Martin Kayenburg

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Last Statements

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, ich habe ein in sich konsistentes Antrags- und Gesetzespaket - Entwürfe - hier vorgelegt, und ich habe an jeder Stelle betont, dass die Schuldenbremse für mich unabdingbar ist. Aber ich habe auch - und das schon im Februar - gesagt, dass über die Ausgestaltung dessen, was ich vorgelegt habe, sicher noch diskutiert werden könne und dass ich nach den Ausführungen in der ersten Sitzung sehr viel näher bei der FDP sei, was die Einzelheiten anbelangt.
Ich bin der Auffassung, dass man auch Teile von Antragspaketen, Gesetzentwürfen sukzessive verabschieden kann. Es ist eine Frage des Vertrauens, ob ich das, was zugesagt ist, dann von anderen vollenden lassen kann.
Das gilt insbesondere dann, wenn der Wechsel einer Legislaturperiode ansteht. Insofern hätte ich da überhaupt keine Bedenken, diesen Weg so zu gehen, wie er von Teilen des Hauses heute vorgeschlagen worden ist. Ich bestätige Herrn Finanzminister Wiegard gern, dass er damals wie zitiert gesprochen hat. Lediglich bei Ihnen stand, Herr Wiegard, aber auch die kleine Formulierung, dass vorher die Schuldenbremse in die Landesverfassung hineingenommen werden sollte. Das ist im Übrigen nach meiner Erinnerung nicht diskutiert worden.
Ich glaube, man muss hier etwas differenzieren. Die Frage ist doch: Haben wir hier nicht auf der einen Seite von den Grundsätzen her, die von allen betont worden sind, eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Grundgesetzänderung vorzunehmen und auf der anderen Seite gleichwohl, weil das auch unsere Absicht war, in unsere Verfassung eine - in Klammern: wie auch immer geartete - Schuldenbremse aufzunehmen? Ich glaube, hier wird von einigen ein bisschen eine haushaltspolitische Notwendigkeit, die ich auf jeden Fall unterstreiche, mit verfassungsrechtlichen Bedenken vermischt.
Ja, die verfassungsrechtlichen Bedenken werden abhängig gemacht von der haushaltspolitischen Notwendigkeit, und diesen Weg halte ich nicht für richtig.
Im Übrigen, Herr Kollege Wadephul, ich weiß nicht, ob ich Sie richtig verstanden habe. Sie haben in etwa gesagt, Herr Kubicki wollte die Klage dann später zurücknehmen, wenn unsere Landesverfassung geändert sei. Dies halte ich für falsch, weil: Es geht ja um das Grundgesetz. Es geht um die Änderung, die uns nach unserer Meinung übergestülpt worden ist und die wir hier zurückweisen müssen.
Im Übrigen hat auch der Ministerpräsident zu Protokoll des Bundesrats gegeben, dass er wegen dieser Grundgesetzänderung Bedenken habe. Das ist also gar nichts Neues. Da muss auch kein Wahlkämpfer in Berlin nun plötzlich erschrecken. Er hat außerdem ausgeführt, dass wir der Meinung sind, dass eine Schuldenbremse zwingend erforderlich sei. Insofern ist da gar nichts Neues mehr hinzuzufügen, mit einer kleinen Einschränkung, und deswegen habe ich mich auch noch einmal gemeldet. Da ist formuliert worden, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag dies so gesagt habe. Weiter wird formuliert: „Dessen Auffassung sei …“ - Nein, es
war unsere gemeinsame Auffassung, und ich habe die Bitte, dass auch dieser Weg in der nächsten Legislaturperiode, Herr Hentschel, von denen, die als uns Nachfolgende dann Verantwortung tragen, weitergegangen wird.
Ich will mir nicht vorstellen, dass die CDU heute deswegen Bedenken hat, weil sie glaubt, dass man dann, nach der Wahl, einen solchen Beschluss leichter zurücknehmen könnte, wenn man heute nicht zugestimmt hat; denn anders, als das hier eben formuliert worden ist: Wir hätten auch die Klage gegen den nach unserer Auffassung - nach meiner Auffassung immer noch - nicht verfassungskonformen Haushalt, den letzten Haushalt der letzten Wahlperiode, nicht zurücknehmen müssen. Dann wäre nämlich entweder festgestellt oder widerlegt worden, ob er denn verfassungskonform war oder nicht. Ich habe die Überzeugung, aber es ist etwas anderes, ob ich meine subjektive Äußerung hier mitteile oder ob ich eine verfassungsrechtliche Auskunft darüber habe.
Genau deswegen bin ich der Auffassung: Wir sollten diesen Weg gehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach § 64 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung will ich mein Abstimmungsverhalten begründen.
Gäbe es nur das Verfassungsgerichtsurteil zu der Vertrauensfrage von Helmut Kohl aus dem Jahre 1983, dann wäre der heutigen Verfassungsfrage schon die Verfassungswidrigkeit auf die Stirn geschrieben. Nach der Begründung zu der Vertrauensfrage von Gerhard Schröder und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 2005 - oder 2003 -,
2005, geht das Bundesverfassungsgericht für die Zulässigkeit von einer stabilen Mehrheit aus und fragt dabei auch nach einer stetigen parlamentarischen Mehrheit.
Für beide Urteile waren das Grundgesetz und eine größere politische Einheit Maßstab. Eine ähnliche politische Situation in einem einzelnen Bundesland kann und muss nach meiner Auffassung an anderen Maßstäben geprüft werden. Ziel der heutigen Vertrauensfrage ist es ja gerade, das Vertrauen nicht zu erreichen. Das steht für mich nicht im Einklang mit unserer Landesverfassung. Ich denke, dass auch bei der Abstimmung über den Nachtragshaushalt deutlich geworden ist, dass das Vertrauen noch nicht ganz zerrüttet war. Heute allerdings gebe ich vielen recht, die sagen: „Jetzt ist der Zeitpunkt erreicht.“
Gleichwohl, selbst wenn Verfassungskonformität gegeben sein sollte und das irgendwann einmal festgestellt wird, meine ich, dass wir unserer parlamentarischen Demokratie keinen Gefallen damit tun, dass wir jetzt auch auf Länderebene unechte Vertrauensfragen zulassen und auf Länderebene hoffähig machen. Deswegen werde ich die Vertrauensfrage bejahen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dem Land ist es gelungen, eine hervorragende Besetzung für den Aufsichtsrat zu gestalten.
- Bevor Sie klatschen, warten Sie lieber. Diejenigen, die dort drin sind, sind sicher fachkompetent und verstehen etwas von der Sache. Mich stört allerdings, dass das Land selbst nicht direkt vertreten ist.
Mit dem Gesellschafterausschuss, der in erster Linie eine Stabsfunktion ist - der Minister hat gesagt, er hat keine Organstellung -, haben wir nicht - jedenfalls in der Außenwirkung - die Wahrnehmung unserer Interessen so sichergestellt, wie das nach
meiner Meinung, gerade in solchen Bankinstituten, notwendig wäre.
Ich könnte jetzt sehr viel über Aktienrecht und die Verpflichtung - uns ist ja entgegengehalten worden, dass man bestimmte Dinge nicht sagen dürfe, weil das Aktienrecht das verbiete - sagen, in welcher Form diejenigen, die jetzt da drin sind, berechtigt sind, vielleicht das Parlament als Vertreter des Eigentümers Land zu informieren. Da habe ich meine Zweifel. Aber das würde auch die drei Minuten, wenn wir dort einsteigen würden, sicherlich überschreiten.
Deswegen will ich nur mein Abstimmungsverhalten zu Protokoll geben: Ich werde mich nicht gegen die Koalitionsbeschlüsse verhalten; ich werde mich gar nicht verhalten. Ich werde mich an dieser Abstimmung nicht beteiligen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere wirklich sehr, dass diese HSH-Debatte in einem Umfeld stattfindet, in dem wir über Neuwahlen und Ähnliches diskutieren, weil nach meiner Meinung damit eine notwendige Aufklärung und eine sachliche Diskussion ein Stück weit erschwert werden.
Mir ist es völlig egal, ob Schweigen im Kabinett Annahme bedeutet oder nicht. Aber Schweigen im Parlament ist darauf zurückzuführen gewesen, dass wir manche Informationen nicht erhalten haben.
Ich jedenfalls - dumm wie ich bin und weil ich ja auch nicht mehr vom Aktienrecht verstehe, sondern vielleicht noch weniger als Frau Heinold - bin im März davon ausgegangen, dass die 500.000-€-Festlegung für alle und ab sofort gilt und nicht etwa erst nach Inkrafttreten der Garantieerklärung.
Vor dem Hintergrund glaube ich nicht, dass man das, was Herrn Nonnenmacher da zugebilligt worden ist, jetzt einfach in dieser normalen Diskussion hinreichend erklären kann.
