Klaus Tischendorf
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Koalition, den wir heute behandeln, bietet eine gute Gelegenheit, eine erste politische Einschätzung der Tourismusstrategie 2020 im Landtag vorzunehmen. Ich hatte es erwartet: Frau Windisch hat noch einmal die 18 Jahre Revue passieren lassen. Diesbezüglich kann ich mir eine Menge Zahlenmaterial sparen und will nur einige Punkte ansprechen, für die es aus meiner Sicht lohnt, darüber auch zukünftig zu diskutieren.
Ich will eingangs daran erinnern, dass Tourimuspolitik nie das große Streitthema im Sächsischen Landtag war. Es gab andere Streitpunkte. Ich finde aber auch, dass diese Gemeinsamkeit dem gemeinsamen Anliegen, nämlich der Stärkung der Tourismuswirtschaft, nicht geschadet hat, ganz im Gegenteil.
Bereits bei der Erarbeitung der heute zur Diskussion stehenden Tourismusstrategie wurden die Fachpolitiker der Oppositionsparteien von Anfang an einbezogen. Das ist in Sachsen ein Novum – leider noch. Aber ich denke, das war eine gute Art zu zeigen, wie man Tourismuspolitik gestalten will.
Die Fraktion DIE LINKE hat sich immer dafür eingesetzt, dass die Ausrichtung auf starke Destinationen und ein finanziell ausreichend aufgestelltes Marketing entwickelt wird. Dass dies nicht nur im Landtag von uns vertreten wird, zeigt ein Blick in unser Wahlprogramm. Es gibt dazu einen eigenen Abschnitt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich lassen die in der Tourismusstrategie festgeschriebenen acht Kriterien zur Destinationsbewertung in den Tourismusre
gionen in der heutigen Zeit kaum Raum, um sich auf dem Erreichten auszuruhen. Aber es sind auch erste positive Effekte spürbar. Meine Vorredner sprachen es bereits an.
Die konzeptionelle Zusammenarbeit hat sich in den Tourismusregionen wesentlich verbessert. Ich bin mir sicher, dass bei der Fortschreibung der Förderkriterien – auch bei der Novelle – einzelne Zielstellungen noch angepasst werden. Aber ich sage es rundheraus: Die Richtung, die wir eingeschlagen haben, stimmt.
Auch wenn die Wege der Tourismusregionen sehr unterschiedlich sind, die Herausbildung und Stärkung der Destinationen ist in den letzten zwei Jahren erkennbar vorangekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch das muss man hier ansprechen: Die Fraktion DIE LINKE stimmt mit der Tourismusbranche darin überein, dass sich Sachsen als ein weltoffenes sowie ausländerfreundliches Land präsentieren muss.
Gerade im Ergebnis der diesjährigen Europa- und Kommunalwahlen hat sich gezeigt, dass sich Wirtschaft, Politik und andere gesellschaftliche Kräfte mehr als bisher mit den europa- und ausländerfeindlichen Parteien und Gruppierungen inhaltlich auseinandersetzen müssen,
damit eine Willkommenskultur entstehen kann, die weder Touristen noch die dringend benötigten Arbeitskräfte davon abhält, nach Sachsen zu kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Tourismuswirtschaft ist aufgrund der eingetretenen Fachkräftesituation in besonderer Weise gefordert. DIE LINKE verkennt nicht, dass die Einführung eines allgemein verbindlichen gesetzlichen Mindestlohns besonders Unternehmen im Dienstleistungsbereich mitunter vor komplizierte Problemlagen stellt.
Aber in Anbetracht der Arbeitsmarktsituation ist es so, dass die zukünftige Sicherung von Stammpersonal sowie von Saisonkräften nur mit der Umsetzung des Grundsatzes „Guter Lohn für gute Arbeit“ durchsetzbar ist. Um den Übergang zum gesetzlichen Mindestlohn in schwierigen Bereichen zu ermöglichen, schlägt DIE LINKE vor, dass für einzelne Unternehmen oder Branchen in bestimmten Regionen wirtschaftliche Hilfen für einen bestimmten Übergangszeitraum möglich sein sollten.
Ich denke, dass man mit einer solchen Regelung auch den Forderungen des sächsischen Hotel- und Gaststättenverbandes entgegenkommen kann, ohne den gesetzlichen Mindestlohn so löchrig zu gestalten, wie ihn leider die Große Koalition in Berlin beschlossen hat. Das wäre aus unserer Sicht eine sinnvolle Lösung, da für die Genehmigung sowohl eine Überprüfung der wirtschaftlichen Lage des einzelnen Unternehmens als auch der konkreten Branchensituation sowie der regionalen Bedingungen vor Ort notwendig wären.
In Anbetracht der schwierigen Lohnsituation im Tourismus ist es nicht nur für uns, sondern auch für viele Unter
nehmen unverständlich, wieso das allseits bekannte Problem der kalten Progression nicht konsequent von CDU und SPD auf Bundesebene angegangen wird. Auch das spielt in diesem Bereich eine Rolle.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In letzter Zeit – das wurde bereits angesprochen – wird von Vertretern des DEHOGA und der Tourismusverbände argumentiert, der Mindestlohn verhindere, dass Jugendliche eine Berufsausbildung aufnehmen. Dieses Argument gegen den Mindestlohn trägt nicht, weswegen wir die geplante Ausnahme ablehnen. Ich will auch gern begründen.
Ein großer Teil der Betroffenen, über die wir jetzt diskutieren, geht noch zur Schule, das heißt, sie sind noch nicht auf dem Arbeitsmarkt und auch noch nicht in der Berufsausbildung. Zudem gibt es bei all der Kritik keine empirischen Belege dafür, dass die Zahlung eines Mindestlohnes junge Menschen von der Aufnahme einer Ausbildung abhält.
Fakt ist aber, dass schon heute – auch in der Tourismusbranche und im Hotel- und Gaststättengewerbe – die untersten Tariflöhne häufig höhere Einkommen erbringen als die branchenüblichen Ausbildungsvergütungen. Dieses Problem, das derzeit diskutiert wird, gibt es bereits jetzt. Diese Entwicklung wird sich in Anbetracht der Arbeitsmarktsituation so fortsetzen.
Der Ausschluss von Beschäftigten unter 18 Jahren – auch das ist ein Thema in der Tourismusbranche – von der Zahlung des Mindestlohns, wie im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen, verstößt zudem, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, gegen den Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes.
Die Ausnahmeregelung ist daher eine unzulässige Altersdiskriminierung, denn der für diese Ausnahme dargelegte Sachgrund, dass die Zahlung des Mindestlohns die Aufnahme einer Berufsausbildung verhindern könne, ist nicht stichhaltig und daher keine Rechtfertigung für eine Ausnahmeregelung.
Das sage ich Ihnen gleich. – Wir haben uns im Landtag mit der Klagewelle des sächsischen Beamtenbundes wegen altersdiskriminierender Bezahlung mehrmals
beschäftigt. Auch gibt es hierzu mittlerweile genügend juristische Gutachten, die klar belegen, dass sich die Entlohnung nicht am Alter oder gar sozialpädagogischen Kriterien orientieren darf, sondern ausschließlich an der zu verrichtenden Tätigkeit.
Es ist darüber hinaus widersinnig, junge Menschen im Arbeitsleben schützen zu wollen, indem man sie bei der Entlohnung benachteiligt. Das ist aberwitzig. Außerdem wäre es – das käme hinzu, auch das muss man bedenken – ein Anreiz für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, niedrig entlohnte Arbeit an Beschäftigte unter 18 Jahren zu vergeben und diese zu ersetzen, sobald sie die Altersgrenze überschreiten. Das wäre das Karussell, das wir bewegen. Besonders im Tourismusbereich ist das der falsche
Weg, wenn wir von Qualitätstourismus in Sachsen sprechen wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zu einem weiteren Punkt. Für DIE LINKE sind der Erhalt und der weitere Ausbau des ÖPNV und insbesondere des SPNV von großer Bedeutung. So hat unsere Fraktion in der zu Ende gehenden Legislaturperiode mit mehreren parlamentarischen Initiativen versucht, diese negative Entwicklung aufzuhalten. Leider wurden von der derzeitigen Regierungskoalition alle Vorschläge abgelehnt.
Ich sage aber auch: Ohne verlässliche, öffentliche Verkehrsinfrastruktur werden die sächsischen Tourismusregionen den bereits jetzt auf diesem Gebiet eingetretenen Marketingnachteil nicht kompensieren können. Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, haben wir in Sachsen ein ausgezeichnetes Musterbeispiel, wie eine auskömmliche, auf mehrere Jahre gesicherte touristische Attraktion gefördert werden kann: Ich meine die finanziellen Zusagen für die sächsischen Schmalspurbahnen. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich kritisiere das keinesfalls,
Herr Zastrow, nein, ich kritisiere es nicht. Es zeigt aber Folgendes: Wenn es politisch gewollt ist, ist es auch möglich, Industriekultur und Tourismus so zu unterstützen, dass langfristig Synergieeffekte erzielt werden können.
