Gisela Kolb

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir unterscheiden uns beim Gesetzentwurf über ein Verbandsklage- und Verbandsbeschwerderecht nicht nur in kleinen Details. Deshalb möchte ich meinen Ausführungen den Werdegang dieses Gesetzentwurfs voranstellen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung über das Verbandsbeschwerdeund Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände wurde im Mai 2011 ins Plenum eingebracht und einstimmig zur weiteren Beratung in den zuständigen Ausschuss überwiesen. Die Zustimmung war für die SPD-Fraktion folgerichtig, weil wir uns schon seit Langem für ein Verbandsklagerecht ausgesprochen haben. Wir haben dann in einer Sitzung des Umweltausschusses Tierschutzorganisationen sowie Nutzerorganisationen zur Anhörung eingeladen, die auch von ihrem Recht auf Stellungnahme Gebrauch gemacht haben.
Zwei der eingeladenen Organisationen, namentlich die „Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrechte“ und die „Menschen für Tierrechte Bundesverband der Tierversuchsgegner“ haben erhebliche rechtliche und inhaltliche Bedenken gegen den vorgelegten Gesetzentwurf vorgebracht. Damit war für uns als SPD-Fraktion klar: Verfassungsrechtlich ist dieser Entwurf, der damals von der Landesregierung vorgelegt wurde, nicht zu halten. Ich möchte mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, aus einem Schreiben von Herrn Präsident Hans Ley an den Vorsitzenden des Umweltausschusses des Landtages zitieren, der in kurzer und prägnanter Form die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diesen Entwurf wiedergibt.
Ich zitiere: „Die Landtagsverwaltung hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es gegen dieses Vorhaben erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Diese Bedenken gründen sich auf folgenden Erwägungen: Erstens. Für das in der Klage vorgeschaltete Beschwerdeverfahren dürfte dem Saarland keine Gesetzgebungskompetenz zustehen: Die bundesrechtliche Verwaltungsgerichtsordnung regelt das einer Klage vorgeschaltete Vorverfahren als Prozessvoraussetzung abschließend. Also kann nur das in der Verwaltungsgerichtsordnung geregelte Widerspruchsverfahren als Prozessvoraussetzung einer Klage gewählt werden. Hiervon geht auch die Rechtsprechung aus (...). Das im Tierschutzverbandsbeschwerde- und -klagegesetz vorgesehene Beschwerdeverfahren kann nicht als Widerspruchsverfahren im Sinne der Verwaltungsgerichtsordnung ausgelegt werden. Eine Heilung des Gesetzentwurfs ist also auch auf diese Weise nicht möglich. Zweitens. Für die Festlegung einer Feststellungsklage als zulässige Klageart dürfte dem Saarland keine Gesetzgebungskompetenz zustehen.“
Das heißt also, es gibt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Entwurf und aus diesem Grunde konnte die SPD diesem Entwurf nicht zustimmen. Sie wird diesem Gesetzentwurf, wenn er so bleibt, wie er ist, auch weiter nicht zustimmen können.
Zu den formalen Bedenken kommen für uns noch erhebliche inhaltliche Bedenken hinzu. Aus diesem Grund haben wir uns dafür entschieden, einen Änderungsantrag vorzulegen, der Kollege Hubert Ulrich hat ja darauf hingewiesen. Der Änderungsantrag wurde von uns Anfang November vorgelegt. Und von November bis zum Ende der Jamaika-Koalition sahen Sie, Herr Ulrich, keine Notwendigkeit, sich mit unserem Änderungsantrag zu befassen - genauso wie die anderen Koalitionäre. Das stelle ich auch fest, wenn es hier um Wahrhaftigkeit und Klarheit geht.
Ich möchte Ihnen kurz die Eckpunkte unseres Antrags vorstellen. Unser Änderungsantrag macht aus dem Gesetz ein inhaltlich anderes Gesetz, weil die Klagemöglichkeiten erweitert werden. Nicht nur die Feststellungsklage wäre nach unserem Antrag zulässig, auch Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wären Möglichkeiten, die ein Verband hätte. Das sind Klagearten, die weit effektiver sind als die Feststellungsklage, weil durch die Anfechtungsklage Dinge verhindert werden können. Bei einer Feststellungsklage wird nur festgestellt, dass eventuell Recht nicht richtig angewandt wurde. Deshalb war es uns wichtig, diese beiden Klagearten in unseren Änderungsentwurf einzuarbeiten. Für uns ist es ebenso wichtig, dass es die klare Ansage gibt: Wir haben damit die Mitwirkungsrechte umfassend gestaltet; wir wollten mit unserem Abänderungsantrag den Geltungsbereich dieses Gesetzes auf alle tierschutzrelevanten Bereiche erweitern.
Deshalb tut es mir auch leid, dass es uns in dieser 14. Legislaturperiode nicht gelungen ist, einen Gesetzentwurf gemeinsam zu beschließen. Tierschutz ist nicht nur ein emotionales, sondern ein für uns alle wichtiges Thema. Ein verfassungskonformes und wirksames Gesetz hätte den Tierschutz in diesem Land weitergebracht und damit die Arbeit der ehrenamtlichen Tierschützerinnen und Tierschützer unterstützt.
In der Anhörung wurde das Instrument der Verbandsklage von den tiernutzenden Verbänden mit
Sorge gesehen. Ich glaube, bei einer vernünftig ausgestalteten Verbandsklage muss kein Verband Ängste haben, weil die Verbandsklage ja kein neues Recht schafft. Sie ermöglicht lediglich die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungshandeln, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dass wir gerade im Vollzug im Saarland Defizite haben, haben die letzten Fälle bewiesen, angefangen mit dem Fall der Rinderhaltung in Eft-Hellendorf über weitere Fälle von nicht ordnungsgemäßer Tierhaltung. Deswegen bitte ich Sie, unseren Antrag sowie den Antrag der GRÜNEN zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt zu überweisen. Ich glaube allerdings nicht mehr, dass wir es schaffen werden, ein Verbandsklagerecht im Saarland bis zum Ende der Legislaturperiode umzusetzen. Deswegen hoffe ich, dass die Abgeordneten der 15. Legislaturperiode ein Gesetz über das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände zeitnah beraten und beschließen werden. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur noch einige kurze Bemerkungen zum Bremer Gesetz machen. Herr Kollege Hubert Ulrich hat es angesprochen. Auch hier bin ich wieder in der glücklichen Lage, den Präsidenten dieses Landtages aus besagtem Schreiben zitieren zu können.
Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich aus dem Schreiben von Hans Ley: „Dass in Bremen eine entsprechende Feststellungsklage eingerichtet wurde, besagt für sich genommen nichts. Die Gesetzesbegründung ist in diesem Fall wenig aussagekräftig und vermag kein Argument für die kompetenzrechtli
che Zulässigkeit der landesrechtlich festgelegten altruistischen Feststellungsklage zu liefern“.
Das ist die formal-rechtliche Begründung. Man kann sich natürlich auf den Standpunkt stellen, wo kein Kläger, da kein Richter. Wenn niemand das Gesetz beklagt, wird es auch Bestand haben. Aber gerade das Bremer Gesetz bringt mich dazu anzunehmen, dass dieser Gesetzentwurf auch inhaltlich nicht ausreichend ist. Seit dem Jahre 2007 gibt es das Bremer Gesetz. In dieser Zeit wurde in Bremen keine einzige Klage eingereicht.
Jetzt kann man sich auf den Standpunkt stellen, die Furcht hütet den Wald, das Gesetz wirkt bereits präventiv. Aber man kann auch sagen, vielleicht ist das Bremer Gesetz nicht nur formal-verfassungsrechtlich bedenklich, sondern vielleicht bietet es auch inhaltlich nicht das, was wir uns eigentlich an Schlagkraft für ein solches Gesetz wünschen. Deshalb, Herr Kollege Ulrich, ist ein Verweis auf das, was Bremen gemacht hat, für mich kein Argument an sich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag des Saarlandes hat den von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Saarländischen Lehrerbildungsgesetzes, der uns als Drucksache 14/617 vorliegt, in seiner 27. Sitzung am 16. November 2011 in Erster Lesung angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung und Medien überwiesen. Der Gesetzentwurf sieht die Schaffung eines neuen Lehramtes für die Primarstufe vor. Diese Neuerung soll sicherstellen, dass der Lehrkräftenachwuchs aus RheinlandPfalz, wo die Ausbildung inzwischen auf ein reines Grundschullehramt umgestellt worden ist, hierzulande in einen passgenauen Vorbereitungsdienst übernommen werden kann. Darüber hinaus führt der Gesetzentwurf den Paradigmenwechsel bei der Ausrichtung der Lehrämter fort, den Wechsel vom Maßstab der Schulform auf den Maßstab der Schulstufe. Das bereits bestehende Lehramt für die Sekundarstufe I soll ergänzt werden um ein weiteres Lehramt für die Sekundarstufe I und für die Sekundarstufe II. Bis zum Erlass der diesbezüglichen Lehramtsprüfungsordnung sollen die bestehenden Lehrämter für die zugeordneten Schulformen weitergeführt werden. Schließlich benennt der Gesetzentwurf die inklusive Bildung von Schülerinnen und Schülern, ob mit oder ohne Behinderung, ausdrücklich als Ziel und Aufgabe der Lehrerinnen- und Lehrerbildung im Saarland.
Der Ausschuss für Bildung und Medien hat sich in drei Sitzungen mit dem Gesetzentwurf auseinandergesetzt. Im Rahmen seiner Beratungen hat er eine
ganztägige Anhörung durchgeführt, an der sich in schriftlicher oder mündlicher Form insgesamt 14 Interessenorganisationen beteiligt haben, insbesondere solche aus der Lehrerschaft. Die vorgeschlagene Neubestimmung der Lehrämter ist bei den Angehörten überwiegend auf Zustimmung gestoßen, bei vereinzelter Kritik im Grundsätzlichen und bei unterschiedlicher Kritik in Einzelheiten. Kritische Anfragen sind etwa an Anzahl und Systematik der neuen Lehrämter gerichtet worden, und zwar unter dem Gesichtspunkt ihrer Auswirkungen auf die bestehenden wie auch auf künftige Schulformen. Auf Skepsis ist darüber hinaus die Festsetzung der Regelstudienzeit für das neue Lehramt für die Primarstufe auf nur acht Semester gestoßen - zwei Semester unter dem Standard für die meisten übrigen Lehrämter. Schließlich hat eine Neuformulierung im Hinblick auf den Zugang zum Vorbereitungsdienst leichte Irritationen ausgelöst. Das Ministerium hat hierzu allerdings verdeutlichen können, dass lediglich eine Klarstellung ohne inhaltliche Auswirkungen erfolgt ist.
Die Ausschussberatungen über den Gesetzentwurf haben zu dem Ergebnis geführt, dass ein von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachter Abänderungsantrag mit den Stimmen aller im Ausschuss vertretenen Fraktionen beschlossen wurde. Neben einigen redaktionellen Anpassungen und Korrekturen schlägt dieser Abänderungsantrag unter anderem eine Änderung der saarländischen Lehrerlaufbahnverordnung vor. Mit Blick auf den nahenden Einstellungstermin 01.02.2012 für die Personalisierung im Bereich des neuen Lehramtes für die Primarstufe wird durch diese Änderung die laufbahnrechtliche Voraussetzung für die Einstellung entsprechender Lehrkräfte geschaffen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen weiteren Abänderungsantrag vorgelegt, der im Ausschuss allerdings nur die zusätzliche Zustimmung der Fraktion DIE LINKE fand. Mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden. Das mit diesem Antrag verfolgte Ziel, die Regelstudienzeit von Lehrämtern mit bisher 8 Semestern auf 10 Semester anzuheben, ist bei der Ausschussmehrheit auf ausschlaggebende Bedenken in rechtlicher und finanzieller Hinsicht gestoßen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Bildung und Medien empfiehlt dem Landtag einstimmig - bei Zustimmung der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE - die Annahme des Gesetzentwurfs zur Änderung des Saarländischen Lehrerbildungsgesetzes, Drucksache 14/617, unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages, Drucksache 14/677, in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag des Saarlandes hat den von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurf zum 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, kurz 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag genannt, in seiner 22. Sitzung am 15.06.2011 in Erster Lesung angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien überwiesen. Der Gesetzentwurf, der uns als Drucksache
14/508 vorliegt, dient der Zustimmung zu dem genannten Staatsvertrag und damit zu dessen Umsetzung in saarländisches Landesrecht. Nur bei Zustimmung aller Bundesländer kann der Staatsvertrag Rechtskraft erlangen.
Der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nimmt bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland einen Systemwechsel vor. Der bisherige Rundfunkgebührenstaatsvertrag wird durch einen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ersetzt. Während nach bisherigem Gebührenrecht eine gerätebezogene Rundfunkgebühr zu entrichten ist, sieht das neue Beitragsrecht den Wegfall dieses Gerätebezuges vor. Ab dem Jahr 2013 werden alle Haushalte und Betriebsstätten verpflichtet, unabhängig von ihrer empfangstechnischen Ausstattung einen generellen Beitrag zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu zahlen.
Vor dem Hintergrund der technischen und gesellschaftlichen Entwicklung im Medienbereich verfolgen die vertragsschließenden Regierungschefs der Länder das Ziel, ein einfacheres und gerechteres Rundfunkfinanzierungsmodell zu schaffen, das aufkommensneutral sein und die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Rundfunkfinanzierung verbessern soll.
Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien, später in Ausschuss für Bildung und Medien umbenannt, hat den Gesetzentwurf der Landesregierung in drei Sitzungen eingehend beraten. Er hat eine umfängliche Anhörung durchgeführt, an der sich in schriftlicher oder mündlicher Form 18 von 33 angeschriebenen Adressaten beteiligt haben. Das neue Finanzierungskonzept ist dabei erwartungsgemäß auf unterschiedliche Resonanz gestoßen. Während Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von SR, ARD und ZDF den Systemwechsel eindeutig befürwortet haben, ist etwa vonseiten des Dresdner Instituts für Medien, Bildung und Beratung scharfe Kritik geübt worden.
Interessenorganisationen für behinderte Menschen haben sich dagegen gewandt, dass benachteiligte, bisher gebührenbefreite Personengruppen künftig auf der Basis eines ermäßigten Beitragssatzes von einem Drittel an der Rundfunkfinanzierung beteiligt werden. Diesem Einwand ist die höchstrichterliche Rechtsprechung entgegengehalten worden, wonach es nicht gerechtfertigt erscheine, Personen aufgrund einer Behinderung oder einer sozialen Benachteiligung, die im Übrigen aber finanziell leistungsfähig sind, von der Gebührenpflicht zu entbinden. Kontrovers sind in der Anhörung auch die Auswirkungen des Beitragsmodells auf die kleinbetriebliche Wirtschaft diskutiert worden sowie die datenschutzrechtlichen Aspekte des dem neuen Modell anzupassenden Beitragserhebungswesens.
Nach Auswertung der Anhörung hat der Ausschuss einstimmig eine Protokollerklärung angenommen, die Teil seiner Beschlussempfehlung an den Landtag ist und die uns als Drucksache 14/640 vorliegt. Da staatsvertragliche Regelungen der Länder auf parlamentarischem Wege nur in Gänze bestätigt oder abgelehnt, nicht aber in Einzelpunkten abgeändert werden können, hat der Ausschuss diesen Weg gewählt, sein Votum zu der Vorlage mit einigen festen Erwartungen zu verknüpfen, die aus den Erkenntnissen seiner Beratung resultieren. Die in der Protokollerklärung niedergelegten Erwartungen betreffen dreierlei: erstens die dauerhafte Sicherstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit Blick auf Bestand und Entwicklung des Saarländischen Rundfunks, zweitens die Fortführung der vom Saarländischen Rundfunk unternommenen Anstrengungen zur Erweiterung des barrierefreien Sendeangebots für Menschen mit Behinderungen und drittens die Einhaltung des Grundsatzes der Datensicherheit bei der Erhebung und Verwendung aller zur künftigen Beitragserhebung relevanten Datensätze durch die Gebühreneinzugszentrale.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, nach Maßgabe dieser Protokollerklärung empfiehlt der Ausschuss dem Landtag einstimmig, bei Zustimmung aller Fraktionen, die Annahme des Gesetzentwurfes zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag des Saarlandes hat den als Drucksache 14/571 vorliegenden Gesetzentwurf der Regierung zur Änderung des Schülerförderungsgesetzes und weiterer Vorschriften in seiner 25. Sitzung am 21.09.2011 in Erster Lesung angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien, der im weiteren Verlauf dieser Sitzung in Ausschuss für Bildung und Medien umbenannt wurde, überwiesen.
Der Gesetzentwurf zieht landesrechtliche Konsequenzen aus sozialgesetzlichen Leistungsverbesserungen des Bundes. Die zum 01.01.2011 in Kraft getretene sogenannte Hartz-4-Reform hat im Bereich von Bildung und Teilhabe zu neuen Sozialleistungen insbesondere für die Bedarfsgruppen nach den Sozialgesetzbüchern II und XII geführt. Diese neuen Leistungen werden zusätzlich zum Regelbedarf der betroffenen Personen gewährt und sehen unter anderem Leistungen für die Schülerbeförderung zur nächstgelegenen Schule vor. Die vorliegende Änderung des Schülerförderungsgesetzes hat zur Folge, dass die vom Bildungspaket des Bundes begünstigten Personen künftig keine Fahrtkostenzuschüsse mehr aus Landesmitteln erhalten werden.
Bei dem weiterhin unter das Landesgesetz fallenden Personenkreis wird darüber hinaus in Anlehnung an den Bereich der Schulbuchförderung die Förderberechtigung nicht mehr individuell ermittelt, sondern nach Fallgruppen festgelegt. Weitere Änderungen betreffen Anpassungen des Leistungsspektrums des
Landes an knapper bemessene Größenordnungen der Bundesförderung.
Der Ausschuss für Bildung und Medien hat zu der Regierungsvorlage eine Anhörung durchgeführt, an der in schriftlicher Form vier Adressaten mitgewirkt haben, von denen wiederum zwei, nämlich die beiden kommunalen Spitzenverbände des Landes, ihre Positionen auch im mündlichen Vortrag erläutert haben.
Der Landkreistag Saarland sowie der Saarländische Städte- und Gemeindetag haben aus Sicht des administrativen Gesetzesvollzugs Klärungsbedarf angemeldet, den sie mit Blick auf die Anpassung des Schülerförderungsgesetzes an die neuen Sozialleistungsvorschriften des Bundes an einzelnen Stellen näher beleuchtet haben. Die dabei aufgeworfenen Fragen kreisten um das Interesse, bei der Abgrenzung und Abstimmung der bestehenden Regelwerke, die auf Landes- und Bundesebene mit unterschiedlichen Bezügen der Schülerförderung zu tun haben, möglichst praktikable, fallgruppengenaue und härtefallfeste Lösungen zu finden.
Bei einer dieser Fragen hat der Ausschuss sein Vertrauen in eine großzügige Auslegung des Gesetzestextes gesetzt. Das Ministerium hat zugesagt, bei der Bestimmung der vom Wohnort einer Schülerin beziehungsweise eines Schülers nächstgelegenen Schule, die Anknüpfungspunkt für den Fahrtkostenzuschuss ist, das Verwaltungsermessen auch auf den Gesichtspunkt der familiären Situation zu erstrecken. Dieses Ermessen besteht im Hinblick auf solche Fälle, in denen einer Schülerin beziehungsweise einem Schüler der Besuch der geografisch nächstgelegenen Schule nicht möglich ist, und zwar aus Gründen, die sie oder er nicht selbst zu verantworten hat. Zu berücksichtigen wären in diesem Sinne etwa bestimmte Situationen schulpflichtiger Geschwisterkinder.
In einem anderen Punkt haben alle Ausschussmitglieder Anlass zu einer klarstellenden Ergänzung des Gesetzeswortlauts gesehen. Diese Ergänzung ist Inhalt des dem Landtag als Drucksache 14/656 vorgelegten Abänderungsantrags. Dort wird klargestellt, dass Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf nur dann Fahrtkostenzuschüsse nach dem Schülerförderungsgesetz erhalten, wenn die Beförderungskosten nicht bereits nach dem Schulordnungsgesetz vom Schulträger übernommen werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei Enthaltung der Fraktion DIE LINKE und mit Zustimmung aller übrigen Fraktionen, also einstimmig, empfiehlt der Ausschuss für Bildung und Medien dem Landtag die Annahme des überwiesenen Gesetzentwurfs unter Berücksichtigung des an
genommenen Abänderungsantrags in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir über die Einhaltung der Schuldenbremse diskutiert, über die Verpflichtung des Saarlandes, das jährliche strukturelle Defizit auf einem festgeschriebenen Sanierungspfad bis 2020 auf null zurückzuführen. Wir haben über verbleibende Gestaltungsspielräume und Einsparmöglichkeiten gesprochen. Dabei werden im Modell Sparquoten festgelegt und mögliche Mehreinnahmen gegengerechnet, aber eines wird in meinen Augen in der gesamten Diskussion oft ausgeblendet: Auch in den nächsten Jahren müssen politische Projekte möglich sein. Es wird gesellschaftliche Herausforderungen geben, denen es gerecht zu werden gilt. Und auch in Zeiten leerer Kassen muss es möglich sein, die Lebensqualität der Menschen in unserem Land zu verbessern beziehungsweise gleiche Teilhabe an Lebensqualität erst zu gewährleisten.
Eine dieser politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen ist die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen. Zweieinhalb Jahre ist diese Konvention bereits geltendes Recht und doch ist sie in weiten Teilen unserer Gesellschaft noch fast unbekannt. Ihre Umsetzung findet auch im Haushaltsentwurf der Landesregierung keinen Niederschlag. Einzige Änderung gegenüber 2011: Die bisherigen Integrationstitel werden in Inklusionstitel umbenannt. Aber eine neue Überschrift macht noch keinen neuen Inhalt. Inklusion ist kein anderer Begriff für Integration. Integration beantwortet die Frage, welche Hilfen ein behinderter Mensch zur Verfügung haben muss, um selbstbestimmt in unserer Gesellschaft leben zu können. Inklusion bedeutet, die Gesellschaft von Anfang an so zu gestalten, dass menschliche Vielfalt als solche anerkannt wird. Die Gesellschaft selbst, nicht der einzelne Mensch mit Behinderungen muss hierzu die notwendige Anpassungsleistung erbringen. Neben einem klaren politischen Bekenntnis zur Inklusion - auch dies vermisse ich bei der Landesregierung - ist eine gesamtgesellschaftliche Debatte zu führen, weil eben die Anpassungsleistung von der gesamten Gesellschaft gefordert wird.
Diese öffentliche Diskussion vermisse ich zurzeit im Saarland. Selbstverständlich wird die Diskussion in den Selbsthilfeorganisationen behinderter Menschen geführt, aber das ist eben nur die eine Seite. Und wer anderes als die Landesregierung sollte den Diskurs anstoßen oder hätte den Prozess längst anstoßen müssen? Die UN-Konvention ist seit 2009 geltendes Recht, und ihre Ratifizierung hatte ja auch schon eine längere Vorlaufzeit. Gesellschaftliche Veränderungen erreichen wir nicht von heute auf morgen, aber 2012 darf nicht wieder ein verlorenes Jahr werden. Wir reden über die Garantie und die Verwirklichung der Menschenrechte - nicht mehr,
aber auch nicht weniger -, auch in Zeiten leerer Kassen.
Der Aktionsplan der Landesregierung soll nun im Frühjahr 2012 vorliegen, rund zwei Jahre, nachdem das Land Rheinland-Pfalz seinen Plan vorgelegt hat. Schnell ist das nicht und gründlich ist es auch nicht, denn eine frühzeitige Einbeziehung aller gesellschaftlichen Gruppen ist im Verfahren der Landesregierung nicht vorgesehen. Eine solidarische Gesellschaft ist jedoch nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen. Zwar kann und muss die Politik die Umsetzung der Konvention zu ihrem Projekt erklären; im Prozess brauchen wir aber alle Menschen, ob mit Behinderung oder nicht.
Ich verkenne nicht, dass sich in Deutschland in den letzten Jahren vieles positiv verändert hat, aber von einer Gesellschaft, in der Menschen mit Behinderungen die gleichen Teilhaberechte haben, die wir alle für uns ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen, sind wir noch ein gutes Stück entfernt. Ausgrenzung behinderter Menschen ist auch heute noch Alltag, und falls Ihnen, meine Damen und Herren, das alles jetzt etwas zu theoretisch war, gebe ich Ihnen noch zwei Beispiele.
Erstens. Andere Länder sind uns beim Abbau von Barrieren weit voraus. In den USA beispielsweise sind Museen, Gaststätten, Arztpraxen sowie die komplette Infrastruktur für behinderte Menschen ohne fremde Hilfe zugänglich und auch nutzbar. Ein geeigneter Mietwagen und ein barrierefreies Hotelzimmer sind ohne Aufpreis zu haben. Speisekarten in Braille-Schrift sind in den USA selbstverständlich.
Das zweite Beispiel ist mitten aus dem saarländischen Leben gegriffen: In einer Gemeinde wird ein altes Schulgebäude zum Dorfgemeinschaftshaus umgebaut. Ein schönes Projekt, mit Fotovoltaikanlage auf dem Dach und mit Landesmitteln bezuschusst. Die Räume in der zweiten Etage sind jedoch für Rollstuhlfahrer und -fahrerinnen nicht zugänglich. Auf einen Aufzug wurde aus Kostengründen verzichtet. Das Wirtschaftsministerium antwortete dem Vorsitzenden des BSK Saarland: „Ihr Wunsch, Fördergelder nur für derartige Gemeinschaftseinrichtungen zu bewilligen, die eine vollständige Barrierefreiheit gewährleisten, ist verständlich, hätte aber zur Folge, dass viele Gemeinden notwendige Gemeinschaftseinrichtungen aufgrund der fehlenden Finanzierung nicht mehr errichten können.“ Und an anderer Stelle heißt es weiter: „Es ist manchmal einfach sinnvoller, in Teilschritten ein Projekt umzusetzen, als ein Projekt in Gefahr zu bringen, weil Optimalforderungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht realisierbar sind.“ Sehr geehrter Herr Dr. Hartmann, hier wurden vom BSK keine Optimalfor
derungen gestellt. In Zeiten der Gleichstellungsdiskussion ist das vielmehr eine Normalforderung. Wenn ein Dorfgemeinschaftshaus nicht von der gesamten Dorfgemeinschaft zu nutzen ist, dann, meine Damen und Herren, läuft in unserer Gesellschaft etwas gewaltig schief.
