Edda Schliepack

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unantastbarkeit der Menschenwürde entsprechend Artikel 1 des Grundgesetzes gilt für alle Menschen, auch und besonders für jene, die wegen ihres Alters oder infolge von körperlicher, geistiger, seelischer, psychischer Behinderung oder schwerer Krankheit ambulant oder stationär gepflegt werden. Dieser Anspruch beinhaltet das Recht auf ein Leben in Selbstbestimmung und Würde, d. h. auf
lebenserhaltende und -gestaltende Maßnahmen, auf Lebensqualität sowie auf Unterstützung und Förderung bei der Entwicklung bzw. dem Erhalt der personalen Identität und Integrität. Erforderlich sind dafür umfassende Lösungsansätze und ein Grundverständnis von Pflege, das Pflege als ganzheitlichen Prozess von Menschenwürde und Lebensqualität akzeptiert und umsetzt.
Im gesamten Pflegebereich Niedersachsens häufen sich die Probleme. Der Landesregierung fehlt es an Strategien, die finanziellen Probleme im stationären und ambulanten Bereich zu lösen und dem absehbaren Fachkräftemangel Einhalt zu gebieten.
Trotz der Erhöhung der Vergütung für ambulante Leistungen um 2 % durch die Pflegeversicherung und der 0,8-prozentigen Erhöhung bei der häuslichen Krankenpflege schreibt eine Vielzahl der ambulanten Pflegedienste rote Zahlen. 81 % der ambulanten Diakonischen Pflegedienste können keine ausgeglichenen Haushalte mehr ausweisen, 30 % sind von Insolvenz bedroht.
Die Altenhilfeeinrichtungen setzen seit Jahren ihre restlichen Betriebsmittel ein, um die in den Pflegesätzen nicht ausreichend refinanzierten Personalkosten auszugleichen.
Die Schülerzahlen an den Schulen für Alten- und Krankenpflege sind rückläufig, weil die Ausbildungsfinanzierung nicht gesichert ist. Eine wirksame Imagecampagne für die Pflegeberufe fehlt.
Die Folgen des Pflegenotstands führen vor allem in der stationären Altenpflege zu erheblichen Defiziten, wo notwendige Leistungen wie Betreuung, Lebens- und Sterbebegleitung, soziale Integration und vor allem auch die Betreuung und Beaufsichtigung demenzkranker alter Menschen nicht in dem erforderlichen Umfang abgedeckt werden können.
Auch wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Heimen ihr Bestes geben, bleibt festzuhalten: Eine Pflege im Minutentakt verhindert, dass in angemessener Weise auf die individuellen Bedürfnisse der zu pflegenden Menschen eingegangen werden kann.
Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen diese Defizite und Missstände zu regelmäßigen inneren Konfliktsituationen und oft zu einem permanent schlechten Gewissen sich selbst und den alten Menschen gegenüber.
Um eine menschenwürdige, ganzheitliche Pflege und Betreuung alter und/oder kranker Menschen zu gewährleisten, sind seitens des Landes Niedersachsen eine andere Kostenverteilung und Prioritätensetzung dringend erforderlich.
In Niedersachsen waren Anfang des Jahres 2002 insgesamt rund 200 000 Menschen pflegebedürftig, davon lebten etwa 65 000 in Pflegeheimen. Der Anteil alter Menschen an der Bevölkerung nimmt stetig zu, gleichzeitig können immer weniger Familien ihre Angehörigen pflegen. Deshalb müssen jetzt dringend Lösungen für die Zukunft der Pflege aufgezeigt werden.
Wir fragen daher die Landesregierung:
1. Wie schätzt sie die prozentuale Steigerung des Pflegebedarfs bei ambulanter und stationärer Versorgung in den nächsten zehn Jahren ein?
2. Welche Maßnahmen hat sie bisher ergriffen, um den steigenden Bedarf an Pflege durch mehr qualifiziertes Personal auszugleichen?
3. Sind bisher im Dialog „Soziales Niedersachsen“ Lösungsmöglichkeiten erarbeitet worden, die eine kostendeckende Erstattung von Leistungen in der ambulanten und stationären Pflege ermöglichen?
Frau Ministerin, wie beurteilt die Landesregierung die Schaffung einer Schiedsstelle für die häusliche Krankenpflege? Ich gehe davon aus, dass sie das positiv sieht. Was hat sie bisher unternommen, um diese Schiedsstelle einzurichten, besonders in Kenntnis der Tatsache, dass die rot-grüne Bundesregierung einen Gesetzesantrag der CDU/CSUBundestagsfraktion zur Einrichtung von Schiedsstellen abgelehnt hat?
Frau Ministerin, es gibt Zweifel an Ihrer Aussage, dass Sie die Presseerklärung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgeglichen haben. Deshalb noch einmal ganz klar die Frage: Haben Sie diese Presseerklärung mit der Kassenärztlichen Vereinigung abgeglichen und, wenn ja, wann und mit wem? Ja oder nein?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist wohl ein nahezu einmaliger Zustand, dass ein Gesetz von unten her entstanden ist, dass die Politik das vollzogen hat, was die Beteiligten gefordert haben, und dass dies auch noch einhellig geschehen ist, nämlich den Zusammenschluss der LVAen aufgrund des Drucks des Bundesrechnungshofes. Wir haben nicht allzu viel Zeit gehabt, weil der Bundesgesetzgeber - auf Vorschlag des Bundesrechnungshofes - mittlerweile schon in dieser Legislaturperiode eine Neuregelung treffen will. Deswegen ist es gut, dass sich das Land Niedersachsen darauf einrichtet. Die Frage ist, auf was es sich einrichtet.
