegt. Als Voraussetzung für die Genehmigung ist als nächstes der Sichtvermerk des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen einzuholen. Wegen der zurzeit vordringlichen Fortschreibung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen war es bisher nicht möglich, den Vorgang mit entsprechend eingehender Begründung dem Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vorzulegen. Dadurch entsteht jedoch keine Verzögerung, weil das Straßenbauamt Neu-Ulm angewiesen wurde, auf der Grundlage des Vorentwurfs unter Berücksichtigung der Prüfbemerkungen der Regierung die Planfeststellungsunterlagen zu erarbeiten.
Im Planfeststellungsverfahren werden das Ergebnis der Raumordnung und die darauf aufbauende Bestimmung der Linie nochmals eingehend überprüft. Dazu muss das Straßenbauamt Neu-Ulm eine alternative Südumfahrung von Höchstädt eingehend untersuchen, die in jüngster Zeit von einer starken Bürgerinitiative aus dem Höchstädter Stadtteil Deisenhofen mit Nachdruck gefordert wird. Hinzu kommt, dass die Wasserwirtschaftsverwaltung aufgrund des Hochwassers an Pfingsten 1999 den Hochwasserschutz an der Donau im Bereich Höchstädt verbessern muss. Denkbar wäre, falls neue Deiche an der Donau südlich Höchstädt angelegt werden müssen, diese ähnlich der B 19 im Bereich der Oberen Iller bei Immenstadt mit einer Südumfahrung der B 16 zu kombi
nieren. Sollte von der Wasserwirtschaftsverwaltung eine derartige Lösung angestrebt werden, wäre in jedem Fall mit zeitlichen Verzögerungen zu rechnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfragen? – Herr Winter.
Nein. Ich habe doch gesagt, dass wir verlangt haben, das Planfeststellungsverfahren vorzubereiten und zu beantragen, auch wenn der Vorentwurf formell noch nicht genehmigt ist. Dazu sind erhebliche Arbeiten gemäß den Prüfbemerkungen der Regierung durchzuführen. Es gibt Verfahren, die schnell und einfach sind. Andere Verfahren sind von der Sache und der Natur her leider sehr kompliziert. Letzteres ist hier der Fall. Deswegen muss dieses Verfahren sorgfältig durchgeführt werden. Es dauert einige Zeit, aber es läuft. Wir sind dabei, die unterschiedlichen Alternativen im Rahmen der Erarbeitung der Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren zu überprüfen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Herr Staatsminister. Damit ist die Zeit für die Fragestunde vorbei. Wir fahren fort in der Tagesordnung.
Ich rufe auf:
Tagesordnungspunkt 3
Bericht des Vorsitzenden des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden gemäß § 86 der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag
Gemäß unserer Geschäftsordnung ist der Vollversammlung über die Behandlung der Petitionen jeweils für die Hälfte der Wahldauer des Landtags mündlich zu berichten. Die Berichterstattung obliegt federführend dem Vorsitzenden des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden. Ich erteile hierzu das Wort dem Vorsitzenden, Herrn Abgeordneten Schindler.
Schindler (SPD). Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Petitionen können nicht im Mittelpunkt der Arbeit eines selbstbewussten Landesparlaments stehen, sie sind aber mehr als nur ein lästiges Anhängsel.
Selbstverständlich muss in einem Landesparlament, gerade wegen der zunehmenden Undurchsichtigkeit politischer Entscheidungen, der Verschränkung politischer Entscheidungsebenen und allenthalben spürbarer Finanznöte die Debatte über grundsätzliche Fragen und Lösungsmöglichkeiten auf Landesebene das Bild unse
rer Arbeit prägen. Petitionen sind bei diesem Verständnis unserer parlamentarischen Arbeit aber keine lästigen Einmischungsversuche der Bürgerinnen und Bürger, die möglichst schnell und geräuschlos erledigt werden sollen, sondern sind – wie es einmal ausgedrückt worden ist – die wichtigste Nebensache unserer Arbeit. Sie bringen Leben in das Parlament, sind oft Seismograf für aufkommende Probleme und geben gelegentlich wertvolle Anregungen für weiter gehende parlamentarische Initiativen.
Deshalb möchte ich zu Beginn meines Berichts nicht nur allen Kolleginnen und Kollegen für ihre Mühen bei der Behandlung von Petitionen danken, sondern auch den Petenten für das Vertrauen, das sie dem Parlament entgegenbringen, wenn sie sich mit einer Bitte, einer Beschwerde oder auch einer Anregung an uns wenden, und für die Hilfestellung, Entscheidungen der Regierung zu korrigieren, –
wie es zum Beispiel bei der Problematik der Beihilfe für Angestellte geschehen ist. Natürlich war es auch in dieser Legislaturperiode nicht möglich, alle Erwartungen zu erfüllen. Schließlich können und wollen wir keine SuperRevisionsinstanz sein. Es gibt im Übrigen auch keinen Erfahrungssatz, dass Petitionen immer und von Haus aus berechtigt sind. Wir haben also auch viele Bürgerinnen und Bürger enttäuschen müssen, weil wir ihrem Anliegen nicht zum gewünschten Erfolg verhelfen konnten. Wichtig war aber, dass wir den Menschen das Gefühl vermittelt haben, dass ihr Anliegen ernsthaft geprüft wird: nicht im Sinne einer juristischen Begutachtung – das können andere vielleicht sogar besser als wir –, sondern im Hinblick auf praktikable Lösungen, oft in einem Geflecht von Interessen. Ich meine, das kann keine Instanz besser als die Volksvertretung. Jedenfalls brauchen wir einen Vergleich mit Beschwerdeinstanzen in der Privatwirtschaft oder irgendwelchen BeschwerdeHotlines und Fernseh-Ombudsleuten nicht zu scheuen.
