Thomas Leimbach
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Seit dem Urteil des Reichsoberhandelsgerichts im Dezember 1873 ist klar, dass Bilanzen der objektiven Wahrheit möglichst nahe kommen und nach den Prinzipien der Bilanzwahrheit und Bilanzklarheit ein gerechtes, zutreffendes und nachvollziehbares Bild zum Stichtag zeichnen sollen.
Die Opposition hat die Bilanz unserer Arbeit im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, wie ich meine, künstlich vor die Landtagswahl gezogen, die Berichte kurz vor Weihnachten vorgelegt und damit die Zahl der Arbeitstage, die uns dafür
verblieben sind, einen eigenen Komplex zu erarbeiten, verkürzt.
Ich wollte eigentlich mit dem Lob beginnen, konnte mich aber zu dieser Reihenfolge noch nicht durchringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tatsächlich hat die Opposition das Instrument PUA ganz gut genutzt. Der Vorsitzende - und insoweit ist das Lob, das Herr Miesterfeldt ausgesprochen hat, uneingeschränkt zutreffend - hat die Sitzungen fair und objektiv geleitet.
Gleichwohl, meine sehr verehrten Damen und Herren, erhalten die Berichte Passagen, die mit dem Untersuchungsausschussgesetz unseres Landes nicht zu vereinbaren sind. Man hat beispielsweise den geschätzten Präsidenten des Landesrechnungshofes zum Kronzeugen deklariert, aber die offizielle Stellungnahme der Landesregierung zu dem Bericht des Landesrechnungshofes ignoriert. In meinen Augen ist das ein krasser Fall von Realitätsverweigerung. Gegen die Grundsätze der StPO sind entlastende Beweise missachtet worden, um einen Rest von Skandal bewahren zu können. Kein seriöser Journalist würde so entspannt über vorliegende Rechercheergebnisse hinwegschreiben wie Sie in Ihren Sondervoten.
Die LINKEN vermitteln in ihrem Sondervotum zusätzlich noch den Eindruck, als wären die Erkenntnisse im parlamentarischen Untersuchungsausschuss ausschließlich auf ihre Tätigkeit zurückzuführen. Die Bilanz ist deshalb zwiespältig.
Wir haben im Ausschuss so kolossale Fehlleistungen erlebt, so unverfrorene Naivität und durchaus auch abgebrühten Egoismus bei den Zeugen. Das war ein tiefer und unangenehmer Einblick in die Wirklichkeit von Landesgesellschaften. Mit den vom Landtag beauftragten Untersuchungsgegenständen hatte das aber wenig zu tun. Nach den Prinzipien von Bilanzklarheit und Bilanzwahrheit muss deshalb eher ein zurückhaltendes Bild gezeichnet werden, weniger spektakulär, aber gerecht.
Von den fünf beweiserheblichen Fragestellungen sind drei mit „Nein“ zu beantworten und zwei mit „teilweise Ja“. Für politische Schrotflinten, selbst vor einer Landtagswahl, ist das eine schwache Treffergenauigkeit.
Die Aufmerksamkeit der Opposition als führend im Ausschuss hat sich dann folglich verändert: weg von den anfänglichen Fragestellungen, als man
noch Spuren politischer Einmischung oder gar die Duldung der Einstellungen oder des egoistischen Verhaltens von Dinnies von der Osten suchte - Fehlanzeige.
Der Ausschuss suchte dann finanzielle Millionenrisiken für das Land - letztlich wohl ebenfalls Fehlanzeige, obwohl die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN sogar noch in der letzten Woche behauptete, dem Land würden Risiken in Höhe von 70 Millionen € drohen. Selbst der Kollege Meister hat richtigerweise in seiner Rede kein Wort darüber verloren.
Im letzten Jahr dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, erfolgte die Suche nach einer planmäßigen Begünstigung der Familie des Freundes des Finanzministers: günstige Umstände - ja, Plan - nein.
Dann richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Umstände des Zinserlasses, was auch wieder nichts mit dem Untersuchungsauftrag zu tun hatte. Das war bestenfalls ein halber Punkt.
Wenn dann nicht diese ominösen Aktenfunde vor zwei Wochen gewesen wären, meine sehr verehrten Damen und Herren, hätte das Thema IBG nur noch einige wenige Experten und Akteure in den Medien und im Ausschuss interessiert. Aber 124 Kartons und zwei Einkaufswagen - diese Umstände waren Wasser auf die Mühlen derjenigen, die das Land und die Unternehmen sehr skeptisch beobachten.
Die Aufbauschungen über die - zugegebenermaßen - irritierenden Aktenfunde sind in meinen Augen aber ein Begleitschaden unserer sehr gehypten Wahrnehmung der Geschichte der IBG. Die Kuriositäten verstellen die Aufmerksamkeit für folgende, wie ich finde, zusammenfassende Feststellungen:
Erstens. Letztlich gab es nach zweieinhalb Jahren nur wenige neue Erkenntnisse über das hinaus, was die Medien bereits im Sommer 2013 berichtet haben. Ein gezieltes Schaffen von Rahmenbedingungen durch die Landesregierung, um unzulässigen Fördermittelvergaben Vorschub zu leisten, konnte den Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses zufolge nicht festgestellt werden. Vielmehr kam es vorliegend eher zu einem Zusammentreffen verschiedener Faktoren, die das vorsätzliche und pflichtwidrige Verhalten eines Einzelnen begünstigten.
Zweitens. Eine politische Einflussnahme bei Beteiligungen ist nicht bewiesen worden. Die Mutmaßungen der Opposition gerade zu Beginn der Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses haben sich nicht bewahrheitet.
Drittens. Das egoistische System von der Osten und seiner Kumpane war perfide und sehr gut
verdeckt. Gleich mehrere, richtigerweise kritisierte Schwachstellen in der Architektur der GmbH haben dieses System erheblich erleichtert: kein Vieraugenprinzip, Minijobs für den Geschäftsführer der IBG nach der Privatisierung. Deswegen ist es mehr als nur empörend, was sich ein vom Land gut bezahlter Geschäftsführer an persönlicher Bereicherung erlauben konnte.
Man hat im Jahr 1998 einen konservativen Banker hinausgeschmissen und einen Berliner Zocker geholt, der mit seinen Beteiligungsunternehmen übrigens selbst schon einmal Pleite gemacht hat und den man nun Millionen zur Verwaltung in SachsenAnhalt anvertraute.
Lieber Herr Meister, Sie sagten, es habe kein System von der Osten gegeben. Aber 70 % Ihrer Rede befassten sich ausschließlich mit dieser Person. Das ist ein kleiner Widerspruch, den Sie wahrscheinlich nicht auflösen können oder nur dann auflösen können, wenn Sie eine politische Verantwortung konstruieren wollen.
Selbst die anfänglich gefeierte Q-Cells-Akquisition gibt bei genauem Hinsehen viel Anlass für interessante Fragestellungen.
Aus einer Kreuzberger Atomkraftgegnergruppe, wie es der „Tagesspiegel“ schrieb, hat Q-Cells - dabei waren von der Osten und unsere Beteiligungsgesellschaft wesentliche Akteure - Millionäre gemacht. Diese Millionäre kamen ein paar Jahre später zum Land und lockten mit 20 Millionen € Eigenkapital, nachdem sie einen Exit bei Q-Cells organisiert hatten und sagten: Es wäre schön, wenn wir auch privates Kapital zur Verstärkung der Förderung innovativer junger Unternehmen mit einbauen könnten. - So kam es dann auch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viertens. Unmittelbarer finanzieller Schaden ist dem Land nicht entstanden. Die fehlenden Vor-OrtKontrollen, die im Landesrechnungshofbericht im Sommer noch kritisiert wurden, sind nachgeholt worden. Ich glaube, dass es keinen Anlass gibt, das Ganze weiter zu problematisieren. Weder aus den Akten noch aus den Aussagen und auch nicht von den Whistleblowern, die der eine oder andere im Ausschuss hatte, sind weitere Schäden für das Land aufgezeigt worden.
