Edith Sitzmann
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Last Statements
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, dass ich mit einem Satz aus dem Vorwort der Denkschrift anfange. Ich will sie nicht von Anfang bis Ende durchgehen, aber mit einem entscheidenden Satz beginnen.
In Anbetracht der Zeit; sonst würde ich das natürlich gern machen. – Der entscheidende Satz im Vorwort der Denkschrift lautet:
Das Ziel, Haushalte ohne eine Nettoneuverschuldung vorzulegen, ist in weite Ferne gerückt.
Meine Damen und Herren, im Klartext heißt das: Der Rechnungshof sagt das, was wir alle hier im Hause wissen: dass die Landesregierung kein Konzept zum Schuldenstopp und schon gar kein Konzept zum Schuldenabbau hat.
Ich darf Sie noch einmal aus aktuellem Anlass daran erinnern, dass sich der Schuldenstand von 1992 bis 2005 auf 40 Milliarden € verdoppelt hat. Es geht gerade so weiter. Wenn wir jetzt in der Presse lesen, dass der Finanzminister es als großen Erfolg verkauft, dass bei einer geplanten Kreditaufnahme von 2 Milliarden € 300 Millionen € weniger gebraucht werden, dann ist das in Anbetracht der Situation einfach höhnisch.
Das, was Sie auf dem CDU-Parteitag diskutiert haben bzw. das, was der Ministerpräsident vorgeschlagen hat, ist ein ehrgeiziges Ziel: Nettonullverschuldung bis 2011. Es ist auf jeden Fall so, dass wir schon öfter Ziele dieser Art gehört haben: 2006, 2008. Wahrscheinlich haben Sie deshalb auch darauf verzichtet, das tatsächlich in Ihr Wahlprogramm aufzunehmen. Der Ministerpräsident hat auch keinen Plan vorgelegt, wie das Ziel dieser Nettonullverschuldung bis 2011 erreicht werden könnte.
Weil es auch hierzu vom Rechnungshof Anregungen gibt, möchte ich das kurz zitieren. In der Denkschrift heißt es:
Um diesem wichtigen … Ziel
also keine Neuverschuldung mehr –
näher zu kommen, … ist nicht nur ein restriktiver Haushaltsvollzug erforderlich, sondern auch ein Aufgabenabbau, das Durchforsten der zahlreichen Förderprogramme sowie eine konsequente Senkung der Sach- und Personalausgaben.
Wo der Rechnungshof Recht hat, hat er Recht. Allerdings müssen wir auch feststellen: Wenn es dann um einzelne Themenbereiche geht, etwa um das Thema Sparen, dann war der Ministerpräsident meistens schon da gewesen und hat versprochen: „Wir sparen, aber nicht bei euch.“ Wir wissen das aus dem Bereich der Landwirtschaft, wir kennen es bei den Theologischen Fakultäten, bei den Sportverbänden, bei den Kultureinrichtungen.
Deshalb, meine Damen und Herren, bauen Sie nur auf das Prinzip Hoffnung, und diese Hoffnung scheint am Wirtschaftswachstum zu hängen. Das müsste dann eines von 4 % sein. Wie Sie diese Hoffnung begründen, wenn Sie gleichzeitig beschließen, die Mehrwertsteuer um 3 % zu erhöhen, ist völlig schleierhaft. Das wird nämlich genau zum Gegenteil führen.
Aber nun zu einigen konkreten Beispielen des Rechnungshofs, die ich, wie auch meine Vorredner, hier anfügen möchte. Diese Beispiele des Rechnungshofs betreffen nicht nur Detailfragen, sondern zeigen auch langfristige Trends auf, berücksichtigen die demografische Entwicklung, steigende Energiepreise und die Zukunft der Bildung. Da auch Perspektiven aufgezeigt werden, hätten wir uns gewünscht, dass die Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses konkreter und verbindlicher formuliert werden.
Was können wir dennoch aus dieser Denkschrift lernen? Lassen Sie mich am Beispiel Regionalmessen kurz aufzeigen, dass die Leitlinie der Landesregierung, nämlich Qualität vor Quantität, zu über 100 000 Quadratmetern zusätzlicher Ausstellungsfläche geführt hat und dass dies nach den Ausführungen des Rechnungshofs weitgehend nach dem Gießkannenprinzip und – ich zitiere – „vielfach auch auf Druck der Kommunen“ erfolgt ist.
Weiterhin – das richte ich besonders an die Kolleginnen und Kollegen der FDP/DVP-Fraktion –
führt diese Politik dazu, dass angesichts von Überkapazitäten auf dem Messemarkt und, wie wir vielerorts nachlesen können, zurückgehender Ausstellerzahlen diese Messestandorte untereinander einen schweren Stand haben und in einen ruinösen Wettbewerb kommen. Deshalb halten wir die Politik, die hier die FDP/DVP betreibt, für falsch. Wir
lehnen sie ab. Wenn Sie jetzt im Wahlkampf wahrscheinlich plakatieren, dass Sie weniger Staat wollen, zeigt das Beispiel der Messepolitik, dass Sie dann im Alltag
leider das Gegenteil davon tun, denn Sie mischen sich damit gravierend in den Markt ein.
Es werden Landesmittel verschwendet. Es entstehen Folgekosten. Deshalb lernen wir vom Rechnungshof: Raus aus der Messeförderung, Konzentration auf die Kernaufgaben.
Zum aktuellen Thema „Landesmesse und Sinsheim“ lassen Sie mich anfügen, dass wir von der Landesregierung erwarten, dass sie in die Nachfinanzierung dieser Messeverlagerung keinen weiteren Cent steckt, keine Hallen kauft
und auch keine Kompensationszahlungen leistet.
Das erwarten wir auch von einer FDP/DVP, die angeblich für weniger Staat steht.
Lassen Sie mich zum zweiten Thema kommen: Holzhackschnitzel. Es ist klar, die Energiepreise werden zukünftig steigen. Wir werden auch bei den fossilen Energieträgern in Bezug auf die Versorgung mit zunehmenden Risiken zu rechnen haben. Das heißt, es geht darum, eine Strategie „Weg vom Öl und hin zu erneuerbaren Energien“ zu fahren. Da sind ja die Untersuchungen des Rechnungshofs beispielgebend. Es wird aufgezeigt, dass sich bei den Heizkosten Ersparnisse von jeweils einem Drittel ergeben können, wenn man in öffentlichen Gebäuden zu einer Umstellung kommt. Wenn die Ölpreise weiter steigen, werden die Einsparungen nicht nur bei einem Drittel, sondern vielleicht bei 50 und mehr Prozent liegen.
Deshalb ist klar, dass auch in öffentlichen Gebäuden Holzhackschnitzel eingesetzt werden müssen und dass das Land ein Konzept vorlegen muss, wie bei Sanierungen von Gebäuden eine entsprechende Umstellung durchgeführt werden kann.
Drittes Thema: Gemeindefeuerwehren. Wenn festgestellt wird, dass bei örtlichen Feuerwehren die personellen Probleme zunehmen, dass die Einsatzfähigkeit gefährdet ist, macht es Sinn, die Kooperationsstrukturen zu verbessern, etwa gemeinsame Feuerwehrstandorte einzurichten und damit zu einer Bündelung zu kommen.
Das ist ein heißes Thema. Da ist viel Feuer drin.
Ich denke, die Empfehlungen des Rechnungshofs sind auch hier richtungweisend. Wenn wir die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren erhalten wollen, die Geräteausstattung auf einen modernen Stand bringen wollen und die Kostensituation und die Wirtschaftlichkeit verbessern wollen, dann muss es darum gehen, Ausstattung und Standorte zu bündeln. Zu dieser Maßnahme gibt es keine Alternative. Nicht umsonst ist auch der Gemeindetag sehr darauf erpicht und hat darauf in seinen Veröffentlichungen mehrfach hingewiesen.
Zum vierten Beispiel, meine Damen und Herren: Thema Ganztagsschule. Der Kollege Junginger hat schon einige Stichworte genannt. Kritisiert worden sind das Windhundverfahren und die zu hohe Förderquote. Die Zensuren des Rechnungshofs sind eindeutig. Die Mittelvergabe ist weder problemorientiert noch sachgerecht gewesen.