Wenn Sie einen Blick auf das vorliegende Zahlenmaterial werfen, das Herr Segl vom Ausschussdienst wieder präzise aufbereitet hat,
dann stellen Sie fest, dass die Gesamtzahl der Eingaben in dieser Legislaturperiode erstmals seit der 12. Wahlperiode rückläufig ist. In der nunmehr fünfjährigen Legislaturperiode hatten wir nicht einmal so viele Eingänge wie ansonsten in vier Jahren. Der Rückgang hat sicherlich vielfältige Ursachen und ist kein bayerisches Phänomen, sondern wird in den meisten anderen Landtagen ebenso festgestellt wie im Bundestag. Eine Erklärung für den Rückgang ist sicherlich, dass wir in dieser Periode eine Vielzahl von Massenpetitionen mit bis zu 48000 Unterschriften und dafür weniger einzelne Eingaben hatten. Ein weiterer Grund liegt darin, dass die Zahl der Eingaben von Ausländern, insbesondere von Bürgerkriegsflüchtlingen, obwohl immer noch 1805, drastisch zurückgegangen ist, weil die meisten Flüchtlinge aus Bosnien und dem Kosovo zurückgekehrt oder weiter gewandert
sind. Der ebenfalls signifikante Rückgang von Baurechtspetitionen mag auf den Rückgang der Bautätigkeit insgesamt zurückzuführen sein; eine schlüssige Erklärung fehlt allerdings. Für die Vermutung aber, dass der Rückgang der Anzahl der Petitionen Ausdruck eines gesunkenen Vertrauens in das Parlament sei, gibt es keinen stichhaltigen Beleg. Der Blick auf die Statistik zeigt, dass uns weit mehr Eingaben aus Oberbayern erreicht haben, als es dem Bevölkerungsanteil entspricht. Die Franken und Schwaben waren wiederum zurückhaltender mit Eingaben, was sicherlich etwas mit dem Sitz des Parlaments zu tun hat. Das gleiche Phänomen ist auch in Berlin zu beobachten. Erfreulich ist, dass die Zahl der positiven Erledigungen insgesamt gegenüber der letzten Wahlperiode leicht gestiegen ist und nun 32,4% beträgt. In vielen Fällen müsste allerdings noch genauer untersucht werden, ob auch die Petenten die Erledigung als so positiv empfunden haben wie wir.
Recht gering ist auch in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode die Zahl der Berücksichtigungsbeschlüsse geblieben. Die prozentualen Anteile sind von Ausschuss zu Ausschuss höchst verschieden und reichen von 0,6% im Innenausschuss über 2% im Hochschulausschuss bis zu 11,2% im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes. Auch die Gründe hierfür sind höchst differenziert zu betrachten. Die Unterschiede haben natürlich etwas mit den jeweiligen Sachthemen zu tun: Fast die Hälfte aller Berücksichtigungsbeschlüsse im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes haben Fragen der Beihilfen für Angestellte betroffen. Es fällt im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes offensichtlich viel leichter, bei allgemeinen Personalfragen Berücksichtigung zu beschließen, als bei Fragen des Strafvollzugs oder Ausländerangelegenheiten, wo wir es nicht nur mit starren Fronten zwischen den Fraktionen, sondern meistens mit ausprozessierten Fällen ohne eigene Regelungskompetenz des Freistaates zu tun haben.
Beim Zwischenbericht über das Petitionsgeschehen habe ich im März 2001 angekündigt, dass ein Gesetzentwurf zur Reform des Petitionsrechts eingebracht werden wird. Die SPD-Fraktion wollte damit nach der Verfassungsänderung von 1998, als ein neuer Artikel 115 Absatz 2 mit einer Ermächtigungsgrundlage für das Petitionsrecht in die Bayerische Verfassung eingeführt worden ist, erreichen, dass die Sachaufklärungsinstrumente der Ausschüsse, insbesondere das Akteneinsichts- und das Auskunftsrecht als Rechte des Landtags normiert werden, damit der Landtag bei der Behandlung von Petitionen nicht länger auf die Gnade oder die Selbstverpflichtung der Staatsregierung angewiesen ist.
Daneben war auch geplant, das Petitionsrecht übersichtlicher zu gestalten und das unsystematische Nebeneinander von Petitionsgesetz und Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag zu überwinden. Obwohl der Landtag bei den Bürgerinnen und Bürgern diesbezüglich im Wort stand, ist es leider anders gekommen, weil sich die Mehrheit leider nicht zu einer gesetzlichen Verankerung des Akteneinsichts- und Auskunftsrechts und schon gar nicht zur Ausgestaltung als Minderheitenrecht durchringen konnte. Damit sind wir gegenüber den anderen Landtagen und dem Bundestag, bei denen die genannten Rechte seit Jahren eine Selbstverständlich
keit sind, weit zurückgefallen und liegen zusammen mit Hessen auf dem letzten Platz.
Angesichts der offensichtlich tief sitzenden Ängste der Staatsregierung und der Mehrheitsfraktion vor dem Schreckgespenst des ständig Akten anfordernden und alles untersuchenden Landtags, war es doch erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit später das so genannte Parlamentsinformationsgesetz beschlossen worden ist. Dieses Gesetz begründet ebenfalls eine Pflicht der Staatsregierung, den Landtag über bestimmte Gesetzesvorhaben und vor allem Bundes- und Europaangelegenheiten zu unterrichten. Ich begrüße natürlich dieses Gesetz, kann aber vor diesem Hintergrund die geradezu anachronistische Haltung zu Informationsrechten des Landtags bei der Behandlung von Petitionen nicht verstehen. Der neue Landtag sollte schon im eigenen Interesse, um nicht länger Bittsteller neben dem Bittsteller sein zu müssen, –
unbedingt nachbessern. Dann könnten auch die sonstigen Reformvorschläge, wie die Zusammenfassung aller Unzulässigkeitstatbestände im Gesetz, die Regelung der Drittbeteiligung am Petitionsverfahren – was insbesondere bei baurechtlichen Eingaben eine große Rolle spielt – und das schwierige Problem des Verwaltungsvollzugs trotz Vorliegens von Petitionen, nicht nur im Baurecht, sondern insbesondere auch bei Ausländerpetitionen, einer Neuregelung zugeführt werden. Ich werde auf die Notwendigkeit von Reformen schon wegen der Verkleinerung des Landtags am Schluss meiner Ausführungen noch einmal zurückkommen und wende mich jetzt der Tätigkeit des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden zu.
Trotz des auffallenden Rückgangs der Fallzahlen betrafen über 40% der Eingaben das Ausländerrecht. Es waren nicht nur viele Fälle, sondern es waren jeweils auch Schicksale, mit denen wir uns beschäftigen mussten. Obwohl jeder Fall für sich zu beurteilen war, können doch Typisierungen vorgenommen werden: Breiten Raum nahmen Eingaben von Bürgerkriegsflüchtlingen ein, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht in ihr Heimatland zurückkehren wollten. Auffallend ist hier die große Zahl von Eingaben von Arbeitgebern ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich dafür eingesetzt haben, dass ihr jeweiliger Mitarbeiter oder ihre jeweilige Mitarbeiterin hier bleiben dürfen. Ebenso auffallend und gleichermaßen auch bedrückend ist der hohe Anteil von Eingaben, bei denen es um Kinder ausländischer Eltern ging, die hier in Bayern geboren worden sind, und nun mit ihren Eltern, die jahrelang geduldet worden sind, aus welchen Gründen auch immer, in eine für sie völlig fremde Heimat zurückkehren sollen. Signifikant ist auch die Zahl der Eingaben, mit denen die Anerkennung als Altfall nach den IMK-Beschlüssen begehrt worden ist. Dazu kam noch eine kleine Zahl von reinen Asylfällen und von Eingaben mit vertriebenenrechtlichem Hintergrund.
