Dierk Homeyer

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Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist tatsächlich so, dass wir nun im neunten Jahr in Folge wirt schaftlichen Erfolg haben - übrigens nicht nur in Brandenburg, sondern in ganz Deutschland. Wie es aber mit dem Erfolg so ist: Er treibt Fantasien an. Mittlerweile glaubt die Landesregie rung wirklich daran, mit ihrer Politik für die gute Konjunktur gesorgt zu haben.
Eigentlich, meine Damen und Herren, ist es doch so: In guten Zeiten sollte man Vorsorge treffen. Gute Zeiten sollten genutzt werden, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Ich frage mich, sehr verehrter Herr Ministerpräsident, meine lieben Kol leginnen und Kollegen der SPD, worauf Sie die letzten Jahre eigentlich gewartet haben.
Sie sind neun Jahre an der Regierung. Was ist eigentlich pas siert, dass Sie kurz vor Schluss dieser Legislaturperiode - außer den Wahlen - plötzlich über die Weichen für künftige und wirt schaftliche Innovationen reden wollen, so wie es in der Über schrift der Aktuellen Stunde steht? Wenn ich auf die letzten vier Jahre zurückblicke, finde ich keinen einzigen innovativen Vorschlag der SPD, um den wirtschaftlichen Aufschwung in Brandenburg auch in Zukunft zu sichern.
Beispiel: Die Digitalstrategie ist auf der Grundlage eines An trags der CDU-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entstanden - Sie erinnern sich. Die Flughafenum feldentwicklung - Kollege Barthel hat es gesagt - ist auch ein CDU-Antrag, für den wir zwei Jahre lang gemeinsam gekämpft haben, bis wir endlich einen gemeinsamen Landtagsbeschluss hatten. Seitdem liegt das Projekt anscheinend auf Eis, denn bis her hat die Landesregierung keine Strategie vorgelegt und kein einziges innovatives Projekt für die Region angeschoben.
Nächstes Beispiel: Freie WLAN-Hotspots, die Sie, meine Da men und Herren von der Landesregierung, nun schon seit Ta gen groß in der Presse feiern.
- Jeden Einzelnen. - Geschickt gemacht. Grundlage war und ist ein Antrag der CDU aus dem Jahre 2015.
Auch beim Thema Mobilfunklöcher, meine Damen und Her ren, hat es fünf CDU-Anträge, zwei Aktuelle Stunden, zig Me dienberichte und zweieinhalb Jahre Zeit gebraucht, bis sich die Landesregierung auf die Lösungssuche begeben hat.
Unter dem Strich muss ich sagen - Kollege Bischoff, Sie haben doch gleich die Gelegenheit, mir das um die Ohren zu hauen -:
Die Wirtschaft in Brandenburg boomt,
aber nicht dank Rot-Rot, sondern - Gott sei Dank - trotz der rot-roten Politik.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen das begründen: Das war in diesen letzten vier Jahren eine Politik der verpass ten Chancen.
Ich will Ihnen dazu die Beispiele nennen, meine Damen und Herren. „Spiegel Online“ hat vor wenigen Tagen eine Umfrage durchgeführt. Das Ergebnis: Die Brandenburger wünschen sich vor allem eine Stärkung der Infrastruktur im ländlichen Raum und eine bessere Anbindung an die Zentren.
Bei Rot-Rot, meine Damen und Herren, können die Bürger lange darauf warten. Statt die Infrastruktur zukunftsfest zu machen, hat die Landesregierung ihre Zeit mit einer analo gen Kreisgebietsreform aus dem letzten Jahrhundert verbal lert.
Man könnte heulen, wenn man darüber nachdenkt, wie viel Res sourcen, wie viel Kraft und wie viel Geld verschenkt worden sind.
Digitalisierung - eine Riesenchance für die ländlichen Räume. Zwei Jahre hat die Landesregierung an der Digitalstrategie ge bastelt. Was kam dabei heraus? - Eine lange Auflistung von al len möglichen Förderprogrammen ohne Sinn und Zweck. Es gibt keine klare Vision, keinen Zeithorizont, keine Investitions schwerpunkte.
Mobilfunk: Jahrelang wurden die Funklöcher in Brandenburg als purer CDU-Populismus abgetan. Die Landesregierung war nicht bereit, sich um das Problem zu kümmern. Erst jetzt, am Ende der Legislaturperiode, kommt anscheinend Bewegung in die Sache. Wir dürfen gespannt sein.
Außenwirtschaftskonzept - Kollege Barthel hat es gesagt -: Zehn Jahre lang wurde das Konzept nicht angefasst - zehn Jah re! -, obwohl Brandenburg seit über einem Jahrzehnt bei der Exportquote bundesweit Schlusslicht ist. Jetzt kam die Fort schreibung. Was finden wir dort? - Kein einziges innovatives Förderinstrument, keine klare Ansiedlungsstrategie, keine Zu sammenarbeit mit Berlin; es gibt noch nicht einmal eine Web site, auf der sich unsere Unternehmen über die vorhandenen Förderprogramme informieren können.
Beispiel Landesentwicklungsplan: Knapper Wohnraum, teure Mieten, Verkehrsstaus, Wartelisten für die Kitaplätze. Seit drei Jahren ziehen mehr Menschen aus Berlin heraus als hinein. Diese Familien können eine Rettung für unsere Landkreise sein, die an Auszehrung leiden. Aber anstatt sich zu überlegen, wo wir das Bauland für junge Familien schaffen, die nach Brandenburg herausziehen bzw. in Brandenburg bleiben wol len, dekliniert die Landesregierung mit ihrem Landesentwick lungsplan Hauptstadtregion durch, was in Brandenburg alles nicht geht.
Innovationen: Meine Damen und Herren, im November des letz ten Jahres haben wir hier im Landtag - wieder einmal auf Initia tive der CDU - einen Beschluss zum Thema Sektorkopplung gefasst - Sie erinnern sich - mit dem Ziel, eine Pilotanlage zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen für die Luftfahrt in der Lausitz einzurichten. Im Februar gab die Bundesregierung den Startschuss für ihre Reallabore der Energiewende. Im Fokus der ersten Ausschreibung stand unter anderem der Bereich Sek torkopplung und Wasserstofftechnologie - wie bestellt für uns.
Nun lese ich in der letzten Woche in der „Welt“, in Brunsbüt tel - in Brunsbüttel! - soll jetzt die weltweit erste Fabrik für synthetisches Erdgas entstehen, gefördert im Rahmen der Re allabore der Bundesregierung, ein Pilotprojekt mit womöglich weltweiter Ausstrahlung. Ich frage Sie: Wo bleibt Brandenburg mit seinen Vorhaben?
Diese Liste der verpassten Chancen kann ich ewig fortsetzen. Nun wollen Sie, meine Damen und Herren von der Landesre gierung, Weichen für die Gerechtigkeit stellen. Hier hätte ich einige Hinweise für Sie:
Gerecht ist, wenn die Menschen auch in einem kleinen Dorf einen Internetanschluss haben, guten Handyempfang, wenn sie dort leben können, wo sie leben wollen,
und nicht gezwungen sind, aus strukturellen Gründen abzu wandern.
Gerecht ist, wenn die Menschen morgens pünktlich und eini germaßen ohne Stress zur Arbeit kommen und wieder zurück nach Hause. Gerecht ist es übrigens auch, meine Damen und Herren, wenn junge Leute ohne Uniabschluss Start-ups grün den können und genauso vom Staat unterstützt werden wie Hochschulabsolventen. Wir wollen ja, dass nicht der Bildungs abschluss über den Erfolg entscheidet, sondern die Qualität der Idee, die ein junger Mensch hat. Aber unseren Antrag haben Sie abgelehnt.
In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel gibt es ein solches Grün derstipendium für Innovationen - bereits in der Praxis umge setzt.
Meine Damen und Herren, 30 Jahre nach dem Mauerfall kön nen wir nicht mehr mit der Sondersituation in Ostdeutschland argumentieren. Estland war vor 30 Jahren noch eine Sowjetre publik und ist heute eine Vorzeigenation bei der Digitalisie rung. Was dort möglich ist - so meine ich - können wir auch. Es ist doch in Wirklichkeit alles nur eine Frage des Ehrgeizes und des Fleißes.
Wir Brandenburger brauchen kein Mitleid, wir brauchen auch keine Quoten und keine Sonderregelungen. Wir können ruhig stolz auf das sein, was wir heute sind. Der Aufbau Ost ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte.
Übrigens: Laut dem aktuellen Ranking der Kreise und Städte des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung liegen die Armenhäuser Deutschlands nicht mehr im Osten - wie nach der Wende -, sondern in Westdeutschland. Was wir in Branden burg allerdings brauchen, meine Damen und Herren, ist mehr Selbstbewusstsein, mehr Selbstbewusstsein, um auf Augenhö he mit den anderen Ländern zu reden, unsere Forderungen auf Bundesebene klar zu formulieren und uns erfolgreich um inno vative Pilotprojekte zu bewerben. Wir brauchen auch mehr Mut, meine Damen und Herren, Mut, neue Dinge auszuprobie ren, und den Mut, in manchen Dingen vielleicht auch zu schei tern.
