Julia Bonk
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Last Statements
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat stellt es einen Schritt in die richtige Richtung dar, wenn dieses Parlament ein Gesetz zum E-Government verabschiedet. Insbesondere die schon angesprochene Mehrkanalstrategie möchte ich hervorheben, da sie auf jeden Fall dazu beiträgt, alle Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Aber gerade in Bezug auf die elektronische Verwaltung und Datenverarbeitung werden doch einige Chancen verpasst; so nimmt das Gesetz nicht Anschluss an die aktuelle Diskussion und ist nicht konsequent genug und deshalb nicht glaubwürdig.
Ich möchte dazu einige Punkte aufgreifen, vor allem in Bezug auf die Barrierefreiheit, die schon angesprochen worden ist und auch einen der Hauptdiskussionspunkte im Ausschuss bildete. Aus unserer Sicht stellt die Barrierefreiheit in der elektronischen Verwaltung eine Pflichtaufgabe dar – eine immense Chance. Es muss zur Folge haben, dass es grundsätzlich zum Beispiel maschinenlesbare Formate gibt, und wie immer bei Aufgaben der Inklusion kommen diese Veränderungen nicht nur Menschen mit Behinderungen zugute, sondern zum Beispiel
auch älteren Menschen, die dann leichteren Zugang haben. Aber gerade diesbezüglich ändert auch der Änderungsantrag der Koalition nichts daran, dass die Regelung, die jetzt verabschiedet werden soll, nicht konsequent genug ist.
Die Sachverständige aus dem Bundesinnenministerium hat darauf hingewiesen, dass ein solches weit gestecktes Ziel nur durch eine wirklich integrierte Strategie erreicht werden kann, dass es nur durch das Zusammenwirken aller Ressorts und die wirkliche Konzentration auf dieses Ziel erreicht werden kann. Das geht eben nicht, wenn man es gleichzeitig unter einen Haushaltsvorbehalt stellt, und das tut Ihr Entwurf weiterhin.
Es ist auch rechtsphilosophisch unsinnig, in einem Einzelgesetz zu verankern, dass auf der Ebene eines anderen Gesetzes ein Haushaltsentwurf gelten soll. Wir haben das überprüft. Das gibt es an keiner anderen Stelle; kein anderes Einzelgesetz regelt das auf diese Weise. Einer Aufgabe müssen Mittel folgen. Wir sollten an dieser Stelle, im Interesse der Sache und der Klarheit der Regelungen, zu keinem Systembruch kommen.
Dieser Passus ist einer der Gründe, warum wir dem Gesetzentwurf nicht zustimmen werden. Unser aktueller Änderungsantrag enthält dazu einige Vorschläge.
Ein weiterer wichtiger Punkt, warum ich meine, dass Chancen verpasst werden, bezieht sich darauf, dass auch in diesem Gesetzentwurf unsere Anregungen zur Verankerung von Open-Source-Software bisher nicht aufgegriffen worden sind.
Meine Damen und Herren, Open-Source-Software in der öffentlichen Verwaltung ist langfristig günstiger, und damit ist es möglich, höhere Sicherheitsstandards zu etablieren – langfristig günstiger, wenn man sich zum Beispiel anschaut, was das Land jedes Jahr an Lizenzgebühren zahlt. Meine Kleine Anfrage hat gezeigt, dass jährlich über 15 Millionen Euro an Lizenzgebühren gezahlt werden. Das ist der Jugendhilfeetat einer Stadt, und das halte ich nicht für vertretbar, wenn es eine Alternative gibt, bei der durch ein langfristiges Engagement die Möglichkeit besteht, eine Open-Source-Bibliothek bei der öffentlichen Hand aufzubauen. Es werden dabei auch höhere Sicherheitsstandards berücksichtigt. Anders als in den von Ihnen bisher berücksichtigten – nur marktüblichen – ist es möglich, mit Open-Source-Software den höchsten Sicherheitsstandard umzusetzen.
Sie sind auch deshalb sicherer, weil bei einer lizenzgeschützten Software zum Teil gar nicht klar ist, welche Daten übermittelt werden. Wenn sich zum Beispiel Microsoft gegenüber der US-Regierung verpflichtet, ist nicht klar, welche Informationen, welche Daten an Geheimdienste übermittelt werden. Auch das ist einer der Gründe, warum man sich für transparente Software entscheiden sollte, für die auch der Datenschutzbeauftragte plädiert hat, und unter dem Begriff transparente Software klarzumachen, wie genau Daten dort verarbeitet werden.
Ich höre mit Interesse, dass sich die Koalition mit Open Data und mit Fragen der Veröffentlichung von Informationen, auch öffentlich zugänglich für Bürgerinnen und Bürger, beschäftigt hat. Meine Fraktion hat das mit einem eigenständigen Informationsfreiheitsgesetz ins Parlament eingebracht; auch mit dem Interesse, das Recht der Informationsfreiheit mit Verfassungsrang in die Rechtsordnung hineinzuschreiben, sodass eine höhere Verbindlichkeit gegenüber dem Amtsgeheimnis herrscht.
Deshalb ist es für mich kein Thema, es in dieser Runde zu behandeln; aber ich halte es für geboten, dass es zu einem Umdenken bei der aktuellen Mehrheitsfraktion kommt, weil wir auf lange Sicht nicht daran vorbeikommen, Bürgerinnen und Bürgern die Daten bereitzustellen, die in ihrem Namen und mit den von ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln erhoben werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir uns dazu verständigen müssen.
Außerdem ist von Ihnen eingewandt worden, dass sich mit Open-Source-Software als Vergabevoraussetzung ein Wettbewerbsnachteil verbinden würde. Das Argument ist nicht stichhaltig, weil man damit einen Standard festschreibt, wie wir es zum Beispiel beim Mindestlohn oder in der Diskussion über die Beteiligung von Frauen in Aufsichtsgremien in gleicher Weise tun. Dadurch bleibt die Technikoffenheit erhalten; es wird einfach ein Vergabestandard festgelegt, der dazu führt, dass es sicherer und günstiger ist.
Um noch ein anderes Beispiel aufzuführen: Wenn eine Firma für die Verwaltung programmiert hat und am Ende nicht mehr am Markt vertreten ist, ist es zum Teil nicht möglich, auf den von ihr programmierten Code zuzugreifen, wenn die Lizenzen in ihrem Besitz geblieben sind – darauf hat auch der Datenschutzbeauftragte in der Diskussion hingewiesen –, sodass auch aus diesem Grund ein Interesse der öffentlichen Hand dahin gehend bestehen muss, die Lizenzen selbst zu erhalten und sich in diesem Sinne für den Aufbau einer eigenständigen Wissensbibliothek der Verwaltung einzusetzen.
Die Koalition hat sich der Berücksichtigung der sorbischen Sprache gewidmet. Wir erkennen das an, wir schätzen das; das ist aus unserer Sicht geboten. Sich mit den von Ihnen vorgeschlagenen Regelungen weiter zu verständigen darf allerdings nicht dazu führen, dass es aus Mitteln der Stiftung für das sorbische Volk finanziert wird. Das muss ganz klar sein – Herr Schiemann nickt –; wir sollten an dieser Stelle festhalten, dass es darüber Einigkeit und in Zukunft auch eine Sicherheit im Umgang gibt.
Ich möchte auf einen weiteren Punkt hinweisen: Sichere elektronische Zahlen kostenfrei zu gewährleisten ist für uns ein Mindeststandard, auch im elektronischen Bürgerverkehr. Es ist aus Sicht meiner Fraktion nicht angemessen, Menschen erst in die Verpflichtung zu bringen, ein teures Lesegerät zu erwerben, um sich in den elektronischen Bürgerverkehr begeben bzw. auf diese Weise zahlen zu können. Das grenzt bestimmte Gruppen von Anfang an aus. Deswegen muss es zu kostenfreien Kommunika
tionsverfahren kommen. Das ist eine Frage der Lizenzierung, die wir immer wieder angesprochen haben.
Meine Damen und Herren, eine wichtige Konsequenz innerhalb der Umsetzung des Gesetzes fehlt – nicht zu vergessen –: dass Open-Source-Software am Ende neben den schon genannten Argumenten die einheimischen mittelständischen Software-Unternehmen schützen
könnte, die diese Lösung entsprechend programmieren.
Aus meiner Sicht ist das ein unumgänglicher Paradigmenwechsel; er muss kommen. Bisher konnten Sie sich nicht dazu durchringen. Wenn sich der Paradigmenwechsel aber nicht in dem Gesetzentwurf niederschlägt – heute haben Sie noch einmal Gelegenheit, dafür zu sorgen –, kann meine Fraktion ihm nicht zustimmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Staatsmodernisierung kann nicht bedeuten, das Gewohnte mit anderen Mitteln fortzusetzen, sondern es erfordert einen Paradigmenwechsel in der Verwaltung und im Verhältnis von Bürgern und Staat, und in diesem Zusammenhang greift der Entschließungsantrag einige Punkte auf, die auch meine Fraktion im Verlauf dieser Legislaturperiode vorangetrieben hat. Auch wir haben uns zum Beispiel für einen Informationsanspruch in einem Informationsfreiheitsgesetz eingesetzt. Es ist nicht so, wie Kollege Biesok eben gesagt hat, dass das nur die technischen Bedingungen ändern würde. Nein, man braucht die Verankerung dieses Rechts in der Verfassung, um den Informationsanspruch über dem Amtsgeheimnis einordnen zu können. So wie wir den Informationsanspruch über dem des Betriebsgeheimnisses einordnen wollen, ist es auch hier nötig, diese Verankerung als ein Prinzip der
Verfassung vorzunehmen, wofür wir uns auch weiterhin einsetzen. Zudem haben wir uns dafür eingesetzt, die Quoren zu senken, weswegen dieser Punkt natürlich unsere Unterstützung findet.
Digitale Staatsmodernisierung ist für uns einer der Punkte, bezüglich dessen wir uns immer für die höchsten Sicherheitsstandards eingesetzt haben, und zwar nicht nur für die marktüblichen – ein traditioneller Fehler dieser Regierung, sich beim digitalen Ausbau der Anwendungen nur für die marktüblichen Standards einzusetzen.