Nun sage ich Ihnen: Gleiches muss endlich auch konsequent in den touristischen Destinationen auf dem Gebiet des gesamten ÖPNV und SPNV erfolgen. Das wäre konsequent.
Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Barrierefreiheit im Tourismus. DIE LINKE ist für den Ausbau von barrierefreien Angeboten und deren Vermarktung in Sachsen. Das ist eine wichtige Schlüsselmaßnahme der sächsischen Tourismusstrategie.
Dazu ein Beispiel, welches hier im Landtag noch relativ aktuell ist: Gemeinsam mit der SPD hat meine Fraktion die Gesetzesinitiative ergriffen und ein sächsisches Inklusionsgesetz vorgelegt. Dies ist noch nicht lange her. Mit diesem Gesetz haben wir das Ziel verfolgt, die Inklusion von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft in Sachsen, gesetzlich geregelt, umzusetzen. Das heißt, für Menschen mit Behinderung gleichwertige Lebensbedingungen und Chancengleichheit zu schaffen und zu gewährleisten.
Leider waren CDU und FDP nicht in der Lage, so viel Gestaltungskraft aufzubringen, und sich für dieses Thema zu erwärmen. Hier wurde aus unserer Sicht eine Chance zur Unterstützung von Unternehmen der sächsischen Tourismuswirtschaft, die sich für barrierefreie Reise- und Freizeitangebote engagieren, ausgeschlagen. Schade
drum!
Als nächster Punkt gehört zur Strategie aus meiner Sicht die Frage der neuen Förderperiode der Europäischen Union. Jetzt kommt es darauf an, wie sich die Landesförderung im nächsten Doppelhaushalt 2015/2016 darstellt. Der Landtag muss im Herbst eine möglichst kompatible Landesförderung so ausgestalten, dass die Tourismuswirtschaft mit einer innovativen Projektförderung davon bestmöglich profitieren kann.
Die Forderung des Landestourismusverbandes nach Einführung von Regionalbudgets und regionalen Fonds findet bei unserer Fraktion vollste Zustimmung. Wir sind fest davon überzeugt, dass mit diesem Förderinstrument die Eigenverantwortung und Selbstständigkeit der im Landesentwicklungsplan abgebildeten Regionen erhöht werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! So weit meine Ausführungen zum Berichtsteil. Da der Antrag aus zwei Teilen – einem Berichts- und einem Festlegungsteil – besteht, bitte ich den Präsidenten, über die Punkte 1 und 2 getrennt abstimmen zu lassen. Es ist zwar so, dass im Teil 2 des Antrages viele Forderungen enthalten sind, die wir mittragen können, jedoch sehen wir die darin enthaltene Aufforderung zur Umsetzung des Aktionsplanes des Wirtschaftsministeriums zur Förderung des Wassertourismus und der damit verbundenen Novelle der Sächsischen Schiffsfahrtsordnung mehr als problematisch. Vor Ort gibt es immer noch begründete Widerstände, die wir nicht einfach per Landtagsbeschluss vom Tisch wischen können. Ich denke, das wäre der falsche Weg.
Ich komme zum Schluss. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen ist ein wunderschönes Reiseland. Wir machen uns gerade auf den Weg, die noch brachliegenden Potenziale für die Tourismuswirtschaft zu erschließen. Ich sage Ihnen zu – auch Ihnen, Frau Windisch –: Daran wird sich DIE LINKE im nächsten Sächsischen Landtag wieder konstruktiv beteiligen.
Danke, Herr Präsident. – Wir möchten nach § 86 Gleiches beantragen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag ist aus Sicht von GRÜNEN, SPD und LINKEN nach der Geschäftsordnung dringlich.
Das lässt sich zweifelsfrei nachweisen mit dem offenen Brief des DGB und des Sächsischen Beamtenbundes, der alle demokratischen Fraktionen am 21. Januar erreicht hat. Damit ist die in § 52 Abs. 4 der Geschäftsordnung festgelegte Frist überschritten und die Dringlichkeit erfüllt.
Auch unseren Fraktionen als Antragstellern war aus der Medienberichterstattung bekannt, dass 11 000 sächsische Beamtinnen und Beamte auf der Grundlage der am 01.01.2014 in Kraft getretenen Dienstrechtsreform auf die seit mehreren Jahren ruhenden Widersprüche auf altersdiskriminierende Besoldung jetzt den Ablehnungsbescheid aus dem Hause des Finanzministers erhalten haben.
So war beispielsweise in der „Freien Presse“ vom 17. Januar nachzulesen, dass unter anderem der Landesvorsitzende Gerhard Pöschmann das Verhalten des sächsischen Finanzministers kritisiert, und in diesem sowie in gleichlautenden Presseartikeln war zu lesen, dass man noch das Gespräch sucht und auf Gesprächsbereitschaft hofft. Somit ergab sich bisher kein Grund zur Dringlichkeit, da der Gesprächsfaden noch nicht abgerissen war.
Am 21. Januar haben wir dann den offenen Brief von den Gewerkschaften erhalten mit dem Hinweis, dass alle Versuche, es einvernehmlich zu lösen, gescheitert sind – von Gewerkschaften und Beamtenbund so beschrieben.
In dem Brief stand außerdem drin, dass es eine vierwöchige Widerspruchsfrist gibt – das wissen wir ja bei solchen Bescheiden – und diese seit 02.01. läuft. Sie können sich ausrechnen – wir haben am 12. März die nächste planmäßige Landtagssitzung –: Selbst wenn Sie heute diese Dringlichkeit ablehnen, wird es nicht möglich sein, mit einer Sondersitzung des Landtages in der Widerspruchszeit darüber noch politisch zu entscheiden. Insofern ist der Antrag dringlich.
Dringlich ist er außerdem, weil die Forderung der Beschäftigten nach einer politischen Lösung für
11 000 Beamte den Antrag der Fraktion begründet. Ich kann mir schwer vorstellen, dass dieser Landtag die berechtigte Forderung von 11 000 Beamten ablehnt.
Ich danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Michel, wenn man Sie so reden hört, dann war das etwas mit angezogener Handbremse. Ich habe das schon verstanden. Ich muss aber auch sagen: Ich glaube, Sie haben sich relativ selten damit beschäftigt, was wirklich der grundgesetzliche Auftrag von Beamten ist. Sie würden mit der Finanzdebatte wahrscheinlich etwas quer liegen. Schauen Sie bitte noch einmal ins Grundgesetz, was darin zur Aufgabe von Beamten geregelt ist, und bringen Sie nicht immer die Entschuldigungstour.
Ich möchte einmal mit Ihrem Koalitionsvertrag – Sie haben ihn schon teilweise angesprochen – beginnen. Wir haben heute schon den ganzen Vormittag über Koalitionsverträge gesprochen. In jenem von 2009, dem derzeit noch gültigen und auslaufenden, steht regelrecht drin, dass die Dienstrechtsreform ein Kernstück der Koalition sein soll. Ich zitiere einmal aus dem Koalitionsvertrag: „Wir werden das Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrecht in Sachsen mit dem Ziel reformieren, ein flexibles,
transparentes, leistungsorientiertes und einfaches Recht zu schaffen, das weitere Anreize für qualifizierte Bewerber bietet, sich im Freistaat zu bewerben.“
Wahr ist: Für über 35 000 Beamte in Sachsen – ob kommunal oder auf Landesebene – regelt heute das Dienstrecht die Besoldung und Versorgung. Gegen die zahlreiche Kritik – aber das ist eigentlich vergossene Milch – vieler Sachverständiger im Jahr 2006, darunter auch der Deutsche Beamtenbund und der Sächsische Beamtenbund, wurde in der Föderalismusreform die Kompetenz auf die Länder übertragen, und mit dem vorliegenden Gesetzentwurf – immerhin nach einer solch langen Zeit – will die Staatsregierung endlich das eigene Recht regeln.
Ich will nicht verschweigen, dass es auch positive Punkte gibt. Auch das haben wir angesprochen. Im Kern soll das Laufbahnrecht völlig neu ausgestaltet und vereinfacht werden. So ist Ihr Anliegen. Durch die Einführung von nur noch zwei Laufbahngruppen, in denen insgesamt neun fachorientierte Laufbahnen zusammengefasst sind, wird der Flexibilisierung und der stärkeren Funktionsorientierung Rechnung getragen. Insgesamt gesehen werden stärker als bisher die lebenslangen beruflichen Qualifikationen gefördert. Auch das erkennen wir an. Eine bessere Durchlässigkeit über die Laufbahngruppengrenzen hinweg wird angestrebt, und zur Familienfreundlichkeit haben Sie ebenfalls einiges angesprochen.
