Manuela Grochowiak-Schmieding

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Last Statements

Herr Burkert, da haben Sie sich ja mächtig aufgeregt, aber eigentlich für nichts. Fangen wir aber von vorne an! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach wie vor verhindern in unserer Gesellschaft viele Barrieren ein selbstbestimmtes Leben, gleichberechtigte Teilhabe, einfach etwas mitzumachen, etwas zu benutzen.
Besonders hartnäckig hält sich die Barriere in vielen Köpfen, dass Menschen mit Behinderungen in Schon- oder Schutzräume gehören, in denen sie beschult oder betreut werden. Vielleicht ist es auch diese Haltung „behindert gleich unselbstständig, muss also betreut werden“, die dazu führte, dass bislang der allgemeine Notruf nicht barrierefrei eingerichtet ist.
Damit sprechen wir von einem Nachteil, der tatsächlich schlimme, sogar tödliche Folgen haben kann. All das ist richtig ausgeführt. Aber immerhin gibt es das Fax, mit dem man den Notruf absetzen kann. Das ist allerdings nur stationär und nicht von unterwegs möglich.
Kommerzielle Anbieter zeigen uns schon seit Langem, dass es anders geht. Es gibt die Notruf-App – richtig. Ihr Nachteil ist die Zeitverzögerung; der Notruf geht erst über einen Umweg, nämlich den Anbieter zur Rettungsleitzentrale. Außerdem müssen die Betroffenen die Nutzung dieser App aus eigener Tasche zahlen. Es gibt also eine funktionierende Technik, die wir hier einrichten müssen. Das ist richtig. Sie muss aber kostenfrei, allgemein zugänglich und allgemein nutzbar sein.
Für uns Grüne steht fest: Wir wollen keine Interimslösungen, keine Übergangslösungen, wie Sie sie in
Ihrem Antrag nach vorne stellen. Wir möchten vielmehr eine tragfähige Lösung für die Zukunft, die Bestand hat. NRW als Modellregion bietet sich dazu geradezu an – natürlich unter Einbeziehung der Expertengruppe auf Bundesebene. Nur weil sie bislang gescheitert ist, heißt das ja nicht, dass wir sie aus der Verantwortung lassen.
Also: Unter Einbeziehung der Expertengruppe auf Bundesebene, unter Einbeziehung der Betroffenenverbände und der kommunalen Spitzenverbände werden wir in Nordrhein-Westfalen ein Notrufsystem für Menschen mit Hörschädigung, Sprachbehinderung und für Gehörlose einrichten.
Es soll eine Testphase geben; denn gegebenenfalls muss das System noch verbessert werden. Wenn sich dieses System bewährt hat, könnte es tatsächlich bundesweit eingeführt werden. Hierin liegt doch der Vorteil unseres Antrags. Wir haben ein einheitliches System statt unter Umständen 16 Systemen – also in jedem Bundesland ein eigenes –, womit den Betroffenen auch nicht geholfen wäre. Denn sobald Sie die Grenzen eines Bundeslandes überschreiten, stehen Sie wieder quasi gehör- und sprachlos da.
Wir hätten also ein einheitliches System. Wir hätten nicht den Bruch von einer Interimslösung in eine endgültige Lösung. Land und Bund sind in der Verantwortung, und wir sind zuversichtlich, das System in diesem Jahr zu installieren und auf den Weg zu bringen, sodass die Betroffenen im Notfall ihren Notruf absetzen können. Um das gemeinsam verfolgte Ziel zu erreichen, bitte ich um breite Zustimmung. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Präventive und unterstützende Maßnahmen sind wichtige Säulen guter Integrations- und auch Sozialpolitik. Dass das die Damen und Herren von der Opposition aus CDU und FDP, insbesondere die Kollegen und die Kolleginnen, die bislang gesprochen haben, nicht verstanden haben, haben sie in der bisherigen Debatte eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Sei’s drum. Meine Damen und Herren, Transferleistungen und Fördergelder der öffentlichen Hand werden in nahezu alle Bereiche unserer Gesellschaft vergeben. Wirtschaft, Kultur, Wohnungsbau, Verkehrswesen – sie alle leben mit der Förderung durch die öffentliche Hand.
Darüber hinaus gewähren Bund, Land und Kommunen Transferleistungen an Menschen, die alleine nicht existieren können. Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht vom derzeitigen Wirtschaftsboom profitieren, erhalten Unterstützung aus dem Steueraufkommen der Solidargemeinschaft.
Existenzsichernder Unterhalt alleine reicht aber oftmals nicht aus. Erst Beratung und eine begleitende Unterstützung befähigen viele, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und selbstbestimmt zu führen. Für uns Grüne ist dies ein wichtiges Anliegen.
Daher begrüßen wir auch zum Beispiel den Ausbau nicht nur der kommunalen Integrationszentren, sondern auch der Beratungsstrukturen für Menschen mit Behinderung; denn damit hat die Landesregierung den Beschluss des Parlaments nunmehr umgesetzt. Wir haben mittlerweile sechs Kompetenzzentren für selbstbestimmtes Leben, die offiziell eingeweiht worden sind. Damit haben Hilfesuchende eine Anlaufstelle, wo sie einerseits erfahren, wie sie zu ihrem Recht kommen, andererseits, welche Möglichkeiten der individuellen Lebensgestaltung sie haben. Diese Maßnahmen führen oft genug dazu, dass die Menschen mehr Selbstständigkeit erlangen, weniger Fachleistung in Anspruch nehmen müssen und damit einen deutlichen Zugewinn an Lebensqualität erhalten.
Das zeigt sich auch bei weiteren Maßnahmen, die Rot-Grün auf den Weg gebracht hat. Investitionen in Beratung und begleitende Unterstützung markieren daher auch den Haushalt 2017. So werden wir in einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt investieren mit dem Ziel, gemeinsam mit Langzeitarbeitslosen eine positive Perspektive für sie zu erarbeiten. Das hat auch etwas mit Wertschätzung für diese Menschen zu tun, die wieder am sozialen Leben teilnehmen können sollen.
Die Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“, „KAoA“, ist schon mehrfach genannt worden. Sie wird in diesem Jahr nahezu alle Schülerinnen und Schüler ab der achten Klasse an öffentlichen Schulen erreichen. Damit werden junge Menschen wissen, welche Stärken und Schwächen sie haben. Mancherorts werden sie vielleicht auch viel besser wissen, was sie denn eigentlich wollen.
Mit der kontinuierlichen Förderung von Integrationsunternehmen haben wir in den letzten Jahren die Angebote zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung deutlich erweitert. Wir werden jetzt weitere 2,6 Millionen € im Haushalt bereitstellen und damit 230 bis 300 weitere zusätzliche Arbeitsplätze in
diesem Bereich schaffen können. Wir sorgen dafür, dass die soziale Arbeit an Schulen auch über das Jahr 2017 hinaus weitergeführt wird. Das ist einerseits ein wichtiges Signal für die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten. Andererseits – es ist wichtig, auch darauf immer wieder hinzuweisen – übernehmen wir als Land damit dort Verantwortung, wo sich der Bund verweigert.
Uns ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche die ihnen zustehenden Leistungen und Förderungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket auch wirklich erhalten. Tatsächlich hat sich gezeigt, dass das dort, wo die Beratung am besten und sehr gut läuft, auch am besten gelingt. Wir werden den Haushaltstitel für gesellschaftliche Inklusion aufstocken und damit Maßnahmen aus dem Inklusionsstärkungsgesetz, wie zum Beispiel die Partizipation am politischen Leben, unterstützen.
Die Sicherung der Arbeit der Betreuungsvereine zur Gewinnung und Unterstützung der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer und weiterer Querschnittsaufgaben sind ein bedeutendes Thema, das wir bereits in den letzten Haushaltsjahren auf unsere Fahnen geschrieben haben. Für 2017 werden wir den nächsten Schritt gehen und die Finanzierung der Betreuungsvereine nun sicherstellen.