Fünftens. Ein Zusammenhang zwischen der
Freundschaft von Hübner Junior zu Minister Bullerjahn und der großen Konzentration der Beteiligung an der Schlossgruppe Hübner ist nicht erwiesen. Die Rettung der Schlossgruppe mit europäischen Mitteln entsprach nicht den Vorschriften. Das hat das Wirtschaftsministerium mittlerweile eingeräumt. Zum Glück für das Land, für die Arbeitsplätze und am Ende auch für die Familie Hübner ist es gerade noch einmal gut gegangen. Das Geld ist wieder in der Kasse.
Der Erlass von Steuerzinsen war in den Augen Einzelner rechtswidrig, auf jeden Fall aber so grottenschlecht gehandhabt, dass am Ende der unbeteiligte Minister fast den größten Schaden erleiden musste.
Sechstens. Die IBG-Affäre war ganz sicher kein Beweis überlegener Qualität unserer Administration, aber weit weniger skandalös als am Anfang befürchtet. Die steuernde Verwaltung hat sich an vielen Stellen blamiert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beispielsweise in Bezug auf die Leistungen des sogenannten Kompetenzteams oder den Bieter, der selbst einen genauen Einblick in die Bieterverläufe, in die Ausschreibungsverläufe hatte, mit einem Berater des Landes, der sich hinterher als befreundet mit dem System von der Osten herausstellte, hat das Land nichts getan, um Vertrauen zu begründen.
Siebtens. Das wichtige Arbeitsplatzförderinstrument „Beteiligung an jungen, innovativen Unternehmen“, das Minister Schucht 1997/1998 auf den Weg gebracht hat, hat leider an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Als CDU-Fraktion bedauern wir das sehr. Wir ärgern uns über die Fehler, die gemacht wurden, und möchten sie nicht kleinreden. Die absolut richtige und wichtige Idee ist beschädigt. Die negativen Erfahrungen mit der IBG werden uns aber Mut machen, es in Zukunft besser, sorgfältiger und erfolgreicher zu machen.
Achtens. Die parlamentarische Kontrolle durch einen Untersuchungsausschuss ist sinnvoll, um eine manchmal nachlässige Verwaltung zu binden. Die parlamentarische Kontrolle ohne wirklichen Grund in der nächsten Wahlperiode fortsetzen zu wollen, verkehrt die Vorzeichen und ist eher Ausdruck von detailverliebter Neugier als von politischer Notwendigkeit.
- Diese Kritik müssen Sie einstecken. Sie sollten einmal in Ihrem Sondervotum nach einer Begründung suchen. Das alles sind Mutmaßungen.
Ich komme zum Schluss. Bei meinen Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion möchte ich mich für die ausgesprochen gute und professionelle Zusammenarbeit bedanken, bei den Kollegen der SPD-Fraktion für ihre entspannte Souveränität.
Den Kollegen von der Opposition möchte ich meinen persönlichen Respekt für die Zusammenarbeit im Ausschuss entbieten. Das war eine anstrengende Arbeit, wie ich fand, sehr aufwendig, aber für mich keine vertane Zeit. Ich habe manche überraschenden Erfahrungen machen können - ich konnte es kaum glauben - und habe viel dazugelernt. Abschließend für meine letzte Rede im Landtag, jedenfalls als Abgeordneter: Das gilt gleicher
maßen für die übrige Zeit hier im Landtag. - Herzlichen Dank.
Bekanntermaßen mit großer Freude.
Herr Gallert, Sie waren ja nun wahrlich nicht alle Tage im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss dabei.
Aber Sie wissen, dass wir uns mit fehlenden VorOrt-Kontrollen nur am Rande, nämlich in der Zeit der Befassung mit dem Prüfbericht des Landesrechnungshofs, auseinandergesetzt haben. In diesem Prüfbericht des Landesrechnungshofs sind für eine Reihe von Beteiligungen die fehlenden Vor
Ort-Kontrollen als mögliches Rückforderungsrisiko der Europäischen Union bezeichnet worden. Das können Sie möglicherweise nicht wissen. Sie können, weil Sie ja die Antwort der Landesregierung auf den Bericht des Landesrechnungshofs ignoriert haben, auch die Antwort der Landesregierung zu diesem Punkt nicht berücksichtigen.
Die Landesregierung hat mittlerweile erklärt, den größten Teil dieser Vor-Ort-Kontrollen nachgeholt zu haben. Damit ist das drohende Rückforderungsrisiko wegen fehlender Vor-Ort-Kontrollen im Ausschuss zu Recht nicht weiter thematisiert worden, weil es bestenfalls ein theoretisches Risiko ist. Das scheint Ihnen aber offensichtlich schon zur Dramatisierung der Umstände auszureichen.
Ich habe darauf geantwortet, Herr Gallert, dass das Risiko eines möglichen Schadens aus Vor-OrtKontrollen gar nicht unser Untersuchungsgegenstand war. Jedenfalls aus der Tätigkeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses lassen sich keine Millionenschäden in der von Ihnen reklamierten Höhe feststellen. Dass die Vor-Ort-Kontrollen nachgeholt wurden, mindert auch das Risiko, dass die Europäische Union überhaupt diese Mittel als nicht ordnungsgemäß verwendet bezeichnet. Damit ist Ihre Frage mehr als ausreichend beantwortet.
Herr Gallert, auch durch Wiederholung wird es nicht schöner für Sie.
Das ist natürlich schwierig; das gebe ich gern zu. Wenn ich eine Antwort gebe, die Ihnen nicht gefällt, dann sagen Sie, das sei nicht die Antwort, die Sie hören wollten. Das weiß ich.
Ich kann es nur wiederholen: Das Risiko der Rückforderung der Europäischen Union war nicht Gegenstand des parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses lässt sich jedenfalls feststellen, dass keine unmittelbaren Schäden für das Land Sachsen-Anhalt entstanden sind.
Die Frage, ob aus nachgeholten Vor-Ort-Kontrollen noch Restrisiken bestehen, habe ich gar nicht verneint. Aber jedenfalls gibt es niemanden, der seriös behaupten könnte, dass dem Land ein Schaden von 70 Millionen € droht. Auch Sie können das seriös nicht behaupten; unseriös können Sie das natürlich.
Frau Präsidentin, gestatten Sie mir eine kurze Erwiderung auf die etwas länger ausgefallene Frage.
Seit dem 25. Juni haben wir noch drei Zeugen vernommen. Wir bekamen den Entwurf des Abschlussberichts kurz vor Weihnachten. Meine Kritik, dass das vor die Wahlen gezogen ist, müssen Sie aushalten. „Vom Ende gedacht“, passt das auch. Choreografisch-politisch ist das zu erwarten gewesen. Dann müssen Sie aber auch mit Kritik leben.
Sie glauben jetzt, wir müssten in der neuen Wahlperiode zusätzliche Zeugen vernehmen. Dass wir nicht mehr Zeugen vernommen haben, lag aber nicht an mangelnder Bereitwilligkeit des Ausschusses, sondern einfach daran, dass die Opposition keine weiteren Beweisanträge zu diesen Zeugen gestellt hat. Auch das ist Fakt. Auch mit dieser Kritik müssen Sie leben. - Mehr habe ich nicht gesagt.
Herr Meister, der Ausdruck „System f ü r von der Osten“ impliziert fälschlicherweise, dass es irgendjemanden gab, der das System mit Bedacht so konstruiert hat, dass es ausgenutzt werden konnte. Das ist falsch. Auch Ihre Formulierung ist deshalb falsch.
Wir reden doch über die Schlüsselfigur in dem ganzen Skandal. Er hat ein System ausgenutzt. Er hat architektonische Schwächen ausgenutzt. Aber die Behauptung, die architektonischen Schwächen von 1998 seien darauf ausgelegt worden, Herrn Dr. von der Osten das Leben zu erleichtern, ist aus dem, was wir im Ausschuss ermittelt hat, nicht seriös abzuleiten.