Was wir aber vor allen Dingen brauchen, meine Damen und Herren, ist eine Landesregierung, die sich fokussiert und die konzentriert arbeitet. Mit dem ständigen Abwarten und mit lee ren Versprechungen kommen wir nicht weiter. Wer ständig den Mund spitzt, der muss auch einmal pfeifen.
Meine Damen und Herren, ich will schließen mit Voltaire: Das Bessere ist der Feind des Guten. - Darum geht es, meine Da men und Herren: sich anstrengen, sich konzentrieren und Bran denburg voranbringen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lie be Kolleginnen und Kollegen! Wer heute ein Elektroauto kauft, wird für seinen Umwelteinsatz in Deutschland reichlich „be lohnt“: hohe Preise, kurze Reichweiten, lange Ladezeiten. Da braucht man sich nicht zu wundern, dass Elektromobilität bis jetzt keinen Durchbruch in Deutschland geschafft hat. Auch wenn die Erfindung noch so schön sein mag: Die Bürgerinnen und Bürger sind keine Enthusiasten, die sich auf solche Ein schränkungen und Ärgernisse einlassen wollen. Die Autofahrer von morgen wollen zuverlässige, individuelle Mobilität, die unter allen Umständen funktioniert, die bequem, alltagstaug lich und auch bezahlbar ist. Davon waren wir beim Elektroauto bis jetzt meilenweit entfernt.
Aber so langsam, meine Damen und Herren, wacht Auto deutschland auf: Die Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen haben sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt. Nachdem Volkswagen vor Kurzem mit seiner neuen Strategie einen radi kalen Schwenk zur Elektromobilität gemacht hat - sicherlich auch mit Blick auf die Exportmärkte, insbesondere China -, ist nun von einer Zeitenwende in der Automobilindustrie die Re de: In allen Häusern wird mit Karacho an Konzepten für Elekt romobilität gearbeitet. Die deutschen Hersteller wollen in den kommenden Jahren ihr Angebot von jetzt ungefähr 30 auf 100 E-Modelle erhöhen.
Natürlich, meine Damen und Herren, liegt diese Transformati onsaufgabe vor allem bei der deutschen Industrie. Aber ohne einen aktiven und unterstützenden Staat wird es nicht funktio nieren: Alternative Antriebe brauchen eine langfristige Strate gie und eine gezielte Förderung.
Einfach nur zu hoffen, dass das alles schon irgendwie gehen wird, wird nicht klappen; das haben die letzten Jahre gezeigt.
Die Bundesregierung hat reagiert, meine Damen und Herren: Bundesfinanzminister Scholz will die Förderung von Elektro fahrzeugen um weitere zehn Jahre - bis 2030 - verlängern. Ich
meine, auch die Bundesländer sind gefragt: Der Schwenk zur Elektromobilität kann nur gelingen, wenn die Ladeinfrastruk tur flächendeckend vorhanden und nutzerfreundlich ist.
Bei allem Respekt: Ich weiß, dass die Landesregierung eine Menge unternimmt - keine Frage. Mir ist auch bewusst, dass heute wiederum ein Forum dazu stattgefunden hat: das 4. Zu kunftsforum für „E-mobiles Brandenburg“. - Ich wäre dankbar, wenn der Wirtschaftsausschuss auch einmal zu solch einer Ver anstaltung einladen würde; das hat übrigens auch etwas mit Wertschätzung zu tun.
Trotzdem freue ich mich über das Engagement der Landesre gierung. Meiner Ansicht nach ist das aber nicht genug. Ich glaube - das habe ich in meinem ersten Beruf gelernt -: Wenn du Erfolg haben willst, musst du mit gutem Beispiel vorange hen.
- Und die Landesregierung geht nicht mit gutem Beispiel vor an. - Übrigens: Wir als Parlament in dieser Frage auch nicht. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass es beim Landtag - weder in der Tiefgarage noch davor - keine Ladeinfrastruktur gibt? Ich weiß, vor zwei Jahren gab es darüber einmal eine Diskussi on. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sie, wenn wir sie hät ten, ordentlich funktionieren würde, das Bezahlsystem einfach zu handhaben wäre, sodass sie für uns hier ein Erfolg wäre.
Ich weiß nicht - darüber wird sicherlich Minister Steinbach be richten -, wie viele Ladesäulen es in den Ministerien und den nachgeordneten Landesbehörden gibt; ich gehe davon aus, dass überall Nachholbedarf besteht.
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, eine Offensive zu starten. Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen und deutlich machen, dass wir das können. Damit können wir letztendlich auch andere motivieren, nachzuziehen.
Meine Damen und Herren, viele von Ihnen sagen vielleicht: Elektromobilität ist nichts für Brandenburg. Das funktioniert nur in den urbanen Räumen - ich gucke da meinen Kollegen Frank Bommert an. - Das ist ein berechtigter Einwand. Aber zu sagen, dass Elektromobilität die ländlichen Räume überhaupt nicht betrifft, ist schlicht und einfach falsch. Wir dürfen nicht vergessen, meine Damen und Herren, dass Stadtbewohner ger ne aufs Land fahren; da wollen wir nicht, dass Brandenburg in ein paar Jahren ein weißer Fleck auf der Ladekarte ist.
Es ist nicht nur eine Frage von Brandenburgs Image. In vielen kleinen Orten sind Gäste aus Berlin oder anderen Bundeslän dern zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden - Einzel handel, Hotellerie und Gastronomie leben davon. Unser Ziel muss daher sein, dass zukünftig überall in Brandenburg eine Lademöglichkeit zu finden ist; zurzeit ist das nicht der Fall. Ich habe recherchiert, Herr Minister Steinbach: Ich komme auf un gefähr 110 Lademöglichkeiten in Brandenburg. Sie sind sehr unterschiedlich: Es sind kaum ganz schnelle dabei, wenige, die wirklich Leistung bringen, aber sehr viele, bei denen man sich
nur ärgert. Da muss also etwas geschehen, gerade für Branden burg, das Land des Tourismus.
Natürlich gibt es bereits ein Förderprogramm der Bundesregie rung und auch der Landesregierung. Richtig ist aber auch, dass die Fördergelder nicht ausgeschöpft sind, ja. Die aktuelle Situ ation zeigt deutlich, dass die vorhandenen Instrumente an scheinend nicht funktionieren: Bislang gibt es nur Unterstüt zung für öffentliche Ladestationen. Die meisten Autofahrer la den aber am Wohn- und Arbeitsort. Wir haben es hier also ein deutig mit einer Förderlücke zu tun und brauchen eine finanzi elle Förderung privater Ladestationen bzw. Ladestationen am Arbeitsort.
Aber selbst wenn man als Elektroautofahrer Glück hat und eine Ladesäule in der Nähe seines Wohnortes findet, ist das Laden heute nur noch eine absurde Herausforderung: Bei zig Bezahl modellen, überhöhten Preisen und lahmem Laden macht einem die ganze Geschichte wirklich keine Freude. Man ist frustriert.
Außerdem haben wir es mit einer rechtlichen Grauzone zu tun: Viele Anbieter verlangen in der Regel einen Pauschalpreis zwi schen 5 und 8 Euro; das rentiert sich für viele Elektromobilis ten nicht. Es ist einfach wirtschaftlich unattraktiv.
Spontanes Laden ist an den Säulen einzelner Firmen nur mit einem Abo möglich. Teilweise unterscheiden sich die Preise für eine Kilowattstunde Strom um bis zu 300 %. Der Grund: Es gibt noch keine einheitlichen Mess- und Abrechnungssysteme. Die Politik ist ganz klar in der Pflicht, dieses Chaos an den La desäulen zu beenden.
Meine Damen und Herren, die Elektromobilität wird eine tra gende Säule der Mobilität der Zukunft sein. Aber sie wird nur eine von mehreren Säulen sein, und sie ist kein Allheilmittel. Deshalb verlangt Bundesverkehrsminister Scheuer zwar 1 Mil liarde Euro zusätzlich für Ladestationen, spricht sich aber gleichzeitig gegen eine Festlegung auf eine bestimmte An triebstechnologie aus. Wir wissen, dass es Bereiche gibt - Luft-, Schwerlast- oder Schiffsverkehr -, in denen es niemals mit Elektromobilität funktionieren wird, weil es einfach tech nisch nicht möglich ist. Deshalb gehört das Thema syntheti sche Kraftstoffe endlich verstärkt auf die Tagesordnung. Es muss gelingen, diese Kraftstoffe auch in Brandenburg nach in dustriellem Maßstab und zu bezahlbaren Preisen zu produzie ren. Genauso müssen jetzt die richtigen Weichen gestellt wer den, um Wasserstoff auch in Brandenburg effizient und erfolg reich nutzen zu können.