Mich würde auch interessieren: Ist das Sonderkündigungsrecht dann mit einer zusätzlichen Abfindungszahlung ausgestattet worden oder nicht? Sie haben ja gesagt, ein Teil aus 2007, ein Teil aus 2008. Aber unabhängig davon - ich gebe Ihnen völlig recht, Herr Wiegard -: So etwas tut man nicht. Nur, wenn man so etwas zulässt, ist man in einer vergleichbaren Situation wie der auf der anderen Seite. Ich habe Ihnen und der Fraktion schon gesagt: Reisende soll man nicht aufhalten, wie das der Kollege Sauter hier auch deutlich gemacht hat.
Ich kann mir - tut mir leid - kein Unternehmen vorstellen, in dem die zweite Linie so schlecht ist, dass
sie nicht in der Lage ist, bei plötzlichem Ausfall des Vorstandvorsitzenden den zumindest interimsweise adäquat zu vertreten.
- Wenn der vom Himmel fällt, ist völlig klar, was dann folgt: die Bankpleite.
Einmal, denke ich, muss man Herrn Nonnenmacher ansprechen, der hier in einer unverantwortlichen Weise - er spricht selbst von Good Governance und neuer Bescheidenheit Geld - verlangt, indem er gekündigt hat, wenn ich es der Presse richtig entnommen habe, um dann zu sagen: Ich habe einen Abfindungsanspruch, den realisiere ich jetzt, oder ihr kommt mit anderen Zahlungen rüber! - Ich frage mich, wie dieser Mann in Zukunft eigentlich seinem Eigentümer gegenüber auftreten will.
Muss der nicht merken, dass er das Vertrauen längst verspielt hat, dass wir - jedenfalls ich - als Mitglieder dieses Parlaments ihm kein Vertrauen mehr entgegenbringen? Deswegen, denke ich, sollte auch der Aufsichtsrat noch einmal mit Herrn Nonnenmacher reden und ihm klarmachen, welche Problematik er insgesamt ausgelöst hat.
Denn es sind ja nicht nur die 2,9 Millionen €. Hier hat der Finanzminister deutlich gesagt: 1,5 Millionen € Barwert für die Altersversorgung. Da muss ich mal gucken, was der Gesamtwert dieser Geschichte ist. Wie ist der Ablaufwert der Rente? Das würde mich mal interessieren. Die Frage ist: Ist es wirklich billiger, dann zu sagen: Wir behalten ihn, zahlen das in eine Altersversorgung ein? Wo eigentlich liegt der rechtliche Vorteil? Oder ist es unter Umständen nicht sogar teurer? Ich jedenfalls habe damit Probleme.
Wenn Herr Nonnenmacher so unverzichtbar war, dann habe ich auch die Frage: War er nicht der zuständige Risikovorstand, und hat er nicht zu vertreten gehabt, was da geschehen ist?
Insofern denke ich, dass wir uns erpressbar machen, wenn wir jedes Mal, wenn wir jemanden für unersetzbar halten, ihm zubilligen, dass er bestimmte Dinge noch von uns fordern kann, wenn wir nicht bereit sind, doch einmal einen Strich zu ziehen und
zu sagen: Bis hierher und nicht weiter! Damit, jetzt alles damit zu entschuldigen, dass das ja Forderungen aus der Vergangenheit sind, bringen wir der Bevölkerung keine sachgerechte Erklärung. Das wird der Bürger auch nicht akzeptieren.
Eine letzte Bemerkung: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Wiegard, haben Sie gesagt, der Präsidialausschuss habe einen Verhandlungskorridor gegeben. Ich habe ein bisschen Probleme damit. Wenn der Präsidialausschuss den Verhandlungskorridor gibt, hat er gleichwohl eine Entscheidung getroffen, denn er hat damit im Grunde auch ein Ergebnis akzeptiert, wenn es dann innerhalb des Verhandlungskorridors liegt. Das heißt, der Präsidialausschuss hat entschieden und nicht irgendjemand anders.
Ich will auch darauf hinweisen, dass mich das Schreiben des Ministerpräsidenten ausweislich der Bemerkung meiner Verwaltung am Freitag um 18:10 Uhr - nach Dienstschluss - erreicht hat. Ich bin aber nachmittags schon von der Presse gefragt worden, ob ich nicht ein Schreiben hätte. Ich habe guten Gewissens bis 18:10 Uhr Nein gesagt.
Nach 18 Uhr habe ich ebenfalls Nein gesagt, weil das über den normalen Verwaltungsweg gegangen ist. Das mag man der Verwaltung anlasten, aber bis Sonntag hatte ich es zumindest nicht. Nach meiner Kenntnis hat dieses Schreiben beispielsweise dem Präsidenten in Hamburg - und der hat es sofort veröffentlicht - schon um 16:25 Uhr vorgelegen. Also zumindest eine zeitgleiche Unterrichtung hat es hier nicht gegeben. Aber ich habe das ähnlich gehört, wie es von den Grünen gesagt worden ist, und es steht im Übrigen auch irgendwo in der Presse, dass die Regierung informiert hat - Regierung sind für mich alle ihre Mitglieder; das ist für mich nicht der Finanzminister allein; das ist der Innenminister ganz genauso -, nachdem - wie dort formuliert war - die HSH Nordbank die Notbremse gezogen hat.
Wenn das anders war, besteht ja die Chance, das hier richtigzustellen.
Ich glaube, wir sollten diese Debatte ohne den Druck der Auflösung dieses Parlaments weiterfüh
ren, weil für mich die Aufklärung noch in weiter, weiter Ferne liegt und wir es den Bürgern schuldig sind, hier klarzumachen, was in dieser Bank alles schiefgelaufen ist. Nur dann nehmen wir unsere Verantwortung richtig wahr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich persönlich habe einen Antrag und einen Gesetzentwurf eingebracht, die zur gemeinsamen Beratung verbunden worden
sind. Das ist auch berechtigt, weil beide in einem inneren Zusammenhang stehen. Beiden liegt meine Überzeugung zugrunde: Schleswig-Holstein ist ein eigener Staat im föderalen Bundesstaat der Bundesrepublik Deutschland. Konstitutiver Teil der Eigenstaatlichkeit unseres Landes sind eine eigene Haushaltswirtschaft mit Substanz und ein Budgetrecht unseres Landtags mit Entscheidungen von Gewicht. Weiter: Es verträgt sich nicht mit der Eigenständigkeit unseres Landes und widerspricht auch meinem parlamentarischen, durch Verfassungsrecht geprägten Verständnis als Abgeordneter, wenn wir in der Haushaltswirtschaft nahezu völlig vom Bund abhängig werden.
Unabdingbar ist, dass wir selbst bestimmen, was für uns richtig ist, und nicht der Bund. Das gilt auch für die Schuldenbremse im Grundsatz und in den Einzelheiten. Kurz zusammengefasst: Auch für die Haushaltswirtschaft und die Budgethoheit des Landtages gilt: Eigenständigkeit vor Fremdbestimmung, Verantwortung statt Vollzugsbeauftragung.
Meine Anträge spiegeln die beiden Seiten meiner Überzeugung wider: Mein Gesetzesantrag hat das Ziel, die Landesverfassung zu ändern und eine neue Schuldenregelung mit allen Bestandteilen in der Landesverfassung zu verankern. Und um allen anderslautenden Gerüchten entgegenzutreten: In der Sache bin ich der Meinung, dass auch für uns eine Schuldenbremse ohne die Möglichkeit zu einer strukturellen Neuverschuldung richtig ist. Allerdings brauchen wir - und das ist genauso richtig die Möglichkeit zu einer antizyklischen Finanzpolitik und die Möglichkeit, in Notfällen Geld aufzunehmen beziehungsweise Schulden zu machen.
Deshalb lehnt sich mein Gesetzesantrag so weit wie möglich an die Regelung des Bundes im Grundgesetz an und entspricht damit auch dem Ziel der Vereinbarung der Parteien von CDU und SPD im Koalitionsausschuss. Entscheiden muss und kann aber nur das Parlament. Der Unterschied zu einer vom Bund aufoktroyierten Schuldenbremse ist nämlich ein grundsätzlicher. Wir haben zum einen die Möglichkeit, hier im Hohen Hause und in den Ausschüssen darüber zu diskutieren und zu entscheiden, ob meine Auffassung die richtige ist. Auf Unterstützung hinsichtlich dieses Bereichs aus der Wissenschaft komme ich später noch einmal zurück.
Wir haben zum anderen die Möglichkeit, unsere Landesverfassung wieder zu ändern, falls wir - und nur wir - das für erforderlich halten. Ich wiederhole: Eigenständigkeit statt Fremdbestimmung durch den Bund.
