Henning Homann

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Last Statements

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Prof. Gillo! Auf der heutigen Tagesordnung steht der „Heim-TÜV“ 2013. Er ist unter den vielen von Ihnen erfolgreich angeschobenen Initiativen etwas Besonderes; denn er ist eines der ersten Projekte, das Sie als neuer Sächsischer Ausländerbeauftragter angeschoben haben.
Im Jahr 2010 wurde er zum ersten Mal durchgeführt, seitdem jährlich fortgeschrieben, und meine Vorrednerin und die Vorredner haben es bereits gesagt: Dieses Thema war nicht nur wichtig, sondern Sie haben es geschafft, hier Erfolge zu organisieren. Dies ist deshalb wichtig, da es überhaupt darum ging, erst einmal die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Schicksal von Flüchtenden und ihre Behandlung in Deutschland zu richten.
Die Thematisierung der Unterbringung von Flüchtenden in Heimen war ein wichtiger Schritt; denn Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften erfolgt nicht freiwillig, sondern per Gesetz, und es ist kein Jugendherbergsaufenthalt, sondern eine extrem anstrengende Situation für die Betroffenen. Nicht nur einige Tage oder Wochen, sondern für Monate, ja oft sogar Jahre haben sie keinen eigenen Wohnraum, sondern ein Zimmer, das man sich eventuell mit Fremden teilt, ohne Privatsphäre – und eben kein „trautes Heim“.
Der „Heim-TÜV“ hat klare Kriterien aufgestellt, die ein Heim erfüllen muss, um als akzeptabel und menschenwürdig zu gelten, und er zeigt Wirkung. 2010 waren es noch Besuche aller Gemeinschaftsunterkünfte und vertrauliche Gespräche mit Verantwortlichen unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um Probleme zu benennen und gemeinsame Lösungen zu finden. Damals war noch die Hälfte der Heime rot eingezeichnet. 2011 – ein großer Schritt – waren noch 10 % rot. 2012 war keines mehr rot, und nach vielen Verbesserungen haben wir gesehen, dass es von Gelb auf Grün wechselte.
Herr Prof. Gillo, das ist Ihr Erfolg, und dies ist vor allem auch deshalb zu loben und möglich gewesen, weil Sie in Ihrer persönlichen Art mit einem sehr respektvollen Ansatz agiert haben. Es ging Ihnen eben nicht darum, die
Kommunen vorzuführen, sondern Sie wollten konkrete Verbesserungen, und Sie haben zuallererst mit den Verantwortlichen gesprochen mit dem Ziel, ihr Verständnis zu bekommen und sie für die Situation der Flüchtenden zu sensibilisieren.
Lieber Prof. Gillo, die SPD-Fraktion sagt Ihnen Danke. Wir konnten uns in der Vorbereitung alle gemeinsam an Ihre Vorstellung in der SPD-Fraktion erinnern. Wir hatten Ihnen damals zehn Punkte präsentiert, die wir als SPD in der Flüchtlingspolitik in Sachsen als wichtig erachtet haben, und wir hatten damals etwas das Gefühl, dass Ihre Aussagen noch sehr im Ungefähren blieben. Sie sind damals von uns mit einem gewissen Vertrauensvorschuss unterstützt worden, und ich möchte für die SPD-Fraktion feststellen: Sie haben diesen Vertrauensvorschuss mit Zinsen zurückgezahlt.
Sie haben viel erreicht: Die Verbesserung der Lebenssituation, die Verbesserung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen, und auch Ihr Einsatz für die Verbesserung bei der Residenzpflicht sind zu nennen. Sie haben in Ihrem Leben über den Tellerrand hinausgeschaut und die Erfahrungen an Sachsen weitergegeben. Davon hat unser Freistaat profitiert.
Ich denke, was Sie ausgemacht hat, ist Ihre Dialogbereitschaft. Sie waren eine der Personen, die es geschafft haben, in allen demokratischen Fraktionen Anerkennung zu erlangen – durch den Dialog, aber nicht nur mit den anderen Fraktionen, sondern auch mit den Flüchtlingsverbänden, den Betroffenen selbst und der Zivilgesellschaft. Sie waren die liberale Stimme der CDU in dieser Legislaturperiode, und Sie werden große Fußstapfen hinterlassen.
In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihr Engagement und alles Gute für Sie persönlich in der Zukunft!
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Am 27. Mai hat die Staatsregierung den Vierten Sächsischen Kinder- und Jugendbericht vorgelegt. Einmal in der Legislatur soll mit dem Kinder- und Jugendbericht die Situation von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Stellungnahme der Staatsregierung stellt dann das Kinder- und Jugendpolitische Pro
gramm dar. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass der Kinder- und Jugendbericht in dieser Legislaturperiode noch einmal zum Thema gemacht wird.
Dabei unterscheidet sich die Herangehensweise des Vierten Kinder- und Jugendberichts von der seiner drei Vorgänger. Erstmalig erfolgt die Gesamtvergabe des Berichts an einen externen Auftragnehmer. Bisher wurde der Bericht durch eine sächsische Expertenkommission erstellt. Inwiefern nun diese Form für die nächsten Berichte beispielgebend sein soll, daran – das möchte ich gleich zu Anfang sagen – sollten Zweifel gehegt werden.
Auch die Staatsregierung zweifelt; denn so schreibt sie in ihrer Stellungnahme, dass die Form der Berichterstattung in Abhängigkeit von der Themenstellung zukünftig bereits jeweils neu zu bedenken sei.
Die Empirica AG war bislang noch nicht durch ihre Expertise in der Kinder- und Jugendhilfe aufgefallen. Gleichzeitig hat sich jedoch auch ein neuer Blick ergeben. So wurden beispielsweise verschiedene Raumkategorien skizziert, die uns durchaus in der Arbeit unterstützen.
Aber ich muss auch den Kritikern recht geben. In dem Bericht fehlt sowohl eine erziehungswissenschaftliche als auch eine sozialpädagogische Perspektive. Trotzdem enthält der Vierte Kinder- und Jugendbericht wichtige Erkenntnisse, die dringend der Diskussion bedürfen. So spiegelt der Kinder- und Jugendbericht positive wie auch negative Entwicklungen der letzten fünf Jahren wider. Wir als SPD erkennen an und freuen uns, dass die jungen Menschen in Sachsen positiv in die Zukunft schauen. Ein großer Teil der Jugendlichen begreift ihre Zukunftschancen und schaut positiv nach vorn. Neun von zehn Jugendlichen glauben daran, dass sie einen Ausbildungs- oder einen Studienplatz erhalten. Vier von fünf Jugendlichen glauben fest daran, dass sie einen Arbeitsplatz bekommen, und immerhin drei von vier Jugendlichen glauben daran, dass sie später einmal einen gutbezahlten Job bekommen.
Im Jahre 2011 wurden 1,6 Milliarden Euro für den Kinder- und Jugendbericht ausgegeben, 2006 waren es noch 2,1 Milliarden Euro. Der größte Teil geht in den Bereich der Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege. Jeder Euro, der dort investiert wird, ist ein guter Euro. Dass das allerdings noch nicht automatisch reicht, zeigen auch die Demonstrantinnen und Demonstranten, die heute wieder zu Recht auf der anderen Elbseite für bessere Rahmenbedingungen in den Kitas demonstriert haben.
Wenn man nun aber etwas genauer hinschaut, dann sehen wir zum Beispiel deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land. So hat die durchgeführte Online-Jugendbefragung ergeben, dass zwar 70,6 % der befragten Jugendlichen in den Großstädten finden, dass es ausreichend Freizeitmöglichkeiten gibt; so sind aber in Gemeinden zwischen 5 000 und 20 000 Einwohnern nur 31,7 % und in Gemeinden unter 5 000 Einwohnern sogar nur 14,5 % mit den Freizeiteinrichtungen zufrieden.