Wie lange sollen behinderte Menschen noch mit der alltäglichen Ausgrenzung leben müssen - trotz Benachteiligungsverbot im Grundgesetz und in anderen Gesetzen? Dieses Beispiel hat eines deutlich gemacht, und darauf kommt es mir an: Wir brauchen ein selbstverständliches Miteinander in einer solidarischen Gesellschaft, die jeden wertschätzt und niemanden ausgrenzt. Dazu brauchen wir den gesamtgesellschaftlichen Dialog. Die Politik muss Inklusion als ihr Projekt sehen und die Bürgerinnen und Bürger für dieses Projekt gewinnen. Das geht nur mit aktiver Öffentlichkeitsarbeit und entsprechenden Finanzmitteln, und dies, wie gesagt, vermisse ich im vorliegenden Haushalt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Landtag des Saarlandes hat den von der Landesregierung eingebrachten und Ihnen als Drucksache 14/543 vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Privatschulgesetzes in seiner 24. Sitzung am 24. August 2011 in Erster Lesung angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien überwiesen.
Nach den Worten der einbringenden Landesregierung erscheint es dringend geboten, das Privatschulgesetz des Saarlandes in mehrerlei Hinsicht den aktuellen Bedürfnissen anzupassen. Vor dem Hintergrund vermehrter Gründungsinitiativen im Bereich privater Schulen stünden dabei der Aspekt der Qualitätssicherung und die Berücksichtigung der restriktiveren Regelungen in anderen Bundesländern
im Mittelpunkt. Eine Anpassung erfolge bereits durch die Namensänderung in „Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft“. Die programmatische Ausrichtung dieser Bezeichnung setze sich in der Aufgabenbeschreibung für diese Schulen fort.
Unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Privatschulfreiheit mit staatlicher Unterstützungspflicht werden die Dimensionen der finanziellen Förderung an einzelnen Stellen behutsam zurückgeführt. Das betrifft etwa die Höhe der Personalund Sachkostenzuschüsse mit Blick auf die erste, meist dreijährige Betriebsphase nach Genehmigung und vor Anerkennung einer neuen Privatschule. Ebenfalls erst mit dem Zeitpunkt der Anerkennung einer Schule soll künftig die Gewährung von Investitionszuschüssen einsetzen. Dem Ziel der Verwirklichung von Schulqualität dient der Vorschlag, von Personen der Schulleitung nicht nur die persönliche Zuverlässigkeit, sondern auch eine fachliche Eignung zu verlangen.
Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien, später in Ausschuss für Bildung und Medien umbenannt, hat sich in drei Sitzungen mit dem Gesetzentwurf auseinandergesetzt. Der Ausschuss hat eine Anhörung durchgeführt, an der in schriftlicher Form sieben und mit mündlichem Vortrag zwei Organisationen teilgenommen haben. In drei schriftlichen Voten ist die Zielrichtung des Gesetzentwurfes - in Stichworte gefasst: die fachliche Eignung für die Ausübung der Schulleitung und die dreijährige Bewährungszeit bis zur finanziellen Vollförderung - auf Zustimmung gestoßen. Drei weitere Organisationen, im Gegensatz zu den Entwurfsbefürwortern Vertreter privatschulischer Interessen, sahen die verschärften Vorgaben der Novelle kritisch: Der Verband Deutscher Privatschulen, die Arbeitsgemeinschaft der Freien Waldorfschulen und der Montessori Landesverband haben die geplanten Zuwendungskürzungen unter Hinweis auf bildungs- und sozialpolitisch ungünstige Wirkungen abgelehnt und sie für verfassungsrechtlich bedenklich erklärt.
Nach Auswertung der Anhörung haben sich alle Fraktionen im Ausschuss auf einen Abänderungsantrag verständigt. Nach diesem Vorschlag ist ein Antrag auf Genehmigung einer Schule in freier Trägerschaft künftig mindestens sechs Monate vor Beginn eines Schuljahres in bescheidungsfähiger Form bei der Schulaufsichtsbehörde einzureichen. Durch die Einführung einer Antragsfrist soll die sorgfältige Prüfung eines Privatschulvorhabens sichergestellt werden, auf der Basis bescheidungsfähiger Angaben und Nachweise zu den im Gesetz festgelegten Genehmigungsvoraussetzungen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Ausschuss empfiehlt dem Landtag einstimmig, bei Zustimmung aller Fraktionen, die Annahme des Gesetzentwurfs zur Änderung des Pri
vatschulgesetzes unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einige grundsätzliche Anmerkungen vorausschicken, bevor ich auf die einzelnen Passagen des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE zur Änderung des saarländischen Bestattungsgesetzes eingehe.
Friedrich Dürrenmatt hat die Beschäftigung mit dem Tode als die Wurzel der Kultur bezeichnet. Die Auseinandersetzung mit dem Tode, mit der eigenen Sterblichkeit findet allerdings in unserer Gesellschaft kaum statt. Wir alle sind gut im Verdrängen. Erst wenn in unserem Umfeld ein Mensch ernstlich erkrankt, wenn ein Mensch stirbt, halten wir vielleicht einen Augenblick inne und beschäftigen uns mit dem Sterben. Tatsache ist, dass durch die Jahrhunderte die Kirchen auf der Grundlage des Evangeliums die Bestattungskultur in unserer Gesellschaft entscheidend mitgeprägt haben. Die Kirchen haben sich dabei immer von dem Grundgedanken leiten lassen, dass jeder Mensch eine unverlierbare Würde hat, die auch mit dem Tod nicht endet. Sie sind immer dafür eingetreten, dass der Friedhof als Stätte würdevollen Abschiednehmens, des Gedenkens und als Ort gemeinschaftlicher Trauerbewältigung erhalten bleibt.
Tatsache ist aber auch, dass die Bestattungs- und Gedenkkultur als Teil der kulturellen Identität dem gesellschaftlichen Wandel unterliegt. Bei einer Änderung des Bestattungsgesetzes muss der Gesetzgeber nun eine Antwort auf die Frage finden, wie viel Liberalisierung es im Spannungsfeld zwischen Individualisierung und der traditionellen Bestattungskultur sein soll und kann. Kollege Hans hat die Novelle des Jahres 2004 angesprochen, die gemeinsam von allen Fraktionen im Landtag verabschiedet wurde. Zwischenzeitlich gab es zwei Änderungen des saarländischen Bestattungsgesetzes. Wenn der Antrag der LINKEN sich nur auf einen Teil, den Teil des Ausstreuens der Totenasche auf einer festgelegten, begrenzten Fläche auf Friedhöfen, beziehen würde, würde auch die SPD diesem Antrag zustimmen. Denn dies war die Position der SPD seit der Novelle des Gesetzes im Jahr 2003. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf aber möchte die Fraktion DIE LINKE den Weg dafür frei machen, dass Angehörige die Totenasche zuhause aufbewahren oder sie auf einem Privatgrundstück beisetzen könnten. Deshalb
wird der SPD-Fraktion diesen Gesetzentwurf nicht mittragen.
Die Fraktion DIE LINKE begründet ihren Gesetzentwurf im Wesentlichen mit zwei Argumenten. Das erste Argument: Viele Menschen wünschen eine Beisetzung in individueller Form. Das ist so, da stimme ich Ihnen zu. Aber wir wissen doch alle, dass unserer Freiheit, unserer Selbstbestimmung im Leben Grenzen gesetzt sind. Freiheit und Selbstbestimmung hören dort auf, wo die Rechte unserer Mitmenschen beginnen. Mit der von der Fraktion DIE LINKE angedachten Liberalisierung des Bestattungswesens und der Privatisierung der Totenasche ist in meinen Augen eine gesellschaftliche und kulturelle Grenze überschritten.
Das zweite Argument, das Sie, Herr Kollege Linsler, vorgebracht haben, bezieht sich auf die ständig steigenden Bestattungskosten, die viele Angehörige nicht tragen können. Auch das ist richtig. Wenn man allerdings diese zu hinterfragen beginnt, sollte man nicht unbedingt bei den städtischen Gebühren ansetzen. Die Beisetzung einer Urne in einem anonymen Feld beispielsweise schlägt bei der Kreisstadt Neunkirchen mit 390 Euro zu Buche. Das ist nur ein ganz geringer Teil der Kosten, die anfallen.
Auch von einem bin ich fest überzeugt, was eigentlich als Grundsatz gelten müsste: Unser aller Anstrengung muss es sein - in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft -, den Menschen ein Leben in Würde zu gewährleisten und die finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Menschen in Würde leben können. Dann wäre eine würdevolle Bestattung in jedem Fall auch möglich.
Hier sehe ich auch eine Gefahr, wenn wir von Selbstbestimmung und Würde reden. Der hier eröffnete Weg der Aufbewahrung der Urne im Privatbereich könnte aus Kostengründen auch von denjenigen gewählt werden, die sich ihre letzte Ruhestätte ganz individuell so nicht vorgestellt haben. Diese Gefahr sehe ich auch.
Es wurde die Frage gestellt, was ist, wenn jemand ein Haus kauft und dann feststellt, dass er noch zwei oder drei Generationen von Vorbesitzern miterworben hat. Sie haben für mich, Herr Linsler, keine überzeugende Antwort auf diese Frage gegeben.
Ein letzter Punkt. Bei der praktischen Umsetzung des Gesetzentwurfs ist für mich auch noch eine Frage offen. Nach dem Gesetzentwurf soll die Urne nach der Vorlage einer Genehmigung der Ortspoli
zeibehörde an die vom Verstorbenen bestimmte Person ausgehändigt werden. In der Gesetzesbegründung dazu ist zu lesen: „Zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen oder überwiegender Belange Dritter erfolgt zuvor eine Prüfung durch die Ortspolizeibehörde. Hier könnte beispielsweise die Gefühlswelt des Nachbars oder der Nachbarin Berücksichtigung finden, wenn eine Urnenbegräbnisstätte auf einem Privatgrundstück für die Nachbarn ohne Weiteres sichtbar wäre und hiervon für die Betroffenen negative psychische Ausstrahlungswirkungen ausgehen würde.“
Herr Linsler, wie soll das in der Praxis funktionieren? Wie soll die Ortspolizeibehörde die negativen Auswirkungen auf die Nachbarschaft prüfen? Auf diese Frage kann ich keine ernsthafte Antwort geben. Aus diesen Gründen fasse ich zusammen: Die SPDLandtagsfraktion lehnt den Gesetzentwurf Drucksache 14/547 ab. Die hier beabsichtigte Liberalisierung des Bestattungswesens und die Privatisierung der Totenruhe werden wir nicht mittragen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neben der ideellen Unterstützung des Denkmalschutzes gibt es für ein Parlament zwei ganz konkrete Möglichkeiten, sich für den verantwortungsbewussten Umgang mit unserem baukulturellen Erbe zu engagieren. Es ist zum einen die angemessene finanzielle Unterstützung der öffentlichen und privaten Denkmaleigentümer, verbunden mit einer ausreichenden Personalund Sachausstattung der staatlichen Denkmalpflege. Mit Blick auf die Haushaltsnotlage des Landes erspare ich mir und Ihnen allerdings weitere Ausführungen zu diesem Punkt. Die zweite Möglichkeit ist das Schaffen von gesetzlichen Rahmenbedingungen, die sowohl dem Anspruch des Kulturschutzes als auch dem der Denkmaleigentümerinnen und -eigentümer gerecht werden. Der heute in Erster Lesung zu beratende Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Denkmalschutzgesetzes ist nach meiner Auffassung nicht geeignet, die Lage der Denkmalpflege im Saarland entscheidend zu verbessern. Er zeigt uns vor allem eines: Die Landesregierung war und ist nicht bereit, die grundlegenden Fehler der Novelle von 2004 zu beseitigen.
Welche Ausgangslage haben wir? Lassen Sie mich dazu aus dem Bericht des Landesdenkmalrates zur Situation der Denkmalpflege im Saarland zitieren. Er stellt die richtigen Fragen: „Ist der Denkmalschutz mit seinem bisherigen Vorgehen an Grenzen gestoßen? Wurden bei dem Bestreben nach Erhalt wichtiger Kulturgüter die Interessen privater und öffentlicher Eigentümer nicht ausreichend beachtet? Wurden die Eigentümer bei den ‚Schutzzielen’ nicht mit
genommen? Ist der Denkmalschutz über seine Ziele hinausgeschossen? Es ist auf jeden Fall ein nicht übersehbares Maß an Verdruss entstanden.“ Im Bericht wurde auch die tiefe Vertrauenskrise in der Zusammenarbeit zwischen dem Landesdenkmalamt und dem Landesdenkmalrat thematisiert. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass bei der Denkmalpflege im Saarland eine merkwürdige Desorientierung zu verzeichnen sei. Meine Damen und Herren, ich sage ganz klar: Dies ist nicht die Schuld der Denkmalpflege allein. Sie bräuchte kulturpolitische Vorgaben, und die fehlen in diesem Land komplett.