Ein weiterer negativer Aspekt, der sich daraus ergibt, ist, dass das Geld verschleudert wird, wenn sehr viel in die Infrastruktur investiert wird, aber nicht in den Betrieb – sprich: für eine qualitativ gute Schule – investiert wird. Deshalb ist ganz klar, dass man Ganztagsschulen nicht nur mit ehrenamtlichen Kräften betreiben kann, sondern dass es, wenn es um Qualität, um neue Lernformen und pädagogische Konzepte geht, professioneller Unterstützung bedarf.
Gestern hat leider die Verwirrung diesbezüglich zugenommen. Denn auf der einen Seite hieß es vom Ministerpräsidenten, dass bis zum Jahr 2011 keine Lehrerstellen gestrichen würden. Auf der anderen Seite wissen wir aber, dass im Haushalt 8 000 Stellen mit k.w.-Vermerk versehen sind. Vielleicht kann uns der Herr Staatssekretär Auskunft darüber geben, wie sich das Finanzministerium dazu verhält.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss dem Rechnungshof ganz herzlich für seine gute Arbeit, die wir gerne aufgreifen, danken. Wir hätten, wie gesagt, manche der Beschlussempfehlungen gerne verbindlicher und konkreter gehabt, werden aber den vorliegenden Beschlussempfehlungen trotzdem zustimmen.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es gibt zwei Trends, die wir sehr ernst nehmen müssen. Zum einen sinkt bundesweit die Bevölkerungszahl. Damit geht auch die Anzahl der Personen im erwerbsfähigen Alter zurück. Auch wenn die Bevölkerungszahl in Baden-Württemberg zunächst einmal nicht zurückgeht, heißt das aber doch ganz klar, dass der Wettbewerb um gut qualifizierte Fachkräfte schärfer werden wird.
Der zweite Trend ist, dass sich die Altersstruktur in den Belegschaften verändern und dass das Durchschnittsalter der Belegschaften in den Betrieben steigen wird.
Wenn wir nun überall konstatieren müssen, dass die Potenziale älterer Menschen noch nicht ausreichend erkannt werden, dass also die Unternehmen den Erfahrungsschatz, die Verantwortungsbereitschaft und den Überblick, den ältere Menschen haben, in ihrer Personalpolitik noch nicht ausreichend berücksichtigen, dann müssen wir uns fragen: Was ist da zu tun?
Politik muss hierbei mitarbeiten. Sie muss Aufklärung leisten. Der Ministerpräsident hat leider das Gegenteil getan, als er Ende November – die Kollegin Weckenmann hat es schon angesprochen – gesagt hat, ab 40 lasse die Leistungs
fähigkeit nach, gehe es bergab, und deshalb sollten Leute ab diesem Alter weniger arbeiten und auch weniger verdienen.
Diese Klischees über angebliche Leistungsdefizite bei so genannten Älteren weiter zu bedienen, ist fatal. Das führt zum Gegenteil dessen, was wir brauchen, nämlich einer steigenden Bereitschaft, die Leistungspotenziale älterer Menschen anzuerkennen. Wir wissen alle, dass die Leistungspotenziale nicht weniger werden, sondern dass sie sich im Laufe des Lebens einfach verändern. Das muss man auch hier im hohen Haus einmal zur Kenntnis nehmen.
Der Jugendwahn in vielen Unternehmen muss abgebaut werden, hieß es. Das ist natürlich richtig. Wir haben die traurige Tatsache festzustellen, dass in Deutschland die Erwerbsquote der so genannten älteren Menschen – damit sind die 55- bis 64-Jährigen gemeint – weit unter dem OECD-Durchschnitt liegt. Bei uns beträgt sie nur 39 %, und es ist klar, dass es so nicht weitergehen kann.
Wir brauchen ein Umdenken in den Betrieben. Wir brauchen ein Bewusstsein dafür, dass altersgemischte Belegschaften betriebswirtschaftlich durchaus positive Effekte haben. Beispiele dafür gibt es genug. Es geht darum, Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu fördern und im Beruf einzusetzen. Personalentwicklung muss man also so betreiben, dass Menschen weiterqualifiziert werden und Weiterbildung tatsächlich stattfindet.
Damit sind wir beim Thema Landespolitik. Wenn wir im Landtag eine Aktuelle Debatte haben, sollte Landespolitik meines Erachtens im Mittelpunkt stehen. Das bedeutet, es geht um eine aktive Weiterbildungspolitik, die wir in Baden-Württemberg brauchen. Da ist die Landesregierung gefragt – das heißt, eigentlich wäre sie gefragt gewesen. Denn am Ende dieser Legislaturperiode müssen wir feststellen, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, nichts Substanzielles zustande gebracht haben, was die Bezeichnung „Weiterbildungspolitik“ verdiente.
Sie haben keinen Plan. Sie haben kein Konzept. Sie haben da gekürzt, wo es ging. In vielen Bereichen – nehmen wir einmal das Beispiel Kontaktstellen „Frau und Beruf“ – wiederholt sich das immer gleiche Ritual, dass man darum kämpfen muss, dass die Zuschüsse beibehalten werden, weil die Gefahr besteht,
dass sie gekürzt werden. All das schafft keine Perspektiven, die die Beschäftigungssituation im Land tatsächlich verbessern.
Wenn wir jetzt zur Bilanz des Wirtschaftsministeriums und zur Bilanz des Wirtschaftsministers Pfister kommen, darf ich aus der Antwort zu einer Großen Anfrage der Grünen zum Thema „Umsetzung des Aktionsprogramms der Landesregierung ‚Ältere Generation im Mittelpunkt‘“ zitieren. Da erfahren wir, dass vonseiten des Wirtschaftsministeriums zwischen 2000 und 2006 2,2 Millionen € aus Mitteln des ESF-Ziel 3 für die Förderung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgegeben wurden. Laut Bundes
institut für Berufsbildung gibt die Wirtschaft in BadenWürttemberg 2,2 Milliarden € pro Jahr für Weiterbildung und Qualifizierung aus, das Land hat also genau ein Promille dieses Betrags in sechs Jahren ausgegeben. Da muss man sagen, meine Damen und Herren: Zukunftsfähige Politik sieht anders aus. Wie sie aussehen könnte, stelle ich Ihnen in der zweiten Runde vor.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte, die wir gerade mitverfolgen durften, hat eindeutig gezeigt, was ich eingangs gesagt habe: dass die Weiterbildung diese Landesregierung und auch die CDU- und die FDP/DVP-Fraktion überhaupt nicht interessiert.
Es wird zwar konstatiert, dass man Fachkräfte mit der Lupe suchen muss, dass wir uns diese Entwicklung nicht leisten können, dass die Wirtschaft mehr Verantwortung übernehmen muss, aber darüber, was die Landesregierung hier tun soll, sind nur ganz wenige Worte gefallen,
und die waren doch sehr allgemein. Von Taten haben wir überhaupt nichts gehört.
Mit Ihrer Aussage, für die Weiterbildung sei der Staat nicht zuständig, machen Sie es sich wirklich zu einfach, Herr Minister Pfister. Denn im Bereich der Weiterbildung gibt es durchaus Zuständigkeiten und Handlungsmöglichkeiten dieser Landesregierung. Ein erster Vorschlag unsererseits, den wir schon vor längerem gemacht haben, ist, das Kompetenzgerangel, das es bei den unterschiedlichen Zuständigkeiten gibt – nämlich Kultusministerium, Wirtschaftsministerium und Sozialministerium; Letzteres ist ja auch für Arbeit zuständig –, zu beenden und die Zuständigkeit für Weiterbildung in e i n e m Ministerium zu bündeln. Das ist bis heute leider nicht geschehen. Das Resultat sehen wir an der mageren Bilanz, die Sie in diesem Bereich vorzuweisen haben.
Zweiter Punkt: Qualitätssicherung und Transparenz. Auch hier ist nichts passiert, außer dass es jetzt eine Homepage zum Thema Weiterbildung gibt.