Frau Kollegin Hampel, wir kennen das Verbandsklagerecht bisher nur aus dem Bereich des Umweltschutzes. Die Worte, die Sie eben gesprochen haben, lassen vermuten, dass die SPD beim Tierschutz ebenfalls ein Verbandsklagerecht anstrebt.
Können wir daraus schlussfolgern, dass viele Rechtsgebiete, in denen das Wort „Schutz“ vorkommt, von der SPD systematisch ähnlich beurteilt werden? Oder, wenn es nicht so ist, Frau Hampel, erläutern Sie mir bitte den Unterschied.
Ich will einmal Beispiele für solche Rechtsgebiete aufzählen: den Bereich des Denkmalschutzes, in dem auch ohne öffentliche Kontrolle oder ohne private Initiativen Behördenentscheidungen getroffen werden gegenüber Eigentümern und wobei wir darauf vertrauen, dass der Staat das ordentlich macht, oder den Bereich des Jugendschutzes, wo wir sagen, die Jugendämter oder die dazu berufenen Institutionen treffen Entscheidungen gegenüber Veröffentlichungen beispielsweise oder gegenüber Einrichtungen, und wir erwarten, dass die Behörden das gut machen, und haben kein Misstrauen.
Ich will jetzt nicht dramatisieren und polemisieren, indem ich Schutzgebiete aufzähle, Schutz des Lebens oder so ähnlich, in denen es ebenfalls keine Verbandsklage gibt, jedenfalls in der politischen Absicht nicht.
Können Sie kurz erläutern, warum neben dem Umweltschutz und den durchaus zwiespältigen Erfahrungen damit gerade der Bereich des Tierschutzes von der SPD so herausgehoben gewürdigt wird, dass ein Verbandsklagerecht notwendig ist, in anderen Schutzgebieten aber nicht?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man merkt an der Art der Debatte, insbesondere an den von der Opposition eingebrachten Anträgen, deutlich, dass wir uns im Vorwahlkampf befinden. Einen kleinen Moment, lieber Herr Striegel, dachte ich noch, der Antrag der GRÜNEN sei ein versteckter, vielleicht auch unbeholfener Versuch, die Landesregierung zu loben. Nach so vielen Fragen, die Sie in Ihrer Großen Anfrage gestellt haben: keine substanzielle Kritik, keine Verbesserungsvorschläge, keine inhaltliche Auseinandersetzung, keine Mühe, die sie sich mit dem Entschließungsantrag gemacht haben. - Aber nein. Es wurde leider sehr schnell klar: Die GRÜNEN mäkeln, nörgeln und kritisieren, ohne inhaltlich irgendetwas zu sagen.
Beispiel: In Ihrem Entschließungsantrag rufen Sie nach konkreten Zielen und Maßnahmen. Die Landesregierung müsse konkretisieren, Zwischenziele und Fristen festlegen. Das war doch nur die Blaupause ihres Biodiversitätsantrages aus der letzten Sitzung.
Das war wieder nur Struktur, kein Inhalt, wieder nur Form statt Aussage, wieder nur ein Verstecken hinter formaler Kritik statt Mut zu einem Bekenntnis, das den Menschen auch eine Wahlentscheidung im März 2016 ermöglichen würde. Immerhin haben Sie damals noch Beispiele gefunden, die Sie in die dazugehörige Pressemitteilung integriert haben. Dieses Mal ist selbst das bei konkreten Beispielen - um einen Ihrer Lieblingsbegriffe zu benutzen, jedenfalls heute - Fehlanzeige.
Sie versuchen - wie soll man das nennen? -, taktische Finessen oder operative Entschlossenheit zu dokumentieren, und begnügen sich doch mit Aktivitäten, die inhaltslos sind und damit nicht einmal mehr für die politische Diskussion oder den fachlichen Diskurs geeignet sind.
Sie von den GRÜNEN haben im Antrag keinen einzigen konkreten Vorschlag gemacht, den Sie für
die Verbesserung des Klimaschutzes in SachsenAnhalt unterbreiten würden. Es bleibt bei fleischlosen, fast sprachlich veganen Phrasen
von Zwischenschritten: Fristen festlegen, überarbeiten, priorisieren, Ziele verankern und - auch sehr hübsch - Arbeitsprogramm festlegen. Das ist heiße Luft, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist Planerprosa. Das ist neudeutsch eine Wichtigtuerei aus dem Vokabular des Projektmanagements.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, die GRÜNEN haben sich nicht getraut anzuerkennen, dass Sachsen-Anhalt das erste Bundesland mit Klimacheck ist. Sie haben sich nicht dazu bekennen wollen und bekennen können, dass unser kleines Bundesland 2010 als eines der ersten eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel erstellt und überarbeitet hat. Sie vermeiden die Anerkennung der strategischen Qualität des Landes, Klimaschutz einerseits als Vermeidungs- und Verminderungsaufgabe bezüglich klimaschädlicher
Gase zu verstehen und andererseits eine Strategie zur Anpassung an die Folgen zu entwerfen. Diese Doppelstrategie wird von Ihnen elegant ignoriert nach dem Motto: Bloß nicht versehentlich loben, was diese Landesregierung gut macht.
Sie unterschätzen natürlich auch den Erfolg, alle Stakeholder, alle Beteiligten, in diesen Prozess aktiv einzubinden; denn neben unzähligen Verbänden und Vereinen wurden selbst die Fraktionen des Landtages um Stellungnahmen zur Klimaanpassungsstrategie gebeten. Ich empfehle jedem, einen Blick in dieses gut 150 Seiten umfassende Papier zu werfen.
Natürlich missachten Sie auch - Sie ignorieren es faktisch - den Ansatz, eine interministerielle Arbeitsgruppe mit der Lösung dieser Aufgabe zu beauftragen. Denn wir halten gerade den ressortübergreifenden Ansatz für wichtig, um Klimaschutz erfolgreich werden zu lassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende bleibt nur eine fahle, blasse Kritik am Umweltministerium. Das ist aber in Anbetracht des Themas und in Anbetracht dessen, dass wir uns kurz vor der Weltklimakonferenz in Paris befinden, sehr dünn.
Aber die besten Strategien brauchen zur Umsetzung immer noch den überzeugten Menschen. Wir brauchen also niemanden, der uns in der Gesellschaft vorschreibt, was wir zu essen haben oder
wie wir uns fortzubewegen haben. Wir brauchen niemanden, der uns vorschreibt, wie wir klimaadäquat zu leben haben. Wir wollen vielmehr, dass der Einzelne mitmacht. Wir wollen das öffentliche Bewusstsein und die Verantwortung des Einzelnen fördern.
Verantwortung ist für uns sozusagen der Zentrumsbegriff für die Bewältigung der vor uns stehenden Aufgaben. Wir wollen die Menschen gerade nicht obrigkeitlich gefügig machen. Wir wollen bei diesem Thema auch nicht ausgrenzen und niemanden als Lügner oder Leugner beschimpfen, nur weil er nicht unsere Auffassungen teilt.
Wir wollen beim Klimaschutz aktiv sein, aber auch sensibel und selbstkritisch. Dazu gehört auch, wie Sie richtig festgestellt haben, Frau Professor Dr. Dalbert, die Ehrlichkeit zu sich selbst. Es wäre doch, ja, fast ein krankes System, wenn alles, was auch nur ansatzweise mit dem Etikett Klimaschutz versehen wird, automatisch gut und richtig ist, ohne auch nur einen scheuen Blick auf KostenNutzen-Relationen zu wagen.
Nicht alles, was machbar ist, ist auch effizient. Nicht alles, was machbar ist, ist deswegen auch nachhaltig.
