Protocol of the Session on October 9, 2002

Frau Ministerin der Finanzen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Osten, ich kann mit meinen Ausführungen nahtlos an die Worte von Minister Dr. Fürniß anschließen. Die Höhe der Sperre bzw. der zu erbringenden Einsparungen ist heute nicht zu ermitteln. Wir werden das erst am Jahresende wissen; denn die rechtlichen bzw. gesetzlichen Verpflichtungen sind gesichert und wir wissen nicht, in welcher Höhe die in den Zuwendungsbescheiden zugesicherten Mittel tatsächlich zurückzurufen sind. Es handelt sich also um einen Prozess und wir können deshalb nicht heute schon sagen, wie weit die rechtlichen Bindungen der einzelnen Ressorts gehen. Dies wird in den nächsten Wochen und Monaten deutlicher werden. Am Ende dieses Jahres bzw. am Anfang des nächsten Jahres werden sie mit dem Jahresabschluss die genauen Ergebnisse erfahren.

Ich kann das jetzt nicht genau erkennen: Stehen die Herren Abgeordneten dort in einer Schlange?

(Zurufe)

- Gut. Wir fangen dann mit Frau Osten an. Bitte schön.

Frau Ministerin, ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun. In diesem Sinne frage ich Sie erstens, an welche Einsparmöglichkeiten Sie gedacht haben, als Sie diese nebulöse Haushaltssperre verhängt haben, die alle Leistungen des Landes, welche nicht vertraglich oder rechtlich gebunden sind, umfassen soll. Vielleicht nennen Sie uns einfach einmal drei Beispiele, damit wir wissen, was Sie meinen.

Meine zweite Frage: Frau Ministerin, trauen Sie sich die Funktion der obersten Kassenwärtin in diesem Lande noch zu, obwohl Sie nicht vorausschauend arbeiten, das heißt über Analysen und über das Feststellen von Defiziten nicht hinauskommen? Haben Sie also Alternativen?

Meine dritte Frage: Frau Ministerin, an welchen Stellen, wo konkret, lebt das Land Brandenburg über seine Verhältnisse?

Ich werde versuchen, sachlich zu antworten, Frau Osten. Das wird für das Niveau in diesem Hause sicherlich gut sein.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt innerhalb der Koalition einen fest vereinbarten Fahrplan. An den halte ich mich und arbeite ihn sukzessive ab.

Der Landtag hat Anfang dieses Jahres eine globale Minderausgabe beschlossen. Im Mai dieses Jahres habe ich eine Haushaltssperre verhängt. Jetzt habe ich eine, ebenfalls in der Koalition abgesprochene, generelle Haushaltssperre verhängt. Ich wiederhole es noch einmal: Damit ist alles gesperrt, was über gesetzliche und vertragliche Verpflichtungen hinausgeht.

Wir haben die Ausnahmetatbestände genannt. Das sind die EUKofinanzierungen, die wir sicherstellen müssen und werden, weil es auch hier eine vertragliche Bindung gibt. Alles andere können Sie als Vorsitzende des Haushaltsausschusses dem Haushaltsplan selbst entnehmen.

Herr Abgeordneter Trunschke.

Wir konnten heute der Presse entnehmen, dass die Hochschulbibliotheken dankenswerterweise mehr Geld bekommen sollen. Da in der Presse unterschiedliche Angaben über die Quelle gemacht worden sind, zum einen „zusätzliche Fonds“, zum anderen „Umschichtungen in dem entsprechenden Einzelplan“, frage ich Sie, welche Angabe richtig ist. Für den Fall, dass es sich lediglich um Umschichtungen handelt, frage ich Sie, woher das Geld kommen soll, von gesetzlich oder vertraglich bereits festgelegten Mitteln oder von den nun gerade gesperrten Mitteln für freiwillige Aufgaben.

Herr Trunschke, da es sich nicht um eine gesetzliche Verpflichtung handelt, sind das die freiwilligen Aufgaben, aus denen

Frau Wanka durch Umschichtungen Mittel freisetzt. Frau Wanka ist die Ressortverantwortliche. In ihrer Ressorthoheit liegt es, diese Umschichtungen vorzunehmen. Inhaltlich sind wir uns einig, dass hier etwas aufgestockt werden muss. Für die Deckung ist natürlich die Ressortministerin verantwortlich.

Bitte, Herr Hammer.

Ich habe zwei kurze Nachfragen.

Erstens: Frau Ministerin, sind Mittel aus dem Landesjugendplan betroffen?

Zweitens: Erinnern Sie sich daran, dass die PDS-Fraktion im Juni den Antrag gestellt hat, einen Nachtragshaushalt zu fertigen? Ich frage das vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Schönbohm jetzt der Erfinder dieser Idee sein soll.