Unsere Handlungsmöglichkeiten diesbezüglich waren denkbar gering. Zum einen fehlte es meistens an einer
originären landesrechtlichen Zuständigkeit, sodass wir uns mehrfach damit behelfen mussten, Eingaben an den Deutschen Bundestag zu verweisen, zum anderen fehlte es aber auch an Bereitschaft im Petitionsausschuss, nach unkonventionellen Lösungen im Einzelfall zu suchen. Wenngleich allerorten von Deregulierung und Staatsvereinfachung die Rede ist, so gibt es offensichtlich beim Vollzug des Ausländerrechts keinen politischen Willen, auch einmal fünfe gerade sein zu lassen.
Es wird Sie nicht wundern, dass ich deshalb bedauere, dass das Gesetz zur Neuregelung der Zuwanderung bis heute nicht zu Stande gekommen ist, das zumindest für einen Teil der sich länger bei uns aufhaltenden Ausländer eine Lösung gebracht hätte.
Ich habe deshalb auch nur wenig Verständnis dafür, wenn Ausländereingaben unter Hinweis auf die Zuständigkeit des Bundes mit Bedauern abgelehnt und gleichzeitig alle Bemühungen des Bundes um eine Reform blockiert werden. Ich hoffe dennoch, dass es in absehbarer Zeit zu einer am Gebot der Vernunft, aber auch der Menschlichkeit orientierten Neuregelung der Zuwanderung kommt.
Erheblich eingeengt haben uns aber auch die Beschlüsse der Innenministerkonferenz zur Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen und zwischenstaatliche Abkommen zum Beispiel über die Rückführung von Vietnamesen. Gelegentlich peinlich war es aus meiner Sicht zu erleben, wie in manchen, nicht in allen Ausländerämtern versucht worden ist, das Entstehen sogenannter Altfälle zu verhindern, und wie viele Fälle zwischen Ausländeramt und Arbeitsamt hin- und hergeschoben worden sind, wenn das Ausländeramt nur dann einen verfestigten Aufenthaltsstatus zugebilligt hat, wenn eine Arbeitserlaubnis vorlag und umgekehrt die Arbeitsverwaltung keine Arbeitserlaubnis erteilt hat, wenn nur eine ausländerrechtliche Duldung vorhanden war. Hier wäre Mut zur Deregulierung und Kreativität gefragt gewesen, ging es doch in allen Fällen um menschliche Schicksale.
Lassen Sie mich nun zu einigen Beispielen kommen. Ein jugoslawischer Staatsbürger albanischer Staatszugehörigkeit hat seit neun Jahren in einem Betrieb zur Herstellung von Motorsegelflugzeugen in Oberbayern zur vollsten Zufriedenheit des Unternehmers eine Spezialtätigkeit, nämlich das Bespannen und Cellonieren der Flugzeuge ausgeübt. Gerade für solche Spezialtätigkeiten hat das Arbeitsamt keine passende Schublade, in die dieser Fall passt, sodass das für die Arbeitsgenehmigung erforderliche öffentliche Interesse verneint worden ist. Leidtragende sind nicht nur der ausländische Arbeitnehmer und seine Familie, sondern eben auch ein mittelständisches Unternehmen mit 18 Mitarbeitern, das nun mit großem Aufwand eine Ersatzkraft suchen und einar
beiten muss. Wegen der ablehnenden Haltung der Arbeitsverwaltung konnten wir nicht mehr als eine Verzögerung erreichen und haben die Eingabe deshalb zuständigkeitshalber an den Bund abgegeben.
Natürlich gab es auch schlicht egoistisch motivierte Eingaben von Unternehmen zu Gunsten ihres jeweiligen ausländischen Mitarbeiters. Dennoch kann nicht übersehen werden, dass wir uns durch eine allzu starre Reglementierung selbst Schwierigkeiten machen und dass hier ein lohnendes Feld für die oft beschworene Deregulierung wäre.
Ein größerer Entscheidungsspielraum wäre auch in den Fällen nötig, in denen es um den Schutz ausländischer Frauen nach Trennung oder Scheidung geht. Der einschlägige §19 des Ausländergesetzes ist zwar geändert worden, so dass bereits nach zweijährigem Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft oder bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der Frauen entstehen kann. Trotzdem hatte sich der Ausschuss mit einer Reihe von schwierigen Fällen zu befassen. So zum Beispiel mit einer bulgarischen Staatsangehörigen, die bei uns als Altenpflegerin arbeitet. Sie hat sich von ihrem zweiten Ehemann, einem Deutschen, getrennt, weil sie von Ihm geschlagen wurde. Im Falle der Rückkehr nach Bulgarien sieht sie sich von ihrem dort lebenden ersten Ehemann bedroht. Die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung aufgrund der Arbeitsaufenthaltsverordnung wurde abgelehnt, da ein diesbezügliches Abkommen mit Bulgarien nicht besteht. Der Fall fand schließlich erst dadurch einen positiven Abschluss, dass die Petentin nun von einem deutschen Mann ein Kind erwartet und sie bei deutscher Staatsangehörigkeit des Kindes ein Aufenthaltsrecht bekommen kann.
Ähnlich schwierig war auch der Fall einer Kosovarin mit vier Kindern, die extreme Gewalttätigkeiten von ihrem Mann erdulden musste, welcher mittlerweile die Familie verlassen hat und nicht mehr greifbar ist. Für diese Frau, die trotz aller Schwierigkeiten für ihre vier Kinder sorgt, hat sich auch der Bürgermeister der Gemeinde mit einer Eingabe eingesetzt. Eine Lösung für diesen Fall gäbe es nur, wenn es gelänge, eine Arbeitsstelle für die Frau zu finden, die von der Arbeitsverwaltung als ausreichend für eine Arbeitserlaubnis angesehen werden würde. Da der Bürgermeister dies versucht, wurde die Petition von uns zunächst an den Bundestag abgegeben, um die notwendige Zeit zu gewinnen.
Gar nichts erreichen konnten wir im Fall einer Muslimin aus Mazedonien mit zwei kleinen Kindern, die ebenfalls von ihrem Ehemann misshandelt wurde und die deshalb aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist. Dieser Fall endete mit dem unschönen Ergebnis, dass die Mutter mit ihrem jüngsten Kind „freiwillig“ nach Mazedonien ausreisen musste, der Ehemann aber, der seine Frau misshandelt hat, in Deutschland bleiben kann.
Ich bin der Auffassung, dass es mit etwas gutem Willen der beteiligten Behörden auch in solchen Fällen möglich
sein müsste, Härtefälle zu lösen und dass es unwürdig ist, nur durch Zurückstellungen und Verweisungen gewisse Erleichterungen zu erreichen.