Frau Ministerin hat schon darauf hingewiesen: Der Umweltausschuss hat den Landesdenkmalrat in seiner Sitzung im Mai 2010 angehört. Auf Anregung des Ausschusses wurde der Runde Tisch Denkmalschutz einberufen, der unter Federführung des zuständigen Ministeriums seit August 2010 bisher regelmäßig tagte. Diskutiert wurde dabei der Entwurf des Änderungsgesetzes, der zeitgleich in die externe Anhörung ging. Ich erkenne heute durchaus an, dass Anregungen und Forderungen des Runden Tisches in den heute zu beratenden Gesetzentwurf eingeflossen sind. War der damalige Entwurf sozusagen noch eine Wunschliste des Landesdenkmalpflegers, mit der man die Probleme des Denkmalschutzes nur noch verstärkt, aber nicht gelöst hätte, wurden durch die Diskussion zwischen dem Landesdenkmalrat und den kommunalen Vertretern durchaus Verbesserungen erreicht. Beispielsweise wurden die Kommunen bisher vor Eintragung eines örtlichen Denkmals in die Denkmalliste gehört; nun ist eine Erörterung vorgesehen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber auch die vom Landesdenkmalamt bisher geübte Praxis war mehr als grenzwertig. Ich gebe Ihnen dazu ein Beispiel: die Aufnahme der Glanbahnstrecke in die Denkmalliste. Gehört wurde gemäß § 6 des Saarländischen Denkmalschutzgesetzes auch die Kreisstadt Homburg als Standortkommune. Sie hat sich ausdrücklich - wie im Übrigen alle anderen, die angehört wurden schriftlich und begründet gegen die Eintragung gewandt. Doch irgendwann musste der Oberbürgermeister die vollzogene Eintragung zur Kenntnis nehmen, ohne dass das Landesdenkmalamt im Vorfeld auf die Einwendungen einging. Dies, meine Damen und Herren, kann wirklich nicht so bleiben. Das ist Behördenhandeln nach Gutsherrenart und gehört nicht in das 21. Jahrhundert.
Der Gesetzentwurf bleibt allerdings unzureichend, denn die Änderungen greifen viel zu kurz. Und wer nicht bereit ist, die strukturellen Veränderungen der Novelle von 2004 zurückzunehmen, wird die Lage der Denkmalpflege im Saarland nicht entscheidend verbessern. Verloren gegangen sind damals das
Vieraugenprinzip und die nach unserem Rechtsgefühl unabdingbare Trennung der fachlichen Denkmalpflege vom rechtlichen Vollzug. Wie will und kann eine staatliche Denkmalpflege Anwältin für das kulturelle Erbe sein und gleichzeitig den Zwängen staatlichen Vollzugs unterliegen? Verloren gegangen ist 2004 auch die örtliche Verankerung der Denkmalpflege. Die sogenannte Reform führte zur Entkommunalisierung der Denkmalpflege und zum Verlust aller Rechte und Pflichten der Landkreise. Denkmäler aber gehören zunächst unseren Bürgerinnen und Bürgern. Ihre Wertschätzung und Zuneigung, ihr Engagement entscheiden über das Gesicht ihrer Heimat, ihrer Dörfer und Städte. Und nur die kommunale Ebene ist nah und verantwortlich. Deshalb muss nach unserer Auffassung der Vollzug des Denkmalrechts zurück zu den Landkreisen und zum Regionalverband.
Auch der Landkreistag Saarland hat sich ganz klar positioniert. Ich zitiere aus seinem einstimmigen Beschluss vom 19. August 2010: „Zur Stärkung des kulturellen Erbes und zur Förderung des Kulturtourismus im Saarland schlägt der Landkreistag Saarland bei der anstehenden Novellierung des Saarländischen Denkmalschutzgesetzes die Wiedereinführung der unteren Denkmalschutzbehörden auf der Kreisebene als gesetzliche Aufgabe der Landkreise und des Regionalverbandes Saarbrücken vor.“ Ja was wollen Sie denn noch? Bürgernähe ist erforderlich. Die, die es machen sollen, wollen es auch machen. Was hindert Sie daran, den Kreisen diese Aufgabe als gesetzliche Aufgabe zurückzugeben?
Das Problem der saarländischen Denkmalpflege ist auch ein Akzeptanzproblem, das auf der heutigen Struktur beruht. Wenn einsame Entscheidungen eines Leiters des Landesdenkmalamtes gesetzlich möglich sind, muss man sich auch nicht wundern, wenn dieser diese einsamen Entscheidungen genau so trifft. Und alle, die mit ihnen leben müssen, werden viele dieser Entscheidungen als politische Entscheidungen oder als Willkür empfinden. Entscheidungen, die als Willkür empfunden werden, werden dann weiterhin den Petitionsausschuss des Landtags beschäftigen, ohne dass dieser zur Lösung des Konflikts beitragen kann, weil die gesetzliche Regelung eben so ist, wie sie 2004 von der damaligen Landtagsmehrheit beschlossen wurde.
Wir stellen heute aber auch fest, dass die damals verankerte Struktur tatsächlich der politischen Einflussnahme auf die Denkmalpflege Tor und Tür geöffnet hat. Als Stichwort nenne ich die frühere Bergwerksdirektion in Saarbrücken. Ihre Ausweidung wurde den Bürgerinnen und Bürgern als denkmalpflegerischer Kompromiss verkauft. Tatsächlich war
sie eine politische Entscheidung: eine politische Entscheidung für Investitionen und eine politische Entscheidung für Saarbrücken. Aber dann muss man dies ganz klar auch so benennen. Ich gebe zu: Dem Denkmal hätte dies nicht geholfen, der Akzeptanz des staatlichen Denkmalschutzes im Saarland jedoch allemal.
Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Der vorliegende Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Denkmalschutzgesetzes ist nicht geeignet, die Probleme der saarländischen Denkmalpflege zu lösen. SPD-Fraktion wird ihn ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag des Saarlandes hat die von der Regierung eingebrachten Gesetzentwürfe zur Änderung der Verfassung des Saarlandes sowie zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2011, die als Drucksache 14/423 und 14/424 vorliegen, in seiner 19. Sitzung am 23.03.2011 in Erster Lesung angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien überwiesen.
Die Gesetzentwürfe bilden eine inhaltliche Einheit. Sie dienen der Umsetzung der von der Regierungskoalition vereinbarten Strukturreform des allgemeinbildenden Schulwesens. Die Reform besteht in der Einführung eines Zwei-Säulen-Modells im Bereich der weiterführenden Schulen. Eine Säule dieses Modells ist die bestehende Schulform des Gymnasiums, die zweite Säule soll durch die Überleitung der bisherigen Schulformen „Erweiterte Realschule“ und „Gesamtschule“ in eine neue Schulform entstehen, die sogenannte Gemeinschaftsschule. Der Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung ersetzt die bisherige abschließende Aufzählung der Schulformen durch zwei neue Vorgaben. Zum einen wird das öffentliche Schulwesen in allgemeinbildende und berufliche Schulen aufgeteilt. Zum anderen werden nur die beiden neuen Säulen „Gemeinschaftsschule“ und „Gymnasium“ namentlich festgeschrieben, und zwar als Schulformen, an denen die allgemeine Hochschulreife erworben werden kann. Der parallele Gesetzentwurf zur Änderung schulrechtlicher Gesetze passt das nachgeordnete Recht an wichtigen Stellen an die Verfassungsänderung an. Er verankert die neue Struktur der allgemeinbildenden Schulen in einschlägigen Vorschriften des Schulordnungsgesetzes, des Schulpflichtgesetzes und des Schulmitbestimmungsgesetzes.
Die Gemeinschaftsschule soll Elemente der Erweiterten Realschule und der Gesamtschule zusammenführen. Neben dem Abitur, das im Unterschied zum Gymnasium am Ende des 13., nicht am Ende des 12. Schuljahres steht, hat die Gemeinschaftsschule auch die Abschlüsse der Sekundarstufe I im Programm: den Hauptschulabschluss und den mittleren Bildungsabschluss. Als Hauptziel der neuen Schulform wird die individuelle Förderung der Schü
lerinnen und Schüler genannt, und zwar unabhängig von den jeweils angestrebten Bildungsabschlüssen. Im Rahmen ihres Budgetrechtes erhalten die Gemeinschaftsschulen einen eigenen Gestaltungsspielraum. Die Schulkonferenzen werden ermächtigt, auf der Basis eines konkreten pädagogischen Konzepts über Beginn und Umfang der äußeren Fachleistungsdifferenzierung ab Klassenstufe 7 zu entscheiden.
Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien hat die beiden Gesetzentwürfe in drei Sitzungen ausführlich beraten. Im Rahmen einer ganztägigen Anhörung von Sachverständigen und Organisationen mit vielfältigen Bezügen zum Schul- und Bildungswesen hat er in mündlicher Form 21 und in schriftlicher Form sogar 28 Stellungnahmen entgegengenommen.
Das Strukturkonzept der Reform, die Einführung des Zwei-Säulen-Modells aus bestehenden Gymnasien und neugebildeten Gemeinschaftsschulen, stieß in der Anhörung überwiegend auf wohlwollende bis abwartende Resonanz. Wohlwollend im Sinne der Befürwortung einer Strukturbereinigung im Bereich des weiterführenden allgemeinbildenden Schulwesens aus pädagogischen oder demografischen Gründen und abwartend im Sinne des Vorbehalts, dass die Reform nur bei Herstellung geeigneter Rahmenbedingungen in personeller und sächlicher Hinsicht Aussicht auf Erfolg habe. Eine grundsätzliche Ablehnung der Strukturreform war kaum zu vernehmen.
Die reformbejahenden Stimmen verteilten sich grob auf zwei Gruppen, zum einen auf solche, für die mit den Regierungsvorlagen der strukturelle Reformbedarf in diesem Bereich abgedeckt ist, und zum anderen auf solche, die das Zwei-Säulen-Modell lediglich als positiven Zwischenschritt auf dem Weg zur - eigentlich gewollten - einheitlichen Schule für alle unterstützen. Insofern hat sich der politische Kompromisscharakter des von der verfassungsändernden Mehrheit dieses Hauses betriebenen Reformvorhabens auch in der unterschiedlichen Orientierung einschlägiger Stellungnahmen niedergeschlagen. Stellvertretend seien hier die Voten von Handwerkskammer und Industrie- und Handelskammer einerseits und die Voten von Arbeitskammer und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft andererseits genannt.
Die Vielzahl der fachlich-beruflichen Betroffenheiten hat kritische Bewertungen zu den einzelnen Aspekten der Reform ausgelöst. So sahen Repräsentanten des gymnasialen Bildungsgangs Eigenart und Fortbestand dieses Bildungsgangs durch unzureichende Bestimmungen in den Gesetzentwürfen gefährdet. Vertreter des beruflichen Schulwesens vermissten den Beitrag ihres Teilsystems zur Verleihung der allgemeinen Hochschulreife. Sprecher für Grund- sowie für Förderschulen forderten die Beibe
haltung der namentlichen Erwähnung ihrer Schulformen im Verfassungstext. Schließlich erlaube ich mir noch den Hinweis auf den Landkreistag, der mit Blick auf die zukünftigen kostenwirksamen Organisationsentscheidungen an den neuen Gemeinschaftsschulen die Mitwirkungsbefugnisse der Schulträger in Schulkonferenzen und gegenüber dem Ministerium gestärkt wissen wollte.
Die Auswertung der Anhörung hat im Ausschuss zur Vorlage eines Abänderungsantrages geführt. Die Koalitionsfraktionen haben eine Anregung von Lehrerorganisationen aufgegriffen und beantragt, den Gesetzentwurf zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2011 zur Frage der Entscheidung über Beginn und Umfang der äußeren Fachleistungsdifferenzierung ab Klassenstufe 7 der neuen Gemeinschaftsschule zu ergänzen. Die im Entwurf in dieser Frage vorgesehene Entscheidungsbefugnis der Schulkonferenz wird durch die Änderung an ein Vorschlagsrecht der Gesamtkonferenz, also an ein Votum der Lehrerschaft, gebunden. Der Abänderungsantrag ist mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen vom Ausschuss angenommen worden, bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion und Enthaltung der Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien empfiehlt dem Landtag mehrheitlich die Annahme des Gesetzentwurfes zur Änderung der Verfassung des Saarlandes, Drucksache 14/423, sowie unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages die Annahme des Gesetzentwurfes zur Änderung schulrechtlicher Gesetze 2011, Drucksache 14/424, in den abschließenden Lesungen des heutigen Tages. Die Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und DIE LINKE haben dafür, die SPD-Fraktion dagegen gestimmt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag des Saarlandes hat den von den Fraktionen
der Regierungskoalition eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Saarländischen Kinderbetreuungs- und -bildungsgesetzes und anderer Vorschriften, der uns als Drucksache 14/451 vorliegt, in seiner Sitzung am 13. April dieses Jahres in Erster Lesung angenommen und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien überwiesen.
Der Gesetzentwurf schlägt eine Neuregelung für die Finanzierung des dritten Kindergartenjahres vor. Während nach der jetzigen, im Jahre 2000 eingeführten Rechtslage das letzte Kindergartenjahr für alle Eltern beitragsfrei gestellt ist, soll künftig die Möglichkeit einer Erstattung oder einer Ermäßigung des Beitrages an die Höhe des monatlichen Elterneinkommens gekoppelt werden. Empfohlen wird ein einkommensabhängig gestaffeltes Elternbeitragssystem in neuer Form.
Der Gesetzentwurf enthält auch Neuerungen in Bezug auf den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Beide Bildungsbereiche werden auf eine pädagogisch und organisatorisch enge Zusammenarbeit festgelegt, Stichwort Kooperationsjahr Kindergarten - Grundschule. Geregelt werden unter anderem die Modalitäten der Datenübermittlung zwischen den beiden Bereichen sowie eine Vorverlegung der schulärztlichen Untersuchungen in dem Bereich des Kindergartens.
Die Regelungsmaterie der Novelle macht Änderungen nicht nur im Kinderbetreuungs- und -bildungsgesetz erforderlich, sondern auch im Schulpflichtgesetz sowie im jeweiligen Verordnungsrecht.