Von dem ursprünglich geringen – ich möchte nicht sagen: lächerlichen – Etatansatz in Höhe von 800.000 € in 2010, also noch zu Zeiten der FDP- und CDU-geführten Landesregierung, haben wir den Haushaltstitel bereits in den letzten Jahren schrittweise aufgewertet. In 2017 folgt nun die Erhöhung um weitere 1,6 Millionen € auf insgesamt 4,3 Millionen €. Mit dieser weiteren Erhöhung und mit den neuen Richtlinien des Ministeriums, mit denen insbesondere auf Basis- und Prämienförderung umgestellt wird, erfüllen wir die berechtigten Forderungen der Betreuungsvereine und sichern ihre wichtige Arbeit damit ab.
Meine Damen und Herren, all diese genannten Haushaltsmaßnahmen haben die personen
zentrierte Unterstützung von Menschen zum Ziel. Geld verteilen alleine reicht nicht. In einer immer komplexer werdenden Welt brauchen Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – keinen Anschluss an unser gutes, reiches gesellschaftliches Leben finden, individuelle Ansprache und Unterstützung. Mit den Maßnahmen im Haushalt 2017 führen wir diese unsere Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, eindrucksvoll fort. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Inklusion ist ein Menschenrecht. Ich denke, wir alle haben eine Vorstellung davon, wie unser Leben aussehen soll. Wir arbeiten daran, dass unsere Wünsche, Ziele und Träume Wirklichkeit werden.
Es ist ein durch unser Grundgesetz verbrieftes Recht, dass jeder Mensch sich frei entfalten darf. Die Freiheit jeder Person ist unverletzbar, die Würde aller Menschen unantastbar, und alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht sind an diese Grundrechte gebunden. Das alles gilt selbstverständlich auch für Menschen mit Behinderung. Ja, Inklusion ist ein Menschenrecht.
Realität und Lebensalltag sehen allerdings für viele betroffene Menschen anders aus. Tagtäglich müssen sie um ihr Recht auf Unterstützung kämpfen, Barrieren überwinden. Das ist in einem reichen und zivilisierten Land wie Deutschland nicht weiter hinnehmbar.
Spätestens seit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in der Bundesrepublik
Deutschland im Jahr 2009 besteht die Verpflichtung,
gleichberechtigte Teilhabe für Menschen mit Behinderung zu gewährleisten. Dies versprach die Bundesregierung zu tun, und zwar mit einem Bundesteilhabegesetz.
Ich muss nicht weiter auf die Genese dieses Gesetzentwurfes hinweisen; die kennen wir alle. Der Kollege Neumann hat es eben auch schon erwähnt: Wir haben bereits im letzten Jahr hier im Landtag mit einem Beschluss deutlich gemacht, welche Mindestanforderungen wir an ein Bundesteilhabegesetz stellen.
Leider finden sich nicht alle diese Forderungen im Gesetzentwurf wieder. Auch die Sozial- und Behindertenverbände haben ihrerseits durch eine Vielzahl von Protestaktionen gegen den vorgelegten Gesetzentwurf aufmerksam gemacht und verdeutlicht, wo wesentliche Regelungen deutliche Einschränkungen der Selbstbestimmung und Teilhabe zur Folge haben werden.
An einigen Stellen gibt es zugegebenermaßen Verbesserungen. Das betrifft zum Beispiel Frühförderung bei und in der Arbeitswelt. Wesentliche Regelungen dieses Gesetzentwurfes widersprechen jedoch in eklatanter Weise dem Grundgesetz und auch den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention.
An erster Stelle ist die Zugangsregelung zu Unterstützungsleistungen der Eingliederungshilfe zu nennen. Nur wer in fünf von neun definierten Lebensbereichen Unterstützungsbedarf hat oder persönliche Assistenz in drei von neun benötigt, soll demnach Unterstützungsleistungen erhalten. Dies kommt einem Ausschluss all derjenigen aus dem Unterstützungssystem gleich, die in den Augen des Gesetzgebers nicht behindert genug sind. Das ist defizitorientiert, das ist diskriminierend. Es ist schlichtweg absurd. Hier muss der Gesetzentwurf geändert werden
Das Wunsch- und Wahlrecht wird dadurch unterlaufen, dass Assistenzleistungen von mehreren Betroffenen gemeinsam in Anspruch genommen werden sollen, Stichwort: Poolen. Auch hierzu gab es eben schon Ausführungen. Natürlich gibt es Bereiche, wo das sinnvoll erscheint und sich bestimmt auch umsetzen lässt. In intimen Lebensbereichen und in der Lebensgestaltung jedoch darf eine gemeinsame Leistungsunterbringung nicht gegen die Zustimmung der Betroffenen laufen. Hier müssen die Betroffenen selbst entscheiden können.
Das Wunsch- und Wahlrecht wird unterlaufen durch den Kostenvorbehalt, der vorschreibt, dass nur Leistungsanbieter mit Preisen im unteren Drittel der Angebote eingesetzt werden dürfen. Hiermit besteht tatsächlich die Möglichkeit, Menschen mit hohem Assistenzbedarf zwangsweise in stationären Einrichtungen unterzubringen, weil dies als angemessen erscheint und vor allen Dingen billiger zu haben ist. Das
ist diskriminierend, und das ist das Gegenteil von personenzentrierter Leistungserbringung. Hier besteht klarer Änderungsbedarf.
Auch bei der Schnittstelle Eingliederungshilfe und Pflege soll es Verschlechterungen statt Verbesserungen für die Betroffenen geben. Nach diesem Gesetzentwurf sollen viele der Menschen mit Behinderung, die in Wohngemeinschaften leben, weniger Geld aus der Pflegekasse erhalten als andere Pflegebedürftige. Das ist diskriminierend und wird auch von Verfassungsrechtlern als verfassungswidrig beurteilt. Auch hier besteht Änderungsbedarf.
Pflege soll nach dem Gesetzentwurf im häuslichen Bereich Vorrang vor Eingliederungshilfe haben und umgekehrt im außerhäuslichen Bereich. Die Leistungen der Pflege- und Eingliederungshilfe unterscheiden sich aber elementar, und sie dürfen nicht alternativ angeboten werden, sondern müssen gleichberechtigt nebeneinander stehen.
Auch hier sind Änderungen am Gesetzentwurf nötig.
Nach wie vor wird das Einkommen zur Leistungserbringung von Unterstützungsmaßnahmen herangezogen.
Ich habe noch ein paar Sätze.
Die Erleichterungen durch den BTHG-Entwurf würden nur für wenige gelten und unterliegen einem komplizierten Berechnungsverfahren. Das hat zur Folge, dass Menschen, die Unterstützungsbedarf haben, praktische Beseitigung von Barrieren und die notwendige Unterstützung zur Teilhabe aus eigener Tasche finanzieren müssen. Das ist diskriminierend und widerspricht den Grundsätzen gleichberechtigter Teilhabe und Selbstbestimmung.
Die Bundesregierung weigert sich schlichtweg, sich ebenfalls konsequent an den Kosten zur Eingliederungshilfe zu beteiligen.
Hier muss der Bund mehr Verantwortung übernehmen. Ein Bundesteilhabegesetz muss die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung verbessern.
Es muss die Vorgaben des Grundgesetzes befolgen und die Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention befolgen. Es muss in wesentlichen Punkten geändert werden. Denn der bisherige Entwurf der Bundesregierung entspricht nicht diesen Forderungen.
… sich im Bundesrat für diese Änderungen einzusetzen. Erst mit diesen entsprechenden Änderungen würde der BTHG-Entwurf zustimmungsfähig werden.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie uns heute hier als Land Nordrhein-Westfalen ein wichtiges Zeichen setzen, ein gemeinsames Zeichen. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, Sie treten hier im Hohen Hause gerne als Moralisten auf.