Vorab möchte ich mich allerdings herzlich bei allen Beteiligten bedanken, und zwar bei den Vertreterversammlungen der drei LVAen, die ja mehrere Male zusammengekommen sind, bei den Vorständen und bei den Geschäftsführern, die immer wieder geschaut haben, wo sie Gemeinsamkeiten in Richtung einer eventuellen Fusion sehen. Außerdem denke ich an die Mitarbeiter-Workshops, die dieses Thema auch ganz besonders behandelt haben.
Aber ich möchte mich auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen in diesem hohen Hause bedanken, die wir dieses Thema im Sozialausschuss einvernehmlich behandelt haben und die wir viele, viele Gespräche unmittelbar mit den LVAen geführt und die wir an dem Prozess auch beteiligt waren.
Die Grundsätze einer Fusion sind: Regionalität vor Zentralität - dazu stehen wir -, Sicherung der Beschäftigten vor Ort - auch dazu stehen wir - und Synergieeffekte erschließen; auch da ist ein Einvernehmen unter allen Beteiligten zu erzielen.
Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt ausdrücklich den durch den Niedersächsischen Landtag heute einstimmig - ich glaube, das werden wir tun - zu beschließenden Antrag „Zwei starke Landesversicherungsanstalten in Niedersachsen und rechtliche Voraussetzungen für die Fusion der Landesversicherungsanstalten Hannover und Braunschweig schaffen“ sowie den Entwurf eines Gesetzes über die Freigabe der Fusion der neuen Landesversicherungsanstalt Braunschweig - Hannover.
Allerdings ist es damit allein nicht getan. Es ist auch wichtig - darauf möchten wir ausdrücklich hinweisen -, dass der Landtag die Landesregierung auffordert, den vom Landtag heute - hoffentlich einstimmig - gefassten Beschluss zum Erhalt der LVAen Braunschweig-Hannover und auch Oldenburg-Bremen umzusetzen. Unter „umzusetzen“ verstehen wir nicht nur „mal eben so“, sondern sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die durch den Bundesgesetzgeber vorzunehmende Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung sichergestellt wird und dass in Niedersachsen zwei starke versicherungsnahe Landesversicherungsanstalten - nämlich die besagten erhalten bleiben.
Wichtig ist, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung - dazu fordern wir sie ausdrücklich auf - unverzüglich Verhandlungen mit den anderen Bundesländern aufnimmt mit dem Ziel, die Anträge in unserem Sinne durchzusetzen. Wir haben jetzt in diesem Hause eine einheitliche Position. Wir müssen die Landesregierung dazu auffordern, mit durch eine einheitliche Position gestärktem Rücken besser zu verhandeln, als sie es vorher getan hat. Das heißt, dass wir den Erhalt
und die Stärkung unserer dezentralen Lösung fordern.
Meine Damen und Herren, Herr Schwarz hat gesagt, dass es sicherlich auch Teile in den Fraktionen gibt, die sich eine andere Lösung hätten vorstellen können. Ich möchte nicht verhehlen, dass das auch in unserer Fraktion der Fall ist. Aber wir sagen uns auch, dass Einvernehmlichkeit notwendig ist. Wir möchten nicht gegen eine Landesversicherungsanstalt arbeiten, sondern wir wollen, dass die Arbeitsplätze - 700 Arbeitsplätze in der Landesversicherungsanstalt Oldenburg-Bremen sind nicht unerheblich - erhalten bleiben, wenngleich außer Zweifel steht, dass auch Außenstellen Arbeitsplätze bereithalten. Das ist klar. Dennoch ist es uns wichtig, dass wir in Niedersachsen eine einvernehmliche Lösung finden. Wir sind der Meinung, dass sich die Politik so wenig wie möglich in Strukturreformen einschalten sollte.
Ich meine, dass wir der Landesregierung in ihrem Vorhaben heute weitgehend den Rücken stärken. Ein einstimmiger Beschluss hat auch im Bundesrat ein ganz anderes Gewicht. Deswegen freue ich mich, dass wir diesem Antrag alle zustimmen werden. Ich meine, dass wir mit diesem Antrag einen fairen Ausgleich aller Interessen gefunden haben. Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Arbeitslosenzahlen um etwa 400 000 bis 500 000 Arbeitslose mit einem Federstrich allein dadurch reduziert werden, dass die Arbeitslosenstatistik um 1 bis 1,2 % geändert wird?
Ich darf meine zweite Frage gleich anschließen: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass weitere 700 000 Arbeitslose aus der Statistik herausfallen, weil Arbeitslose über 54 Jahre nicht mehr registriert werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat, der Bundesrechnungshof hat im Jahr 1998 angekündigt, dass eine komplette Neustrukturierung der Rentenversicherungslandschaft in Deutschland vorgenommen werden sollte, und er hat den Termin gesetzt. Im Frühjahr 2003 wird der Bund mit den ersten Vorschlägen kommen, wenn nicht freiwillig etwas im Land passiert.