Nur, dass Sie das jetzt nicht falsch verstehen: Wir lehnen dennoch die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, wie sie in der Fassung von FDP und CDU beschlossen wurde, ab; denn alle Anträge der Opposition wurden wieder einmal grundlos abgelehnt – alle. Bevor ich zu einigen Punkten komme – wir hatten heute Morgen einige lustige Teile –, möchte ich auch einen lustigen Teil beitragen, der mit der Dienstrechtsreform und dem Beamtengesetz zu tun hat. Danach komme ich zum Konkreten.
Schauen Sie mal, Herr Michel, nach § 7 des Sächsischen Beamtengesetzes soll in das Beamtenverhältnis berufen werden können, wer in der Regel unter 47 und – bei Ausnahmen – bis 52 Jahre alt ist. – So weit, so gut. Aber dann frage ich Sie einmal, wenn das Gesetz im nächsten Jahr in Kraft tritt, warum 25 Jahre nach der Herstellung der deutschen Einheit ein Hinderungsgrund ist, wenn jemand im ehemaligen DDR-Staatsapparat Nomenklaturkader war.
Aber das bleibt wohl das Geheimnis der Koalition. Ich gebe zu, mir ist jemand eingefallen: unser Ministerpräsident Herr Tillich, da er unbestritten als ehemaliges Mitglied des Rates des Kreises Kamenz der Nomenklatur der DDR zugeordnet war. Er hätte heute aber leider aus Altersgründen auch keine Gelegenheit mehr, eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Ich sage Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wer sich in der Koalition mit Mathematik oder Biologie schwertut, der konnte sich doch wenigstens einmal die Urteile des Bundesverfas
sungsgerichtes anschauen. Sie sagen ganz klar, dass der § 4 Abs. 2 unseres Gesetzentwurfes dem entgegensteht. Dazu gibt es eindeutige Urteile.
Nun aber mal ernsthaft – das war ja nur eine Pointe – zu den Stellen.
Das war doch interessant, nicht?
Damit bin ich schon bei den öffentlichen Stellenausschreibungen. Diese sollen jetzt nur noch erfolgen, wenn es im besonderen dienstlichen Interesse liegt. Wie heißt es doch gleich im Koalitionsvertrag? Ach ja, man wollte ein Recht schaffen, das weitere Anreize für qualifizierte Bewerber bietet, sich beim Freistaat zu bewerben.
Ja, was denn nun, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition? Da stimmt doch etwas nicht. DIE LINKE stimmt jedenfalls dem DGB, dem Sächsischen Beamtenbund und auch der Mehrheit der angehörten Berufsverbände zu, dass Stellenausschreibungen der Regelfall sein sollten, und begründete Abweichungen – wenn überhaupt – sollten sich in engen Grenzen halten und nur mit Zustimmung des Landespersonalausschusses möglich sein. Für uns gilt ebenso, die Zukunftsperspektiven junger Kolleginnen und Kollegen durch Übernahmechancen und bessere Aufstiegsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst zu verbessern. Der Überalterung des öffentlichen Dienstes muss im Interesse seiner Funktionsfähigkeit und der Zukunftsfähigkeit aktiv entgegengewirkt werden. Aus diesem Grund lehnten wir auch im Ausschuss eine pauschale Anhebung der Lebensarbeitszeit von Beamten auf 67 Jahre ab. Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit stellt eben auch – auch dies ist die Wahrheit – eine Kürzung von Renten- und Versorgungsleistungen dar.
Herr Michel hat es bereits angesprochen: Ebenso für falsch halten wir die vorgeschlagene Halbierung des Beihilfeselbstbehaltes. Seit diesem Jahr ist die Praxisgebühr für die gesetzliche Krankenkasse weggefallen. Herr Michel, wenn es stimmt, was Sie sagen, dass es nicht deswegen ist – –
Es ist aber doch so. Dann stimmt aber auch, dass auf Bundesebene für die Beamten der Eigenanteil ab 1. Januar gestrichen ist, komplett abgeschafft, ebenso in Bayern und in Niedersachsen. Auch daran kann man sich orientieren, wenn man ein politisches Zeichen setzen will.
In Sachsen jedenfalls sehen wir keinen Grund, die Beamten weiter zur Kasse zu bitten. Hier stimmen wir auch den Forderungen der Gewerkschaften und des Beamtenbundes zu. Aus diesem Grund haben wir im Ausschuss beantragt, die vorgesehene Regelung ersatzlos zu streichen – was von der Koalition einfach abgelehnt wurde.
Ein weiteres Sonderopfer, welches die Koalition in dieser Legislaturperiode den Beamten auferlegt hat, ist der Wegfall – Sie sprachen es ebenfalls an – der Jahressonderzahlung. DIE LINKE hat im Landtag wiederholt die Forderung aufgemacht, diese Gehaltskürzung rückgängig
zu machen. In der Begründung – ich möchte nochmals darauf eingehen – zur ersatzlosen Streichung im Haushaltsbegleitgesetz 2010 wurde diese übrigens damit begründet, dass die Beamten „einen Konsolidierungsbeitrag für die geringeren Steuereinnahmen leisten“ müssten. Die Begründung war damals schon falsch, wie wir heute wissen, und im Lichte der Steuermehreinnahmen ist sie eigentlich völlig widerlegt. Sie ist überhaupt nicht mehr aufrechtzuerhalten
Ich sage Ihnen auch, Herr Michel: Die Einführung der Strukturzulage kann den entstandenen Gehaltsverlust ebenso nicht wettmachen wie der Ausbau der Leistungsbezahlung, den Sie kompensieren wollen. Die Strukturzulage ist keinesfalls dazu geeignet, das Märchen des Koalitionsvertrages, für einen attraktiven Staatsdienst zu sorgen, glaubhaft in der Öffentlichkeit zu verkaufen. Das können Sie niemandem erzählen, der sich in Sachsen dafür bewerben will. Unsere Fraktion hatte auch dies in den Ausschüssen beantragt, doch leider gab es von CDU und FDP wieder keinerlei Bereitschaft, überhaupt darüber zu sprechen.
Wir hatten ebenfalls beantragt – auch dies hat hier bereits eine Rolle gespielt –, den aktuellen Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes zeit- und inhaltsgleich auf die Beamten zu übertragen. Problematisch ist unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes zudem die nach der Beamtenbesoldung differenzierte Besoldungs- und Versorgungsanpassung. Jedenfalls finden sich nachvollziehbare Gründe für eine Ungleichbehandlung von Beamten in niedrigen Besoldungsgruppen gegenüber jenen in höheren Besoldungsgruppen nicht einmal in der Gesetzesbegründung. Darin finden Sie keinen Satz dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin mir übrigens auch sicher, dass die vorgeschlagene Teilzeitbeschäftigung für Ältere in der Praxis weitestgehend ins Leere laufen wird. Warum? Eine reguläre Teilzeit mit entsprechender Teilalimentierung werden sich die wenigsten Beamten aus finanziellen Gründen und mit Blick auf ihre daraus resultierenden geringeren Versorgungsansprüche leisten können. Diese Geschichte wird einfach ins Leere laufen. Wir haben deshalb in den Ausschüssen beantragt, dass die bisher geltende Altersteilzeitregelung bleibt und wir zu dieser zurückkehren – übrigens auch eine klare Forderung der Berufsverbände und der Gewerkschaften. Abgelehnt!
Zur erzielten Vereinbarung zwischen der Staatsregierung und den Tarifpartnern zur Eingruppierung von Lehrkräften mit DDR-Lehrbefähigung wird sich später meine Fraktionskollegin Cornelia Ernst noch äußern.
Entschuldigung, Frau Falken! Entschuldigung. Dem wird sich dann ganz ernst Frau Falken widmen – dann stimmt es wieder.
Die Koalition hatte die Vereinbarung in ihrem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf übernommen. Nur so viel: Ich sage Ihnen, DIE LINKE steht weiterhin für eine Neuordnung der Eingruppierung aller Lehrkräfte an sächsischen Schulen durch eine tarifvertragliche Regelung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für mich ist auch nicht schlüssig, warum die Staatsregierung im § 80 Abs. 1 des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes die Mitbestimmung der Personalvertretungen nur noch auf Antrag des Beschäftigten einschränken will. Eine sachgerechte Begründung hierfür findet sich ebenfalls wieder nicht in der Gesetzesbegründung. Das wird einfach von der Koalition überspielt. Na, wenn Sie es so wollen, müssen Sie ja nicht begründen, warum. Dass dies Beeinträchtigungen für Personalvertretungen sind, sehen Sie anscheinend gar nicht. Wir jedenfalls werden dem nicht zustimmen.