Es ist richtig – wie der Antrag sagt –, dass der Fortgang der Entwicklung dieser digitalen Prozesssteuerung und ihr Kostenaufwand dem Parlament nicht berichtet worden sind – auch aus unserer Sicht ein großes Manko. Wir haben uns zum Beispiel dafür eingesetzt, dass es da zum Aufbau einer Wissensbibliothek mit offenem Quellcode, zu einer Open-Source-Bibliothek kommt. Wie meine Kleine Anfrage gezeigt hat, belaufen sich allein die Lizenzkosten, die der Freistaat jährlich hat, auf über 9 Millionen Euro, sodass es nötig ist, auch diesbezüglich zu einem Paradigmenwechsel zu kommen, da OpenSource auch die mittelständische IT-Wirtschaft vor Ort stärkt, denn es sind die hiesigen Unternehmen, die dann die jeweiligen Anwendungen umsetzen. Hier braucht es ein Umdenken und auch klare Maßnahmen zu den Standorten; zu dem Personalkonzept hat meine Fraktion bereits gesprochen. Wir werden dem Entschließungsantrag zustimmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Bemerkung vorweg: Der Antrag wurde von der Tagesordnung des Ausschusses abgesetzt, weil der Datenschutzbeauftragte an der entsprechenden Sitzung nicht teilnehmen konnte. Nun behandeln wir den Antrag hier im Plenum, in dem der Datenschutzbeauftragte nach Ihrem politischen Willen nicht das Wort ergreifen kann. Wir wollten es anders. Wir wollten in einem Datenschutzgesetz regeln, dass der Datenschutzbeauftragte auch Rederecht im Plenum haben soll.
Aufgrund Ihrer politischen Fehlsteuerungen ist es nun nicht möglich, dass wir den Kommentar des Datenschutzbeauftragten zu diesem Antrag hören können. Am Ende wäre es vielleicht besser gewesen, den Antrag im Ausschuss zu behandeln, obgleich das Thema aufgrund seiner Brisanz und Dringlichkeit eine Behandlung im Plenum auf jeden Fall rechtfertigt.
Herr Kollege Schiemann, beim Thema Informationssicherheit geht es natürlich nicht nur um die des Staates, sondern vor allem um die der Bürgerinnen und Bürger.
Die unbestrittene Bedeutung und Aktualität des Themas setzt sich in der Öffentlichkeit, denke ich, zunehmend durch. Die „DNN“ verwiesen auf den aktuellen Datendiebstahlskandal, von dem 18 Millionen E-Mail-Adressen betroffen sind, auf den Kollege Schiemann schon hingewiesen hat. Drei Millionen Nutzer stammen aus Deutschland. In der „LVZ“ heißt es am gleichen Tag: „Geheime Videoüberwachung in Leipzig-Connewitz. Polizei hält sich weiterhin bedeckt.“
Es kommt darauf an, wie das Regierungshandeln zum Datenschutz und zur Informationssicherheit der Bürgerinnen und Bürger mit der eigenen Grundrechtssensibilität am Ende aussieht. Nicht nur das letzte Beispiel zeigt: Immer dann, wenn es beim Punkt Informationssicherheit mit dem Schutzinteresse des Einzelnen konkret wird, flüchten Sie sich gern in Allgemeinplätze und unverbindliche Absichtserklärungen. So sieht Ihr Antrag leider auch aus.
Der Antrag der Koalitionsfraktionen zielt nämlich nicht auf konkrete Verbesserungen zur Erhöhung der Sicherheit der sächsischen Bürgerinnen und Bürger, sondern lediglich auf die Prüfung, ob nicht eventuell und unter bestimmten Umständen eine Verbesserung möglich wäre. Das einzig Konkrete an dem Antrag ist das Datum, an dem der Prüfbericht vorgelegt werden soll. Sie bitten um Prüfung, ob die informationstechnischen Systeme der sächsischen Verwaltung hinreichend geschützt sind und ob die zuständigen Stellen einen stärkeren Schutzbeitrag leisten könnten. Das sind eigentlich Selbstverständlichkeiten. Der ständige Verweis auf eine bessere Risikoaufklärung und Eigenvorsorge, der jetzt auch von dem Kollegen der FDP-Fraktion gekommen ist, hat das noch einmal verstärkt.
Meine Fraktion engagiert sich diesbezüglich auch für die Informationssicherheit der Bevölkerung. Dieser Hinweis ist zwar nicht falsch, aber ersetzt nicht die Notwendigkeit, dass auch der Staat für einen hinreichenden Grundrechtsschutz mit seinem Handeln zu sorgen hat. Darum geht es hier im Kern.
Wie sieht die konkrete Situation aus? In der Anfrage an die Bundesregierung „Neuere Form der Überwachung der Telekommunikation durch Polizei und Geheimdienste“
vom 2. August 2013, Drucksache 17/14515, heißt es – ich zitiere –: „Berichte über die zunehmende Überwachung und Analyse digitaler Verkehre untergraben das Vertrauen in die Freiheit des Internets und der Telekommunikation. Aus den Antworten aus früheren Anfragen geht hervor, dass dies vor allem den polizeilichen Bereich betrifft: Der Einsatz ,stiller SMS‘, sogenannter WLAN-Catcher und IMSI-Catcher nimmt stetig zu, die Ausgaben für Analysesoftware steigen ebenfalls. Auch die Fähigkeiten zur Bildersuche in Polizeidatenbanken werden weiterentwickelt, beispielsweise nutzt das Bundeskriminalamt immer häufiger die Möglichkeit der Abfrage seiner Datenbestände mittels Aufnahmen aus Überwachungskameras. Neuere Meldungen über Fähigkeiten in- und ausländischer Geheimdienste sind weiterer Anlass zu großer Besorgnis.“
Verzeichnete das BKA im Jahr 2007 noch 31 Einsätze, wie sie beispielsweise bei Großveranstaltungen zum Einsatz kommen, so waren es im Jahr 2012 bereits 52 Einsätze. Bei der Bundespolizei waren es im Jahr 2007 40 Einsätze und im Jahr 2012 56 Einsätze, der Zoll kommt sogar auf 73 Einsätze in 2012.
Der Staat selbst greift aus unserer Sicht in übermäßiger Weise in die Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger und in ihre schutzwürdigen Daten ein. Dabei hilft es auch nicht, mit dem Finger auf die US-Amerikaner bzw. die NSA zu zeigen; denn, wie nicht nur der „Spiegel“ berichtet, übermittelt der Bundesnachrichtendienst in großem Umfang Metadaten aus der eigenen Fernmeldeaufklärung an den amerikanischen Geheimdienst NSA.
Laut einer Statistik werden an normalen Tagen bis zu 20 Millionen Telefonverbindungen und circa 10 Millionen Internetdatensätze, die aus Deutschland kommen, gespeichert. Im Dezember 2012 sollen es rund 500 Millionen Metadaten gewesen sein, die in Bad Aibling erfasst wurden. An Spitzentagen, wie dem 7. Januar 2013, überwachte die NSA rund 60 Millionen Telefonverbindungen in Deutschland. Dass die Vorratsdatenspeicherung nicht grundrechtskonform ist, wissen wir seit gestern auch durch das Urteil des EuGH.
Der deutsche Auslandsgeheimdienst hatte diese Weitergabe eingestanden, versicherte aber, dass diese Daten vorher um eventuelle personenbezogene Daten deutscher Staatsbürger bereinigt worden seien. Das ist zwar das Mindeste, aber das Vertrauen in diese ganze Architektur ist dabei auf dem Nullpunkt, und wie wir anhand der Zahlen gesehen haben, auch zu Recht. Sie wollen die Bundesregierung nach eigener Aussage unterstützen, sich für ein hohes Datenschutzniveau einzusetzen. Dazu kann ich Ihnen nur
sagen: Da liegt ein reichliches Betätigungsfeld vor Ihnen – mit wenig Grundvertrauen am Anfang.
Im Zweifel gilt Ihnen die Effektivität der Sicherheitsbehörden nämlich mehr als die Unverletzlichkeit der Privatsphäre oder das Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger. Wir sehen das anders.
So heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die bereits eingangs erwähnte Anfrage – ich zitiere –: „Die erbetenen Auskünfte sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen enthalten, die im Zusammenhang mit der Arbeitsweise und Methodik der Sicherheitsbehörden und insbesondere seinen Aufklärungsaktivitäten und Analysemethoden stehen. Der Schutz vor allem der technischen Aufklärungsfähigkeiten des Bundesnachrichtendienstes im Rahmen der Fernmeldeaufklärung stellt für die Aufgabenerfüllung des Bundesnachrichtendienstes einen überragend wichtigen Grundsatz dar. Er dient der Aufrechterhaltung der Effektivität nachrichtendienstlicher Informationsbeschaffung durch den Einsatz spezifischer Fähigkeiten.“
Diesbezüglich braucht man sich über mangelndes Vertrauen nicht zu wundern. Der Grundrechteschutz der Abwehr- sowie der Ermächtigungsrechte sollte immer im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen und nicht die Geheimhaltungsbedürfnisse.
Sie sichern die Freiheitssphäre des Einzelnen vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt oder ermächtigen zu eigenem Handeln. Allgemeininteressen, denen Grundrechtseingriffe dienen, sind in der konkreten Abwägung stets mit den betroffenen Individualinteressen abzuwägen, so auch die Bundesregierung. „Doch an ihren Taten sollt ihr sie messen.“ – das gilt im Übrigen auch für Ihren Antrag.
Durch Ihre Bundesregierung ist über Jahre hinweg den vorgenannten Datentransfers prinzipiell zugestimmt
worden. Als das Ausmaß von Spionage bekannt wurde – deshalb haben wir letztlich auch diesen Antrag vorliegen –, ist nur durch den Protest von Millionen Menschen in Europa ein weiterer Baustein dieser Datenaustauscharchitektur „Acta“ gekippt worden. Das verweist noch einmal auf die Notwendigkeit zivilgesellschaftlichen Engagements, um diese Entwicklung vom Kopf auf die Füße zu stellen, wie sie gestern vom EuGH noch einmal unterstützt worden ist.
Als es in diesem Haus um den IT-Planungsrat ging, haben Sie trotz unserer Änderungsanträge nicht die höchsten, sondern nur die marktüblichen Sicherheitsstandards etabliert. Daran kann auch ein solcher Berichtsantrag, dem wir prinzipiell zustimmen können, nichts ändern. Es braucht verbindliche gesetzliche Sicherheitsstandards.