Meine Damen und Herren, es ist am Ende nicht entscheidend, welche Technologie sich durchsetzen wird. Vielmehr müssen wir technologieoffen handeln und alle Alternativen im Blick be halten. Was bringt es, wenn von mancher Partei - wie in jüngs ter Zeit geschehen - gefordert wird, den Verbrennungsmotor zu verbieten? Selbst wenn ab heute kein Diesel und kein Benziner mehr das Fließband verlassen würde, ist damit immer noch kei ne einzige Ladestation aufgestellt, keine einzige Kilowattstunde grüner Strom für E-Autos mehr produziert und kein einziger Kilometer des zusätzlich benötigten Stromnetzes gebaut.
Ich bitte darum, Augenmaß zu wahren und das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Wir sollten niemandem vorschrei ben, ob er sich mit der Bahn, dem Bus, dem Fahrrad, der EMobilität - demnächst vielleicht auch mit dem E-Tretroller - fortbewegt. Nach meiner Auffassung dürfen Umweltschutz und erfolgreiche Wirtschaftspolitik keine Gegensätze sein. Wir wollen nicht Umwelt oder Wirtschaft, sondern wir wollen Wirtschaft und Umwelt.
Ich glaube, es gehört zu einer klugen Politik, den Bürgern so viel Freiheit einzuräumen, dass wir die individuelle Mobilität nicht verteufeln; Verteufeln bringt nichts. Die Menschen müs sen ein bisschen Lust darauf bekommen, was kommt, weil sie sehen, dass das eine Supersache ist, und sie Freude daran ha ben. „Freude am Fahren“ war einmal ein Slogan. Derzeit hat derjenige, der in Deutschland Elektromobilität nutzt, keine Freude am Fahren. Das muss sich ändern. Dabei geht es nicht nur um die 800 000 Arbeitsplätze in der deutschen Automobil industrie. Na klar, es ist eine Schlüsselindustrie: In Wirklich keit hängen fast alle Arbeitsplätze in den ländlichen Regionen vom Auto ab - ich weiß nicht, ob uns das immer so bewusst ist. Ohne Auto kommen viele Pendler nicht zur Arbeit. Die Hand werker erreichen ihre Kunden nicht, die Landwirte kriegen ihre Erzeugnisse nicht vom Feld, viele Hotels und Campingplätze auf dem Land bleiben leer. Diese Liste könnte man fortsetzen.
Meine Damen und Herren, deshalb wird es Zeit, zwei Gänge höher zu schalten und zu handeln, um die Elektromobilität auch in Brandenburg voranzubringen. - Ich danke Ihnen.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Lieber Helmut, ich bin schon sehr erstaunt über deinen Redebeitrag. Heute Morgen in eurer Aktuellen Stunde hast du Lobpreisungen auf unsere Unternehmerinnen und Unterneh mer in Brandenburg gebracht und betont, wie wichtig sie für das Land sind. Jetzt erwähnst du mit keiner Silbe die Situation, die das Landesvergabegesetz hinsichtlich des bürokratischen Aufwands auslöst, der schon vorhanden war und mit der Ände rung des Landesvergabegesetzes nicht geringer wird. Das er staunt mich; das muss man an einem Plenartag erst einmal hin kriegen.
Das bisherige Gesetz hielt kleine und mittlere Unternehmen ohnehin schon davon ab, sich überhaupt an öffentlichen Aus schreibungen zu beteiligen, wie wir in der öffentlichen Anhö rung gehört haben. Das ist ein Fakt, den man nicht wegdisku tieren kann.
Sie hätten jetzt die Chance gehabt, dieses Gesetz zu entschla cken. Was tun Sie? Sie legen noch eine Schippe an Bürokratie drauf und verfestigen die Differenz zwischen Bundesmindest lohn und Landesmindestlohn. Auch Ihr Koalitionsvertrag hält Sie davon nicht ab. Auf Seite 24 heißt es nämlich:
„… dass ab dem 30. Juni 2019 die Lohnuntergrenze im Brandenburgischen Vergabegesetz mit dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn übereinstimmen soll.“
Darauf hat sich der brandenburgische Wähler, haben aber auch wir uns verlassen.
Das erwähnst du mit keinem Wort.
- Dazu wirst du noch etwas sagen; darauf bin ich gespannt.
Meine Damen und Herren, der gesetzliche Bundesmindestlohn wurde am 1. Januar 2019 auf 9,19 Euro pro Stunde angehoben. Es wäre für die Landesregierung überhaupt kein Problem ge wesen, sich an dieser Stelle einzufädeln. Der Landesmindest lohn wäre erhöht, der Koalitionsvertrag umgesetzt und einiges an Bürokratie abgebaut.
Lieber Kollege Domres, Sie sind mir in den letzten fünf Jahren dadurch aufgefallen, dass Sie in Ihren Reden, aber auch in Ih ren Pressemitteilungen und öffentlichen Stellungnahmen im mer auf den Koalitionsvertrag abheben.
Bei jeder Begründung wurde der Koalitionsvertrag angeführt, der Sie als linke Fraktion daran hindere, irgendetwas zu bewe gen, als linke Fraktion irgendetwas zu tun.
Jetzt spielt das aber keine Rolle mehr; jetzt gilt das halt nicht. - Wir kommen später darauf zu sprechen, warum das so ist.
Meine Damen und Herren, wissen Sie, dass ein Unternehmen für die Abgabe eines Angebotes aktuell 20 Stunden für diverse Formulare, Erklärungen, Nachweise aufwenden muss? Stellen Sie sich bitte einmal vor: Man bewirbt sich auf einen Job und arbeitet erst einmal 20 Stunden auf Probe, ohne zu wissen, ob man den Job bekommt. Diese 20 Stunden arbeitet man auch noch unentgeltlich. Jeder von Ihnen würde sofort sagen: Das ist keinem Arbeitnehmer zuzumuten!
- Dazu kein Wort. - Wieso erwarten Sie das von den Unterneh mern?
Dabei wäre dieser Bürokratieabbau in Zeiten von Investitio nen - ob Straßenbau, Breitbandausbau oder viele andere Auf träge - enorm wichtig für Brandenburg. 57 % der Unternehmen nehmen heute schon nicht mehr an öffentlichen Ausschreibun gen teil - Tendenz steigend. Ich frage mich: Wie wollen Sie die vielen zukünftigen Investitionen umsetzen, wenn Sie nicht un sere kleinen und mittelständischen Unternehmen an Ihrer Seite haben?
Jedes Gesetz ist nur so gut wie seine Wirkung. Deshalb hat die CDU-Fraktion immer wieder Kleine Anfragen an die Landes regierung gerichtet und nachgefragt, wie viele Beschäftigte vom Vergabemindestlohn in Brandenburg profitieren. Es gibt keine Zahlen der Landesregierung. Man hat also ein Gesetz ge ändert, man tut das regelmäßig und weiß nicht, wie viele Men schen davon betroffen sind und davon profitieren. Das kann doch nicht wahr sein. Es ist doch klar, dass es in dieser Situation jedes Mal nur ein Feigenblatt sein kann.
Die Umsetzung des Gesetzes wird auch nicht kontrolliert, wie wir in der Anhörung gehört haben, weil die Kommunen keine Kapazitäten dafür haben. Wir haben es hier mit reiner Symbol politik zu tun.
Um das ganz klar zu sagen: Wir sind nicht gegen den gesetzli chen Mindestlohn. Wir haben den Bundesmindestlohn, der re gelmäßig steigt und angepasst wird. Dafür gibt es eine Kom mission. Das geschieht nicht, weil Frau Merkel das so be stimmt, sondern das alles hat seine gesetzliche Grundlage.
Wir wehren uns dagegen, dass Sie einen Popanz aufbauen und ihn wie eine Monstranz vor sich hertragen und nur aus reiner Ideologie und aus dem Bauch heraus einen Landesvergabemin destlohn geradezu abfeiern, der bei den Arbeitnehmern aber nicht ankommt. Im Gegenteil, er sorgt für so viel Bürokratie, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer in Brandenburg kein Interesse an öffentlichen Aufträgen haben.
Deshalb meinen wir, dass der Vergabemindestlohn nicht geeig net ist, das Lohnniveau in Brandenburg anzuheben.
Ich achte darauf und komme zum Schluss.
Wir meinen: Der Vergabemindestlohn ist nicht geeignet, das Lohnniveau in Brandenburg anzuheben, da er deutlich unter den Löhnen nahezu aller Branchen liegt, die sich an öffentli chen Aufträgen beteiligen. Im Gegenteil: Er unterläuft die Ta rifverträge.
Wenn Sie weiterhin hartnäckig am Landesmindestlohn festhal ten, unterlaufen Sie die Tarifbindung.
