Protocol of the Session on February 17, 2005

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 84. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Krank gemeldet ist Herr Abg. Kurz.

Dienstlich verhindert ist Herr Minister Köberle.

Sie finden auf Ihren Tischen eine Vorschlagsliste der Fraktion der CDU und eine Vorschlagsliste der Fraktion GRÜNE für Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüssen (An- lagen 1 und 2). Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzungen zustimmen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, bitte ich Sie noch um Ihre Zustimmung zur Erweiterung der Tagesordnung um einen neuen Punkt 2 wegen einer Immunitätssache. Sie sind damit einverstanden und stimmen dieser Erweiterung der Tagesordnung zu. – Kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Fortsetzung der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2005/06 (Staatshaushaltsgesetz 2005/06 – StHG 2005/06)

Wir kommen zunächst zum Buchstaben a:

Einzelplan 11: Rechnungshof

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses – Drucksache 13/4011

Berichterstatterin: Abg. Ursula Lazarus

Dazu begrüße ich auch den Präsidenten des Rechnungshofs, Herrn Frank.

Das Präsidium hat für die Beratung dieses Einzelplans eine Gesamtredezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Die Berichterstatterin ist gleichzeitig die erste Rednerin in der Allgemeinen Aussprache. Ich erteile das Wort Frau Abg. Lazarus.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Die Organisation der Finanzkontrolle wurde in den zurückliegenden Jahren einer modernen Prüfung angepasst.

Dies habe ich aus dem Vorwort des Haushaltsplanentwurfs von Einzelplan 11 zitiert. Ebenso ist dort Folgendes zu lesen – ich zitiere noch einmal –:

Aufgrund von Änderungen in der Organisationsstruktur im Rechnungshof hat sich die Anzahl der Prüfungsabteilungen von bisher sechs seit Januar 2004 auf fünf verringert.

Ich füge hinzu, dass damit auch drei Referate abgebaut wurden.

Dies ist das Ergebnis eines Prozesses, der schon vor zehn Jahren mit der Gründung einer einheitlichen Finanzkontrolle begonnen hat und im Jahr 2000 dadurch fortgesetzt wurde, dass im Landesrechnungshof die Budgetierung auch im Personalbereich eingeführt wurde, womit der Landesrechnungshof sich selbst sozusagen zum Modellprojekt für Personalbudgetierung gemacht hat.

Wenn man die Entwicklung der Personalstellen über den gesamten Zeitraum, also über die zehn Jahre hinweg betrachtet, erkennt man ein imponierendes Ergebnis, nämlich eine Verringerung von damals, Mitte der Neunzigerjahre, 420 Stellen auf 252,5 Stellen Ende 2006. Dabei kann man wirklich nicht sagen, dass sich durch diese Personalverringerung die Qualität der Arbeit verschlechtert hätte.

Im Gegenteil: Die Beiträge des Landesrechnungshofs in den jährlichen Denkschriften, mit denen sich Landesregierung und Landtag oft über Jahre hinweg befassen, bevor dann auch Erfolge messbar werden, werden immer mehr durch Beratende Äußerungen zu zentralen Themen ergänzt. Themen jüngsten Datums sind Notariatsreform, Organisation und Aufgabenerledigung der Kriminaltechnik, kostenorientierte Optimierung der Wirtschaftsförderung, Bauunterhaltung und Sanierungsbedarf der Universitätsgebäude, Wirtschaftlichkeit des öffentlichen Statistikwesens, Förderung der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege und anderes. Ich habe diese jüngst behandelten Themen genannt, um deren Spannweite und deren Bedeutung aufzuzeigen.

Das große Aufgabenspektrum des Rechnungshofs – neben den Beratenden Äußerungen gibt es ungefähr 1 000 Prüf

objekte, die eigentlich regelmäßig geprüft werden sollten und auch werden – wird mit einem Haushaltsansatz von unter 20 Millionen €, nämlich exakt 18,3 Millionen € im Jahr 2005 und 18,4 Millionen € im Jahr 2006, bewältigt. Davon sind allein 96 % Personalkosten. Eingerechnet in dieses Gesamtvolumen sind die Zahlungen für 124 Pensionäre in Höhe von 5,2 Millionen €. Beide Jahresansätze liegen unter dem Ansatz des Jahres 2004 – natürlich aufgrund der weiter gehenden Verringerung der Zahl der Personalstellen.