Auch wird aus dem Jugendbericht erkenntlich, dass Sachsen im bundesweiten Durchschnitt zurückfällt. So stiegen im Bundesdurchschnitt die Ausgaben für die Jugendsozialarbeit um 80 %, im Vergleich dazu in Sachsen nur um 19 %.
Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz und die Förderung von Erziehung in der Familie stiegen im Bundesdurchschnitt um 74 %, in Sachsen nur um 48 %. Die Jugendarbeit stieg im Bundesdurchschnitt um 16 %, im Vergleich dazu in Sachsen nur um 6 %.
So spiegelt der Vierte Kinder- und Jugendbericht auch die deutlichen schwarz-gelben Kürzungen insbesondere in der Jugendpolitik wider. Wenn 2007 noch 15,319 Millio
nen Euro für die Jugendpauschale an die Städte und Gemeinden ausgeschüttet wurden, so waren es 2012 lediglich 10,123 Millionen Euro. Das entspricht einer Kürzung von einem Drittel.
So konstatiert der Bericht die traurige Bilanz, dass im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen 142 Vollzeitstellen während Schwarz-Gelb abgebaut
wurden. Dies betrifft besonders stark den ländlichen Raum. Die Resultate sind weiße Flecken, die Verschiebung der Jugendarbeit in den Niedriglohnbereich und eine Absenkung der Qualität.
Auf all diese Entwicklungen haben wir als SPD in den vergangenen Jahren mehrfach kritisch hingewiesen. Genauso beharrlich, wie wir darauf hingewiesen haben, wurden diese auch weitgehend ignoriert. Trotz des flexiblen Jugendmanagements, trotz des FSJ Bildung und trotz des Einfrierens der Jugendpauschale müssen wir hier in Sachsen von einem deutlichen Abbau in der Jugendarbeit sprechen. Dass die Kritik der Opposition vielleicht doch hilft, zeigt hingegen die Stellungnahme der Staatsregierung, die mich vorsichtig optimistisch stimmt, und ich möchte mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen des Landesjugendamtes bedanken.
So stellt die Staatsregierung fest, dass es notwendig sei, dass junge Menschen kontinuierliche Ansprechpartner in ihren Gemeinden und in ihrem Dorf brauchen, um jugendgerechte und interessengeleitete Belange junger Menschen umzusetzen. In der Stellungnahme wird richtig darauf hingewiesen, dass Kinder- und Jugendhilfe ihren Fokus stärker auf die Lebensphase der Jugend ausrichten müsse, und es wird auch richtig festgestellt, dass die Schulsozialarbeit dringend einer kontinuierlichen Förderung bedarf.
Dieser Schritt vorwärts wird leider gleich wieder durch einen Schritt rückwärts begleitet. So finden sich die Schlussfolgerungen dieser fachlichen Stellungnahme in keiner Zeile im Vorentwurf zum nächsten sächsischen Haushaltsplan. Keine Erhöhung der Jugendpauschale, keine Stärkung der Schulsozialarbeit.
Ich habe den Vorentwurf gelesen.
Ein Punkt ist noch einmal besonders wichtig: Die Prävention wird oft bemüht, auch in Ihren Reden, die hier gehalten werden. Beispiele für Prävention oder dringenden Präventionsbedarf werden vor allem immer wieder in der Drogenpolitik zu Recht angeführt. Aber auch hier sehen wir, wie wichtig es ist, weil die Kosten im „Reparaturbetrieb“, bei den Hilfen zur Erziehung, in den vergangenen Jahren massiv angestiegen sind.
In der Stellungnahme der Staatsregierung heißt es, dass die steigenden Kosten auf eine steigende Sensibilisierung im Bereich des Kinderschutzes zurückzuführen sind. Das mag einer der Gründe sein, aber bei Weitem nicht alle. Eine wichtige Ursache, die in der Analyse fehlt, ist, dass die Anstiege bei der Intervention ihre Ursache auch im
Wegbrechen der Präventionsstrukturen in Sachsen haben, die Sie in den letzten fünf Jahren zu verantworten haben.
Die Kürzungspolitik der schwarz-gelben Staatsregierung hat die Situation in Sachsen somit massiv verschärft und die präventive Haltefunktion der Kinder- und Jugendhilfe geschwächt.
Deshalb wollen wir als SPD – und mit uns, denke ich, auch die anderen Oppositionsfraktionen – eine neue, nachhaltige Stärkung der Kinder- und Jugendpolitik. Wir haben zentrale Eckpunkte in unserem Antrag vorgestellt. Wie wichtig eine ordentliche und kontinuierliche Sozialberichterstattung ist, beweist dieser Bericht – bei allen Schwächen. Deshalb möchten wir gern ein wissensbasiertes Kompetenzzentrum einrichten, das uns kontinuierlich ermöglicht zu wissen, wie es den Kindern und Jugendlichen in Sachsen geht.
Wir möchten, dass aus den Ansagen der Stellungnahme auch im Doppelhaushalt konkrete Zahlen werden. Das beginnt natürlich mit der Rücknahme der Kürzungen aus dem Jahr 2010. Wir möchten, dass auch Sachsen endlich dem Vorbild anderer Bundesländer folgt und ein Konzept für eine eigenständige sächsische Jugendpolitik erarbeitet.
Wir brauchen Konzepte für den ländlichen Raum. Hier zeigen die miesen Umfragewerte unter jungen Menschen, dass Handlungsbedarf besteht. Wir brauchen mehr Engagement bei der Schulsozialarbeit und wir möchten gern, dass das Verfahren zur Vergabe des Jugendberichtes deutlich überarbeitet wird. Ich glaube, das Ergebnis aktuell in seiner Systematik zeigt, dass es hier Verbesserungsbedarf gibt.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich erst einmal, dass die Frau Ministerin in der Analyse ziemlich nah bei uns ist. Es hat eigentlich nur noch gefehlt, dass sie gesagt hätte, ja, Sie haben recht mit Ihrer Kritik an den Kürzungen. Ich möchte allen, auch den Kolleginnen und Kollegen von der CDU – – Frau Staatsministerin, ich lade Sie gern ein, und wir fahren einmal durch Sachsen, gern auch zum Beispiel durch den Südteil
des Landkreises Mittelsachsen. Dann zeige ich Ihnen all die Einrichtungen, in denen es früher hauptamtliche Jugendarbeiter gab, die es jetzt nicht mehr gibt. Dann besuchen wir die Jugendklubs, an denen draußen steht: Dieser Jugendklub wurde von CDU und FDP geschlossen. Das können wir gern machen.
Wie Herr Krauß in den 142 Jugendarbeitern, die im Bericht stehen, einen Stellenaufbau sieht, das weiß ich auch nicht. Der Jugendbericht sagt ganz klar, dass 172 Stellen abgebaut sind, ohne Frage. Damit befinden wir uns in einem bundesweiten Trend. Wir haben innerhalb der Jugendhilfe eine Verschiebung. Wir geben in allen Bundesländern – und das ist zu begrüßen – mehr Geld für Kitas, für die Arbeit in den Krippen aus.
Es ist richtig, dass das Geld dafür ausgegeben wird. Aber während die Kinder im jüngsten Alter richtigerweise in den Fokus der Politik kommen, sind es oft die Jugendlichen, die aus dem Fokus der Politik verschwinden. Das darf nicht passieren! Wir dürfen nicht die Kinder gegen die Jugendlichen ausspielen, –
sondern wir müssen beides im Blick haben. Deshalb ist eine eigene Wissensstrategie auch für Sachsen die richtige Antwort.