Es gab aber auch Erfolgserlebnisse bei Ausländerpetitionen, wie etwa den Fall eines Ägypters, der seit mehr als acht Jahren – mittlerweile dürften es zehn Jahre sein – im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis war und eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erreichen wollte. Voraussetzung hierfür war, dass er bei der ägyptischen Botschaft einen neuen Nationalpass beantragt hätte, wogegen er sich aber aus tiefsitzender Angst gewehrt hat. Wir haben ihn selbst erlebt. Wir konnten schließlich eine amtsärztliche Begutachtung erreichen, die dann ergeben hat, das ihm der Gang zur Botschaft nicht zugemutet werden kann, woraufhin die Ausweispapiere auf anderem Wege beschafft worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit meinem letzten Bericht hatten wir lediglich eine neue Aktenanforderung. Ein weiterer Beweis für die Grundlosigkeit, der Ängste der Mehrheitsfraktion bei der Beratung des Petitionsgesetzentwurfes. Ich werde darauf noch zu sprechen kommen. Ein solcher Fall betraf einen komplizierten Sachverhalt einer Aufenthaltsbefugnis nach der Altfallregelung. Die Erteilung der Aufenthaltsbefugnis scheiterte für die Familie aus dem Kosovo, die seit mehr als acht Jahren in Deutschland lebt, zunächst daran, dass der Nachweis einer durchgängigen Beschäftigung von zwei Jahren nicht erbracht werden konnte, dies aber letztlich deshalb, weil keine Arbeitserlaubnis erteilt worden war. Obwohl vom Ausländeramt keine erfolgreiche Beratung durchgeführt worden ist, haben sich die Betroffenen immer wieder beim Arbeitsamt gemeldet. Die Frage war also, ob das Fehlen einer durchgängigen zweijährigen Beschäftigung von den Petenten oder von den Ämtern verursacht worden war. Wir haben die Akten angefordert und auch erhalten. Wohl aufgrund des widersprüchlichen Inhalts der Akten ist mittlerweile eine Aufenthaltsbefugnis erteilt und die Petition daraufhin zurückgenommen worden.
Positiv zu erwähnen ist auch der Fall, in dem sich der Bürgermeister einer schwäbischen Gemeine hilfesuchend an uns gewandt hat, um den Schulaufwand für Asylbewerberkinder ersetzt zu bekommen. Es würde hier zu weit führen, auf das komplizierte Kostenerstattungssystem näher einzugehen, welches letztlich auch die Gemeinde nicht ganz durchschaut, und die einen formal nicht richtigen Antrag gestellt hat. Dieser lag acht Monate bei der Regierung von Schwaben, ohne dass die Gemeine aufgeklärt worden ist, bis der Antrag nach Fristablauf dann abgelehnt wurde. In einem zweiten Ablauf haben wir es mit einem Berücksichtigungsbeschluss geschafft, der Gemeine zu ihrem Geld zu verhelfen und damit das Konnexitätsprinzip gegen formale Prinzipien durchzusetzen, denn schließlich hat die Gemeinde ihre Aufgabe als Mitglied des Schulverbands erfüllt.
Zwar weniger als früher, aber immer noch mehr als ein Viertel aller Eingaben im Petitionsausschuss stammen
aus dem Baurecht, wobei wir es immer wieder mit dem Problem des Bauens im Außenbereich und mit Nachbarstreitigkeiten aufgrund der Verletzung von Abstandsvorschriften oder des Rücksichtnahmegebots zu tun hatten. Petitionen sind hierbei für die Nachbarn ein durchaus attraktives Instrument, da die Verletzung nachbarschützender Vorschriften keine Zulässigkeitsvoraussetzung ist und da auch kein Kostenrisiko wie bei einem Rechtsstreit entsteht. Oftmals hatten wir dann sowohl über die Petition des Bauherrn als auch über die Petition des Nachbarn zu entscheiden.
Wenn der Fall einen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum erkennen ließ, haben wir, gelegentlich auch auf Anregung der Obersten Baubehörde, Ortsbesichtigungen durchgeführt; insgesamt 265. Die Ortstermine haben von den Berichterstattern, wenn die verfeindeten Nachbarn zusammengetroffen sind, oft einiges an Fingerspitzengefühl und überzeugendem Auftreten abverlangt, insbesondere weil die meisten Petenten die Eigenheiten des Petitionsverfahrens nicht kennen. Ich möchte deshalb an dieser Stelle allen Kolleginnen und Kollegen für diesen oftmals zeitraubenden, aber wie ich meine doch erfolgreichen Einsatz ganz herzlich danken.
Nach einer Besichtigung vor Ort konnte zum Beispiel die Eingabe wegen der Bebaubarkeit eines Grundstücks am Stadtrand von Würzburg, das bereits seit langer Zeit mit einem Wohngebäude bebaut ist und auf dem nun ein Ersatzbau errichtet werden sollte, positiv abgeschlossen werden. Die Stadt Würzburg hatte die Baugenehmigung zunächst wegen der Lage des Grundstücks in einem Wasserschutzgebiet abgelehnt, obwohl sie selbst vorhatte, in unmittelbarer Nähe eine Schule zu erweitern. Der Ortstermin selbst brachte zwar noch keine Lösung, wohl aber unser Berücksichtigungsbeschluss, den die Stadt Würzburg akzeptiert und die Baugenehmigung erteilt hat.
In diesem Fall haben wir, was ungewöhnlich ist, ein Dankschreiben von den Petenten bekommen. Darin heißt es:
Wir möchten uns mit diesem Schreiben bei den Mitgliedern des Petitionsausschusses für Ihr Verständnis und für den Einsatz bedanken. Das Ergebnis des Eingabeverfahrens hat wieder einmal bewiesen, dass Abgeordnete durchaus in der Lage sind, sich in die Situation des Bürgers, der dem Kampf gegen Windmühlen ausgesetzt ist, zu versetzen und sachgerecht und logisch zu entscheiden.
Unser Dank gilt hier ganz besonders den beiden Abgeordneten Herrn Manfred Christ und Frau Karin Pranghofer, die sich persönlich vor Ort einen Eindruck von unserer misslichen Lage verschaffen konnten.
Ich denke, auch solche Dankschreiben sollten in einen Petitionsbericht erwähnt werden, weil sie uns allen gut tun.
Oftmals, meine Damen und Herren, ist ein Interessenausgleich aber auch nach einem Ortstermin und nach mehrfacher Behandlung im Ausschuss nicht zu erreichen. So haben wir in einem Fall, in dem die Geländetopographie benachbarter Grundstücke durch bebauungsplanwidrige Aufschüttungen so sehr verändert worden ist, dass ein Grundstück im Vergleich zu den umliegenden nun wie eine Grube erscheint, nichts anderes machen können, als wiederholt an die beteiligte Gemeinde und das Landratsamt zu appellieren, die Betroffenen noch einmal zusammenzuholen und einen Ausgleich der Interessen zu versuchen.
Nicht unerwähnt bleiben können auch die Fälle aus dem Fahrerlaubnisrecht und der Schülerbeförderung. Doch würde es zu weit gehen, auf die einzelnen Fälle einzugehen.