Der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien hat sich mit dem Gesetzentwurf in drei Sitzungen auseinandergesetzt. Er hat zu einer ganztägigen Anhörung 66 Organisationen eingeladen, von denen insgesamt 19 in schriftlicher und meist auch in mündlicher Form eine Stellungnahme abgegeben haben. Die geplante Erhebung gestaffelter Elternbeiträge im letzten Kindergartenjahr ist in der Anhörung überwiegend auf deutliche Skepsis gestoßen. Freie Träger von Kindertagesstätten, Kirchen, Personal- und Arbeitnehmerorganisationen, Elternvertretungen aus dem schulischen wie dem vorschulischen Bereich um nur die Wichtigsten zu nennen -, haben grundsätzliche Bedenken gegen das Vorhaben zum Ausdruck gebracht, etwa unter Hinweis auf die bisherige Regierungslinie in dieser Frage oder unter Hinweis auf die proklamierte Absicht einer besseren Verzahnung von Kindergarten und Grundschule.
Auch Einzelkritik ist in diesem Zusammenhang geübt worden, etwa mit Blick auf die administrativen und finanziellen Erfordernisse des neuen Beitragsverfahrens, mit Blick auf die Abweichung vom Beitragssystem in den übrigen Kindergartenjahren oder
mit Blick auf die Begrenzung der Beitragsermäßigung auf die sechsstündige Regelbetreuung.
Die im Entwurf enthaltenen Bestimmungen zur Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Grundschule sind in der Anhörung durchweg begrüßt worden. Nachbesserungsbedarf ist aber auch hier angemeldet worden, beispielsweise zur Frage der Personal- und Sachausstattung der Träger im Zusammenhang mit dem Kooperationsjahr. Die Anhörung hat einige Anregungen zutage gefördert, die über den Regelungsgehalt des Gesetzentwurfes hinausgehen. So hat der Landeselternausschuss der Kindertagesstätten einen Vorschlag unterbreitet, der eine stärkere Mitwirkung der Eltern in den Kindertageseinrichtungen zum Ziel hat.
Die Auswertung der Anhörung hat im Ausschuss zur Vorlage von drei Abänderungsanträgen geführt. Zwei dieser Anträge, einer von der SPD-Fraktion, einer von der Fraktion DIE LINKE, verfolgten die gleiche Zielsetzung. Sie machten sich, in etwas unterschiedlicher Weise, den unterbreiteten Vorschlag zur Stärkung der elterlichen Mitwirkungsrechte in Kindertagesstätten zu eigen. Darüber hinaus wurde in beiden Anträgen die Beibehaltung der Kostenfreiheit des dritten Kindergartenjahres gefordert. Die Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen sind im Ausschuss von der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Die Begründung hierfür lautete, dass die Frage der Stärkung von Elternrechten im Vorschulbereich Gegenstand einer laufenden Überarbeitung der diesbezüglichen Rechtsverordnung sei und die angesprochenen Verbesserungsvorschläge in die dortigen Überlegungen einfließen würden.
Die Koalitionsfraktionen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben ebenfalls einen Abänderungsantrag vorgelegt. Dieser Antrag nimmt eine im eigenen Gesetzentwurf vorgesehene Neuerung wieder zurück, schlägt diesbezüglich also die Beibehaltung des jetzigen Rechtszustandes vor. Es geht um die Frage der Beitragsermäßigung für den Kindergartenbesuch im Falle von Familien mit mehreren Kindern.
Katholische Kirchen und Landesjugendhilfeausschuss hatten in der Anhörung dafür geworben, an der bestehenden Regelung festzuhalten, wonach die Ermäßigung des Beitragssatzes ab dem zweiten Kind ohne Ausnahme gewährt wird. Demgegenüber band der Gesetzentwurf die Beitragsermäßigung an die einschränkende Bedingung, dass die von den Kindern einer Familie besuchten Tageseinrichtungen denselben Träger haben müssten. Unter Betonung der familienpolitischen Bedeutung der geltenden Regelung nahmen die Koalitionsfraktionen durch ihren Abänderungsantrag ihren ursprünglichen Vorschlag wieder zurück. Der Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen ist unter Zustimmung
aller Fraktionen vom Ausschuss einstimmig angenommen worden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen empfiehlt der Ausschuss für Bildung, Kultur und Medien dem Landtag, den Gesetzentwurf zur Änderung des Saarländischen Kinderbetreuungs- und -bildungsgesetzes und anderer Vorschriften, Drucksache 14/ 451, unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages in Zweiter und letzter Lesung anzunehmen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPDLandtagsfraktion wird dem Gesetzentwurf der Regierung des Saarlandes über das Verbandsbeschwerde- und Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände zustimmen.
Man kann sich natürlich die Frage stellen: Warum noch eine Aussprache zur Ersten Lesung, wenn doch alle im Landtag vertretenen Fraktionen dem Gesetzentwurf zustimmen werden? Ich denke, es ist wichtig, dass wir heute trotzdem eine Aussprache machen, weil wir damit ein Signal nach außen senden, dass im Landtag Tierschutzthemen im Konsens und nicht nur im Streit debattiert werden. Dieses Signal ist wichtig für alle ehrenamtlichen Tierschützerinnen und Tierschützer.
Unsere Zustimmung ist nur folgerichtig, da sich die SPD bereits in ihren Landtagswahlprogrammen 2004 und 2009 für ein Verbandsklagerecht im Tierschutz ausgesprochen hat. Wir haben uns dafür ausgesprochen, weil wir eben der Auffassung sind, dass ein Klagerecht das bestehende Ungleichgewicht zwischen Tiernutzung und Tierschutz beseitigen wird. Wir sind uns auch sicher, dass eine drohende Klage präventiv wirken wird. Behörden werden in Zukunft ihre Entscheidungen sorgfältiger vorbereiten und den Tierschutz konsequenter vollziehen.
Meine Damen und Herren, vieles, was die Frau Ministerin bei der Einbringung gesagt hat, kann ich unterschreiben. Der Gesetzentwurf folgt im Wesentlichen dem Gesetz über das Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine der Bremer Bürgerschaft vom 25.09.2007. In Bremen kann man jetzt auf eine fast
vierjährige Erfahrung mit dem Verbandsklagerecht zurückblicken und ganz klar feststellen: Es ist in Bremen nicht zu einer Klageflut gekommen, wie die Gegner der Verbandsklage immer wieder gebetsmühlenartig ins Feld geführt haben. Das ist eben nicht passiert, die Realität in Bremen hat bewiesen, dass die klageberechtigten Verbände sorgsam mit ihrer Klagemöglichkeit umgehen, nicht zuletzt des Prozesskostenrisikos wegen.
Ich möchte noch drei Punkte des vorliegenden Gesetzentwurfs ansprechen, die ich in den anstehenden Beratungen im Umweltausschuss thematisieren möchte. Erstens: Muss man einer Behörde eine Dreimonatsfrist einräumen, um auf einen behaupteten Rechtsverstoß zu reagieren? Geht das nicht wesentlich kürzer? Ich stehe mit meiner Kritik nicht alleine. Auch der Deutsche Tierschutzbund Landesverband Saarland spricht sich in seiner schriftlichen Stellungnahme zur externen Anhörung für eine Einmonatsfrist aus - ich zitiere -: „Die Frist auf drei Monate zu verlängern, halten wir für wenig hilfreich und sind der Überzeugung, dass eine gut funktionierende Behörde in der Lage ist, innerhalb eines Monats zu reagieren.“ - Diese Auffassung teile ich.
Zweitens steht im Entwurf, dass eine Klage nach erfolgter Beschwerde gegen Rechtsverstöße möglich sein wird. In den Vorbemerkungen spricht die saarländische Landesregierung von den „beklagten Maßnahmen“. Ich frage mich jetzt, was die Definition von Maßnahmen ist? Was ist ein Rechtsverstoß? Sind es die Anordnungen, die eine Behörde trifft, oder ist deren Unterlassen damit auch erfasst? Das ist für mich eine grundlegende Definition. Es ist eben wichtig, dass wir eine Möglichkeit schaffen, gegen das Unterlassen von Behörden tätig zu werden. Genau dieses Unterlassen ermöglicht Tierleid und Tierquälerei, wie wir im Fall in Eft-Hellendorf, der bereits angesprochen worden ist, gesehen haben.
Dies sollten wir für einen effektiven Tierschutz unterbinden, so gut es geht. Drittens habe ich noch eine kleine Anmerkung zu den Anerkennungsvoraussetzungen für Tierschutzvereine, die Klagerecht erhalten werden. Die saarländische Landesregierung hat darauf verzichtet, eine Anerkennungsvoraussetzung des Bremer Gesetzes zu übernehmen. Es ist die Anerkennungsvoraussetzung, dass ein Verein, der die Anerkennung begehrt, jedem den Eintritt als Mitglied ermöglicht, der die Ziele des Vereins unterstützt und ihm auch volles Stimmrecht in der Mitgliederversammlung gibt. Damit wäre in meinen Augen sichergestellt, dass die Strukturen und die Arbeit des Vereines öffentlich, demokratisch und transparent sind. Auf eine solche Regelung möchte ich im Saarland ungern verzichten.
Ich weiß, dass es bei uns zu Problemen kommen kann, weil es auch die Tierschutzstiftung gibt. Bei der Tierschutzstiftung sind nur Institutionen als juristische Personen Mitglied. Ich würde die Tierschutzstiftung ungern ausschließen. Dies könnte man umgehen, indem man einen Halbsatz einfügt, der lautet: Bei Institutionen, deren Mitglieder ausschließlich juristische Personen sind, kann von dieser Voraussetzung abgewichen werden. - Das ist mir wichtig. Ich hätte gerne alle Vereine dabei, die bei uns anerkannt werden, die öffentlich und transparent arbeiten. Es gibt im Saarland zwar derzeit nur Vereine, die diese Kriterien erfüllen, aber wie es in einigen Jahren aussieht, wissen Sie und ich nicht.
Meine Damen und Herren, ich habe keine überzogenen Erwartungen an den Gesetzentwurf, aber ich bin sicher, dass die tierschutzrechtliche Verbandsklage und die Verbandsbeschwerde ein Mehr an Tierschutz bringen werden. Sie werden helfen, Tierleid zu stoppen. Sie stärken aber auch die Rechte und die Einflussmöglichkeiten der ehrenamtlichen Tierschützerinnen und Tierschützer in unserem Land. Ohne den Einsatz dieser Menschen wäre unsere Gesellschaft um einiges ärmer und kälter. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Minister Jacoby hat bei der Einbringung des Haushaltsentwurfes 2011 gesagt: „Wir lassen uns bei den Sparmaßnahmen von dem Grundsatz leiten, starke Schultern müssen mehr tragen als schwache Schultern. Das heißt, dass wir stets soziale Belange berücksichtigen.“ Was die saarländische Landesregierung heute hier allerdings zur Abstimmung stellt und uns als ein ausgewogenes Konzept zur Konsolidierung des Landeshaushaltes verkaufen möchte, ist nichts anderes als festgeschriebener Sozialabbau. Und Ihnen, Frau Ministerin Kramp-Karrenbauer, sage ich: Fair geht anders.
Meine Damen und Herren, das Jahr 2011 ist nicht nur das erste Jahr der sogenannten Schuldenbremse, es ist auch das zweite Jahr nach der Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen. Die Konvention schreibt in Artikel 27 zum Thema Arbeit und Beschäftigung fest: „Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit. Dies beinhaltet das Recht auf Möglichkeiten, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Umfeld frei gewählt und angenommen wird.“
Vor diesem Hintergrund kann ich nicht nachvollziehen, dass gerade bei den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen überproportional gekürzt werden soll. Sie sollen eine Einsparsumme von 3,4 Millionen Euro erbringen. Heute Morgen konnten wir von Regierungsseite hören: Es wird ja eigentlich nicht ge
kürzt, es wird ja nur weniger mehr geben. Dazu möchte ich Ihnen aus einer Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten zitieren, die uns allen Folgendes geschrieben hat: „Das Ministerium für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport hat die notwendigen Finanzierungsmittel für die Förderung von Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen für das Jahr 2011 mit zirka 54,5 Millionen Euro beziffert. Hierin sind sowohl eine wahrscheinlich notwendige Erhöhung der Vergütungssätze als auch eine zu erwartende Zunahme von Menschen mit Behinderungen, die in den Werkstätten für behinderte Menschen gefördert werden - um etwa 80 Personen - enthalten. Dieser Ansatz erscheint realistisch, da voraussichtlich im Jahre 2010 etwa 52,5 Millionen Euro für die Förderung für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen aufgewendet werden. Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2011 sind für den Bereich der Werkstätten für behinderte Menschen 51,09 Millionen Euro veranschlagt. Dieser Ansatz bedeutet eine Reduzierung der zur Aufgabenerfüllung der Werkstätten für behinderte Menschen als gesetzliche Pflichtausgabe - notwendigen Mittel um voraussichtlich 3,4 Millionen Euro.“ So erklärt sich auch die Kürzung um 3,4 Millionen!
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind bereit, Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Wir tun dies aber nur unter der Voraussetzung, dass es fair bleibt. Dazu gehört auch, dass wir die Datenbasis hinterfragen, auf der die Sozialministerin ihre Argumente aufbaut. Von einem Sprecher des Sozialministeriums wurde behauptet, das Saarland hätte im Jahr 2008 bei den Bruttoausgaben der Kostenträger pro Leistungsberechtigten in den Werkstätten mit 16.336 Euro bundesweit an der Spitze gelegen. Fakt ist: Die saarländischen Werkstätten liegen qualitätsmäßig im vorderen Feld.
Ich behaupte allerdings, dass die saarländischen Werkstätten bei den Kosten nicht - wie angeblich festgestellt - im vorderen Feld liegen, denn die Organisation von Werkstätten, Wohneinrichtungen und anderen tagesstrukturierten Modellen ist bundesweit so unterschiedlich geregelt, dass ein Vergleich der einzelnen Einheiten untereinander fast nicht möglich ist.