Letzte Anmerkung, Herr Krauß: Die Jugendpauschale wurde unter Beteiligung der FDP in der letzten Legislaturperiode von zehn auf 14 Euro erhöht und während Schwarz-Gelb wieder von 14 auf 10 Euro gekürzt. Das ist der Unterschied zwischen der SPD und Schwarz-Gelb.
Vielen Dank.
Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin. – Bei aller Sympathie für die Expertenkommission, und ich möchte explizit auch nicht ausschließen, dass wir am Ende zur Expertenkommission zurückkommen, sehen wir aber, dass dieser Bericht durchaus seine positiven Aspekte in der Systematik hat. Außerdem schlagen wir auch die Einrichtung eines Kompetenzzentrums vor. Deshalb würden wir an dieser Stelle erst einmal evaluieren, um uns am Ende dieser Überprüfung zu entscheiden, welchem System wir in Zukunft folgen. Deshalb würden wir diesen Änderungsantrag ablehnen; aber dem eigentlichen Antrag der Kollegin Klepsch stimmen wir zu.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen weiteren Antrag der NPD vorliegen, mit dem sie versucht, zur Abwechslung einmal nicht mit Rassismus, sondern mit einem anderen Thema zu punkten. Das Problem an der Sache ist, wie so oft: Es ist schlichtweg zu kurz gesprungen.
Es wird das durchaus wichtige Thema der Aufstocker aufgegriffen und gefordert, dass die Hinzuverdienstmöglichkeiten erhöht werden. Wenn man es sich aber genau anschaut, dann entsteht folgende Situation: dass das Aufstocken sowohl für die Aufstocker als auch für die Unternehmer(innen) wesentlich attraktiver wird. Das Ende vom Lied wird sein, dass wir nicht weniger Aufstocker haben – was unser gemeinsames Ziel ist –, sondern dass wir noch mehr Aufstocker haben. Das kann doch nicht wirklich das Ziel guter Politik sein!
Wenn wir uns also anschauen: Der Mindestlohn, den SPD und CDU gemeinsam verabschiedet haben, ist in der Tat eine große Errungenschaft. Über 600 000 Sächsinnen und Sachsen werden von diesem Mindestlohn profitieren, und wir werden unsere Arbeitsmarktpolitik fortsetzen, die darauf abzielt, die Tarifgebundenheit zu erhöhen, die sachgrundfremden Befristungen abzuschaffen und damit langfristig auch das System der Aufstocker(innen) überflüssig zu machen. Das ist gute Arbeitsmarktpolitik und nicht Ihr Herumgedoktere, das nur pseudo-gut funktioniert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte noch kurz eine Sache klarstellen. Sie werden heute etwas ganz Besonderes schaffen: Sie werden die einzigen Abschiedsredner sein, die keinen Abschiedsapplaus bekommen; denn das wird heute aller Voraussicht nach Ihre letzte Rede, Ihr letzter Tagesordnungspunkt hier in Sachsen sein.
Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei allen bedanken, die Ihnen in den letzten fünf Jahren die Stirn geboten
und dafür gesorgt haben, dass keine rassistischen Stereotype unwidersprochen blieben und der Konsens der Demokratinnen und Demokraten gehalten hat, dass Sie keinen Einfluss auf Entscheidungen des Hohen Hauses gewonnen haben
und keine Frechheit unkommentiert geblieben ist. Ich denke dabei an viele Redner(innen), die sich unserer Meinung nach ehrliche Meriten verdient haben. Bei denen möchte ich mich herzlich bedanken. Uns allen wünsche ich eine nazifreie nächste Legislaturperiode.
Vielen Dank.
Schulsozialarbeit (Frage Nr. 1)
Am 31. Juli 2014 läuft die Förderung von 139 sozialpädagogischen Vorhaben zur Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern über die ESF-Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und dem Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft vom 31.07.2007 aus. Die Projekte haben ein Gesamtvolumen in Höhe von 13 929 674 Euro. Ursprünglich wurde den Projektträgern eine lückenlose Zwischenfinanzierung bis zum neuen Vorhabenbeginn 01.01.2015 zugesichert. Entgegen aller anderslautenden Zusagen wurde den Projektträgern jedoch nunmehr mitgeteilt, dass eine Zwischenfinanzierung frühestens ab 01.09.2014 möglich sei, die zudem nicht für alle Projekte ausreichen werde.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Finanzielle Mittel in welcher Höhe stellt die Staatsregierung zur Zwischenfinanzierung der genannten Projekte bereit?
2. Handelt es sich bei den unter 1. genannten finanziellen Mitteln um europäische-, Bundes- oder Landesmittel?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass wir alle in den letzten Wochen mit großer Sorge in die Ukraine und insbesondere auf die Krim schauen. Die schlimmen Bilder vom Maidan, die Gewalt, die rollenden Panzer und die Bilder aus Donezk sind für uns eine deutliche Warnung. Die Krim liegt gerade einmal 2 000 Kilometer von Dresden entfernt. Das ist im globalen Maßstab eine relativ kleine Entfernung. Es steht auch diesem Hause gut an, dass wir heute unser Mitgefühl für alle Opfer und Familien, die in diesen bedauernswerten Konflikten betroffen waren oder ihr Leben gelassen haben, ausdrücken. Das macht uns natürlich bewusst, wie zerbrechlich Frieden auch in einem vermeintlich geeinten Europa ist. Meine Generation kann es sich gar nicht mehr vorstellen. Diese Bilder bringen es wieder sehr nahe. Es zeigt uns, wie wichtig ein geeintes Europa ist und die Vereinten Nationen sind. Das sind zwei wichtige Institutionen, die gerade von Ihnen, von der NPD, massiv bekämpft werden. Diese Situation verlangt von der Bundesregierung und der Europäischen Union vor allem besonnenes Handeln. Sie fordert ein besonnenes, entschlossenes und gemeinsames Handeln.
Genau in dieser Situation bringt die NPD einen Antrag mit dem Titel „Dialog und Kooperation statt Säbelrasseln: Keine EU-Sanktionen gegen Russland!“ ein. Dialog und Kooperation – dazu habe ich eine Frage: Was ist das für ein Muschebubu? Der Führer würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er wüsste, welche Muschebubuanträge Sie hier stellen. Das kann wirklich nicht sein.
Bei extra 3 haben Sie die Redezeit bereits besetzt. Als demokratische Abgeordnete kommen wir nicht mehr hinein.
Wenn man sich auch noch einmal mit den Inhalten auseinandersetzt und nicht nur damit, dass dieser Antrag unverschämt ist, kommt man als Allererstes an dem Punkt an, dass schon die Grundannahme dieses Antrages schlichtweg falsch ist. Sie sagen nämlich, dass die Angliederung der Krim an Russland nicht völkerrechtswidrig wäre. Das ist absolut falsch. Die Angliederung ist völkerrechtswidrig. Das wird auch von Georg Nolte, dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht, klargestellt. Er sagt Folgendes: „Eine Abstimmung, die durch eine völkerrechtswidrige Gewaltanwendung russischer Truppen ermöglicht und international nicht überwacht wird, hat keine völkerrechtliche Wirkung.“ Die Grundannahme Ihres Antrages ist somit auf alle Fälle falsch.