Ihre Vorwürfe an alle Fraktionen, es würden Scheinanträge gestellt, sind zahlreich. Na ja, wenn Sie das meinen, sage ich: Willkommen im Klub!
Sehen Sie, wir können uns hier gerne über die HartzIV-Bundesgesetzgebung unterhalten, und selbstverständlich steht es Ihnen frei, hier im Landtag einen Antrag nach dem anderen zu diesem Thema zu stellen. Aber es wäre schon nett, wenn Sie sich wenigstens so viel Mühe geben würden, diese sachlich und fachlich fundiert zu formulieren. Ihren heutigen Antrag unterschreiben Sie nämlich mit „Sanktionsverschärfungen im SGB II verhindern!“, meinen damit aber offenbar Ersatzansprüche bei sozialwidrigem Verhalten.
Herr Sommer, Sie haben das eben erklärt, und ich habe gehört, dass das für Sie gleichbedeutend ist. Aber im Gesetz wird es nun einmal unterschieden, und es gibt auch unterschiedliche Situationen, in denen entweder das eine oder das andere angewandt wird.
Es handelt sich hierbei also um zwei unterschiedliche Sachverhalte. Zugegebenermaßen sind sie oft gleichzeitig erfüllt. Wer sich weigert, sich auf eine Arbeitsstelle zu bewerben, muss mit einer Sanktion wegen Pflichtverletzung rechnen. Da aber wohl nicht nachweisbar sein wird, dass derjenige den Job auch wirklich bekommen hätte, ist hier Kausalität für die Schadensersatzforderung eher nicht gegeben.
Darin sind wir uns also einig.
Sozialwidriges Verhalten und gleichzeitig sanktionsbewehrt wäre zum Beispiel die Trunkenheitsfahrt eines Berufskraftfahrers mit der Folge, dass ihm die Fahrerlaubnis entzogen wird und er den Arbeitsplatz verliert.
Sie haben dieses Beispiel gerade auf den alkoholkranken Kraftfahrer erweitert. Ich möchte in diesem Zusammenhang betonen, dass das in der Tat zu differenzieren ist, wobei ich in dem Fall glaube, dass es besser wäre, die Fahrerlaubnis zumindest so lange zu entziehen, bis die Krankheit überwunden ist. Aber das ist jetzt nicht das Thema. Auch der Kraftfahrer, der nach einer Feier betrunken in sein Auto oder in seinen Lkw steigt, handelt in mehrfacher Hinsicht schlichtweg fahrlässig.
Tatsächlich kann die Ersatzpflicht – und darin sind wir uns sicherlich auch einig – den Leistungsempfänger oder die Leistungsempfängerin wirklich empfindlich und hart treffen, und oft wohl auch härter als die Sanktion, insbesondere dann, wenn beides nebeneinander verhängt wird. Denn neben der Kürzung der Bezüge durch die Sanktionen müssen die Leistungen aufgrund der verhängten Ersatzpflicht zurückgezahlt werden. Unabhängig vom Fehlverhalten und
davon, wie man die Folgewirkung jetzt nennt, ist zu konstatieren, dass es sich immer um eine Kürzung existenzsichernder Leistungen handelt.
Für uns Grüne ist die Haltung da ganz klar: Das lehnen wir ab.
Gerade bei den Ersatzansprüchen wird es oft schwer sein, aus dieser Schuldenfalle herauszukommen.
Was nun Ihre Einlassungen zu psychischen Beeinträchtigungen und physischen Auseinandersetzungen angeht, so halte ich auch nichts davon, dies einseitig den Beschäftigten in den Jobcentern anzulasten. Hier agieren immer zwei Parteien, denen es mit den vielen Anweisungen sicherlich nicht leichtgemacht wird, aber mit Ihrem Antrag ändern Sie daran gar nichts. Denn wir reden über ein bestehendes Gesetz, das nach den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit in den Jobcentern umgesetzt wird. Also, der Zug, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, ist leider bereits abgefahren,
und Ihr Antrag ist nicht geeignet, hieran etwas zu ändern.
Um das zu ändern, bräuchten wir neue Gesetzesinitiativen, die mit der aktuellen Bundesregierung leider nicht durchzusetzen sind; das ist bedauerlich. Mit mehr Grün in Land und Bund sähe ich natürlich eine Chance.
Ihren Antrag müssen wir leider ablehnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, die Freie Wohlfahrtspflege ist eine Säule des Sozialstaates der Bundesrepublik Deutschland. Es handelt sich um Dienste und Einrichtungen in freier, gemeinnütziger Trägerschaft, die sich im sozialen Bereich und auch im Gesundheitswesen betätigen – und dies bereits seit dem 19. Jahrhundert. Mit heute 700.000 Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen ist sie eine wichtige Partnerin der öffentlichen Sozialleistungsträger.
Form und Inhalte der Arbeit werden stets vom Wandel der Gesellschaft, aber auch durch staatliche Verhältnisse, wie zum Beispiel gesetzliche Grundlagen, beeinflusst. Dazu gehört im weitesten Sinne sicherlich auch die Abgabenordnung.
Natürlich fühlt sich auch die Freie Wohlfahrtspflege zu gesetzeskonformem bzw. rechtskonformem Handeln verpflichtet. Nichts anderes fordert der Bundesfinanzhof. Demnach ist die Wirtschaftlichkeit gesichert und nicht gefährdet, ebenso wenig eine Kapazitätsausweitung von Einrichtungen.
Liebe Kollegen von der CDU, Sie weisen darauf hin, dass viele wichtige Bereiche der Wohlfahrtspflege aufgrund eines Anwendungserlasses der Abgabenordnung gefährdet seien. Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ist hierbei eine Querfinanzierung statthaft, dann gibt es das von Ihnen geschilderte Problem tatsächlich nicht; oder sie ist eben nicht statthaft. Das wird in Ihrem Antrag leider nicht deutlich. In dieser Frage ist allerdings größtmögliche Transparenz vonnöten.
Wenn wichtige Aufgaben zu finanzieren sind, die über diese Querfinanzierung nicht finanziert werden können, müssen wir uns darüber konkret unterhalten. Das ist richtig. Aber das wollen Sie offenbar nicht; Sie haben es jedenfalls nicht richtig ausgeführt. Ich halte auch nichts davon, Handlungsspielräume endlos auszudehnen.
Insofern muss ich der Kollegin Gebhard recht geben: Grundsätzlich ist für die von Ihnen beschriebene Problemlage der Bund zuständig. Der Antrag hat sich damit für uns erledigt. Wir müssen ihn leider ablehnen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kapitel 1 § 1 Satz 1 SGB II lautet – ich darf zitieren –:
„Die Grundsicherung für Arbeitssuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.“
Ich muss sagen, damit erschöpft sich dann allerdings auch das dem Menschen Zugewandte in diesem Gesetz. Im weiteren Gesetzestext, aber auch in der nunmehr jahrelangen Umsetzung entsteht der Eindruck, dass da Menschen kleingehalten, gegängelt und gedemütigt werden sollen.
Allein die Möglichkeit, die Leistungen zur Existenzsicherung durch Sanktionen zu mindern, ist für uns Grüne ein Unding. Für alle Beteiligten ist das SGB II mittlerweile zu einem Bürokratiemonster geworden.
Das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit und offen sagen.
Inhaltlich kann ich Ihrem Antrag also folgen, verehrter Kollege Schwerd, in der Konsequenz, den gesamten Gesetzentwurf abzulehnen, jedoch nicht.