Wir sind uns mit der SPD weitgehend einig. Unsere Umweltmaßnahmen müssen schutzgutbezogen sein. Sie müssen konkret sein und sie müssen immer den Menschen im Mittelpunkt unseres Handelns behalten.
Ihr Entschließungsantrag unternimmt im Gegensatz übrigens zu Ihrer dazugehörigen Pressemitteilung immerhin den Versuch, sachlich zu argumentieren. Ich verstehe Sie aber trotzdem nicht. Kurz vor dem Ende der Wahlperiode dieses Thema zu ziehen, mag auf den ersten Blick mit Rücksicht auf die eigene Wählerklientel sinnvoll erscheinen, aber gut gemeint ist nicht gut gemacht.
Sie gehen in der Begründung zu Ihrer Entschließung zwar auf den Klimawandel ein, der sich dann aber in dem Antragstext gar nicht wiederfindet. Sie fordern eine Befassung in verschiedenen Ausschüssen, wohl wissend, dass wir bis März noch maximal zwei Sitzungen in den Fachausschüssen des Landtags haben. Sie reden von Verankerung im Landeshaushalt, wohl wissend dass wir gerade einen Nachtragshaushalt 2015/2016 verabschiedet haben, ohne dass von Ihnen entsprechende Anträge gekommen wären.
Sie hätten in diesem Land etwas früher aufstehen müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Oh, ich vergaß, Paris dient dann als gut geeignete Transformationsfläche für einen gut gemeinten, aber schlecht gemachten Entschließungsantrag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es hätte vielleicht etwas mehr Mut und Sorgfalt zum Bekenntnis gebraucht. Das hätte den zahlenden Bürgern dieses Landes gut getan. Sie hätten nämlich verstehen können, was Sie wollen.
Außerdem habe ich mich wirklich darüber gewundert - vielleicht war das auch nur ein Versehen -, dass Sie an einem Entscheidungshorizont 2020 festhalten. Wir meinen, dass wir uns gerade um die Ziele danach kümmern müssen; denn die Ziele 2020 werden wir relativ leicht erreichen.
Wir meinen, dass wir über die nächste Periode hinaus denken müssen, und wir sind uns darin einig, dass wir diese Halbzeitbilanz, die uns vorgelegt werden wird, sorgfältig daraufhin untersuchen und auswerten müssen, welche Ziele wir tatsächlich über diesen Zeitraum bis 2020 hinaus ins Auge zu fassen haben.
Uns allen, jedenfalls den allermeisten hier im Haus ist doch klar, dass es operative Handlungsfelder gibt, in denen wir agieren müssen, um diese große Aufgabe tatsächlich zu meistern. Wir müssen natürlich eine Anpassungsstrategie in unser aller gemeinsamen Politik präzisieren. Es ist aber klug, Energie erst gar nicht zu benötigen.
Wir müssen daher viel stärker, als Sie es in Ihren Anfragen getan haben, Energieeinsparung als den schlafenden Riesen zur Bewältigung der Klimaveränderungen begreifen.
Wir müssen auf den unterschiedlichsten Ebenen und nicht nur bei Landesliegenschaften, meine Damen und Herren, versuchen, dieses Potenzial zu heben, und Anreize schaffen, damit uns das gelingt.
Ich gebe gern zu, gerade im Bereich der Gebäude in diesem Land sind die Energieeffizienzpotenziale noch sehr hoch. Das bringt mich zu einer interessanten Analyse Ihrer Großen Anfrage: Drei Fragen zu Einsparung und Effizienz, zehn Fragen zur Energiepolitik und 35 Fragen zur Mobilitätsentwicklung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist schon fast Realitätsverweigerung, wenn sich fast 70 % Ihrer Fragen auf 10 % des Reduzierungspotenzials beziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die großen Brummer, die großen Fakten, wie Klimaschutz stattfinden kann, haben Sie kaum abgefragt. Das ist schon, ja, fast unverständlich.
Dann beschweren Sie sich auch noch darüber, dass die Antworten der Landesregierung die ganz großen Fragen nur streifen, obwohl sie nur drei davon stellen. Ich meine, es ist schon vermessen, der Landesregierung drei läppische Fragen zu stellen und dann zu sagen, es seien unzureichende Antworten.
Meine Damen und Herren! Wir wissen, wie gesagt, dass wir die Ziele für das Jahr 2020 relativ leicht erfüllen werden. Mit den gleichen Maßnahmen würden wir ohne weitere Anstrengungen sogar eine Reduzierung um 30 % bis zum Jahr 2030 erreichen. Unser nationales Ziel ist aber eine Einsparung um 40 % bis zum Jahr 2030. Das setzt voraus, dass wir Maßnahmen nachlegen und tatsächlich noch Potenziale heben, die wir im Moment noch nicht gehoben haben.
Ich finde es gut, Frau Professor Dalbert, dass Sie anerkennen, dass wir in Sachsen-Anhalt relativ wenige Schwierigkeiten haben, unseren Beitrag auch in Paris zu dokumentieren. Wir stehen schon vor der Marke, für die andere Länder quasi noch gar nicht begonnen haben zu arbeiten.
Wir können uns - jedenfalls theoretisch - auf die Schulter klopfen und sagen, wir machen alles richtig. Das stimmt aber nicht. Insoweit gebe ich Ihnen Recht, aber nur insoweit gebe ich Ihnen Recht. Es gibt keinen Grund, sich zurückzulehnen. Es gibt aber sehr wohl einen Grund dafür, das, was wir in Sachsen-Anhalt können, und das, was wir in Sachsen-Anhalt politisch gemacht haben, anzuerkennen, ohne gleich dogmatisch zu werden.
Wir wollen jedenfalls nach wie vor Braunkohle als einen der wichtigen Übergangsenergieträger in den nächsten Jahren behalten. Sie haben übrigens keinerlei Antworten auf die Frage, was es denn für einen Nutzen hätte, wenn wir der Abwanderung der energieintensiven Industrie in Sachsen-Anhalt in Nachbarländer zuschauten,
die für den Klimawandel dort genau die gleiche Produktion aufbauten, die wir hier gerade verdrängten. Klimapolitisch ist das ein absolutes Nullsummenspiel, aber für uns kostete es Hunderttausende von Arbeitsplätzen. Eine solche Politik wür
den wir nicht mitmachen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Klimaschutz gelingt nur auf verschiedenen Ebenen. Zusammen mit dem Klimawandel halten wir es für eine Chance zu positiven Veränderungen. Wir wollen nachhaltige Strukturen für die nächsten Generationen schaffen. Das ist unsere Verantwortung. Das kommt in unserem Antrag viel besser zum Ausdruck als in Ihrem.
Deshalb bitte ich Sie, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. - Danke schön.
Mit großer Freude, Herr Präsident.
Also, Herr Gallert, zunächst herzlichen Dank für das Kompliment.
Ich weiß, dass es Ihnen immer schwerfällt, Politiker von der CDU zu loben,
und sei es auch nur zur rhetorischen Bandbreite.
Es stimmt. Wenn Sie unseren Entschließungsantrag gelesen hätten - ich vermute, dass Sie das nicht getan haben -, dann wüssten Sie, dass wir darin eine Reihe von konkreten Maßnahmen und Vorschlägen vorgesehen haben - wenn Sie das gelesen hätten.
Dass ich es vermeide, die Redezeit mit Wiederholungen dessen zu verbrauchen, was wir im Entschließungsantrag formuliert haben, das ist in Anbetracht der Schwäche des Antrags der Fraktion der GRÜNEN hoffentlich verzeihlich.
Wenn Sie behauptet haben, dass in meiner Rede sozusagen nur ein einziger konkreter Punkt vorgekommen sei, dann bedauere ich es, dass ich für Sie nicht auf die Fahrradständer eingegangen bin. Wenn das sozusagen der Maßstab Ihrer Konkretheit ist, Herr Gallert, dann muss ich zugeben, ich hätte mir eher die Zunge abgebissen, als das zu einem wichtigen Beispiel für Klimapolitik in Sachsen-Anhalt zu machen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist keine Form von romantisierendem Naturschutz, dieses Thema in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken.