Wir setzen uns dabei für Software mit offenem Quellcode bei der öffentlichen Hand und den höchsten Sicherheitsstandards mit dem Aufbau einer Open-Source-Bibliothek ein. Das fordert nicht nur mittelständische IT-Unter
nehmen, die das dann umsetzen und die Anpassung vornehmen, sondern spart auch bei der öffentlichen Hand Lizenzkosten – laut meiner Kleinen Anfrage sind das jährlich 9 Millionen Euro –, die der Freistaat Sachsen nur für Lizenzgebühren zahlt. Diese Festlegung brauchen wir verbindlich in den entsprechenden Gesetzen und nicht in einem einfachen Berichtsantrag. Insofern kommt noch viel auf uns zu.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus unserer Sicht ist die Einbeziehung gerade des Datenschutzbeauftragten als Unabhängigen in die Berichterstattung eine sehr begrüßenswerte Ergänzung, um den Bericht aufzuwerten. Insofern stimmen wir dem Änderungsantrag in diesem Punkt auf jeden Fall zu. Ich kann auch nur die Koalition auffordern, die Bewegung, die sie an dieser Stelle demonstriert, also das Kopfnicken, in eine Zustimmung mit den Händen umzumünzen und sich zu entschließen, dem Punkt 1 zuzustimmen. Deswegen beantrage ich eine getrennte Abstimmung über den Punkt 1.
Ich möchte außerdem ergänzen, dass meine Fraktion zu einer Veranstaltung zum Eigenschutz einlädt, um Bürgerinnen und Bürger darüber zu informieren, wie sie sich selbst schützen können. Deswegen findet der Änderungsantrag auch in diesem Punkt unsere Zustimmung. Wir werden entsprechend verfahren.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweifelsohne muss aus Sicht meiner Fraktion die GEMA ganz generell auf den Prüfstand in Bezug auf den GEMA-Vorbehalt, der in der Debatte angesprochen wurde, in Bezug auf die generelle Revision des Urheberrechts, die ihrer Praxis zugrunde liegt, angesichts der veränderten Bedingungen von Produktion und Vertrieb von Musik, auch angesichts
ihrer modernisierungsfeindlichen Haltung, zum Beispiel in den Verhandlungen mit Youtube und gegenüber dem Internetvertrieb. Ja, auch wegen der Fragen von Transparenz und Beteiligung, die in der Debatte angeklungen sind, muss die GEMA ganz generell auf den Prüfstand.
Ich möchte noch einen Punkt nachtragen. Von den 73 000 Mitgliedern der GEMA haben nur 3 000 das Stimmrecht, um über die hier diskutierten Tarife und Ausschüttungen zu entscheiden. Die stimmberechtigten Mitglieder erhalten 63 % der ausschüttungsfähigen Summe. Diese Konstellation ruft nicht nur aus Veranstaltersicht, sondern auch unter den Mitgliedern immer wieder Kritik an der GEMA hervor. Insofern geht die Diskussion weiter. Mit unserem heutigen Antrag und der Debatte wollen wir den politischen Spielraum in der Diskussion ausschöpfen. Ich habe in der bisherigen Debatte keinen Redner und keine Rednerin von einer demokratischen Fraktion gehört, die gesagt hätten, die Tarife seien gelungen, so wie sie jetzt vorgeschlagen worden sind. Alle sind der Auffassung, dass sie noch einmal überarbeitet werden müssten.
Wir wollen den politischen Spielraum ausschöpfen. Ich fordere Sie auf: Wenden Sie sich in der Abstimmung der Sache zu, in gleicher Weise wie das auch die Kolleginnen und Kollegen in anderen Landtagen getan haben, denn auch in Sachsen ist die Vielfalt der Klubkultur bedroht. Auch in Sachsen haben sich Protestbewegungen formiert, zum Beispiel von Betreibern in Leipzig und Dresden. Insofern ist es nicht angemessen, wenn dieser Landtag, wenn diese Staatsregierung sich des Problems nicht annimmt. Wenn das Schiedsverfahren scheitert, Herr Staatsminister, ist es nötig, mit einer Position in die Verhandlungen zu gehen. Dafür machen wir mit unserem Antrag einen Vorschlag.
Ich bitte im Namen meiner Fraktion um Zustimmung.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bandmann, die politische Botschaft fasse ich Ihnen gern zusammen: Es geht
um eine grundrechtsfreundliche Neuregelung des Meldegesetzes. Dafür setzt sich auch meine Fraktion ein. Es ist mehr als angebracht, das Thema sowohl handelnd als auch in der Diskussion aufzugreifen.
Die Neuregelung des Meldegesetzes erzeugte im Juli einen massiven – aus meiner Sicht: berechtigten – Aufschrei in der Öffentlichkeit, nachdem die Abstimmung im Bundestag ohne Aussprache und in unter einer Minute erfolgt war, von der Anwesenheit im Saal ganz zu schweigen. Dieser Vorgang wurde von der Netzgemeinde transparent gemacht und wirkungsvoll in Szene gesetzt, sodass der Protest von vielen Bürgerinnen und Bürgern aufgegriffen wurde. Man muss allerdings anmerken, dass es wahrscheinlich viel zu oft gelebte parlamentarische Praxis ist, dass Gesetze so verabschiedet werden.
Die im Bundestag beschlossene Neuregelung ist skandalös. Sich dazu grundlegend anders zu positionieren ist die Botschaft dieses Gesetzentwurfs und ist auch unser Anliegen. Die Regelung, die wir jetzt zurückholen müssen, besteht darin, dass der Weitergabe der Meldedaten ausdrücklich widersprochen werden muss. Aber sogar diese Einschränkung ist nicht wirkungsvoll, wenn die Daten ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden. Das ist eine dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung absolut entgegenstehende Lösung. Deswegen mussten politische Institutionen – in dem Fall: über den Bundesrat bzw. den Vermittlungsausschuss – aktiv werden. Es hat zwar ein Einlenken eingesetzt; aber wir können das Ergebnis noch nicht absehen. In dem Zusammenhang ist auch die Debatte zu sehen. Wir müssen schauen, wo wir in dieser Debatte stehen.
Wir setzen uns für eine Revision des Meldegesetzes ein, sowohl parlamentarisch als auch außerparlamentarisch, wie in den vergangenen Wochen geschehen. Wir wollen eine grundrechtsfreundliche Regelung, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umsetzt. Das heißt, wir stehen für eine Zustimmungsregelung, nicht für eine Widerspruchsregelung.
Wir reden jetzt aber über den Gesetzentwurf der GRÜNEN. Dieser ist schon vor längerer Zeit, Anfang 2010, eingebracht worden und steht hier sozusagen im letzten Zeitfenster vor einer gültigen gesetzlichen Regelung auf Bundesebene zur Behandlung an. Das heißt, wir können hier über diesen Entwurf beraten; die Möglichkeit dazu ist noch gegeben, auch wenn die Zeit seiner potenziellen Wirksamkeit absehbar begrenzt ist. Sollte aber – hypothetisch gesprochen – die Vermittlung scheitern, könnte er gültiges Landesrecht bleiben, und der Freistaat Sachsen könnte, wie Herr Kollege Lichdi es so charmant ausgedrückt hat, Schrittmacher für eine andere Regelung werden. Das wäre möglich, bevor die bundesgesetzliche Regelung konkurrierend wirksam wird, weil dann die Gesetzgebungskompetenz entfallen könnte.
Das Vermittlungsverfahren ist der eigentliche Prozess, der gerade abläuft. Was passiert da? Der Freistaat ist aktiv geworden. Wir machen auch außerhalb des Ausschusses
transparent, was wir darüber schon wissen. Sie von der Koalition meinen, Sie setzten sich für eine bürgerfreundliche Lösung ein. Der Abg. Bandmann hat aus dem Antrag des Bundesrates zur Anrufung des Vermittlungsausschusses zitiert.
Aus meiner Sicht ist das aber sehr wohlfeile, günstige, leicht zu habende Rhetorik, wenn man sich die Substanz des Vorschlags anschaut, wie er in den Fachausschüssen des Bundesrates wirklich diskutiert wird. Die im Vermittlungsausschuss beantragte Lösung läuft am Ende darauf hinaus, dass Unternehmen und Verbände die Daten erst einmal bekommen und dann von ihnen die Zustimmung der Beteiligten eingeholt werden muss, eventuell unter Rückmeldung an die Meldebehörden. Zitat: „… die Auskunft verlangende Person oder Stelle erklärt, die Daten nicht zu verwenden für Zwecke
a) der Werbung oder
b) des Adresshandels,
es sei denn, sie versichert, dass die betroffene Person ihr gegenüber in die Ermittlung für jeweils diesen Zweck eingewilligt hat. Auf Verlangen sind der Meldebehörde entsprechende Nachweise vorzulegen.“
Auf Verlangen sind der Meldebehörde entsprechende Nachweise vorzulegen – das diskutieren die Fachausschüsse im Bundesrat. Das ist weit entfernt von der bürgerfreundlichen Lösung, die Sie im Allgemeinen beschreiben. Man könnte sagen, es ist ein richtiger Schildbürgerstreich, aber leider ist es ein in nahezu grotesker Ernsthaftigkeit vorgetragener Vorschlag.
Die Kritik lässt natürlich nicht auf sich warten. So sagt der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, „dass dieses Entgegenkommen gegenüber der Adress- und Inkassowirtschaft zur Folge hätte, dass auf die Melde- und Datenschutzbehörden ein erhöhter Prüfaufwand zukäme“. Das bedeutet im Prinzip eine Erschwerung des Verfahrens. Sönke Hilbrans von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz schätzt das so ein: „Unternehmen zu erlauben, die Einwilligung für die Meldedatenabfrage bei den Betroffenen einzuholen, würde den Datenschutz bei den Meldeämtern ins Chaos stürzen. Die Meldeämter wären nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit der Einwilligungserklärung wirksam zu überprüfen.“ Das heißt, diese Systemumstellung ist sowohl hanebüchen als auch wahrscheinlich systematisch nicht leistbar. Die im Vermittlungsausschuss eingeschlagene Richtung entspricht auch dem Begehr des öffentlichen Einspruchs nicht. Man hat sich auf eine oberflächliche Lösung des allgemeinen Aufregers beschränkt.
Noch ist Zeit nachzusteuern. Die Verhandlungen laufen. Das richtet sich speziell auch an die Staatsregierung, sich für eine konsequent grundrechtsfreundliche Lösung einzusetzen, die nicht dazu führt, dass die Daten am Ende doch bei den Händlern landen. Daten sind zur lukrativen Ware geworden – es ist deswegen wichtig, von Verkauf zu sprechen und nicht von einer Gebührenerhebung – und zu einem sensiblen Schutzgut. Deshalb muss die bundesge
setzliche Regelung diesem Anliegen konsequent Rechnung tragen.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf im Interesse einer generell grundrechtsfreundlichen Lösung zu, auch wenn wir die Halbwertszeit als begrenzt und die Wirksamkeit vielleicht als gefährdet ansehen, aber die Einmischung in die Diskussion auf Bundesebene und im Vermittlungsausschuss kommt genau zur richtigen Zeit. Auch deswegen hat der Gesetzentwurf unsere Unterstützung.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Anschließend an Ihre Ausführungen: Wie stehen Sie in den Verhandlungen, wie steht die Staatsregierung zu dem Vorschlag des Innen- und Rechtsausschusses, es so zu regeln, dass die Auskunft verlangende Person oder Stelle die Einwilligung von der jeweiligen Person direkt einholt und nicht die Meldebehörde selbst, wie es bisher vorgeschlagen wird?