Auch wenn es kein großer Wurf ist, so sehen wir in den Veränderungen doch positive Ansätze – die Kollegin Jansen hat es eben auch schon erwähnt –: Verlängerung des Bewilligungszeitraums von sechs auf zwölf Monate, verbesserte Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure, Leistungsverbesserungen für Azubis, Nachbetreuung ehemals Leistungsberechtigter. Darin sehen wir durchaus wichtige Punkte, und das ist zugleich eine Weiterentwicklung im SGB II, also der Hartz-IV-Gesetzgebung.
In konsequenter Linie verfolgen wir daher mit unserem Antrag eine weitere Verbesserung. Hierbei geht es um minderjährige Kinder getrennt lebender Eltern, die auch im SGB-II-Bezug, also im Hartz-IV-Bezug stehen.
Darauf muss man erst einmal kommen, die Grundsicherungsleistung des Kindes sozusagen tagesscharf abzurechnen und dann auf zwei Haushalte zu verteilen! Dabei wird komplett außer Acht gelassen, dass eben wegen der zweigeteilten Haushaltsführung mehr Mittel nötig sind, nämlich für Lebensmittel, für die Einrichtung, für Spielzeug usw. Diese Ungerechtigkeit wollen wir beseitigen.
Wir fordern daher, den Umgangsmehrbedarf gesetzlich verbrieft zu realisieren. Ich hoffe doch sehr, dass die betreffenden Bundesministerien an dieser Stelle mitziehen und uns als Land nicht hängenlassen, wie sie es bei der Schulsozialarbeit gemacht haben.
Einen Gesetzentwurf, der Verbesserungen für Menschen vorsieht, werden wir nicht ablehnen. Ihrem Antrag, Herr Schwerd, können wir allerdings nicht zustimmen. Wir möchten das SGB II weiterentwickeln; es muss auch in Zukunft besser werden. Ich werbe deshalb um eine breite Unterstützung. – Recht schönen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Derzeit gibt es rund 1,8 Millionen Selbstständige mit Angestellten und etwa 2,3 Millionen sogenannte Soloselbstständige. Die Zahl der mithelfenden Familienangehörigen liegt bei etwa 200.000. Hierbei handelt es sich überwiegend um Frauen. Die Anwartschaft auf Sozialversicherung ist bei ihnen eher fraglich.
Die Begründung von Soloselbstständigkeit beruht auf zwei wesentlichen Motiven: entweder aufgrund eines expliziten Wunsches, selbstständig zu sein – okay –, oder aufgrund des Mangels an Beschäftigungsalternativen.
Soloselbstständige verdienen durchschnittlich weniger als Angestellte. So lag das mittlere Einkommen von Soloselbstständigen im Jahre 2011 bei monatlich 2.500 € brutto, während das von Angestellten bei 2.700 € brutto lag, jeweils für Vollzeittätigkeit. Die oberen 10 % der Soloselbstständigen kommen immerhin auf 5.000 €, die unteren 10 % nicht einmal auf 800 € im Monat.
Wer wenig Einkommen hat, kann auch keine Rücklagen bilden. So geben 40 % der Soloselbstständigen an, eben dies nicht zu können.
Nach eigenen Angaben sind 40 % der Selbstständigen in den gesetzlichen Rentenversicherungen versichert. Allerdings liegen der Deutschen Rentenversicherung deutlich weniger Zahlen vor. Das mag daran liegen, dass bestimmte Gruppen auch über andere Versicherungen wie zum Beispiel die Künstlersozialkasse rentenversichert sind.
Warum ist es also nun nötig, eine Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und abhängiger Beschäftigung rechtssicher zu gestalten? Nun, es gibt immer wieder Auslagerungstendenzen, zum Beispiel für Hausmeistertätigkeiten oder im Bereich der Kreativwirtschaft. Das Flugpersonal – sprich: Piloten – ist eben schon vom Kollegen Bischof angesprochen worden. Damit sollen im Allgemeinen der Mindestlohn und auch die Kosten für die Sozialversicherungen umgangen werden.
Solche Soloselbstständigkeiten werden selten freiwillig eingegangen. Wir stellen nicht die Soloselbstständigen unter irgendeinen Verdacht, sondern eher die Arbeitgeber oder Unternehmen, die nach dem Prinzip „Friss oder stirb!“ Verträge abschließen. Die Abgrenzung ist also eine Schutzmaßnahme und nichts anderes.
Mit ihrem Antrag, müssen wir konstatieren, lüftet die FDP noch ein Stückchen mehr ihr magentafarbenes Mäntelchen, mit dem sie ihre althergebrachte neoliberale Abzockerpolitik verdecken will.
Gewinne den Unternehmen – und die Risiken werden dann sozialisiert. Das kennen wir ja schon. Darüber werden wir sicherlich trefflich im Ausschuss diskutieren können.
Der Überweisung stimmen wir zu. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stellen Sie sich einfach mal vor, Sie seien in der Stadt unterwegs, hätten Ihre Angelegenheiten erledigt, gingen zurück zu Ihrem Auto – das hätten Sie irgendwo am Straßenrand abgestellt –, stiegen ein und wollten losfahren und es ginge nicht wegen zu viel Verkehr. Keiner hielte an. Niemand ließe Sie aus Ihrer Parklücke heraus. Ihren Abendtermin könnten Sie quasi abhaken. Sie kämen auf jeden Fall zu spät.
In dieser Situation würden Sie sicherlich nicht von sich sagen: Ich bin behindert. – Sie würden von sich sagen: Ich werde behindert. – Genauso ergeht es Menschen mit einer Sinnesbeeinträchtigung, Menschen mit einer geistigen, seelischen oder körperlichen Beeinträchtigung.
Wir können sicherlich mit Fug und Recht behaupten: Hier in NRW sind wir im Vergleich zu anderen Bundesländern schon ganz gut aufgestellt. Zu den Sonderwelten gibt es bei uns ein breites Angebot an Alternativen, sowohl im Arbeits- als auch im Bildungsbereich und natürlich auch bei den Wohnangeboten. Tatsächlich haben sich auch die Kommunen – ich zitiere – „vor Langem auf den Weg gemacht hin zu einem inklusiven Gemeinwesen“, wie uns die Vertreterin der kommunalen Spitzenverbände, Frau Göppert, in der Anhörung versichert hat.
In der Tat formulieren wir mit dem Inklusionsstärkungsgesetz keine neuen Aufgaben und übertragen auch keine neuen Aufgaben auf die Kommunen, sondern wir konkretisieren, wie in Nordrhein-Westfalen die UN-BRK und der Art. 3 unseres Grundgesetzes umgesetzt werden sollen. Um Be- und Entlastungswirkungen des Gesetzes zu beobachten und
gegebenenfalls darauf reagieren zu können, werden wir die Evaluationsklausel in das Gesetz schreiben.
Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist Ihr Antrag zur Konnexität auch schon längst überholt. Ziehen Sie ihn einfach zurück! Das gilt im Übrigen auch für die anderen Anträge, die Sie gestellt haben, insbesondere zum Beispiel zu den kommunikationsunterstützenden Maßnahmen. Wenn Sie mal in den Haushalt schauen wollen: Dafür haben wir im Haushalt in diesem Jahr bereits einen Topf in Höhe von 400.000 € eingestellt.
Überhaupt hätte ich gedacht, meine Damen und Herren von der Opposition – von der CDU weiß ich, sie hat es nicht gemacht –, dass Sie die Zeit seit der Sitzung des Fachausschusses letzte Woche genutzt hätten und den Beschlussvorschlag des Ausschusses gelesen hätten. Grundlage dieser Beschlussvorlage sind nämlich unsere rot-grünen Änderungsanträge. Diese wiederum sind ein Resultat unter anderem aus dem Ergebnis vieler Gespräche, die ich mit Betroffenen, mit Betroffenenvertretungen und natürlich auch Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege geführt habe.