Herr Schwarz hat schon darauf hingewiesen, dass in verschiedenen Bundesländern bereits Fusionen erfolgt sind oder diese im Gespräch sind. Wir in Niedersachsen sind ebenfalls in Gesprächen mit den drei Landesversicherungsanstalten, die es bei uns gibt, um eine zukunftsorientierte Organisationseinheit für Niedersachsen zu schaffen, die auch Bestand haben wird.
In der Tat ist die LVA Hannover mit 1 134 000 Pflichtversicherten die größte Landesversicherungsanstalt, dann folgt die LVA OldenburgBremen mit 335 000 Pflichtversicherten, und etwa 170 000 Menschen sind bei der LVA Braunschweig pflichtversichert. Das zeigt schon das Ungleichgewicht dieser drei Landesversicherungsanstalten. Dennoch sind wir von der Politik gehalten, nicht etwa eine LVA unterzubuttern.
Wir kennen das Damoklesschwert. Der Bundesrechnungshof schlägt vor, eine „LVA Mitte“ zu konzipieren, und zwar aus Niedersachsen, Bremen, Hessen und Thüringen. Um das abzuwenden, meine Damen und Herren, sind diese Gespräche in eine Brisanz getreten, die durch diesen Antrag heute auch hier im Hause noch einmal verdeutlicht wird. Wir befürchten, dass der Hauptsitz der LVA Mitte nicht in Niedersachsen sein wird. Das wäre so fatal und katastrophal, dass wir uns damit nicht einverstanden erklären können.
Die Selbstverwaltungsorgane der Landesversicherungsanstalten Braunschweig und Hannover haben im März dieses Jahres ein Rahmenabkommen mit entsprechenden Beschlüssen unterzeichnet. Die Beschäftigtenversammlung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das mit großer Zustimmung abgesegnet. Auch Gespräche in den Vorständen und mit den Geschäftsführern der drei Landesversicherungsanstalten haben stattgefunden. Im Moment herrscht Eiszeit, weil die Landesversicherungsanstalten Braunschweig und Hannover sich sozusagen einig geworden sind und die LVA Oldenburg-Bremen mit einem eigenen Vorschlag, nämlich dem einer „LVA Nordwest“, noch einmal ganz andere Vorstellungen entwickelt hat; und zwar mit einer Arrondierung der Zuständigkeitsbereiche um die Kreise Aurich, Leer, Emsland, Grafschaft Bentheim und Osnabrück hin zur LVA Oldenburg-Bremen.
Nun, meine Damen und Herren, es ist von der Politik nicht unbedingt einzuschätzen, ob dies sehr sinnvoll ist und dauerhaft den Bestand der LVA Oldenburg-Bremen sichern wird. Es ist auch nicht
sicher, dass wir in Niedersachsen auf Dauer zwei Landesversicherungsanstalten haben werden.
Ideale Vorstellung wäre eine Kooperation dieser drei Landesversicherungsanstalten. Wir hätten dann ein wirklich gutes Argument gegen die Bundespläne. Denn es geht letztlich auch darum, dass wir die Standorte sichern. Standortsicherung heißt natürlich immer Arbeitsplatzsicherung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen, aber auch in den Reha-Kliniken.
Ich will das noch einmal unterstreichen - Herr Schwarz hat es bereits gesagt -: Der Wirtschaftsfaktor von 12 Milliarden Euro per anno ist eine Größe, die wir nicht vernachlässigen dürfen. Wir sind auch für unsere Reha-Kliniken verantwortlich, wir sind dafür verantwortlich, dass Rehabilitationsmaßnahmen weiter bei uns im Land durchgeführt werden können.
Meine Damen und Herren, vom Bundesrechnungshof wird angegeben, dass man mit dieser großen Planung zukunftsorientierter Organisationseinheiten etwa 700 Millionen DM jährlich sparen würde. Das ist damals noch in DM-Beträgen angegeben worden. Jetzt hat man uns vorgerechnet: Die Fusionsbestrebung in Braunschweig und Hannover werde zu Einsparungen führen, und Kosten würden vor allen Dingen im Bereich des Personals gespart. Der Abbau von 35 Stellen, der bis zum Jahr 2005 erfolgen soll, wird nicht zu fusionsbedingten Kündigungen führen, sondern das wird sozusagen ausgewachsen. Schon heute wird bei Neueinstellungen berücksichtigt, dass die Fusion stattfinden wird.
Wir wollen im Landtag diesem freiwilligen Zusammenschluss ganz sicherlich keine Knüppel zwischen die Beine werfen, und wir sollten es auch nicht tun. Wir sind heute hinsichtlich des Gesetzentwurfs in der ersten Beratung. Im Übrigen bin ich sehr erstaunt, dass Ministerpräsident Gabriel und Sozialministerin Trauernicht zwar angekündigt haben, dass sie sich für den Bestand der beiden Landesversicherungsanstalten, also der LVA Braunschweig-Hannover und der LVA OldenburgBremen, einsetzen wollen, dass aber der Gesetzentwurf leider nicht aus dem Hause der Sozialministerin kommt.
Vielleicht ist er dort erarbeitet worden, aber auf dem Papier trägt er den Absender „SPD-Fraktion“, meine Damen und Herren.