Ich komme zum Schluss; ich bedanke mich. - Sie haben eine Chance verpasst, ein anwenderfreundliches und mittelstands freundliches Gesetz zu machen. - Vielen Dank.
Lieber Kollege Barthel, lieber Helmut! Da hast du mich falsch verstanden. Ich habe natürlich nicht gefordert, dass unsere Unternehmen die Zeit, die sie darauf verwenden, sich für öf fentliche Aufträge zu bewerben, vergütet bekommen. Das ist Quatsch. Das war eine Metapher. Ich wollte einfach nur deut lich machen, dass mit diesem Landesvergabegesetz die Büro kratie nicht weniger wird, sondern Sie noch eine Schippe drauflegen und die Unternehmer mittlerweile 20 Stunden brauchen, um sich an einer Ausschreibung vernünftig zu betei ligen.
Du warst doch bei der Anhörung dabei und hast gehört, was man uns ins Stammbuch geschrieben hat. Das Problem ist nur: Ihr ignoriert das, es interessiert euch nicht!
Wir sind hier im Parlament; und Gesetze werden gemacht, da mit sie Anwendung finden. Sonst macht es doch keinen Sinn. Es ist wichtig, dass ein Gesetz auch Wirkung entfaltet. Aber dieses Gesetz entfaltet nicht die Wirkung, die ihr euch vorstellt. Denn es ist in Brandenburg nun einmal so, dass die Unterneh men, die sich um öffentliche Aufträge bewerben, meistens ta riflich - auch außertariflich - schon mehr als den gesetzlichen Mindestlohn zahlen und es nur noch ganz wenige Branchen gibt, wo das anders ist - zum Beispiel Reinigungsunternehmen, die aber übrigens nächstes Jahr auch ihren Tarifvertrag über den Landesvergabemindestlohn anheben werden. Ansonsten betrifft es kaum noch jemanden. Das ist auch der Grund, war um sich keiner mehr beteiligt. Das muss man doch einsehen!
Ich weiß natürlich, dass ich euch mit Argumenten da nicht hel fen kann; das ist mir völlig klar.
Es ist halt euer Ding. Da kann ich noch so viel argumentieren. Ich möchte aber, dass wenigstens deutlich wird, dass es in Brandenburg keine Wirkung entfaltet und ich nach wie vor als alter Parlamentarier überzeugt bin: Gesetze, die keine Wirkung entfalten, sollten keine Gesetze sein. Die Verabschiedung un terlässt man. - Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier schon etliche Male über die schwindende Akzeptanz der Windenergie in Brandenburg diskutiert. Leider muss ich auch heute feststellen, dass wir in der Frage kein bisschen vorange kommen sind. Eher der umgekehrte Fall ist eingetreten. Die Landesregierung hat nämlich überhaupt keinen Überblick über das, was in Brandenburg in Sachen Windkraft passiert.
Ich möchte in Auszügen aus Antworten der Landesregierung zu Anfragen meiner Fraktion, die auch ich persönlich gestellt habe, zitieren:
„Ob und wie viele weitere Windkraftanlagen geplant werden, unterliegt der unternehmerischen Entscheidung entsprechender Investoren.“
Okay.
„Zur Frage, wie viel der erzeugten Energie dieser Anla gen insgesamt genutzt, gespeichert und aufgrund von Netzengpässen abgeregelt wurde, liegen der Landesregie rung keine Informationen vor.“
„Der Abstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnnut zung wird nicht statistisch erfasst“,
Herr Holzschuher.
„Eine Registrierung von zum Rückbau vorgesehenen An lagen erfolgt nicht“,
obwohl wir wissen, dass dies das Thema der Zukunft sein wird.
Die Landesregierung weiß auch nicht, wie viele Windkraftanla gen mit der Umsetzung der Regionalpläne im Wald entstehen sollen - man höre und staune.
Die Aktualisierung der Energiestrategie 2030, meine Damen und Herren, wurde letztes Jahr auf Eis gelegt und bis heute nicht aufgetaut. Ich frage mich: Auf welcher Basis findet die Energiepolitik in Brandenburg überhaupt statt? Wozu sollen wir denn die Brandenburger beraten und informieren, meine Damen und Herren von der Koalition? Die Landesregierung weiß doch nicht einmal, wie die aktuelle Situation ist.
Die Windkraftbranche stellt in Brandenburg ständig weitere Windräder auf. Zurzeit sind es insgesamt etwas mehr als 3 700 Anlagen mit einer Leistung von über 7 000 MW - das entspricht ungefähr sieben herkömmlichen, konventionellen Kraftwerken. Zudem liefert sie uns ständig neue Bürgerumfra gen. Diesen entnehmen wir: 70 % der Deutschen sind für Wind kraft und Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien. - Ich kann schon nachvollziehen, meine Damen und Herren, dass die Prenzelberger in Berlin nichts dagegen haben, dass ihr Cappuc cino mithilfe von Windstrom hergestellt wird.
So ist es, klar. Logisch: Wenn man die Dinger nicht vor der Haustür hat, stören sie einen auch nicht. Aber wir in Bran denburg und unsere Bürgerinnen und Bürger gerade in den ländlichen Räumen sind davon sehr betroffen, und ich muss auch die Interessen der Menschen in der Prignitz im Auge haben.
Wenn Sie bei der Anhörung dabei gewesen wären, Herr Kolle ge
- Sie waren dabei -, dann werden Sie gehört haben, dass Bürge rinnen und Bürger, die in der Nähe von Windstromanlagen le ben, mittlerweile nachts mit ihren Wohnwagen in den Wald fahren, um dort Ruhe zu finden. Das haben Sie doch gehört. Ich glaube nicht, dass Herr Voigt das erfunden hat.
Aber das brauchen Sie vielleicht bald auch nicht mehr; denn die Wälder sind ja zum Abholzen freigegeben.
Die Landesregierung erklärt uns ständig - zu Recht -, dass Tou rismus in Brandenburg ein großer Wirtschaftsfaktor ist. Ich frage mich allerdings - das müssen Sie mir erklären -: Warum machen Sie den brandenburgischen Tourismus kaputt, wenn Sie unsere schönen Landschaften wie Gewerbegebiete ausse hen lassen?
Langsam habe ich das Gefühl, die Landesregierung folgt beim Windkraftausbau einfach dem olympischen Motto: Schneller, höher, stärker. - Es spielt in Ihren Überlegungen anscheinend gar keine Rolle mehr, dass der überschüssige Strom nicht ge speichert werden kann. Dass der Netzausbau nicht voran
kommt, ist doch eine Tatsache und keine Erfindung von mir, meine Damen und Herren.
Dass die Brandenburger für Strom die höchsten Preise in Deutschland zahlen und dabei die größten Lasten tragen sollen, erfinde ich doch nicht. Das ist die Realität, meine Damen und Herren!
Dass die Grünen das nicht wahrhaben wollen, kann ich verste hen und nachvollziehen.
Aber dass Sie, meine Damen und Herren von Rot-Rot, das nicht akzeptieren wollen, kann ich hingegen nicht nachvollziehen. Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht bereit sein, weiterhin die gesamten Fehlentwicklungen zu akzeptieren. Informations veranstaltungen werden dafür nicht ausreichen.
Ihr Antrag ist nichts anderes als ein Weiße-Salbe-Antrag. Sie tun so, als ob Sie etwas für die Bürgerinnen und Bürger tun wollen, aber bemühen sich nicht, das Übel an der Wurzel zu packen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich warne Sie auch ausdrücklich davor, irgendwelche neuen Förderprogramme für Windräder aufzulegen - Stichwort bedarfsgerechte Nachtkenn zeichnung.
Warum wollen Sie eigentlich etwas, was sowieso schon hoch subventioniert ist, mit einer weiteren Subventionierung för dern?
Gern.
Wenn Sie mir weiter zuhören, beantworte ich Ihre Frage. - Wir fordern deswegen eine Neuausrichtung …
Gern.
Ja, das ist mir bekannt. Mir sind alle Anträge, Initiativen und Entschließungsanträge der letzten Jahre bekannt. Immer, wenn ich mich dazu äußerte, habe ich deutlich gemacht, Herr Vida, dass ich der Meinung bin, dass wir mittlerweile eine Situation in Brandenburg haben, in der ein gewisser Punkt erreicht ist, an dem es nun zu kippen beginnt und die Leute nicht mehr bereit sind, das zu akzeptieren. Jeder erkennt das, wie ich in Gesprä chen mit Kolleginnen und Kollegen vernommen habe.
Die Summe aus hohen Netzentgelten, hohen Strompreisen und insgesamt dem Gefühl, dass die Leute in den ländlichen Räumen vor Ort machtlos sind - all das führt dazu, dass wir in der Anhörung so deutliche Worte gehört haben. Ich bin der Meinung, dass der Antrag, den die Koalitionsfraktionen for muliert haben, nichts anderes als „Weiße Salbe“ ist. Sie ge hen die eigentlichen Probleme nicht an, sondern tun nur so, als ob.