Meine Damen und Herren, nach wie vor haben wir viele Eingaben aus dem Strafvollzug, wobei die Klagen über wirklich gravierende Verletzungen des Strafvollzugsgesetzes eher die Ausnahme waren. Meistens standen Beschwerden über die konkreten Haftbedingungen und die Nichtgewährung von Vollzugslockerungen im Mittelpunkt. Bei aller Vorsicht kann meines Erachtens aber festgestellt werden, dass die gesetzlichen Möglichkeiten der Resozialisierung von Straftätern nicht in allen Anstalten ausgeschöpft werden, was auf die nach wie vor ungenügende Personalausstattung im Strafvollzug zurückzuführen ist.
Bei Eingaben aus den Justizvollzugsanstalten haben wir die Übung – eine entsprechende Regelung in der Geschäftsordnung gibt es nicht –, sie zunächst dem jeweiligen Beiratsvorsitzenden der JVA zuzuleiten mit der Bitte, den Fall vor Ort zu erledigen und die Beschwerde erst dann, wenn dies nicht gelingt oder von dem Petenten nicht gewünscht wird, in den normalen Verfahrensweg zu geben. Auf diese Weise werden immerhin etwa 40% der Petitionen aus den Justizvollzugsanstalten erledigt. Dies erscheint mir nicht unbedenklich zu sein, da jeder Eingabesteller einen klagbaren Anspruch auf Erledigung seiner Petition durch den Landtag hat. Ich bin deshalb der Meinung, dass wir in den Fällen, in denen sich der Klärungsversuch vor Ort zu lange hinzieht, die Eingabe doch dem Ausschuss vorlegen sollten. Auch halte ich es für sinnvoll, wenn die stellvertretenden Beiratsvorsitzenden ebenfalls über die Eingabe informiert werden.
Ich habe zu diesen Fragen ein Schreiben an alle in den Beiräten tätigen Kolleginnen und Kollegen gerichtet. Ich halte es für erforderlich, hierzu in der neuen Wahlperiode eine etwas verbindlichere Regelung zu treffen. Das wird dann auch eine Gelegenheit sein, das enorme Engagement der Kolleginnen und Kollegen in diesem wenig öffentlichkeitswirksamen Bereich zu würdigen. Ich möchte aber auch von dieser Stelle aus allen Beiratsvorsitzenden und den Stellvertretern, also den parlamentarischen Mitgliedern der Gefängnisbeiräte, herzlich für ihren Einsatz danken.
Auch Gnadenangelegenheiten haben uns wieder stark beschäftigt, wobei wir in einigen Fällen etwas erreichen konnten. Ein Fall sei erwähnt: Eine Münchner Stadträtin hatte sich in einer Petition für Eheleute eingesetzt, die beide wegen betrügerischen Konkurses inhaftiert waren, dann aber schweren Schicksalsschlägen in Form eines Schlaganfalls des Ehemannes und einer Tumorerkrankung der Ehefrau ausgesetzt waren. Damit die Frau ihren haftunfähigen Mann pflegen kann, ist eine Gnadenentscheidung des Inhalts ergangen, dass der Vollzug der Restfreiheitsstrafe der Ehefrau ausgesetzt worden ist.
Beenden möchte ich diesen Teil des Berichts über die Arbeit des Eingabenausschusses mit einem ganz besonderen Dank an Herrn Kollegen Ludwig Ritter,
der in seiner jahrzehntelangen Tätigkeit – immerhin war er 33 Jahre lang Mitglied des Petitionsausschusses, was nicht nur hier im Bayerischen Landtag außer ihm sonst niemand geschafft hat – und die überwiegende Zeit davon als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses fast so etwas wie die Inkarnation des Petitionswesens in Bayern geworden ist und für den dies der letzte Petitionsbericht ist, den er in Amt und Würden erlebt. Herzlichen Dank, lieber Ludwig Ritter.
Mein Dank richtet sich aber auch an die Vertreter der Ministerien, die fast immer freundlich lächelnd blieben, auch wenn ihnen unsere Hartnäckigkeit gelegentlich auf die Nerven ging. Herzlichen Dank auch dem Stenografischen Dienst und unseren Mitarbeitern im Referat Eingaben und Beschwerden mit Herrn Ministerialrat Miller an der Spitze und Herrn Oberregierungsrat Klotz als dem Ausschussassistenten.
Bevor ich mich dem Geschehen in den Fachausschüssen zuwende, möchte ich Sie noch darüber in Kenntnis setzen, dass wir im Sommer 2002 von der EnqueteKommission des Niedersächsischen Landtags zur künftigen Arbeit des Landtags neben Vertretern aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen zu einem Informationsgespräch über das Petitionsverfahren eingeladen worden sind. Die uns vertretenden Frau Kollegin Hirschmann und Herr Ministerialrat Miller waren vor der Enquete-Kommission offensichtlich so überzeugend, dass in Niedersachsen jetzt eine unserem System mit Fachausschussprinzip und Petitionsausschuss vergleichbare Regelung eingeführt worden ist.
Ende des Jahres 2002 hielt sich der damalige europäische Bürgerbeauftragte, Herr Jacob Södermann, zu einem Informationsbesuch bei uns im Landtag auf. Leider ist er nicht mehr im Amt. Ich hoffe, dass wir mit seinem Nachfolger, Herrn Prof. Nikiforos Diamandouros weiterhin gut zusammen arbeiten können.
Ich berichte im Folgenden kurz aus den einzelnen Fachausschüssen und beginne mit dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes. Kollege Dr. Eykmann kann aus seinem Ausschuss eine beachtliche Erfolgsbilanz als Spitzenreiter bei Berücksichtigungsbeschlüssen verweisen.
Besonders erfolgreich war sein Ausschuss – ich habe es bereits erwähnt – bei Eingaben gegen die im Rahmen des Haushaltskonsolidierungsgesetzes vom Dezember des vergangenen Jahres vorgenommenen Änderungen der Beihilfe für Angestellte des öffentlichen Dienstes. Schon nach wenigen Wochen lagen dem Ausschuss hierzu über 80 Eingaben vor, in denen die Petenten die teils drastischen Auswirkungen der neuen Regelung beklagten. Bei der ersten Beratung im Ausschuss haben mehrere Petenten, die persönlich angehört wurden, die Belastungen für ihre Familien nachdrücklich dargelegt. Der Vertreter der Staatsregierung, ebenfalls durch die vorgebrachten Argumente aus dem Ausschuss überzeugt, kündigte eine neue Regelung zur Vermeidung der hohen Belastungen an. Den entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung beamtenrechtlicher und erziehungsgeldlicher Vorschriften hat der Landtag inzwischen beschlossen. Für die Petenten und alle betroffenen Arbeitnehmer bedeutet dies, dass eine teilweise existenzbedrohende Situation in letzter Minute noch vermieden werden konnte.