Das, was zunächst für diejenigen, die sich nicht damit befassen, exotisch oder gar randständig klang, zeigt sich in seinen Auswirkungen, wenn man es am konkreten Erleben misst. Ich nutze die Gelegenheit, bevor ich auf das eingehe, was Herr Lüderitz und auch Frau Professor Dalbert gesagt haben, eines dieser Erlebnisse zu schildern.
In Hettstedt, meinem Wahlkreis, wurde Riesenbärenklau an drei Standorten mitten im Stadtgebiet gemeldet. Der Nachbar informierte die Stadtverwaltung. Die Stadtverwaltung erklärte dem Nachbarn, sie sei nicht zuständig, weil Riesenbärenklau ein Thema für den Naturschutz sei. Dann informierte der Nachbar die Kreisverwaltung. Die Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung erklärte, sie sei nicht zuständig, weil von dieser Pflanze keine naturschutzrelevanten Auswirkungen ausgehen. Es sei bestenfalls eine Angelegenheit des Ordnungsamtes.
Der Nachbar informierte mit dieser Nachricht das Ordnungsamt. Das Ordnungsamt sagte, es sei immer noch nicht zuständig; wenn, dann sei es eine Risiko für die Gesundheit der Kinder und der Anlieger, und teilte es mit meiner Hilfe dem Gesundheitsamt des Landkreises mit. Das Gesundheitsamt schrieb, dass sie zwar für Gefahren, die Menschen drohen und von der Umwelt ausgingen, zuständig seien, aber das könne man beim Riesenbärenklau nicht erkennen. Deswegen bliebe es bei der Zuständigkeit des Ordnungsamtes.
„Schraps hat den Hut verloren“ ist mir dazu eingefallen. Ich wollte damit deutlich machen: Bei Themen, die mehrere Politikbereiche betreffen, sieht es manchmal mit der Bereitschaft, diese Dinge zu erledigen, ganz schön schlecht aus.
Deswegen ist unser Konzept, das wir heute vorschlagen, keineswegs nur eine Fortsetzung des Selbstbefassungsantrags der GRÜNEN, sondern ein Konzept, das schutzgutorientiert die Risiken und die Gefahren von Neobiota beschreiben soll. Es geht tatsächlich auch über die Schwarze und die Graue Liste der Europäischen Union hinaus. Es enthält ganz bewusst - das soll es auch - Neobiota, die zwar die Natur nicht bedrohen, aber den Menschen, das Bauwerk, die Wälder oder die Landwirtschaft.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch „Korina“, die sich zum Beispiel mit der Erfassung des Vorkommens von Riesenbärenklau in Schutzgebieten beschäftigt, nicht das geeignete Instrument, um die Gefährdung, die durch den Bärenklau außerhalb von Schutzgebieten entsteht, zu bewältigen. Dazu muss das Land ein Konzept erstellen, und zwar unter Nennung der Kosten, unter Nennung der Verantwortlichkeiten und unter Nennung der verschiedenen Ressorts, und aufzeigen, wie die Aufgaben der Zukunft gelöst werden.
Das betrifft das Ressort von Herrn Bischoff ganz genauso. Man kann nicht ins Gesundheitsdienstgesetz schreiben, dass der Gesundheitsdienst für Gefahren, die von der Umwelt ausgehen, zuständig sei, und wenn es konkret wird sagen: Ja, aber wir sind ja nicht die Polizei! Das Drücken vor der Verantwortung und den Konsequenzen wird uns nicht helfen.
Ein letzter Punkt. Ich kann Sie natürlich auch nicht ganz freisprechen, Frau Professor Dalbert,
da Sie in Ihrem gestrigen Antrag zur Biodiversität mit keinem einzigen Wort auf das zweitgrößte Risiko für die Artenvielfalt eingegangen sind. Das zeigt die politische Intendierung, die Sie mit diesem Antrag verfolgt haben. Ich habe Zweifel, ob Sie die Biodiversität in ihrer Komplexität wirklich wahrgenommen haben oder nur das, was Sie den Menschen oder der Politik oder anderen Risikofaktoren in der Auswirkung auf die Artenvielfalt zugeschrieben haben. Es war also insoweit unzureichend.
Ich freue mich, dass Sie erklärt haben, unserem Antrag zustimmen zu wollen, damit auch dieser Aspekt, der die Artenvielfalt bedroht, angemessen repräsentiert werden kann.
Sehr gern sogar.
Herr Lüderitz, sehen Sie: Schon der Gebrauch des Konjunktivs zeigt, wo das Problem liegt. „Es sollte“ - es ist aber nicht. Wir wissen, dass „Korina“ sich im Wesentlichen um den Riesenbärenklau kümmert und nicht über alle Neophyten eine Übersicht und ein Monitoring betreibt. Es ist sozusagen pars pro toto, ein Teil, der für alles steht, aber diese Aufgabe nicht schultern könnte. Das sollten wir einer solchen Institution, die eher universitätsnah ist und sich mit Dokumentation und wissenschaftlicher Forschung befasst, nicht zumuten. Dieser sollten wir nicht eine knallharte Verantwortung für die Eindämmung, die Bekämpfung oder das Management von Neobiota übertragen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bewahrung der biologischen Vielfalt ist ein wichtiges Thema und sie hätte bei dem vorgelegten Antrag der GRÜNEN dann auch etwas mehr Sorgfalt verdient. Ein beinahe gleichlautender Antrag mit vergleichbarem Duktus und beinahe gleichem Inhalt nach gut zwei Jahren wieder vorzulegen und zu glauben, dies würde nicht bemerkt werden, kann nicht überzeugen.
Wortgleich sind zum Beispiel einige gestanzte Hülsen, wie der Satz:
„Der fortschreitende Verlust der Biodiversität verursacht ökologische Probleme und hat negative ökonomische sowie gesellschaftliche Auswirkungen.“
Diese Wiederholungen, Frau Professor Dalbert, sind schon schade.
Es scheint so, dass sogar ideologische Weltuntergangslyrik - ich fand diesen Begriff, den Sie verwendet haben, schön - bemüht werden muss, um die Wiederholung zu rechtfertigen. Im Jahr 2012 prophezeien Sie eine existenzielle Bedrohung der
Menschheit. Drunter machen Sie es offensichtlich nicht.
Diese sprachliche Überhöhung ist wirklich nicht gut für die Überzeugungskraft Ihres Antrages. Denn so wenig wir das Weltklima in Sachsen-Anhalt allein retten werden, so wenig werden wir auch bei dem Thema Artenvielfalt in unserem Land die Menschheit vor dem Aussterben bewahren können, so es denn überhaupt zu befürchten ist. Es bleibt aber gleichwohl eine wichtige politische Aufgabe für uns alle.
Ihr abzulehnender Antrag verzerrt absichtlich die Wirklichkeit. Sowohl im europäischen Maßstab als auch im nationalen Vergleich müssen wir uns in Sachsen-Anhalt weder mit Blick auf den Trend noch mit Blick auf die Richtung unserer Entwicklung verstecken.
Der Landtag als Haushaltsgesetzgeber und die Landesregierung sind in der Umsetzung, wie wir finden, auf einem guten Weg, Artenvielfalt zu bewahren. Dafür setzen wir erhebliche Ressourcen ein.
Wer unverstellt auf das Thema schaut, der wird allerdings feststellen können, dass es keinen Automatismus dafür gibt, dass mehr Ressourcen auch mehr Artenvielfalt erzeugen.
Wir beobachten den Wolf in Deutschland, den Biber selbst in kleinsten Stadtteichen oder die Lachse in unseren Flüssen. Für den Kormoran beispielsweise brauchten wir eine Verordnung, um der Populationsdynamik überhaupt begegnen zu können oder um die Äsche vor dem Kormoran zu schützen. Neu und spannend sind die Zielkonflikte, auch aus dieser Trendumkehr.