Der dritte Punkt – er hat auch in der Enquetekommission eine große Rolle gespielt – ist das Thema Bildungsberatung. Es ist völlig klar, dass es auf dem Bildungssektor mehr Beratungsbedarf gibt: Wie kann ich meine beruflichen Perspektiven weiterentwickeln? Wie muss ich meine Bildungsbiografie gestalten? Entsprechende Initiativen sowie ein Antrag unserer Fraktion, den es dazu gab, sind von Ihnen abgelehnt worden.
Klar ist, dass wir ein Netzwerk „Zweite Chance“ brauchen. Wenn gering qualifizierte Leute ohne Schul- oder Ausbildungsabschluss keine Chancen mehr haben, dann müssen wir Chancen schaffen. Ihr Beschluss, die Mittel für den zweiten Bildungsweg zu kürzen, der zu einer Erhöhung der Teilnehmerbeiträge führt, ist genau das Gegenteil dessen, was wir brauchen. Wir brauchen ein Netzwerk „Zweite Chance“.
Ein weiterer Punkt: Es ist nachgewiesen, dass diejenigen, die ein schlechtes Bildungsfundament haben, die also keinen Schulabschluss haben – immerhin 10 % eines Jahrgangs verlassen die Schule ohne Abschluss –, die Defizite haben, es auf dem Arbeitsmarkt sehr schwer haben. Die Arbeitslosigkeit ist bei dieser Gruppe überdurchschnittlich hoch – nämlich um 20 % –, und es ist sehr schwer, diese Gruppe zu erreichen. Es geht mir nicht darum, dass die Landesregierung jetzt die betriebliche Weiterbildung über
nehmen solle. Vielmehr ist die Landesregierung in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die bislang zu wenig an Bildung partizipiert haben, das nachholen können und Chancen erhalten, im Arbeitsprozess drinzubleiben und ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern. Da ist leider nichts passiert. Das halte ich für ein Armutszeugnis dieser Landesregierung.
Ich komme zum Schluss. Wir müssen also als Fazit lebenslanges Lernen tatsächlich als Zukunftsaufgabe begreifen. Das heißt aber: Man muss etwas tun und darf nicht nur darüber reden. Ich habe Ihnen aufgeführt, welche Punkte das unseres Erachtens sein müssen. Es beginnt mit der frühkindlichen Bildung und reicht bis in das hohe Alter. Die Bilanz der Landesregierung ist hier denkbar schlecht. Es fehlen Impulse, Anregungen und Konzepte. Es wird höchste Zeit, dass hier ein frischer Wind weht und dass neue Ideen kommen.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Enquetekommission, die eineinhalb Jahre lang getagt hat, hatte die Aufgabe, Handlungsleitlinien und konkrete Vorschläge zu unterbreiten, was die Landesregierung, was dieses Parlament tun kann und tun muss, um den demografischen Wandel zu bewältigen, um ihn tatsächlich als Chance zu nutzen.
Dabei war für uns Grüne immer klar, dass sich eine langfristig gedachte Politik nicht nur mit der Alterung der Gesellschaft und den Lebensbedingungen der älteren Generation beschäftigen muss, sondern dass es auch um eine Politik für mehr Chancen junger Menschen geht und dass wir diesen Punkt sehr ernst nehmen müssen.
Wer eine Politik will, die die nachfolgenden Generationen im Blick hat, der muss konkret werden, der muss sagen, wie das zu tun ist. Da, lieber Herr Kollege Reichardt, sind wir dann doch nicht so glücklich mit dem Ergebnis der Kommission. Wir sind hinter den Möglichkeiten, die wir – auch in der Kürze der Zeit – hatten, leider zurückgeblieben.
Wir hätten sehr viel konkreter sagen können und müssen, welche Maßnahmen auf Landesebene wichtig und richtig sind und unmittelbar angegangen werden müssen. Das ist in der Sache sehr bedauerlich. Das ist aber auch parlamentarisch sehr bedauerlich. Es ist – bei aller Anerkennung der Regierungsarbeit, die Sie natürlich loben müssen – eben nicht so, dass im Land schon alles getan wird, was getan werden muss. Vielmehr brauchen wir eine Vielzahl von konkreten Maßnahmen, die in den Handlungsempfehlungen im Minderheitenvotum der Grünen-Fraktion enthalten sind.
Es ist gesagt worden, es gehe nicht an, leere Versprechungen zu machen und zu sagen, was man sich alles wünsche, ohne diese dann verwirklichen zu können. Es ist bei vielen konkreten Vorschlägen von uns aber nicht so, dass diese am Geld scheitern würden. Ich möchte drei Beispiele herausgreifen, wo es wirklich nicht um Geld geht.
Das eine ist: Ich habe gesagt, es geht bei der Enquetekommission auch um die Chancen junger Menschen in Bezug auf ihre Beteiligungsmöglichkeiten auf politischer Ebene. Hier wäre es ein positives Signal gewesen, das Wahlalter von 16 Jahren als Mehrheitsbeschluss in den Handlungsempfehlungen der Enquetekommission zu verankern.
Herr Dr. Döring, ich denke, wir haben das intensiv diskutiert. Hier wäre eine klare Entscheidung und Ansage möglich gewesen.
Zweiter Punkt: eine gesteuerte Zuwanderung nach dem Punktesystem. Auch hier ist völlig klar – der Fachkräftemangel ist schon angesprochen worden –, dass wir in Baden-Württemberg dringend qualifizierte Fachkräfte brauchen. Auch hierzu ist leider keine konkrete Stellungnahme, keine konkrete Empfehlung möglich gewesen.
Dritter Punkt: verbindliche Richtwerte für den Flächenverbrauch im Landesplanungsgesetz. Bei einer Anhörung hat
dies explizit der von der CDU eingeladene Experte vorgeschlagen, um der weiteren Zersiedelung Einhalt zu gebieten und dafür zu sorgen, dass wohnortnahe Versorgung auch in einem Flächenland wie Baden-Württemberg möglich ist. Auch die Verwirklichung dieses Handlungsvorschlags hätte keinen Cent gekostet, der Vorschlag ist aber leider nur im Minderheitenvotum und nicht im Mehrheitsvotum zu finden.
Für uns Grüne war und ist ganz klar, dass auf Landesebene die Bildungspolitik das entscheidende Politikfeld ist, um die Herausforderungen des demografischen Wandels positiv zu gestalten. Bildungspolitik gilt im Sinne von lebenslangem Lernen für alle Altersstufen. Das beginnt mit der Betreuung und der frühkindlichen Bildung von Kindern. Baden-Württemberg hinkt hier im bundesweiten, aber auch im europäischen Vergleich hinterher. Wir haben immer noch große Defizite bei der Vereinbarkeit von Kind und Karriere, bei der Frage: Wie lässt sich ein Kinderwunsch realisieren und mit den Karrierewünschen auch hoch qualifizierter Frauen vereinbaren? Frauen brauchen mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt, nicht nur in einem Teilzeitjob an der Kasse, sondern auch dort, wo sie ihre Qualifikationen einbringen können. Deshalb ist auch in diesem Punkt die bessere Vereinbarkeit wichtig.
Was die Chancen der jungen Generation für die Zukunft betrifft, so geht es darum, dass Begabungen schon früher, von klein an individuell gefördert werden. Denn noch immer ist es so, dass 20 % der Jugendlichen nur das unterste Kompetenzniveau erreichen. Das ist ein Skandal, meine Damen und Herren. Es geht nicht an, dass wir einerseits sagen, dass Eltern bzw. Paare sich wieder häufiger für Kinder entscheiden sollen, dass wir andererseits aber für Kinder und Jugendliche – die bereits geboren sind – keine ausreichenden Startchancen zur Verfügung stellen. Hier wäre ein klareres Votum unbedingt nötig gewesen.