Darf ich noch einmal präzisieren?
Danke schön. – Wären Sie denn damit einverstanden, dass diese Einwilligung zuerst gegenüber dem Dritten gegeben wird und der Nachweis dann nur der Meldebehörde nachgereicht wird?
Da fragen wir dann wieder. – Danke schön.
Unser Änderungsantrag greift einige der Punkte auf, die wir im Ausschuss schon eingebracht hatten. Wir hatten uns dort mit noch mehr Änderungsvorschlägen in die Diskussion eingebracht und halten es für wichtig, diese in das Plenum mitzunehmen.
Unter Punkt 1 weisen wir auf einen Punkt hin, der bei der Einbringung des Gesetzentwurfs im Jahr 2010 vielleicht gar nicht bekannt sein konnte, weil seitdem eine Neuregelung im Bereich der Datenerhebung der GEZ eingetreten ist. Wir halten die Anlegung eines neuen, unüberschaubaren Datenregisters für einen derart schwerwiegenden Vorgang, dass wir meinen, dass darauf speziell reagiert werden muss, und zwar, indem eine Scharnierfunktion geschaffen und die Weitergabe der Daten durch die Meldebehörden durch uns anders gefasst und insofern auf die Datenerhebung bei der GEZ eingewirkt werden soll. Wenn man einmal an das Meldegesetz herangeht, halten wir das für wichtig.
Zu Punkt 2. Zu Recht hat die Neuregelung im Monat Juli derart große Empörung hervorgerufen. Wir meinen, dass auch diejenigen, die quasi schon geschädigt worden sind, indem ihre Daten weitergegeben wurden, darüber informiert werden sollen, wie das nach dem Datenschutzgesetz eigentlich üblich ist.
Selbstverständlich ist das Argument einer nicht übermäßigen Profilierung und Datenbankanlegung schlüssig. Nicht zu viel sollte da gespeichert werden. Der Datenschutzbeauftragte hat uns darauf hingewiesen, dass es zum Beispiel, wenn häufige Anfragen von Inkassounternehmen bei den Meldebehörden gespeichert würden, auch zu einer Profilierung des Bürgers oder der Bürgerin führen könnte. Selbstverständlich ist eine übermäßige Datenbankerhebung nicht wünschenswert, und diese Prozessspeicherung muss deshalb sinnvoll angelegt werden.
Aber wir meinen, dass so viel Protokollierung vorhanden sein muss, dass die Betroffenen über die schon herausgegebenen Daten informiert werden können. Das ist für uns im Sinne des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Das wollen wir noch an den Gesetzentwurf herantragen, um es an dieser Stelle zu klären.
In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf haben wir Ihnen Zeit gelassen, dem Parlament, Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition. Wir haben ihn 2010 eingebracht, und aus unserer Sicht ist es nun Zeit, ihn zur Abstimmung zu stellen und ihn anzunehmen. Aus unserer Sicht ist der Kern dieses Gesetzentwurfes zum Petitionswesen und zur Einführung der Mitzeichnungsfunktion bei den Online-Petitionen ein notwendiger Modernisierungsschritt, auf den das Haus nicht länger verzichten kann.
Wir haben nicht einfach so gewartet, sondern Ihnen Gelegenheit gegeben, in einer fraktionsübergreifenden Initiative diesen Vorschlag aufzugreifen und Veränderungen am Petitionswesen vorzunehmen. Die gemeinsame AG Petition, die eingerichtet wurde, kam aber bislang zu keinen Ergebnissen, was beim letzten Plenum auch bitter ausgewertet wurde. Für uns ist klar: Wir haben das eingebracht, und wir wollten die überfraktionelle Lösung. Aber nun ist es auch genug. Wir wollen, dass das Gesetz noch vor Ende der Legislaturperiode Wirksamkeit entfalten kann. Darum stellen wir es nun auch im Plenum zur Diskussion.
Im Kern geht es darum, dem Online-Petitionswesen des Landtages eine zentrale Funktion hinzuzufügen, nämlich an der Stelle, wo Petitionen immerhin schon online eingereicht werden können, ihnen aber die Möglichkeit der Mitzeichnung beim Sächsischen Landtag fehlt. Mitzeichnungsoption würde bedeuten, dass man bei einer
bestehenden online verfügbaren Petition die Möglichkeit hat, diese als Bürgerin oder als Bürger mit seinem eigenen Namen zu unterstützen und auf diese Art dem Anliegen mehr Gewicht zu geben, wie wir das bei der Massenpetition ansonsten auch schon kennen.
Die Mitzeichnungsoption bietet, wo sie schon Anwendung findet, die Möglichkeit kraftvoller Mobilisierung. Zum Beispiel konnte beim Bundestag mit den
100 000 Unterschriften für ein bedingungsloses Grundeinkommen oder mit 120 000 Unterschriften gegen Netzsperren ein Zeichen gesetzt, konnten die Forderungen vieler Bürgerinnen und Bürger zum Ausdruck gebracht werden.
Die Möglichkeit der Mitzeichnung entspricht strukturell der kommunikativen Dynamik im Netz. Im Schneeballprinzip kann man sozusagen weitersagen, wo es beteiligungsorientierte Handlungsmöglichkeiten gibt. Nach der Gefällt-mir- oder Das-unterstütze-ich-auch-Methode kann so über politische Handlungsmöglichkeiten auf Ebene der Petition auch in sozialen Netzwerken weiter informiert werden.
Die Massenpetition ist schon immer ein legitimes Mittel der politischen Meinungsäußerung, das damit in der Online-Welt an Bedeutung gewinnt. Als legitimes Mittel der politischen Meinungsäußerung kennt sie auch die Arbeitsordnung des Petitionsausschusses des Sächsischen Landtages. Es ist also nicht richtig, dass es sich bei der Petition dem Zweck nach um eine individuelle Bittstellung gegenüber der Obrigkeit handeln müsse, wie das zum Teil argumentiert wurde. Jene gemeinsame politische Nutzung ist bekannt und Praxis, in Sachsen allerdings bislang auf die Papierwelt beschränkt. Aus unserer Sicht kann das nicht so bleiben.
Der Bundestag bietet diese Möglichkeit schon seit mehreren Jahren. Andere Landesparlamente zogen nach. So veröffentlichte Thüringen gerade im September dieses Jahres, dass demnächst Eingaben an den Landtag auch online mitgezeichnet werden können. So erklärte der Petitionsausschussvorsitzende des Thüringer Landtages, Fritz Schröter von der CDU, das noch vor Jahresabschluss zu beendende Projekt.
Wenn Sie diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, wenn Sie unseren Vorschlag auch in anderen zusammenhängenden Arbeitsgruppen oder in eigenen Initiativen nicht aufgreifen, wird Sachsen zum Schlusslicht in der OnlineBeteiligung bei Parlamenten. Dafür kann es keine guten Argumente geben.
Die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Bundestages, Kersten Steinke, sagt auch, die Online-Petitionen hätten sich beim Bundesparlament bewährt. Etwa 15 000 Eingaben zählte der Petitionsausschuss des Bundestages in nur einem Jahr. Seit 2005 ist es dort möglich, sowohl zu petitieren als auch mitzuzeichnen. Dort gibt es auch positive Erfahrungen mit dem Diskussionsforum. Die Ausschussvorsitzende sagt, die Diskussionsbeiträge seien auch für Politiker informativ und relevant. Es liegt auf der Hand, dass ein Forum für Bürgerbeteiligung auch
zu einer Bereicherung der parlamentarischen Beratung und zur Erweiterung führen kann.
Wir haben uns diesen Vorschlag nicht einfach selbst ausgedacht oder übertragen, sondern auch das Gespräch zu den Initiatorinnen und Initiatoren von Massenpetitionen in Sachsen gesucht und diese sowohl in Papierform als auch mit einem Internetverfahren befragt und dankenswerterweise eine große Beteiligung erfahren. Es stellte sich heraus, dass von den Befragten 37 % die Möglichkeit der Online-Einreichung beim Sächsischen Landtag immerhin kennen. Mehr als die Hälfte aller Teilnehmer nutzt das Internet auch selbst zum Einreichen von Petitionen und zum Sammeln von Unterschriften. Das heißt, die anderen, die das Online-Petitionsangebot beim Landtag nicht kennen, nutzen andere Plattformen.
Knapp die Hälfte aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhofft sich auch die Möglichkeit einer OnlineMitzeichnung für elektronische Petitionen. Drei wesentliche Funktionen werden von den Bürgerinnen und Bürgern, die selbst Initiatoren geworden sind, für Petitionen gesehen: 29 % sehen das Hauptziel darin, auf Probleme aufmerksam zu machen. 35 % meinen, dass auch tatsächlich Lösungen und Abhilfe von Problemen mit Petitionen erreicht werden können. 35 % wollen vor allen Dingen auch Meinungsäußerungen zu verschiedenen Sachverhalten.
Meine Damen und Herren! Dieses Engagement und diese Zielstellung, die die Bürgerinnen und Bürger mit Petitionen verbinden, muss man ernst nehmen und kann man nicht einfach wegstimmen. Ein gestiegenes Bedürfnis für Beteiligung kann man nicht ignorieren. Insofern ist es besonders bedauerlich, dass es zu keiner überfraktionellen Einigung gekommen ist.
Es wünschen sich jenseits dieser schon bekannten Elemente auch 38 % der Befragten die elektronische Unterschrift bei Volksbegehren. Immerhin 23 % sprechen sich dafür aus, dass Diskussionsforen zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Politikerinnen und Politikern gerade auch vom Parlament selbst angeboten werden.
Ich möchte auch nicht darauf verzichten, Ihnen noch ein paar direkte Rückmeldungen zum Online-Angebot des Landtages mitzugeben, die wir in offener Abfrage von den Bürgerinnen und Bürgern zurückerhalten haben. Dort gab es die Kritik, dass es klarer und einfacher strukturiert sein müsste und – Zitat – „nicht in einer letzten Ecke auf der Homepage verlegt werden sollte“. Außerdem – Zitat – „sollte eine kostenfreie Nutzung möglich sein“, was die Nutzung qualifizierter elektronischer Signaturen ausschließt.