Insofern tragen wir mit unserem Entschließungsantrag unsere ganz konkreten Vorstellungen vor, weil die Wahrheit eben kon kret ist, Herr Holzschuher. Sie ist konkret! Wir brauchen näm lich einen Überblick - da werden Sie mir doch sicherlich recht geben - über die aktuelle Situation. Es kann doch nicht sein, dass die Landesregierung bei einem solch wichtigen Bereich nicht weiß, was läuft.
Also brauchen wir einen Windatlas - ähnlich wie der Breitband atlas -, der gepflegt bzw. eingepflegt wird und ständig auf dem Laufenden gehalten werden kann.
Ohne diese Grundlage können Sie die Bürgerinnen und Bürger nicht transparent darüber informieren, wie die Situation vor Ort ist. Wir brauchen letztlich diesen Windatlas, der einfach not wendig ist. Die Energiestrategie muss diesbezüglich erarbeitet werden. Dagegen brauchen wir das Flächenziel nicht mehr zu benennen, das müssen wir ad acta legen. Wir sind der festen Überzeugung: Es kann zukünftig nur über die installierte Leis tung gehen. Wir müssen darüber reden und debattieren, wo eine Kappung möglich ist. Wir sind der Meinung: Der Punkt in Brandenburg ist erreicht, dass wir...
Ich komme zum Schluss.
Meine Damen und Herren, alles, was wir in unserem Entschlie ßungsantrag erwähnt haben - zum Beispiel Mindestabstände und die Einkreisung von Siedlungen -, muss neu überdacht werden. Deshalb brauchen wir - das ist mein Schlusssatz - einen Neuanfang, wenn es um Windenergie geht. Wir brauchen einen Neustart der energiepolitischen Ausrichtung im Land Branden burg und müssen die Windenergie in geordnete Bahnen lenken. Weil wir wollen, dass die Energiewende in Deutschland ein Er folg wird, müssen wir die Menschen mitnehmen. Das geht aber nur mit Akzeptanz, lieber Herr Holzschuher, und nicht mit Weiße-Salbe-Anträgen.
Frau Kollegin Schinowsky, wenn Sie mir Populismus vorwer fen und so tun, als ob alles das, was ich hier sage, aus der hoh len Hand gegriffen sei, und wenn Sie behaupten, uns gehe es eigentlich nur darum, die Energiewende irgendwie zu verhin dern, dann kann ich das so nicht stehen lassen.
Ich kann Ihre Argumentation aus Ihrer Programmatik heraus gut nachvollziehen. Ich sehe auch die Arbeit, die Sie im Aus schuss leisten. Das, was ich zu dem Antrag gesagt habe, ist nichts anderes als das Folgende - Sie haben mir anscheinend nicht zugehört -: Wenn man wirklich etwas für die Bürger tun möchte und dafür, dass deren Akzeptanz der Windenergie und der erneuerbaren Energien generell zunimmt - das ist wichtig für die Zukunft -, dann brauchen wir eine seriöse Datengrund lage. Ich habe mir die Mühe gemacht und entsprechende Anfra gen an die Landesregierung gerichtet, weil ich das wissen will. Ich habe die Angewohnheit - immer noch, Gott sei Dank! -, den Dingen auf den Grund zu gehen.
- Kollege Vogel lacht. Er kennt mich noch aus den Untersu chungsausschüssen und weiß, dass ich diese Angewohnheit habe.
Die Antworten, die ich bekommen habe, waren nicht seriös, sondern lauteten - ganz einfach auf den Punkt gebracht, Frau Kollegin -: Wir wissen es nicht! - Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir Abgeordneten auf Fragen, die wir der Landesre gierung stellen, die Wahrheit zu hören bekommen oder gar nichts, dass wir aber nicht belogen werden. Insofern muss ich davon ausgehen, dass die Landesregierung in wesentlichen Punkten nicht weiß, worüber sie spricht.
Sie werfen mir zum Beispiel vor, dass ich Polemik schüre, wenn es um das Recyceln von Anlagen geht. Im Gegenteil! Ich weiß selbst, dass es eine stoffliche Verwertung gibt. Es geht mir darum, dass es die Landesregierung anscheinend nicht weiß.
Ich betone, dass wir insgesamt eine entsprechende Datengrund lage brauchen. Erst dann können wir uns darüber unterhalten, wie wir die Akzeptanz der Windenergie durch die Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg steigern können. Ich spreche mit vielen Bürgern. Von keinem habe ich gehört, dass er Verständ nis dafür hat - es sei denn, er verdient sein Geld damit -, dass Anlagen mit einer Nabenhöhe von 200 Metern oder höher in den Wald gesetzt werden. Das versteht niemand. Wir können eine Menge dafür tun, um die Akzeptanz im Land Brandenburg zu erhöhen - indem wir damit aufhören.
Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen - Frau Kollegin, auch das müssen Sie mir einmal erklären; hoffentlich können Sie das mit der gleichen Leidenschaft -, dass eine Partei, die dem Ge danken des Naturschutzes, der Erhaltung der Natur verpflichtet ist, dafür ist, dass Windkraftanlagen - Industrieanlagen! - in den Wald gebaut werden.
Warum sind Sie bereit, hektarweise Wald abholzen zu lassen? Sie machen sonst einen riesigen Aufstand, wenn es darum geht, dass …
Ich danke Ihnen.
Sie machen sonst einen riesigen Aufstand, wenn es darum geht, dass Alleebäume abgeholzt werden, und wenn es nur drei Stück sind. Das müssen Sie mir einmal erklären. Das ist unglaubwür dig, Frau Kollegin Schinowsky.
Vielen Dank. - Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden? Sind Sie der Meinung, dass es ein staatlich finanziertes Förder programm geben sollte, wie es im Antrag steht, das die Ab schaltung der Nachtkennzeichnung an Windkraftanlagen unter stützt? Oder anders ausgedrückt: Sind Sie der Meinung, dass wir das angesichts bereits hochsubventionierter Anlagen sub ventionieren sollten? Eine Doppelsubventionierung kann doch nicht Ihr Ernst sein!
Herr Minister, ich habe Sie - die Landesregierung - gefragt: Wie viele Windkraftanlagen werden bei der Umsetzung der Regio nalpläne im Wald entstehen? Die Frage konnten Sie nicht be antworten, weil Sie dazu keine Datengrundlage haben. Deswe gen wundere ich mich, wenn Sie sagen, es sei bekannt, dass es Ausgleichsflächen gibt. Wie kontrollieren Sie das, und woher wissen Sie das?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Si cherlich ist Industriekultur in Brandenburg ein wichtiges The ma. Ich habe mich nur gefragt, verehrte Kolleginnen und Kol legen, warum die Koalitionsfraktionen sich bei der Möglich keit, ein prioritäres Thema zu bestimmen, dieses Thema ausge sucht und zum Beispiel nicht ein Thema gewählt haben, das ich für wichtiger erachtet hätte, wenn es um wirtschaftspoliti sche Kompetenz geht. Zum Beispiel hätte man zu dieser wich
tigen Tageszeit einen Antrag „Bessere Nutzung der Potenziale der industriellen Kerne zur Stärkung ihrer Wachstumskräfte unter Einsatz aller Ressourcen der Landesregierung“ einbrin gen können.
Ich möchte nicht, lieber Kollege Helmut Barthel, dass Sie böse sind. Aber: Wir sind Wirtschaftspolitiker, und es ist unsere Aufgabe, die Wirtschaft und die Industrie im Land Branden burg zu stärken. Dazu gehört sicherlich auch die Industriekul tur. Ich will das Thema gar nicht schlechtreden. Ich habe mich nur gewundert, dass Sie es als prioritäres Thema auf die Tages ordnung setzen und danach ein meiner Ansicht nach unglaub lich wichtiges Thema an die zweite Stelle setzen - nämlich die Behandlung der Volksinitiative zur Kreisgebietsreform. Ein Schelm, wer Böses vermutet.
Sie haben das eben sehr anschaulich geschildert, ich bin da auch ganz bei Ihnen: Es ist sicherlich spannend und interes sant, wie wir die Potenziale der Industriekultur im Land Bran denburg besser nutzen können. Wir alle begegnen der Frage auch in unseren Wahlkreisen und sind da alle aktiv. Aber wenn ich mir den Antrag anschaue, Kollege Barthel, fällt mir ein wunderbarer deutscher Spruch ein: Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein.
Schauen Sie sich doch einmal an, wie Sie die Landesregierung bitten, das eine oder andere in dieser Angelegenheit zu beglei ten, zu ermöglichen, zu prüfen oder zu berücksichtigen: keine Fristen, keine Ziele, keine Erfolgskontrolle - gar nichts. Die Landesregierung kann mit diesem Antrag machen, was sie will.