Ziel meines Antrags ist es, der Landtag möge gegen den Artikel 109 Abs. 3 Sätze 1 bis 5 Grundgesetz dort ist die Schuldenregelung festgeschrieben Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erheben und damit wieder die notwendige Voraussetzung für ein eigenständiges legislatives Handeln des Landtages schaffen.
Wenn die von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetzesänderungen der Föderalismusreform II vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet sind, binden sie das Land Schleswig-Holstein. Wir als Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtags könnten keine Änderung der Landesverfassung beschließen, die dem Grundgesetz widerspräche. Das heißt, wir wären in manchen haushaltsrelevanten, von uns für das Wohl des Landes für erforderlich gehaltenen Entscheidungen handlungsunfähig. Und, Herr Ministerpräsident, es ist eben genau deswegen nicht egal, wie Sie eben formuliert haben, ob die Schuldenbremse im Grundgesetz oder in der Landesverfassung vereinbart ist - ganz im Gegenteil!
Um die Freiheit zu einer eigenständigen Entscheidung zu haben beziehungsweise zu behalten, muss zunächst die Grundgesetzänderung angefochten und vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werden. Nach meiner Überzeugung wird das Bundesverfassungsgericht die unser Land bindende Schuldenbremse im Grundsatz als verfassungswidrig verwerfen. Sie verstößt nämlich gegen die Eigenstaatlichkeit unseres Landes, die vom verfassungsfesten Gewährleistungsbereich des Artikels 79 Abs. 3 Grundgesetz umfasst wird. Die Selbstständigkeit und die Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft des Landes, zu der auch die Kreditautonomie mit einer substanziellen Entscheidungsbefugnis über Höchstbeträge, Bedingungen und Laufzeiten der Kreditaufnahme zählt, gehört zum Kernbereich der Staatlichkeit unseres Landes. Dieser Kernbereich der Staatlichkeit und damit die Gliederung des Bundes in eigenständige Bundesländer wird durch die Schuldenbremse berührt. Damit handelt es sich bei der Schuldenbremse im Grundsatz um verfassungswidriges Verfassungs
recht, das gegen Artikel 79 Abs. 3 Grundgesetz verstößt.
Ich stehe mit meiner Auffassung im Übrigen nicht allein. In der inzwischen recht umfangreichen juristischen Literatur wird von allen - von allen! - Verfassern betont, die neue Schuldenregelung im Grundgesetz sei wegen des Eingriffs in die Haushaltsautonomie der Länder von besonderer Brisanz. Während einige Professoren meinen, die Länder würden zwar durch das neue Regime an die Kette gelegt, die erweise sich jedoch als ausreichend lang, um eine Strangulation zu vermeiden man möge sich nur einmal dieses Bild vorstellen! -, sind andere meiner Auffassung, nämlich, die neue Schuldenbremse im Grundgesetz für die Länder sei verfassungswidrig. Da können Sie bei Schneider, bei Hanke, bei Koriot und anderen schauen oder auch bei Veröffentlichungen von Heribert Prantl Festschrift zum 80. Geburtstag von Jürgen Habermas. Da übertitelt er seinen Beitrag mit „Die Bremse bremst“ und nimmt das schöne Bild: Wir sollten es doch nicht dazu kommen lassen, dass wir Ostern ist zwar vorbei - als schöne, bunt bemalte, auch schön anzusehende, aber leere und ausgeblasene Eier an einem Osterstrauch hingen; das wären die Länder nämlich nach Einführung dieser Schuldenbremse.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, will ich an unserer zunächst einhelligen Ansicht und Absicht festhalten, vor dem Bundesverfassungsgericht Klage zu erheben. Für mich jedenfalls hat sich an unseren Grundpositionen nichts geändert.
Ich betone noch einmal: Ich sehe beide Anträge in einem Zusammenhang, die beantragte Verfassungsänderung und den Antrag, Klage zu erheben.
Einzelheiten sollen aus meiner Sicht im Innen- und Rechtsausschuss und im Finanzausschuss erörtert werden. Ich beantrage die Überweisung meiner beiden Anträge - also des Antrags und des Gesetzentwurfs - federführend in den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wundere mich schon, wie lange wir über einen Punkt diskutieren, der im Prinzip erledigt ist.
Dies hätte nur noch in der Ausschusssitzung geändert werden können.
Versagt hat hier eindeutig die Stadt Kiel beziehungsweise der Betreiber. Wenn beide bereit gewesen wären, auf das Sonderkündigungsrecht zu verzichten - sechs Monate plus 12 Monate -, dann hätte es eine Mehrheit gegeben.
Insofern wehre ich mich dagegen, dass uns hier eine gewisse Schuld zugeschoben wird.
Vielleicht hätte man - das ist die Frage an die Regierung - die Verhandlungen der Stadt mit dem Betreiber, wenn man schon so viel Geld gibt, an diesem Punkt etwas präziser begleiten können.
Dann hätte man auch insgesamt vielleicht das von allen gewünschte Ergebnis bekommen. Jetzt zu verlängern, hilft niemandem. Ich glaube, dazu ist alles gesagt. Insofern müssen wir uns leider vom Science-Center verabschieden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben eben gefragt, ob man die Kernbank oder das neue Modell für zukunftsfähig halten könnte. - Jawohl, man kann es für zukunftsfähig halten, wenn die Modellannahmen auch eintreffen. Nur daran habe ich gewisse Zweifel:
ein zukunftsfähiges Modell, ja, allerdings die Annahmen sind zweifelhaft.
Eine zweite Voraussetzung ist natürlich, dass die Trennung in Abbaubank und Kernbank vollzogen werden kann. Da fehlen die gesetzlichen Voraussetzungen, und ich empfehle das letzte Interview von Herrn Steinbrück, in dem er deutlich macht: Bad Bank kommt für Deutschland nicht infrage.
Eines will ich auch klarstellen: Ich kenne keinen und ich glaube auch nicht, dass es irgendjemanden hier gibt -, der die Insolvenz dieser Bank gewünscht hätte, ganz im Gegenteil. Nur muss man über Wege streiten können. Und wenn ich das Zitat von Herrn Marnette aus dem „Handelsblatt“ richtig im Kopf habe, ist da gesagt worden: Es gibt j e t z t keine Alternative mehr.
Das haben auch bei der Anhörung in Hamburg und hier die Gutachter gesagt. Sie haben gesagt: aus heutiger Sicht keine verantwortbare Alternative. Wir reden von heute. Das ist auch der Grund, warum ich zustimmen werde: weil es keine verantwortbare Alternative gibt.
Aber gleichwohl werden wir uns doch damit auseinandersetzen müssen, wie es in der Vergangenheit war. Da empfehle ich allen Kolleginnen und Kollegen die Debatte aus Hamburg. Da gab es Herrn Kerstan, der das gesagt hat, was Sie zitiert haben, und er hat völlig zu Recht auch gesagt: Wir dürfen die HSH Nordbank nicht untergehen lassen, weil das schlichtweg eine Katastrophe für die schleswig-holsteinischen Sparkassen wäre. Denn wenn die HSH untergeht, haben die Sparkassen wegen ihrer Einlagen ein nicht mehr beherrschbares Problem. - Also ein weiterer Grund, warum ich
glaube, dass auch die Opposition darüber nachdenken sollte, ob sie zustimmen kann oder nicht.
Es gibt aber auch Herrn Bischoff, der zum einen gesagt hat, dass es deutliche Warnsignale über eine verschlechterte Risikotragfähigkeit der Bank gegeben hat. Das hat er offenbar den 2.000 Seiten, die von Ihnen zitiert wurden, entnommen. Ich will hier feststellen - Herr Dr. Garg, ich habe das letztes Mal noch ein bisschen in Abrede gestellt -: Herr Berger muss uns die Unwahrheit gesagt haben, und dann muss man natürlich auch da noch einmal forschen, wie das mit der Risikotragfähigkeit im ersten Quartal und mit der Situation Ende des zweiten, Anfang des dritten Quartals war.
Da frage ich mich dann allerdings auch - und deswegen eben der Versprecher -, ob die BaFin wirklich die richtigen Auflagen gemacht hat oder ob sie weggeguckt hat.
Eines will ich hier auch sagen: Das Problem der HSH Nordbank ist zunächst und zuallererst ein eigenes Problem. Die Finanzkrise ist obendrauf gekommen. Die Fehler sind vorher gemacht worden.
Dann müssen wir mal gucken, was die Bank unter Schnellankaufsystem verstanden hat, ob sie denn gar kein Vorwurf an Sie, sondern eine faktische Feststellung - irgendwelche Produkte ungeprüft gekauft hat, nur weil sie kaufen wollte. Dann geht es um Verantwortung der Vorstände, die damals im Amt waren.
Und es kann nicht sein, dass das ohne Risikoanalyse gegangen ist.