Für die eingetragenen Lebenspartnerschaften haben wir auch eine andere Lösung bzw. einen anderen Vorschlag. Wir orientieren uns am Bundesverfassungsgericht. Das möchte ich in diesem Punkt aus Zeitgründen nicht weiter ausführen; aber ich sage Ihnen zu: Es ist eine zahlenmäßig kleine Gruppe von Betroffenen. Wir hatten im Ausschuss beantragt, dass die Beamtinnen und Beamten einen Anspruch auf Nachzahlung ab dem Zeitpunkt ihrer erstmaligen Beanspruchung haben. Das haben Sie wieder abgelehnt, ohne Begründung.
Für die Beamten im Polizeidienst wollten wir eine weitere Anregung aus der Anhörung aufnehmen. DIE LINKE hat in den Ausschüssen vorgeschlagen, dass insbesondere ältere Beamte als Alternative zum vorzeitigen Ruhestand die Möglichkeit einer begrenzten Dienstfähigkeit erhalten. Damit könnten personelle Engpässe in den Dienststellen ausgeglichen werden und die Kolleginnen und Kollegen ihr Wissen und ihre praktischen Erfahrungen an Lebensjüngere weitergeben. Das wäre doch mal eine gute Idee, und – nicht ganz unwichtig – für die Beamten hätte eine solche Regelung im Unterschied zur Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit keine so einschneidenden finanziellen Verluste zur Folge. Wir stimmen hierin den Forderungen des DGB, der Gewerkschaft der Polizei und des Bundes Deutscher Kriminalbeamter zu, dass Beamte des Polizeivollzugsdienstes mit Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand treten. Bei langjährigen Tätigkeiten mit besonderen dienstlichen Belastungen sind wir für einen Ruhestand mit 58 Jahren und 6 Monaten. Auch im Interesse der Überalterung der Polizei ist das geboten. Ein Hinausschieben der Altersgrenze ist aus unserer Sicht der falsche Weg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum Schluss; denn man kann von diesem Gesetz und dem, was wir in den Ausschüssen beantragt haben, hier nicht alles benennen. Wir haben dazu noch einen Entschließungsantrag vorgelegt, darin finden Sie das komplette Konzept der LINKEN für den öffentlichen Dienst, zumindest für den Bereich der Beamten.
Der eingangs von mir so großspurig zitierten Ankündigung im Koalitionsvertrag können wir heute nicht folgen, denn es gibt keinen zustimmungsfähigen Gesetzentwurf dazu. Zur Anhörung hat es der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft dazu auf den Punkt gebracht. Ich zitiere aus dem Ausschussprotokoll Herrn Rainer Wendt: „Ich hatte die Erwartung, dass dort etwas wirklich Neues, Kreatives und auch Fortschrittliches entsteht. Ich muss Ihnen sagen: Ich bin einigermaßen enttäuscht, denn die großen Überschriften sind alles andere als originell. Die Abschaffung von Sonderzahlungen, der pauschalen Verlängerung der Lebensarbeitszeit, die weitgehende Reduzierung der Möglichkeit der Altersteilzeit, der Verbleib des Wegfalls der Ruhegehaltsfähigkeit, der Polizeizulagen und viele Elemente der leistungsbezogenen Besoldung wurden verweigert.“ – Ich finde, eine treffende Zusammenfassung. DIE LINKE wird diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung verweigern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich habe in meinem Redebeitrag sehr umfänglich die jetzt folgenden Änderungsanträge eingebracht. Niemand aus der Koalition hat es für nötig gehalten, darauf zu reagieren. Ich muss sagen, bei Kollegen Hartmann bin ich etwas enttäuscht, bei den anderen nicht. Das schwankt in meinen Augen etwas zwischen Unvermögen und Absicht. Ich kann mir das nicht erklären. Jedenfalls stelle ich fest, dass Sie gegenüber unseren Anträgen sprachlos geworden sind. Deswegen werde ich diese nicht nochmals referieren. Stimmen Sie einfach zu! Dann können Sie den Intentionen folgen, die wir als LINKE beabsichtigt haben.
Danke, Herr Präsident. – Ich möchte das kurz begründen.
Es geht hier um die Jahressonderzahlungen. Auch das habe ich in meinem Redebeitrag erwähnt. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass das Verwaltungsgericht Halle per Beschluss die Klage einer Beamtin der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland zur gestrichenen Sonderzahlung jetzt an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet hat.
Sie werden sich vielleicht an meinen Redebeitrag erinnern, der Sie so sprachlos gemacht hat. Es gibt eine 70seitige Begründung des Gerichtes in Halle dazu. Ich lese daraus nur einen Satz vor, den ich ganz gut finde: „Der Gesetzgeber darf die Beamtenbesoldung von einer allgemein positiven Entwicklung nur dann ausnehmen, wenn dies durch spezifische, im Beamtenverhältnis wurzelnde Gründe gerechtfertigt ist. Den Beamten dürfen dagegen keine Sonderopfer zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte auferlegt werden.“ -SONDERZUSTELLUNG weit die Begründung des Gerichts an das Bundesverfassungsgericht.
Erinnern Sie sich, was Sie in das Haushaltsbegleitgesetz 2010 geschrieben haben? Genau das war die Begründung. Heute haben Sie noch die Gelegenheit, einige Klagen, die kommen werden, zu verhindern, indem Sie unserer Jahressonderzahlung wieder zustimmen.
Danke, Herr Präsident. In dem Entschließungsantrag finden Sie auf drei Seiten in 14 Punkten unsere Vorstellung von modernem Dienstrecht für Beamtinnen und Beamte. Ich habe festgestellt, dass Sie für keine Argumente aufgeschlossen sind. Hier finden Sie alles noch einmal wieder.
Im Übrigen sind wir mit den Gewerkschaften und den Vertretungen der Beamten nicht nur im Gespräch, wenn es um eine Änderung des Dienstrechts geht, sondern wir sind auch vorher im Gespräch und werden auch danach im Gespräch sein. Sie finden hier eine gute Grundlage, wie wir uns einen modernen öffentlichen Dienst vorstellen, und auch, wie wir ihn uns nicht vorstellen. Wir werden diesen Entschließungsantrag auch weiter mit den Gewerkschaften und dem Beamtenbund diskutieren. Ich denke, es wird einmal die Zeiten geben, in denen es auch für solche Dinge Mehrheiten hier im Sächsischen Landtag gibt, die wir heute angesprochen haben und die Sie im Entschließungsantrag in 14 Punkten wiederfinden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angst, Sorge und Unkenntnis gehen in Schneeberg um. Herr Colditz hat es treffend auf den Punkt gebracht: Es ist die Angst und die Unkenntnis vor Unbekannten, vor den Asylbewerbern in der ehemaligen Kaserne.
Wir haben es gerade wieder erlebt: Die NPD nutzt es einmal mehr, um damit für ihre Vorwürfe – kriminelle Ausländer, Überfremdung im Erzgebirge – zu Felde zu ziehen. Es wird gegen Menschen gehetzt, die ihre Heimat verlassen mussten, die aus den unterschiedlichsten Gründen fliehen mussten; auch darüber hat Herr Colditz bereits gesprochen; das will ich nicht wiederholen. Aber die NPD nutzt das natürlich, um Lügen zu verbreiten. Straftaten, behauptet sie, würden Menschen begehen, die mit nichts zu beweisen sind.
Sie haben noch nicht ein einziges Beispiel gebracht, welche Straftaten in Schneeberg von den Menschen ausgegangen sind. Und dann sagt die NPD noch den Verantwortlichen vor Ort, sie liebt die erzgebirgische Tradition und will natürlich die Weihnachtsruhe einhalten, und aus diesen Gründen wird die NPD auf den Weihnachtsmärkten natürlich auf keinen Fall irgendwelche Aktionen starten.
In Wahrheit, meine Damen und Herren – daran sehen Sie die Scheinheiligkeit –, hat die NPD schon lange eine Plakataktion beantragt, um ganz Schwarzenberg zu plakatieren,
und das bis zum 6. Januar. So sieht Ihre Scheinheiligkeit aus! – Entschuldigung, Schneeberg, richtig.
Aber Sie haben ja angedroht, dass Sie noch überall hinziehen wollen.
Außerdem gibt es bei Facebook, im sozialen Netzwerk, schon die ersten Hinweise von Rechtsradikalen, wie man die Weihnachtsmärkte noch nutzen kann; wie man sich dort versammeln und trotzdem seine Interessen vertreten
kann, obwohl man keine eigene Veranstaltung anmeldet. So sieht also Ihre Zusage aus!