- Zum Beispiel abheften.
Sie kann den Antrag auch freundlich behandeln.
Ich gehe auch davon aus, dass die Landesregierung daran be teiligt war. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum der An trag so aussieht - weil die Landesregierung daran beteiligt war.
Es ist eigentlich schade, denn es ist ein wichtiges Thema. Mir fällt einiges ein, was man noch in den Antrag hätte schreiben können - zum Beispiel, dass man Industriekultur nicht als blo ßen Denkmalschutz betrachtet; Schaffung neuer Museen, die wir staatlich fördern. Viel wichtiger ist für mich zum Beispiel die Erschließung alter Industriebauten und Flächen für die wirtschaftliche Nutzung.
Denkmalschutz bei der Produktion in historischen Gebäuden - wenn man durch Berlin fährt, sieht man das in Adlershof - ist oft wunderbar. Es birgt zwar häufig einen Zielkonflikt, manch mal ist es aber auch nutzbringend, dort zu produzieren. Des halb muss beispielsweise der Erhalt historischer Bausubstanz meiner Ansicht nach in ein solches Gesamtkonzept einbezogen werden. Alte Werkhallen, Backfabriken und Brauereien bieten sich für Start-up-Unternehmen an, die wollen da geradezu hin. Das hätte man doch alles mit in den Antrag schreiben können.
Das wäre eine klare Zielsetzung, das auch zu fördern.
Ich finde es ein bisschen schade. Ganz ehrlich, Kollege Bar thel, bei dem Antrag hätten Sie gegenüber der Landesregierung einfach etwas selbstbewusster sein sollen. Die bringt Sie doch auch nicht um. Es fehlt ein bisschen Standing und die Ansage: Das wollen wir, das sind die Ziele; bis dann habt ihr ein Kon zept vorzulegen, das gucken wir uns dann an, diskutieren es im Wirtschaftsausschuss und machen dazu eine tolle Anhörung; dann bringen wir etwas auf den Weg. - Schade, aber wir stim men zu, weil das Anliegen ein gutes Anliegen ist; wir unterstüt zen das selbstverständlich. Es schadet nicht. - Danke schön.
- Ja, wir mögen uns wirklich, sind gute Kollegen.
Lieber Helmut,
das Thema - habe ich ja gesagt - ist wirklich wichtig, auch für Brandenburg.
Der Minister hat es gesagt: für den Tourismus - keine Frage -, aber auch insgesamt, weil es unsere Wurzeln sind.
Was ich nicht verstehe - und das ist meine Frage -, ist Folgen des: Wenn euch der Antrag so wichtig ist und ihr auch so lange daran gearbeitet habt und der Minister das jetzt hier auch bestä tigt hat, frage ich mich - und das ist uns Wirtschaftsleuten wichtig -: Warum wollen wir den Antrag nicht im Ausschuss behandeln? Ich würde gern die Überweisung beantragen, so dass wir uns die Situation in einer guten Anhörung von den Experten im Wirtschaftsausschuss darlegen lassen und dann vielleicht auch zu neuen Erkenntnissen gelangen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Matthias Loehr, ich freue mich, dass Sie anscheinend schon ei nen Blick in meine Rede geworfen und gedeutet haben, was ich sagen werde. Bekanntermaßen ist es ja so: Die Schönheit eines Objekts liegt im Auge des Betrachters, lieber Herr Kolle ge Loehr. Das Objekt ist der Einzelplan 08. Sie werfen einen anderen Blick auf diesen Einzelplan, als ich das tun werde. Das liegt sicherlich auch an der unterschiedlichen Ausgangslage.
Lieber Kollege Loehr, das Sein bestimmt das Bewusstsein - so ist das nun einmal -, und so werden wir sicherlich in kollegialer Art und Weise auch diesen Haushalt debattieren. Ich bin nicht nur negativ, wie Sie es vermuten, Herr Kollege Loehr, es geht Brandenburg und Deutschland tatsächlich gut. Die Arbeitslo senquote sinkt, die Preise sind stabil, die Auftragsbücher der Unternehmen sind voll, die Reallöhne steigen und die Steuer einnahmen sprudeln.
Die Landesregierung - hat man oft den Eindruck - lehnt sich zufrieden zurück und vermittelt den Eindruck, dass sie wirk lich daran glaubt, dass es einen inneren Zusammenhang zwi schen der guten Konjunktur in Deutschland und ihrem Regie rungshandeln gibt. Ja, wir haben eine glückliche Haushaltsla ge. Aber gerade deshalb, meine Damen und Herren, darf man sich doch jetzt nicht zurücklehnen. Denn dieses Glück ist ver gänglich, übrigens wie jede gute Konjunktur in Deutschland. Wo steht denn geschrieben, dass Deutschland und damit auch Brandenburg nicht in eine Rezession geraten? Es gibt keine Garantie, meine Damen und Herren von der Landesregierung, dieses Glück ist vergänglich.
Wir wissen: Beim wirtschaftlichen Aufholprozess zu den alten Bundesländern können wir seit Jahren keinen Fortschritt mehr vermelden. Das Bruttoinlandsprodukt Ostdeutschlands je Ein wohner lag im letzten Jahr um fast 28 % unter den Werten Westdeutschlands. Das Problematische ist: Der Abstand wird nicht geringer, er wird größer. Ich möchte hier keine Konver genzdebatte führen, das können wir sicherlich bei anderer Ge legenheit intensiver tun.
Was sind die Ursachen für die geringere Wirtschaftskraft, die nach wie vor zu verzeichnen ist? Meiner Ansicht nach ist es zunächst die Kleinteiligkeit unserer Unternehmenslandschaft in Brandenburg und sind es die damit verbundenen niedrigen Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie weniger In novation und die schwache Internationalisierung. Die wenigen größeren Betriebe sind zumeist Tochtergesellschaften ausländi scher Konzerne, und diese treffen ihre Investitionsentscheidun gen nach globalen konzernpolitischen und eben nicht nach re gionalökonomischen Gesichtspunkten, wie wir in Brandenburg schon oft leidvoll haben feststellen dürfen. Dazu kommt eine nach wie vor ungünstige demografische Entwicklung. Eine al ternde Gesellschaft bringt weniger Unternehmensgründer her vor. Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung bedeuten auch einen erheblichen Verlust an Humankapital für unsere Wirtschaft.
Um den Anschluss an die westdeutschen Länder nicht zu ver lieren oder, besser gesagt, ihn überhaupt erst zu ermöglichen, müssen wir uns doppelt anstrengen, sehr verehrter Herr Minis ter Gerber, wir müssen uns richtig Mühe geben. Wir brauchen eine stärker wachstumsorientierte und damit auch zukunftsori entierte Wirtschaftspolitik. Dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen.
Ich möchte das an fünf Punkten festmachen und damit auch christdemokratische Wirtschaftspolitik in diesem Parlament zur Debatte stellen. Wir müssen unsere Bildung neu denken. Innovationen brauchen qualifiziertes Personal, auch die digita lisierte Arbeit von morgen stellt neue Anforderungen an die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir müssen intensiv in die digitale Infrastruktur investieren. Eine schnelle und sichere Datenverbindung ist heute die absolute Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft.
Wir sehen gerade am Beispiel von Bombardier, wie schnell ein Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit verlieren kann, wenn es den digitalen Wandel verpasst. Erst am Dienstag titelte die „MAZ“: „Brandenburg für ausländische Fachkräfte nicht interessant.“ Ich frage Sie: Warum sollen auch Menschen aus Japan, Russland oder den USA in die Region ziehen, wo sie keinen modernen Arbeitsplatz vorfinden, wo ihnen Homeoffice nicht möglich ist, wo keine modernen Lebensbedingungen existieren? Und ohne schnelles Internet wird es in Branden burg nicht gehen.
Ihre Erklärung, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition, warum wir beim Mittelabruf aus dem Bundes förderprogramm so langsam sind, warum wir hintenan sind, finde ich ziemlich skurril, um es freundlich auszudrücken. Mal beklagen Sie, dass der Bund sein selbstgestecktes Ziel von 50 Mbit pro Sekunde nicht alleine finanziert, sondern das Land und die Kommunen beteiligt; dabei braucht doch nicht der Bund, sondern brauchen unsere Bürgerinnen und Bürger im Land das Internet. Dann machen Sie Dobrindt zum Sünden bock, weil er angeblich Bayern einen Informationsvorsprung verschafft. Und am Ende glauben Sie wirklich, die Bundes kanzlerin hat Schuld, weil Frau Merkel ihren Wahlkreis in Mecklenburg-Vorpommern hat und Mecklenburg-Vorpommern damit schneller informiert war.
Diese Erklärungen, meine Damen und Herren, sind einfach nur lächerlich. Sie sollten sich wirklich überlegen, ob Sie das so weiterverfolgen wollen.