Ferner sollte die Umsetzung vollständig barrierefrei sein. Es besteht entsprechender Handlungsbedarf beim Angebot des Landtages. Es gibt diesen Handlungsbedarf. Diesen auszusitzen bringt nichts als Frustration bei den engagierten Bürgerinnen und Bürgern und schreckt neue ab, sich zu beteiligen.
Deswegen fordere ich Sie auf, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Die von uns vorgeschlagene Lösung stellt auch technisch keinen unüberschaubaren Aufwand dar. Für eine Umsetzung äquivalent der Lösung des Bundestages ist das Know-how komplett vorhanden. Es bedeutet ebenso keinen hohen finanziellen Aufwand.
Ich kann also unter Verweis auf welche Gründe auch immer nicht verstehen, warum man diesen Vorschlag ablehnen könnte. Es sei denn, man hat Angst vor der Meinungsäußerung der Bürgerinnen und Bürger oder kann aus Prinzip nie einen Vorschlag der Opposition aufgreifen, obwohl Sie, wie ich bereits sagte, im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft in einem anderen Zusammenhang die Gelegenheit dazu hatten.
Um eines klar zu sagen: Das Mehr an Beteiligung, welches wir brauchen, erschöpft sich natürlich aus unserer Sicht nicht bei der Einführung der vollumfänglichen Online-Petition. Meine Fraktion kann sich weitaus mehr vorstellen. Wir wollen zum Beispiel die Quoren für verbindliche direkte politische Beteiligung senken. Wir können uns dabei auch die digitale Unterschrift und Beteiligung vorstellen. Wir haben zum Beispiel die Online-Unterschrift beim Volksbegehren vorgeschlagen. Wir wollen also mehr.
Der hier vorgeschlagene Punkt ist aber das Mindeste, um mit einer gesellschaftlichen Entwicklung Schritt zu halten und in Sachsen nicht den Anschluss zu verlieren.
Vielen Dank.
Vielen Dank.
Ich muss sagen, ich bin überrascht, bestürzt – amüsiert nicht – darüber, in welcher Deutlichkeit hier eine Skepsis gegenüber einem offenen Petitionswesen von Ihnen zum Ausdruck gebracht worden ist. Außerdem ist es einfach nicht wahr, dass Sie Weiterentwicklungen des Petitions
wesens offen gegenüberstehen angesichts des Boykotts einer gemeinsamen Aktivität in den Arbeitsgemeinschaften, die zu beobachten ist.
Wir haben zwei Jahre gewartet, da ist leider nichts gekommen. Aber aus dem, was Sie jetzt gesagt haben, spricht ja die bloße Angst vor der politischen Meinungsäußerung von Bürgerinnen und Bürgern.
Sie haben so viel Skepsis demgegenüber, wenn Sie von der eigentlichen Rolle der Petition sprechen, die so eine individuelle Bittstellerposition gegenüber der Obrigkeit bedeuten soll. So stellen Sie sich offensichtlich das Bürger-Politik-Verhältnis vor.
Es entspricht auch gar nicht der gelebten Petitionspraxis hier im Land. Das ist eine alte Vorstellung. Auch der Sächsische Landtag kennt jetzt schon die Massenpetition. Sie wird eingereicht zur Kita, sie wird eingereicht von Studierenden, von Schülerinnen und Schülern, aber eben immer auf Papier. Jetzt haben Sie Angst davor, dass es vielleicht noch mehr Menschen sind, wenn das online eingereicht wird. Es ist ängstlich und angesichts des technisch-demokratischen Standards, der in anderen Parlamenten gewählt wird, auch einfach rückständig, das abzulehnen. Egal, wie die Idee ist, die Sie vom Petenten haben, muss es doch Kopfschütteln auslösen gegenüber der Offenheit, die Sie für demokratische Prozesse eigentlich haben.
Frau Jonas, vielen Dank. Wenn Sie so darüber sprechen, wie Massenpetitionen normal eingereicht werden können und dann beim Präsidenten landen, warum sind Sie denn dann nicht dafür, dass man sie auch online einreichen kann?
Vielen Dank, Herr Präsident! Ich nutze gern die Gelegenheit, auf den Staatsminister einzugehen. Vielen Dank für die rechtliche Prüfung, die Sie vorgenommen haben. Sie haben aber selbst eingeräumt, dass es sich dabei um eine Materie handelt, die den Landtag in seinen inneren Abläufen selbst betrifft, und diese Einschränkung haben Sie selbst vorgenommen. Insofern vielen Dank! Es obliegt uns nun selbst, das zu beurteilen. Es ist völlig klar, dass wir nicht die Form der Petition ändern oder neu regeln wollen – das war ja der Kern Ihrer Argumentation –, sondern wir wollen das Medium der Einreichung regeln. Das ist etwas völlig anderes.
Wir wären dafür natürlich offen gewesen, das in den Grundsätzen des Petitionsausschusses zu ändern. Wir sind die ganze Zeit auch offen gewesen für eine gemeinsame Regelung jenseits der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf. Einige Redner sind darauf eingegangen, dass sie unsere Bemühungen anerkannt haben. Vielen Dank für diese sachliche Debatte generell. Wir waren offen dafür, und ich kann Ihnen sagen: Auch nach der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf bleiben wir natürlich offen für eine überfraktionelle Lösung und versperren uns nicht, auch wenn dies hier möglicherweise mit der Parlamentsmehrheit zu keinem konstruktiven Abschluss gebracht werden kann.
Ich bedanke mich für die sachliche Diskussion seitens der anderen Fraktionen, der demokratischen Oppositionsfraktionen und für die Redebeiträge der Koalition. Dass Sie Fragen entweder gar nicht zugelassen oder nicht beantwortet haben, macht ziemlich deutlich, dass Sie eigentlich keine Argumente haben. Sich dieser Anpassung, dieser Modernisierung zu verschließen drückt eher eine Skepsis aus. Wahrscheinlich ist es eher eine Skepsis vor dem Internet als neuem Einreichungsmedium, aber auch vor unkontrolliert agierenden Bürgerinnen und Bürgern. Das hat gerade das Petitionsverständnis der Rednerin der CDU deutlich gemacht.
Angesichts dieses Debattenverlaufes ist die Abstimmung nicht nur eine über die Modernisierung des Mediums, sondern letztlich über das Demokratieverständnis, das man bereit ist dem Petitionswesen beizumessen.
In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Mackenroth, mit anderen Interessenvertretern von Wirtschaftsverbänden oder von der IHK, wo es auch solche Zwangsmitgliedschaften gibt – wir haben es gerade gehört –, würden Sie vielleicht nicht so sprechen. Aber wenn sich junge Leute organisieren, um ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, da stellen Sie sich hin und diffamieren und diskreditieren das als „organisierte Empörung“, weil es dort kritische Meinungsäußerungen gibt.
Ich finde es absolut ungehörig, dass Sie das politische Engagement junger Leute in dieser Weise diffamieren und diskreditieren. Das ist bodenlos und falsch. Wenn Sie sie auch noch diskreditieren mit dem Verweis, dass sie ihr Studium nicht zu Ende bringen, nicht abschließen würden, und Sie noch persönlich ehrabschneidend angreifen, dann, finde ich, sollten Sie sich dafür entschuldigen.
Ich finde, dass Ihre ganze Rhetorik von sogenanntem Effizienzdruck und schnellem Abschließen völlig ignoriert, wie die Lage der jungen Leute an den Hochschulen und im Studium heute ist, dass sie zunehmend Probleme haben, das Studium zu finanzieren, dass der Bedarf an sozialpersönlichen Beratungen zugenommen hat, dass dadurch und durch die veränderten Studienbedingungen eine Situation entstanden ist, in der es kaum noch möglich ist, sich zum Beispiel demokratisch außerhalb und in der Universität zu organisieren. Durch die Schwächung der hochschulinternen Demokratie und durch die Veränderung der Studienbedingungen haben Sie ja gerade dafür gesorgt, dass es schwer ist, sich an der Hochschule demokratisch zu beteiligen. Das sollten Sie nicht verschleiern und denjenigen, die sich einbringen, Respekt entgegenbringen und Sie hier nicht so diffamieren, sondern sich entschuldigen.
Danke.
Frau Präsidentin, vielen Dank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wundert mich ein bisschen, dass kein Redner der CDU-Fraktion das Wort ergreifen möchte.
Ich habe einen Moment abgewartet. Ich wollte Ihnen gern die Gelegenheit geben, darauf selbst reagieren zu können. Scheinbar hat sich im ersten Moment niemand bereit erklärt. Wenn Sie Ihr Verhalten korrigieren wollen, ist das natürlich im Interesse der Sache. Ich freue mich, wenn Sie das Wort doch noch ergreifen werden. Das ist dem Bericht angemessen und sollte hier auch nicht versäumt werden.
Wir wollen dem Datenschutzbeauftragten für den Bericht, den er uns vorgelegt hat, für die Arbeit und auch unter schwierigen Umständen im Berichtszeitraum Position zu beziehen, danken. Das ist im Berichtzeitraum vorgefallen. Dazu hat es einen Sonderbericht gegeben. Für die geleistete Arbeit sagen wir vonseiten unserer Fraktion herzlichen Dank.
Herr Schurig, es ist erfreulich, dass Sie in der Diskussion festgestellt haben, dass es eine veränderte Behördenkultur im Freistaat geben kann und soll. Sie haben eine größere Sensibilität und Bereitschaft zur Zusammenarbeit in der Verwaltung festgestellt. Es wäre sicherlich erfreulich. Gerade in Sachsen steht dem ein großes Misstrauen der Bevölkerung in die Grundrechtsensibilität der Behörden gegenüber – vor allem der Polizeibehörden. Das haben sie sich auch selbst zuzuschreiben. Das gilt für den Berichtszeitraum.
Erschreckend ist Folgendes: Wenn wir in unserem parteiübergreifenden Projekt, dem AK Datenbanken, Bürgerinnen und Bürger ermutigen und auf sie zugehen, Auskunft über die von Ihnen gespeicherten Daten zu verlangen und dabei einem Gestus der ängstlichen Zurückhaltung begegnen, dass ein Nachteil daraus erwachsen könne, dass man sein Recht auf Information gegenüber den Behörden wahrnimmt. So weit ist es nämlich schon gekommen im Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zur Verwaltung, zu den Polizeibehörden. Das sollten Sie sich nicht nur sagen lassen, sondern daraus auch endlich Kurskorrekturen ableiten.
Das macht deutlich die Notwendigkeit eines unabhängigen Datenschutzbeauftragten, unabhängiger Datenschutzkontrolle. Damit bin ich wieder beim Bericht. Es ist zu hoffen, dass er auch im Ergebnis jenseits des Prozesses zu größerer Rechtskonformität bei der Datenverarbeitung führt und im besten Falle als Leitfaden zur Grundrechtebeachtung Anwendung finden kann, zum Beispiel bei der rechtsförmigen Verwendung oder aus unserer Sicht ja doch vielleicht eher Vermeidung kommunaler Videoüberwachung.