Wir werden uns in den Beratungen im Fachausschuss ganz intensiv mit dem Gesetzentwurf, aber auch mit dem Argument auseinander setzen, das jetzt noch von den Landesversicherungsanstalten vorgetragen worden ist, ob der Entwurf denn verfassungsgemäß ist. Hierzu erwarten wir natürlich eine klare Rechtsauskunft im Fachausschuss. Ich weise schon jetzt darauf hin. Wir meinen, dass wir die Zeit haben, noch einmal mit den Landesversicherungsanstalten zu sprechen, um zu erreichen, dass sie von sich aus - das wäre die Ideallösung -, von unten heraus diesen Zusammenschluss anstreben, sodass wir nicht von der Politik, von oben ein Gesetz überstülpen müssten. Das wäre der Idealzustand, den wir anstreben. Das wäre eine gute Sache für Braunschweig wie für Hannover wie für Oldenburg/Bremen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit ihrer großen Anfrage will die CDU-Landtagsfraktion die Landesregierung auf eines der drängendsten Probleme in der Altenpflegepolitik hinweisen. Wer wie wir regelmäßig im Lande in Gesprächen mit stationären Einrichtungen der Altenpflege, mit den Trägern der Altenpflegeheime, mit den Bewohnern und Bewohnerinnen sowie der Heimaufsicht steht, der wird immer wieder auf das Problem des Fachkräftemangels hingewiesen. Auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen hat in seinem Bericht vom 19. Juli 2001 in nahezu einem Drittel aller Pflegeeinrichtungen erhebliche Pflegemängel festgestellt.
Dies ist das Ergebnis von 135 Anlassprüfungen. 80 % dieser Prüfungen haben in vollstationären, 14 % in ambulanten und 6 % in Tages- und Kurzzeiteinrichtungen stattgefunden. Ferner wurden 144 Stichprobenprüfungen in vollstationären Pflegeeinrichtungen durchgeführt. Damit ist Niedersachsen durchaus keine Ausnahme. Prüfungen des MDK in anderen Ländern wie z. B. in SchleswigHolstein haben zu ähnlichen Ergebnissen geführt.
Die Mängel bestehen - diesbezüglich hat mein Kollege Groth Recht - in allen Bereichen in der Struktur der Prozess- und Ergebnisqualität. Besondere Schwachstellen wurden aber auch bei der Fachlichkeit der Pflege, der Dekubitusprophylaxe, der Flüssigkeitszufuhr und der Ernährung, der Aktivierung der Bewohner, dem Pflegekonzept, der Pflegeplanung, der Dokumentation, der Ablauforganisation, der Personalplanung und beim Qualitätsmanagement festgestellt.
In seiner Stellungnahme weist der Katholikenrat auf den nicht länger hinnehmbaren Pflegenotstand hin, der sich auf alle Bereiche der häuslichen und der stationären Altenpflege auswirkt. Dies ist der Öffentlichkeit seit langem bekannt.
Nur die Landesregierung scheint davon nichts zu wissen. Zwar beschreibt sie auch den gegenwärtigen Bestand an Mindesterheblichpflegebedürftigen mit rund 210 000 Menschen. Die Landesregierung geht aber mit keinem Wort auf die Herausforderungen der Zukunft ein, nämlich darauf, dass die Zahl der Hochbetagten aufgrund der demografischen Entwicklung gewaltig zunehmen wird und dass sich die Anzahl der Demenzkranken in den
nächsten 30 Jahren fast verdoppeln wird. Der Pflegebedarf wird in den nächsten Jahren gewaltig zunehmen. Auch wäre eine Verbesserung der Leistungen für diesen Personenkreis mehr als sinnvoll.
Die Landesregierung stellt nüchtern fest, dass im Dezember 1999 - neuere Zahlen stehen angeblich noch nicht zur Verfügung - 33 501 Pflegekräfte in den Pflegediensten und Pflegeheimen tätig gewesen seien, davon fast 22 000 Pflegefachkräfte. Allein diese Zahl „22 000 Pflegefachkräfte“ muss hinterfragt werden. Der Anteil der Pflegefachkräfte beläuft sich danach auf mehr als 65 %, meine Damen und Herren. Wer in den Heimen ein- und ausgeht, der weiß aber, dass diese Zahl nur selten erreicht wird. Selbst die Heimaufsicht nimmt es gelassen hin, dass wegen des Mangels an Fachkräften die Personalfachkraftquote nicht erfüllt werden kann.
Das Arbeitsamt selbst verfügt über keine verwertbare Statistik über arbeitslose Pflegefachkräfte, da dort nicht zwischen Fach- und Hilfskräften differenziert wird. In die Statistik werden alle diejenigen aufgenommen, die sich dazu bereit erklären, auch Tätigkeiten in einem Pflegeheim zu übernehmen. Das Ergebnis ist, dass häufig nur weniger als 10 % der Arbeit Suchenden über eine Qualifikation als Pflegefachkraft verfügen. „Man müsse eben nehmen, was da ist,“ ist die häufig gehörte Aussage der Heimbetreiber.
Frau Ministerin, hat sich nicht auch die Gesprächsrunde des Dialogs Soziales Niedersachsen dieses Thema als eines der ersten und damit brennendsten Themen vorgenommen?