Die Wahrheit, Herr Minister Gerber, ist: Sie haben mit Ihrem Haus diese Entwicklung einfach verschlafen.
Übernehmen Sie die Verantwortung, statt nach Schuldigen zu suchen! Geben Sie zu: Ja, das haben wir nicht gut gemacht. Wir müssen uns jetzt auf die Sache konzentrieren, alles voran bringen, alle Kräfte bündeln, um wieder vorne mitzuspielen. - Das wäre eine politische Entscheidung, und das würden wir begrüßen.
Meine Damen und Herren, wir müssen unsere Förderpolitik maximal innovationsorientiert ausrichten. Das heißt, wir müs sen unsere Prioritäten auf Forschung, Entwicklung, Innovati onsumsetzung und Gründerunterstützung legen. Deswegen halte ich Ihren Ansatz, meine Damen und Herren, den Breit bandausbau mit GRW-Mitteln zu finanzieren, für sehr fragwür dig. Damit verzichten Sie doch freiwillig auf Bundesmittel. Mir fehlt hier Ihre politische Weitsicht.
Eine andere Frage, auch an den Kollegen Loehr - Sie haben es vorhin gesagt -: Warum haben wir überhaupt jedes Jahr so vie
le GRW-Mittel übrig? Ich halte es für eine Legende, die Sie hier stricken, dass die Systemumstellung und andere Rahmen bedingungen irgendwie daran schuld sind. Bei Ihnen haben so wieso immer die anderen Schuld.
Wenn ich mir die anderen Bundesländer anschaue, sehe ich zum Beispiel, dass Thüringen letztes Jahr 95 %, Sachsen 98 % und Mecklenburg-Vorpommern komplette 100 % GRW-Mittel abgerufen haben. Das macht Mecklenburg-Vorpommern übri gens seit Jahren, und nicht, weil Frau Merkel dort ihren Wahl kreis hat.
Übrigens, Herr Loehr, warum vergleichen Sie sich immer mit den Bundesländern, die noch hinter uns liegen, wie in diesem Fall Sachsen-Anhalt? Warum orientieren Sie sich nicht einmal an den Bundesländern, die vor uns liegen? Das ist doch eine spannende Frage.
In Brandenburg, meine Damen und Herren, wurden nur 71 % der GRW-Mittel abgerufen. Warum lassen Sie so einfach 23 Millionen Euro verfallen? Ich frage Sie: Können wir uns das im Land Brandenburg leisten? Ich meine, wir können uns das nicht leisten.
Wir müssen die Wissens- und Technologietransfers in die regi onale Wirtschaft stärken. Das ist ein Muss, wir werden nicht umhinkommen, das zu tun.
Fünftens: Wir müssen unseren RWK-Prozess - auch wenn Sie es nicht mehr hören können - stetig weiterentwickeln und die aufstrebenden Regionen in Brandenburg einbeziehen.
Für das alles können wir jeden Euro aus Bundes- und EU-För dertöpfen dringend gebrauchen. Aber auch beim Abruf der EUFördermittel sind wir nur Schlusslicht. Ich kann mir überhaupt nicht erklären, warum das MWE das nicht in den Griff be kommt. Diese Zustände sind inakzeptabel, vor allem vor dem Hintergrund der anstehenden Mammutaufgabe der Strukturent wicklung in der Lausitz.
Mittlerweile vergeht doch keine Woche, ohne dass sich jemand aus der Landesregierung zur Zukunft der Lausitz äußert. Wenn ich mir aber den Einzelplan 08 anschaue, sehe ich, dass da un ter der Bezeichnung „strukturpolitisch wichtige Vorhaben“ in der Lausitz - so heißt der Titel, und jetzt hören Sie zu - nur Mittel für die Renovierung der Tribüne und der Asphaltdecke am Lausitzring eingestellt sind. Das ist alles, was Sie unter dem Thema Strukturwandel in der Lausitz an Ideen haben. Ein Armutszeugnis.
Genauso geht die Landesregierung das Thema Strukturent wicklung an - planlos, ideenlos, es gibt keine Prioritätenset zung, das Land verzettelt sich in Einzelmaßnahmen. Die Lan desregierung sieht den Bund in der Pflicht, wartet auf Ideen aus der Region und weist jegliche Verantwortung von sich. Fangen Sie doch einfach einmal an, meine Damen und Herren von der Landesregierung, Struktur in Ihre Lausitzpolitik zu bringen. Und kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, dass die Zerschlagung der Lausitzkreise Ihre wirtschaftspolitische Ant
wort auf die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger in der Lausitz ist.
Wie sollen sich die Lausitzer fühlen, wenn sie tagtäglich in der Presse solche Schlagzeilen lesen: „Land ohne Plan beim Koh leausstieg“, „Strukturwandel in der Lausitz fehlt jedwede Struktur“ oder „Keine Ideen für das Tagebauland“. - Natürlich ist es wichtig und richtig, dass der Bund den Strukturwandel mit GRW-Mitteln unterstützt. Aber Wirtschaftspolitik ist doch nicht nur Förderpolitik. Dazu gehören doch auch die Rahmen bedingungen, unter denen die Unternehmen agieren. Die Poli tik kann zwar Unternehmen nicht erfolgreich machen, sie kann aber den Erfolg ermöglichen. Nur Erwartungen an andere zu formulieren reicht nicht aus, meine Damen und Herren. Zual lererst sollte man sich selbst in die Pflicht nehmen, meine ich, und das sehe ich beim Thema Lausitz bei Ihnen nicht. Das ist zutiefst verantwortungslos, Herr Ministerpräsident.
Meine Damen und Herren, Rot-Rot denkt nach meiner Auffas sung nicht in Generationen, sondern in Wahlperioden. Ich kann mir sonst nicht erklären, Herr Kollege Loehr, warum das Land Brandenburg im September im Bundesrat praktisch für das Verbot des Verbrennungsmotors ab 2030 gestimmt hat. Dabei sind für die Elektromobilität im aktuellen Haushaltsplan 08 ge rade einmal 550 000 Euro eingeplant. Eine Elektromobilitäts offensive mit diversen Landesprogrammen, wie zum Beispiel in Hessen? Fehlanzeige. Ich frage mich wirklich: Soll das eine nachhaltige Politik sein? Oder wollen Sie damit die Branden burger motivieren, ab 2030 häufiger zu Fuß zu gehen, in einem Pendlerland, wo die Bürger dringend auf ihre Kfz, ihre Mobili tät angewiesen sind?
Die kommenden Jahre werden die Jahre der Investitionen und der Innovationen sein, meine Damen und Herren. Wir müssen Antworten auf die Fragen der demografischen Entwicklung ge ben, unsere Bildung neu denken und eine zukunftsfähige digi tale Infrastruktur schaffen. Wie gehen wir mit dieser Heraus forderung um? Mit einer Investitionsquote von nur 12 %? Das ist der niedrigste Stand seit Bestehen des Landes!
2018 soll sie noch weiter sinken, Herr Finanzminister. Die Zu kunft kommender Generationen wird damit einfach verzockt, meine Damen und Herren! Der uns vorliegende Einzelplan 08 wird nach unserer Auffassung den Herausforderungen an den Wirtschaftsstandort nicht gerecht, er ist ideenlos und uninspi riert. Die Wirtschaftspolitik soll doch eine Lokomotive des Landes sein. Mir kommt es so vor, als ob dieser Haushalt, sehr verehrter Herr Minister Gerber, eher ein Bremserhäuschen ist. Wir lehnen diesen Haushalt ab. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Städten geht die Post ab, und bei uns bleibt sie liegen. - So hat ein Bürgermeister aus dem ländlichen Raum die Situation seiner Gemeinde - so meine ich - auf den Punkt gebracht.
Die Herausforderungen für die ländlichen Räume sind groß, und uns allen ist das auch bekannt: demografischer Wandel, Abwanderung, Rückgang von Dienstleistungen in erreichbarer Nähe. Immer wieder stellen sich die Brandenburgerinnen und Brandenburger deshalb die Frage: Haben unsere ländlichen Regionen eine Zukunft? - Meine Antwort, ganz klar: Ja. Denn ihre Zukunft beruht auf dem Engagement und den Leistungen der vielen Menschen, die auf dem Land leben und dort ihre Heimat haben. Deshalb sehe ich die ländlichen Räume nicht als Notstandsgebiete oder als Objekte staatlicher Fürsorge, wie der eine oder andere aus der Landesregierung das vielleicht meint.
Nein. Es sind unsere Zukunftsregionen, die wir als CDU-Fraktion auf ihrem Weg dahin auch unterstützen werden.
Nicht umsonst haben wir im letzten Jahr im Landtag Brandenburg eine Enquetekommission zur Zukunft der ländlichen Räume eingesetzt.