Darüber hinaus bin ich der Auffassung - und Gott sei Dank haben Sie das eben auch zugesagt -, dass wir sehr konkret nach der Zustimmung heute über die Resolution und über den Garantievertrag reden müssen. Wir müssen auch über die Dinge reden, die Hamburg beschlossen hat, denn da ist auch der Antrag von CDU, SPD und GAL, in dem beispielsweise das Thema Verschwiegenheitspflicht - denn wir können ja im Moment in manche Dinge nicht reingucken -, artikuliert wurde, in dem die Frage der Tilgung von Krediten neben den anderen Punkten, die die aus unserer Resolution genommen haben, angesprochen worden ist, das heißt, die Haf
tungsfrage des Garantiegebers und die Rückführung dorthin, von wo aus die Garantien beziehungsweise die Kredite gegeben worden sind.
Vor dem Hintergrund brauchen wir dringend, kurzfristig und vielleicht sogar vor dem 1. September einen konkreten Plan für die Umsetzung dessen, was wir heute beschließen werden.
Ein letzter Punkt und eine Bemerkung danach: Ich bin der Meinung, dass wir Dr. Marnette Unrecht tun, wenn wir ihn hier nur kritisieren.
Ich bin derjenige, der zu Anfang seiner Amtszeit Bedenken geäußert hat und der gesagt hat, dass es sicherlich schwierig wäre, den in eine Kabinettsdisziplin einzubinden, weil ich ihn aus seiner unternehmerischen Tätigkeit kannte. Er hat sich - jedenfalls nach meinem Gefühl - bis zu dem Thema HSH Nordbank eingebunden, und er hat vor allem draußen im Land wirtschaftspolitische Kompetenz gezeigt und Zustimmung bekommen.
Ich will überhaupt nicht in Abrede stellen, dass sein Weggang nicht - ich will das mal freundlich formulieren - die feine altenglische Art war. Das hätte man sicherlich auch anders machen können. Aber ich will genauso sagen: Er hat ein Weltunternehmen als verantwortlicher Vorsitzender des Vorstands geführt und zu Erfolg gebracht. Und eines kann man ihm nicht vorwerfen: dass er nicht Bilanzen lesen kann.
Die letzte Anmerkung: Ich glaube, wir sollten mal über die Governance-Regeln Aufsichtsrat gegenüber Vorstand nachdenken. Da ist Misstrauen angesagt, aber nicht gegenüber dem Aufsichtsrat, sondern das muss immanent sein, auch vom MiniSoFFin gegenüber der Bank. Denn so, wie das bisher gelaufen ist, kann das nicht weitergehen.
In dem Zusammenhang stelle ich auch die Frage, ob man nicht auch einmal über die Gutachter und über die Berater und Prüfungsgesellschaften nachdenken muss: ob da nicht ausgeschrieben werden muss und vielleicht einmal gewechselt wird.
Deswegen glaube ich, dass wir nach dem Beschluss heute weiter diskutieren müssen - auch schließlich und endlich zu der Frage, ob man nicht bestimmte Dinge extern managen lassen muss.
Ich werde zustimmen, aber ich habe meine Bedenken geäußert. Ich vertraue darauf, dass die Regierung sich an ihre Zusagen hält und der Ministerpräsident - das hat er nicht in seiner Funktion als Ministerpräsident gesagt - auch dazu steht, dass jedenfalls Schleswig-Holstein keine Eigenkapitalhilfe mehr leisten wird, sondern dass dann der SoFFin eintreten muss. Das ist für mich eine zwingende Voraussetzung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion hat den Abschluss des Vertrags zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der römisch-katholischen Kirche bereits in der Februarsitzung des Landtags ausdrücklich begrüßt. Mit dem Vertrag folgen wir dem Beispiel der meisten anderen Bundesländer und einer Empfehlung des Landesrechnungshofs. Ich freue mich daher, dass wir überwiegend dem Gesetz zum Staatskirchenvertrag zwischen dem Land und dem Heiligen Stuhl zustimmen werden.
Beide Kirchen, die evangelische und die katholische, leisten in unserem Land für unsere Gesellschaft Wertvolles, im wahrsten Sinne des Wortes Unbezahlbares. Sie übernehmen auf vielen sozialen Feldern Verantwortung, sei es bei der Pflege in Heimen oder Hospitälern, bei der Betreuung in Seniorenzentren, in der Kinder- und Krippenbetreuung oder bei der Unterstützung Armer, Obdachloser und anderer Hilfsbedürftiger. Deswegen halte ich es auch für unzulässig, die statistische Zahl der Christen als Argument gegen den Vertrag anzuführen.
Die Kirchen und deren Einrichtungen helfen bei der sozialen und beruflichen Integration von Menschen mit körperlicher Behinderung ebenso wie bei der Betreuung psychisch Kranker. Die Kappelner Werkstätten oder das Eiderheim sind beste Beispiele dafür.
Die Kirchen nehmen jedem Einzelnen von uns und unseren Familien durch diese Arbeit und die Arbeit in ihren Gemeinden Verantwortung ab - Verantwortung, die wir aus vielschichtigen Gründen so oder allein nicht zu tragen imstande sind.
Wir tun gut daran, dieses soziale Wirken und zugleich die geistig-seelische Prägekraft beider Kirchen für unsere vom Christentum geprägte Kultur und unsere Gesellschaft richtig wertzuschätzen.
Gerade die jüngsten Ereignisse in dem kleinen Städtchen Winnenden haben uns doch wieder einmal auf traurige Weise gezeigt, dass wir unser humanistisches Weltbild und die uns verbindenden
gesellschaftlichen Werte wie Mitmenschlichkeit, Rücksichtnahme und Solidarität noch viel mehr schützen müssen.
Manch ein Kollege und manch eine Kollegin hier im Landtag tut sich aus grundsätzlichen Erwägungen mit dem Gedanken schwer, diesem Vertrag zustimmen zu sollen, nämlich die Arbeit der Kirchen auf vertraglicher Basis mit Landesgeldern zu unterstützen. Andere irritiert offenbar die Ewigkeitsklausel, mit der sich das Land zu Zahlungen gegenüber den Kirchen verpflichtet. Letztes ist allerdings die übliche Rechtspraxis in Verträgen zwischen Kirchen und Ländern. Dort wird immer ausdrücklich auf die Kündigungsklausel verzichtet. Zudem darf ich darauf hinweisen, dass im Verhandlungsprotokoll festgehalten ist, dass die Verhandlungsdelegationen davon ausgehen, dass der Vertrag in seiner inhaltlichen Substanz grundsätzlich unbefristet gelten soll, aber dass aufgrund geänderter Umstände gegebenenfalls Anpassungen einzelner Vertragsregelungen, so zum Beispiel in fiskalischen Angelegenheiten gemäß Artikel 22, möglich werden sollen. Im Übrigen bleibt für beide auch das Recht auf eine außerordentliche Kündigung unberührt, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.
Ich sage diesen Kritikern: Diese Gelder kommen nun wirklich den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land zugute, und es sind beileibe keine üppigen und schon gar keine leichtfertig aus der Hand gegebenen Gelder, die die Kirchen erhalten sollen.
Bestimmte, für das Miteinander in unserer Gesellschaft zu schützende Güter lassen sich nach meiner Meinung in ihrer Wertigkeit auch nicht in nackten Zahlen bilanzieren. Die Rendite geistig-ethischer und sozialer Werte lässt sich eben nicht mathematisch ermitteln. Ich bin aber fest überzeugt, man kann den Einsatz beider Kirchen kaum überbewerten.
Nein, im Gegenteil, ich halte die Sozialleistungen sowie deren Effizienz und das kulturelle Schaffen beider Kirchen, der evangelisch-lutherischen wie der katholischen, an die das Land Mittel vergibt, für außerordentlich vorbildlich. Wir müssen den Kirchen nachgerade dankbar sein, dass sie auf vielen sozialen Feldern - und nicht allein dort - Verantwortung übernommen haben.
Und wenn wir bedenken, an wie viele Manager allein von der öffentlichen Hand im Zuge der Bankenrettungsaktion vorfällige Pensionen oder Er
folgsboni ausgezahlt werden, dann würde allein die Gesamtsumme mancher Abfindungen dazu reichen, die Kirchenzuschüsse des Staates für die ersten 100 Jahre der Ewigkeitsklausel abzugelten. Dies habe ich erwähnt, um die Relation deutlich zu machen, über die wir nachdenken.
Ich glaube, dass die raue Wirklichkeit und das Diktat des Sparzwangs - das leugne ich überhaupt nicht - manch einem unter uns den Blick auf die Verhältnismäßigkeit ein wenig verstellt haben. Deswegen sollte sich auch eine Diskussion verbieten, die sich mit den öffentlich zugestandenen Mitteln gegenüber den Kirchen auseinandersetzt. Ich glaube, mit Blick auf die Unterstützung beider Kirchen und den vor uns liegenden Staatskirchenvertrag mit der katholischen Kirche sollten wir nicht am falschen Ende sparen. Ich bitte die betreffenden Kolleginnen und Kollegen, vor der Abstimmung ihre kritische Haltung noch einmal zu überdenken und dem Gesetz mit großer Mehrheit zuzustimmen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach meiner Überzeugung sind wir alle am Erhalt der HSH Nordbank interessiert. Ich denke, es geht darum, Schaden von der Bank abzuwenden und auch von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Es geht aber auch darum, die Bank als Institut für die Versorgung der Wirtschaft, des Mittelstandes und auch der Region zu erhalten.