Wir von der CDU-Landtagsfraktion sind durchaus nicht damit einverstanden, dass die Antwort der Landesregierung den Eindruck erweckt, dass alles in Ordnung sei. Zumindest verstärken Sie diesen Eindruck noch durch Ihre Presseerklärungen, Frau Ministerin. In der Antwort auf unsere Große Anfrage wird nämlich eingestanden, dass sich in jüngster Zeit Äußerungen über eine zumindest auf regionaler Ebene bereits bestehende Personalknappheit mehren. Aha, also doch etwas anderes. Vor diesem Hintergrund werden wir es nicht hinnehmen, dass Prognosen zum künftigen Bedarf von der Landesregierung als sehr unsicher bezeichnet werden oder dass es verlässliche Ausgaben nicht gebe. Diese Verharmlosung des Prob
lems führt nicht zu neuen Lösungsstrategien. Es ist unsere Aufgabe, Frau Ministerin, die Ängste der älteren Menschen abzubauen und nicht zu verniedlichen.
Wir Sozialpolitiker und Sozialpolitikerinnen reden von einer Qualitätsoffensive in der Pflege, obwohl weder in der ambulanten noch in der stationären Pflege eine leistungsüberbringer- und leistungsträgerübergreifende Verständigung darüber besteht, welche Elemente eine qualitativ hochwertige Pflege umfassen muss. Ganz sicher gehört das Thema Pflegekräfte in diesen Bereich hinein, selbstverständlich.
Eines der größten Probleme im Zusammenhang mit der dauerhaften Sicherstellung einer qualitativen Pflege sind die Gewinnung und Ausbildung einer ausreichend großen Anzahl von Pflegenachwuchskräften. Es ist abzusehen, dass die Diskussion über eine qualitativ hochwertige Pflege einfach deshalb Makulatur ist, weil nicht genügend Menschen zur Verfügung stehen, um die notwendigen Pflegeleistungen erbringen zu können. Zu diesem Thema wird uns von Altenpflegeschulen in Niedersachsen berichtet, dass die vorhandenen Kapazitäten der Schulen noch nicht einmal ausgenutzt werden können. So seien jeweils 20 % der Ausbildungsplätze in den letzen beiden Jahren nicht belegt worden, weil die Einrichtungen nicht genügend Praktikumsplätze zur Verfügung gestellt bekommen. Außerdem sind die Zugangsvoraussetzungen für die Fachschule Altenpflege - das möchte ich Ihnen, Frau Ministerin, aber auch der Kultusministerin ganz besonders ans Herz legen, weil es auch in ihren Bereich hineingeht - zu hoch. So setzt das Niedersächsische Altenpflegeberufegesetz einen Realschulabschluss oder einen Hauptschulabschluss plus abgeschlossene Berufsausbildung voraus.
Die alte Regelung in Niedersachsen sah den Realschulabschluss plus ein Jahr Berufsfachschule Sozialpflege vor. Das Altenpflegegesetz des Bundes jedoch verlangt nur den Realschulabschluss ohne den zusätzlichen Besuch einer Berufsfachschule. Nun wissen wir, dass diese Rechtslage vor dem Bundesverfassungsgericht gerade ausgetragen wird.
Bis dahin gibt es auch in Niedersachsen eine verwirrende Rechtslage, die zu einer großen Verunsicherung der Schülerinnen und Schüler führt, die diesen doch eigentlich sehr schönen Beruf erlernen möchten. Die Bewerberinnen springen einfach ab so ist die Realität - und werden Krankenschwestern. Das hat aber auch noch einen anderen Grund. In Niedersachsen muss nach wie vor ein Schulgeld für den Besuch einer Altenpflegeschule entrichtet werden. 270 DM pro Monat - ich nehme jetzt noch einmal die alte Währung - sind für junge Menschen, die einen Beruf erlernen wollen, nicht gerade wenig.
Wie kommt eigentlich ein junger Mensch dazu, nach wie vor für seine Berufsausbildung zur Altenpflegerin Geld zu entrichten, wenn doch die Berufsausbildung zur Krankenschwester kostenlos ist? Dieser Zustand ist unerträglich, Frau Ministerin. Ich meine, dass er unbedingt geändert werden muss.
Die Arbeitsgemeinschaft der Altenpflegeschulen in Niedersachsen hat in der Anhörung zum Entwurf zur BbS-VO angeregt, wenigstens Übergangsregelungen oder Vorgriffsregelungen zum Altenpflegegesetz des Bundes zu treffen. Bewerber, deren Zugangsvoraussetzungen derzeit noch nicht geklärt sind, dürfen nicht weiter durch Wartezeiten verunsichert werden. Das ist ein Mangel, den wir abstellen müssen und auch abstellen können.
Im Übrigen erklärten uns die Schulen, dass die Absolventinnen und Absolventen keine Probleme hätten, vermittelt zu werden. Im Gegenteil: Die Einrichtungen wenden sich schon vor Abschluss der Kurse an die Schulen und reißen ihnen mit Angeboten im Grunde die Absolventen aus den Händen.
- Damit haben Sie Recht, Frau Elsner-Solar. Einige drücken sich, obwohl sie die Fachkräfte brauchen, davor, Praktikumsplätze anzubieten, weil sie glauben, sie bekämen diese Fachkräfte für lau. Dies muss die Politik klären. Das ist unsere Aufgabe.
Seit Jahren müssen die Heime mit immer weniger Personal eine immer schwierigere Pflege von immer älteren pflegebedürftigen und verwirrten Heimbewohnern leisten. Dies führt dazu, dass 80 % der Berufsanfänger in der Altenpflege nach fünf Jahren den Beruf, den sie eigentlich lieben, wieder aufgeben. Auch ein angemessener Personalschlüssel ist Voraussetzung für humane Arbeitsbedingungen in der Pflege und damit für ausreichendes und motiviertes Personal heute und in der Zukunft. Den Personalschlüssel sollten wir uns im Fachausschuss noch einmal ansehen.