Wenn man sich die weiteren sachlichen Argumente anschaut, beweisen Sie auch kein besonders großes außenpolitisches Geschick. Sie fordern zum Beispiel die bedingungslose Aufhebung der EU-Sanktionen. Sie stellen Putin einen Persilschein aus. Sie möchten ihn aber anschließend dazu bringen, in einen kritischen Dialog einzutreten. Das möchte ich gern einmal sehen. Sie stellen ihm einen Persilschein aus. Das bedeutet jedoch, dass er
überhaupt keine Anreize mehr hat. Er fühlt sich nicht gezwungen, sich an einen dringend notwendigen Tisch zu setzen. Sie fordern natürlich eine umfangreiche wissenschaftliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Sie wissen wahrscheinlich nicht, dass – angefangen mit Herrn Jurk und fortgesetzt von Herrn Morlok – in diesem Zusammenhang viel passiert. Als Mittelsachse weiß ich natürlich, wie toll die Kooperation zwischen der Bergakademie in Freiberg und der Universität in Sankt Petersburg läuft. Das alles wissen Sie nicht, weil Sie es eigentlich auch gar nicht wissen möchten.
Ein weiterer Punkt – ich finde, dass dies eine Erwähnung wert ist – sind die Stilblüten in Ihrem Antrag. Man muss absolut schmerzfrei sein, sich den ganzen Tag hinzusetzen und eine antikapitalistische Rhetorik und Antiglobalisierungsrhetorik an den Tag zu legen, sich aber anschließend zum Anwalt von Siemens, VW und der Deutschen Bank machen zu wollen. Das ist ein starkes Stück.
Ich weiß, wer sich hier zum Regieren berufen fühlt. Herr Martens, wenn Sie das machen würden, okay. Aber ich weiß ja, wer sich hier in Sachsen zum Regieren berufen fühlt. Ich bin grundsätzlich gegen Gewalt. Ich bin grundsätzlich gegen jede Form von Gewalt. Aber mich würde schon grundsätzlich aus reinem Interesse interessieren, wie das wohl ausgehen würde, wenn Herr Szymanski als Teil einer sächsischen Delegation in den Kreml gehen und versuchen würde, dem Nahkämpfer Wladimir Putin die Hand zu schütteln.
Es würde mich durchaus interessieren, wie Sie da wieder rauskommen wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte entschuldigen Sie meinen zynischen Unterton. Ein solcher Antrag von der NPD ist wirklich schwer zu ertragen in Anbetracht der mindestens 25 Millionen toten Sowjetbürger, die, durch die deutschen Nationalsozialisten angestiftet,
zum größten Teil Zivilisten, Juden und Judenfrauen und Kinder, von Ihren Vorfahren ermordet wurden.
Ich kann nur hoffen, dass die Bemühungen der Bundesregierung und der Europäischen Union etwas bringen. Ich hoffe sehr, dass die sehr viel beschworene und stark beförderte Kontaktgruppe zwischen USA, Russland,
Ukraine und der EU-Außenbeauftragten Ashton nächste Woche zustande kommt. Das wäre ein wirklicher Beitrag. Ihr Antrag ist das Gegenteil davon.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich möchte sagen, dass internationaler Handel ohne Frage in der Regel, wenn er fair läuft, Fortschritte und Gewinnbringendes für beide bringt. Deshalb ist Globalisierung auch per se nichts Schlechtes. Was den internationalen Handel angeht, so waren wir im Übrigen vor dem Ersten Weltkrieg auf einem gar nicht so unähnlichen Niveau wie heute, bevor wir durch zwei Weltkriege, vor allem motiviert durch einen übertriebenen deutschen Nationalismus, den Sie in Ihrer Tradition fortsetzen,
auch was die globale wirtschaftliche Zusammenarbeit auf der Welt angeht, wieder ins 19. Jahrhundert zurückgeworfen wurden.
Das heißt, wenn wir über erfolgreichen Handel auf internationaler Ebene sprechen, der heute ohne Frage stattfindet, dann findet der nicht aufgrund Ihrer Ideen statt, sondern trotz Ihrer Ideen. Wir wären im Bereich der Globalisierung, des Austausches nicht nur im Bereich der Wirtschaft, sondern auch in dem der Politik wesentlich weiter, hätten Sie uns nicht das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte eingebrockt.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kinder- und Jugendhilfe bedarf einer besseren finanziellen Unterstützung. Denn wer selbst kaum laufen kann, von dem kann man wohl kaum erwarten, dass er andere unterstützt.
Wir wissen: Ausgaben bei den örtlichen Trägern sind in den letzten Jahren – auf 220 Millionen Euro im Jahr 2012 – massiv angestiegen. Das entspricht gegenüber dem Jahr 2011 einer Steigerung von über 8 %. Eine vergleichbare Steigerung konnten wir auch im Zeitraum 2010/2011 beobachten.
Diese Mehrkosten resultieren leider nicht aus einer Stärkung der Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen. Trotz des ausdrücklichen Rats von Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaft, Kinder- Jugend- und Kulturverbänden zieht die schwarz-gelbe Koalition ihre Kürzungspolitik in der Jugendhilfe durch. Da reicht auch nicht der Hinweis, dass man das seit vier Jahren erzählt. Ausgerechnet Sie, Herr Schreiber, sind dafür bekannt. Sie zum Beispiel werfen meiner Kollegin Stange Dinge vor, die in einer anderen Legislaturperiode stattgefunden haben, über fünf, sechs, sieben, acht Jahre her sind. Deshalb sollten Sie etwas vorsichtig sein.
Diese Kürzungspolitik ist ein roter Faden, der sich durch diese Legislaturperiode und Ihre Regierungszeit – auch in Ihrer Verantwortung als kinder- und jugendpolitischer Sprecher – zieht.
In Summe wurden die Mittel für die Förderrichtlinie Jugendpauschale und die Förderrichtlinie Weiterentwicklung von 2010 auf 2011 um insgesamt 4,2 Millionen Euro gekürzt. Die Folge sind weiße Flecken, prekäre Arbeitsverhältnisse und – was ich immer wieder schlimm finde – : Ich erlebe Jugendeinrichtungen, in denen sich ein Bürgerarbeiter und kein Sozialpädagoge mehr um die Jugendlichen kümmert.
Dass die Opposition das kritisiert, ist so weit nichts Neues. Nun liegt aber ein kinder- und jugendpolitisches Papier des Sächsischen Landkreistages vor, und ich gebe meiner Kollegin Klepsch recht: Allein dieses Papier rechtfertigt die Aktuelle Debatte, denn es hat es in sich. Ich möchte nur einen Absatz zitieren. Dort heißt es:
„Um die Aufgaben der Jugendhilfe wirkungsvoll erfüllen zu können, bedarf es einer funktionierenden, belastbaren, auskömmlichen Finanzierungsstruktur, die auf breiten Schultern verteilt ist.“
Jetzt kommt es:
„Dies ist nach Auffassung der sächsischen Landkreise jedoch nicht mehr gegeben.“
Das nenne ich eine klare Ansage aus den Landkreisen in Ihre Richtung. Sie finanzieren nicht auskömmlich.
Spätestens beim Thema Hilfen zur Erziehung kommen Sie auch nicht mehr aus der Verantwortung. Wir stellen also fest – und zwar in Übereinstimmung mit dem Landkreistag –, dass die Kostensteigerungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung enorm sind, und zwar Jahr für Jahr. Man kann sich auch nicht jedes Jahr darauf hinausreden: Ja, wir haben das Thema im Blick, und wir wollen da gern etwas machen. – Das konnten Sie vor drei Jahren sagen, aber doch nicht mehr in diesem Jahr.