Wir werden verbindliche Forderungen umsetzen, ohne die Kommunen in ihrer Entscheidungs- und Gestaltungshoheit einzuschränken. Das ist uns wichtig. Die Gegebenheiten vor Ort sind ja sehr unterschiedlich. So gibt es Kommunen, die zunächst im öffentlichen Raum Wege, Plätze, Gebäude barrierefrei gestaltet haben, und andere sind in den Dienstleistungsangeboten weiter.
Meine Damen und Herren, anders als die Bundesregierung sind wir der Auffassung, dass die UN-BRK in allen gesellschaftlichen Bereichen umgesetzt werden muss. Und so müssen auch bei der Vergabe öffentlicher Förderung die Richtlinien und Forderungen des Inklusionsstärkungsgesetzes beachtet werden. Damit ist auch die freie Wirtschaft im Boot.
Beispielhaft für ganz Deutschland – darüber ist nun schon mehrfach gesprochen worden – ist die Streichung des Wahlrechtsausschusses.
Wir werden die Partizipation der Betroffenen insgesamt stärken. Sie werden aktive Unterstützung auch durch fachliche Beratung erhalten. Zur Leichten Sprache ist schon einiges gesagt worden. Auch die Agentur Barrierefrei, die wir nun gesetzlich verankern, wurde bereits angesprochen. Als unabhängige Instanz zur Überwachung der Umsetzung der UNBRK in NRW werden wir das Institut für Menschenrechte beauftragen.
Also: Mit den von uns eingebrachten Änderungen können wir ein Inklusionsstärkungsgesetz verabschieden, das einen starken Rahmen bildet für die Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Inklusion in unserem Bundesland. Und das halte ich für eine gute Sache.
Verbindlichkeit, gestärkte Partizipation der Menschen mit Beeinträchtigung, das Land mit Vorbildfunktion, die Forderungen dieses Gesetzes als Richtlinie bei Fördervergaben – das alles bildet einen wichtigen Strang bei unseren Anstrengungen, Menschen mit Beeinträchtigung zu mehr Teilhabe und Selbstbestimmung zu verhelfen.
Damit setzen wir im Übrigen auch einen Kontrapunkt zu dem, was die Bundesregierung mit ihrem Referentenentwurf zum Bundesteilhabegesetz plant. Die Große Koalition hat offenbar vor, den Kreis der Leistungsempfängerinnen drastisch zusammenzustreichen. Auch in Zukunft sollen Menschen mit Beeinträchtigung die Barrieren, …
…, die ihnen die Gesellschaft aufbaut, mit ihrem eigenen Einkommen und Vermögen beseitigen. Dafür dürfen sie in letzter Konsequenz dann noch nicht einmal mehr selbst entscheiden, wer und von wem und wie die benötigte Unterstützung erbracht werden soll. Eine derart rückwärtsgewandte …
… – ich komme zum Ende – und defizitorientierte Fürsorgepolitik, Herr Preuß, das ist tatsächlich eine Zumutung für die Betroffenen.
Aber das werden wir hier in NRW so nicht machen. Wir halten dem ein Gesetz entgegen, das die Menschen in den Mittelpunkt stellt und ihre emanzipatorische Teilhabe stärkt. Sie sind in der Tat aufgerufen, meine Damen und Herren von der Opposition, …
… diesen Schritt mitzugehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbst wenn keine einzige Stunde Unterricht mehr ausfallen würde, würde das nichts an der Tatsache ändern, dass Eltern in prekären Lebenssituationen ihren Kindern die Schulausstattung nicht kaufen können.
Materielle Armut hat eine einzige Ursache: Es fehlt schlicht das Geld.
Dem folgen Armut an Gesundheit, Bildungsarmut, Armut an sozialem Ansehen sowie Armut bei Teilhabe und Selbstbestimmung
Wenn die Opposition in Person von Herrn Laschet daherkommt und spricht: „Arbeit, Arbeit, Arbeit!“, stimmt das zwar. Das ist richtig. Aber wenn ich dann höre, wie Sie den Arbeitsmarkt gestalten wollen, wie Sie glauben, Arbeit und Arbeitsstellen beschaffen zu können, nämlich nach dem Motto „Regulierung weg“, wird mir ganz anders zumute.
Was heißt das denn? Das heißt: Arbeitsverhältnisse schaffen zulasten von Umwelt und Natur. Das heißt: Weg mit Mindestlohn und Tariftreuegesetz. Und das heißt, dass Sie eines befördern wollen, nämlich prekäre Arbeitsverhältnisse, und nichts anders.
Was haben wir damit? Wir haben noch mehr Aufstocker, also noch mehr Menschen, die unter Umständen vollzeitbeschäftigt sind und trotzdem nicht genug Geld bekommen, um ihren Lebensunterhalt zu gestalten. Und was ist die Folge von prekären Arbeitsverhältnissen, von geringen Löhnen? Die Folge ist auch Altersarmut.
Das ist ein Arbeitsmarkt, den Sie offensichtlich befördern wollen. Wir werden dann fehlende Einnahmen im Sozialversicherungssystem haben.
Herr Tenhumberg, Sie beklagen, dass die Ausbildungszahlen schlecht seien, ganz besonders in NRW. Stimmen Sie uns einfach zu. Wir richten eine Ausbildungsumlage ein. Dann schauen wir einmal, wie sich der Ausbildungsmarkt entwickelt. Im Altenpflegebereich hat sich das bestens bewährt.
Dann haben Sie davon gesprochen, dass die Beitragsbefreiung im letzten Kindergartenjahr nur etwas für Reiche sei. Ganz ehrlich: Dann müssen wir auch noch weiter gucken. Kinder- oder Betreuungsgeld ist auch nur etwas für Reiche; denn den Menschen, die im SGB-II-Bezug sind, also Hartz IV bekommen, wird das angerechnet. Andersherum ausgedrückt: Diesen Menschen wird das Kindergeld abgezogen. – Wo wollen Sie denn eigentlich hin?
Herr Hafke, Sie haben vollmundig betont: Armutsbekämpfung, Perspektiven schaffen. – Die Richtlinie der FDP ist nach wie vor eher: Hilf dir selbst; sonst
hilft dir keiner. – Damit kommen wir natürlich auch nicht weiter.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen ein ganzes Bündel von Förderprogrammen aufgelegt. Einige sind hier schon genannt worden. Ich will gar nicht alle wiederholen, sondern nur einige Stichworte nennen: der Härtefallfonds, die zuführende Schulsozialarbeit, der soziale Arbeitsmarkt. Das ist ein ganz wichtiges Instrument, um Menschen, die in Langzeitarbeitslosigkeit verharren, wieder auf die Sprünge zu helfen, um vielleicht den Anschluss wiederzufinden. Wir haben im Land Beratungsstrukturen mit Arbeitslosenzentren, Schuldnerberatungsstellen und dergleichen ausgebaut. Das alles wird vom Land gefördert. Im Übrigen handelt es sich dabei um Initiativen, die Sie von der Opposition ganz gern immer wieder wegkürzen wollen.
Das entnehme ich Ihren Sparanträgen für die Haushalte, die wir immer wieder vorgelegt bekommen.
Wir fördern ressortübergreifende Politik. Da sind wir sicherlich noch steigerungsfähig. Aber die Landesregierung und wir im Land Nordrhein-Westfalen haben begriffen, dass wir nicht nur nebeneinander, quasi versäult, denken und arbeiten dürfen, sondern die Strukturen miteinander verbinden müssen, um so voneinander zu profitieren und Synergieeffekte zu erzielen.
Es gibt noch viel zu sagen. Ich möchte einfach einmal darauf hinweisen, wie die Regularien in der Sozialhilfe sind. Da heißt es:
„Die Leistungen sollen sie“
die Menschen, die sie erhalten –
„so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben; darauf haben auch die Leistungsberechtigten nach ihren Kräften hinzuarbeiten.“
Gut. – Dort heißt es auch:
„Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann …“
Okay. – Ich finde, das sind Maßstäbe, die wir vielleicht auch einmal bei der Subventionierung von Wirtschaftsförderung anlegen sollten. Wirtschaftsunternehmen werden nämlich auch zum Beispiel durch niedrige Grundsteuern, niedrige Energiepreise usw. subventioniert.