Aus dem Ausschuss wird auch über den Fall einer verweigerten Jubiläumsurkunde berichtet. Einem Justizvollzugsbeamten, der nach 40jähriger Dienstzeit aus dem Staatsdienst ausgeschieden war, ist wegen des Fehlens eines einzigen Tages die wohlverdiente Jubiläumsurkunde verweigert worden. Das Problem bestand darin, dass der Petent zum 1. Mai eingestellt worden war, allerdings wegen des Feiertags erst am 2. Mai den Dienst antreten konnte. Als er nun 40 Jahre später am 30. April aus dem Dienst ausschied, sollte ausgerechnet der „Tag der Arbeit“ ihn um die Urkunde und natürlich um die Jubiläumsprämie bringen. Erst die Behandlung der Angelegenheit im Ausschuss brachte schließlich den Erfolg, dass die Berechnung des Jubiläumsdienstalters so vorgenommen wird, dass aus einem Dienstantritt, der aufgrund eines Feiertags später erfolgte, keine Nachteile mehr erwachsen.
Kollege Ach berichtet aus dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen, dass der Schwerpunkt der Petitionen im Steuerrecht und bei Erhöhungswünschen im Rahmen der Haushaltsberatungen lag. Bei den Eingaben aus dem Steuerrecht ging es im Wesentlichen um Probleme mit der Eigenheimzulage. Bei den Eingaben zu sonstigen Finanzangelegenheiten standen Rückforderungen von staatlichen Zuwendungen aufgrund von Rechnungsprüfungen im Mittelpunkt. Hier gelang es immer wieder, eine für die Petenten befriedigende Lösung zu finden, wie die positive Erledigungsquote von fast 40% zeigt.
Aus dem Sozialpolitischen Ausschuss teilt Herr Kollege Wahnschaffe mit, dass eine große Zahl von Eingaben die Reform der Kindergartenfinanzierung, die Förderrichtlinien für Kindertagesstätten und das Modellprojekt „Markt- und qualitätsorientierte Steuerung von Kinderta
gesstätten“ zum Inhalt hatte. Mehr als 50% dieser Eingaben wurden der Staatsregierung zur Berücksichtigung, Würdigung oder als Material überwiesen.
In einem Fall, mit dem sich der Ausschuss mehrfach beschäftigte, ging es um die Umstrukturierung eines Kindergartens in eine Integrationsgruppe. Das Problem bestand darin, dass sich eine der betroffenen Gemeinden per Gemeinderatsbeschluss geweigert hat, sich an der Finanzierung dieser Einrichtung zu beteiligen. Der Ausschuss forderte deshalb die Gemeinde auf, ihren Beschluss zu überdenken. Außerdem sollte geprüft werden, ob der Bezirk Oberbayern in die Finanzierung mit eingebunden werden kann. Eine befriedigende Lösung steht bisher immer noch aus, sodass der Ausschuss einen zweiten Berücksichtigungsbeschluss fassen musste und sich auch der neue Landtag mit der Petition wird beschäftigen müssen.
Aus dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit berichtet Herr Kollege Dr. Kempfler, dass die Petitionen zu kommunalen Themen schwerpunktmäßig die Errichtung oder den Erhalt dezentraler Abwasserund Wasserversorgungseinrichtungen betrafen. Die Bürger würden sich mit Beitragsbescheiden schwer tun, da sich zumeist keine konkrete Gegenleistung der öffentlichen Hand sichtbar erkennen lasse.
Von den Berichterstattern wurden verschiedentlich in Abwandlung von Ortsterminen so genannte Fachgespräche geführt, zu denen die Petenten und Vertreter aller beteiligten Behörden vom Landtagsamt geladen werden und bei denen unter der Gesprächsleitung der Berichterstatter versucht wird, eine Lösung zu finden. Allerdings war der Zeitaufwand für die Fachgespräche noch größer als für Ortsbesichtigungen.
Bei den Beschwerden aus dem Polizeirecht wurden trotz niedriger Erfolgsquote Verbesserungsmöglichkeiten erreicht.
Herr Kollege Kaul teilt aus dem Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen mit, dass auch in der zweiten Hälfte dieser Wahlperiode viele Petitionen gegen die Errichtung von Mobilfunksendeanlagen eingegangen seien. Der Ausschuss konnte in den wenigsten Fällen helfen, da für alle bereits gebauten Anlagen die notwendige Standortbescheinigung vorlag, die gesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden und die Absenkung der Grenzwerte in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fällt. Wenn die Standortsuche allerdings noch nicht abgeschlossen war, konnte der Ausschuss zu befriedigenden Lösungen beitragen.
Einen weiteren Schwerpunkt bildete das Thema Lärm und die Altlastensanierung. Es wird von einem Fall in Unterfranken berichtet. Nach einem Ortstermin und einer intensiven Diskussion ist es zumindest gelungen, den Betroffenen Klarheit über die auf sie zukommenden finanziellen Folgen zu verschaffen.
Herr Kollege Loscher-Frühwald weist in seinem Bericht zum Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten darauf hin, dass die meisten Petitionen in Agrarangelegenheiten die Rückforderung von Zuwendungen
wegen Missachtung einzelner Fördervorschriften betrafen, dass aber wegen der relativ großen Formstrenge in ganz wenigen Fällen Hilfe möglich war.
Des Weiteren verweist er auf Eingaben aus dem Bereich der Jagd- und Fischereiangelegenheiten sowie auf Eingaben bezüglich des Betriebs der Wildgehege im Ebersberger Forst; was bekanntlich auch durch die Presse gegangen ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch wenn wir in dieser Periode einen merklichen Rückgang der Petitionen zu verzeichnen hatten, besteht meines Erachtens die Notwendigkeit, sich Gedanken über die Fortentwicklung des Petitionsverfahrens zu machen. Dass ich materielle Verbesserungen im Interesse des „standings“ des Parlaments gegenüber der Staatsregierung für erforderlich halte, habe ich bereits ausgeführt. Dass wir an grundsätzlichen Verfahrensregeln, zum Beispiel an der Öffentlichkeit auch der Petitionsbehandlung – das überrascht unsere Besucher aus anderen Landtagen immer wieder, weil sie so etwas nicht gewohnt sind – und der Möglichkeit, anwesenden Petenten das Wort zu erteilen, wovon wir jedenfalls im Petitionsausschuss doch häufig Gebrauch machen, ebenso festhalten sollten wie an der Durchführung von Ortsterminen und an den in einem Ausschuss in freier Fortbildung der Geschäftsordnung bereits eingeführten so genannten Fachgesprächen, dürfte übereinstimmende Meinung und unstrittig sein.