Lassen Sie mich nun noch einige Bemerkungen zur Riester‘schen Greencard für die Pflege machen. Es ist eine Schande für Deutschland, dass wir unsere älteren Menschen nicht von unseren eigenen Leuten pflegen lassen können. Aber die Realität ist nun einmal so, wie sie ist. Das Thema ausländische Pflegekräfte wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Ich möchte Sie bitten, einmal nach Bayern zu schauen, denn von dort können wir etwas lernen.
Die angeworbenen Pflegehilfskräfte aus EUBeitrittsländern können zwar die Illegalität verlassen,
- hören Sie gut zu; Sie können wirklich noch etwas lernen -, indem sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Doch welche Zukunftsperspektiven haben sie selbst, und welche Auswirkung hat die angestrebte Neuregelung auf den Mangel an Pflegekräften in den Einrichtungen in Deutschland? Zur Verbesserung der Situation in der Altenpflege wird diese Maßnahme nicht führen, wohl aber die, die die bayerische Sozialministerin Christa Stewens eingeführt hat. Danach dürfen Krankenschwestern und Pfleger aus Slowenien und Kroatien z. B. ihr Praktikum in Altenpflegeheimen absolvieren, um zur Pflege alter Menschen befähigt und als Fachkraft im Sinne des Heimgesetzes anerkannt zu werden. Bislang - das wissen Sie - war dieses Praktikum nur in Krankenhäusern möglich. Mit der Altenpflege hat das aber nichts oder wenig zu tun. Neben einem angeleiteten Praktikum werden die Krankenschwestern aus Slowenien und Kroatien verpflichtet, an vier Tagen im Monat Fortbildungsveranstaltungen zu besu
chen. Besonderer Wert wird auf Lerninhalte wie Pflegeplanung und Qualitätssicherung gelegt. Hohe Priorität genießen hier auch die Geriatrie und die Gerontopsychiatrie. Danach erhalten sie ein Zertifikat, das sie in die Lage versetzt, sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu bewerben.
Ganz wichtig für die Gewinnung von Nachwuchs ist, dass wir eine Verbesserung des gesellschaftlichen Ansehens der Pflege und insbesondere der Pflegeberufe in die Wege leiten. Dazu gehört natürlich auch eine bessere Bezahlung. Ich meine damit nicht die tarifliche Bezahlung, sondern die Fälle, in denen von privaten Heimen untertariflich bezahlt wird.
Eine langfristig angelegte Seniorenpolitik setzt auch in Niedersachsen eine verlässliche Finanzierung von Investitionen in Pflegeheimen und eine Verbesserung des Personalsschlüssels oder aber zumindest eine stärkere Kontrolle des Personalschlüssels in den Einrichtungen voraus. Ich kann nur dringend vor Kürzungsvorschlägen in der Altenpflege warnen. Ich kann nur sagen: Hände weg von Versuchen, wie sie die Landesregierung im Rahmen der letzten Haushaltsberatungen unternommen hat, als sie bei den ambulanten Diensten 40 Millionen DM einsparen wollte.
Das zurzeit bestehende Altenpflegegesetz bietet nicht mehr als einen Zuschuss zu den tatsächlichen Investitionsfolgekosten in stationären Einrichtungen und bedeutet einen enormen bürokratischen Aufwand. Der Niedersächsische Landkreistag fordert seit langem eine Aufhebung dieses Gesetzes. Wir sollten diese Forderung zumindest prüfen.
Frau Ministerin Trauernicht, wir hätten uns eigentlich ein bisschen mehr Engagement bei der Beantwortung unserer Großen Anfrage gewünscht.
Wir hätten uns gewünscht, dass Sie das, was Sie im Jugendbereich einsetzen, auch der Altenpflege zukommen lassen. Schon heute sollten wir an Morgen denken. Wir selbst, aber zumindest unsere Eltern können betroffen sein. Wir sind verantwortlich dafür, unseren älteren Menschen eine menschenwürdige Pflege zu gewährleisten.
Die CDU-Landtagsfraktion versteht sich auch in Zukunft als Fürsprecherin der Interessen der älteren pflegebedürftigen Menschen in unserem Lande. Ich hoffe, das gilt für das gesamte Haus. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Haushaltsbegleitgesetz hat die SPD-Fraktion des Niedersächsischen Landtages, ohne auf erkennbaren Widerstand bei der Landesregierung zu stoßen, die Leistungen nach § 13 Niedersächsisches Pflegegesetz auf maximal 550 Euro monatlich begrenzt.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie viele pflegebedürftige Personen mussten aufgrund dieser Maßnahme erstmalig am 1. Januar 2002 Sozialhilfe beantragen bzw. für wie viele pflegebedürftige Personen erhöhte sich der Betrag, den die niedersächsischen Sozialhilfeträger aufzuwenden hatten?
2. Wie viele örtliche Träger sind nicht bereit, die nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz festgestellten förderfähigen Investitionskosten der Bedarfsrechnung nach dem Sozialhilferecht zugrunde zu legen?
3. Welches sind überhaupt noch die Vorteile der Förderung nach § 13 Niedersächsisches Pflegegesetz, und wie viele pflegebedürftige Personen profitieren davon?