Aber trotzdem, IVO, die Integrierte Vorgangsbearbeitung der Polizei, fehlt. Es gibt wieder keine eigenständige Betrachtung. Auch das möchte ich nicht verschweigen. Dieser schlecht sortierte Zettelkasten der sächsischen Polizei verstößt aus unserer Sicht in vielfacher Hinsicht gegen die gebotene, grundrechtskonforme Datenverarbeitung. Wenn zum Beispiel die Betroffenen über die Art der verarbeiteten Daten nichts wissen, Vorgänge nicht abgeschlossen werden usw., ist es aus unserer Sicht dringend geboten, auch da aktiv zu werden. Im letzten Bericht hatten Sie noch ausführlich zu PASS gearbeitet und da eine Definition für Verbunddateien geliefert. Aber IVO bleibt eine Leerstelle im Bericht, und das ist schade.
Aus unserer Sicht hat der Datenschutzbeauftragte völlig zu Recht auf die gestiegene Bedeutung des Datenschutzes hingewiesen, und zwar unter der Bedingung, dass elektronische Datenverarbeitung zugrunde liegt und die Speicherung damit latent oder explizit immer der Fall ist.
Es gibt ja Debatter, die der Auffassung sind, dass PostPrivacy ein positiver Zustand ist, den sie lauthals bejahen und bejubeln. Sie sind der Auffassung, dass, je mehr Informationen über Personen öffentlich sind, sich diese umso sicherer vor exakter Profilierung fühlen können. Desto mehr lebten wir alle auch in einem Zustand wünschenswerter Transparenz und seien im gemeinsamen Bewusstsein miteinander verbunden. Aus meiner Sicht ist diese Auffassung blind und naiv vor den Effekten wirtschaftlicher Profilierung, auch in der Diskriminierung Benachteiligter, ebenso wie sie auch blind ist vor politisch motivierter, auch von Polizeibehörden betriebener Kriminalisierung politischen Engagements.
Bestimmt ist die Verschiebung der Grenze von öffentlich und privat, die wir in dem Zuge erleben, angesichts privater öffentlicher Kommunikation in Netzwerken usw. nicht aufzuhalten. Aber die Privatsphäre als Schutzgut muss erhalten bleiben.
Bei allen diesen Veränderungen muss die Prämisse lauten: Öffentliche Daten sollen öffentlich sein und persönliche nicht. Das Recht darauf gilt es zu schützen!
Die gestiegenen Herausforderungen des digitalen Wandels rufen einiges auf den Plan. So diskutieren wir jetzt europäische Rechtsetzung. Natürlich bedeutet das in der Folge auch einen höheren Mittelaufwand, wenn die Aufgaben wachsen. Dem können Sie sich nicht verschließen.
Die völlige Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten teilen wir als Forderung und als Ziel und untersetzten dies mit einem eigenen Gesetzentwurf. Gerade die Lage in Sachsen, die bundesweit immer wieder zum Spott und internationalen Vergleichen eingeladen hat, zeigt die Notwendigkeit einer im konkreten Fall unabhängigen Datenschutzkontrolle.
Dass der höhere Mittelaufwand nötig ist, zeigt sich gerade im privatwirtschaftlichen Bereich, wo es immer schwerer ist, den Schutz der Persönlichkeitsrechte zu gewährleisten und die damit im Zusammenhang stehenden Aufgaben abzudecken. Damit verweist die Debatte und die Behandlung dieses Datenschutzberichtes auch schon auf die Haushaltsverhandlungen. Sie müssen sich fragen lassen, ob Sie es mit dem Datenschutz auch im nichtöffentlichen Bereich ernst meinen oder ob es für Sie ein immer zu kleines Feigenblatt ist, bei dem Sie zufrieden sind, wenn die Aufgaben eigentlich nicht mehr bewältigt werden können, wenn der ganze Geschäftsverkehr elektronisch verarbeitet wird und zumeist die notwendigen Bedingungen nicht eingehalten werden.
Ich kann davon ausgehen, dass die Rednerin oder der Redner der CDU auch die Unterstützung für den Datenschutzbeauftragten aussprechen wird, so noch jemand von Ihnen das Wort ergreift. Das ist auch im Ausschuss geschehen, was richtig ist. Das ist ja auch eine gemeinsame Stelle, Einrichtung und Funktion beim Landtag. Aber das heißt, dass demnächst auch von Ihrer Seite und vonseiten der von Ihnen getragenen Regierung Angriffe – wie es zuletzt geschehen ist – auf die Integrität des Datenschutzbeauftragten unterbleiben müssen, wenn er eine eigenständige Position einnimmt. Dann müssen Sie es auch ernst meinen mit der Unterstützung und Wertschätzung, auch dann, wenn es darum geht, die Vorschläge des Datenschutzbeauftragten aufzugreifen, wenn er beschreibt, was nötig ist, um seine Aufgabe auszufüllen. Das betrifft die Koalitionsfraktionen. Die Reaktion auf die Eröffnung der Haushaltsdebatten ist Ihnen da nicht zu Ehren geraten. Das kommt wieder und fängt gerade erst an.
Meine Damen und Herren! Es treten neben den bekannten auch immer wieder neue Problemlagen auf, zum Beispiel in der Rundfunkgebührenregelung, die im Berichtszeitraum verabschiedet wurde. Darin ist leider wiederum keine privatsphärenfreundliche Regelung geschaffen worden. Es wurde auch in der endgültigen Fassung – da zitiere ich den Bericht – „eine unmaßstäbliche und riesige Datenbank geschaffen“, und zwar weil sie über die Meldedaten hinaus Bestände aus verschiedenen Bereichen zusammenführt, eine unheimlich riesige Datenbank. Es fehle – Zitat – „an einer Präzisierung der Erhebungsbefugnisse und damit an Normenklarheit“. Es ist bitter, dass auch neue gesetzliche Regelungen Datenschutzgrundsätze so mit Füßen treten.
Trotz einer sich vielleicht ändernden Behördenkultur, Herr Schurig, muss man angesichts solcher neuen Regelungen konstatieren, dass längst nicht alle Schafe im Trockenen sind, dass sich längst nicht das Bewusstsein von der Notwendigkeit des Schutzes des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durchgesetzt hat, auch nicht bezüglich des Stellenwertes, den dieses Recht gerade angesichts der Veränderungen der Kommunikation durch den digitalen Wandel haben muss. Das wird uns weitere Aufgaben stellen. An denen bleiben wir dran.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sind Sie bereit, sich jetzt mit meiner Fraktion und mir zum Sachverhalt auseinanderzusetzen?
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich möchte von der Möglichkeit einer Kurzintervention Gebrauch machen. Herr Biesok, Sie haben in aller Breite und auf verschiedene Felder bezogen die Notwendigkeit des Datenschutzes beschrieben. Das ist schön. Es ist gut zu sehen, dass dieses Verständnis bei Ihrer Fraktion ausgeprägt ist. Es war sehr allgemein und wenig auf den Bericht bezogen.
Angesichts der Wertschätzung, die Sie dem Thema gegenüber ausgedrückt haben, und angesichts der gestiegenen Aufgabenbedarfe, die Sie anerkannt haben in den Feldern, denen wir uns noch annehmen müssen, nehme ich das einmal als positives Signal und als Selbstverpflichtung für die anstehenden Haushaltsverhandlungen, es nicht bei dem jetzigen Entwurf zu belassen, sondern auch dort, wo sich Politik messen lassen muss, Entscheidungen nachzulegen, damit es nicht bei diesen allgemeinen Erklärungen bleibt, sondern auch landespolitisch etwas bewirkt wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu einigen wenigen Punkten zum Entschließungsantrag zum nicht öffentlichen Bereich etwas sagen.
Ich will zum öffentlichen Bereich auch etwas sagen.
Genau. Wir unterstützen ganz ausdrücklich die Untersetzung, dass gerade bei der Personalausstattung dem gewachsenen Aufgabenhorizont
entsprochen werden muss.
Ich bin in meinem Redebeitrag darauf eingegangen. Dem möchte ich noch etwas hinzufügen. Mit dem Entschließungsantrag wird auf einige Problemlagen besonders hingewiesen, die zum Glück schon abgestellt worden sind, zum Beispiel mit der fehlenden Verpflichtung auf das Meldegeheimnis.
Gerade beim Bezug auf die polizeilichen Datenbanken ist es nötig, neben der Belehrung, die schon mit dem Bericht angekündigt worden ist – Kollege Lichdi ist eben darauf eingegangen –, für Klarheit zu sorgen, weil nicht alles, was technisch möglich ist, auch rechtens ist. Es ist absolut nötig, dass in der technischen Architektur nachgebessert wird und die Polizistinnen und Polizisten, zum Beispiel durch eine Kodifizierung der Abfragegründe, darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie nicht einfach so Personendaten abfragen können, sondern dass es dafür einen rechtlichen Rahmen gibt. Um zu praktischen Konsequenzen zu kommen, ist es gut, dies zu beschließen. Das unterstützt meine Fraktion.
Sie haben die Möglichkeit, die allgemeine Anerkennung in einem Beschluss münden zu lassen. Das werden Sie leider wie immer nicht machen. Damit entgeht dem Haus die Chance, sich nach all den Debatten, die besonders in dem Berichtszeitraum gelaufen sind, hinter den Datenschutzbeauftragten zu stellen. Sie könnten das auch punktweise tun, indem Sie sich zum Beispiel auf Punkt I beziehen. Das wäre eine sachliche Auseinandersetzung. Schade, dass Sie das wieder versäumen werden.
Vielen Dank, Herr Präsident. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben Argumenten der Steuerarchitektur und der Föderalismuspolitik spielen noch andere Einsprüche zu diesem Vertragswerk eine wichtige Rolle. Das ist in der Diskussion schon angeklungen. Ich möchte dem aber noch etwas ausführlicheren Raum geben. Herr Biesok, Sie meinen, Sie würden sich in dem Bereich eine Liberalisierung wünschen. Das sehen wir anders. Es kann dabei nicht um eine Liberalisierung des Glücksspiels als Markt mit wettbewerblichen Gewinninteressen gehen. Da hätte ich mir gewünscht, dass es eine Liberalisierung im Sinne des Grundrechtsschutzes geben kann und muss, die auch von Ihrer Fraktion, von Ihrer Partei stärker gemacht wird, auch hier Sachsen, so wie es in anderen Ländern der Fall gewesen ist.