Diskutiert werden muss aber, ob es in einem verkleinerten Landtag richtig ist, das Fachausschussprinzip in seiner jetzigen Ausprägung beizubehalten. Dafür sprechen natürlich zum einen die Gewohnheit und der Umstand, dass der Niedersächsische Landtag unser Prinzip erst vor kurzem quasi kopiert hat, außerdem das Prinzip der Sachnähe sowie die bemerkenswert hohe Erfolgsquote in einigen Fachausschüssen. Dagegen spricht aber, dass die Tagesordnungen in manchen Fachausschüssen zu sehr von Petitionen geprägt und gelegentlich Petitionen – man merkt es am Ablauf der Beratungen in den Ausschüssen – als lästiges Anhängsel betrachtet werden.
Hinzu kommt, dass der neue Landtag kleiner sein wird, was auf jeden Fall mehr Arbeit pro Kopf bedeutet und vielleicht auch weniger Ausschüsse. Das Petitionsverfahren wird deshalb in die Überlegungen zur Straffung der Parlamentsarbeit mit einzubeziehen sein.
Ich denke, wir sollten hierbei zu einer Zweispurigkeit kommen. Zum einen gibt es Petitionen, die unmittelbar mit der Sacharbeit eines Ausschusses und sogar mit ganz konkreten Anträgen und Gesetzen verknüpft sind, etwa Eingaben zur Landesplanung, zum Haushalt, zu Lehrplänen und Unterrichtsinhalten. Diese Eingaben sollten natürlich weiterhin in den Fachausschüssen behandelt werden; alles andere wäre Unsinn.
Die Mehrzahl der Petitionen betrifft aber Beschwerden, mit denen sich Bürger an den Landtag als Ombudsmann oder Bürgeranwalt wenden, die nichts mit der aktuellen Sacharbeit der Ausschüsse zu tun haben. Das gilt für viele Fälle, die derzeit im Sozialpolitischen Ausschuss,
im Umweltausschuss, im Wirtschaftsausschuss und auch im Kommunalausschuss behandelt werden.
Es gibt hier große Abgrenzungsschwierigkeiten. Auf die Frage, welcher Ausschuss im Einzelfall wirklich zuständig ist, gibt es oft mehrere Antworten. Wir haben es öfter erlebt, dass um die Zuständigkeit nachgerade gerungen worden ist.
Ich meine deshalb, dass der derzeitige Zuständigkeitskatalog, der sich von Wahlperiode zu Wahlperiode fortgeerbt hat, nach dem genannten Kriterium kritisch durchgesehen und alle nicht mit der Facharbeit zusammenhängenden Beschwerden dem Petitionsausschuss zugewiesen werden sollten. Die Fachausschüsse bekämen damit mehr Luft, um zum Beispiel den Erwartungen durch das neue Parlamentsinformationsgesetz zu genügen.
Andererseits sollte der Petitionsausschuss gehalten sein, bei Einzelfällen, die zu ihrer Beurteilung besonderes Fachwissen erfordern, eine Stellungnahme des Fachausschusses einzuholen. Die Arbeitsbelastung im Eingabenausschuss würde sich dadurch natürlich erhöhen, was man durch flankierende Maßnahmen aber in den Griff bekommen könnte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der neue Landtag wird bei der Petitionsbehandlung viele unangenehme Entscheidungen treffen und den Bürgerinnen und Bürgern vermitteln müssen. Ich wünsche uns, dass wir trotz aller politischen Gegensätze und aller Mühseligkeit weiterhin ehrliche Makler zwischen Bürger und Behörde bleiben. So nebensächlich Petitionen für das Parlament insgesamt auch sein mögen, für die hilfesuchenden Bürgerinnen und Bürger jedenfalls handelt es sich um die Hauptsache, der wir auch im Interesse des Ansehens des Parlaments gerecht werden müssen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf will die SPD die Diskussion um die Verpflichtung zur Kennzeichnung von Daten, die aus technischen Überwachungsmaßnahmen in Wohnungen ge
wonnen wurden, fortsetzen. Diese Diskussion wurde im Herbst im letzten Jahr anlässlich der Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes, des Gesetzes zur Ausführung des G10-Gesetzes, des PKG-Gesetzes und des Bayerischen Sicherheitsüberprüfungsgesetzes eingeleitet. Ich erinnere daran, dass seinerzeit eine derartige Forderung der Opposition mit den Stimmen der Mehrheit im Bayerischen Landtag zurückgewiesen wurde. Die Gründe, die seinerzeit zur Ablehnung geführt haben, gelten unverändert fort; Kollege Kreuzer hat sie dankenswerterweise vorgetragen.
Nach herrschender Auffassung gibt es wohl keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, eine derartige Kennzeichnungspflicht bei Daten des Verfassungsschutzes oder der Polizei einzuführen. Die insbesondere vom Datenschutzbeauftragten, aber auch von der Opposition zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts betraf die verdachtsunabhängige Fernmeldeüberwachung durch den Bundesnachrichtendienst und kann somit nicht ohne weiteres auf die an einen konkreten Verdacht geknüpfte Überwachung von Wohnungen nach dem Verfassungsschutzgesetz und dem Polizeiaufgabengesetz übertragen werden. Der Bund sieht das im Übrigen offensichtlich genauso; denn weder die aus anderen Gründen unzulängliche Regelung von Lauschmaßnahmen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz im Bundesverfassungsschutzgesetz enthält eine Kennzeichnungspflicht noch die entsprechende Regelung in der StPO.
Unabhängig von diesen Feststellungen habe ich nach einem Gespräch mit dem Datenschutzbeauftragten erklärt, dass ich die Möglichkeit einer solchen Kennzeichnung und die eventuell dadurch eintretenden Erschwernisse beim praktischen Vollzug überprüfen lasse, und zwar unter Beteiligung der anderen Länder. Ich habe das deswegen bei der letzten Innenministerkonferenz zum Kamingespräch angemeldet. Wir haben uns darüber unterhalten. Kein anderer Innenminister hat bestätigt, dass er irgendwelche Probleme kennt. Ich habe dann vorgeschlagen, dass wir den Arbeitskreis 2 der Innenministerkonferenz damit beauftragen, diese Fragen zu klären. Diese Klärung will ich jedenfalls abwarten, ehe ich mich abschließend äußere. Eines ist sicher: Eine verfassungsrechtlich nicht notwendige oder nicht gebotene Kennzeichnungspflicht werden wir nicht vorgeben, wenn sie zu einer wesentlichen Erschwernis der Arbeit der Sicherheitsbehörden führt. Ich bedanke mich bei Kollegen Kreuzer, dass er das sehr klar herausgestellt hat.