Und was erleben wir dann? Wir erleben in der Regel eine Verantwortungsverschiebung. Bei den offenen Angeboten sagen Sie immer, dafür sei die Kommune zuständig, und bei den Hilfen zur Erziehung sagen Sie jetzt immer, in der Regel sei der Bund zuständig. Aber spätestens bei den Hilfen zur Erziehung kommen auch Sie nicht aus der Verantwortung, denn § 85 Abs. 2 des SGB VIII sagt: „Der überörtliche Träger“ – und das ist mit Einschränkungen auch das Land, Frau Staatsministerin – „ist zuständig für die Sicherstellung eines bedarfsgerechten Angebotes an Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und Hilfen für junge Volljährige.“
Hier ist Ihre Verantwortung, und da lassen Sie die Landkreise und in letzter Konsequenz die betroffenen Kinder und Jugendlichen im Stich. Dort besteht bei Ihnen Handlungsbedarf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir machen seit Jahren Vorwürfe.
Ja, es ist richtig, wir machen Vorwürfe, aber berechtigte! Seit Jahren legen wir den Finger in die Wunde. Natürlich machen wir Vorschläge, wie man es besser machen kann. Die Kinder- und Jugendhilfelandschaft in Sachsen ist an sich von den vorhandenen Kompetenzen her fit. Wenn man sie ernst nehmen und sich mit ihnen an einen Tisch setzen würde, würde man feststellen, dass es viele Möglichkeiten gibt, um mit ihnen gemeinsam sinnvolle Konzepte zu entwickeln.
Wir erleben zum Beispiel in der Schulsozialarbeit, dass Konzepte auf dem Tisch liegen. Was passiert? Nichts! Wir erleben es im Bereich der mobilen Jugendarbeit, wo wir gerade im ländlichen Raum stärker einsteigen könnten, stärker einsteigen müssten. Aber Sie tun am Ende nichts. In diesem Sinne sind – das muss man leider feststellen – für die Kinder- und Jugendhilfe die Jahre dieser Legislaturperiode verlorene Jahre. Das ist bedauerlich.
Vielen Dank.
Mich würde einmal interessieren, Herr Schreiber: Wenn Sie sagen, dass vor Ort niemand im Stich gelassen wird, wie erklären Sie den Fall in der Sächsischen Schweiz?
– Ja, genau, von HzE. Dazu würde mich einmal interessieren: Wie erklären Sie dann den Fall in der Sächsischen Schweiz, in dem ein Jugendamt sagt, es nehme keine neuen Fälle mehr an, weil es mit dem Bearbeiten nicht mehr hinterherkommt? Wie erklären Sie das? Ist das Hokuspokus oder Weltverschwörung von Rot-Rot-Grün, oder wie erklären Sie das, wenn ein Kreisjugendamt wegen Überforderung keine Fälle im Bereich der HzE-Maßnahmen mehr annimmt?
Ja, vielen Dank. – Herr Schreiber hat in seinem Redebeitrag behauptet, dass die Kürzung der Jugendpauschale von ihnen nie beschlossen worden wäre. Das halte ich wirklich für ein Gerücht.
Sie entscheiden auch nicht allein, auch wenn Sie gern König von Sachsen wären.
Fakt ist: Die Kürzung der Jugendpauschale ist zunächst durch eine Bewirtschaftungsmaßnahme der Staatsregierung erfolgt. Aber im darauffolgenden Doppelhaushalt wurde diese Kürzung eins zu eins im Haushalt übernommen und auch mit Ihrer Stimme abgestimmt, Herr Schreiber. Sie haben diese Kürzungspolitik mitgetragen.
Wobei ich zugestehe – Sie wissen, das sage ich auch in der Öffentlichkeit –, mein Eindruck ist, dass Sie für die Jugendpauschale gekämpft haben. Deshalb wäre die richtige Formulierung: Die CDU in ihrer großen Mehrheit hat auch gegen Sie die Jugendpauschale durchgedrückt. Sie haben sich nicht durchsetzen können. Das will ich der Ehrlichkeit halber dazusagen. Dass Sie das Beispiel aus der Sächsischen Schweiz nicht kennen, betrübt mich. Ich denke, Sie sollten auch bei Ihren Parteifreunden anrufen, was denn dort vor Ort los ist. Das ging auch schon durch die Presse. Das kann man auch lesen, wenn man möchte. Deshalb wäre ich etwas vorsichtig.
Noch ein kleiner Hinweis: Dass wir die Schulsozialarbeit auf Bundesebene nicht durchbekommen haben, hat einen einzigen Grund. Das liegt nicht an Frau Kraft. Sie, die CDU, haben es nicht zugelassen. Also würde ich ein wenig aufpassen mit den Vorwürfen, die Sie hier vorn ablassen.
Sie reden sich darauf hinaus – gerade in dem Bereich Hilfen zur Erziehung – und sagen: Das ist so leicht mit Prävention nicht zu erledigen. Sie schließen aus einem einzigen Beispiel auf eine komplette Politik – das ist auch eher schwierig –, und Sie sagen, am Ende sei die Gesamtsituation in Sachsen dafür mitverantwortlich.
Die Gesellschaft in Sachsen sei dafür verantwortlich. Für diese trägt die CDU in Sachsen aber auch seit 24 Jahren die Verantwortung. Also, ganz heraus aus der Nummer kommen Sie nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Das Bundeskriminalamt hat gemeinsam mit den Landespolizeibehörden 3 300 Fälle unaufgeklärter Tötungen und Tötungsversuche zwischen 1990 und 2013 erneut geprüft. Dabei wurden in 746 Fällen Anhaltspunkte „für eine mögliche politisch rechte Tatmotivation" festgestellt.
Meine Fragen an die Staatsregierung lauten:
1. Wie viele der untersuchten 3 300 unaufgeklärten Fälle wurden in Sachsen geprüft?
2. Wie viele Tötungen und Tötungsversuche (bitte ge- trennt angeben) stehen in Sachsen nach der erneuten Prüfung im Verdacht, möglicherweise einen rechtsextremen Hintergrund zu haben?
Vielen Dank, Herr Minister. – Sie haben jetzt von zwei vollendeten Tötungen gesprochen. Heißt das, dass bei den Tötungsversuchen eine Null steht, oder sind die nicht untersucht worden?
Okay.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen uns die Frage stellen: Wie begegnen wir Hass und Vorurteilen? Die NPD glaubt anscheinend, dass sie mit der heutigen Aktuellen Debatte einen Sieg erringe. Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Wir haben bereits klargemacht, dass wir diesem Hass mit kühlen Informationen entgegentreten und zur Aufklärung beitragen.
Das, was Sie hier erzählt haben, sind Vorurteile und Desinformationen.
Nehmen wir einmal die Fakten: Erstens haben Sie suggeriert, es gebe eine „Asylantenschwemme“, und hinzugefügt, die kämen doch alle nach Deutschland.
Es gab – Stand 2012 – 45,2 Millionen Menschen auf der Welt, die auf der Flucht waren. Davon waren 28,8 Millionen Binnenflüchtlinge, das heißt, sie flüchteten von einer Stadt in die nächste.
15,4 Millionen Menschen verlassen tatsächlich ihr Heimatland. Davon flüchten aber 80 % nur in das Land daneben. Nur drei Millionen gehen über das Nachbarland hinaus.
Von den 45,2 Millionen Menschen, die auf der Flucht waren, kamen 350 000 nach Europa. Im Jahr 2012 kamen 65 000 von ihnen nach Deutschland.
Selbst wenn man die im Jahr 2013 etwas höhere Zahl annimmt, dann bedeutet das, dass in Sachsen 5 000 von insgesamt 45,2 Millionen Flüchtenden ankommen. Das sind 0,01 %.
Auf dieser Basis meinen Sie hier so ein Fass aufmachen zu können? Das glaube ich einfach nicht.
Bitte die Zeit stoppen.
Sie haben schon genug Blödsinn erzählt.