Der demografische und auch der technologische Wandel machen eine echte Politik des lebenslangen Lernens notwendig. Hier müssen alle Seiten – Arbeitgeber, Arbeitnehmer, aber auch die öffentliche Hand – ihren Beitrag leisten. Sie wissen, dass gerade auch in Baden-Württemberg als Industriestandort, als Bundesland, in dem es sehr viele anund ungelernte Beschäftigte gibt, der Problemdruck besonders groß ist. Es geht also darum, gerade diese Gruppe, die mit zunehmendem Alter noch verstärkt von Arbeitslosigkeit bedroht ist, in die Wissensgesellschaft mitzunehmen; denn sonst werden wir auf der einen Seite einen weiter zunehmenden Fachkräftemangel und auf der anderen Seite zunehmende Langzeitarbeitslosigkeit haben. Das darf nicht sein. Hier bedarf es konkreter Maßnahmen, wie wir sie auch vorgestellt und in die Handlungsempfehlungen eingebracht haben.
Des Weiteren brauchen wir eine Kultur der Altersarbeit. Es geht um alternsgerechte Beschäftigung – in der Enquetekommission war uns dieses „n“ immer wichtig. Alternsgerecht ist eine Beschäftigung, die dem jeweiligen Alter angemessen ist und die jeweiligen Leistungspotenziale berücksichtigt. Wir haben in den Anhörungen mehrfach gehört,
dass sich die Leistungspotenziale im Laufe eines Lebens verändern und dass Beschäftigung, Erwerbstätigkeit und Qualifizierung entsprechend gestaltet werden müssen. Hierbei muss das Land Aufklärungsarbeit leisten, muss bei Arbeitgebern für die Beschäftigung älterer Menschen werben und muss ältere Beschäftigte motivieren, sich weiterzuentwickeln.
Debatten, wie wir sie hatten, in denen geäußert wurde, dass es ab 40 Jahren mit der Leistungsfähigkeit bergab gehe, sind in diesem Zusammenhang leider alles andere als dienlich.
Letzter Punkt: demografischer Wandel und überschuldete öffentliche Haushalte. Wenn wir an unserem Kurs nichts ändern, bürden wir den nachfolgenden Generationen immer höhere Schuldenberge auf. Und nicht nur das: Wir lassen ihnen immer weniger Spielraum, um auch in Zukunft politisch zu gestalten. So bleibt zu wenig finanzieller Spielraum für Bildung und Soziales.
Deshalb ist es entscheidend, zu klaren Vorschlägen zu kommen. Wir haben diese Vorschläge gemacht. Leider sind sie im Minderheitenvotum zu finden und nicht im Mehrheitsvotum. Gerade wenn man den demografischen Wandel genau betrachtet, wird deutlich, dass er dann zu einer Zeitbombe wird, wenn wir an der finanziellen Grundlage nichts verbessern. Nur wenn man eine Verbesserung der Finanzsituation erreicht, kann dieser Wandel wirklich eine Chance sein.
Diese Chance kann allerdings nur unter der Voraussetzung einer fairen Partnerschaft mit den Kommunen genutzt werden. Uns ist wichtig, noch einmal zu betonen, dass die kommunale Ebene diejenige ist, die vor Ort gestaltet, die vor Ort Angebote macht, die Infrastruktur zur Verfügung stellt und die das bürgerschaftliche Engagement fördert und fordert. Deshalb plädieren wir hier zum wiederholten Male für das Konnexitätsprinzip und für ein Konsultationsverfahren nach bayerischem und österreichischem Modell.
An all diesen Punkten sehen Sie, dass diese Enquetekommission wirklich nur ein Startschuss gewesen ist und dass beileibe nicht alles abgearbeitet worden ist, was auf Landesebene nötig wäre. Deshalb versprechen wir von grüner Seite, dass wir uns auch in der nächsten Legislaturperiode weiterhin mit dem demografischen Wandel auseinander setzen und unsere Vorschläge für ein zukunftsfähiges BadenWürttemberg einbringen werden.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten den letzten Haushalt vor der Landtagswahl, und wir als Grünen-Fraktion haben ein zukunftsorientiertes, schlüssiges und seriös gegenfinanziertes Konzept zu diesem Haushalt vorgelegt. Sie haben einen Teil der Anträge vor sich liegen. Wir investieren zum einen mit unserem Konzept in die Zukunft von Baden-Württemberg. Wir investieren in kluge und kreative Köpfe und in den chancengleichen Zugang zum Bildungssystem. Wir setzen auf eine aktive Bürgergesellschaft. Wir halten im Kulturbereich Versprechungen, die der Ministerpräsident gemacht hat, aber nicht einlöst.
Wir setzen mit unserer Strategie „Weg vom Öl“ auf eine intakte Umwelt, und wir schaffen damit mehr Arbeitsplätze in diesem Land.
Aber wir bringen hier nicht nur Haushaltsanträge ein, bei denen wir mehr Finanzmittel brauchen, sondern alle Anträge sind gegenfinanziert, und wir kommen noch zu einer Einsparung von 7 Millionen €. Wir stellen uns der wichtigen Aufgabe der Aufgabenkritik. Wir machen Vorschläge, wo Schwerpunkte gesetzt werden sollen und wo eingespart werden soll.
Mit unserem Entschließungsantrag „Fahrplan 2015“, Drucksache 13/4873-21, zeigen wir die längerfristigen konkreten Handlungsbedarfe in diesem Land auf. Wir nehmen das Ziel einer nachhaltigen Finanzpolitik ernst. Wenn Sie, Herr Kollege Herrmann, von einem nachhaltigen Haushalt sprechen, dann sieht man, dass das Thema Nachhaltigkeit bei der CDU
wirklich noch nicht verstanden worden ist.
Wir setzen uns für Generationengerechtigkeit ein, wir schlagen Instrumente wie die Schuldenbremse vor, und wir machen Vorschläge zur strukturellen Haushaltsentlastung wie die Streichung der 13. Monatspension im gehobenen und höheren Dienst.
Wir erwarten, dass sich diese Landesregierung und die Regierungsfraktionen ernsthaft mit diesen Vorschlägen auseinander setzen und Sie, Herr Finanzminister Stratthaus, Stellung zu den Vorschlägen beziehen, zum Beispiel zu unserem Vorschlag, die 13. Monatspension zu streichen, und uns sagen, wie Sie mit den Pensionsverpflichtungen im Land zukünftig umgehen wollen.
Das Postulat, dass es eines Tages anders wird, dass es dann besser wird, wenn wir mehr Wirtschaftswachstum haben, oder dass es schon in der Generation des Ministerpräsidenten zu einer Besserung, zu einer Konsolidierung im Landeshaushalt kommt, ist uns zu vage und reicht nicht aus.
Lassen Sie mich die einzelnen Schwerpunkte aufzeigen.
Schwerpunkt Bildung: Demografischer Wandel bedeutet: Wir können auf kein einziges Kind und keinen einzigen Jugendlichen verzichten. Deshalb schlagen wir vor, die Mittel aus dem Projekt „Schulreifes Kind“ für den Orientierungsplan vorzusehen; denn wir wollen nicht, dass die Selektion, die im Schulsystem nachweislich stattfindet, in den Kindergarten vorverlegt wird.
Wir sorgen für einen raschen flächendeckenden Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren. Wir investieren in pädagogisches Personal für die Ganztagsschulen. Das ist
nach wie vor bei den Vorschlägen der Landesregierung und der Regierungsfraktionen nicht der Fall. Wenn Sie Ganztagsschulen als wichtig ansehen, dann kann man sie nicht auf der Grundlage von Ehrenamt ausgestalten, sondern dann muss es mehr pädagogisches Personal für bessere Schulen geben.
Schließlich steigen wir heute in das Bruttokostenmodell für die freien Schulen ein. Wir schließen uns der Verzögerungstaktik nicht an; schon heute stellt sich die Aufgabe, diesen Schulen mit dem Bruttokostenmodell eine neue Grundlage zu geben.
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren rasant ansteigen. Wir wissen das alle. Deshalb ist unsere Gesellschaft darauf angewiesen, dass alle, auch Familienangehörige, aktiv bei der Pflege mithelfen. Hier zu streichen, wie es die Landesregierung tut, ist kontraproduktiv und wird von uns entschieden abgelehnt. Das gilt auch für das Aushungern der Stabsstelle für bürgerschaftliches Engagement. Nur von der Bedeutung der aktiven Bürgergesellschaft zu reden, aber dann anders zu handeln, passt nicht zusammen, meine Damen und Herren.