Der Erfinder ist die Koalition.

(Lachen bei der PDS)

Das ist auch keine Idee, sondern eine Notwendigkeit, weil wir die Steuermindereinnahmen vorher nicht berechnen und das deshalb auch nicht schon im Landtag beschließen lassen konnten. Diese Steuermindereinnahmen sind einfach so eingetreten, wie sie eingetreten sind.

(Zuruf von der PDS: 244 Millionen?!)

Soweit der Landesjugendplan keine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen enthält, fällt er ebenfalls unter die Sperre. Ausnahmen kann jeder Ressortchef bei der Finanzministerin beantragen.

Bitte, Frau Bednarsky.

Frau Ministerin, im Zuge der Haushaltssperrendiskussion wurde auch der Kita-Bereich genannt. Dazu meine Fragen.

Erstens: Werden die Mittel für den Kita-Bereich, die ja auf eine gesetzliche Verpflichtung zurückgehen, ebenfalls den Kürzungen unterliegen und, wenn ja, in welcher Größenordnung?

Zweitens: Wie soll es für das Jahr 2003 aussehen, da wir alle wissen, dass es in diesem Bereich schon immense Einsparungen gegeben hat?

Frau Bednarsky, Sie haben die Frage schon selbst beantwortet: Es ist eine gesetzliche Verpflichtung. Daher sind keine Kürzungen möglich.

Für das Jahr 2003 werden wir am Ende dieses Jahres im Landtag bzw. in den Fraktionen eine Diskussion führen. Ich habe dem Haushaltsausschuss den Vorentwurf des Seitz-Gutachtens zur Verfügung gestellt. Eine parlamentarische Diskussion hierüber ist nicht nur möglich, sondern dringend notwendig. Dabei geht es um die Frage, welche Landesaufgaben wir weiterhin wahrnehmen wollen und in welcher Größenordnung. Das ist eine wirklich wichtige und notwendige Diskussion, um die sich niemand drücken kann. Ich kann also heute noch nicht sagen, was im Jahre 2003 sein wird. Um hier auch gleich die Frage zu beantworten, wann die Vorschläge vorgelegt werden: Dies wird zusammen mit dem SeitzGutachten durch das Finanzministerium gemacht werden.

Bitte, Frau Dr. Enkelmann.

Frau Ministerin, Haushaltskonsolidierung muss auch bedeuten, dass die Einnahmesituation geprüft wird. Welche Position vertritt die Landesregierung zu der Forderung anderer SPD-regierter Länder zur Erhöhung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer?

Frau Enkelmann, diese Frage wird ja gleich noch einmal gestellt werden. Der Bund hat bisher gesagt, dass es keine Steuererhöhungen geben soll. Auf Finanzministerebene führen wir heiße Debatten bzw. Gespräche über die Frage, welche Steuersubventionen noch gedeckelt, welche Schlupflöcher geschlossen werden könnten. Steuererhöhungen sind zurzeit kein Thema.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Damit sind wir bei der Frage 1300 (Sofortmaß- nahmen zur Wiederherstellung der Deichsicherheit). Diese Frage wird vom Abgeordneten Neumann gestellt. Bitte sehr.

Zur Finanzierung der notwendigen Sofortmaßnahmen zur Wiederherstellung der zerstörten bzw. beschädigten Deiche wurden vom Bund über das „Arbeitsmarktprogramm Hochwasser, Teil III, Deichbau“ insgesamt 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Ich frage die Landesregierung: Welche zusätzlichen Deichbaubzw. Sicherungsmaßnahmen können und sollen mithilfe dieses Programms in Brandenburg realisiert werden?

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Neumann. Die Frage wird Ihnen beantwortet von Herrn Staatssekretär Schulze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick über die Höhe der Schäden geben,

die mit dem Sommerhochwasser 2002 im Elbe-Havel-Gebiet in einem Zusammenhang stehen und den Geschäftsbereich des MLUR betreffen. Die Gesamtsumme beträgt ca. 90 Millionen Euro. Die hochwasserbedingten Gesamtschäden an den Deichen betragen nach den Angaben unseres Landesumweltamtes nach derzeitigem Kenntnisstand rund 60 Millionen Euro, also zwei Drittel der zuvor genannten Summe. Zum Ausgleich dieser Schäden sind in einem Sofortprogramm 29,2 Millionen Euro vorgesehen. Ein weiterer Sonderrahmenplan im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe befindet sich derzeit in der Abstimmung zwischen Bund und Ländern. Zusätzlich zu den genannten Schäden werden als dringender Sanierungsbedarf mittelfristig, also bis zum Jahre 2006, 52,7 Millionen Euro veranschlagt. Wenn man die Beträge für den dringenden Sanierungsbedarf addiert, dann ergibt sich ein Gesamtinvestitionsvolumen von 112,3 Millionen Euro.