Junge und alte Menschen leben nicht auf dem Land, weil wir Politiker das so wollen, meine Damen und Herren. Nein, sie wollen die schöne Landschaft genießen, sie leben dort als Teil einer Gemeinschaft. Schlicht: Sie wollen in ihrer Heimat leben. Das ist echtes Lebensgefühl.
Lebensqualität bedeutet aber auch, dass Schulen, Ausbildung, Arbeitsmöglichkeiten, berufliche Perspektiven, gute Verkehrsanbindungen, bedarfsgerechte Kinderbetreuung und moderne medizinische Versorgung vorhanden sind. Hier gerät die öffentliche Daseinsvorsorge auch durch Untätigkeit der Landesregierung immer mehr unter Druck.
In allen diesen Bereichen bietet übrigens die Digitalisierung bereits heute Lösungen, mit denen wir gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land schaffen könnten. Nur ein Beispiel, meine Damen und Herren: In der Prignitz ist das Risiko, an einem Herzinfarkt zu sterben, erheblich höher als in Berlin. Die Telemedizin-Firma GETEMED aus Teltow macht es aber möglich, Herzinfarktrisikopatienten zu Hause über das Internet permanent zu überwachen. Die Daten werden an der Charité analysiert und den Ärzten vor Ort zur Verfügung gestellt. Dann wird entschieden, ob medizinisch eingegriffen wird.
Die Voraussetzungen für die Umsetzung dieser Technik sind allerdings flächendeckende, leistungsfähige Breitbandnetze. Das heißt, Internet gehört nach meiner Auffassung heute genauso zur Daseinsvorsorge wie Wasser, Gas oder Strom. Das sollte in diesem Hause eigentlich zum Common Sense gehören.
Die flächendeckende Versorgung mit Breitbandanschlüssen ist mittlerweile - so meine ich - zentral für die Zukunftsfähigkeit des Landes geworden. Das gilt nicht nur für die Industrie oder für Firmen aus der IT-Branche. Auch touristische Betriebe, das Handwerk - alle brauchen schnelles Internet, und zwar nicht nur für Wettbewerb und neue Kunden, sondern auch, um den Fachkräften von morgen einen modernen Arbeitsplatz zu bieten.
Aktuell haben rund 57 % der Brandenburger Haushalte einen Internetanschluss mit 50 Mbit/s, im ländlichen Raum gerade einmal ein Drittel der Haushalte. Die digitale Spaltung verläuft damit in Deutschland nicht nur zwischen Ost und West, nein, sie verläuft auch zwischen Stadt und Land.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Da, wo der Markt schwach ist, wird von den Telekommunikationsunternehmen eben nicht investiert. - Um diese Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen, hat die Bundesregierung im Herbst 2015 das milliardenschwere Förderprogramm aufgelegt. Während sich die Landesregierung hier immer wieder auf die Schulter klopft, weil Brandenburg derzeit besser dasteht als die meisten anderen Ostländer, sind nach Mecklenburg-Vorpommern in den ersten zwei Calls schon 709 Millionen Euro geflossen. Meine Damen und Her
ren, das ist über die Hälfte der gesamten Bundesmittel. Im gleichen Zeitraum gingen nach Brandenburg 11 Millionen Euro für den Landkreis Dahme-Spreewald.
Ich muss Ihnen sagen: Als Wirtschaftspolitiker tut es mir im Herzen weh, zu sehen, wie der Kuchen immer kleiner wird und die Nachbarländer immer größere Stücke davon bekommen, während für märkische Landkreise gerade einmal ein paar Krümel übrig bleiben.
Ich möchte Ihnen das auf einer Grafik zeigen, weil Bilder ja manchmal mehr aussagen als tausend Worte.
Ich habe hier ein Tortendiagramm. Was Sie hier in Rot sehen, meine Damen und Herren, ist Mecklenburg-Vorpommern: 77 Projekte, 709 Millionen Euro aus dem Programm. Das hier sind andere Bundesländer, der Westen, unter anderem ist auch Bayern dabei. Hier haben wir Sachsen mit 19 Projekten und 211 Millionen Euro, dann kommt Sachsen-Anhalt mit 14 Projekten und 48 Millionen Euro. Und, meine Damen und Herren, dieses schmale Stückchen hier,
das ist der Krümel; das ist Dahme-Spreewald, Herr Gerber.
Herr Ministerpräsident, Sie waren beim ersten Ostdeutschen Wirtschaftsforum in der Diskussionsrunde, an der der Infrastrukturminister Mecklenburg-Vorpommerns, Christian Pegel, teilgenommen hat und in der die Digitalisierung ein Thema gewesen ist. Sie werden mir sicherlich beipflichten - ich habe Sie dabei beobachtet; Sie haben es ja auch so wahrgenommen -, dass der SPD-Minister dort mit Leidenschaft vorgetragen hat, gemeinsam mit Harry Glawe, unserem CDU-Wirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern, warum Mecklenburg-Vorpommern sich hier so engagiert hat: weil sie es als Zukunftschance begreifen, weil es das Land wirklich nach vorn bringt. Und mitnichten ist der Grund Angela Merkel, weil sie dort ihren Wahlkreis hat. Das betrifft ganz Mecklenburg-Vorpommern.
Und jeder - auch Brandenburg - hatte die Chance, sich entsprechend aufzustellen, Herr Minister Gerber. Wir haben schon Anfang des Jahres die Breitbandbeauftragten des Landes bei uns in der CDU-Fraktion gehabt. Dabei ist mir sehr schnell klargeworden, wie groß die Unterschiede im Engagement der einzelnen Landkreise sind. Wir haben danach im Wirtschaftsausschuss klargemacht: Herr Minister, Sie brauchen dringend ein Kompetenz-Center. Die Landkreise müssen dabei unterstützt werden, das Bundesprogramm umzusetzen.
Dann sind bei der Ausschreibung Monate ins Land gegangen. Nun endlich ist es wohl auch über die Bühne gegangen. Aber wir sind mittlerweile am Ende des dritten Calls, und der Kuchen ist - wie gesagt - kleiner geworden.
Herr Minister Gerber, es macht auch gar keinen Sinn, sich immer auf den alten Lorbeeren des Programms 2020 auszuruhen. Das war sicherlich ein Erfolg. Ich sage Ihnen das einmal in Zahlen - neuester Stand -: Brandenburg 57 %. Aber Mecklenburg-Vorpommern hat auch schon 52 %. Ich behaupte, wenn Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen dieses Programm umgesetzt haben, haben die uns alle überholt. Und das kann meiner Ansicht nach nicht sein.
- Das kann nicht sein. Denn wir haben doch einen entsprechenden Vorsprung gehabt, und den geben wir jetzt leichtsinnig auf.
Ich bin der Meinung, hier muss mehr getan werden, und hier brauchen wir mehr Anstrengungen und auch mehr Leidenschaft.
Meine Damen und Herren, sehr verehrter Herr Minister, auch im Mobilfunk hinkt Brandenburg dem Stand der Technik hinterher. Bis Ende 2020 soll nach den Plänen der Bundesregierung flächendeckend das neue Netz 5G eingeführt werden. In Brandenburg - das wissen wir alle - haben wir noch nicht einmal flächendeckend den 3G-Standard. Überall Funklöcher, wohin man guckt.
Auch hier haben wir es mit Wirtschaftlichkeitslücken zu tun. Mir sind keine Förderprogramme bekannt, um sie zu schließen - weder auf Bundesebene noch auf Landesebene. Das heißt, der Staat fördert eben nicht. Die Unternehmen bauen keine Netze. Leittragende sind die Bürger, und moderne Technik und Anwendung von Digitalisierung können sich nicht durchsetzen. Das können wir nicht wollen. Wir müssen uns auch als Land überlegen, hier mit einem entsprechenden Programm voranzuschreiten und dafür Sorge zu tragen, dass unsere ländlichen Räume auch beim Mobilfunk nicht abgekoppelt werden.
Meine Damen und Herren, starke ländliche Regionen können wir nicht per Gesetz verordnen, gar keine Frage. Aber starke ländliche Regionen können wir als Politik erreichen, indem wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und den Regionen bei ihrer Entwicklung helfen. Wir, die CDU-Fraktion, haben uns immer für den ländlichen Raum eingesetzt und ihn auch als Halt für die Menschen verstanden, als Halt, den die Menschen gerade jetzt in Zeiten der Globalisierung und anderer Herausforderungen ganz dringend brauchen.
Durch die Digitalisierung haben wir eine riesige Chance, den Brandenburgern diesen Halt zu geben und ihnen ihre ländliche Heimat als liebenswert zu erhalten. Ich rufe Sie daher auf, liebe Mitglieder der Landesregierung Brandenburgs: Nutzen Sie diese einmalige Chance, verpassen Sie die Zukunft nicht, setzen Sie sich leidenschaftlich für Brandenburg ein, damit mit der Digitalisierung der Wandel in Brandenburg voranschreiten kann!