Deshalb setzen wir uns weiterhin für die ökologische Durchgängigkeit unserer Flüsse ein. Wir bauen Fischtreppen und stellen mehr als 10 % unserer Landesfläche unter besonderen Schutz.
Die öffentliche Hand, das Land, wir betreiben Nationalparke und Biosphärenreservate und werden allein für Natura 2000, auch mit dem Schwerpunkt Biodiversität, in den nächsten Jahren mehr als 5 Millionen € ausgeben, um die Bedingungen zu erfüllen.
Dazu kommt noch eine vielleicht etwas kleinteilige Projektförderung im Bereich der Biodiversität. Wir fördern spezielle Themen, wie die Renaturierung von Feuchtlebensräumen, den Artenschutz für Flussseeschwalben und Lachmöwen, das Anlegen von Streuobstwiesen oder den Großtrappenschutz, verehrte Frau Dalbert. Der Gesamtaufwand geht in die Millionen. Allein für die Biosphärenreservate
und die Großschutzgebiete geben wir jährlich mehr als Millionen aus.
Dass Sie die Mopsfledermaus erwähnen, die es immerhin geschafft hat, den Bau der A 143 rund um Halle zu verhindern, und behaupten, dass diese Art von uns nicht ernsthaft wahrgenommen würde, ist schon grotesk.
Genauso grotesk ist die Behauptung, dass die Aktivitäten der Landesregierung unzureichend sind. Das, was Sie hier fabriziert haben, erscheint deswegen wahrscheinlich vielen hier im Hohen Haus eher als Wahlkampf als eine gerechte Bilanz.
Wir wollen, dass die Biodiversitätsstrategie aus dem Jahr 2010 und der Aktionsplan fortgeführt werden und die Aufgaben, die sich daraus ergeben, auch mit Zwischenschritten unterlegt werden, aber nicht mit operativer Hektik, sondern tatsächlich mit Konzentration. Wir wollen auch, dass über die Ziele regelmäßig berichtet wird.
Es spricht überhaupt nichts dagegen und es ist sogar notwendig, die Öffentlichkeit und die Fachleute näher zusammenzubringen. Aber Ihr Vorschlag als Conclusio aus Ihrem Antrag, einmal jährlich eine Konferenz durchzuführen, ist wirklich dünn gewesen. Das ist wirklich verharmlosend dünn, und es zeigt, dass Sie die Eingangsbemerkungen über die Wichtigkeit des Themas nicht mit konkreten Vorschlägen untersetzen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist deshalb abzulehnen. Wir bitten um Zustimmung zum Alternativantrag der Koalitionsfraktionen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ausgerechnet diejenigen, die diese Thematik unbedingt in einem Untersuchungsausschuss behandeln wollten, sind nun diejenigen, die das Ganze heute auf die Tagesordnung gesetzt haben. Es gibt ein Sprichwort, das besagt: „Über ungelegte Eier spricht mach nicht!“
Treffender kann man die derzeitige Situation, ehrlich gesagt, auch nicht formulieren.
Jedes der Mitglieder im Untersuchungsausschuss muss sich heute düpiert fühlen, weil man sich fragt, warum man in 19 Sitzungen 38 Zeugen vernommen hat, weil man sich fragt, warum man 500 Aktenordner und 200 000 Seiten Dokumentationsmaterial liest, und weil man sich fragt, wozu in den letzten anderthalb Jahren gut 2 000 Protokollseiten entstanden sind, wenn die ganze Arbeit in einer Aktuelle Debatte im Zehnminutenrhythmus abgefrühstückt wird.
- Angst ist mir bei Ihnen fremd, Herr Gallert!
Hinzu kommt, dass der Untersuchungsausschuss noch nicht einmal mit den Zeugenvernehmungen fertig ist. Wie widersprüchlich ist das denn? Im Zweifel diskutiert man heute über Ergebnisse, die sich am Ende als vollkommen unzutreffend darstellen, und macht sich auch noch mit Empörungsrhetorik in der Bevölkerung unglaubwürdig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im schlimmsten Fall - Herr Dr. Thiel hat es ja eingeräumt - kann diese Aktuelle Debatte sogar die Ergebnisse des Ausschusses verfälschen, weil nachfolgende Zeugen durch Details dieser Debatte beeinflusst werden. Was Sie als Begründung für diese Aktuelle Debatte hier präsentiert haben, erscheint mir eher schwach, kraftlos.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Idee der Risikofinanzierung durch das Land entstand bereits Anfang der 90er-Jahre. Scheinbar gibt es tatsächlich Anhaltspunkte dafür, dass es Lücken in der Konstruktion dieser Idee gibt, so wie es auch Kollege Rüdiger Erben angedeutet hat.
Anhaltspunkte gibt es sowohl in der Entstehung und in der Architektur der IBG als auch und insbesondere in der Person und der Handlungsfreiheit des Geschäftsführers, vielleicht auch in der - jedenfalls aus der Erfahrung des Ausschusses - schwer zu beschreibenden Einstellung der Administration in den Ministerien, sicher auch in der Rolle der beteiligten Wirtschaftsprüfer und in der Frage, wie die Organe der Gesellschaft unterstützt wurden.
Es gibt einzelne skandalisierbare Vorgänge, die die Gesamtbilanz, die Herr Minister Möllring - wie ich finde, zu Recht - vorgetragen hat, eintrüben, einzelne Vorgänge, nicht pars pro toto, einzelne
Engagements, die sowohl eine zu oberflächlich vorbereitete Beteiligung als auch eine durch den Geschäftsführer induzierte Missbrauchsverwendung der Beteiligungsmittel anzeigen, unzu
reichende Durchsetzung von Mindestbedingungen für Beteiligungen im Einzelfall - zum Beispiel die Frage: Habt ihr tatsächlich schon eine Betriebsstätte in Sachsen-Anhalt eröffnet, bevor ihr das Geld von uns bekommt? -, wiederholte und insoweit auch mehrfache Risikoallokationen. Ich muss ja in diesem Zusammenhang wohl nur den Bereich Life Science und die Schlossgruppe nennen.
Übrigens war der Ministerpräsident derjenige, der frühzeitig die Reißleine gezogen hat. Deswegen habe ich mich über Ihre seltsam politisch anmutende Verantwortungszuweisung so sehr gewundert.
Es gibt ohne Frage auch ein noch zu bewertendes Rückforderungsrisiko der EU, weil Vor-OrtKontrollen nicht durchgeführt wurden. Aber das war noch nie Gegenstand des parlamentarischen Untersuchungsausschusses in all seinen 19 Sitzungen.
Natürlich gibt es das, was Staatssekretärin Zieschang beschrieben hat, die erfolgreiche Rettung von Arbeitsplätzen mit den möglicherweise falschen Mitteln.
Ob überhaupt von einem kollektiven Versagen gesprochen werden kann, kann doch jetzt noch gar nicht festgestellt werden.
Fakt ist doch, dass die Ursachen für die jetzige Situation nicht in den letzten Jahren, sondern schon viel früher hätten gesucht werden müssen. Jedenfalls ist mehr zu erkennen als nur ein Betriebsunfall, vielleicht sogar systemische Mängel.
Die unleugbaren, teilweise sogar beeindruckenden Erfolge des Instruments der Risikofinanzierung werden im Moment so stark von Emotionen überlagert, dass eine nüchterne und sachliche Korrektur, die geboten ist, offensichtlich von den Oppositionsfraktionen gar nicht gewollt ist, sondern eher banale Effekthascherei.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht des Landesrechnungshofes kann für die Mitglieder des Untersuchungsausschusses aus meiner Perspektive kein tragendes Argument sein, die Erkenntnissuche aufzugeben.