Der Anteil des Einzelplans 11 am gesamten Landeshaushalt beträgt 0,06 %, also weniger als ein Promille. Da kann man nur sagen – nach dem Sprichwort, etwas abgewandelt –: Kleine Ursache – sprich in diesem Fall: kleines Haushaltsvolumen –, große Wirkung. Dazu kommt voraussichtlich, dass sechsstellige Haushaltsreste aus dem Jahr 2004 wieder an den allgemeinen Haushalt zurückgehen. Auch im Vergleich zu anderen Bundesländern, zumindest verglichen mit den Flächenländern, ist der Landesrechnungshof von Baden-Württemberg um etwa ein Viertel günstiger.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe dies ausdrücklich nochmals hervorgehoben, weil – wie auch im Bericht zu lesen ist – im Finanzausschuss angesprochen wurde, ob sich der Landesrechnungshof solidarisch mit den Ministerien am breiteren Stellenabbauprogramm beteiligen solle. Gesetzlich ist er dazu nicht verpflichtet, genauso wenig wie der Landtag. Eine Beteiligung des Rechnungshofs am Stellenabbauprogramm würde den Abbau von zwei Stellen pro Jahr für eine Dauer von voraussichtlich vier Jahren ausmachen.

Der Landesrechnungshof selbst – das weiß ich als Berichterstatterin – sähe nach dem von mir beschriebenen überdimensionalen Stellenabbau über zehn Jahre hinweg durch erneute Einsparungen seine Funktionalität gefährdet. Als Berichterstatterin teile ich diese Meinung. Die CDU-Fraktion ist mit mir der Auffassung, dass der Landtag und der Landesrechnungshof als kleinste Einheiten vom Haushaltsvolumen her keine weiteren freiwilligen Sparleistungen im Personalbereich zu erbringen haben.

Meine Damen, meine Herren, Rechnungshöfe haben die Rolle des unabhängigen Wächters über die Staatsfinanzen. Die Wachsamkeit der Finanzkontrolle ist eine unverzichtbare Begleitung der Parlamentsarbeit. Deshalb müssen wir auch die Basis für diese Aufgabenerfüllung schaffen.

Die CDU-Fraktion spricht Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident Frank, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Anerkennung und Dank aus.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Ich erlaube mir jetzt noch eine kleine Bemerkung – man kann ja leider nicht sagen: außerhalb des Protokolls –, und zwar eine, die nicht in meinem Manuskript steht: Wir, die Sprecher zum Etat des Landesrechnungshofs, sind es sonst gewohnt, spät am Abend dazu das Rederecht zu erhalten. Dieses Mal ist es früh am Morgen

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist auch nicht besser! – Heiterkeit)

mit bemerkenswert guter Beteiligung. Ich denke, der Landesrechnungshof ob seiner Bedeutung und wir, die Sprecher, freuen uns darüber.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Junginger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident Frank! Frau Lazarus hat etwas angesprochen, was auch in meinem Konzept steht, nämlich dass es uns erstmals erlaubt ist, morgens hier in der Öffentlichkeit eine Diskussion über den Rechnungshof zu führen.

Diese Diskussion haben wir immer für außerordentlich wichtig gehalten, weil der Landesrechnungshof Aufgaben wahrnimmt, die unmittelbar zur Demokratie gehören, denn die Stärke der Demokratie zeigt sich auch darin, dass der Landesrechnungshof das Finanzcontrolling entschieden und mit Selbstbewusstsein ausübt. Dies führt selbstverständlich dazu, dass sich immer dann Konflikte ergeben, wenn, von der Sachbezogenheit abgehend, Dinge, die vorher sachlich kritisiert worden sind, auf einmal mit politischen Entscheidungen gerechtfertigt werden. Das ist ein Grund, warum auch unsere Fraktion diesem Minihaushalt – in Relation zu anderen Haushalten ist das ja eine beinahe zu vernachlässigende Größenordnung – und der Empfehlung des Finanzausschusses ausdrücklich zustimmt.

Zweitens will ich für unsere Fraktion allen Bediensteten sowohl in den Rechnungsprüfungsämtern wie auch beim Landesrechnungshof für die geleistete Arbeit und für das Engagement, das wir gerade bei den regelmäßigen Behandlungen der Themen des Rechnungshofs im Finanzausschuss immer wieder, gerade auch in der Führungstruppe, feststellen, Dank sagen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Heike Dederer CDU und Theurer FDP/DVP)