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist Zeit aufzuklären, was der Hintergrund für das Schüren von Vorurteilen der NPD wirklich ist. Viele, die aus ihrer Heimat fliehen, fliehen mitunter auch aus Angst vor Bürgerkriegen. Die Folge von Bürgerkriegen ist zunehmend das Problem, warum viele Menschen auch in Deutschland ankommen. Zuerst kommen sie in den unmittelbaren Nachbarländern an – ich nenne einmal Griechenland; Griechenland ist eines der ärmsten EULänder, das die meisten Lasten zu tragen hat – und werden dort auch von Nazis verfolgt. Dort kann man es genauso sehen, wie Sie es hier machen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir alle müssen Verantwortung tragen. Wir müssen für ein tolerantes und weltoffenes Sachsen streiten. Hass und Menschenverachtung dürfen wir keine Chance geben. Das ist unsere Aufgabe, die wir in den nächsten Wochen haben.
Auf dem CDU-Landesparteitag hat Ministerpräsident Tillich erstmals selbstkritisch eingeschätzt: „Wir waren mit dem Zustrom in Chemnitz überfordert.“ Das ist eine richtige Erkenntnis – dem stimmt auch DIE LINKE zu –, aber es gilt jetzt, die richtigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um Rechtsradikalen den Nährboden bei diesem Thema zu entziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Erzgebirge hat Traditionen – das bedient manchmal die NPD auch –, das Erzgebirge hat Werte. Schauen wir einmal dahinter, was das Erzgebirge wirklich ausmacht, dann ist es eine ganz große Integrationsleistung bei der Entstehung des Erzgebirges. Bereits im 16. Jahrhundert war es eine große Einwanderungsregion aus ganz Europa.
Menschen aus unterschiedlichen Nationalitäten haben sich im Erzgebirge angesiedelt, den Bergbau vorangetrieben, Werkstätten gegründet. Das ist unsere Tradition, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Es gab auch später viele Gewerkschaften, es gibt Selbsthilfevereine, die gerade im Bergbau ihre Familien unterstützt haben. Das ist gelebte Solidarität und das lassen wir uns im Erzgebirge auch nicht absprechen.
Das ist unsere Tradition, die Sie mit Ihren scheinheiligen Argumenten verdecken wollen.
Damit bin ich bei der Weihnachtszeit – Herr Colditz hat mir das Stichwort gegeben. In der Weihnachtszeit gibt es viele Bräuche. Wir werden auch wieder sehr viele traditionelle Lieder hören, die sehr viel von Menschen- und Nächstenliebe zeugen.
Es gibt zum Beispiel den Brauch des „Neunerlaa“, des Neunerlei Essens, das Sie sicher kennen. Das ist eine alte
Tradition und bedeutet, es wird zusätzlich ein Gedeck auf den Tisch gestellt, und das Gedeck soll für Fremde, für Hilfsbedürftige, für den Gast sein – für den, dem es schlechter geht.
Ich würde mir wünschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass von hier die Botschaft ausgeht, dass in diesem Jahr dieses Gedeck nicht leer bleibt, sondern dass sehr viele Schneebergerinnen und Schneeberger und andere Menschen im Erzgebirge junge Mütter aus den Asylbewerberheimen einladen und mit ihnen gemeinsam diesen Brauch und diese Tradition feiern. Das wäre notwendiger denn je. Das wäre das Signal, das von Schneeberg ausgehen könnte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Erzgebirger haben schon immer bewiesen: Man kann mit Herz und Verstand Konflikte lösen. Der NPD ist beides fremd; das haben wir heute wieder erlebt. Sie besitzt weder Herz noch Verstand.
Es wird niemals dazu kommen, dass eine rechtsradikale Partei Konflikte lösen kann.
Mein besonderer Dank gilt dem Bündnis vor Ort. Kümmern wir uns gemeinsam – in Schneeberg und natürlich auch in den anderen Regionen Sachsens.
Vielen Dank.
Danke, Herr Präsident! Das, was Sie über die Situation in den Heimen berichten, ist schon wieder Ausdruck Ihrer Scheinheiligkeit. Herr Gansel, reden Sie doch einmal darüber, was am 29.01. in Chemnitz-Ebersdorf passiert ist: ein Brandanschlag! Darüber reden Sie nicht, das verschweigen Sie einfach. Das heißt, dass Sie auch Gewalt von außen erzeugen und sich freuen, wenn dann etwas passiert. Darüber reden Sie nicht.
Damit haben Sie nichts zu tun? Das kommt immer nur von außen?
Ich hoffe, dass Herr Gansel auch einmal darauf antwortet, wie das mit dem Brandanschlag war.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von den LINKEN haben schon richtig vermutet: Die GRÜNEN wollen mit ihrem Antrag die Koalition daran erinnern, dass sie noch einen Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Kommunalrechts haben und dass er endlich weiterbehandelt werden soll. Insofern ist es ja ganz löblich.
Wir haben uns aber gefragt, welchen neuen Erkenntnisgewinn denn die aufgeworfenen Fragen mit den drei Beschlusspunkten des Antrages erzielen werden. Das ist unser Problem.
Es wurde schon angesprochen: Am 4. Juli gab es zum Gesetzentwurf eine umfangreiche Sachverständigenanhörung. Im Nachgang hat auch der Innenminister – recht geduldig, wie ich finde – die Fragen der GRÜNEN zum Gemeindewirtschaftsrecht schriftlich beantwortet. Das hat er getan, übrigens im Gegensatz zum Fragenkatalog meiner Landtagskollegin Frau Junge. Sie hatte es übermittelt, und der Minister hat erklärt, er sei dafür nicht zuständig, da es ja nicht sein Gesetzentwurf sei.
Es ist ein Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Ich füge hinzu: zumindest offiziell. Ich denke, da wir ja in Ihrer Begründung lesen können, Herr Minister, dass Sie vollumfänglich den Begründungen des Gesetzentwurfes zustimmen, wissen wir beide, wie so etwas entsteht.
Wir wissen das. Wir können uns gern einmal darüber unterhalten, wie solch eine Zufälligkeit entsteht.
Nun also wollen die GRÜNEN – es wurde schon angesprochen – die Staatsregierung auffordern zu prüfen, welche kommunalen Unternehmen aus Sachsen ihre Tätigkeit auf überörtliche Geschäftsfelder, insbesondere im Zusammenhang mit der Energiewende, ausdehnen sollten und könnten. Hierzu sind die kommunalen Spitzenverbände, der Landtag und die Öffentlichkeit einzubeziehen.
Geschätzte Kollegin Jähnigen, ich glaube, wenn es so beschlossen würde – es wird ja nicht beschlossen –, bekämen Sie wahrscheinlich noch einmal das gleiche Papier vom Innenminister wie das, was Sie jetzt bereits im Ausschuss erhalten haben. Der Mehrwert der Antworten – darin bin ich mir fast sicher, das macht auch der Redebeitrag von Herrn Heidan deutlich – wird gegen null gehen. Die kommunalen Spitzenverbände und die honorigen Sachverständigen werden wohl leider auch nicht viel anderes sagen als das, was im Anhörungsprotokoll vom Juli steht.
Der zweite Beschlusspunkt im Antrag will die Staatsregierung dazu auffordern, Angebote an konzeptioneller Beratung und Weiterbildung für Akteure kommunaler Unternehmen zu entwickeln und auf vorbildhaftes Verhalten der öffentlichen Unternehmen hinzuwirken. Wir hatten gerade die Debatte dazu.
Ich weiß und ich erkenne es an, dass die GRÜNEN sehr fleißig waren und ihre Änderungsanträge zum steckengebliebenen Gesetzentwurf schon umfänglich eingebracht haben. Ich würde Ihnen dennoch empfehlen, genau dazu einen weiteren Änderungsantrag zu schreiben. Denn dort gehört es richtigerweise hin: ins Gesetz; klipp und klar, was gewollt ist. Das ist allemal besser – das ist zumindest unsere Meinung – als eine irgendwie geartete Aufforderung an die Staatsregierung, sie möge dies oder jenes tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt kommen wir zu einem grundsätzlichen Problem, das im sächsischen Gemeindewirtschaftsrecht in nächster Zeit wirklich zu entscheiden ist. Ich weiß, dass in der Koalition im Vorfeld der Gesetzesnovelle die Fetzen geflogen sind, und ich gebe unumwunden zu, dass es auch in unserer Fraktion nicht ganz einfach ist, dieses Thema zu beackern. Wenn ich mir den Antrag der GRÜNEN so durchlese, dann ist mir auch nicht ganz klar, ob sie in ihrer Fraktion schon eine Entscheidung zu den wichtigsten Fragen getroffen haben.
Der Knackpunkt der ganzen Geschichte ist doch die Frage, wie das kommunale Gemeindewirtschaftsrecht, zum Beispiel im Bereich der Energiewirtschaft, mit europäischem Recht in Einklang gebracht werden kann. Hier läuft in Sachsen unbestritten seit einigen Jahren vieles aus dem Ruder.