Ich bin gleich fertig. – Wenn wir da die gleichen Maßstäbe anlegen wie bei den Ärmsten unserer Gesellschaft, dann verhindern wir vielleicht, dass sich der Spruch von Karl Simrock „Armut ist des Reichtums Hand und Fuß“ nicht bewahrheitet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Inklusion bedeutet, Barrieren abzubauen, besser noch, sie möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen. Natürlich gehören dazu auch unterstützende Maßnahmen, die Teilhabe und mehr Selbstbestimmtheit ermöglichen, indem sie persönliche Potenziale identifizieren und fördern.
Nach intensiver Diagnostik erfolgt die gezielte individuelle Förderung mittels medizinischer Therapie, Physio-, Ergo-, Logotherapie und vieles mehr. Die Palette der Angebote ist hier sehr breit. Ein geeignetes Instrument hierzu ist, wie die Kollegin DmochSchweren auch schon gesagt hat, die interdisziplinäre Frühförderung als Komplexleistung für Kinder mit Behinderung oder für von Behinderung bedrohte Kinder. Umfang und Inhalt der Leistung zur Früherkennung und Frühförderung sind im SGB IX geregelt. Es ist also eine bundesgesetzliche Regelung, die im Jahr 2003 geschaffen wurde. Danach muss medizinische Rehabilitation und heilpädagogische Leistung als Komplexleistung erfolgen.
Wie ebenfalls schon erwähnt, wurde bereits im Jahr 2005 in Nordrhein-Westfalen eine Landesrahmenempfehlung festgeschrieben mit dem Ziel, einerseits Vertragspartner zusammenzubringen, andererseits die Komplexleistung in einer interdisziplinären Einrichtung zu erbringen. Hier wurden Standards zur Leistungsausführung und auch beim Personaleinsatz konkretisiert.
Wir sehen allerdings auch, dass wir eine Konfliktlösung für die Familien herbeiführen müssen. Man muss sich klarmachen, dass es sich um persönliche Angelegenheiten handelt, bei der eben auch die persönliche Betroffenheit eine große Rolle spielt. Das birgt natürlich Konfliktpotenzial, weil hier verschiedene Systeme aufeinandertreffen. Insofern ist eine Schiedsstelle sicherlich der richtige Weg, um zur Lösung solcher Konflikte zu gelangen.
Vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik haben wir eine Studie erstellen lassen, die die Entwicklung der interdisziplinären Frühförderung in Nordrhein-Westfalen untersucht hat. Diese Studie belegt ganz deutlich die positive Wirkung für die Betroffenen. Vor allen Dingen ist deutlich geworden, dass es im Land keine Versorgungslücken gibt.
Gleichwohl ist aber auch klar geworden, dass die Strukturen der Leistungserbringung in den einzelnen Landesteilen sehr unterschiedlich sind. So werden Leistungen der Frühförderung nicht überall als Komplexleistung aus einer Hand angeboten, sondern auch über ärztliche Einzelverordnungen bei den jeweiligen Spezialisten. Auch fehlen landesweit gültige Standards.
Außerdem kann sich ein Förderbedarf nicht nur aus der Beeinträchtigung des Kindes ergeben, sondern unter Umständen aus der familiären Situation. In unserem Antrag haben wir extra auf Kinder gehörloser Eltern hingewiesen, die zum Beispiel eine Frühförderung bei der Sprachentwicklung benötigen können – nicht unbedingt müssen, aber oftmals ist es eben nötig. Auch die Kinder von Eltern mit kognitiver Beeinträchtigung, die in ihrer Elternschaft assistiert werden, brauchen unter Umständen eigene gezielte Förderung, um von Anfang an ihre persönlichen Potenziale uneingeschränkt entwickeln zu können.
Mit der Novellierung der Landesempfehlung hat die Landesregierung mit den Beteiligten Standards festgelegt. Es wird für mehr Transparenz bei der Fallkostenteilung gesorgt. Zu den bisherigen Kostenträgern und Verhandlungspartnern ist noch die Freie Wohlfahrtspflege als Vereinbarungspartnerin hinzugekommen.
Wir möchten, dass die Wirkung der Frühförderung alle drei Jahre überprüft wird. Wichtig ist auch, dass die Elternberatung in Zukunft mitfinanziert werden soll. Das ergibt die Chance, die Beratung der Eltern im Rahmen der Komplexleistung nicht nur rein kindbezogen, sondern auch familiensystembezogen zu gestalten. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass Frühförderung und alle Maßnahmen, die hiermit im Zusammenhang stehen, besonders nachhaltig dort wirkt, wo das familiäre und sonstige Lebensumfeld des Kindes mit einbezogen wird.
Im Bereich der Frühförderung ist also einiges im Fluss, und wir möchten daran anknüpfen. Daher be
fürworten wir den flächendeckenden Ausbau interdisziplinärer Frühfördereinrichtungen. Denn es
wird – wie auch in dieser Studie dargestellt – für die betroffenen Familien eine deutliche Erleichterung bringen, wenn medizinische und heilpädagogische Diagnostik und Therapie aus einer Hand kommen. Vertrauen, Planungssicherheit und auch Zeitmanagement sind hier wichtige Stichworte. Doppelleistungen und Therapielücken werden vermieden.
Ich werde jetzt gleich zum Schluss kommen.
Darüber hinaus zeigt die Studie auch, dass das für die Kommunen im Grunde genommen kostengünstiger ist.
Wir wollen auch darauf achten, dass neben den interdisziplinären Frühfördereinrichtungen noch weitere Träger – nämlich Träger, die auch Solitärleistungen anbieten – von Bedeutung sein werden.
Daher ist das auch ein Anreizsystem, so etwas flächendeckend auszubauen.
Zum präventiven Ansatz möchte ich zwei Abschlusssätze sagen. Wir denken, dass es ganz wichtig ist, …
Es ist wichtig – das habe ich schon gesagt –, Kinder ohne Behinderung mit in den Fokus zu nehmen, weil auch das familiäre Umfeld eine Rolle spielt. Wir werden diesen Antrag im Ausschuss gemeinsam diskutieren, …
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da haben Sie, liebe Kollegen von der CDU – die FDP hat sich Ihrem Antrag auch noch angeschlossen – viele Buchstaben zu Papier gebracht. Sie schaffen es tatsächlich, in einem unterschwelligen Tenor – das haben Sie mit Ihren Redebeiträgen auch noch einmal unterstrichen – den Eindruck zu vermitteln, unser Land würde von EU-Ausländern überschwemmt werden
ich erkläre es Ihnen gleich; hören Sie einfach zu –, die es hauptsächlich auf Leistungen aus unserem Sozialsystem abgesehen haben, ohne natürlich eine Gegenleistung zu erbringen.
Ich möchte das einmal ein wenig relativieren. Im Jahr 2014 sind rund 1,46 Millionen Personen nach Deutschland eingewandert, davon rund 630.000 EU-Bürgerinnen und -Bürger. Im gleichen Zeitraum sind 914.000 Personen ausgewandert, und davon hatten 766.000 einen ausländischen Pass. Der tatsächliche sogenannte Wanderungsüberschuss beträgt also 550.000 Personen, und darunter waren etwa 312.000 Bürger aus der Europäischen Union, nämlich aus Kroatien, Rumänien, Bulgarien, Italien, Spanien und Polen.
Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sollten wir eigentlich über den Zuzug von Menschen froh sein und ihm eher positiv begegnen; denn auch in 2014 sind mehr Menschen in unserem Land gestorben als geboren wurden.