Ich danke auch Frau Lazarus. Es ist außerordentlich positiv zu bewerten, dass sie weiteren Stelleneinsparungen, die im Programm über Jahre mit jeweils zwar nur zwei Positionen angelegt sind, die sich aber in der Aufgabenstellung gar nicht unmittelbar darstellen lassen, ein Nein entgegengesetzt hat. Denn der Rechnungshof würde dann einfach weniger prüfen, und die Frage ist, ob es irgendeinen nachvollziehbaren Grund gibt, dass von der Aufgabenstellung her in den nächsten Jahren weniger Arbeit anfiele. Das ist nach Meinung derjenigen, die bisher mit der Arbeit des Rechnungshofs näher beschäftigt waren, mit Sicherheit nicht der Fall. Vielmehr kommen neue Herausforderungen auf den Rechnungshof zu, sowohl wegen der europäischen Vorgaben, zu denen ja mittlerweile über die Zusammenarbeit in einem Verband der notwendige Informationsaustausch gegeben ist, da es kaum Verwaltungshandeln gibt, das nicht auch einen europarechtlichen Bezug hat, als auch in der Frage der Abgleichung der Erfahrungen der verschiedenen Landesrechnungshöfe. Da möchte ich außerordentlich positiv die betreffende Arbeitsgemeinschaft bewerten, die den

Austausch der Ergebnisse zum Anlass nimmt, auch in den Ländern, die sich mit den Themen noch nicht konkret befasst haben, die wichtigen Informationen aufzunehmen.

Ein Phänomen ist der Landesrechnungshof auch insoweit, als er mit seiner Budgetierung Ergebnisse vorzuweisen hat, mit denen er sich einerseits die Möglichkeit, selbst zu gestalten, geschaffen hat und andererseits wieder Beträge in den allgemeinen Haushalt zurückführt. Diese Leistungen in den letzten Jahren sind beachtlich. Sie schlagen sich in Hunderttausenden von Euro nieder.

Ein weiteres wichtiges Thema ist, dass wir in den Denkschriften jeweils auch schonungslose Worte zur Frage der Schuldenentwicklung in den Landesfinanzen lesen. Dort ist – etwas, was hier sonst in der politischen Kontroverse leicht zur Seite geschoben oder wobei auf andere Ursachen aufmerksam gemacht wird – in aller Deutlichkeit nachzulesen, wie sich in den letzten Jahren die Verschuldung entwickelt hat und dass es eine gemeinsame Herausforderung ist, diese Entwicklung zu stoppen und umzukehren, und zwar im Rahmen der Landesverantwortung. Auch dafür unser besonderer Dank, dass wir dort deutliche Worte lesen, unabhängig von der Parteizugehörigkeit führender Mitarbeiter, die wirklich das Land so beschreiben, wie es aus der finanzwirtschaftlichen, aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive gesehen werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Der Rechnungshof hat zunehmend auch Beratungsaufgaben übernommen. Was wir dort lesen, ist eine wesentliche Politikhilfe. Der beste Gehilfe der Opposition ist auch die erfolgreiche Arbeit des Rechnungshofs. Wenn, wie wir in den Denkschriftbeiträgen und bei der Nacharbeit sehen, manche Dinge nur aus politischen Erwägungen heraus aufrechterhalten werden, die aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten keinerlei Rechtfertigung mehr haben, dann ist es sehr schön, dass der Rechnungshof mit Selbstbewusstsein die Dinge neutral und objektiv bewertet.

Wir sagen für die weitere Arbeit alle Unterstützung zu und sind auch bereit, aus den Denkschriften heraus in den Politikfeldern etwas zu lernen. Manchmal werden Zusammenhänge aufgezeigt, die von der Politik vorher nicht aus sich heraus so wahrgenommen wurden. Auch dafür danken wir. Wenn es den Rechnungshof nicht schon gäbe, müsste man ihn erfinden, um auch in diesem Land betriebswirtschaftliche Verantwortlichkeit, neue Verwaltungsstrukturen und neue Reformideen in die Diskussion einzuführen.

Unser Dank gilt Ihnen, Herr Präsident Frank, Ihren Mitarbeitern und allen Beschäftigten im Bereich der Rechnungsprüfung. Wir wünschen uns, dass Ihre Zuständigkeiten erweitert werden – das alte Thema Landesstiftung. Es gibt jetzt neue Strukturen, bei denen wir uns auch wünschten, dass der Rechnungshof in die Lage versetzt würde, dieselbe Elle anzulegen, die für die allgemeine staatliche Verwaltung gilt. Vielleicht, Frau Kollegin Lazarus, kommen wir irgendwann doch dazu, die Befugnisse des Rechnungshofs zu erweitern, denn es täte der Finanzsituation dieses Landes gut.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)