Anmeldungen des Landesumweltamtes für das von Ihnen genannte „Arbeitsmarktprogramm Hochwasser, Teil III, Deichbau“, bei dem es im Wesentlichen um den Einsatz von ABMKräften geht, gibt es derzeit nicht. Dies können wir auch gut begründen: Erstens haben die Deiche bei uns gut gehalten und zweitens wird die Deichsanierung in der Regel nicht bzw. nicht überwiegend mit ABM-Kräften durchgeführt. Das geht auch auf unsere Erfahrungen mit der Bewältigung des Oderhochwassers zurück. Für die entsprechenden Maßnahmen können lediglich in Einzelfällen arbeitslose Maschinisten eingesetzt werden. Auch wegen des erheblichen Zeitdrucks sieht unser Landesumweltamt keine Erfolg versprechenden Möglichkeiten, das „Arbeitsmarktprogramm Hochwasser, Teil III, Deichbau“ in Anspruch zu nehmen. In Sachsen und in Sachsen-Anhalt sieht das mit Sicherheit anders aus.

Schönen Dank. - Die Frage 1301 (Unterstützung für das Bom- bardierwerk in Hennigsdorf) wird die Abgeordnete Tack von der PDS-Fraktion formulieren. Bitte schön, Frau Tack.

Die Unsicherheiten für ca. 1 500 Arbeitsplätze am Produktionsstandort Hennigsdorf des Schienenfahrzeugherstellers Bombardier bestehen nach wie vor. Auf der Internationalen Fachmesse für Verkehrstechnik InnoTrans 2002 äußerte sich am 24.09.2002 der Präsident von Bombardier Transportation dahin gehend, dass das Werk in Hennigsdorf ein sehr wichtiges Endmontagewerk bleibe. Allerdings seien in Hennigsdorf weitere Entlassungen nötig.

Ebenfalls auf der InnoTrans 2002 wurde vom Brandenburger Wirtschaftsminister ein positives Signal für die geplante „Errichtung eines Technologiezentrums für Bahntechnik, Projekt Prüfzentrum“ gegeben.

Ich frage die Landesregierung: Welchen konkreten Stand der Unterstützung für den Produktionsstandort Schienenfahrzeughersteller Bombardier in Hennigsdorf konnte die Landesregierung bisher erreichen?

Die Antwort wird der Wirtschaftsminister formulieren. Bitte, Herr Dr. Fürniß.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Tack, Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich über die Verhandlungen mit Bombardier öffentlich keine Einzelheiten nennen kann, solange Bombardier seine Untersuchungen der Standorte noch nicht abgeschlossen hat. Aber klar ist, dass in Hennigsdorf wie an allen Standorten von Bombardier zurzeit alles auf dem Prüfstand steht. Das ist nichts Neues. Das hat das Unternehmen angekündigt.

Ich kann Ihnen versichern, dass die Landesregierung, insbesondere Herr Ministerpräsident Platzeck und ich, intensive Gespräche mit dem Unternehmen geführt hat und führt, um den Schienenfahrzeug-Produktionsstandort in möglichst großem Umfang zu erhalten. Wir haben keine Veranlassung, an der Aussage von Herrn Lortie zu zweifeln, dass Hennigsdorf als Standort erhalten bleibt und auch in Zukunft ein wichtiger Standort für das Unternehmen sein wird.

Was das Technologiezentrum für Bahntechnik anbetrifft, bitte ich Sie einfach auch im gemeinsamen Interesse das so zu formulieren, dass dies ein Technologiezentrum von mittelständischen Unternehmern für mittelständische Unternehmer ist und dass Bombardier ein Kunde dieses Technologiezentrums und der mittelständischen Unternehmer dort sein kann. Dass diese mittelständischen Unternehmer wichtige Zulieferer sowie Service- und Dienstleister für Bombardier sein können, ist gar keine Frage. Deshalb hat Bombardier auch ein Interesse daran, dass dieses Zentrum entsteht, und wir haben ein Interesse daran, dass wir am Standort Brandenburg und am Standort Hennigsdorf ein solches Technologiezentrum für die schienengebundene Fahrzeugindustrie in Zukunft aufrechterhalten können. Wir gehen davon aus, dass wir Kunden aus Deutschland und aus Europa für dieses Technologiezentrum gewinnen können.