Für mich ist aber genauso wichtig, dass wir die Bank erhalten müssen, um sie auf Fusionen vorzubereiten und - ganz persönlich - um den Ausstieg des Landes auf lange Sicht sicherzustellen.
Das ist die eine Möglichkeit, der eine Parameter. Der andere ist, mir - und ich denke, den meisten von uns - geht es auch darum, den Schaden, die Belastung für das Land möglichst niedrig zu halten.
Nachdem die Gutachter festgestellt haben, dass das Modell, das uns vorgelegt wurde, gangbar ist - teilweise wurde es als tragfähig bezeichnet, zumindest aber als plausibel, von einigen auch als alternativlos - und aus heutiger Sicht jedenfalls keine Alternative gegeben ist, müssen wir dies zur Kenntnis nehmen.
Die Erkenntnis aus den Anhörungen ist, dass eine Liquidation, kontrolliert oder unkontrolliert, in jedem Fall zu Wertvernichtungen führen würde. Nur dieses Modell - und ich denke, das ist der entscheidende Punkt - kann und wird auch zu möglichen und erforderlichen Hilfen des SoFFin führen. Vor diesem Hintergrund haben wir parlamentarisch kaum einen Entscheidungsspielraum. Wir müssen so zustimmen. Und ich beabsichtige auch, trotz aller Bedenken, trotz allen Bauchgrimmens zuzustimmen, um den Schaden zu minimieren.
Ich beabsichtige zuzustimmen, obwohl - wir sollten uns das wirklich nicht leicht machen - die Gutach
ter zum Teil sagen, die HSH Nordbank sei unterkapitalisiert oder zu schwach kapitalisiert, die Risikovorsorge sei zu knapp gerechnet.
Kritisiert wurde gestern in Hamburg zum Beispiel, dass das Modell auf längst überholten Daten gerechnet worden sei, dass es möglich gewesen wäre, insbesondere die gesamtwirtschaftlich inzwischen eingetretene Entwicklung in der Modellrechnung zu berücksichtigen.
Klartext: Das Modell funktioniert nur - ich glaube, das ist jedem einsichtig -, wenn die Annahmen stimmen. Dabei ist allerdings kaum das Klumpenrisiko berücksichtigt worden, das wir im Bereich Schifffahrt haben, und dessen künftige Entwicklung. Wir haben jetzt schon eine Entwicklung, die sehr kritisch ist. Im Übrigen ist auch überhaupt nicht der mögliche Ausfall von Charterern hineingerechnet worden. Insoweit ist das in der Tat eine sehr kritische Modellrechnung, die wir hier zur Grundlage haben - aber, wie gesagt, sie ist alternativlos.
Bemängelt wird, dass es kein Exitszenario gibt und dass das Stressszenario - das normale, nicht der Worst-case - eher wahrscheinlich ist als die derzeitigen Modellannahmen. Das ist von mehreren Gutachtern gestern auch noch einmal so unterstrichen worden. Gleichwohl, es gibt keine Alternative.
Kritisieren will ich auch an dieser Stelle, dass ich die Informationspolitik durch die HSH Nordbank schlichtweg für katastrophal halte,
insbesondere - ich habe mir das noch einmal angeschaut - wenn ich mir die letzten Protokolle ansehe, die aus dem Finanzausschuss stammen, in denen Herr Berger uns das Institut noch „schön“ beschrieben hat. Im Grunde ist uns da Sand in die Augen gestreut worden, im Herbst des vergangenen Jahres.
- Ich formuliere lieber „Sand in die Augen gestreut“, Herr Dr. Garg, und nicht „angelogen“. Wir sind jedenfalls in der Weise getäuscht worden, dass wir von einer viel besseren Situation ausgegangen sind, als sie gegeben war, als sie im November da war und möglicherweise auch schon absehbar gewesen ist.
Ich will, dass wir alle wissen: Wir gehen eine Wette auf etwa 24 Monate ein. Wenn die Wette nicht eingelöst wird, wenn die Situation, insbesondere bei den Schiffen, kritisch bleibt, dann allerdings werden wir erneut die Nachfrage nach Eigenkapital bekommen.
Ich beabsichtige dennoch zuzustimmen, weil uns einerseits die Resolution Kontrollmöglichkeiten gibt, weil andererseits die Forderung da ist, dass wir bei der Garantieerklärung durchaus mitwirken können, und weil der SoFFin das Signal gegeben hat, dass er bei weiterem Eigenkapitalbedarf eventuell auch eintreten könnte. Er hat das nicht verbindlich zugesagt, aber ich glaube, das kann man aus den Äußerungen von Herrn Rehm ableiten. Und ich vertraue darauf, dass Aussagen, die im politischen Bereich gefallen sind, dass das Land kein weiteres Eigenkapital zur Verfügung stellen wird, auch eingehalten werden, dass wir wirklich keine weiteren, zusätzlichen Belastungen mehr bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns allen sollte bewusst sein, die Krise richtet sich nicht nach dem Plan, die ist eigenständig, und mit der müssen wir uns auseinandersetzen. Wir sollten also dieses Risiko sehen. Allerdings, jede Alternative - das ist meine Überzeugung auch nach dem, was ich gestern in Hamburg gehört habe - dürfte teurer sein als das vorgelegte Modell. Jedenfalls ist für mich klar, seit sich der Landtag mit dem Thema bewusst befasst hat, hat es keine andere Alternative mehr gegeben. Ob das vorher der Fall war, wage ich nicht zu beurteilen. Deswegen müssen wir uns konstruktiv mit dem auseinandersetzen, was uns vorgelegt ist. Ich halte das, was uns vorgelegt worden ist mit den Einschränkungen Garantieerklärung und Resolution allerdings heute für alternativlos, weil ansonsten der Schaden für das Land noch größer werden würde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die Schuldenbremse selbst möchte ich nicht eingehen. Dazu ist hier genug gesagt worden. Ich halte sie persönlich allerdings grundsätzlich für wichtig und richtig. Über die Ausgestaltung muss man sicherlich noch diskutieren können. Ich gestehe, ich bin da persönlich etwas näher bei der FDP. Das ist wie beim Autofahren: Wenn ich eine Gefahr erkenne, bremse ich. Wenn aber die Gefahr beseitigt ist, dann werde ich keine Vollbremsung machen und auf null gehen. Hier müssen wir sicher noch diskutieren.
Aber ich möchte vor allem damit all denjenigen entgegentreten, die glauben, dass wir mit unserer Verfassungsklage gegen eine Schuldenbremse als solche seien. Das ist an keiner Stelle der Fall. Es geht uns um etwas viel Substanzielleres, nämlich um das Budgetrecht, das Königsrecht der Parlamente. Und dies gilt es, gegen Übergriffe des Bundes zu verteidigen.
Herr Dr. Stegner und ich haben dazu mit den anderen Kollegen von der Landtagsbank unsere Auffassung in der Kommission mehrfach deutlich gemacht. Allerdings sind wir weder bei den Kollegen des Bundestages noch bei den Ministerpräsidenten dabei durchgedrungen. Sie können alle unsere Anträge und Diskussionen nachlesen.
Ich bin der Auffassung, dass neue Schuldenregelungen den Ländern nicht durch Änderungen des Grundgesetzes übergestülpt werden dürfen. Schul
denregelungen sind, was die Länder angeht, wesentliche Bestandteile des Haushaltsrechts der Länder. Schuldenregeln schränken das Budgetrecht zentral ein. Neue Schuldenregelungen bedürfen deswegen auch der konstitutiven Mitwirkung der Landesparlamente. Schuldenregelungen sind den Ländern, sowohl was die grundsätzliche Regelung wie auch ihre nähere Ausgestaltung angeht, in den Landesverfassungen vorbehalten.
Die Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft der Länder gehören zum Kernbereich unserer Staatlichkeit, die als Ausfluss des Bundesstaatsprinzips vom Grundgesetz verfassungsfest gewährleistet wird.
Ich erinnere gern daran, dass die Länder in diesem Fall vor dem Bund stehen. Der Weg einer einseitigen Grundgesetzänderung zulasten der Bundesländer muss abgelehnt werden. Er ist verfassungsrechtlich unzulässig und verfassungspolitisch nicht hinnehmbar. Wir dürfen solch einen Weg nicht mitgehen, weil damit nämlich unsere Staatlichkeit beschädigt würde und es im Grunde auf eine Entmachtung der Länder hinausliefe. Deswegen - das ist hier schon deutlich geworden - begrüße ich es außerordentlich, dass der Ältestenrat einmütig beschlossen hat, gegen eine derartige Änderung Verfassungsklage einzulegen.