Zweitens suggerieren Sie als Fakt, 98 % seien nur scheinbar Asylsuchende. Sie erwecken damit den Eindruck, dass fast 100 % der Leute, die hierherkommen, uns nur ausbeuten wollen. Aber selbst die Zahlen des Bundesamtes widerlegen Sie: Es ist tatsächlich richtig, dass nur 1 bis 2 % wegen politischer Verfolgung als Asylbewerber anerkannt werden. Aber das ist ja nicht der einzige Aufenthaltsgrund. Weitere 15 % sind anerkannte Flüchtlinge. Das ist richtig so, weil sie aus Bürgerkriegsregionen kommen, in die sie zurzeit nicht zurück können. Für weitere 13,5 % ist ein Abschiebestopp verhängt worden, zum Beispiel, weil ihnen die Todesstrafe droht, wenn sie zurückkommen.
Das, was Sie hier erzählen – 98 % seien Betrüger –, ist totaler Blödsinn. Das ist statistisch nicht zu halten.
Nein.
Sie haben genug Podium; das ist schon zu viel. – Die dritte Behauptung, die Sie verbreiten, betrifft den Protest in Schneeberg. Auch ich war in Schneeberg und habe mich an den dortigen Protesten als einfacher Teilnehmer beteiligt. Sie von der NPD behaupten, die Proteste gegen die Asylunterkunft seien erstens friedlich, zweitens Bürgerproteste und drittens erfolgreich. Alles drei ist falsch!
Punkt 1: Friedlich sind sie nicht. Fragen Sie einmal die zwei Journalisten, die am Rande Ihrer Demonstrationen angegriffen wurden. Einer von ihnen ist krankenhausreif geschlagen worden. Das ist also Ihre erste Lüge; denn friedlich sind Ihre Proteste nicht.
Punkt 2: Sie behaupten, es seien Bürgerproteste. Ja, wir müssen eingestehen, dass Schneebergerinnen und
Schneeberger an Ihrer Kundgebung teilgenommen haben.
Aber schauen Sie sich doch in Ihren eigenen Internetforen um, wie Sie versuchen, mit Fahrgemeinschaften nun wirklich jedes NPD-Mitglied, das im Umkreis von 200 Kilometern wohnt, nach Schneeberg zu bringen, um genau diesen „Bürgerprotest“ als Erfolg zu suggerieren. Nein, der größte Teil von denen sind Leute, die Sie zusammengekarrt haben.
Ich komme zu Punkt 3. Zum „Erfolg“ eine Zahl: 3,3 % für die NPD bei der Bundestagswahl. Das war Ihr Ergebnis. Das halten die Sachsen von Ihnen – 3,3 %!
Abschließender Hinweis: Die Mehrheit der Schneebergerinnen und Schneeberger hat nicht an Ihren Protesten teilgenommen. Ich glaube, dass die Antwort auf Ihren Hass, auf Ihre Ablehnung von Menschlichkeit nur noch mehr Menschlichkeit sein kann.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die globalisierte Welt ist eine Welt voller Freiheiten und Chancen vor allem für uns in Deutschland und in Sachsen; denn wir profitieren unter anderem vom Freihandel und von offenen Märkten. Hunderttausende Jobs allein sind in Deutschland vom globalen Markt abhängig, und wir sind in der Regel diejenigen, die im globalen Wettbewerb die guten Jobs abbekommen.
Über Gewerbe- und Einkommensteuern werden so wichtige Beiträge für unser Gemeinwesen geliefert. Das ist Globalisierung heute.
Aber aus Freiheit folgt auch Verantwortung. Wir dürfen nicht wegsehen vor der Not auf der Welt. Natürlich ist unsere erste Aufgabe, unsere klare Priorität, Hilfe vor Ort zu organisieren – und zwar dann, wenn sie gebraucht wird. Dazu haben wir großartige Hilfsorganisationen, wie zum Beispiel das THW oder das Rote Kreuz, die wichtige Arbeit vor Ort leisten.
Aber wir dürfen uns auch nicht vor unserer Verantwortung drücken bei Naturkatastrophen oder Bürgerkriegen, bei denen Situationen entstehen, in denen Menschen flüchten müssen. Sie tun dies als Allererstes ins Nachbarland – es flüchten bei Weitem nicht alle nach Europa –; aber auch wir müssen manchmal unsere Verantwortung wahrnehmen und diesen Menschen helfen, indem wir ihnen ein Obdach, eine neue Heimat bieten.
Wir nehmen diese Verantwortung im Rahmen unserer Möglichkeiten wahr. Durchschnittlich suchten in den vergangenen Jahren zwischen 2 000 und 3 000 Flüchtende pro Jahr in Sachsen Zuflucht. Die Mehrheit ist in ihre Heimatländer zurückgekehrt.
Eine Vielzahl von internationalen Konflikten lässt diese Zahl in den vergangenen Jahren steigen – und, ja, in diesem Jahr sind es inzwischen über 5 300.
Wenn man diese Zahl aber einmal in Relation setzt und die sächsische Bevölkerung mit vier Millionen Bürgerinnen und Bürgern als Maßstab nimmt, dann ist das ein
Anteil von 0,1375 %. Es ist absolut fahrlässig, bei solchen Zahlen Angst vor Überfremdung zu schüren. Nein, wir sind auf diese Menschen vorbereitet; wir sind dazu in der Lage, diesen Menschen hier eine sichere Zuflucht zu bieten.
Wenn man das Ganze bildlich darstellt, dann bedeutet das: Wenn man ein Maßband mit einem Meter hat – also 1 000 Millimetern –, dann würde ein einziger Millimeter dazukommen. Wer an dieser Stelle vor Überfremdung warnt, wie es in der Debatte leider zurzeit des Öfteren vorkommt, der schürt unnötige Angst.
Trotz der geringen Zahl erleben wir bei einem Teil der Sächsinnen und Sachsen Skepsis – auch das gehört zur Wahrheit dazu. Sie haben Angst, und aus dieser Angst entspringt das Bedürfnis nach Information; sie wollen besser informiert werden – genauso, wie sie beim Straßenbau oder bei Hochwasserschutzmaßnahmen besser informiert werden wollen –, und ich finde, der Anspruch, ihre Ängste ernst zu nehmen, ist berechtigt.
Wir wollen Ängste ernst nehmen und abbauen und wir wollen Konzepte zur menschenwürdigen Unterbringung von Flüchtlingen in Sachsen entwickeln und notwendige Rahmenbedingungen für soziale Betreuung und Sprachunterricht schaffen. Das halten wir für eine wichtige Lehre aus den aktuellen Diskussionen. Wir setzen dabei auf die Klugheit von vielen. Wir glauben, es gibt in Sachsen genügend Partner, die uns dabei helfen können, in diesen Fragen besser zu werden.
Und wir glauben an dieser Stelle an das Prinzip eines möglichen Konsenses.
Wir schlagen deshalb mit diesem Antrag dem Hohen Haus vor, einen runden Tisch „Humanitäre Flüchtlingspolitik Sachsen“ zu gründen,
indem wir verschiedene kompetente Partner in dieser Gesellschaft zusammenführen wollen. Zu den kompetenten Partnern gehören die Mitglieder der NPD-Fraktion nicht.
Wir möchten gern, dass es einen runden Tisch gibt mit dem SMI, dem SMS, dem Ausländerbeauftragten, einem Vertreter der Landräte, der Bürgermeister(innen), aber,
ganz wichtig, auch des Sächsischen Flüchtlingsrates, den Betroffenen. Die Erfahrungen aus der Liga wollen wir genauso mitnehmen wie die der Wohnungsverbände und der Wohnungswirtschaft.
Wir wollen also eine bessere Politik, um daraus diese noch besser kommunizieren zu können und dadurch mehr Akzeptanz bei den Menschen in Sachsen zu schaffen.