Ihr Hinweis – ich zitiere –, das Bevölkerungswachstum durch EU-Binnenwanderung habe sich trotz der hohen Flüchtlingszahlen nicht abgeschwächt, dient doch wohl eher der Verwirrung als dass er einen Sinn ergibt.
In Ihrer Auflistung von Gerichtsurteilen – ich möchte beispielhaft nur auf eines dieser Urteile eingehen –, verweisen Sie darauf, dass Deutschland nach dem Urteil des EuGH von 2014 Sozialleistungen unter bestimmten Umständen verweigern dürfe. Mehr sagen Sie nicht. Sie vergessen dabei, zu erwähnen, dass hier kein allgemein gültiges Verfahren befürwortet wird, sondern dass der EuGH grundsätzlich auch die Einzelprüfung verlangt. Ich halte das in dem Zusammenhang durchaus für erwähnenswert.
Bei Ihrer Analyse zu der Frage, wer von den EUBürgerinnen und -Bürgern Leistungen nach dem SGB II erhält, beschränken Sie Ihre Aussagen nur noch auf Menschen aus Bulgarien und Rumänien. Das Gleiche machen Sie, wenn Sie vom Anspruch auf Sozialhilfe und den daraus resultierenden Folgekosten für die Kommunen sprechen. Das ist billige Stimmungsmache. Oder wollen Sie tatsächlich insbesondere und ausschließlich Angehörige dieser Nationen vom Sozialrecht in Deutschland ausschließen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Der Antrag ist durchzogen von Unterstellungen. Sie behaupten zum Beispiel, dass Menschen zu uns kommen, die gar nicht arbeiten wollen oder die in unser Sozialsystem einwandern wollen. Das ist alles in allem recht dubios.
Ihre indirekte Forderung, das Land solle die Sozialhilfekosten der Kommunen tragen, kann nur abgelehnt werden. Ich verweise allerdings auf die Maßnahmen des Landes zur Unterstützung der von Neuzuwanderung insbesondere aus Südosteuropa betroffenen Kommunen. Hierfür stellt das Land bereits erhebliche Mittel zur Förderung von Maßnahmen im Gesundheits-, Schul- und Sozialbereich zur Verfügung. Das blenden Sie offenbar sehr gerne aus.
Schließlich wollen Sie den Landtag beschließen lassen, dass er zur Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern innerhalb der EU steht. Ganz ehrlich: Dafür bedarf es keines Beschlusses, das ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Denn gerade in Zeiten wie diesen brauchen wir mehr und nicht weniger soziales Europa. Dazu gehört auch, dass die europäische Freizügigkeit sozial flankiert wird. Wenn Menschen monatelang ohne Grundsicherung Arbeit suchen müssen, ist das nicht nur sozialpolitisch äußerst problematisch, sondern es hebelt auch die Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union geradezu aus, und das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie eben gesagt haben.
Überlegenswert wäre, dass auch Arbeitsuchende aus der EU nach einem Aufenthalt von drei Monaten Grundsicherung nach dem SGB II beantragen können. Nur so können auch diese Personen alle Integrationsinstrumente wie Beratung, Vermittlung sowie berufliche und sprachliche Qualifizierung in Anspruch nehmen – Maßnahmen, die allgemein als Basis für eine erfolgreiche und langfristige Integrati
on in den Arbeitsmarkt und damit auch in die Gesellschaft gewertet werden.
Tatsächlich dürfen die bereits heute überlasteten Kommunen – hier gebe ich Ihnen recht –, die die Sozialhilfeleistungen nach SGB XII zu tragen haben, nicht noch mehr belastet werden. Die Unionsbürger nach einem Jahr sozusagen den Kommunen zuzuschieben, ist daher kontraproduktiv. Besser wäre es, wenn die Bundesregierung eine tragfähige Lösung im Rahmen des SGB II finden würde. Das würde sowohl den Menschen, die sich innerhalb der EU bewegen, als auch den Kommunen helfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, derart konstruktive Anträge bzw. Ansätze lassen Sie in Ihrem Antrag vermissen. Im Gegenteil: Ihr Antrag wirkt eher destruktiv und vor allen Dingen diskriminierend, und wir werden ihn deshalb ablehnen.
Ja, bitte.
Herr Kerkhoff, vielen Dank für die Frage. Ich denke, dazu habe ich eben bereits Ausführungen gemacht. Ich halte es schon für notwendig oder richtig, unsere Kommunen nicht noch mehr mit Sozialhilfeleistungen zu überfrachten, habe aber den Vorschlag unterbreitet, den meine Partei auch auf Bundesebene verfolgt, diesen Menschen, die zu uns kommen, die Möglichkeit zu geben, im Rahmen des SGB II Integrations- und Unterstützungsmaßnahmen zu beanspruchen. Ich glaube, das wäre der richtige Weg. Sie per se von unseren Sozialleistungen auszuschließen, nur, weil sie aus Bulgarien und Rumänien kommen, ist schlichtweg diskriminierend, und das werden wir auf keinen Fall befürworten. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kerkhoff, Sie haben neuen Aufbruch und mehr Einsatz gefordert. Die Chance, dies jetzt in den Haushaltsberatungen anzugehen, haben Sie verpasst. Ich habe bislang keinerlei Vorschläge von Ihnen gehört, wie Sie meinen, es besser machen zu können.
Herr Alda, Sie singen wiederholt das Hohelied auf die Integrität der Unternehmerschaft. – Okay, Sie gehören zu dieser Gruppe in der Gesellschaft, die auch wirklich gute Arbeit leistet. Aber Sie blenden komplett aus, Herr Alda,...
Ja, das tue ich auch jetzt. Hören Sie einfach mal zu! Das mache ich auch ganz ehrlich.
Sie blenden völlig die Situation aus, die wir im Moment in unserer Gesellschaft zu beklagen haben: Wir verzeichnen steigende Unternehmensgewinne – super! –, wir blicken auf sinkende Arbeitslosenzahlen – und gleichzeitig wächst bei uns das Heer der Armen, der Leute, die von ihrer Hände Arbeit nicht leben können. Das blenden Sie komplett aus. Wir allerdings tun das nicht. Mit dem Haushalt 2016 werden wir für die Menschen im Land wichtige und bewährte Projekte fortführen.
Für die soziale Inklusion und zur Bekämpfung von Armut und Diskriminierung werden wir rund 32 Millionen € zur Verfügung stellen. Hierzu gehören Programme wie „Jugend in Arbeit Plus“, die öffentliche geförderte Beschäftigung und die Förderung von Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren. „Kein Abschluss ohne Anschluss“ ist ein wichtiger Baustein für junge Menschen bei der Berufsorientierung. Das gehört auch zur Sicherung einer guten Zukunft dazu.
Im Bereich des Sozialhaushalts möchte ich insbesondere die Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut, Hilfen in Wohnungsnotfällen und den Härtefallfonds „Alle Kinder essen mit“ nennen. Mit knapp 4,3 Millionen € sollen Projekte gefördert und finanziert werden, die den Armen in unserer Gesellschaft zugutekommen.
Die Gründe für Armut sind vielfältig. Die Armut Einzelner werden wir nicht zu 100 % beseitigen können. Das ist auch sicher. Ich möchte jedoch einige Ursachen benennen, gegen die sehr wohl etwas getan werden kann. Dazu gehören: mangelnde Bildung, schlechte Arbeitsentgelte, krankmachende Arbeitsbedingungen. Das sind auch Faktoren, die zu Armut führen.
Nach wie vor ist in Deutschland die soziale Herkunft für den Schulerfolg entscheidend, und jeder Euro, den wir in die individuelle Förderung investieren – das wir von Ihnen von der FDP und auch von der CDU immer wieder angezweifelt –, ist gut angelegt.
Die Bundesregierung – das muss man an dieser Stelle sagen – versagt, und das werde ich immer wiederholen. Die zuführende Sozialarbeit an Schulen – diese Aufgaben sind sehr wichtig und müssen erfüllt werden – ist Aufgabe des Bundes im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets; sie ist nicht Aufgabe des Landes.