Herr Präsident! Frau Ministerin, wir hatten eigentlich die Landesregierung und nicht die Sozialdemokratie gefragt. Sie haben das zwar so in Ihrem Redebeitrag gesagt, aber ich gehe davon aus, dass Sie für die Landesregierung geantwortet haben.
Ich komme zu meiner Frage. In der Haushaltsdebatte im Sozialausschuss wurde uns gesagt, dass etwa 30 % der Bezieher dieser BAZ Sozialhilfeempfänger werden würden. Sie haben jetzt aber eine ganz andere Zahl genannt.
- Ich habe es mir aufgeschrieben.
- Herr Groth, Sie sind noch nicht die Landesregierung. Lassen Sie doch die Ministerin antworten!
Können Sie den Widerspruch aufklären, dass in der Ausschussberatung gesagt wurde, 30 % der Bezieher von BAZ würden nunmehr Sozialhilfeempfänger werden, dass jetzt aber gesagt wurde, es würden weitaus mehr?
Frau Ministerin, wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass einige Sozialhilfeträger die Anträge auf Kostenübernahme überhaupt nicht bearbeiten oder sogar zurückweisen?
Herr Minister, welche Art von Nebenwirkungen haben sich in Osnabrück gezeigt, Unwohlsein oder auch ernsthafte Sachen?
Herr Minister, Sie bewerten ja den Einsatz von Brechmitteln als unverhältnismäßig. Sie können aber dem Hohen Hause hier nicht bescheinigen, welche Nebenwirkungen diese haben könnten. Wie kommen Sie zu Ihrer Einschätzung? Die ist nicht gerechtfertigt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was die CDU-Fraktion von dem Sozialhaushalt hält, hat meine Kollegin hier schon eindeutig gesagt, nämlich nicht viel. Ich möchte das anhand von zwei Beispielen klar machen.
Erstens am Beispiel der Arbeitsmarktpolitik. Sie wissen, meine Damen und Herren, dass der Betrag von 85,5 Millionen Euro allein durch 58 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds gespeist wird. Das heißt, mehr als zwei Drittel der Mittel kommen aus Brüssel. Nicht einmal ein Drittel kommt vom Land; denn wir müssen berücksichtigen, dass sich auch noch der Bund und die Kommunen beteiligen.
Wir kriegen das Geld doch nicht deshalb, weil wir so schöne blaue Augen haben, sondern deshalb, weil Sie die Finanzen an die Wand gefahren haben und wir deshalb bedürftig sind.
Im Haushaltsausschuss haben Sie, Frau Ministerin, erklärt, dass die Arbeitsmarktpolitik des Landes weit mehr als 40 000 Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte erreichen würde. Wollen Sie sich wirklich alle diese 40 000 an die eigene Weste stecken? - Sie wissen doch ganz genau, dass Arbeitsmarktpolitik von den Kommunen, vom
Bund - nämlich von den Arbeitsämtern - und von den Einrichtungen, die ganz erhebliche Anstrengungen unternehmen, betrieben wird. Das müssen wir doch sehen. Von daher wäre es unredlich, wenn Sie das für sich allein in Anspruch nehmen würden. Wir kennen doch Landkreise, die Sozialhilfeempfänger wieder in Brot und Lohn bringen. Es gibt erfolgreiche Landkreise, die die Sozialhilfekosten um Millionen herabsetzen können. Ich erinnere nur einmal an die Landkreise Weser-Ems und Peine, aber auch an die Stadt Osnabrück. Das sind gute Beispiele, von denen Sie sich etwas abgucken können.
Ich möchte jetzt aber über etwas berichten, was mir sehr wichtig ist. Wir machen hier in Niedersachsen eine besondere Arbeitsmarktpolitik mit der LaBIB. Was ist das eigentlich? - Das ist die Landesberatungsgesellschaft für Integration und Beschäftigung. Liebe Frau Kollegin, ich habe an einem dieser fantastischen Kurse teilgenommen. Ich muss Ihnen sagen: An einem Kurs zum Thema Gender Mainstreaming, einem der Kernpunkte der Querschnittsaufgaben der Landesregierung überhaupt - wenn ich das in der Vergangenheit so richtig verstanden habe -, haben nur drei Personen teilgenommen. Ich war eine davon. Die beiden anderen waren Frauenbeauftragte. Aus dem ganzen Land Niedersachsen sind zwei Frauenbeauftragte zu diesem Seminar gekommen! Uns gegenüber saßen fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ministerium.
Meine Damen und Herren, können Sie sich eigentlich vorstellen, wie effektiv solch ein Seminar ist?
Wir haben den ganzen Tag beraten. Wir haben unseren Beitrag bezahlt: 130 DM plus Mehrwertsteuer. Dies kann doch nicht die Kosten decken. Von den fünf, die uns gegenüber saßen, war eine Dame aus dem MFAS, und vier waren von der LaBIB; zwei davon waren Lernende. Dazu muss man wissen, dass die gesamte LaBIB ebenfalls aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert wird und dies eben nicht Eigenmittel sind, die die LaBIB selber erarbeiten muss.
Ich finde, hier werden Fördergelder verschwendet. Deswegen haben wir den Antrag gestellt, dass die LaBIB mit ihrer unwirtschaftlichen Arbeit aufgelöst werden muss.