Zweite Zukunftsinvestition: Weg vom Öl. Jede Preissteigerung beim Rohöl um einen Dollar je Barrel kostet die deutsche Volkswirtschaft 1 Milliarde €. Deshalb brauchen wir auch in Baden-Württemberg dringend eine Strategie, die uns vom Öl unabhängiger macht und die auf energetische Sanierung, Energieeinsparung sowie eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien setzt. Das ist die Wachstumsbranche der nächsten Jahrzehnte, meine Damen und Herren – nicht die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. Letzteres ist ein Arbeitsplatzverhinderungsprogramm. Die Investition in erneuerbare Energien ist das, worum es in Zukunft geht.
Hier müssen Sie nachlegen, wenn Sie die Ziele, die Sie in Ihrem Umweltplan festgeschrieben haben, tatsächlich auch erreichen wollen. Sie können heute durch Ihre Zustimmung zu unseren Anträgen zeigen, ob es Ihnen mit Ihren Zielen tatsächlich ernst ist.
Zur Aufgabenkritik, meine Damen und Herren: Ja, wir treten dafür ein, die Förderung der Regionalmessen zu streichen. Wir tun dies mit den Begründungen, die der Landesrechnungshof für seine Kritik an der Förderung in seiner aktuellen Denkschrift angeführt hat. Darin heißt es: „Die Förderung … hat … zu einem verschärften Wettbewerb beigetragen.“
Das Gleiche gilt für die Regionalflughäfen. Auch hier gibt es mittlerweile Untersuchungen, wonach ein Ausbau der Regionalflughäfen zu Fehlallokationen von Ressourcen führt.
Schließlich: Was den Straßenbau angeht, Herr Kollege Herrmann, da wird auf „Teufel komm raus“ oder auf „Oettinger komm raus“ geplant, geplant und geplant.
Vom Bund werden ständig mehr Mittel gefordert. Zukunftsinvestitionen sind das allemal nicht.
Das ist ein Spiel ohne Gewinnchancen. Da machen wir nicht mit, meine Damen und Herren.
Jetzt stellt sich die entscheidende Frage: Wie soll es in Baden-Württemberg langfristig weitergehen? Der Horizont, den wir im vorliegenden Nachtrag finden, reicht bis zum 26. März 2006.
Alles für die Zeit danach sind Luftbuchungen, fromme Wünsche und ist Gesundbeten. Bei der mittelfristigen Finanzplanung sehen wir, dass die strukturellen Defizite bei einem Stand von 3 Milliarden € bleiben.
Der Kollege Herrmann hat gerade ausgeführt: Die Kreditaufnahme sinkt, aber in der gleichen Weise steigen auch die Deckungslücken. Sie, Herr Kollege Herrmann, sagen, wir brauchten eine realistische Schätzung des Wirtschaftswachstums und der Steuereinnahmen. Dann aber werden die Deckungslücken noch größer sein, als sie in der mittelfristigen Finanzplanung dargestellt sind.
Der vorgelegte Haushalt stellt keinen nachhaltigen Haushalt, keine Planung für die Zukunft dar. In ihm spiegelt sich vielmehr kurzfristiges Denken wider.
So sehen wir das auch beim Thema „Verfassungsmäßiger Haushalt“. Es ist auch Ihr Ziel, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, einen verfassungsmäßigen Haushalt aufzustellen.
Das klappt nur, indem neue Schattenhaushalte aufgemacht werden. Jetzt werden 300 Millionen € in eine – –
Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, können Sie vielleicht noch meinen Schlussausführungen zuhören.
300 Millionen € werden in eine Immobiliengesellschaft ausgelagert; ein neuer Schattenhaushalt wird aufgemacht. Das hat mit nachhaltiger Finanzpolitik nichts zu tun, meine Damen und Herren.
Außerdem häuft sich bei der Landesregierung die Zahl der Versprechen, die gebrochen worden sind. Ich habe die Kürzungen im Kunstetat und die Kürzungen bei der aktiven Bürgergesellschaft, beim bürgerschaftlichen Engagement angesprochen.
Es gibt einen dritten Punkt, den ich anführen möchte: die Radwegebeschilderung. Der Kollege Mappus hat sie als Staatssekretär versprochen. Er hat dieses Versprechen aber nicht umgesetzt, weder als Minister noch als Fraktionsvorsitzender.
Diese Beispiele zeigen: Das, was Sie machen, ist der falsche Weg und führt nicht zu mehr Glaubwürdigkeit in der Politik, sondern zu weniger. Deshalb: Halten Sie die Versprechungen, die Sie machen!
Wir haben in unserem Entschließungsantrag, „Fahrplan 2015“ dargelegt, welche konkreten Handlungsbedarfe wir für die nächsten zehn Jahre sehen. Wir haben von Ihnen bis heute keine Antwort erhalten, wann Sie die Nullverschuldung erreichen wollen. Wir wissen nicht, wie Sie die von Ihnen versprochene faire Partnerschaft mit den Kommunen umsetzen wollen, wenn Sie sich weiter gegen das Konsultationsverfahren wehren. Wir wissen ferner nicht – und auch die Bürgerinnen und Bürger im Land wissen es nicht –, wie diese Landesregierung zukünftig mit den Pensionsverpflichtungen umgehen will und welche Vorschläge sie hat, um die strukturellen Defizite auszugleichen.
Es gibt also Fragen über Fragen, meine Damen und Herren, die alle nicht beantwortet sind. Aber noch ist es nicht zu spät. Noch können Sie unserem Entschließungsantrag zustimmen und damit für einen Politikwechsel in BadenWürttemberg und für einen Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik stimmen.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kollege Hofer hat gerade gesagt, der Ministerpräsident habe in seiner Regierungserklärung PublicPrivate-Partnership-Modelle zur Chefsache erklärt. Ende September hat das Kabinett dann auch endlich beschlossen, Hindernisse für diese öffentlich-privaten Partnerschaften im Land abzubauen. Das hätten wir schon früher haben können, mussten wir doch in der „Stuttgarter Zeitung“ Ende Juli lesen: „Minister bremsen ihren Chef“. Im Kabinett sollte nämlich schon einmal verhandelt werden, wie man Hemmnisse abbauen und Rahmenbedingungen verbessern kann. Doch damals hieß es – ich zitiere aus der „Stuttgarter Zeitung“ –:
Vor allem die Minister Annette Schavan und Tanja Gönner machten nach Teilnehmerberichten Front gegen das neue Finanzierungsinstrument. Folge des Widerstands: Oettinger zog die Vorlage seines Hauses zurück.
Das hat zu Verzögerungen von zwei Monaten geführt. Aber nachdem Frau Schavan jetzt nach Berlin gegangen ist, war der Weg für PPP hier im Land frei.
Wir haben schon im vergangenen Oktober eine Anhörung zu PPP gemacht und sind zu dem Ergebnis gekommen – wie es auch manche Vorredner angesprochen haben –, dass das keine eierlegende Wollmilchsau und auch kein Allheilmittel gegen alle Haushaltsprobleme ist. Mit PPP bekommen die öffentlichen Auftraggeber auch nichts geschenkt. Aber es ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, den öffentlichen Sanierungsstau abzubauen.
Sie wissen: Bundesweit wird der Investitionsstau innerhalb dieses Jahrzehnts bei Städten und Gemeinden auf 680 Milliarden € geschätzt – eine gewaltige Summe! Auch wenn wir an einzelne Bereiche im Land denken, wissen wir, dass zum Beispiel allein bei den Universitäten der Sanierungsstau 2,4 Milliarden € beträgt.
Insofern ist es natürlich außerordentlich wichtig, dass wir uns Instrumente überlegen, um öffentliches Vermögen zu erhalten. Es ist klar: Je länger dieser Verfall weitergeht, je länger Sanierungen hinausgezögert werden, umso teurer wird es letztendlich, diese Sanierungen vorzunehmen. Hier kann ein wirtschaftlicherer Umgang mit öffentlichem Vermögen erreicht werden. Man kommt von kurzfristigem Denken weg. Es ist ein Bestandteil der notwendigen Verwaltungsmodernisierung – Stichwort Kernaufgaben, die die einzelnen Ebenen zu erfüllen haben. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, bessere Leistungen zu tieferen Kosten mit dieser privatwirtschaftlichen Beteiligung zu erhalten.