Ich weiß, diese Verfassungsklage ist mit gewissen Risiken behaftet, was den Verfahrensweg anbelangt, aber die können wir sicher überwinden, wenn, wie das hier im Land bisher üblich war, die Landesregierung im Rahmen des bisher praktizierten innerorganfreundlichen Verhaltens diese Klage mitträgt. Ich fordere Sie hier schon auf, unserer Klage beizutreten beziehungsweise eigenständig zu klagen. Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen einer Einschränkung unseres Budgetrechts mit Entschiedenheit entgegentreten. Und dazu rufe ich Sie alle auf.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion begrüßt den Abschluss des Vertrages zwischen dem Land Schleswig-Holstein und der römisch-katholischen Kirche ausdrücklich. Auf die Inhalte muss ich nicht eingehen; diese sind von der Frau Ministerin im Einzelnen dargestellt worden. Die Vertragsunterzeichnung und die Beschlussfassung durch das Parlament werden das ohnehin vertrauensvolle Verhältnis zwischen Staat und katholischer Kirche noch weiter stärken. Der Staatskirchenvertrag mit dem Heiligen Stuhl ist ein wichtiges und zugleich beeindruckend nüchternes Dokument der religiösen Einheit in Vielfalt, die die Menschen in Schleswig-Holstein in und mit unserem Land verbindet und auch prägt.
Denn das gewiss nicht immer spannungs- und konfliktfreie, aber trotzdem friedvolle Zusammenleben unserer Gesellschaft fußt auf dem festen Fundament unserer christlichen Werte. Das christlichhumanitäre Menschenbild bestimmt unser Handeln in allen Bereichen des Lebens, es prägt die Haltung eines jeden Einzelnen - auch in der Politik. Es prägt auch das Bewusstsein derer unter uns, die einen Glauben haben oder einer ethischen Verantwortung folgen, aber keiner Kirche und keiner Religion nahestehen.
Wir alle sind geprägt von der Kultur des christlichen Abendlandes. In der leider nicht ratifizierten Verfassung der Europäischen Union wird in der Präambel ausdrücklich Bezug genommen auf die „kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas“. Sie zusammen bilden den Humus, auf dem eine gute Zukunft Europas gedeihen wird.
Unser der Subsidiarität verpflichtetes Europa wächst zuallererst von unten zusammen. Daher be
grüße ich es sehr, dass Schleswig-Holstein diesen Vertrag mit der katholischen Kirche vereinbart, vor allem aber auch, weil unser Land im Bewusstsein seiner Verantwortung für seine katholischen Bürgerinnen und Bürger gehandelt hat.
Aber Schleswig-Holstein ist und bleibt protestantisch. Dennoch erfolgt mit der jetzt erzielten Vereinbarung eine letztlich nur natürliche Anpassung an die bevölkerungspolitische Realität, die spätestens mit dem Ende des Weltkriegs zu einem Anstieg der katholischen Bevölkerung im Land geführt hat.
Die Vereinbarung ist für mich zugleich ein klares Dokument der nach unserem staatsrechtlichen Verständnis gebotenen Trennung von Staat und Kirche.
Meine Damen und Herren, manche Kritiker haben sich im Vorfeld des ausgehandelten Vertrages gerade mit Blick auf die finanziellen Verpflichtungen des Landes skeptisch dazu geäußert. Diesen Kritikern sage ich: Das Geld ist nun wirklich gut angelegt. Die Kostenregelung ist festgeschrieben, Zusatzzahlungen entstehen nicht. Hier werden keine vor allem aber keine üppigen - Gelder unter dem allgemeinen Diktat des Sparzwanges leichtfertig aus der Hand gegeben.
Nein, im Gegenteil, ich halte die Sozialleistungen sowie deren Effizienz und das kulturelle Schaffen der beiden Kirchen, der evangelisch-lutherischen wie der katholischen, an die das Land ja Mittel vergibt, für außerordentlich vorbildlich.
Wir müssen den Kirchen geradezu dankbar sein, dass sie auf vielen sozialen Feldern - aber nicht allein dort - Verantwortung übernehmen.
Die großen Religionen stellen sich ihrer Verantwortung für den Frieden und den sozialen Ausgleich in aller Welt. Sie übernehmen Verantwortung durch die Überzeugungskraft ihrer Worte und das gute Beispiel, nicht aber dadurch, dass materielle Macht ausgeübt wird.
Wir brauchen, so glaube ich, die Kirchen heute mehr als jemals zuvor, in unserer Zeit gesellschaftlicher Atomisierung und globaler Unübersichtlichkeit zugleich. Die Sehnsucht der Menschen nach Gemeinsamkeit, nach Rückbesinnung, nach einem Gefühl von Vertrautheit, nach Heimat - auch nach geistiger Heimat - steigt.
Beide Kirchen sind für viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ein Stück dieser Heimat.
Wir tun gut daran, diese geistig-seelische Heimat, diese Prägekraft des Christentums in unserer Kultur - wie der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Huber, kürzlich formuliert hat - zu stärken, wo immer wir können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe meine Rede ein Stück gekürzt; die vollständige Fassung können Sie in meiner Pressemitteilung nachlesen. Ich glaube nämlich, dass in diesem Zusammenhang noch ein anderes Thema kurz angesprochen werden muss. Ich meine die Aufhebung des Kirchenbanns gegen vier erzkonservative Bischöfe, unter ihnen ein Leugner des Holocaust, der englische Bischof Richard Williamsen. Ich glaube, der Presseinformation des Kollegen Fischer ist an dieser Stelle im Grunde nichts hinzuzufügen.
Ich finde es dennoch wichtig, dass der Vatikan deutlich gesagt hat, dass solche Äußerungen absurd und moralisch wie historisch inakzeptabel sind. Es kann in meinen Augen keine Entschuldigung sein, dass diese Äußerungen vor Rücknahme des Kirchenbanns erfolgt sind.
Johannes Paul II. hat nicht nur Verträge abgeschlossen, sondern auch in Yad Vashem deutlich gesagt, dass er jede Form von Antisemitismus verurteilt.
Hier hätte die katholische Kirche mehr Sensibilität zeigen müssen. Der Vatikan ist aufgefordert, hier zu handeln. Ich glaube, dass das Vorgehen des Regensburger Bischofs Gerhard Ludwig Müller, der seinem britischen Amtsbruder Hausverbot erteilt und gestern gesagt hat, dass die Äußerungen von Williamsen menschenverachtend seien, beispielgebend für alle sein kann.
Wir dürfen dem Rechtsextremismus in unserem Land nirgends und an keiner Stelle, auch nicht durch Leichtfertigkeit, eine Chance geben. Ganz im Gegenteil, wir müssen ihn im Keim ersticken, wenn solche Gedanken irgendwo aufkommen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein zeichnet sich durch eine hervorragende Minderheitenpolitik aus. Dabei soll es auch bleiben.
Aber der Beitrag von Kollegin Spoorendonk geht von Prämissen aus, die wir so bisher nicht verabredet haben. An anderer Stelle haben wir gesagt, die Umsetzung des von uns in Auftrag gegebenen Gutachtens sei nicht Sache des Landtags. Sie ha
ben eben formuliert, Frau Spoorendonk, dass der Herr Sørensen, der offenbar der Clustermanager werden soll, auch hier einen Ansprechpartner brauche. Wir haben bis heute die Einsetzung eines Clustermanagers nicht verabredet. Ganz im Gegenteil, die Landesregierung hat hervorragende Ansätze bei der Umsetzung längst deutlich gemacht. So plant die Landesregierung zum Beispiel am 8. Dezember 2008 den Kongress „Zukunft Grenzregion“. Genau da werden auch die Themen aufgearbeitet, die Teil des gesamten Gutachtens waren.
Darüber hinaus hat die Kollegin Herold darauf hingewiesen, dass es längst eine Vielzahl von grenzüberschreitenden Aktivitäten gibt. Ich erinnere an die 43. Sitzung des Europausschusses. Da haben Sie nämlich über grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit zwischen Flensburg, Apenrade und Sonderburg unter Beteiligung der Minderheiten gesprochen. Da wird deutlich, dass es dort Steuerungskonferenzen gibt, administrative Lenkungsgruppen, dass die Infrastruktur aufgebaut wird, die Zusammenarbeit zwischen den Universitäten gefördert wird und so weiter. Dadurch wird auch deutlich, dass wir längst auf einem guten Weg sind, ohne Doppelstrukturen aufzubauen. Darum geht es nämlich. Außerdem haben wir das ECMI und andere, die dafür die Kompetenz und die Manpower haben, um das umzusetzen. Wir haben das Regionskontor.