Ich möchte noch einige Einsprüche aus netzpolitischer Perspektive und aus der Perspektive von Verbraucherinnen und Verbrauchern formulieren, wobei es darum geht, Spielsuchtvorsorgen zu treffen. Der Effekt des Staatsvertrages erlaubt es nämlich – Zitat –, „dass Dienstanbieter im Sinne des Telemediengesetzes ausgeschlossen werden können sollen. […]. Das Grundrecht auf Fernmeldegeheimnis soll insoweit eingeschränkt werden.“ Daran schließt sich die Diskussion um Internetsperren an, die auch in der Öffentlichkeit massiv geführt worden ist. Internetsperren bedeuten entweder, dass Inhalte im Internet unzugänglich gestellt werden oder dass Nutzer
vom Zugang ausgeschlossen werden. Das ist ein sehr weitgehender Eingriff.
Das ist ja nicht der erste Staatsvertrag, mit dem Sie versuchen, eine solche Regelung zu etablieren. Diese Diskussion haben wir schon zum Jugendmedienstaatsvertrag geführt. Wie das technisch aussehen kann, haben wir in dem Zusammenhang diskutiert. Wir haben gehört, dass zum Beispiel bei den Providern die Weiterleitung bestimmter Inhalte untersagt wird. Sie werden für die Nutzer, wenn es nach Ihnen geht, nicht mehr sichtbar. De facto wird mit diesem Staatsvertrag aus Ihrer Sicht vielleicht nun endlich die Grundlage für eine Zensurinfrastruktur geschaffen, wie wir bereits vielfach diskutiert haben. Im Zusammenhang mit dem JugendmedienschutzStaatsvertrag hat Prof. Vedder als Informatiker diese technische Umsetzung mit ihrer rechtlichen Grundlage als die Schaffung einer Zensurinfrastruktur bezeichnet; denn man kann nicht ausschließen, dass es dann auf andere Gesetzes- und Regelungsmaterien einfach ausgedehnt wird, wenn man es einmal hat.
Sie können das zum Beispiel auch von den Kollegen der FDP und der CDU aus Schleswig-Holstein hören. Dort haben ihre Kollegen Kubicki und Arp erklärt: „Wer den vorliegenden Entwurf unterstützt, bereitet den Weg für Internetsperren.“ Das sei nicht notwendig und solle man vermeiden. Eine FDP, die so etwas sagt, kann man gebrauchen. Das hat einen politischen Mehrwert. Das ist notwendig. Aus unserer Sicht ist es absolut wichtig, die Neutralität des Mediums Internet nicht anzutasten, sondern zu erhalten. Das stellt schon einen wesentlichen Grund dar, den Staatsvertrag abzulehnen.
Auf einen weiteren Aspekt – die Verbraucherschutzperspektive – möchte ich nur sehr kurz eingehen. In der Anhörung hat der Vertreter der Suchthilfe deutlich gemacht, dass das Sächsische Ausführungsgesetz die wenigste Suchtprävention anbietet und die niedrigsten Schutzmechanismen hat. Wir versuchen, jetzt bei den Schließtagen, bei den Abstandsregeln nachzubessern.
Neben den kulturellen und gesellschaftlichen Gründen ist es auch wirklich ein Instrument der Suchtprävention, dass die Schülerinnen und Schüler merken, ob sie es schaffen, einmal einige zusammenhängende Tage nicht zum Spielen zu gehen. Die Grauzonen werden gerade beim Automatenspiel ausgeschöpft und auch durch das Sächsische Ausführungsgesetz nicht konkretisiert.
Was die Abstandsregelungen betrifft, haben Sie jetzt auch erkannt, dass man da weitergehen muss. Wir werden zu den datenschutzrechtlichen Aspekten im Rahmen der Änderungsanträge noch zu sprechen kommen. All dies sind aber Gründe, die es aus Sicht eines neuen Leitmediums in einer freiheitlichen Gesellschaft ebenso wie aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher unmöglich machen, dem Gesetz zuzustimmen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich möchte gern noch einmal auf Ihre zuletzt gemachten Ausführungen zu sprechen kommen.
Es gab jetzt den Vorschlag, es als Majestics zu bezeichnen. Das müssen wir noch einmal ausführlich prüfen. Ich widerspreche diesem Bild und möchte Sie fragen, ob Sie mir zustimmen können, dass in der Anhörung zum Glücksspielstaatsvertrag seitens der Sachverständigen medien- und netzpolitische Aussagen hinter solchen der Suchtprävention und des Marktes zurückgetreten sind, wir aber die gleichen Regelungen, wie sie jetzt im Glücksspielstaatsvertrag stehen, in der Anhörung zum Jugendmedienschutzstaatsvertrag diskutiert haben und die Diskussion über die Internetsperren eigentlich nur von einem Staatsvertrag zum anderen umgezogen ist.
Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Zu den Punkten der Änderungsanträge der GRÜNEN, die sich mit der Sperrdatei und dem Ansinnen, mehr Datenschutz zu etablieren, beschäftigen, möchte ich doch noch einmal etwas sagen. Natürlich ist es verdienstvoll und gut, darüber konkret und mit rechtlichen Regelungen nachzudenken, weil die bisherige Ermächtigungsgrundlage, die dort geschaffen wird, viel zu weit geht und man das so nicht stehenlassen kann.
Allerdings wird für mich nicht ausreichend deutlich, wie auf die verschiedenen Formen von Sperrdateien reagiert wird. Es gibt unterschiedliche Formen von Spielersperren. Es gibt selbstverordnete und es gibt fremdverordnete Spielersperren. Diese Art, dass Leute von Internetinhalten ausgeschlossen werden, ohne dass sie das selbst verfügt haben, ist eine Infrastruktur, in die wir gar nicht erst einsteigen wollen. Da das nicht ausreichend differenziert wird und wir eine solche Entwicklung generell kritisch betrachten, kann es aus unserer Sicht im Moment keine Zustimmung geben.
Ähnlich verhält es sich mit dem Änderungsantrag der CDU, der auch die Abstandsfrist und die Sperrtage behandelt, so wie Ihre Änderungsanträge. Deswegen mache ich es jetzt einfach in einem Punkt. Es war lustig, dass die CDU bzw. die Staatsregierung kirchliche Feiertage als Sperrtage abschaffen wollte. Es ist gut, dass Sie hier kurzfristig mit Ihrem Änderungsantrag reagiert haben. Das kann man nur unterstützen.
Aber Ihre vorgeschlagene Abstandsfrist geht immer noch nicht weit genug. Ihre 250 Meter sind weniger, als die GRÜNEN vorschlagen, sind weniger als das BestPractice-Beispiel in Berlin. 500 Meter sind auch für uns das Minimum. Wir wollen einer Verbesserung des Gesetzes mit unseren Stimmen nicht im Wege stehen. Das ist klar. Wenn Sie nachbessern und von 150 auf 250 Meter gehen, kann es nur eine Enthaltung geben.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen! Meine sehr geehrten Herren! Wir treten in die Endberatung unseres Gesetzentwurfes ein. Ich möchte noch einmal an den Anfang dieses Verfahrensganges erinnern. Das Ziel unseres Gesetzentwurfes, als wir ihn einbrachten, war, schnell zu handeln, und zwar zuerst im Rahmen einer Diskussion über überschrittene Dioxingrenzwerte. Später schloss sich, quasi um die Notwendigkeit zu handeln zu komplettieren, die Diskussion um die EHEC-Infektion an, die öffentliche Besorgnis erregte.
Ziel unseres Vorstoßes und unseres Gesetzentwurfes war von Anfang an, die Zuverlässigkeit des Systems zu erhöhen, die Verbraucherinformation zu stärken und damit auch das Vertrauen in diesen großen, auch umfangreichen und aufwendigen Kontrollapparat bei der Bevölkerung zu stärken. Auch die Ministerkonferenzen, die im Rahmen dieser Debatten stattfanden, haben einige Maßnahmen aufgenommen, auch einige von denen aufgegriffen, die wir mit unserem Gesetzentwurf schon in die Diskussion eingebracht hatten. Insofern reflektieren wir das jetzt in der Diskussion. Wir behandeln das Gesetz aber auch jetzt, weil wir die Rahmengesetzgebung des Bundes abgewartet haben, abwarten wollten, um die Gesetzgebungskompetenz einzuhalten. Das spielte auch bei der Anhörung zu dem Gesetzentwurf eine Rolle. Wir haben das auch in unserem Änderungsantrag reflektiert.
Wichtig für uns war und ist es, eine Rückverfolgbarkeit, eine Kennzeichnungspflicht zum Beispiel bis zu jedem letzten Ei zu ermöglichen und festzuschreiben. Das ist auch eine europäische Herausforderung, ein europäisches Thema. In einem globalisierten Handel stellt das zumindest weitergehende Anforderungen an die EU.
Wir haben uns auch von Anfang an dafür eingesetzt, dass die Nennung von Ross und Reiter, also mehr Transparenz bei den Verursacherbetrieben, verwirklicht wird, einen höheren Stellenwert bekommt und wirklich Gesetzeslage wird, weil wir der Auffassung sind, dass Transparenz Kriterien für einen anderen Wettbewerb setzt. Transparenz gibt die Möglichkeit, schwarze Schafe zu erkennen und Qualität auch wertzuschätzen.
Deswegen setzen sich auch Verbraucherinformationen und Ernährungs- und Beratungsorganisationen weitgehend dafür ein. Das heißt selbstverständlich, dass man sich für Informationsfreiheit vor dem Betriebsgeheimnis entscheidet, dass das Recht auf Information schwerer wiegen muss als das Betriebsgeheimnis bei den verursachenden Unternehmen. Aber ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren: Dazu stehen wir. Das sehen wir vielleicht auch anders als der CDU-Kollege,
der sich – Herr Fischer – in der Anhörung zu Wort gemeldet hatte. Zu diesem anderen politischen Schwerpunkt stehen wir und ich werde darauf auch noch einmal kurz zurückkommen.
Verlässlichkeit und Qualität stärken ist ein Kernziel unseres Gesetzentwurfes, und zwar, indem wir die Verantwortung auf Landesebene stärken, indem wir festschreiben, dass von der Landesebene inhaltliche Kriterien für die Lebensmittelkontrollen im Rahmen einer Verordnung vorgegeben werden. Das machen wir selbstverständlich, um die Verantwortung und die Qualität zu erhöhen, aber auch, weil wir wissen, dass damit eine finanzielle Verpflichtung und Verantwortung einhergeht. Wir wollen ja gerade die kontrollierenden Behörden nicht allein lassen, sondern wir wollen, dass mit der Aufgabenübertragung auch die finanzielle Unterstützung einhergeht. Wenn Sie mich fragen, wie wir das finanzieren wollen, dann verweise ich auf unseren alternativen Haushaltsansatz, in dem wir die entsprechenden Schwerpunkte setzen, begründen und ermöglichen.