Für uns Grüne ist ganz wichtig, dass PPP auch eine ökologische Dimension hat. Wenn wir energetische Sanierungen oder Wärmeschutzmaßnahmen durchführen, können wir den Energieverbrauch reduzieren und die Umweltbelastung
nachhaltig senken. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, wenn es um das Thema „Zukunft belasten – Zukunft entlasten“ geht, wie es der Kollege gerade angesprochen hat.
Die Landesregierung hat zwei wesentliche Voraussetzungen für PPP formuliert: Wirtschaftlichkeit muss durch externe Beratungsunternehmen nachgewiesen sein, und Land und Kommunen müssen die langfristigen Zahlungsverpflichtungen erfüllen können. Das ist richtig.
Aus grüner Sicht möchten wir noch eine Bedingung hinzufügen, nämlich die Bedingung, dass Ehrlichkeit und Transparenz gegeben sein müssen. Aus den Beiträgen ist schon klar geworden, dass PPP eine hochkomplexe Materie ist. Es geht darum, dass Chancen und Risiken untersucht werden, dass sie klar benannt und dann eben auch abgewogen werden. Ehrlichkeit und Transparenz sind ganz wichtig.
Wir möchten darauf hinweisen, dass im Einzelfall Entscheidungen getroffen werden sollen, die diese Bedingungen erfüllen.
Jetzt gibt es unterschiedliche Beispiele für PPP der zweiten Generation. Da kann man positive Beispiele aufzählen, zum Beispiel die Sanierung des asbestverseuchten Behördenzentrums in Heidelberg. Das scheint eine richtige Maßnahme zu sein. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass wir Träumereien von einem neuen Regierungsviertel oder vielen neuen Straßen, die wir über PPP finanzieren, eine ganz klare Absage erteilen.
Gestern haben wir ein nettes Faltblatt des Wirtschaftsministeriums auf den Tisch bekommen: „Public Private Partnership in Baden-Württemberg – Ein Leitfaden für Kommunen“. Ich habe mir das angeguckt. Herr Kollege Hofer hat eingangs auch gesagt: Der Knackpunkt bei kommunalen Projekten ist die Genehmigung durch die Kommunalaufsicht. Da lesen wir jetzt die wichtigen Sätze:
Ein PPP-Vertrag bedarf der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. Bei den seitherigen PPP-Projekten wurde die Kommunalaufsicht frühzeitig eingebunden.
Das ist ein bisschen mager. Das hilft den Kommunen nicht wirklich weiter. Hier würden wir doch gerne noch etwas zum Thema Kommunalaufsicht hören. Freiburg ist auch schon angesprochen worden.
Nein, es geht nicht um eine Lex Freiburg, sondern es geht darum, wie die Kommunalaufsicht solche Fälle bewertet, ob sie tatsächlich den Einzelfall betrachtet – die Wirtschaftlichkeits- und die Haushaltssituation –, oder ob hier reflexhaft abgeblockt wird. Das können wir nicht akzeptieren. Für Land und Kommunen gilt der gleiche Maßstab. Hierzu bitte ich um eine Auskunft durch den Minister.
Danke.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen, die hier besprochen worden sind. Herr Minister, Sie haben gesagt, es ginge nicht darum, Persilscheine auszustellen, sondern darum, den Einzelfall zu prüfen. Sie haben auch einige Maßstäbe genannt, z. B. dass die Kosten in 10 oder 15 Jahren auch bezahlt werden können.
Mit diesen Maßstäben bin ich sehr einverstanden. Allerdings würde ich mir doch wünschen, dass sich das Land dann auch an diese Maßstäbe hält. Wenn wir heute Nachmittag über Zukunftsfähigkeit im Landeshaushalt sprechen, dann werden wir leider feststellen müssen, dass dies eben für die Landespolitik nicht gilt. Insofern gibt es Bedarf, nachzuarbeiten.
Ich möchte auch noch einmal an das Finanzierungsinstrument Cross-Border-Leasing erinnern. Da geht es darum, dass die Einrichtungen nach 20 oder 25 Jahren zu horrenden Summen zurückgekauft werden müssen. Das ist hier jahrelang zum einen gebilligt und zum anderen auch selbst praktiziert worden. Da gibt es doch noch gewaltige Unterschiede zu Public Private Partnership, wo ich zum Ende der Laufzeit eben nicht zurückkaufen muss, sondern über die Jahre hinweg die entsprechenden Raten zahlen muss. Selbstverständlich müssen die auch finanziert werden können.
Ich finde, dass es auch einen wesentlichen Unterschied ausmacht, um welche Aufgaben es sich handelt. Ich möchte nicht, dass wir hier Straßen, Spaßbäder und Schulsanierung in einen Topf werfen, weil es bei den Pflichtaufgaben der Kommunen einen wesentlichen Unterschied ausmacht, ob ich Schulen erhalten kann, ob ich dafür sorgen kann, dass es nicht durch die Decken hereinregnet und diverse Räume gar nicht mehr benutzbar sind, oder ob ich mir überlege, ob ich ein neues Spaßbad bauen will. Insofern ist es ein entscheidender Punkt, wenn es um das Thema Zukunftsentlastung geht, um welches Projekt es sich tatsächlich handelt.
Ein weiterer Punkt ist das Thema Vermögensverfall. Ich habe es eingangs gesagt, aber ich möchte es erneut betonen:
Mit jedem Jahr, in dem nicht saniert wird, wird der Verfall bei den Pflichtbeständen, die das Land oder die Kommune hat, größer, und die Sanierungen werden teurer. Wenn es um Zukunftsbelastung und -entlastung geht, muss man auch einberechnen,
dass das Ganze in fünf oder in zehn Jahren eben das Doppelte kostet oder es vielleicht gar nicht mehr sanierungsfähig ist. Hier muss ganz genau darauf geachtet werden, wie es sich im Einzelfall verhält.
Ein letzter Punkt: Von den Kolleginnen und Kollegen der FDP/DVP war gerade von einer Lex Freiburg die Rede. Wir haben hier im Landtag schon über so manche Lex FDP/ DVP abgestimmt, möchte ich an dieser Stelle einmal sagen.
Ja, ja. Es geht überhaupt nicht um eine Lex Freiburg, Herr Kollege Noll.
Vielmehr geht es darum, dass Land und Kommunen gleich behandelt werden. Es geht darum, dass die Aufsichtsbehörden des Landes keine Parteipolitik machen. Wenn Regierungspräsidenten an bürgerliche Teile des Gemeinderats Listen mit Argumenten gegen PPP verschicken, hat das, finde ich, nichts mit Kommunalaufsicht zu tun, sondern dann ist das Parteipolitik.
Das kritisieren wir an dieser Stelle ganz scharf.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Nachtrag, der uns jetzt vorgelegt worden ist, ist kein routinemäßiger Nachtrag mit der einen oder anderen kleinen Korrektur, sondern der erste Haushalt in der Amtszeit des Ministerpräsidenten Oettinger und der letzte Haushalt vor der Landtagswahl. In Anbetracht dessen haben die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf, zu wissen, wie es denn in diesem Land weitergeht. Sie erwarten Signale, und sie erwarten klare Antworten, ob wir alle in wenigen Jahren unter den Lasten der Verschuldung im Land ersticken werden oder ob noch Geld da sein wird für Bildung, Betreuung, Forschung und Kultur.
Danke schön. – Frau Kollegin Berroth, leider gibt die Landesregierung, die ja auch von der FDP/DVP-Fraktion getragen wird,
mit diesem Nachtrag keine Antwort darauf, obwohl man nicht sagen kann, dass Herr Stratthaus die Zeichen der Zeit nicht erkannt hätte. Sie sagen zum Beispiel:
Die Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen verpflichtet uns, unseren Kindern eine schuldenfreie Zukunft zu hinterlassen.
So ähnlich haben Sie es heute wieder gesagt.