Die EU hat die Liberalisierung des Marktes durchgesetzt. Dem kann man sich nicht verschließen. Aber die Prüfung der Kommunalaufsicht zu den eingegangenen Risiken von Kommunen ist damit weder aufgeweicht noch ganz aufgehoben. Energieunternehmen haben durch die erfolgte Liberalisierung keine geografisch abgegrenzten Versorgungsgebiete mehr. Eine enge Auslegung des Territorialprinzips wäre in diesem Fall als unzulässige Wettbewerbsverzerrung anzusehen. Die Aufgabenerfüllung muss aber in jedem Fall in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder zu dieser einen spezifischen Bezug aufweisen. So steht es – Sie können es nachlesen – in einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes.
Wenn also ein kommunales Stadtwerk an der Strombörse agiert, ist klar, dass es unweigerlich mit spekulativen Käufen versucht, gewinnerzielend zu arbeiten.
Das will ich hier aus Zeitgründen nicht weiter ausführen.
Kollege Heidan hat es schon gesagt: Wenn es gut läuft, kann sich bestenfalls die Kommune über eine Gewinnausschüttung freuen. Wenn es schlecht läuft, ist die Frage der Haftungsverantwortung der Kommunen ganz schnell da.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir einen kleinen Einschub: Ich will noch einmal an die Erledigung unserer eigenen Hausaufgaben erinnern. Was haben von dieser Stelle aus die Vertreter der verschiedensten Fraktionen in den letzten Jahren nicht alles erklärt, dass nie wieder mit öffentlichen Geldern unkalkulierbare Risiken eingegangen werden?
Alle wollen wir doch als Lehre aus der verzockten Landesbank behalten, dass einem solchen Fiasko mit dem Geld des Steuerzahlers zukünftig Einhalt geboten wird. Das haben wir fast alle erklärt. Die Situation, über die wir gerade reden, ist ähnlich.
Im Übrigen gehe ich auch davon aus, dass wir alle hier im Hohen Haus der Meinung sind – ich hoffe das –, dass Gewinnausschüttungen von kommunalen Unternehmen keine ersatzweise Finanzierungsgrundlage für kommunale Pflichtaufgaben sein können. Das steht im Übrigen immer noch so in der Sächsischen Verfassung; das haben wir auch nicht angefasst.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier schleicht die Rechtsaufsicht – jetzt kommen Sie ins Spiel, Herr Staatsminister – seit Jahren bei der Prüfung von haushaltsrechtlichen Risiken von Kommunen für ihre Stadtwerke wie die Katze um den heißen Brei. Der Innenminister hatte auf die Anfrage der GRÜNEN im Innenausschuss stolz ausgeführt, dass es diesbezüglich bisher nur zwei Beanstandungen gab. Man prüft aber nur – ich zitiere – „anlassbezogen“. Wobei, Herr Innenminister, der Anlass der einen Prüfung ja war, dass es in den Medien bekannt geworden ist. Wenn Sie das unter „anlassbezogen“ verstehen, dann weiß ich nicht, denn ich habe eine andere Vorstellung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, machen wir uns doch einmal ehrlich: Selbst ein oberflächlicher Blick in die Geschäftsberichte und Jahresabschlüsse von so manchem kommunalen Unternehmen lässt erkennen, dass Ausfallrisiken in keinem erklärbaren Verhältnis zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Kommune stehen,
ganz zu schweigen von ausreichender Risikovorsorge in den Kommunalhaushalten. Schauen Sie, die Stadtwerke haben, selbst hier hinein!
Es bleibt also festzustellen: Der Antrag der GRÜNEN kommt über eine Problembeschreibung nicht hinaus. Es ist aber richtig, die Koalition zu zwingen. Spätestens aber, wenn die Koalition ihren Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Kommunalrechts nun endlich wieder aus dem Dornröschenschlaf aufweckt, heißt es für den Sächsischen Landtag im Interesse der sächsischen Kommunen und ihrer Unternehmen dieses Problem aufzugreifen und endlich wirklich Rechtssicherheit zu erreichen.
Danke, Herr Präsident. – Herr Heidan, wir wollen ja auch etwas erfahren.
Herr Heidan, da Sie ja so gegen diese Mindestlöhne sind: Können Sie mir ein Land in Europa nennen, das einen Mindestlohn eingeführt hat und in dem es keine Tarifverhandlungen gibt?
Können Sie sich erklären, warum das so ist? Das ist meine zweite Frage.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war natürlich wieder reichlich Wahlkampf, was jetzt hier schon so abgeht. Aber natürlich, die Vorlage kam von Peer Steinbrück, da muss ich meinen Vorrednern recht geben. Die Debatte zu seinem doch etwas erhöhten Nebenverdienst – ich habe „etwas“ gesagt –
hat dazu geführt, dass die Frage, wie man es denn hält mit den Zuverdiensten von Abgeordneten, wieder in der Öffentlichkeit hochgekommen ist. Aber man muss der Ehrlichkeit halber auch sagen, dass Peer Steinbrück dann in der Form in die Offensive gegangen ist, dass er diese Transparenzoffensive gestartet und die Bundestagsfraktion der SPD dies aufgegriffen hat.
Dazu gibt es ein mehrseitiges Papier, da können Sie das nachlesen.
Ich sage auch den Kollegen der SPD: Wir werden heute Ihrem Antrag zustimmen,
wobei – zugegeben, das wurde auch schon angesprochen –, der große Wurf ist es nicht.
Man soll ja angeblich nur bei einer Kommission beim Präsidenten eine Arbeitsgruppe einrichten, die dann unverbindliche Vorschläge machen soll. Zielgenauer und sachgerechter wäre, wenn wir heute eine konkrete Gesetzesnovelle vorliegen hätten, die wir im Ausschuss beraten und dann vielleicht auch im Plenum verabschieden könnten. Doch ich sage Ihnen auch – das klang ja schon beim Kollegen Homann an –, dass wir noch viel mehr Handlungsbedarf sehen, als der Antrag eigentlich hergibt, wenn man wirklich grundsätzlich darüber spricht.
Uns ist es nicht nur wichtig, dass wir über das Stufenmodell reden, denn so steht es ja in der Begründung. Das Stufenmodell wurde gestern im Bundestag ja mit Schwarz-Gelb sozusagen angeglichen. Es wurde von drei Stufen, so wie wir es jetzt stehen haben, auf zehn Stufen erhöht. Ich glaube aber nicht, dass dieser Fakt dazu führt, dass die Gleichen, nämlich Schwarz-Gelb, heute dem Antrag, dem Grundanliegen der SPD zustimmen. Das wurde ja schon deutlich. Das kann man, denke ich, auch nicht verlangen. Was gestern in Berlin galt, kann heute nicht von den Gleichen hier beschlossen werden, sondern wird abgelehnt.
Ich sage es auch: Der geforderte kleine Schritt ist tatsächlich nur ein kleiner Schritt zu wirklicher Transparenz. Statt der vorgelegten Schmalspurvariante wäre es wirklich an der Zeit, die Regelungen zur Offenlegung von Nebeneinkünften so auszuweiten, dass beitragsgenau offengelegt wird. Ja, DIE LINKE will eine gesetzliche Regelung zur Offenlegung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent.
Ich sehe mich dabei, Kollege Piwarz, auch bestätigt in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Juli 2007.
Vielleicht kann ich einmal zitieren, was ich meine. Dort steht – Zitat –, dass „eine Veröffentlichung von Einkünften in ihrer jeweiligen Höhe dem Idealbild eines offenen, in jeder Hinsicht durchschaubaren Prozesses politischer Willensbildung mehr entspräche“. Auch deshalb fordern wir, die genaue Art der Nebeneinkünfte zu veröffentlichen.
Sie haben schon den Fall der gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten oder von Zeugnisverweigerungsrechten angesprochen. Da sollte man sich genau überlegen, was man veröffentlicht. Was man aber auf jeden Fall veröffentlichen kann, sind die Branche des Vertragspartners und die durchschnittliche Einnahmenhöhe. Das hat dann wirklich nichts mit Geheimnisverrat zu tun.
Man sollte sich in nächster Zeit auch einmal darüber verständigen, welche Nebentätigkeiten unabhängig von der Stellung eines Abgeordneten verboten werden sollten. Darüber sollten wir auch einmal reden.
Ja, bitte.
Das können Sie halten, wie Sie wollen, ob Sie das als Haupt- oder Nebeneinkünfte bezeichnen. Entscheidend sind die Summe und die Abhängigkeit.
Kollege Piwarz hat auch die Präsenz der Abgeordneten angesprochen. Das ist auch eine spannende Frage.