Wie sollen die saarländischen Werkstätten dieses Kürzungsdiktat 2011 umsetzen? Soll es einen Aufnahmestopp in den Werkstätten geben? Soll an der Qualität gespart werden? Ab und zu hört man das Argument, die Werkstätten müssten sich mehr bemühen, behinderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den ersten Arbeitsmarkt einzugliedern. Tatsache ist aber auch, dass gerade das in Zeiten einer Wirtschaftskrise ausgesprochen schwierig ist. Gerade geistig oder psychisch behinderte Menschen stoßen noch oft an die Barrieren in den Köpfen möglicher
Arbeitgeber. Ich sage es noch einmal: Die SPD wird diese unsoziale Kürzung bei den Werkstätten nicht mittragen. Fair geht anders.
Jetzt können Sie sagen, die Opposition muss kritisieren, das ist schließlich deren Geschäft. Aber meine Damen und Herren, nicht nur wir kritisieren, dass ausgerechnet die Werkstätten für Behinderte als Steinbruch benutzt werden. Heute Morgen hat mein Fraktionsvorsitzender Heiko Maas einen Brief der Mitarbeiter, der Mitarbeitervertretungen und der Elternvertretung der WZB zitiert. Ich möchte Ihnen jetzt aus einem offenen Brief der Vereinigung der Eltern und Betreuer der AWO zitieren: „Mit Empörung und Betroffenheit haben wir, die Eltern und Betreuer der in Werkstätten für behinderte Menschen der Arbeiterwohlfahrt Saarland beschäftigten behinderten Menschen von den geplanten massiven Kürzungen bei den saarländischen Werkstätten für behinderte Menschen Kenntnis genommen. Wir können nicht akzeptieren, dass gerade bei behinderten Menschen, die in besonderer Weise auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, solch massive Einsparungen vorgenommen werden, während zum Beispiel gleichzeitig innerhalb der Regierung zusätzliche Ministerien und Stabsstellen geschaffen werden, was nicht unerhebliche Mehrausgaben mit sich bringt. Hier hätte es der Landesregierung gut angestanden, mit gutem Beispiel voranzugehen, anstatt die selbst verursachten Mehrkosten bei den Menschen einzusparen, die sich nicht wehren können. So stellen wir Eltern und Betreuer uns Inklusion und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention nicht vor.“
Da haben die Damen und Herren recht. So stellt sich die SPD-Fraktion die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auch nicht vor.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion hat im Ausschuss für Haushalt und Finanzen einen Abänderungsantrag zum Einzelplan 05 eingebracht, der es den saarländischen Werkstätten auch im Jahr 2011 ermöglicht hätte, ihren sozialpolitischen Auftrag zu erfüllen. Der Antrag wurde von den JamaikaFraktionen leider abgelehnt.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat festgestellt: Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland würde zur Humanisierung der Gesellschaft im Ganzen beitragen. Diesem Prozess darf man nicht die finanzielle Grundlage entziehen. Im Jamaika-Koalitionsvertrag steht: Ein Gradmesser für die Humanität einer modernen Gesellschaft ist ihr Umgang mit Menschen mit Behinderung. So weit und so gut die Theorie. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Koalition mit den erhebli
chen unsozialen Kürzungen im Bereich der Werkstätten die eigene Messlatte gerissen hat.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein anderes Thema kurz ansprechen: die von der Ministerin geplanten Kürzungen bei der Förderung der Integration für Menschen mit Migrationshintergrund. Wie rat- und planlos muss man als Ministerin sein, wenn man vor dem Hintergrund jüngster Integrationsdebatten den Rotstift ausgerechnet bei diesen Projekten ansetzt! - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als im Jahr 2006 die damalige CDU-Landesregierung dem Parlament den Landesentwicklungsplan Siedlung zur Stellungnahme zuleitete, hat die SPD-Fraktion diesen Plan abgelehnt und seine grundlegende Überarbeitung gefordert. Wir hatten dafür gute Gründe. Den Anspruch des Landesentwicklungsplanes, Flächenverbrauch einzudämmen, Zersiedlung zu vermeiden, Städte und Ortskerne zu stärken und die Siedlungsentwicklung der zu erwartenden demografischen Entwicklung anzupassen, haben wir damals ausdrücklich begrüßt.
Die Umsetzung des Anspruches war allerdings enttäuschend. Der Landesentwicklungsplan ist in seinen planerischen Vorgaben weit hinter seinem Anspruch und seinen Möglichkeiten zurückgeblieben. Der Plan wurde seiner Aufgabe, die unterschiedlichen Anforderungen an die Siedlungsentwicklung und die sich daraus ergebenden Konflikte und Chancen zu bewerten und zu strukturieren, nicht gerecht. Wir hatten damals eine grundlegende Überarbeitung gefordert, und das würde ich auch heute noch für sinnvoll halten. Deshalb begrüße ich es auch, dass im Koalitionsvertrag steht, dass es bis zum Jahr 2013 einen Landesentwicklungsplan Saarland geben soll, der die Teilbereiche Umwelt und Siedlung zusammenfassen wird. Ich begrüße ferner, dass es in diesem Zusammenhang noch einmal zu einer grundsätzlichen Diskussion kommen wird, der wir uns auch stellen werden.
Was aber DIE LINKE heute in ihrem Antrag fordert, geht selbst mir zu weit. Wir reden heute nicht nur von den Mega-Einkaufszentren auf der grünen Wiese. Ziel des Antrages ist ja, jede Neuansiedlung eines Einkaufszentrums und von großflächigem Einzelhandel zu untersagen und zu stoppen - jede Ansiedlung, überall in diesem Land. Ich sehe zwei Gründe für unsere Ablehnung. Bei dem einen Aspekt gehe ich mit dem Kollegen Heinrich konform. Den Kommunen jegliche Neuansiedlung von Einkaufszentren und großflächigem Einzelhandel zu untersagen, ist auch in meinen Augen ein unzulässiger Eingriff in die Planungshoheit der Kommunen. Kommunen haben das Recht, ihre städtebauliche Entwicklung im Rahmen der Bauleitplanung eigenverantwortlich zu gestalten. Raumordnung und Landesplanung haben den Kommunen einen ausreichenden Handlungsspielraum einzuräumen. Ich bin mir auch sicher, dass jeder Kommunalpolitiker und jede Kommunalpolitikerin die Entscheidung über eine Ansiedlung in seiner beziehungsweise ihrer Stadt oder
Gemeinde verantwortungsvoll trifft und das Für und Wider bei dieser Entscheidung auch abwägt.
Zweiter Aspekt. Wir haben es in den letzten Jahren mit einem veränderten Kaufverhalten zu tun. Die Ziele, die Sie mit Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, verfolgen, teile ich. Natürlich ist es uns auch wichtig, die Wohn- und Lebensqualität in unseren Orten zu erhalten und die Funktionalität und die Attraktivität unserer gewachsenen Innenstädte und Ortskerne zu schützen. Nur halte ich Ihren Vorschlag für ein untaugliches Mittel. Ich bin nicht davon überzeugt, dass, wenn wir jede Neuansiedlung von Einkaufszentren oder großflächigem Einzelhandel verhindern, wir damit die gewachsenen Innenstädte, Stadtteilzentren und Ortskerne stärken und auch nicht die Inhaber kleinerer Ladenlokale im Interesse der Bürgerinnen und Bürger schützen.
Meine Damen und Herren, es gibt keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen. In Ihrem Antrag heißt es korrekt, dass kleine Läden vor Ort dem Wettbewerbsdruck der großen Ladenketten nicht gewachsen sind. Aber dieser Wettbewerbsdruck ist ja vor allem ein Preisdruck. Menschen kaufen dort, wo es günstig ist. Das sind nicht nur diejenigen, die gnadenlos Jagd auf Schnäppchen machen. So wie es auf der einen Seite dem alteingesessenen Fachgeschäft nicht möglich ist, Waren zum gleichen Preis anzubieten wie eine überregionale Kette oder ein Discounter, so ist es auf der anderen Seite aber auch vielen Menschen finanziell nicht möglich, die höheren Preise im Fachgeschäft zu bezahlen. Diese Bürgerinnen und Bürger haben eben nicht die Wahl, wo sie einkaufen.
Mein Fazit. Ich glaube nicht, dass die in Ihrem Antrag geforderte Lösung uns wirklich zu einem Ziel führt. Ich halte sie auch für bedenklich, was den Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung angeht. Aus diesem Grund wird die SPD-Fraktion Ihrem Antrag heute nicht zustimmen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderungen im saarländischen Baurecht sind in diesem Landtag ein Dauerthema. Seit der umfassenden Novelle 2004 gab es bisher vier Änderungen der Landesbauordnung und auch entsprechende Änderungen des Kammergesetzes. Es ist etwas schwierig für die am Bau Beteiligten, wenn wir die gesetzlichen Grundlagen alle paar Monate ändern. Es ist wohl auch für die saarländische Landesregierung schwierig. Als ich in Vorbereitung der heutigen Debatte ein jetzt geltendes Architekten- und Ingenieurkammergesetz gesucht habe, fand ich auf der Internetseite der saarländischen Landesregierung nur eine Fassung von 2006. Die Änderung von 2008 ist selbst bei der Landesregierung noch nicht eingespielt. Sie sehen, wie oft wir die gesetzlichen Grundlagen geändert haben.
Der heutige Gesetzentwurf beinhaltet nach der Begründung der Landesregierung nur die Umsetzung von EU-Recht. Sie führt in der Gesetzesbegründung aus, dass diese Anpassung der LBO und des Kammergesetzes an die Richtlinie über die Dienstleistungen im Binnenmarkt alternativlos sei. Nach unserer Auffassung ist die Gesetzesänderung, die uns heute vorliegt, nicht alternativlos. Mit unserem Änderungsantrag haben wir die Alternative aufgezeigt. Natürlich gehört es zum Selbstverständnis des Parlamentes, Dinge zu hinterfragen. Dazu diente die Anhörung, die wir durchgeführt haben. Herr Kollege Heinrich hat in der Ersten Lesung des Gesetzentwurfes darauf verwiesen, dass zurzeit eine Evaluation der Landesbauordnung durchgeführt wird. Die Bauordnung ist ohnehin bis zum 31.12.2012 befristet. Ich würde mir wünschen, dass diese Evaluation der Landesbauordnung in einem offenen und ganz transparenten Verfahren durchgeführt wird; denn das war in den letzten Jahren nicht immer der Fall.
Wir hatten 2007 eine Evaluation der Landesbauordnung. Es wurden Interviews mit den Kammern geführt. Es wurden Bauherrinnen und Bauherren befragt sowie die Architekten und Bauingenieure, aber das Ergebnis dieser Evaluierungsstudie wurde dem saarländischen Landtag leider nicht zur Verfügung gestellt. Das ist kein Umgang mit dem Gesetzgeber und dem Parlament. Ich würde mir wünschen, dass es bei dieser Ministerin anders wird.
Ich kann es mir nur so erklären, dass diese damals in Auftrag gegebene Studie ein Ergebnis erbracht hat, das der damaligen saarländischen Landesregierung ganz einfach nicht gepasst hat. Hätte es in ihre Argumentationslinie gepasst, hätten wir uns vor Pressemitteilungen wahrscheinlich nicht retten können.
Wenn wir Änderungen im saarländischen Baurecht vornehmen, sollten wir das immer unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes und der Erhaltung der Qualität am Bau tun. Man sollte im Baurecht nicht auf Regelungen verzichten, die Verbraucherinnen und Verbraucher schützen, wenn es dafür keinen gesetzlichen Zwang gibt. Man sollte in diese ganze Wertung auch die Stellungnahmen der in der Anhörung vertretenen Organisationen einbeziehen. Meine Fraktion möchte in der Landesbauordnung an der Mindestqualifikation für den Bauleiter festhalten. Diese Auffassung vertreten die Architekten- und die Ingenieurkammer und die Vereinigung der Prüfingenieure für Baustatik im Saarland. Ich möchte Ihnen kurz die Stellungnahme nennen. Sie bezieht sich auf den Entwurf der Landesregierung: In diesem Passus wird von der Mindestanforderung, die an die Qualifikation der bauleitenden Personen gestellt wird, Abstand genommen. Wir warnen vor diesem Schritt und bitten um Beibehaltung der bestehenden Regelung.
Ich möchte Ihnen auch nicht die Begründung vorenthalten: Wir sehen in der Abschaffung der Mindestqualifikation der bauleitenden Personen einen weiteren Schritt in Richtung Aufweichung der staatlichen Überwachung der Bautätigkeit unter dem Schlagwort Deregulierung. Dies wird zwangsläufig zur Minderung der Bauqualität und letztlich zur Erhöhung der Gefahr für Leib und Leben von Benutzern führen.
Weiter will der Gesetzentwurf der Landesregierung auf die Einweisung durch eine Vermessungsstelle vor Baubeginn verzichten. Wir hatten bisher eine verbindliche Einweisung vor Baubeginn, wenn ein Gebäude unmittelbar an der Grundstücksgrenze oder im vorgeschriebenen Abstand zur Grundstücksgrenze errichtet wurde. Die Einweisung wurde vom Kataster-, Vermessungs- und Kartenamt, durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur oder gegebenenfalls durch die Kommunen durchgeführt. Dazu schreibt der Deutsche Verein für Vermessungswesen: Der in der Begründung zum Gesetzentwurf behauptete Verstoß dieser Regelung gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 3 b der Richtlinie lässt sich allerdings auch nach anwaltschaftlicher Beratung nicht nachvollziehen. Denn nach Art. 17 Ziffer 6 ist Art. 16 überhaupt nicht anzuwenden auf „Anforderungen im Mitgliedsstaat der Dienstleistungserbringung, die eine Tätigkeit den Angehörigen eines bestimmten Berufes vorbehalten“. Genau dieser Vorbehalt wird bisher aus guten sachlichen Gründen in § 73 Abs. 7 der LBO gemacht. An diesem Vorbehalt will meine Fraktion auch festhalten.