Ich frage mich: Wollen wir nicht diesen etablierten Institutionen, die inzwischen längst auf diesem Gebiet tätig sind, die Chance geben, dass sie sich auch hier weiter einbringen? Das sollten wir unterstützen.
Schließlich will ich daran erinnern, dass sich der Wirtschaftsausschuss zum Beispiel mit Stärken der Region Süddänemark in der Energiewirtschaft auseinandergesetzt hat. Auch da gibt es Strukturen. Dann gibt es die Vorlage zum Thema Lab-on-ChipTechnik zur Qualitätskontrolle und so weiter. Also selbst in den Fachgebieten gibt es inzwischen hinreichende Aktivitäten.
Ich meine also, wir täten gut daran, den etablierten Institutionen nicht irgendjemanden zur Seite zu stellen, der da steuernd eingreift. Denn die Begründung, zu sagen, nur so bekommen wir EU-Mittel eingeworben, ist falsch. Das können diese Institutionen genauso. Ich glaube, sie sind auch in der Lage, das, was das Gutachten insgesamt ausgedrückt hat, in Zukunft umzusetzen. Dann sind wir gemeinsam auf einem guten Weg.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Lars Harms hat ja recht. Es ist aber auch nicht so, wie Sie es dargestellt haben, Herr Harms, sondern die Situation stellt sich völlig anders da. Für mich wird das Wort Mindestlohn langsam zum sozialpolitischen Unwort des Jahres. Die Gewerkschaften - das gebe ich gerne zu - haben es geschafft, den Arbeitsminister Scholz und Frau Merkel auf eine Schiene zu bringen, die so überhaupt nicht funktionieren kann.
Man hat das Entsendegesetz verändert und gesagt: Da, wo sich Tarifvertragsparteien einig sind, nehmen wir sie auf. Da, wo die sich nicht einig sind, hat man in die Mottenkiste gegriffen und ein Gesetz von 1952 herausgeholt, in dem es um Mindestarbeitsbedingungen geht. Ich frage mich, was das für eine Brücke ist. 1952 war eine andere Situation als heute. Wenn man auf so etwas zurückgreift, dann muss man sich doch fragen, was in der Hauptsache eigentlich geschehen ist.
Erstens. Es haben kaum Arbeitgeber für die Aufnahme ins Entsendegesetz gestimmt. Die meisten haben gesagt: Wir wollen das nicht.
Zweitens. Gucken Sie doch einmal zur Deutschen Post. Was ist dort passiert? Ver.di und die Deutsche Post haben zulasten Dritter einen Mindestlohn vereinbart, der über dem Durchschnittslohn der Branche lag. Die Konsequenz ist gewesen: Wettbewerber, die einen niedrigeren Lohn gezahlt haben, sind vom Markt. Arbeitsplätze sind schlichtweg vernichtet worden. Das sollten wir bei der Gesamtdiskussion über Mindestlohn berücksichtigen.
Hier rede ich überhaupt nicht davon, was in Ostdeutschland und in der Konkurrenz zu Polen passiert. Das sind völlig andere Situationen. Dies kann man wirklich einmal vertiefen.
Ich glaube auch, dass wir vor allem den Betroffenen mit einem Mindestlohn überhaupt keinen Gefallen tun, denn der Gesetzgeber kann den Arbeitgeber nicht verpflichten, jemanden einzustellen.
Wenn der Markt den Preis für den Lohn nicht hergibt, dann wird nicht eingestellt. Das heißt, die Mitarbeiter werden im Zweifel sogar entlassen. Dies ist eine zweite ganz schlimme Auswirkung, denn das geht zulasten der wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Lande, die momentan nicht schlecht ist.
Wenn also Beschäftigte nicht das erwirtschaften, was sie kosten - vielleicht ist das einfacher ausgedrückt -, dann werden sie auch nicht beschäftigt werden.
Drittens. Wenn Mindestlöhne deutlich über den Marktlöhnen liegen, dann ist das okay, wenn wir einen leergefegten Arbeitsmarkt haben. Wenn Mindestlöhne aber über den Marktlöhnen liegen, wenn es Unbeschäftigte, Arbeitslose gibt, dann ist das das verkehrte Instrument. Aus diesem Grunde bin ich der Auffassung, dass man mit Mindestlöhnen mehr als vorsichtig umgehen muss.
Zum Schluss möchte ich Ihnen ein Zitat vom Arbeitsrechtsprofessor Thüsing nennen:
„Wir in Deutschland sind im vergangenen Jahrzehnt jedenfalls gut damit gefahren, Arbeitnehmer durch Tarifverträge zu schützen und nicht vor Tarifverträgen. Hierbei muss es bleiben.“
Der Mann hat recht.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Gesundheitsreform werde ich mich nicht äußern.
Meine Position zum Gesundheitsfonds brauche ich nicht zu wiederholen. Ich habe sie hier schon einmal deutlich gemacht. Wenn der Ausschuss aber ohnehin darüber beraten wird, kann die Regierung hier und heute oder vielleicht auch im Ausschuss ein paar Fragen beantworten, die sich mir aufdrängen. Die erste Frage wäre, warum der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesversicherungsamt zurückgetreten ist.
Lag es daran, dass das Umverteilungsvolumen insgesamt zu groß wurde, dass zu viel in den RSA hineingepackt wurde, oder gab es eine grundsätzliche Dissonanz zwischen dem Ministerium und dem Wissenschaftlichen Beirat oder dem Bundesversicherungsamt? Es stellt sich wirklich die Frage: Überfrachten wir den RSA, wenn Diabetes mellitus oder gar Schwangerschaft plötzlich als Krankheiten betrachtet werden? Das müssen wir einmal hinterfragen.
Ein zweiter Punkt. Die Regierung hat auf eine Anfrage des Abgeordneten Garg geantwortet, dass die
gesetzlichen Krankenkassen zumindest in Schleswig-Holstein nicht insolvenzfähig seien, weil entsprechende Regelungen aus dem Landesverwaltungsgesetz dieses verhinderten. Dies will ich zunächst einmal so stehen lassen. Es stellt sich aber die Frage, warum dann im Bundesrat darüber verhandelt wird, dass diese Insolvenzfähigkeit noch einmal gesondert festgeschrieben wird. Ist das nicht so sicher? Ist es doch sicher? Was steckt eigentlich dahinter? Die Frage 2 b) wäre dann: Liegt es etwa daran, dass die hohen Schulden aufgrund der Pensionsverpflichtungen, die bei den gesetzlichen Kassen nirgendwo ausgewiesen sind, jetzt plötzlich aus den Verwaltungskosten des Gesundheitsfonds zu zahlen sind? Dies frage ich ganz konkret.
Im Klartext würde das bedeuten, dass die Versicherten für die nicht vorhandene Vorsorge bei der einen oder anderen Kasse aufzukommen haben, was dann natürlich zu einer Erhöhung der Beiträge führen wird.
Ich habe in der Debatte eben - drittens - gehört, dass 4 Milliarden € aus Steuermitteln aufzubringen seien. Angesichts dessen frage ich mich, wann der Bund sagen wird: Eigentlich ist das keine Sache, die der Steuerzahler zu vertreten hat. Dies müssen die Versicherten tragen. - Die weitere Entwicklung kann man sich dann vorstellen. Vielleicht kann die Landesregierung ja etwas über die erwartete Entwicklung der Versicherungsbeiträge nach Einrichtung des Fonds sagen.
Viertens würde mich wirklich interessieren, welche zusätzlichen Belastungen auf schleswig-holsteinische Versicherte zukommen, wenn die süddeutschen Bundesländer - wovon ja auszugehen ist - an der Konvergenzklausel festhalten. Das würde bedeuten, dass wir für bessere, teurere Leistungen in Süddeutschland zu zahlen hätten. Dies kann ich vor dem Hintergrund der Föderalismusdebatte, wie sie in Bayern geführt wird, überhaupt nicht mehr verstehen.
Frau Präsidentin, nachdem der Tagesordnungspunkt im Sozialausschuss nicht aufgerufen worden ist, ist von den beiden großen Parteien signalisiert worden, dass er abgesetzt werden soll. Ich stelle hiermit den Antrag, den Tagesordnungspunkt abzusetzen.
Frau Präsidentin, nach meiner Wahrnehmung hatten Sie diesen Bericht zu diesem Tagesordnungspunkt als gegeben angenommen und damit für erledigt erklärt. Parallel dazu ist ein Antrag auf Ausschussüberweisung gestellt worden. Über den müssten wir abstimmen. Dieser Punkt hat mit dem Bericht nach meiner Auffassung seine Erledigung erfahren. Wir stimmen jetzt über die Ausschussüberweisung ab. Über das Abstimmungsverhalten haben sich der Fraktionsvorsitzende der CDU und der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD geäußert.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann meinen beiden Vorrednern - bis auf zwei Einschränkungen - absolut zustimmen. Herr Kollege Harms, die eine Einschränkung ist das Thema Bürgerversicherung. Darauf komme ich noch einmal zurück. Ansonsten gebe ich Ihnen meine Unterschrift unter alles, was Sie gesagt haben.