Was halten Sie denn davon, wenn wir uns dafür aussprechen würden, dass grundsätzlich verboten wird, dass Abgeordnete Spenden annehmen? Auch darüber können wir diskutieren.
Wenn wir dann die große Kugel schieben, können wir uns auch darüber unterhalten, ob nicht mit der Unsitte Schluss gemacht werden könnte, dass Großspenden von Unternehmen für die Parteiarbeit zur Verfügung stehen. Sie wissen genau, dass bei kostenintensiven Großveranstaltungen von Parteien die Wirtschaft kräftig sponsert. Ich könnte Ihnen dazu ein paar Beispiele aus der Vergangenheit auch für Sachsen nennen. Aber ich lasse die mal weg, um die Debatte nicht weiter anzuheizen.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das könnten natürlich Parteien auch ohne Gesetzesänderungen selbst beschließen. Warum machen sie das nicht? Zumindest DIE LINKE hat es ausgeschlossen, Unternehmensgroßspenden anzunehmen.
Nun werden Sie sagen, dass wir keine bekommen. Aber das ist ja keine Entschuldigung. Wir sind froh, dass wir keine bekommen, denn da brauchen wir nicht so zu lachen wie Sie.
Das ausufernde Parteiensponsoring wäre eine Sache, über die wir gemeinsam diskutieren könnten, wenn wir von Unabhängigkeit der Parteien reden. Ich zumindest verstehe den Vorstoß der SPD auch so, dass die Debatte darüber nicht im Sande verlaufen soll. Für die Linksfraktion kann ich anbieten, dass wir ernsthaft und parteiübergreifend über eine Novelle des Sächsischen Abgeordnetengesetzes entscheiden. Ich sage das besonders in Richtung der SPD, von der heute die Initiative ausgeht: Es wäre nicht das Schlechteste, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn dieser Sächsische Landtag bis zum Ende der Legislaturperiode hier noch etwas auf den Weg bringen würde. Das wäre überzeugender als jede Rhetorik.
Vielen Dank.
Nach Rücksprache mit meiner Fraktion nehme ich die Wahl an.
Jetzt brauche ich Wasser.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es gerade erlebt: Wir erleben den großen Auftritt der kleinen sächsischen FDP. Vor jedermanns Augen wird jetzt also deutlich, wie die kleine FDP die große CDU beim Thema Waschanlagen im Nasenring durch das Parlament zieht.
Zumindest heute. – 2010, bei der Verabschiedung des Gesetzes – Sie erinnern sich – hatten noch standhafte Christdemokraten uns allen bei der Beschlussfassung in einer persönlichen Erklärung kundgetan, dass sie nur wegen zwangsverordneter Koalitionsdisziplin gegen ihre christlich-soziale Grundeinstellung gestimmt haben.
Daran werden sich hier im Raum noch einige erinnern. Heute geht es schon geschliffener: Unter Führung der kleinen sächsischen FDP wird Klientelpolitik in Reinkultur gepowert. Den letzten Wertkonservativen wurde von den Liberalen wohl ein Schweigegelübde abgerungen, anscheinend damit, dass ohne die von Kollegen Herbst ebenso gepriesene Sonntagsöffnung von Autowaschanlagen wohl der Untergang des christlichen Abendlandes unmittelbar bevorsteht.
Ich kann mir schon vorstellen, dass den Autoschaumschlägern in der sächsischen FDP bei der von Herrn Herbst genannten Zahl 8 % die Augen glänzen, ja, ihnen das Blut in den Adern gerinnt. Aber damit die Bürgerinnen und Bürger keine falschen Rückschlüsse ziehen: Das sind natürlich nicht die 8 %, Herr Herbst, die Sie sich für die Bundestagswahl wünschen.
Die sind es nicht. Für solche Utopien könnten Sie die LINKEN niemals begeistern. Das wissen Sie selbst.
Natürlich meinen Sie den Umsatz, den der Kollege Sachverständige von Aral für die Autowäschen genannt hat. Liebe Kollegen, jetzt einmal ernsthaft: Halten wir einmal angesichts dieser segensreichen Erwartungen
der Waschanlagenfetischisten doch einmal kurz inne, Kollege Piwarz, oder noch besser: Ich würde Ihnen vorschlagen, wir unterbrechen die Sitzung und gehen alle einmal ganz andächtig in unsere eigene Tiefgarage. Wir schließen für einen Moment unsere Augen und träumen davon, dass 8 % von den Autos, die jetzt dort unten stehen und nicht zwischen Montag und Samstag gereinigt werden konnten, blitzblank werden. Ein schönes Gefühl. Ich sage Ihnen auch, Herr Kollege Herbst, da können Sie mein Auto ruhig einbeziehen. Damit habe ich kein Problem.
Aber es kommt noch besser. Kollege Herbst hat es auch angedeutet. Die sächsischen Steuern sprudeln wie das Klarwasser nach der Schaumwäsche bei Aral, einfach nur schön, das Erlebnis der FDP.
Aber dann gibt es auch noch die Schwarzmaler, nicht wahr, Kollege Herbst, die alles schlecht machen wollen, die von Werteverfall der Gesellschaft reden und die die gnadenlosen Marktmechanismen geißeln, die Sie vorantreiben!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle ahnen es bereits: Das kann auf keinen Fall DIE LINKE sein. Nein, Kollege Herbst, wir sind doch die Guten!
Nehmen wir einmal die Evangelische Kirche, die der ungezügelten Marktwirtschaft gerade auf diesem Gebiet den Kampf angesagt hat. Dann, Kollege Herbst, starten solche Leute auch noch so komische Initiativen. Wenn Sie einmal im Internetauftritt der EKD nachlesen, finden Sie die Seite „Gott sei Dank, es ist Sonntag – zehn Argumente für den arbeitsfreien Sonntag“. Das steht dort in großen Lettern geschrieben. Daraus möchte ich Ihnen einige Auszüge vorlesen, die zur heutigen Debatte passen.
Ich lese es langsam, damit es auch die FDP versteht. „Der Sonntag ist Ruhetag. Gott selbst hat es vorgemacht.“
„Es gibt Zeiten der Arbeit und Zeiten der Ruhe. Der Sonntag ist der Tag, an dem nicht gearbeitet wird. Der Sonntag gibt den Rhythmus. Ohne Rhythmus wäre das Leben Chaos. Ohne regelmäßig wiederkehrende Abläufe würde der Mensch krank. Der Sonntag gibt der Woche den Takt an. Der Sonntag ist ein freier Tag für die ganze Gesellschaft.“
„Nach biblischer Tradition ist der Sonntag ein freier Tag für alle Menschen, nicht nur für die Mitglieder der Kirche. Deshalb macht sich die Kirche für den arbeitsfreien Sonntag stark. Sie dankt allen, die an diesem Tag arbeiten, damit wir uns wohl und sicher fühlen. Unsere Kirche setzt sich aber dafür ein, dass ihre Tätigkeiten Ausnahme bleiben und Arbeit am Sonntag nicht zur Regel wird. Der Sonntag stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Maschinen brauchen keine Erholungspausen. Sie laufen rund um die Uhr. An Werktagen geben sie das Tempo vor. Der Sonntag orientiert sich dagegen an den Menschen. Unser Leben ist mehr als Arbeit, Kaufen und Besitzen. Dafür steht der Sonntag.“
Soweit ein kleiner Auszug aus dem Internetauftritt der EKD. Ganz in diesem Sinne kann ich dieses Mal vielleicht zum letzten Mal vernünftige, wertorientierte Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion nur noch einmal auffordern, diesen Gesetzentwurf heute hier zu kassieren und dem Kulturkampf der FDP gegen den Schutz des Sonntags eine klare Absage zu erteilen.
Schmutzige Autos haben nicht den Stellenwert von kranken Menschen. Deshalb müssen Krankenhäuser auch sonntags arbeiten. Für das Autowaschen mögen sechs von sieben Wochentagen reichen. Es erhöht nicht die Lebensqualität, wenn der Sonntag Stück für Stück zu einem Tag wie jeder andere gemacht wird.
Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, lehnt die Linksfraktion diesen Gesetzentwurf ab.
Danke, Herr Präsident! Ich habe mir schon gedacht, dass Kollege Herbst dieses Zitat bringt. Jawohl, ich selbst habe meine Meinung nicht ändern müssen. Aber sehen Sie, das unterscheidet die LINKEN von der FDP. Sie haben immer noch die alten Parolen von 2004 im Kopf. Sie nehmen überhaupt keine gesellschaftliche Debatte auf. Das unterscheidet uns. Das ist gerade das Gegenteil von dem, was die CDU macht. Sie gibt ihre Werte auf. Wir nähern uns dem an.
Sie pochen immer noch auf Ihre alten Parolen von 2004 und glauben, damit über 5 % zu kommen. Aber da werden Sie sich wahrscheinlich täuschen. So viele Waschanlagenbesitzer gibt es in Sachsen nicht.
