PRÄSIDIUM: Präsident L e y (CDU) Erste Vizepräsidentin R i e s (SPD) Zweiter Vizepräsident J o c h e m (FDP) Erste Schriftführerin S c h r a m m (DIE LINKE) Zweite Schriftführerin W i l l g e r (B 90/GRÜNE) Dritte Schriftführerin H e i b (CDU)
REGIERUNG: Ministerpräsidentin und Ministerin der Justiz K r a m p - K a r r e n b a u e r (CDU) Minister der Finanzen J a c o b y (CDU) Minister für Bundesangelegenheiten - Chef der Staatskanzlei S t o r m Minister für Inneres, Kultur und Europa T o sc a n i (CDU) Minister für Gesundheit und Verbraucherschutz (bis 09.52 Uhr) W e i s w e i l e r Minister für Bildung (bis 09.52 Uhr) K e s s l e r Ministerin für Arbeit, Familie, Prävention, Soziales und Sport B a c h m a n n Minister für Wirtschaft und Wissenschaft (bis 09.52 Uhr) D r. H a r t m a n n (FDP) Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr (bis 09.52 Uhr) D r. P e t e r
Zeitpunkt und Tagesordnung der heutigen Sitzung...................................................... 2290
1. Beschlussfassung über den von der Ministerpräsidentin eingebrachten Antrag auf Zustimmung zur Entlassung von Mitgliedern der Landesregierung gemäß Artikel 87 der Verfassung des Saarlandes............................................... 2290
Ministerpräsidentin K r a m p - K a r r e n b a u e r.................................................... 2297
2. Zweite Lesung des von der Regierung eingebrachten Gesetzes zur Änderung des Saarländischen Lehrerbildungsgesetzes (Drucksache 14/617) (Abände- rungsantrag des Ausschusses BM Drucksache 14/677)................................. 2298
Abstimmungen, Annahme in Zweiter und letzter Lesung............................................ 2299
3. Beschlussfassung über den von der FDP-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Bestimmung von Mitgliedern für Ausschüsse des Landtages (Drucksache 14/676 - neu)............ 2299
4. Beschlussfassung über den vom Ausschuss für Justiz, Verfassungs- und Rechtsfragen sowie Wahlprüfung eingebrachten Antrag betreffend: Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht (Übersicht Nr. 5) (Drucksache 14/669)...................................................... 2299
5. Beschlussfassung über den vom Ausschuss für Eingaben eingebrachten Antrag betreffend: Beschlüsse zu Petitionen (Übersicht Nr. 9) (Drucksache 14/673)...................................................... 2300
Im Einvernehmen mit dem Erweiterten Präsidium habe ich den Landtag des Saarlandes zu seiner 29. Sitzung für heute, 09.00 Uhr, einberufen und für diese Sitzung die uns vorliegende Tagesordnung festgesetzt.
Beschlussfassung über den von der Ministerpräsidentin eingebrachten Antrag auf Zustimmung zur Entlassung von Mitgliedern der Landesregierung gemäß Artikel 87 der Verfassung des Saarlandes
Mit Schreiben vom 11. Januar 2012 hat mir die Ministerpräsidentin Folgendes mitgeteilt: „(...) nach Auflösung der die Regierung des Saarlandes tragenden Koalition beabsichtige ich, die Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr, Frau Dr. Simone Peter, den Minister für Wirtschaft und Wissenschaft, Herrn Dr. Christoph Hartmann, den Minister für Bildung, Herrn Klaus Kessler, den Minister für Gesundheit und Verbraucherschutz, Herrn Georg Weisweiler, sowie als weiteres Mitglied der Regierung des Saarlandes Herrn Staatssekretär Joachim Kiefaber zu entlassen.
Gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 2 der saarländischen Verfassung ist zur Entlassung von Ministern und weiteren Mitgliedern der Landesregierung die Zustimmung des Landtages erforderlich. Ich bitte daher, eine entsprechende Beschlussfassung in der für den 18. Januar 2012 vorgesehenen Sitzung des saarländischen Landtages herbeizuführen (...).“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Tagesordnungspunkt und zu diesem Antrag hat sich der Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich, zu Wort gemeldet.