Es ist jetzt nicht genug Zeit, um auf Details einzugehen, dennoch möchte ich auf einige Unzulänglichkeiten aufmerksam machen. Es wurde versäumt, wie es bei anderen landeseigenen Beteiligungsgesellschaften üblich ist, wie zum Beispiel
der Berliner IBB, einen zweiten gleichberechtigten Geschäftsführer einzusetzen.
Das Vieraugenprinzip, das uns nicht sicher bewahrt hätte, das aber geholfen hätte, das unabhängige Schalten und Walten des Geschäftsführers einzugrenzen, hat nicht funktioniert.
Bis heute ist übrigens auch nicht klar, wie der Mann, der von allen Beteiligten nur als freundlich, smart, dynamisch auftretend beschrieben wurde, überhaupt aus Berlin, wo er mit seiner eigenen Beteiligungsverwaltung in Konkurs gegangen war, im Jahr 1998 nach Sachsen-Anhalt kam und Millionenbeträge verwalten durfte.
Dieser Dr. Dinnies Johannes von der Osten schaffte es in all den Jahren, perfide und heimlich sein eigenes Vermögen und das seiner engsten Freunde und Geschäftspartner zu mehren. Das begann alles damit, dass er 1999 dieses Q-Cells-Engagement mitbrachte. Alles, was danach kam, spielte ihm dann zusätzlich in die Hände.
Q-Cells, ein Unternehmen, das aus dem, ich zitiere einmal, Wuseltronik-Kollektiv und der SOLON AG hervorging, also aus den eher linksgrünen Berliner Unternehmen, entwickelte sich in den Folgejahren zu einem der erfolgreichsten Projekte der IBG.
Aber gerade dieser Erfolg blendete viele, so glaube ich. Er führte dazu, potenzielle Kritiker und Kontrolleure dieses angeblich erfolgreichen Geschäftsführers, der offensichtlich das richtige Näschen für erfolgreiche Projekte hatte, zu blenden und zu irritieren. Von der Osten war somit politisch einer der unumstrittensten Geschäftsführer und eine über lange Jahre über jeden Zweifel erhabene Person im Land. Wahrscheinlich würde er heute noch die IBG-Beteiligungen verwalten, wenn nicht das „Handelsblatt“ im Sommer 2013 dessen heimliche Beteiligung an Q-Cells aufgedeckt hätte.
Retrospektiv ist es meiner Meinung nach auch ein Fehler, die Aufsichts- und Entscheidungsorgane in zwei Ministerien und mehreren Aufsichtsgremien zu verankern.
Vielfache, aber auch immer nur selektive Prüfungen durch die unterschiedlichsten Prüfungsinstanzen haben einen trügerischen Eindruck bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte in der IBG vermittelt. Normalerweise könnte man ja behaupten, viel Kontrolle hilft viel. Ich glaube aber, viele Köche haben hierbei den Brei verdorben.
Wenn man bedenkt, dass selbst der Untersuchungsausschuss nach dem bisherigen Stand nicht abschließend belegen kann, an welcher Stel
le die Kontrollsysteme der IBG versagt haben, so muss man am Ende wohl eher von einem Systemmangel sprechen, der die IBG in ihrer Gesamtheit betrifft.
Letztlich wurden aber genau diese Fehler - Herr Erben sagte es richtig: diese Lücken - von den Profiteuren dieses Systems egoistisch ausgenutzt. Rücksichtslosigkeit wird jedes System ausnutzen können, egal ob gut aufgestellt oder nicht.
Hier und heute bleibt politisch klarzustellen, dass niemand weiß, ob es seitens der EU wirklich Rückforderungen in Millionenhöhe geben wird. Nur die Hellseher der Opposition wollen uns glauben machen, sie könnten die Zukunft voraussagen, und machen aus einem Risiko einen schon feststehenden Schaden, Herr Meister.
- Ja, genau, wörtlich zitiert.
Das, was vom Landesrechnungshof möglicherweise subjektiv als kollektives Versagen bezeichnet wird, ist vielmehr ein Zusammenwirken von Systemmängeln in der IBG.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollektives Versagen als Begriff ist das sehr unbefriedigende, schon fast resignierend wirkende Synonym für die von Ihnen in der Ausnutzung des Begriffs beabsichtigte umgekehrte institutionelle Diskriminierung, ein Phänomen politischer Unkultur. Der Begriff verzichtet absichtlich verallgemeinernd auf klare Differenzierung und auf Ursachenanalyse. Der Begriff ist falsch.
Zu viel Geld: Ja. Zu leicht verfügbar, die Hoffnung auf ein sich selbst refinanzierendes System, zu wenig Professionalität in der Administration, manchmal schon verblendete Bewunderung, ein raffinierter, smarter, egoistischer Geschäftsführer, der wie der Hauptmann von Köpenick agiert, abhängige Mitarbeiter, zersplitterte Kompetenzen der Organe - all das führte dazu, dass die richtige Idee der Risikoförderung beeinträchtigt wurde.
Die Opposition war heute nicht nur aus sehr kritisch zu beurteilenden Motiven bereit, das Kind mit dem Bade auszuschütten, sondern sie stellt auch leichtfertig das Instrument der Unterstützung der Zukunftsfähigkeit durch Innovationsförderung infrage, obwohl sie teilweise erhebliche Mitverantwortung für die Entstehung des Problems trägt - also aus Motiven, die schwer zu ertragen sind und die manche hier als politisch bezeichnen, die in Wahrheit aber diffamierend und verächtlich machend sind.
Den Wählern in Sachsen-Anhalt werden wir ungeschminkt und ganz klar sagen, dass die Idee beschädigt, aber richtig ist. Wir werden sagen, dass Sie nur Schaumschläger sind und sich vor Ihrer eigenen Verantwortung verstecken und dass die Sorgen und die Hoffnungen der Menschen auf eine leidenschaftliche Unterstützung von hoffnungsvollen Unternehmen und damit auf gut bezahlte Arbeitsplätze uns unentwegt antreiben wird, um es noch besser zu machen.
Gern.
Nein.
Ich denke mir mal eine Frage dazu. - Zunächst habe ich, glaube ich, die Arbeit im parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht als Effekthascherei beschrieben, sondern die Begründung, mit der Sie eine Aktuelle Debatte außerhalb der seriösen Arbeit im parlamentarischen Untersuchungsausschuss angestrengt haben. Das war ganz eindeutig Effekthascherei, wie übrigens auch Ihre Nachfrage zeigt; denn Sie sagen, der Auftrag des Untersuchungsausschusses ende im Oktober 2013, jetzt laufe eine neue Ausschreibung. Was hat das mit der Begründung der Aktuellen Debatte zu tun? - Nichts, gar nichts!
Der Prüfbericht des Landesrechnungshofes ist jetzt zur Begründung der Aktuellen Debatte genommen worden. Sie behaupten sogar, wir dürften
aus dem Prüfbericht nicht zitieren. Wozu machen wir dann eine Aktuelle Debatte? Nur für Insider, die die Vernehmungen der Zeugen mitgemacht haben? Was ist das denn für eine seriöse Art und Weise, den Ergebnissen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses vorzugreifen? - Als Vorsitzender hätte ich Ihre Empörung erwartet, dass Ihre Arbeit blockiert wird.
Was die fehlenden, nachzuholenden Vor-Ort-Kontrollen anbelangt: Ich kann mich tatsächlich nicht erinnern, dass das jemals Gegenstand von öffentlichen Zeugenvernehmungen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss gewesen ist. Das steht in dem Prüfbericht des Landesrechnungshofs. Soweit ich das gelesen habe, haben beide Ministerien erklärt: Solange diese Vor-Ort-Kontrollen nachholbar sind, ist auch das Risiko eingrenzbar. - Das ist also weit entfernt von Schaden. Aber natürlich braucht man politisch eine Beängstigung der Bevölkerung, dass dem Land Sachsen-Anhalt tatsächlich Schaden droht, um das zu rechtfertigen, was Sie hier heute veranstaltet haben. Ich kann Ihnen darauf nur sagen: Ihre Begründung trägt Ihre Empörung nicht. - Da lassen wir Sie auch nicht davonkommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Es ist zwar schönes Wetter draußen, und es gibt noch einige Tagesordnungspunkte, die uns vom Wochenende trennen, aber der Antrag der GRÜNEN ist so merkwürdig, dass ich doch mehr Worte als eigentlich beabsichtigt dafür benötige.