Wir hatten dazu eine längere Diskussion im Ausschuss. Herr Kollege Jochem hat darauf verwiesen. Für uns ist als Ergebnis festzuhalten, dass dieser von der Landesregierung behauptete Verstoß gegen
die EU-Dienstleistungsrichtlinie nicht nachzuvollziehen ist. Für uns besteht kein rechtlicher Zwang, dies so umzusetzen und auf Qualität zu verzichten. Einmessung vor Baubeginn ist für uns sachgerecht, weil Menschen möglicherweise vor gravierenden Vermögensschäden geschützt werden können. Denn es kann für den einzelnen schwerwiegende finanzielle Folgen haben, wenn beim Bau etwas schiefläuft.
Die Saarländische Architektenkammer hat sich in der Anhörung ebenfalls dafür eingesetzt, dass man die 2008 geschaffene Änderung bei der Mindeststudienzeit für die Eintragung in die Architektenliste wieder verändern sollte. Dies war die Bitte der Architektenkammer, weil es aus ihrer Sicht damals und auch heute nicht nachzuvollziehen ist, dass man die Mindeststudienzeit für Innen- und Landschaftsarchitekten von vier auf drei Jahre herabgesetzt hat und daran festhält. Laut Architektenkammer ist es so, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher sich weiter darauf verlassen können sollten, dass ein beauftragtes Kammermitglied sowohl über eine gute Ausbildung als auch über ausreichende Berufspraxis verfügt.
Als wir 2008 darüber beraten haben, gab es auch Zustimmung aus den Fraktionen, die unseren Änderungsantrag heute ablehnen. Kollege Jochem nickt. Ich spreche ihn auch an. Ich zitiere aus dem Protokoll der Plenarsitzung vom 16. Januar 2008. Abgeordneter Jochem sagte damals: „Allerdings haben wir uns in der Anhörung davon überzeugen lassen insbesondere die Architekten haben dies vorgebracht -, dass an einer Studiendauer von vier Jahren festgehalten werden sollte.“ - Die FDP hat ihre Meinung geändert. Wir halten an unserer Meinung fest. Wir möchten Sie aus diesem Grund bitten, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Die Architektenkammer stellt in ihrer schriftlichen Stellungnahme klar fest, dass die Reduzierung der Mindeststudienzeit weder europarechtlich geboten noch berufspolitisch erwünscht ist.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen kurz unseren Änderungsantrag vorgestellt. Ich möchte Sie ganz herzlich bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Nur dies würde es uns ermöglichen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Scharf, bei allem, was uns in der Sache eint, bleibt doch manches, was uns trennt. Das will ich ganz klar sagen. Ich habe während der vergangenen Wochen in den Diskussionen oft gehört, die Politik sei sich der außerordentlichen Sprengkraft der UN-Kon
vention für Menschen mit Behinderungen nicht bewusst. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass diese Annahme zumindest teilweise zutreffend ist, wäre dieser Beweis, meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, mit dem von Ihnen heute vorgelegten Antrag erbracht.
In Ihrem Antrag formulieren Sie: „Ziel muss es sein, Menschen mit Behinderung herauszuführen aus der Situation des ausschließlich passiven und Hilfe in Anspruch nehmenden Bedürftigen.“ Wer im Mai 2010 noch so formuliert, der hat den Paradigmenwechsel in der Politik für Menschen mit Behinderungen und auch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte verschlafen. Wie wollen Sie denn so überhaupt den bürgerrechtlichen Ansatz der UN-Konvention erkennen? Es geht in der Konvention eben nicht um Spezialrechte für Menschen mit Behinderungen, sondern es geht schlicht und einfach darum, den Menschen mit Behinderungen die Rechte zuzusichern, die jede und jeder von uns für sich selbstverständlich in Anspruch nimmt.
Bis in die Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts war die Politik für Menschen mit Behinderungen ausschließlich fester Bestandteil der Sozialpolitik, geprägt durch finanziellen Nachteilsausgleich und Fürsorge. Unbestritten braucht man auch heute noch eine finanzielle Grundlage, um den individuellen Lebensentwurf selbstbestimmt verwirklichen zu können. Aber die Menschen mit Behinderungen definieren sich selbst längst nicht mehr lediglich als Empfängerinnen und Empfänger von sozialen Leistungen.
Die Ausarbeitung des Bundesgleichstellungsgesetzes 2002 war ein Meilenstein in der Politik für Menschen mit Behinderungen. Das Gesetz ist Ausdruck eines wirklich neuen Denkens: Der bürgerrechtliche Anspruch auf selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und die Beseitigung der Hindernisse, die der Chancengleichheit im Wege stehen, werden in den Vordergrund staatlichen Handelns gerückt. Dieses Gesetz entstand im Dialog mit den Betroffenen. Der Austausch über die von ihnen gemachten Erfahrungen und die Einbeziehung ihrer Kenntnisse waren für die Regierungskoalition aus SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wesentliche Grundlagen beim Entwickeln und Umsetzen von Reformen in der Behindertenpolitik.
Karl-Hermann Haack, der damalige Bundesbeauftragte für die Belange behinderter Menschen, sagte: „Die mit Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft vorgebrachten Argumente behinderter Menschen, ihrer Organisationen und Verbände waren Unterstützung und notwendige Erweiterung der Kompetenz von Regierung und Parlament im Gesetzgebungsprozess.“ Deshalb ist es für meine Partei auch ganz
selbstverständlich, die Menschen mit Behinderungen als Expertinnen und Experten in eigener Sache einzubinden.
Die UN-Konvention wurde im März 2009 ratifiziert und ist jetzt geltendes Recht. Wir als Landesparlament haben nur noch die Frage der Umsetzung zu diskutieren. Das Ziel ist klar vorgegeben: die inklusive Gesellschaft. Und die Menschen erwarten auch vom saarländischen Landtag ein eindeutiges und uneingeschränktes Bekenntnis zu diesem Ziel.
Wir müssen uns nicht mehr die Frage stellen: Sind wir für inklusive Erziehung? Wir müssen nur eine Antwort darauf geben, wie wir diese inklusive Erziehung in Zukunft sicherstellen werden. Wir müssen uns auch nicht mehr die Frage stellen, ob wir Barrieren abbauen. Wir haben sicherzustellen, dass wir es wirksam und in allen Bereichen tun. Die UN-Konvention hat umfassende Auswirkungen auf alle Lebensbereiche. Deshalb ist ihre Umsetzung auch eine Querschnittsaufgabe, an der alle Ressorts zu beteiligen sind. Noch eines ist mir in diesem Zusammenhang wichtig festzustellen: Es ist selbstverständlich, dass die Planungen nicht hinter verschlossenen Türen erfolgen, dass behinderte Menschen einzubeziehen sind. Der Satz: "Nichts über uns ohne uns" muss gelebtes Leben werden.
Aber ebenso wichtig ist es, eine gesamtgesellschaftliche Debatte über die Inhalte der UN-Konvention zu führen. Wer wirkliche Inklusion will, muss die gesamte Gesellschaft auf diesem Weg mitnehmen.
Wir brauchen eine Kampagne, die allen Menschen ob behindert oder nicht behindert - die Leitgedanken der Konvention vermittelt. Solange das nicht erfolgt, werden Menschen mit Behinderungen im Alltag oftmals nicht die Barriere im Kopf ihrer Mitmenschen überwinden können. Die Konvention richtet sich primär an Parlamente und Regierungen, fordert aber von Staat und Gesellschaft verbindlich ein, die gebotene Wertschätzung gegenüber Menschen mit Behinderungen zu erbringen.
Es geht nicht um die Verbesserung des bestehenden Systems, allenfalls im ersten Schritt. Die UNKonvention ist kein neuer Impuls, sie zwingt uns alle zu einer neuen Sicht- und Denkweise. Sie zwingt uns aber auch zu einem verbindlichen Maßnahmenkatalog und einem ebenso verbindlichen Zeitplan.
Unser heutiges Bildungssystem ist noch stark vom Gedanken der Trennung geprägt. Für die SPD-Fraktion ist das gemeinsame Aufwachsen und Lernen eine Grundvoraussetzung für den Wandel zu einer inklusiven Gesellschaft. Lebenswelten, die heute nicht getrennt werden, muss man morgen nicht mühsam zusammenführen. Wir wollen die gemeinsame Viel
falt von Anfang an und wir sind überzeugt, dass von einer gemeinsamen Unterrichtung alle Kinder profitieren - ob behindert oder nicht.
Meine Damen und Herren, das Deutsche Institut für Menschenrechte sieht in der UN-Behindertenrechtskonvention große Chancen, die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland zu stärken und so auch langfristig zur Humanisierung der Gesellschaft beizutragen. Diese Chance sollten wir nutzen. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Bericht über die Beratungen des Einzelplanes 02 umfasst den Abschnitt Ministerpräsident und Staatskanzlei. Infolge der Regierungsneubildung zu Beginn der 14. Legislaturperiode sind die Zuständigkeiten für den Bereich Kultur und die künstlerischen Hochschulen aus dem Einzelplan 06 in den Bereich der Staatskanzlei verlagert worden. Die Gesamteinnahmen im Abschnitt sind mit 520.900 Euro veranschlagt. Der Regierungsentwurf sieht Gesamtausgaben in Höhe von 51.725.600 Euro vor. Wir haben
somit Mehrausgaben in Höhe von 5.414.200 Euro gegenüber dem Vorjahr.
Die im Kapitel 17 02 auf den Abschnitt Ministerpräsident und Staatskanzlei entfallenden Ausgaben sind höher als 2009 und mit gestiegenen Bewirtschaftungskosten begründet. Im Einzelplan 20 02 sind keine Ausgaben die Baumaßnahmen des Abschnitts Ministerpräsident und Staatskanzlei betreffend vorgesehen. Die Mittel dafür sind im Kapitel 04 12 (Landesamt für Zentrale Dienste - Amt für Bau und Liegenschaften) eingestellt.
Meine Damen und Herren, Ihnen liegt ein vom Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen beschlossener Abänderungsantrag zum Einzelplan 02 vor. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hermann Hesse hat einmal gesagt: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Wir beraten heute den ersten Haushalt einer grünen saarländischen Umweltministerin. Nach zehn Jahren CDU-Alleinregierung, die ein Restministerium seiner Gestaltungskraft beraubt hatte, gibt es nun eine Ministerin, die mit ihrem Ressortzuschnitt Umwelt, Energie und Verkehr eine aktiv steuernde Umweltpolitik betreiben kann. Sie spielt jetzt in einer höheren Liga.
Warum allerdings die Verantwortung für die konventionelle Landwirtschaft in das Wirtschaftsministerium wechselte, während das Umweltministerium weiter für den Ökolandbau zuständig bleibt, ist wohl nicht der Logik, sondern eher einer Kompensation geschuldet: Tausche Energie und Verkehr gegen die Landwirtschaft. Das war wohl ein gelb-grüner Deal. Im Ressortzuschnitt wird allerdings ein Gegensatz aufgebaut, den es in der Realität nicht gibt. Alle saarländischen Landwirte erbringen einen wesentlichen Beitrag zur Förderung des ländlichen Raumes und des Gemeinwesens insgesamt.
Meine Damen und Herren, der Koalitionsvertrag schreibt im Bereich Umwelt, Energie und Verkehr ambitionierte Ziele fest. Vorrangpolitik für erneuerbare Energien, Novelle des Naturschutzgesetzes, Weiterentwicklung der Biodiversitätsstrategie und vieles mehr. Dieser Koalitionsvertrag schreibt aber auch eine konsequente Abkehr von allem fest, was bisher CDU-Position war. Kein Korrigieren, sondern eine Abkehr. Was bisher für die CDU die allein selig machende Wahrheit war, die sie mit Zähnen und Klauen im Plenum verteidigt hat, ist heute das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt war. Vieles steht in diesem Koalitionsvertrag, was auch von der SPD jahrelang vergeblich angemahnt wurde.
Wie ist die Ausgangslage für die Ministerin? Das Saarland kann im Ranking erneuerbarer Energien nicht weiter fallen. Schlechter als das Schlusslicht geht nicht.
Insofern wird es der Ministerin nicht schwer werden, erste Erfolge zu erzielen. Im Ranking „Umsetzung der Strategie zur biologischen Vielfalt“ von Nabu und BUND hat das Saarland relativ gut abgeschnitten, vor allem wegen seiner beiden großen Waldschutzgebiete Urwald vor den Toren Saarbrückens und Prozessschutzrevier Quierschied. Bei einem Projekt
kann man als Sozialdemokraten schon einmal fragen: Wer hat es erfunden?
Leider nein - wir! Tatsache ist, dass das Saarland, wie die beiden Umweltverbände ausführen, nicht einmal die Hälfte der Punkte erreicht, was das gute Ergebnis relativiere. Dadurch könne das Saarland so Nabu und BUND - sich nun als Einäugiger unter den Blinden fühlen.
Frau Ministerin, Ihre energiepolitische Grundausrichtung ist richtig. In vielem deckt sie sich eins zu eins mit dem, was die SPD in den letzten Jahren vertreten und auch gefordert hat. Vor diesem Hintergrund ist es auch verständlich, wenn Sie eine Koalition mit der SPD bevorzugt hätten - oder haben!