Damit ich hier aber keinen Fehler mache und wir das vernünftig miteinander regeln, stelle ich fest, dass zuerst die Wortmeldung von Herrn Oskar Lafontaine vorlag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn eine Regierung mitten in der Legislaturperiode auseinanderfällt, ist das natürlich ein wichtiges Datum für die Landespolitik. Ich bin heute nicht hier ans Pult gegangen, um Häme über dieses Auseinanderfallen zu verbreiten. Ich möchte dazu nur ein paar Bemerkungen machen.
Ich glaube, dass diese Regierung auch an ihren inneren Widersprüchen zerfallen ist. Ich glaube nicht, dass es richtig ist, das Auseinanderbrechen dieser Regierung lediglich der FDP anzulasten. Die FDP hat sicherlich ihre Fehler gemacht. Darüber weiß sie besser Bescheid als vielleicht andere in diesem Haus. Aber wir haben von Anfang an die Auffassung vertreten, dass die Konstruktion aus inhaltlichen Gründen nicht halten kann. Ich glaube, dass sich dies in den letzten zwei Jahren gezeigt hat. Es fanden drei Partner zusammen, die inhaltlich letztendlich doch weit auseinander lagen. Das zeigte sich auf vielen verschiedenen Feldern der Politik. Das war beispielsweise in der Energiepolitik und in der Schulpolitik so. Das war auch bei einigen Reizthemen so, beispielsweise bei der Frage, wie weit das Rauchverbot im öffentlichen Raum gehen soll, wie man es mit dem Jagdgesetz hält und so weiter.
Wir haben ja als Kolleginnen und Kollegen mitbekommen, wie sich die drei verschiedenen Fraktionen in diesem Hause anstrengen mussten, um den Koalitionsvertrag zu erfüllen. Zur FDP habe ich einiges gesagt. Ich glaube, jeder versteht, dass ich gerade in der jetzigen Situation keine Veranlassung sehe, diese Kritik, die vielleicht notwendig wäre, noch weiter zu vertiefen.
Ich will etwas zur CDU und den GRÜNEN sagen. Die CDU trägt über viele Jahre die Verantwortung in der Landespolitik. Nach unserer Auffassung ist sie damit die Hauptverantwortliche für die Entwicklung der letzten Jahre. Da wir uns heute in einer Überschuldungssituation befinden und das Land kaum noch Handlungsfähigkeit hat, glaube ich, dass die CDU hier an der Saar sich selbstkritisch fragen muss, ob der von ihr eingeschlagene Weg der richtige ist. Wir werden ja in den kommenden Monaten über die Haushaltssituation des Landes viel zu reden haben. Aber ich wollte diesen Kernpunkt noch einmal mit aller gebotenen Sachlichkeit in Erinnerung rufen. Nach vielen Jahren der Regierungsverantwortung kann man nicht so tun, als habe man mit dieser Fehlentwicklung nichts zu tun.
setzen, haben aber, ob sie es wollten oder nicht, dazu beigetragen, dass diese Koalition auseinanderbrach.
Ich will das kurz begründen. Wenn man drei Parteien in der Regierung hat, dann sind alle drei Parteien darauf angewiesen, dass sie fair miteinander zusammenarbeiten. Dies setzt allerdings auch voraus, dass sie, wenn es um inhaltliche Kompromisse geht, das Gewicht der jeweils anderen Partei gebührend berücksichtigen. Hier scheint mir ein gravierender Konstruktionsfehler vorgelegen zu haben, denn es ist nun einmal so, dass man mit 6 Prozent der Wählerstimmen nicht eine ganze Mehrheit des Parlamentes zu bestimmten Entscheidungen nötigen oder zwingen kann. Wenn man an dieser Stelle überreizt, meine Damen und Herren - ich sage das auch für die Zukunft -, dann gibt es die Spannungen, die in den letzten Jahren erkennbar waren und die dann auch zum Bruch eines Bündnisses führen. Ich glaube, dies sollte selbstkritisch von denen, die dies zu verantworten haben, reflektiert werden.