Der Gesetzentwurf ist daher nicht nur verfassungsrechtlich unnötig, sondern auch verfrüht. Das gilt auch im Hinblick auf die anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Neuregelung des Artikels 13 des Grundgesetzes. Möglicherweise enthält auch diese Entscheidung Hinweise darauf, wie mit den durch Eingriffe in den Schutzbereich des Artikels 13 gewonnenen Daten umzugehen ist. Diese Entscheidung sollten wir ebenfalls abwarten, bevor wir hier Neuregelungen treffen. Der Gesetzentwurf verfällt ja der Diskontinuität. Lieber Herr Kollege Dr. Hahnzog, ich habe das schon in einem anderen Zusammenhang gesagt: Solche Dinge eignen sich
nicht dazu, sich gesetzgeberische Denkmäler zu schaffen. Es ist in der Tat zweckmäßig, dass die Diskontinuität hier eintritt.
Weil Sie die Frage der präventiven Überwachung insgesamt, und zwar ziemlich polemisch, angesprochen haben, möchte ich feststellen: Ich sehe eine massive Problematik darin, dass es aus meiner Sicht eine Schutzlücke gibt. Da es zur Verfolgung des Strafanspruches zulässig ist, derartige Maßnahmen durchzuführen, müsste es nach meiner Einschätzung erst recht zulässig sein, eine bevorstehende Straftat zu verhindern. Das ist übrigens auch in allen anderen westlichen Ländern so geregelt.
Ich nenne Ihnen zwei Beispiele. Erstens. Ein Bankräuber hat Geiseln genommen. Es ist völlig klar, wer der Bankräuber ist; er ist identifiziert. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass man sämtliche Gespräche, die von dort geführt werden, abhören will. Man kann den Weg des Staatsanwalts Schmidt-Sommerfeld gehen, der sagt, das müsse man dann alles sehr großzügig auslegen. Das ist aus meiner Sicht falsch; ich sage das sehr deutlich. Bei Eingriffen in die zentralsten Grundrechte will ich nicht eine weite Auslegung, sondern eine klare gesetzliche Grundlage. Ich will nicht, dass man bei dem einen Staatsanwalt oder Richter, der das großzügig auslegt, durchkommt, und beim anderen nicht. Der Gesetzgeber muss vielmehr den Mut haben, die Grenzen festzustellen, und darf nicht einfach sagen: Der Staatsanwalt soll das nach seinem Ermessen weit auslegen.
Zweitens. Seit der letzten Woche wissen wir, dass es auch für Deutschland konkrete Planungen von al Qaida für Selbstmordanschläge gegeben hat; das ist aus dem Verfahren des Kronzeugen deutlich geworden. Ich nenne zwei Fälle, die ich dienstlich nicht kennen kann. Herr Kaplan in Köln, der wegen Aufrufs zu Straftaten im islamistischen Bereich verurteilt wurde, hält sich als freier Mensch in Deutschland auf. Es gibt keine Strafverfolgung. Mir ist dabei äußerst unwohl, wenn die Abschiebung eines Fundamentalisten nicht gelingt, der in Gebeten allen Ungläubigen und Christen den Tod gewünscht hat und der in die Vorbereitung von Straftaten verwickelt war und deswegen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt ist. Der zweite Verurteilte aus dieser Organisation wurde ausgewiesen – das war in Augsburg –, während Herr Kaplan immer noch in Deutschland ist. Wenn man solche Leute nicht präventiv überwachen kann, steht es um die Sicherheit bei uns nicht gut.
Gegen ein Mitglied der Organisation al Tahwid, die den Sprengstoffanschlag in Straßburg geplant hat, ist der Haftbefehl wegen der langen Dauer des Verfahrens außer Vollzug gesetzt worden. Wegen der begangenen Straftat darf nicht mehr abgehört werden. Ich halte es aber für völlig eindeutig, dass bei jemandem, der in einer verfassungsfeindlichen islamistischen Organisation Verbrechen geplant hat, gewisse Überwachungsmaßnahmen notwendig sind. Möglicherweise – ich muss mich jetzt sehr abstrakt ausdrücken – wurde in bestimmten
Gesprächen die Lieferung von Äpfeln und Gurken aus Albanien erwähnt. Albanien ist nicht unbedingt als Herkunftsland von landwirtschaftlichen Produkten in Erscheinung getreten, so dass manche Leute die Gurke für eine Pistole und die Äpfel für Handgranaten halten. Selbst bei derartigen Anhaltspunkten – ich nenne noch das Stichwort Pockenviren – kann man Gespräche nicht abhören. Man muss auch für solche epochalen Gefahren die Möglichkeit der Überwachung haben, nicht nur dann, wenn es darum geht, jemandem einen Strafbefehl wegen illegalen Drogenbesitzes zukommen zu lassen. Für die Strafverfolgung wäre es zulässig, und ich meine, wir müssen das für präventive Maßnahmen auch unter engen Bestimmungen einführen.
Ich habe deswegen angekündigt, dass die Staatsregierung – wenn sie die Möglichkeit dazu hat – beabsichtigt, im Herbst das Initiativrecht zu ergreifen, damit auch bei der Suche nach Vermissten der Zugang zu Verbindungsdaten erleichtert wird.
Herr Dr. Hahnzog, Sie haben keine Ahnung von der Praxis.
Es ist für mich nicht akzeptabel, dass man, wenn ein Mensch vermisst wird – zum Beispiel Herr Pfarrer B. aus Dachau, der lange Zeit vermisst war –, Hubschrauber und Hunderte von Polizisten zur Suche einsetzt, aber nicht etwa feststellen darf, ob er irgendwelche HandyGespräche geführt hat, aus denen sich ergeben könnte, welches Ziel er aufgesucht hat. Für die Vermisstensuche ist ein solches Vorgehen notwendig. Ich glaube auch nicht, dass es irgendwelche ernsthaften Streitfälle gibt, weil es in diesem Zusammenhang nur um die Verbindungsdaten geht.
Als nächstes haben wir den Fall, gegen den Störer präventiv vorzugehen. Ich will ein solches Vorgehen nur für den Straftatenkatalog, bei dem auch repressive Maßnahmen zulässig sind. Man hat dann auch nicht die Frage der Abgrenzung von repressiv und präventiv im Zusammenhang mit den selben Straftaten zu klären. Ich füge hinzu: Ich meine, dass man auch die gesamten Berufsgeheimnisträger – es sei denn, der Betreffende ist selber im Vorbereitungsstadium der Straftat verdächtig –, einschließlich der Journalisten berücksichtigt, und zwar deswegen, weil es sich im großen Umfang auch um Straftaten handelt, die der Anzeigenpflicht unterliegen. Wenn der Journalist heute von einem bevorstehenden Selbstmordanschlag Kenntnis bekommt, dann muss er diesen zur Anzeige bringen.
Ich sage Ihnen auch – es mag den einen oder anderen wundern –, dass ich im Hinblick auf bevorstehende Straftaten mit den Journalisten ganz überwiegend hervorragende Erfahrungen gemacht habe. Sie haben dann nicht gesagt, das komme überhaupt nicht in Frage, sondern sie haben die Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit wahrgenommen. Deswegen meine ich, dass man in diesem Punkt auch entsprechend handeln kann.