Wir haben in Sachsen jedes Jahr eine Auswanderung von 20 000 bis 30 000 Menschen. Wer da erzählt, dass eine Zuwanderung für einen voraussichtlich vorübergehenden Zeitraum von 2 000 bis 3 000 Menschen nicht zu verkraften ist, der setzt auf Hass.
Meine Erfahrung ist: Ich bin mir sicher: Weltoffenheit ist ein wichtiger Wert für die Sachsen. Lasst uns dieser Weltoffenheit Rechnung tragen und dieser Weltoffenheit an einem solchen runden Tisch für eine humanitäre Flüchtlingspolitik Ausdruck verleihen!
Vielen Dank.
Ja, das ist ein Geschäftsordnungsantrag. Ich beantrage formal nach § 89 der Geschäftsordnung die Überweisung an den Innenausschuss und begründe dies wie folgt: Die demokratischen Fraktionen haben hier, denke ich, sehr überzeugend dargelegt, dass wir ein gemeinsames Interesse daran haben, dieses Thema breit zu diskutieren, –
um die Menschen in diesem Land mitzunehmen, um sie zu informieren und damit den Nährboden für menschenfeindliche Einstellungen so schwer wie möglich zu machen. Deshalb möchten wir den Vorschlag der Koalitionsfraktionen gern annehmen, diesen Antrag im Innenausschuss weiter zu bearbeiten, zu schauen, wie wir einen gemeinsamen Weg finden können, und freuen uns auf die spannenden und offenbar für den Freistaat wichtigen Diskussionen in den nächsten Wochen und Monaten.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Hundert, wenn nicht sogar Tausend Menschen haben in den vergangenen Jahren in Sachsen Großartiges geleistet. Gemeinsam in vielfältigen Projekten, Netzwerken und vielseitigen lokalen Aktionsplänen, in Präventionsräten, in einer großen Vielfalt von Aktionsformen haben wir in manchen Regionen eine rechte Dominanzkultur gebrochen und einen Korridor für die Demokratie geschlagen.
Wir haben in vielen Regionen wichtiges Terrain für die Zivilgesellschaft zurückgewonnen, Neonazis in ihre Schranken gewiesen und ihnen den Nährboden entzogen.
Einer der wichtigen Eckpfeiler dieser positiven Entwicklung sind die Beratungsnetzwerke in Sachsen, und das seit über zehn Jahren. Auch der NSU-Untersuchungsausschuss stellt in seinem Abschlussbericht fest – ich zitiere –: „In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass professionelle Unterstützung von Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, wie sie durch die Opferberatungsstellen in freier Trägerschaft geleistet wird, unverzichtbar ist.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich im Namen der SPD-Fraktion dem Dank von Frau Köditz an diese Menschen anschließen, die oft auch unter einem gewissen persönlichen Risiko hier gearbeitet haben, die auf Hetzseiten der Neonazis gepostet wurden, vom „Nationalen Beobachter“ oder Ähnlichen mit Klarnamen und Telefonnummern und Adressen veröffentlicht wurden. Wer so standhaft ist, der hat unsere Unterstützung auch in Sachsen verdient.
Wie sieht das Ganze in Sachsen aus? Von Kontinuität sind wir in Sachsen seit Jahren weit entfernt. Auch in den letzten Jahren war es so, dass über die Haushalte und die Jahresgrenzen hinweg immer wieder eine Unsicherheit bestand. Wie soll kontinuierliche Arbeit funktionieren, wenn man in den letzten drei Monaten eines Jahres nicht weiß, wie es zum 01.01. weitergeht? Das sind keine verlässlichen Arbeitsbedingungen für solch eine wichtige Struktur. Auch das stellt der NSU-Untersuchungsausschuss-Abschlussbericht fest, der im Übrigen einstimmig auch mit der Unterstützung der CDU beschlossen wurde. Hier wird geschrieben: „Gesellschaftliche Projekte, die sich der Wahrnehmung dieser Verantwortung in besonderer Weise annehmen, bedürfen eines gewissen Maßes an Finanzierungssicherheit.“ Dies wäre auf bundesgesetzlicher Basis auch unter Einbeziehung der Länder zu gewährleisten.
Genau an dieser Sicherheit hapert es. Herr Kollege Jennerjahn hat die Entwicklung auf Bundesebene dargestellt. Ich weiß, der Weg nach Berlin ist lang. Auch Frau
Ministerin mag ab und zu eine Herde Elefanten auf der Leitung stehen haben. Aber spätestens seit dem 12. Juni 2013 können Sie sich nicht mehr herausreden. Auf eine Kleine Anfrage meiner Person haben Sie geantwortet: „Das Beratungsnetzwerk Sachsen ist Teil des Bundesprogramms ‚Toleranz fördern – Kompetenz stärken‘, welches bis Ende 2014 verlängert wurde und danach ausläuft. Die Staatsregierung bemüht sich um eine Kofinanzierung der Bundesförderung für 2014.“ Wie sagt man so schön? Sie haben sich bemüht. Aber hinbekommen haben Sie nichts – und das nach einem halben Jahr. Das ist beschämend für Sachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Der Eindruck, der entsteht – das sage ich ganz vorsichtig –, ist der, dass es politisch nicht gewollt sein könnte.
Ich überlege sehr gut. Ich wünschte, Sie täten das auch einmal, Frau Ministerin. Sie haben gleich die Möglichkeit.
Es entsteht manchmal der Eindruck, dass solche Strukturen politisch nicht gewollt sind. Deshalb haben Sie heute hier die Chance, ein klares Bekenntnis dazu abzulegen. Das ist das, was wir heute von Ihnen erwarten, Frau Clauß.
Aber nicht nur das. Sie haben eine neue Chance. Der heute veröffentlichte Koalitionsvertrag von SPD und CDU sieht genau das vor, was der NSU-Untersuchungsausschuss gefordert hat, nämlich eine kontinuierliche finanzielle Förderung, –
Jetzt wird sie hektisch. Sie sollten das einmal lesen.
eine kontinuierliche finanzielle Förderung auf gesetzlicher Grundlage. Genau auf dieser Basis – das ist meine Hoffnung – wird sich der Freistaat Sachsen in den kommenden Wochen und Monaten darauf einlassen, hier Planungssicherheit zu schaffen, kurzfristig für das nächste Jahr, aber auch mittel- und langfristig für die nächsten Jahre.
Die Arbeit der Beratungsnetzwerke wird gebraucht.
Vielen Dank.
Ja, Herr Präsident. – Ich glaube, es hat keinen Sinn, irgendwelche Sachen aufzurechnen. Gewalt an sich ist immer zu verurteilen. Ich finde nur, dass man vorsichtig sein müsste, sich hier so hinzustellen, wenn erst am Rande der von Ihnen maßgeblich mitinitiierten Demonstration in Schneeberg zwei Journalisten von Teilnehmern Ihrer Demonstration tätlich angegriffen und im Gesicht schwer verletzt wurden.
Ich wäre an dieser Stelle ganz vorsichtig, hier so zu reden.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um Kindern den Weg zu einem glücklichen und zufriedenen Leben zu eröffnen, brauchen wir gleiche Bildungschancen von Anfang an. Das muss unser aller Auftrag sein. Doch nicht allen Kindern wird das Glück zuteil, wohlbehütet und in einem bildungsinteressierten und -fördernden Elternhaus aufzuwachsen. Gerade deshalb ist es notwendig, dass Kinder frühzeitig und entsprechend ihren Talenten und Fähigkeiten gefördert werden, unabhängig von der sozialen Herkunft ihrer Eltern.