Das ist sehr richtig, aber das Problem ist, Herr Minister: Sie predigen nur. Ihr Ziel war ein schuldenfreier Haushalt: Erst hieß es 2006, dann 2008, und jetzt gibt es gar kein verbindliches Datum mehr, wie wir heute wieder gehört haben.
An die mittelfristige Finanzplanung, Frau Kollegin Berroth, trauen wir uns nicht so recht, sagt der Finanzminister.
Der Ministerpräsident sagt: Nettoneuverschuldung noch in meiner Generation.
Das ist eine Wolkenkuckucksheimpolitik, meine Damen und Herren,
und so kann es hier im Land nicht weitergehen.
Sie versuchen jetzt, diesen Nachtrag, der keine Antworten gibt, als Erfolg zu verkaufen. Das wundert mich doch sehr. Das grenzt an Realitätsverweigerung. Wir haben ihn uns genau angesehen. Sie, Herr Finanzminister, gefallen sich als Bußprediger, aber der Ministerpräsident reist durch das Land und verspricht allerorten Kürzungsverschonung.
Ja, wir stehen vor der Landtagswahl, und da verfährt der Ministerpräsident eben nach dem Motto „Allen wohl und keinem weh“ und hofft auf die Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung. Das ist die Situation hier im Land, meine Damen und Herren: Der Finanzminister predigt, der Ministerpräsident sündigt,
und Baden-Württemberg steuert mit Riesenschritten von einem Schuldenrekord zum nächsten. So kann es wahrlich nicht weitergehen.
Wir Grünen haben schon einige Vorschläge eingebracht, Herr Kollege Blenke. Zum Beispiel haben wir vorgeschlagen – auch das Thema Pensionslasten ist angesprochen worden –, die 13. Monatspension für den gehobenen und den höheren Dienst zu streichen.
Dieser Vorschlag ist uns nicht leicht gefallen. Das würden wir den Betroffenen auch gern ersparen,
aber wenn die Kassen mehr als klamm sind und das jährlich 100 Millionen € Einsparungen bringt, dann ist das, denke ich, ein richtiger Vorschlag. Sie haben ihn allerdings nicht diskutiert, sondern im Finanzausschuss einfach niedergestimmt und haben gesagt: Bald ist Landtagswahl; das können wir jetzt nicht machen. Wir warten also ab bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.
Wir haben jetzt von Ihnen, Herr Minister, Ausführungen über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe Finanzen in der großen Koalition gehört. Wir wissen, dass Sie eine Mehrwertsteuererhöhung planen, welche zu zwei Dritteln zur Sanierung der Haushalte verwendet wird, und dass die Bürgerinnen und Bürger im Land sowie die Wirtschaft weiter belastet werden. Darüber bin ich doch erstaunt, weil Ministerpräsident Oettinger noch im Juni gesagt hat:
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass man die Mehrwertsteuer um ein bis zwei Punkte erhöht, wenn dann auch die Lohnnebenkosten abgesenkt werden.
Unter dem Strich dürften die Bürger nicht weiter belastet werden.
Na ja, das ist ja schon fast ein halbes Jahr her. Das Verfallsdatum dieser Aussagen scheint kurz sein.
Zurück zu unseren strukturellen Vorschlägen für den Landeshaushalt. Wir haben nicht nur die Streichung der 13. Monatspension gefordert. Wir haben außerdem vorgeschlagen, in die Landesverfassung eine Schuldenbremse nach Schweizer Vorbild einzubauen. Wir haben vorgeschlagen, dass es einen verbindlichen Plan geben muss. Wer Schulden macht, muss auch sagen, wie und mit welchen konkreten Maßnahmen er sie wieder zurückzahlen kann. Auch das haben Sie abgelehnt, Herr Minister Stratthaus. Heute predigen Sie weiter über Verantwortung und Konsolidierung, aber wenn es um konkrete Maßnahmen geht, sagen Sie: Um Gottes willen, das geht nicht.
Wir wollen Ihnen deshalb noch einmal vier Punkte vorschlagen:
Der erste: Das Prinzip Hoffnung ist am Ende. Wenn wir mitgeschrieben hätten, wie oft gerade in den Reden des Kollegen Herrmann und des Ministers Stratthaus das Wort „Hoffnung“ vorgekommen ist, dann würde das ja gar nicht mehr auf ein Blatt Papier passen.
Sie müssten eigentlich wissen, dass die Zeit des Prinzips Hoffnung vorbei ist.
Sie haben jetzt 50 Jahre lang hier in Baden-Württemberg gehofft. Das Resultat ist eine Verdoppelung des Schuldenstands im Landeshaushalt
von 40 Milliarden DM auf über 40 Milliarden € in der Amtszeit von Ministerpräsident Teufel, Herr Kollege Scheffold. Unter der Regierung von Ministerpräsident Oettinger geht das gerade so weiter. Das Resultat: Der Landeshaushalt schlingert am Rande der Verfassungsmäßigkeit.
Er ist nach formaljuristischen Kriterien gerade noch verfassungsgemäß.
Ich weiß gar nicht, wie Sie dazu kommen, ihn so groß zu loben. Wahrscheinlich müssen Sie sich hier selber Mut zusprechen, denn mit diesem Nachtrag wird die Zukunft nicht gestaltet, sondern sie wird verscherbelt, meine Damen und Herren.
Ich würde gerne einmal einiges vorrechnen mit Steuerminder- und -mehreinnahmen. Da geht einiges durcheinander. Aufgrund der Zeit nur so viel: Wir haben natürlich kein Plus, sondern wir haben nur ein bisschen weniger Minus. Von einem Schuldenabbau kann keine Rede sein.
Wir nehmen immer noch 2 Milliarden € neue Schulden auf. Insofern möchte ich das hier noch einmal klarstellen, Herr Kollege Herrmann: Ein bisschen weniger Minus und kein Plus.
Gestern ist die Wachstumsprognose des Sachverständigenrats gekommen. Daraus wird klar, dass der Hoffnung auf weiteres Wachstum – auch diese ist ja hier bei der CDU noch weit verbreitet – jede reale Basis fehlt.
Sollten die Beschlüsse der großen Koalition so aussehen, wie wir es gerade in der Zeitung lesen – mit Mehrwertsteueranhebung und „Reichensteuer“, die auch viele Betriebe im Mittelstand belastet –, dann wird es mit dem Wachstum auch in Zukunft sicherlich nichts werden. Insofern haben Sie auch hier wieder nur gepredigt, Herr Minister. Sie haben gesagt: „Bei der Unternehmensteuerreform müssen wir dringend etwas machen.“ Das, was jetzt in Berlin passiert, ist das genaue Gegenteil, und das lehnen wir entschieden ab.
Worum geht es? Den Begriff Kernaufgaben haben ja einige meiner Vorredner auch genannt. Allerdings sagen sie nie, welche Kernaufgaben das denn eigentlich sind
und vor allem was denn dann keine Kernaufgaben sind, Herr Kollege Theurer. Tatsache ist, die Debatte darüber, was langfristig die Kernaufgaben des Landes sind, wird nicht wirklich geführt, sondern das Prinzip Hoffnung regiert.
Ich möchte Ihnen noch eine Zahl vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung nennen. Bei einer Fortführung der jetzigen Finanzpolitik wird der Schuldenstand je Einwohner in Baden-Württemberg von 3 700 € im Jahr 2002 auf fast 33 000 € bis zum Jahr 2030 ansteigen. Das muss man sich einmal vorstellen! Da frage ich Sie, wie Sie die Chancen der Kinder und der Jugendlichen im Land tatsächlich sichern wollen, wenn Sie sich immer vor der Antwort auf die Frage drücken, was denn jetzt Kernaufgabe ist und was eben nicht.
Auch hierzu haben wir klare Vorschläge gemacht. Wir haben gesagt: Schluss mit der Förderung von Flughäfen, von Billigfliegern, von Messen, von verkehrspolitischen Großprojekten wie Stuttgart 21. Stattdessen setzen wir auf Bildung, und wir werden im Finanzausschuss noch einmal konkret die Anträge einbringen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in denen wir Ihnen das darstellen. Da geht es insbesondere um ein professionelles personelles und pädagogisches Gerüst für die Ganztagsschulen im Land.