Nach unserer Auffassung ist der Antrag diffus. Und dies ist die freundliche Version; denn ich nehme es doch eher als einen Nachlass wahr,
- Sie müssen sich noch nicht aufregen; das Beste kommt noch -, der mit der heißen Nadel gestrickt ist und eigentlich keine praktische Substanz hat. Deswegen es richtig, ihn abzulehnen.
Ich hatte auch den Eindruck, dass sich der Antrag offensichtlich nicht an uns Fachpolitiker richtet, nicht einmal an Kollegen, die einen Einblick bekommen wollen, nicht einmal an interessierte Journalisten, sondern wahrscheinlich an abwesende und unbeteiligte Beobachter, die in Unkenntnis der Themenvielfalt und der Sorgfalt bei unserer bisherigen Arbeit im Ausschuss, aber auch der, wie ich finde, guten Arbeit der Landesregierung, irrig glauben könnten, den GRÜNEN sei hiermit ein großer, komplexer Wurf gelungen. Das ist in Anbetracht des schönen Wetters doppelt ärgerlich.
Wenn es zu einer Überweisung gekommen wäre, dann hätten wir uns unter Zurückstellung vieler anderer wichtiger Themen im Umweltausschuss und wahrscheinlich auch in vielen anderen zu beteiligenden Ausschüssen bis zum Ende der Wahlperiode mit dem Sammelsurium an Fachthemen unentwegt beschäftigen können, die Sie in Ihrem Antrag aufgezählt haben. Es scheint auch fast das Ziel dieses Antrages gewesen zu sein, ein Beschäftigungsprogramm quasi in Abwesenheit zu
organisieren; denn Sie haben die Worte „Agenda für die nächsten Monate“ benutzt.
Übrigens finde ich, dass der Kollege Daldrup Recht hatte, als er einwandte, dass der Lebensraumtyp Mensch in Ihrer gesamten Agenda überhaupt nicht vorgekommen ist.
Dann hätten wir also zu der Sitzung des Umweltausschusses regelmäßig wegen der Themenvielfalt das halbe Ministerium zum Bericht und Rapport einbestellt.
Wenn es Ziel war, Arbeitsbeschaffung oder gar systematische Überlastung zu organisieren, dann hätte der Antrag das Zeug zu dieser Zielerreichung gehabt.
Wir sind uns darin einig, lieber Herr Kollege Weihrich, dass viele Sätze in diesem Antrag wahr und auch richtig sind. Aber die Schlussfolgerungen, die Sie daraus ziehen, und die Beispiele, die Sie in Ihrer Rede erwähnt haben, tragen Ihren Antrag genauso wenig wie die Begründung. Diese ist übrigens - wenn Sie mir diese Bemerkung erlauben - so schwach, dass man sich manchmal fragen muss, ob die Begründung nur hinterhergeschoben wurde, weil man eine braucht, oder ob sie tatsächlich die einzelnen Gliederungspunkte tragen soll - das tut sie nicht.
Schon im zweiten Satz ist zu erkennen, was, wie ich glaube, das Credo des Antrages ist: die Landesregierung einmal richtig Maß zu nehmen. Sie kritisieren sie, ohne irgendwie zu belegen, dass Ihre Kritik berechtigt wäre. Natürlich werden auch Punkte benannt, die in der Wahlperiode noch nicht zur vollständigen Befriedigung der GRÜNEN beigetragen haben. Aber die meisten dieser Punkte liegen vorrangig im Kompetenzbereich des Bundes und der Europäischen Union.
Sie selbst räumen das ein, indem Sie sagen, dass wir zum Beispiel eine nationale Klimastrategie brauchen. Das hat aber mit dem Bundesland Sachsen-Anhalt herzlich wenig zu tun. Sie mögen im Nachhinein bedauern, dass Ihr Klimaschutzgesetz abgelehnt wurde, aber das sind die Realitäten, mit denen Sie sich - jedenfalls im Moment - anfreunden müssen.
Es werden Punkte benannt, die einen richtigen Inhalt beschreiben. Aber zu sagen, dass die Umsetzung der Deichrückverlegungen innerhalb von zehn Jahren wünschenswert sei, das hat auch ein gewisses Maß an Realitätsverdrängung zum Inhalt. Wenn Sie wissen, wie lange Naturschutzverbände, die sich mit aller Unterstützung um Musterprojekte kümmern, brauchen, um diesbezüglich überhaupt einen gesellschaftlichen Konsens zu erzielen, dann sind zehn Jahre eine absolut unrealistische Perspektive. Deswegen ist es auch richtig, dass dieser Antrag heute abgelehnt wird.
Wir brauchen meiner Meinung nach auch keine komplexe Natur- und Umweltschutzstrategie, ein weiteres Papiermonster mit überbordenden Bürokratieungetümen. Wir glauben, dass wir diese Themen fachlich und spezifisch sehr viel besser umsetzen können.
Aber eines muss ich Ihnen sagen: Sie haben mich mit einem Detail in Ihrer Begründung ernsthaft bezaubert.
Ihr Vorschlag zu einem Erfahrungsaustausch mit Kalifornien hat das Ministerium geradezu begeistert - das vermute ich jedenfalls. Bei diesem Erfahrungsaustausch wäre zu vermuten, dass der Kohlendioxidausstoß der Hin- und Rückflüge den gesamten Wert des Erfahrungszuwachses leicht kompensieren könnte.
Sehr apart auch die Idee, die Amerikaner zu einem Erfahrungsaustausch einzuladen. Es scheint also so zu sein, dass wir Erfolge im Umweltschutz vorzuweisen hätten; denn sonst würden wir uns eher schämen, sie einzuladen.
Zu der Begründung. Herr Weihrich, Sie schreiben, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung und der Umweltschutz nicht widersprechen. Bei solchen Sätzen ist es jedoch schwierig, Ihnen Glauben zu schenken. Wenn man liest, dass Frau Frederking gerade wieder einmal die Bundeskanzlerin gebeten hat, den Ausstieg aus der Braunkohle zu beschleunigen - Frau Frederking, herzlichen Glückwunsch zu dieser Formulierung -, dann zeigt das Ihre möglicherweise naiv anmutende Vorstellung von Ökonomie. Wenn Sie sagen, dies vertrage sich gut, dann ist das wohl tatsächlich die grüne Vorstellungswelt.
Wir glauben, dass der zukünftige Erfolg im Umwelt- und Naturschutz in der Beteiligung des Menschen als verantwortlich handelndem Subjekt liegt, und nicht, wie Sie es sehen, als Objekt staatlicher Bevormundung. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen hat Verfassungsrang - das wissen wir - und bedarf der ständigen pragmatischen Unterstützung durch jeden einzelnen handelnden Menschen. Jeder Mensch ist verantwortlich für den Schutz der natürlichen Umwelt, durch seine individuellen Entscheidungen bei Konsum, Mobilität, Freizeit und Wohnen.
Anders als Sie setzen wir auf eine Umweltpolitik, die alle Betroffenen in einen konstruktiven Dialog integriert. Die CDU-Fraktion will gemeinsam mit Bildungseinrichtungen, Kommunen, Umwelt- und Naturschutzverbänden sowie mit Land- und Forstwirten umweltbewusstes Verhalten in der Gesell
schaft verankern. Wir glauben, dass nur mit diesem integrativen Ansatz eine nachhaltige Entwicklung gestaltet werden kann.