Diese Förderung erfolgt zum einen durch gutes Lehrpersonal an unseren Schulen. Doch Beziehungsarbeit kann nicht in allen Fällen durch Lehrerinnen und Lehrer allein geleistet werden. Deshalb bedarf es weiterer Fachkräfte an unseren Schulen, insbesondere Schulsozialarbeiter(innen). Ihre Tätigkeit ist ein wesentlicher Garant für eine erfolgreiche, breit angelegte Teilhabe junger Menschen. Schulsozialarbeiter(innen) können Brücken schlagen: zwischen Schule, Kindern und Eltern sowie zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Schule. Sie sind wichtige Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche, weil sie eben keine Zeugnisse ausstellen, sondern dem Wohl der Kinder und Jugendlichen verpflichtet sind.
Grundsätzlich muss man sagen: Konsequenzen hat die Sächsische Staatsregierung aus den Potenzialen, die in der Schulsozialarbeit liegen, bis heute nicht gezogen; denn es ist die Konsequenz der SPD, dass in den Jahren 2011 bis 2013 im Kompromiss des Vermittlungsausschusses 400 Millionen Euro Bundesmittel für Schulsozialarbeit und Mittagessen zur Verfügung gestellt werden. Es waren SPD-geführte Länder und die SPD-Bundestagsfraktion, die diese Bundesmittel erzwungen haben.
Nun laufen diese Bundesmittel aus. CDU und FDP handeln nicht. Das gilt für die Bundestagsfraktionen genauso wie für die schwarz-gelben Landesregierungen, zumindest für jene, die es noch gibt. Und es sind wieder die SPD-geführten Bundesländer, die seit einigen Monaten versuchen, einen erneuten Kompromiss zu erwirken, der eine Weiterfinanzierung der Schulsozialarbeit sichert.
Natürlich, Frau Kraft ist dabei. Es sind die SPD-Länder, die sich hierzu bekennen; und wie schlecht Ihr Bekenntnis ist, das konnten wir hier gerade gemeinsam feststellen.
Vielleicht hören Sie mal zu, Herr Schreiber, das tut Ihnen vielleicht ganz gut!
So wurde auf SPD-Initiative 2013 ein Antrag, das Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuches II –
Vielleicht tun Sie mal was für Kinder und Jugendliche und reden nicht nur, Herr Schreiber! Es reicht langsam!
zur Weiterfinanzierung von Schulsozialarbeit und Mittagessen in Horteinrichtungen, in den Bundesrat eingebracht. Dieser wurde in die entsprechenden Ausschüsse des Bundesrates überwiesen, aber – und hier erkennt man die Rolle des Freistaates Sachsen – diese wurden verschleppt und nicht verabschiedet.
Aber auch die CDU braucht manchmal eine zweite Chance. Irren ist menschlich. Es hat also einen zweiten Versuch gegeben, die Schulsozialarbeit und das Mittagessen im Hort weiterhin finanziert zu bekommen. So hat es in der letzten Sitzung vor der Sommerpause am 5. Juli einen weiteren Beschluss gegeben, den ich zitieren möchte, weil er in Klarheit nicht zu übertreffen ist:
„Durch diese Gesetzesinitiative soll die Finanzierung der Schulsozialarbeit durch den Bund in Höhe von 400 Millionen Euro jährlich und zum 31. Dezember 2013 auslaufend, entfristet werden.“
Genau das ist es, was wir wollen, und genau das ist es, was wir brauchen, liebe Damen und Herren.
Auch diese Chance haben Sie verstreichen lassen. Die CDU, die FDP und auch die Sächsische Staatsregierung haben nichts getan, um diesen Antrag zu unterstützen.
Das heißt, wir können das Engagement von CDU und FDP in Sachsen mit drei Formulierungen beschreiben: Erstens, es ist Desinteresse. Sie können ja nicht einmal Auskunft darüber geben, wie viele Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in Sachsen über das Bildungs- und Teilhabepaket überhaupt finanziert werden.
Sie wissen es nicht einmal.
Das Zweite ist: Es fehlt ein klares Bekenntnis. Sie haben darauf hingewiesen, dass ja keine gesetzliche Zweckbindung besteht. Es gibt aber auch keine Empfehlung, die der Freistaat Sachsen an die Kommunen herausgegeben hat, so wie es viele andere Bundesländer in Deutschland gemacht haben. Es ist leider Realität, dass nicht wenige Kämmerer das Geld für das Bildungs- und Teilhabepaket nutzen, um ihre klammen Kassen aufzubessern.
Die dritte Formulierung ist: Sie haben kein schlüssiges, ganzheitliches Konzept für die Schulsozialarbeit, in das man die Mittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket integrieren könnte. Das haben Sie einfach nicht. Andere Bundesländer machen es Ihnen vor. Berlin schafft 90 Stellen, Nordrhein-Westfalen, Rot-Grün, schafft
1 419 Stellen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. In Schleswig-Holstein sind es 75 Stellen.
Diese Länder interessieren sich dafür. Sie versuchen das Beste für ihre Kinder und Jugendlichen vor Ort herauszuholen.
Bei Ihnen Fehlanzeige!
Seit vielen Jahren wird die Schulsozialarbeit in den Schulen praktiziert. Wir müssen aber auch hier zur Kenntnis nehmen: Das fehlende Konzept zeichnet sich auch dadurch aus, dass eine grundsätzliche Sensibilisierung für die Chancen für Präventionsarbeit in Sachsen fehlen. Das sehen wir auch – ich weiß, das hören Sie nicht gern – an den Kürzungen in der Kinder- und Jugendhilfe. Deshalb ist Ihre Argumentation, dass es die Kommunen vor Ort aus der Jugendpauschale machen wollen, so zynisch. Sie können sich vor Ort gar nicht kümmern, weil sie unter permanentem Geldmangel leiden, den Sie mit zu verantworten haben.
Sachsen braucht als Allererstes ein klares Bekenntnis. Wir wollen die Schulen stärken – vor allem die Schulen, in denen viele junge Menschen lernen, die von familiärer Armut oder sozialer Benachteiligung betroffen sind. Dafür brauchen wir Schulsozialarbeiterinnen und
Schulsozialarbeiter.
Zweitens. Wir brauchen, wenn wir Bildungschancen für alle wollen, Kontinuität. Das funktioniert nicht über Ihre Projektarbeit. Das funktioniert auch nicht, indem Schulsozialarbeiter fast flächendeckend immer nur befristet beschäftigt bzw. teilweise prekär beschäftigt werden.
Wir brauchen Kontinuität für einen Bildungserfolg.
Drittens. Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie. Wir brauchen endlich, wie andere Bundesländer auch, ein Landesprogramm, in das wir das Bildungs- und Teilhabepaket integrieren können, um hier einen Erfolg zu erzielen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer allen Kindern, unabhängig von ihrer Herkunft, gleiche Bildungschancen zuteilwerden lassen will, der darf ihnen diese Unterstützungssysteme nicht versagen. Sie brauchen manchmal die zweite und die dritte Chance. Auch eine dritte Chance hat Frau Ministerin heute Abend. Meinen Informationen zufolge treffen sich die Mitglieder der Arbeits- und Sozialministerkonferenz heute und morgen in Magdeburg. Auch dort wird das Thema Schulsozialar
beit auf der Tagesordnung stehen. Jetzt sagen Sie uns doch einmal: Wie wird sich denn heute die Sächsische Staatsregierung dazu positionieren?
Vielleicht kann dazu die Staatsregierung einmal Auskunft geben. Heute ist Ihre dritte Chance. Heute können Sie sich bekennen.
Vielleicht gibt es ja noch einen Hoffnungsschimmer. In diesem Sinne vielen Dank für die Aufmerksamkeit.