Die wirtschaftlichen Impulse für die Steuereinnahmen kommen dann doch eher von uns. Von der CDU und der SPD werden sie, wie es im Moment aussieht, allem Anschein nach nicht kommen, sondern da wird es sicherlich noch schlechter werden.
Meine Damen und Herren, der Herr Finanzminister hat gesagt, wir müssten die Sparpolitik, die jetzt angedacht ist, weiterverfolgen. Ich hoffe nicht, dass die Landesregierung
das tut, weil wir diese Politik für einfallslos halten. Wir haben die Rasenmähermethode, globale Minderausgaben und Einsparauflagen auch wieder in diesem Nachtragshaushalt. Damit werden die öffentlichen Finanzen sicherlich nicht gerettet. Was wir brauchen, sind vielmehr strukturelle Reformen mit einem längeren Atem und einem längeren Horizont.
Einige Kolleginnen und Kollegen treffen sich seit eineinhalb Jahren in der Enquetekommission „Demografischer Wandel“. Wir haben uns intensiv mit den Herausforderungen beschäftigt, die auf Baden-Württemberg zukommen. Es würde jetzt länger dauern, das auszuführen. Ich will deshalb nur ein paar Stichworte nennen: Schulentwicklung, Studienplätze, Pflege, Gesundheit und Pensionslasten. Das alles sind langfristige Probleme. Da geht es um Zeiträume von 10, 15 und 20 Jahren. Darauf haben wir von Ihnen bislang keine Antwort. Diese erwarten wir aber, und zwar auch auf die Frage, wie Sie denn die staatlichen Aufgaben und die Finanzierung in Einklang bringen wollen, wenn Sie Vorschläge von uns, wie sie auf dem Tisch liegen, zum Beispiel hinsichtlich des Einbaus einer Schuldenbremse, ablehnen. Bislang hat jedenfalls die Landesregierung ihre diesbezüglichen Hausaufgaben nicht gemacht.
Der letzte der vier Punkte, bei denen die Landesregierung ihre Hausaufgaben auch nicht gemacht hat, betrifft die verlässlichen Partnerschaften mit den Kommunen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich möchte Ihnen ein kurzes Zitat aus der Rede vorlesen, die Gemeindetagspräsident Kehle bei der Kommunalpolitischen Kundgebung des Gemeindetags Baden-Württemberg vor ca. einem Monat gehalten hat:
Statt den beschwerlicheren Weg der Haushaltskonsolidierung durch Aufgabenkritik und Aufgabenabbau zu gehen, sucht das Land den Weg aus der Sackgasse immer öfter in jährlichen „Raubzügen durch kommunale Gefilde“....
Kürzungen 2005 und 2006 je 350 Millionen €, 2006 zusätzliche 36 Millionen €.
Die Landespolitik steuert nicht um, bevor nicht der letzte Gemeindehaushalt im Schuldensumpf versunken ist. Das kann doch wohl nicht unsere Perspektive sein.
Da hat der Gemeindetagspräsident Recht. Wir haben diese Politik der Landesregierung nicht mitgetragen, und wir werden das in Zukunft auch nicht tun, meine Damen und Herren.
Die Gemeinden sind der Ort, wo Politik für die Menschen lebenswirklich ist. Hier müssen die Herausforderungen des demografischen Wandels bewältigt werden. Aber in vielen Gemeinden regiert der Rotstift. Büchereien, Jugendtreffs, Musikschulen werden geschlossen, Schulen verfallen. Der Rückgang der kommunalen Investitionen bedeutet massive Einbußen für das regionale Handwerk und Gewerbe.
Deswegen brauchen wir im Wesentlichen zwei Maßnahmen, nämlich erstens eine Gemeindefinanzreform, bei der
eine dem Gewerbesteueraufkommen gleichwertige, aber strukturell bessere und stetigere Lösung gefunden wird, und zweitens verbindliche Konsultationsregelungen. Auch hierzu haben wir einen Antrag eingebracht. Es geht darum, dass die Kommunen mit dem Land eine Einigung über die Kosten erzielen, wenn neue Aufgaben auf sie zukommen. Wie gesagt: eine Einigung und nicht einfach eine Abschiebung der Aufgaben. Auch hier hat die Landesregierung bisher leider ablehnend reagiert.
Der Ministerpräsident hat den Kommunen in seiner Regierungserklärung eine faire Aufgaben- und Finanzpartnerschaft angeboten. Er hat das bis heute nicht erfüllt. Wir fordern Sie deshalb auf, unseren Antrag zum Konsultationsverfahren noch einmal eingehend zu überdenken. Ich hoffe, dass wir hier zu einer Lösung kommen.
Fazit, Herr Finanzminister: Hören Sie auf zu predigen und den Haushalt gesundzubeten!
Das wird nicht funktionieren. Handeln Sie endlich, und zwar jetzt und nicht erst am Sankt-Nimmerleins-Tag!
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf regelt vor allem Finanzfragen zu Hartz IV, bei denen das Land als Vermittlungsebene zwischen dem Bund und den Kommunen steht. Genauso wie bei der Aushandlung von Gesetzen auf Bundesebene, wo das Land die Interessen der Kommunen vertritt, sind unsere Kommunen jetzt natürlich auch bei diesem Gesetz darauf angewiesen, dass das Land sie fair behandelt.
Jetzt hat dieser vorliegende Gesetzentwurf keinen sehr großen Regelungsumfang, und in weiten Teilen können wir ihm zustimmen. Wir haben allerdings einen Kritikpunkt, den ich heute in der ersten Lesung einbringen und bei dem ich an die Landesregierung appellieren möchte, ihn zu prüfen. Es geht darum, wer die Wohngeldentlastung in den nächsten Jahren festsetzt, also um die Frage, wie viel Geld an die Kommunen weitergeleitet wird.
Wir sind der Ansicht, dass das nicht einseitig von der Landesregierung festgesetzt werden darf, sondern dass die Kommunen, die das auch schon in der Anhörung eingebracht haben, Recht haben, wenn sie sagen, dass das nicht eine einfache buchhalterische Rechnung ist, sondern dass es Verhandlungsmasse gibt.
Für uns heißt das, dass ein Anhörungsrecht der Kommunen nicht ausreicht. Wir fordern vielmehr, dass die Wohngeldentlastung auch im Einvernehmen mit den Kommunen vorgenommen wird. In der ablehnenden Begründung der Landesregierung wird die Frage aufgeworfen, was man macht, wenn man sich nicht einigen kann. In Bayern gibt es ein Konsultationsverfahren
mit eingebauter Schlichtung zwischen Land und Kommunen. Das könnte hier ein gutes, faires und sachgerechtes Verfahren rechtfertigen. Insofern bitte ich Sie, das zu prüfen.
Für uns ist klar, dass Hartz IV nicht zu einer Kostenfalle für die Kommunen werden darf. Die versprochene Entlastung von 2,5 Milliarden € muss kommen. Daran hängt auch die Kinderbetreuung. Wir alle in diesem Haus sind uns mittlerweile einig, dass in diesem Bereich etwas passieren muss. Damit die Arbeitsmarktreformen erfolgreicher werden, als sie bislang sind, brauchen wir das Engagement der Kommunen. Deshalb können wir auf diese 2,5 Milliarden € Entlastung nicht verzichten. Dieser Anspruch hat für die alte Bundesregierung gegolten, und er gilt selbstverständlich auch für die neue Bundesregierung.
Genau, genau.
Wir wissen jetzt noch nicht genau, was in der großen Koalition zum Thema Arbeitsmarktpolitik beschlossen wird. Man hört immer wieder einzelne Teile. Klar ist: Die Mehrwertsteuer soll wohl um drei Prozentpunkte erhöht werden. Aber die Lohnnebenkosten sollen nicht im gleichen Umfang gesenkt werden. Ich habe in der vorherigen Debatte gesagt, dass auch der Ministerpräsident versprochen hat, dass die Mehreinnahmen aus einer Erhöhung der Mehrwertsteuer in die Senkung der Lohnnebenkosten gehen müssen.