An einer Stelle - das möchte ich auch in Erinnerung bringen - ist ein Durchbruch gelungen. Das ist die Verfassungsänderung im Bildungsbereich, die jetzt auch den neuen Kräften, die sich vielleicht zusammenfinden oder nicht zusammenfinden - das werden wir noch sehen -, neue Möglichkeiten gibt. Ich sehe mich im Übrigen schon veranlasst, darauf hinzuweisen, dass man eine Verfassungsänderung auch nicht mit 6 Prozent Wählerstimmenanteil zustande bringt. Insofern wäre ich dankbar, wenn man dann, wenn es um solche Zuschreibungen geht, vielleicht ab und zu in Erinnerung ruft, wie sich die Mehrheiten zusammengesetzt haben, um diesen Weg für die saarländische Bildungspolitik zu eröffnen.
Im Übrigen: In Anbetracht der Diskussion innerhalb der größten Regierungspartei in den letzten Jahren ist es nicht unbedingt auszuschließen, dass eine solche Verfassungsänderung irgendwann auch etwas später auf den Weg gebracht worden wäre. Sie werden die Diskussion auf Bundesebene zumindest aufmerksam verfolgt haben. So weit meine Bemerkungen zum Auseinanderfallen dieser Koalition.
Zum Stil werden die Koalitionspartner selbst etwas zu sagen haben. Dass es sicherlich möglich gewesen wäre - das sage ich aufgrund meiner Erfahrung -, angesichts der Zeittafeln diesen Bruch eine Woche später bekannt zu geben, das möchte ich nur einmal in den Raum stellen. Aber da wird jede und jeder von Ihnen seine eigene Auffassung haben. Ich habe mir das zumindest einmal genau angesehen. Einige Begleitumstände haben in der bundesweiten Öffentlichkeit doch für eine gewisse Diskussion gesorgt. So viel dazu. Aber es ist nicht unbedingt unsere Aufgabe, dies zu kommentieren.
Ich will ein paar Worte über die Zukunft verlieren, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil dies für meine Partei, die LINKE, wichtig ist und weil dies nach unserer Überzeugung auch für die Wählerinnen und Wähler des Saarlandes wichtig ist. Die Kernfrage des Landes ist nun einmal, wie wir mit einem Sachverhalt umgehen, der sich Schuldenbremse nennt. Hier habe ich gelesen, die LINKE sei nicht bereit, sich an einer Regierung zu beteiligen, weil sie die Schuldenbremse nicht anerkennen würde. Das ist eine unpräzise Formulierung. Die LINKE ist nicht bereit, sich an einer Regierung zu beteiligen, wenn die Schuldenbremse so interpretiert wird, als sei der einzige Weg, einen Haushalt zu sanieren, weitere Personal- und Sozialkürzungen und Kürzungen im Bildungsbereich vorzunehmen. Das ist ein gravierender Unterschied.
Der neoliberale Dialog in der Bundesrepublik hat dazu geführt, dass dann, wenn das Wort Schuldenbremse erwähnt wird, alle reflexartig nur noch ans Sparen denken, als sei dies der einzige Weg, um die Haushalte von Ländern ins Gleichgewicht zu bringen. Dies ist keine Diskussion, die wir hier alleine führen, meine Damen und Herren. Dies ist mittlerweile eine europaweite Diskussion. Deshalb habe ich mich heute zu Wort gemeldet. Wenn wir diesen Weg hier an der Saar weitergehen, dann werden wir unter veränderten Umständen genau einen Weg gehen, der mittlerweile in Gesamteuropa zu heftigen Diskussionen führt und der eine ganz andere Ursache hat als die, die hier vordergründig immer wieder diskutiert worden ist.