Danke, Herr Präsident! – Herr Staatsminister, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass es mir im Wesentlichen um die Sonntagsruhe ging und dass ich weniger von Arbeitnehmern gesprochen habe, als vielmehr von der Sonntagsruhe und dem, was wir als christliche Tradition haben? Können Sie dazu noch ein paar Ausführungen machen?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden natürlich der Kenntnisnahme zustimmen, und ich gebe meine Rede zu Protokoll.
Das Wohl des Kindes und der Kinderschutz sind nicht erst seit den jüngsten Todesfällen von Kindern in Leipzig und in Hamburg in aller Munde. Bereits im Jahr 2005 begann der Gesetzgeber auf Bundesebene mit der Einführung des § 8a in das Kinder-und Jugendhilfegesetz, das Wohl des Kindes und des Jugendlichen stärker in den Mittelpunkt zu rücken.
Die Sächsische Staatsregierung hat den Kinderschutz in den letzten Jahren leider als einzige landespolitische Baustelle in der Kinder- und Jugendpolitik erkannt und lässt keine Gelegenheit aus, sich damit zu schmücken. Unter anderem fand im August 2011 ein ressortübergreifender Kinderschutztag in Dresden statt, auf dem drei Ministerinnen – für Soziales, für Kultus und für Innenpolitik – auf einem Podium gemeinsam die Wichtigkeit des Kinderschutzes betonten.
Jedoch, Herr Tillich und Frau Staatsministerin Clauß, mit Verlaub gesagt: Genau dort liegt das Problem! Der Landtag hatte im Jahr 2010 das Sächsische Kindergesundheits-
und Kinderschutzgesetz verabschiedet. Der vorliegende Bericht offenbart bei genauem Lesen die Schwachstellen.
Denn der Bericht sagt nichts darüber aus, wie vielen Familien und deren Kindern in Situationen der Überforderung oder der Gefährdung des Kindeswohls wirklich geholfen werden konnte. Lediglich die Verwaltung und die Kontrolle der Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen werden als positiv eingeschätzt. Gleichwohl kommt der Bericht zu dem Schluss, es handele sich hierbei um ein – ich zitiere – „verwaltungsmäßig sehr aufwändiges Verfahren“.
Es bleibt die Frage: Was sollte das Gesetz ursprünglich erreichen? Die Erhöhung der Arbeitsbelastung der Jugend- und Gesundheitsämter? Die Stärkung des Kontroll- und Berichtswesens? Oder das gezielte Erreichen von Eltern, die bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder Unterstützung benötigen?
Darüber erfahren wir leider nichts, jedoch sprechen die Statistiken der Landkreise und kreisfreien Städte und die
Berichte von Jugendamtsleiten und Sozialpädagogen eine andere Sprache. Sie beobachten, dass familiäre Problemlagen an Komplexität zunehmen und dass die Ausgaben für Hilfen zur Erziehung trotz zurückgehender Kinderzahlen landesweit steigen.
Natürlich ist Letzteres auch eine Folge höherer Sensibilität infolge jahrelanger Debatten um das Kindeswohl. Aber ob mit einem kosten- und personalintensiven Erinnerungswesen an Vorsorgeuntersuchungen die Ursachen von Vernachlässigung und Misshandlung bekämpft werden können, ist zu bezweifeln.
Die gegenwärtig 40 landesweit vorhandenen Familienhebammen können diese Aufgabe allein auch nicht bewältigen. Die Fraktion DIE LINKE ist deshalb der Auffassung, dass der Freistaat die präventiven und niederschwelligen Angebote der Familienbildung und Beratung stärken muss.
Das Problem der Fachkräfte in den Sozialdiensten der Kommunen, die täglich mit schwierigen Familien und gefährdeten Kindern und Jugendlichen zu tun haben, ist nicht die fehlende Erinnerung an Vorsorgeuntersuchungen, sondern eine permanente Überlastung und personelle Unterbesetzung. Hier müssen wir ansetzen, Frau Clauß. Da reicht es nicht, wenn der Freistaat im Rahmen des Kinderschutzes bis zu vier Stellen für aufsuchende soziale Arbeit in den Landkreisen anteilig finanziert.
Blickt man in den Entwurf des Doppelhaushaltes 2013/14 sieht man, dass im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe die Kürzungen von 2010 und 2011/12 nicht zurückgenommen, sondern eingefroren werden und bei präventiven Angeboten sogar noch weiter gekürzt wird. Nur ein Bereich ist davon ausgenommen: der präventive Kinderschutz und die Kosten für das Einladungs- und Erinnerungswesen zur Umsetzung des Sächsischen Kindergesundheitsgesetzes.
Der Kinderschutz wird im nächsten Jahr um 800 000 Euro aufgestockt und allein für die Finanzierung des Einladungs- und Erinnerungswesens im Rahmen des Gesetzes sollen jährlich 1,95 Millionen Euro ausgegeben werden. Wie viele zusätzliche Fachkräfte in den sozialen Diensten der Kommunen könnte man davon finanzieren, die den Eltern unterstützend zur Seite stehen?
Weil es im Rahmen der Debatte um das Bundeskinderschutzgesetz nicht gelungen ist, die Krankenkassen in die Pflicht zu nehmen und diese die ihnen zugewiesene Aufgabe zu erledigen und zu finanzieren, müssen fast 2 Millionen Euro für Verwaltungsvorgänge ausgegeben werden, die an anderen Stellen für einen effektiven Schutz von Kindern und Jugendlichen fehlen.
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Clauß, werte Kolleginnen und Kollegen der schwarz-gelben Koalition, wenn Sie es ernst meinen mit dem Kinderschutz, dann steuern Sie um, stärken Sie die Bereiche Prävention und Familienbildung im Interesse der Kinder und Jugendlichen und nicht das Kontroll- und Erinnerungswesen. Denn ein ausgebautes Kontroll- und Berichtswesen hatten wir
bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten in dieser Gegend und wir haben daraus gelernt.
Erfolgsmeldungen über zugestellte Post und Teilnahmequoten können die Arbeit mit Eltern und Familien nicht ersetzen. Familien in verschiedenen Lebenslagen brauchen Anerkennung, Wertschätzung und Unterstützung. Die Fraktion DIE LINKE wird das Handeln der Staatsregierung in Sachen Kinderschutz und Kindergesundheitsgesetz deshalb weiterhin kritisch begleiten. Den Bericht zum Gesetz nehmen wir zur Kenntnis, jedoch erwarten wir, dass den Ergebnissen weitere Verbesserungen folgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um an Kollegen Michel anzuschließen: Im Vorjahr hat meine Kollegin Meiwald hier gestanden und Ihnen auch recht gegeben, weil wir diesen Bericht zu später Tageszeit debattieren. Wir stellen fest, dass die parlamentarischen Geschäftsführer es wieder nicht geschafft haben, dies zu einem anderen Zeitpunkt zustande zu bringen, aber vielleicht liegt es generell auch an der Aufstellung der Tagesordnung.
Wir möchten natürlich auch dem Rechnungshof danken. Es gäbe noch eine Menge zu diskutieren über das, was wir etwas anders als Kollege Michel sehen. Aber in Anbetracht der Zeit und der Form, wie wir das diskutieren, gebe ich meine Rede gern zu Protokoll.
Ich möchte meinen Beitrag mit einer Rückschau beginnen. Am 14. September 2011 wurde unter Tagesordnungspunkt 13 die Aussprache zum Jahresbericht 2010 des Sächsischen Rechnungshofes durchgeführt. Aus der Rede meiner Kollegin Verena Meiwald möchte ich folgendes Zitat vortragen: „Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Michel hat auf den späten Zeitpunkt der heutigen Debatte hingewiesen. Ich würde daran gern meine Kritik anschließen. Es ist eigentlich ein Unding, dass der Rechnungshof zu so später Stunde erst auf der Tagesordnung steht. Vielleicht können wir da im nächsten Jahr eine andere Lösung finden."
Leider wurde ein Jahr später keine andere Lösung gefunden. Wieder bleibt keine Gelegenheit zur Debatte. Die Behandlung des Rechnungshofberichtes muss dem Landtag mehr wert sein als bloße Protokollerklärungen.
Zum Bericht selbst. Wir begrüßen die erstmalige Auflage des Berichtes in zwei Bänden. Band 1 verdeutlicht die Probleme und Mängel der Staatsregierung beim Haushaltsvollzug. Zu Recht stellt der Sächsische Rechnungshof zum wiederholten Male die Verletzung des Budgetrechts des Parlaments fest. Beispielhaft stehen dafür die angezeigten Mehrkosten von 142 Millionen Euro zur Einführung des bundeseinheitlichen Digitalfunks (BOS).