Ich vermisse allerdings bei Ihnen konkrete Festschreibungen, eine konkrete Zeitplanung für die laufende Legislaturperiode. Fest steht, dass wir alle gemeinsam noch eine erhebliche Überzeugungsarbeit leisten müssen, wenn es um die Realisierung von Projekten im Bereich erneuerbarer Energien vor Ort geht. Denn der abstrakten hohen Zustimmung der Menschen in Umfragen steht nach wie vor eine hohe konkrete Skepsis vor Ort gegenüber. Hier gilt es noch - und zwar für uns alle - dicke Bretter zu bohren.
So weit zu den politischen Rahmenbedingungen. Aber beim Vollzug gibt es zurzeit im Ministerium Sand im Getriebe. Dazu möchte ich Ihnen zwei Beispiele nennen, meine Damen und Herren. Das erste betrifft die Denkmalpflege. Die institutionelle saarländische Denkmalpflege ist in der Krise. Über die Ursachen kann man streiten. Die einen sagen, es liegt nur am Leiter des Landesdenkmalamtes, andere zu denen ich gehöre - sagen, es liegt an der Organisationsstruktur, in der die Denkmalpflege arbeiten muss. Es gibt kein Vier-Augen-Prinzip mehr, es gibt keinen Austausch zwischen denkmalfachlicher Position und denkmalschutzrechtlichen Entscheidungen. Das macht zurzeit der Leiter mit dem Leiter aus. Oft wird die einzelne Entscheidung als Willkür empfunden. Deshalb muss man an die Strukturen herangehen, wenn man etwas erreichen will.
Zweites Beispiel: Tierschutz. Der Fall Rinderhaltung in Eft-Hellendorf beschäftigt die saarländischen Gerichte, den Landtag und die Öffentlichkeit. Das Bundestierschutzgesetz hat den Vollzug den Ländern übertragen, und dieser Vollzug funktioniert im Saarland nicht. Sie, Frau Ministerin, sind qua Amt oberste Tierschützerin im Land. Die Menschen wollen einen effektiven Tierschutz und keine Diskussion darüber, wer denn wo und wann die Fach- und
Rechtsaufsicht hat. Der Tierschutz muss funktionieren!
Losgelöst von diesen beiden konkreten Fällen: Frau Dr. Peter, lassen Sie sich von mir einen nicht ganz ernst gemeinten Tipp geben. Wenn man einen Staatssekretär Klaus Borger hat, ist es angezeigt, Krisenmanagement fleißig zu üben. Glauben Sie mir, Sie werden diese Fähigkeit noch öfter nutzen müssen, als Ihnen lieb sein wird.
Meine Schlussfolgerung lautet: Ihr Krisenmanagement hat nicht funktioniert, Sie müssen daran arbeiten. - Lassen Sie mich noch ein paar Ausführungen zur Einnahmeseite des Haushalts machen. Wir mussten im Regierungsentwurf des Umwelthaushaltes zur Kenntnis nehmen, dass beim Landesbetrieb für Kataster-, Vermessungs- und Kartenwesen die Einnahmeerwartungen 2010 erheblich zurückgehen werden. Dies hat zur Folge, dass die Zuführungen des Landes an den Landesbetrieb um rund 2,5 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr erhöht werden müssen. Dafür gibt es natürlich auch eine Begründung. Der Einnahmerückgang ist auf die von der alten CDU-Landesregierung 2004 angestoßene Änderung des saarländischen Katastergesetzes zurückzuführen. Mit der Novelle wollte man damals - ich zitiere aus der Begründung - dem berechtigten Interesse der Privatwirtschaft an der stärkeren Teilhabe am Gebührenaufkommen Rechnung tragen. Ein CDU-Abgeordneter sagte damals bei der Zweiten Lesung: „Wenn wir Aufgaben abgeben, sind natürlich auch die Einnahmen weg.“ Die SPD hat damals diesem Gesetz nicht zugestimmt. Ein Haushaltsnotlageland wie das Saarland konnte und kann es sich nicht leisten, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren.
Zum Abschluss noch eine Bemerkung zur sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie und zur Laufzeitverlängerungsdebatte. Im Koalitionsvertrag steht: Die Koalitionspartner stimmen darin überein, am gesetzlich festgelegten Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie festzuhalten. Im Bundesrat wird das Saarland Gesetzesinitiativen, die die Verlängerung der Nutzung der Atomkraft zum Ziel haben, ablehnen. Der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN glaube ich, dass sie Überzeugungstäterin war, als sie das unterschrieben hat. Bei FDP und CDU glaube ich das nicht. Beide Parteien stehen auf Bundesebene ganz klar für die Laufzeitverlängerung. Auch Peter Müller hat diese Position jahrelang vertreten. Bei der Unterschrift unter den Koalitionsvertrag gab es plötzlich eine Wende um 180 Grad. Und ich nehme ihm diese Wende aus Überzeugung nicht ab; ich denke, es ging um reinen Machterhalt.
Das tat im Herbst 2009 bundespolitisch auch nicht weh, da es auch ohne das Saarland im Bundesrat eine schwarz-gelbe Mehrheit gab und es so aussah, als wäre Nordrhein-Westfalen für dieses Bündnis eine sichere Bank. Am 05. Mai 2010 würde ich auf dieses Ergebnis aber nicht mehr wetten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Ihnen der von der SPD-Landtagsfraktion heute vorgelegte Gesetzesentwurf bekannt vorkommt, dann liegen Sie in Ihrer Einschätzung richtig. Der Landtag des Saarlandes befasst sich heute zum vierten Mal mit der alternativlosen Zwangsfreistellung in der Landesbauordnung. Das geschah dreimal auf Initiative der SPD-Fraktion, und das ist auch richtig so! Einmal wurde diese Befassung durch einen Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN initiiert. Für mich hätte das - das sage ich jetzt leicht selbstironisch durchaus den Charme, dass ich genügend Unterlagen hätte, um mich eine komplette Redezeit selbst zu zitieren. Darauf kann ich aber verzichten, weil es genügend sachkompetente Menschen in diesem Land gibt, die unsere Argumentationslinie stützen. Ich möchte Ihnen dafür ein Beispiel nennen. Ich zitiere - mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident - aus der Saarländischen Kommunalzeitschrift, Ausgabe 1 von 2010, wo ein Diskussionsbeitrag von Herrn Michael Bitz, Richter am Saarländischen Oberverwaltungsgericht, abgedruckt ist. Es ging schon 2007 um die Wahlfreiheit in der Landesbauordnung. - Ich zitiere: Auch diese Anregung und Initiativen zu einer Reform der Reform im Sinne der Wiedereinführung des Wahlrechts der Bauherrinnen und Bauherren blieben erfolglos. Die insoweit im Wesentlichen
übereinstimmenden Abänderungsanträge aller drei damaligen Oppositionsfraktionen im Landtag der 13. Legislaturperiode wurden im Rahmen der Zweiten Lesung des Änderungsgesetzes im November 2007 abgelehnt. - Ich zitiere weiter: Die Suche nach sachlichen Argumenten der damaligen Mehrheitsfraktion für diese Entscheidung in den in den Sitzungsniederschriften wiedergegebenen Redebeiträgen gestaltet sich schwierig.
Meine Damen und Herren, nach meiner Einschätzung ist die Suche nicht schwierig. Die Suche ist unmöglich. Es gibt keine sachlichen Argumente. Ich habe das in der Debatte im November 2007 für die SPD-Fraktion ganz klar gesagt. Es gab die ganz klare Ansage der SPD, dass wir in der nächsten Legislaturperiode, also in der 14. Periode, noch einmal auf dieses Thema zurückkommen würden. Denn wir waren und sind der festen Überzeugung, dass die berechtigten Interessen der Bauherrinnen und Bauherren im Saarland vertreten werden müssen. Das geschieht mit dem heute von uns vorgelegten Änderungsantrag.
Ich möchte eines ganz klar feststellen: Der heute von uns eingebrachte Gesetzentwurf hat ausschließlich zum Inhalt, den in der aus dem Jahr 2004 stammenden Novelle festgeschriebenen Zwang zur Freistellung aufzuheben! Wir haben uns dabei auf den größten Fehler der damaligen Novelle beschränkt: Es gab und es gibt kein Argument, das die Zwangsfreistellung rechtfertigen würde.
Bis zum Jahre 2004 konnten die Bauherrinnen und Bauherren bei Vorliegen der Voraussetzungen wählen, ob sie auf eigene Verantwortung bauen wollten oder aber auf die sachkundige Prüfung durch die unteren Bauaufsichtsbehörden zurückgreifen wollten. Die Menschen hatten also ein Wahlrecht. Die damalige CDU-Mehrheitsfraktion hat den Menschen dieses Recht genommen. Die Argumente dafür fehlen bis heute. Alles lief einfach unter der großen Überschrift „Entbürokratisierung / Deregulierung“. Dazu kann ich nur sagen: Wer mit der Deregulierung beim Bauverfahrensrecht ansetzt, der hat definitiv den falschen Ansatz gewählt! In der Folge ist im materiellen Baurecht auch nicht eine einzige Vorschrift weniger zu beachten!
Lediglich die Verantwortung für die Einhaltung des materiellen Baurechts wird auf die Bauherrinnen und Bauherren verlagert. Das ist eine Verantwortung, die diese Menschen angesichts der komplexen Rechtslage im Baurecht, das ja zu großen Teilen durch Bundesrecht und Richterrecht bestimmt ist, einfach nicht tragen können! Wer baut, der legt sich finanziell in der Regel auf viele Jahre fest. Daher haben
diese Menschen einfach auch das Recht auf eine präventive Prüfung - so sie diese wollen!
Übrigens haben auch Nachbarn ein schutzwürdiges Interesse. - Ich stelle noch einmal fest: Die SPDFraktion möchte niemanden ins Bauverfahren zwingen! Wir möchten aber die Wiedereinführung eines Rechtes: Wir möchten die Wiedereinführung des Wahlrechtes! Lassen wir den mündigen Bürger, die mündige Bürgerin doch selbst entscheiden!
Befürworter der Zwangsfreistellung behaupten, dass der Wegfall der Wahlfreiheit die Bauaufsichtsbehörden in ihrer Arbeit entlaste und zu einer Reduzierung des Verwaltungsaufwandes führe. Das ist aber nur insoweit richtig, als die unteren Bauaufsichtsbehörden nicht mehr präventiv und beratend tätig sein dürfen. Das war wohl der ausdrückliche Wille der Mehrheitsfraktion im Jahre 2004, und die Umsetzung dieses Willens bedeutete das Aus für den „Dienstleister untere Bauaufsichtsbehörde“.
Diese Regelung und die derzeitige Gesetzeslage sind wenig bürgerfreundlich. Die angebliche Reduzierung des Aufwandes, meine Damen und Herren, kann zu den modernen Wandersagen gezählt werden, denn nach § 57 Abs. 2 LBO haben „die Bauaufsichtsbehörden (...) bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung, dem Abbruch sowie der Instandhaltung (...) baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften (...) eingehalten werden“. Wir halten fest: Präventiv dürfen die unteren Bauaufsichtsbehörden nicht mehr tätig werden, repressiv müssen sie aber tätig werden und das völlig unabhängig vom Bauverfahren. Eines ist aber doch sicher: Der Aufwand an Arbeitskraft ist im repressiven Bereich der baupolizeilichen Maßnahmen ungleich höher als im präventiven Bereich!
Mein Fazit: Nichts rechtfertigt den Zwang zur Freistellung! Ich bitte Sie daher, meine Damen und Herren, dem Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion in Erster Lesung zuzustimmen. Geben Sie den Bauherrinnen und Bauherren im Saarland das Recht zurück, ihr Bauverfahren frei zu wählen!
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen Satz zu dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf sagen. Wir werden uns bei der Abstimmung zu diesem Gesetzentwurf enthalten. Die Landesregierung formuliert in der Begründung, es handele sich um eine Anpassung an EU-Recht und es gebe zum vorgelegten Gesetzentwurf keine Alternativen. Das kann man nun glauben - oder auch nicht. Angesichts gemachter Erfahrungen tendiere ich eher dazu, das nicht zu glauben.
Da uns dieser Entwurf erst am vergangenen Freitag mittags zugegangen ist, war die für eine inhaltliche Befassung mit dem Gesetzentwurf zur Verfügung stehende Zeit reichlich knapp bemessen. Ob und inwieweit der vorgelegte Anspruch ohne Not Qualität und gestalterischen Anspruch am Bau aufgibt, wird uns die Anhörung im Umweltausschuss zeigen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Heinrich, Sie haben hier Ihre gefühlte Realität wiedergegeben, es hat nichts mit der Realität im Saarland zu tun.
Fragen Sie bei den unteren Bauaufsichtsbehörden und bei den Kammern nach, die werden Ihnen eine andere Antwort geben.
Nach den Reden meiner Vorgänger möchte ich einer zweiten Mär entgegentreten. Lieber Kollege Ulrich, die SPD hat schon 2004 bei der Novelle der Landesbauordnung für die Wiedereinführung des Wahlrechtes gestritten. Da waren Sie noch nicht in
diesem Hause. Vielleicht waren das auch noch bessere Zeiten für dieses Haus.
Zum Dritten möchte ich auch den vom Kollegen Günter Heinrich geschätzten Herrn Bitz zitieren, wieder aus der Saarländischen Kommunalzeitschrift. Es ging ums Wahlrecht. Bisher sind die Regierungsfraktionen ein sachliches Argument schuldig geblieben, unseren Antrag abzulehnen.