Verbraucherinformationen zu stärken ist ein zweiter wichtiger Schwerpunkt. Wir haben zwar schon im Ausschuss eine tiefergehende inhaltliche Diskussion geführt, einige Punkte möchte ich aber noch einmal aufgreifen.
Die Nennung von Verursacherbetrieben habe ich schon angeführt. Darüber hinaus wollen wir, dass die Kontrollergebnisse, die durch das System schon massenhaft produziert werden, veröffentlicht werden. Ein Berliner Bezirk hat gute Erfahrungen mit der Hygieneampel als Smiley an den Gastronomiebetrieben gemacht. Menschen werden dadurch nicht bevormundet. Es bleibt immer noch ihre freie Wahl, in ein Lokal zu gehen, von dem man weiß, dass man vielleicht lieber nichts essen sollte, aber sein Lieblingsbier trotzdem trinken kann. Qualität wird dadurch aber sichtbar und es weist auch auf einen zweiten Punkt hin: Selbstverständlich gehört es dann zur Fairness,
dass die Unternehmen, die Betriebe regelmäßig kontrolliert werden.
Man kann natürlich nicht ein schlechtes Ergebnis nur alle drei bis vier Jahre wieder aufbessern wollen. Das ist klar. Insofern muss auch da durch eine Verordnung und eine entsprechende finanzielle Untersetzung Fairness ermöglicht werden. Die Veröffentlichung dieser Kontrollergebnisse und diesen Paradigmenwechsel bei der Verbraucherinformation hinterlegen wir auch in unserem Transparenzgesetz, in dem wir Verwaltungswissen allgemein der Bevölkerung zugängig machen wollen. Das heißt, dass neben dem Betriebsgeheimnis jetzt auch noch das Amtsgeheimnis bei uns nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium ist.
Wir schätzen die Informationsfreiheit von Bürgerinnen und Bürgern höher ein und verankern das sogar als Recht in der Verfassung. Wir sehen in diesem Zusammenhang auch die Verbraucherinformation so, wie wir sie hier in unserem öffentlichen Gesundheitsdienst verbessern
wollen.
Im Anschluss an die Diskussion zu Dioxin und EHEC haben die Verbraucherschutzministerinnen und -minister das Portal „lebensmittelwarnung.de“ eingerichtet. Wir haben uns das genauer angesehen und werden es auch der parlamentarischen Diskussion zuführen. Das war ja eine Ihrer Reaktionen. Sie haben unseren Gesetzentwurf. Es ist schon erstaunlich, dass auf diesem Portal kaum amtliche Kontrollergebnisse zu finden sind und veröffentlicht werden sowie keine Lebensmittelwarnungen veröffentlicht werden, die auf amtliche Kontrollergebnisse zurückgehen. Das muss doch verwundern. Es ist die Frage, ob dieses Portal funktioniert, ob es seine Zweckmäßigkeit erfüllt, ob das schon reichen kann oder ob wir nicht tatsächlich zur systematischen Neuausrichtung des Systems kommen müssen, und zwar durch Qualitätskriterien und durch eine andere Verbraucherinformation.
Wenn ich Ihnen unseren Gesetzentwurf jetzt so vorstelle und um seine Zustimmung bitte, dann halte ich ihn für ein Bekenntnis für Qualität und für Verlässlichkeit des Systems, aber auch für einen Paradigmenwechsel in der Verbraucherinformation.
In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Fischer, ich gebe Ihnen gern einige Antworten. Ich hoffe, dass meine Stimme ihm im Hause folgt, da er nicht im Saal ist. Ich möchte auf die Punkte, die von ihm angesprochen wurden, reagieren und einige Richtigstellungen vornehmen.
Sie haben sich auf unsere Position bezogen und uns gesagt, das System der Selbstkontrolle sei gescheitert. Das ist auch so, weil bekannt geworden ist, dass im Dioxinskandal die verursachenden Betriebe gewusst hatten, dass es sich um kontaminierte Erzeugnisse außer dem selbst in Auftrag gegebenen Test handelt. Weil diese aber keine Pflicht hatten, dies zur Kenntnis zu geben, haben sie das trotzdem in Umlauf gebracht. Doch um das zu verhindern, wollen wir die Systematik so umkehren, dass einmal gemachte Kontrollergebnisse auch der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben werden müssen. Es kann ja nicht bei den auftraggebenden Betrieben liegen, ob sie dies tun oder nicht und es in deren Ermessen liegt. Daher ist das System der Selbstkontrolle gescheitert, denn es hat nicht genügend Verbindlichkeit.
Das Berichtswesen hatte Herrn Fischer schon zu Beginn beschäftigt, nämlich die Vorstellung, wie viel man dokumentieren müsste. Doch Ihnen und Leuten, die ähnlich denken, sei gesagt: Wenn da einmal das Software-System umgestellt wird, sollte man das dann auch für mehr Transparenz nutzen. Es heißt ja, dass eine Datenbank ermöglicht, mit sehr viel weniger Aufwand den öffentlichen Zugang zur Verfügung zu stellen. Die Dokumentation – Frau Jonas hat das angesprochen – ist auch die Voraussetzung der Veröffentlichung. Das ist zwar eine Selbstverständlichkeit, aber es ist die Voraussetzung für Veröffentlichung, die wir anders halten wollen.
Es war hier angesprochen worden, dass wir hundertprozentige Transparenz wünschen. Das ist natürlich eine Überziehung. Es geht um eine sehr weitgehende Transparenz und ein sehr weitgehendes Informationsrecht, das wir anders formulieren wollen. Herrn Fischers Satz „keine Angst vorm Pökelsalz“ möchte ich durch „keine Angst
vor mündigen Verbrauchern“ ergänzen. Sie schüren ja Angst vor der Transparenz, wenn Sie sagen, die Leute könnten damit nicht umgehen. Man braucht etwas mehr Vertrauen zu den Verbrauchern selbst, aber auch zu ihren Organisationen. Dafür gibt es ja die Verbraucherzentralen und Food-Watches usw., damit diese die Informationen aufbereiten und einer öffentlichen Diskussion zuführen.
Die Ermöglichung des Informationszugangs ist nie eine Gängelung. Dadurch werden einige falsche Vorstellungen von Transparenz geschürt und verbreitet. Darauf, Frau Neukirch, habe ich schon hingewiesen, dass wir weitergehende Diskussionen führen und unser Gesetzentwurf gerade darauf nicht verzichtet, denn es gibt den Zusammenhang mit unserem Verwaltungstransparenzgesetz, in dem das aufgegriffen wird. Die Diskussion dazu ist ja auch eröffnet. Da ist die klare gesetzliche Grundlage für mehr Informationsrechte enthalten, die Sie angemahnt haben.
Ich denke schon, dass sich die Fachgesetze und das allgemeine Verwaltungstransparenzgesetz ergänzen müssen. Sie haben es als Einwand gebracht, aber ich habe das auch hier dargestellt und weise noch auf etwas anderes hin: Wir nehmen eine Harmonisierung zwischen Landesrecht und Bundesrecht durch unseren Änderungsantrag vor. Wir nehmen keine Gesetzgebungskompetenzen in Anspruch, die wir nicht haben.
Allen, die unseren guten Vorschlägen mit dem Hinweis begegnet sind, sie seien vielleicht nicht mehr in der richtigen Zeit oder sie seien nicht nötig, kann ich sagen, dass dies nicht davon abhalten muss, dem zuzustimmen. Ganz im Gegenteil. Der Gesetzentwurf nimmt seinen Platz in der Diskussion ein. Mit den Vorfällen ist die Diskussion losgegangen. Damit haben sich auch die Fachminister beschäftigt, das Bundesgesetz hat sich verändert, und nun ist es auch nötig, landesgesetzlich nachzusteuern. Dafür ist mit einer Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf ein guter Schritt getan.
Vielen Dank.
Der Änderungsantrag ändert unseren eigenen Gesetzentwurf. Wir wollen ihn ändern, indem wir auf die Gesetzgebung, die der Bund vorgenommen hat, reagieren und uns auf landesrechtliche eigene Gesetzgebungskompetenzen beschränken. Ich bitte Sie, uns die Möglichkeit zu geben, die Autorenschaft in unserem eigenen Gesetzentwurf zu behalten und uns zu ermöglichen, ihn zu ändern.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Transparenzgesetz ist für uns LINKE Teil einer umfassenden Demokratisierungsoffensive, die wir in Sachsen zur Diskussion stellen. Mit unserem Gesetzentwurf legen wir einen umfassenden Vorschlag für mehr Augenhöhe zwischen Bürgerinnen und Bürgern und Verwaltung vor. Aus unserer Sicht entspricht dies dem gewachsenen Informationsbedürfnis einer interessierten Öffentlichkeit und damit auch einem demokratischen Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern.
Bürgerinnen und Bürger sollten all das wissen können, was die Verwaltung weiß. – Vielleicht verlassen diejenigen, die zur Mittagspause gehen wollen, den Saal, sodass wir hier in die fachliche Diskussion einsteigen können. – Aus diesem Grund sollen Expertisen und Gutachten, aber auch Stellungnahmen, Prognosen zur Politikplanung, Kontrollergebnisse, Verträge mit Dritten und anderes mehr zukünftig veröffentlicht werden. Auch nehmen wir in einigen Themenkomplexen speziell weitergehende Änderungen vor, zum Beispiel im Umweltrecht oder bei der Verbraucherinformation, wo wir Gastro- und Betriebskontrollergebnisse veröffentlichen wollen.
Prinzipiell jedoch etablieren wir mit unserem Gesetzentwurf einen sehr weitgehenden Begriff von informationspflichtigen Stellen, so zum Beispiel in § 2 auf Seite 7. So
stellen informationspflichtige Stellen im Sinne unseres Gesetzes Behörden, sonstige Stellen und Einrichtungen des Freistaates, der Gemeinden, aber auch natürliche oder juristische Personen dar, wenn diese öffentliche Aufgaben wahrnehmen, mit einer öffentlichen Stelle zusammenarbeiten oder Auftragnehmer der öffentlichen Hand sind. Das heißt: Mit unserem Gesetz kann es keine Geheimverträge geben. Auch wird der generellen Verunklarung von öffentlichen Belangen durch Abwanderungen in den privatwirtschaftlichen Sektor ein Riegel vorgeschoben.