Für Herrn Dr. Garg gilt dies genauso. Allerdings sage ich: Die Kritik an der Kollegin Sassen war falsch. Frau Sassen hat zunächst einmal die Ziele beschrieben. Diese sind durchaus lobenswert und richtig. Sie hat aber genauso deutlich gemacht, dass diese Ziele mit dem, was jetzt in Berlin verhandelt wird, nicht erreicht worden sind. Im Gegenteil: Hier bleibt es bei dem Begriff Murks, denn die Reform, die auf diese Weise auf den Weg gebracht worden ist, erreicht diese Ziele niemals.
- Liebe Frau Schümann, wenn ein Gesetzentwurf da ist, wenn eine Anhörung stattgefunden hat und wenn man den Verbänden 90 Minuten Zeit gibt, um zum Thema Gesundheitsfonds miteinander zu diskutieren, dann ist dies auf den Weg gebracht worden. Das ist gegenüber denen, die diskutieren sollen, ein Affront. Liebe Frau Schümann, Sie wissen das genau. Offenbar haben Sie im Hinterkopf, dass man dann, wenn - was nicht eintreten wird - die SPD in Berlin mal wieder die Mehrheit haben sollte, diese schlechte Reform vielleicht in eine Bürgerversicherung umwandeln könnte. Das wird Ihnen nicht gelingen!
Deshalb verstehe ich Ihre Argumentation überhaupt nicht. Sie haben sich hier hingestellt und etwas verteidigt, was definitiv falsch ist. Es gibt keinen Verband, der das gut findet. Es gibt eine einzige Einschränkung. Die IKK hat sich halbwegs positiv geäußert.
- Herr Kollege Baasch, wir haben dazu eine Anhörung durchgeführt. Das klang sehr differenziert. So pauschal kann man nicht sein!
Frau Kollegin Schümann, Sie sind ja lernfähig. Sie haben inzwischen erkannt, dass dahinten der Abgeordnete Kayenburg sitzt und nicht der Präsident; als solcher rede ich hier nicht. Vielleicht sind Sie auch hinsichtlich der Gesundheitsreform lernfähig. Fragen Sie doch einmal die Verbände! Es gibt weder Leistungserbringer, noch Leistungsempfänger noch jemanden von den Versicherern, die gut finden, was auf den Weg gebracht worden ist. Im Gegenteil: Sie als Sozialdemokraten nehmen billigend in Kauf, dass die Versicherungsbeiträge bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen um nahezu 1 % steigen werden, und zwar insbesondere dann, wenn der Gesundheitsfonds kommt. Das heißt, Sie machen dieser Kasse Schwierigkeiten. Sie belasten die sozial Schwachen. Sie machen hier das Geschäft der Privaten.
Das Thema Ersatzkassen trifft Sie genauso. Sie haben demnächst keinen Ansprechpartner mehr hier im Land. Sie haben einzeln mit den Kassen zu verhandeln. Wie wollen Sie das gestalten, ohne dass das zu Ungleichgewichten führt? - Sie gucken so erstaunt. Gucken Sie doch einmal ins Gesetz oder befassen Sie sich einmal mit den Stellungnahmen!
- Das müssen gerade Sie mir sagen! Was haben Sie denn hier eben vom Stapel gelassen? Geschäftsleitende Bemerkungen hat die Präsidentin zu machen, aber nicht Sie! Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.
Wenn Sie sich wirklich einmal mit dem Gesetz auseinandersetzen, dann werden Sie erkennen, dass Sie mit den Einzelnen verhandeln müssen.
Die Frau Präsidentin macht mich darauf aufmerksam, dass die Redezeit abgelaufen ist. - Frau Kollegin Schümann, ich empfehle Ihnen, die Anhörung, die die CDU-Fraktion durchgeführt hat und die gerade geschrieben wird, zur Kenntnis zu nehmen. Vielleicht kommen Sie dann auf den Pfad der Tugend zurück.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stimme der Kollegin Jutta Schümann ausdrücklich zu - bis zu dem Punkt, wo sie gesagt hat, wir müssen an dem Kompromiss herumoperieren. Ich glaube, ein Kompromiss, der schon kaum noch tragbar ist, sollte nicht Gegenstand einer weiteren Verhandlung sein, sondern dann muss man neu aufsetzen und neu verhandeln.
Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass wir uns wirklich überlegen sollten, ob die Fondslösung, die da angedacht ist, die richtige Lösung sein kann. Sie wird mehr Bürokratie bringen und sie wird keine Verbesserung im System bringen. Wenn wir hier über Schleswig-Holstein diskutieren, ist das sicherlich richtig. Ich habe aber in der Debatte sehr die Auswirkungen auf die Versicherten vermisst, die Konsequenzen in den Beiträgen.
- Gut, ich sage das dann nicht zu Ihnen, sondern zu denen, die das in gewisser Weise befürwortet haben. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir deutlich machen: Das wird in dieser Form teurer. Das ist doch wie bei den Kommunalen Verwaltungsregionen, wir ziehen eine neue Ebene ein. Das gibt eine neue Bürokratie.
Es kann doch nicht sein, dass wir das in dieser Form durchgehen lassen.
Vor dem Hintergrund denke ich, wir sollten wirklich im Ausschuss noch einmal sehr intensiv darüber diskutieren, wie wir hier von der Parade kommen.
Einen Punkt, Frau Heinold, möchte ich Ihnen auch sagen: Sie können nicht verlangen, dass eine Ministerin, die wirklich konsequent unsere Position vertreten hat, in die Verhandlungen geht und vorher die Auswirkungen weiß. Die Auswirkungen kann sie erst dann prüfen, wenn sie weiß, was das Ergebnis der Verhandlungen ist. Vor dem Hintergrund geht Ihr Vorwurf ein Stück weit ins Leere. Ich teile aber die Auffassung, dass wir hier von Grund auf neu aufsetzen müssen und dass dieser Fonds in dieser Form nie realisiert werden darf, weil er weder Ihr System noch unser System abdeckt. Das ist für mich
- nein - eine Missgeburt.
Als Abgeordneter frage ich Sie, Frau Kollegin Heinold. Sie haben vom „rauchfreien Landeshaus“ gesprochen. Sind damit auch alle Fraktionsräume gemeint?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe sonst keine Probleme damit, mit jemandem verwechselt zu werden.
Aber mit diesem Hemdchen an tut es doch ein bisschen weh.
Ich glaube, dass sich die Fraktion der Grünen keinen Gefallen damit getan hat, sich nach den Äußerungen, die hier sehr bedacht vom Kollegen Wadephul und vor allem vom Kollegen Kubicki gemacht worden sind, noch einmal einzulassen. Ich halte es für richtig, dass im Ältestenrat über dieses Thema noch einmal gesprochen wird.
In der Tat haben wir hier eine Grenzberührung im Hinblick auf eine politische Demonstration. Der Tatbestand einer Uniformierung ist vielleicht noch nicht erfüllt. Aber wenn dann im Nachhinein der Kollege Hentschel auch noch rechtfertigt, dass er dieses T-Shirt in dieser Offenheit trägt, dann frage ich mich und frage die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wollen Sie eigentlich demnächst, wenn wir über Tariftreue reden, in den Streik-T-Shirts der IG Metall oder von ver.di hier auftreten?
- Lieber Kollege Hentschel, dann würde ich als Abgeordneter beantragen, Sie des Raumes zu verweisen. Wenn das dahinter steckt, dann ist die Vermutung des Kollegen Kubicki und des Kollegen Wadephul absolut richtig, dass Sie hier eine politische Demonstration beabsichtigt haben. Ihr Zwischenruf macht das deutlich. Wir hatten geprüft und waren der Meinung, dass es noch keine Grenzüberschreitung ist, weil Sie Ihre Anzüge und Ihre Jacken anbehalten haben. Wenn Sie ohne die Jacken hier gesessen hätten, wäre das mit Sicherheit nicht geduldet worden. Wenn Sie hier in dieser Form noch einmal deutlich machen, „jawohl, wir wollten eine politische Demonstration“, dann ist dies aufs Schärfste zu verurteilen.
Dann widerspricht das der Würde des hohen Hauses. Dann allerdings werden wir eine sehr deutliche Auseinandersetzung im Ältestenrat darüber zu führen haben.
Frau Präsidentin! Ich schlage vor, dass die Ausschusssitzung morgen früh vor Beginn der Plenartagung stattfindet, damit so verfahren werden kann, wie von Herrn Astrup vorgeschlagen.