Dennoch haben wir uns im Land bereit erklärt und es geschafft, die Mittel für die nächsten drei Jahre in den Haushalt einzustellen, um diese Arbeit weiter fortführen zu können.
Wie sieht es in den Unternehmen aus? Arbeit – ich habe es eben schon angedeutet – wird nicht immer anständig bezahlt.
So gibt es Menschen, die von dem Gehalt, das sie für ihre Arbeit bekommen, ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Das sind dann die sogenannten Aufstocker, die zusätzlich Leistungen nach dem SGB II, also Hartz IV, erhalten. Arbeitsbedingungen führen zu Erkrankungen und psychischer Erschöpfung von Arbeitenden. Steigende Zahlen im Bereich der psychischen Behinderungen sprechen hierbei eine deutliche Sprache. Die Folgen sind steigende Soziallasten, die die öffentliche Hand, respektive die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu tragen haben.
Es ist wenig sinnvoll, immer nur die steigenden Soziallasten zu beklagen. Sinnvoll wäre es, die Ursachen zu beheben. Dafür haben wir im Einzelplan viele Ansätze; unter anderem gehört natürlich auch die Weiterentwicklung der gesellschaftlichen Inklusion dazu. Wir werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen stärken. Für Kommunikationshilfen im Inklusionsstärkungsgesetz werden 400.000 € zur Verfügung gestellt. So können Teilhabemöglichkeiten von behinderten Eltern an Schulen und Kindertageseinrichtungen ausgebaut werden.
Es ist im Übrigen erstaunlich – man höre und staune –, dass dies nach der Inszenierung, die Sie gestern hier mit Ihrem Antrag zu Gebärdensprachdolmetschern hingelegt haben, von Ihrer Fraktion der CDU abgelehnt wurde.
Die Förderung der Betreuungsvereine wird um 1 Million € auf insgesamt 2,7 Millionen € aufgestockt. Das ist eine wichtige Maßnahme gerade für die Menschen, die zur Bewältigung ihres Alltags Unterstützung brauchen, und denen dann ein Betreuer oder eine Betreuerin zur Seite gestellt wird. Diese wichtige Unterstützungsarbeit wird auch von Ehrenamtlichen übernommen, die wiederum von den Betreuungsvereinen unterstützt werden.
Wir werden die Finanzierung ausweiten und auf eine kombinierte Basis- und Prämienförderung umstellen. Wir wissen, dass dies von den Betreuungsvereinen gewünscht ist und sehr honoriert wird.
Außerdem sieht die Ergänzungsvorlage zum Haushalt für das Jahr 2016 vor, dass wir insgesamt 5 Millionen € für einen Unterstützungsfonds zur Verfügung stellen, durch den Menschen, die als Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Behindertenhilfe Leid und Unrecht erfahren haben, entschädigt werden. Das ist eine logische Folge unserer gemeinsamen Bemühungen. Ich hoffe, dass Sie von CDU und FDP wenigstens das nicht ablehnen werden. Das ist eine Frage der gemeinsamen Bemühungen hier in diesem Hause.
Ich komme zum Schluss. Krieg und Terror machen Millionen von Menschen zu Flüchtenden. Viele dieser Menschen kommen zu uns, um hier Schutz zu suchen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Diese Aufgabe haben wir zu bewältigen, und wir werden diese Aufgabe bewältigen.
Alle, die meinen, dass ihnen dabei etwas weggenommen würde, sollten jetzt ganz genau zuhören. Wir in der rot-grünen Koalition handeln zum Wohle aller Menschen in diesem Lande.
Dieser Haushaltsplan beweist das, und meine Fraktion wird ihm natürlich zustimmen. – Recht schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als letzte Rednerin des heutigen Tages macht es mir ganz besonderen Spaß, die frohen Botschaften, die eben hier verkündet wurden, noch einmal zu betonen. Rot-Grün stellt den Kommunen im nächsten Jahr über das Gemeindefinanzierungsgesetz rund
10,4 Milliarden € zur Verfügung. Das ist ein neuer Rekordwert. Das sind mehr als 700 Millionen € Steigerung gegenüber 2015.
Herr Höne, wenn das für Sie nichts ist, dann empfehle ich Ihnen, sich noch einmal die Grundrechenarten anzuschauen. Vielleicht kommen Sie dann zu einem anderen Ergebnis. Im Übrigen liegt das, dass wir diese Mittel zur Verfügung stellen können, nicht nur an den sprudelnden Steuereinnahmen, wie Herr Nettelstroth das gerne in den Vordergrund stellt, sondern zum großen Teil auch an der kommunalfreundlichen rot-grünen Politik.
Ich nenne Ihnen gerne noch ein paar Punkte: Da ist zunächst die Grunderwerbsteuer, die Sie von der Opposition so gerne geißeln. Nachdem SchwarzGelb sie gestrichen hatte, haben wir die Beteiligung der Kommunen an der Grunderwerbsteuer wieder eingeführt.
Alleine das beschert den Kommunen schon ein Plus von 500 Millionen €. Mit 23 % haben wir den höchsten Verbundsatz in Deutschland. Im Vergleich hinkt Bayern da mit 12,75 % hinterher.
Ich drücke es mal in Zahlen aus. Das bedeutet, dass im Jahr pro Einwohner Bayern 360 € zur Verfügung stellt, während das in Nordrhein-Westfalen 477 € sind, also deutlich mehr.
Wer die Erhöhung des Verbundsatzes dann auch noch, wie man teilweise aus den Reihen der Opposition hört, auf 28 % fordert, der sollte dann auch sagen, wie das finanziert werden soll. Immerhin würde das eben noch einmal schlappe 2,5 Milliarden € mehr im Landeshaushalt ausmachen. Aber die Opposition reduziert ihr politisches Handeln auf das Anmahnen einer noch sparsameren Haushaltspolitik einerseits und die Forderung von Mehrausgaben andererseits.
Ungeachtet Ihrer früheren Taten stellen sich heute CDU und FDP als vermeintliche Anwälte der kommunalen Interessen dar. Eine Bedarfsanalyse der kommunalen Aufwendungen – Herr Höne, Sie haben es eben noch einmal ausgeführt – soll die Grundlage des Finanzausgleichs sein wie in Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Danach werden zur Ermittlung des erforderlichen Finanzbedarfs die mittleren Aufwendungen der Kommunen zugrunde gelegt, höhere Aufwendungen gekappt. Eine Beteiligung in wirtschaftlich guten Zeiten an wachsenden Steuereinnahmen erfolgt dabei nicht. Die kommunalen Sparerfolge, Steuermehreinnahmen oder Entlastungseffekte des Bundes werden zeitnah vom Land abgeschöpft, so wie es in Sachsen-Anhalt passiert. Die Kommunen verbleiben dann dauerhaft in Mindestausstattungen.
Das machen wir hier anders. In NordrheinWestfalen werden die Kommunen über das Verbundquotenmodell an wachsenden Steuereinnahmen beteiligt. Da müssen wir den Vergleich mit anderen Bundesländern wahrhaftig nicht scheuen.
Das Gemeindefinanzierungsgesetz ist kommunalfreundlich und fair.
Es ist deshalb kommunalfreundlich, weil die Mittel so hoch sind wie noch nie.
Es ist deshalb fair, weil die Verteilung nach Kriterien erfolgt, die objektiv und nachvollziehbar sind, meine Damen und Herren.
Ich danke für die Aufmerksamkeit und wünsche allseits noch einen schönen Abend.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum wiederholten Male steht das Bildungs- und Teilhabepaket, das BuT, auf der Tagesordnung. Einmal mehr gibt es Anlass zur Klage. Das BuT ist und bleibt ein bürokratisches Monster.