Ein anderes Thema ist das Unterhaltsvorschussgesetz. Meine Damen und Herren, wir haben natürlich großen Respekt vor den Vorschlägen des Landesrechnungshofs, folgen ihnen, wie Sie wissen, aber nicht immer. Bei den Vorschlägen zu den Landesbildungszentren für Hörgeschädigte haben wir es z. B. nicht getan, und wir werden es auch jetzt nicht tun.
Gerade die Liste, die wir vom Niedersächsischen Landkreistag bekommen haben, hat uns klargemacht, dass Ihr so genanntes Anreizmodell, Frau Trauernicht, nicht wirken wird. Denn von unseren 61 Jugendämtern holen lediglich elf die Rückholqute von über 30 % wieder herein und hätten damit einen Vorteil davon. Alle anderen 50 Jugendämter in Niedersachsen machen Miese. Das ist auch verständlich, weil Sie nämlich 4,3 Millionen Euro, also 8,4 Millionen DM jährlich beim Land einsparen und den Kommunen aufdrücken. Das machen wir nicht mit, meine Damen und Herren!
Frau Ministerin, Sie sollten in Ihrer grundsätzlichen Öffentlichkeitspolitik einmal bedenken, dass die Gelder auch bei den Betroffenen ankommen müssen. Dieses Jekami-Prinzip - „jeder kann mitmachen“ - tragen wir nicht mit, das sage ich Ihnen gleich.
Zum Dialog „Soziales Niedersachsen“: Bei der Eröffnungsveranstaltung wurde lediglich festgestellt, welches Thema man in Zukunft beraten wolle.
Dazu wurden 50 Vertreter der Wohlfahrtsverbände, der Kirchen, der Gewerkschaften usw. eingeladen. Natürlich sind die gebauchpinselt und kommen zum nächsten Mal gern wieder, meine Damen und Herren. Aber damit kommt kein Pfennig bei den Betroffenen an. Das machen wir nicht mit. Wir wollen, dass Sie endlich eine Politik für diejenigen machen, die es wirklich brauchen; wir wollen, dass das Geld unten ankommt. Ich meine, bei 40 000 arbeitslosen Jugendlichen, bei 17 000 Wohnungs
losen, bei den Missständen in der Pflege und im Gesundheitsbereich haben wir Probleme genug. Da brauchen wir nicht noch die 162 Projekte in Hochglanzbroschüren. - Herzlichen Dank.
Frau Ministerin, halten Sie es nicht für zynisch, zu sagen, dass die Gemeinden sozusagen einen Vorteil erreichen könnten, wenn sie eine Rückflussquote von über 30 % erreichten, wohl wissend, dass nur zwölf von 61 Jugendämtern im Lande Niedersachsen überhaupt eine Rückflussquote von 30 % erreichen?
Ich habe mich in meinem Landkreis erkundigt, ob man durch eine Steigerung der Bemühungen und durch mehr Personal tatsächlich eine höhere Rückflussquote erreichen könnte. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen.
Der Landkreis Peine erreicht mit 1,8 Stellen eine Rückholquote von 22 %, während der Landkreis Goslar mit 5,3 Stellen eine Rückholquote von 29 % erreicht. Wie viel Personal müsste man Ihrer Meinung nach zusätzlich einstellen, damit sich das rechnet? Auch Personal kostet Geld!
Besteht aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen jetzt die Möglichkeit, dass der Landesrechnungshof diese Institution prüft?
Herr Minister, Sie haben eben die Höhe der Bürgschaftsverpflichtung genannt. Im Haushaltsplanentwurf des MWK für die Jahre 2002 und 2003 sind jedoch darüber hinaus jährlich 10 Millionen Euro veranschlagt, die zum Erwerb von Grundstücken für das INI gedacht waren. Heißt das, dass sich damit das Land weiter verpflichten wollte zu fördern?
Ist die Landesregierung der Meinung, dass sie richtig handelt, wenn sie diese Umfragen lediglich im Ausschuss für Verwaltungsreform behandelt? Wäre es nicht besser, die Umfragen ebenfalls in den Fachausschüssen der betroffenen Ministerien zu behandeln?
Herr Innenminister, sind Sie der Meinung, dass in den anderen Fachausschüssen die Vertraulichkeit nicht gewahrt ist
und ob die Abgeordneten nicht mit sensiblen Personendaten umgehen können? Da beispielsweise im MFAS 311 Fragebögen zurückgekommen sind, kann es sich gar nicht auf einzelne Personen beziehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Vorstellungsrede vor dem Sozial- und Gesundheitsausschuss am 10. Januar dieses Jahres hat Sie, Frau Ministerin, meine Kollegin Pawelski darauf angesprochen, wie Sie sich nach der Blitzumfrage des Personalrats die Verbesserung des Klimas im MFAS vorstellen. Darauf haben Sie ausgeführt, dass es Ihr zentraler Ansatz sei, davon auszugehen, dass die Motivation der Mitarbeiter - nicht der Mitarbeiterinnen, aber der Mitarbeiter - am besten
dadurch hergestellt werden könne, dass die Mitarbeiter in ihrer Arbeit Erfolge wahrnehmen könnten, dass sie sähen, dass ihre Arbeitsansätze gebraucht würden und dass sie wichtig genommen würden.
Diesen Vorsatz haben Sie leider nicht befolgt. Es sind neun Monate vergangen; das ist eigentlich ein normaler Schwangerschaftszeitraum. Das heißt, da ist ein Kind geboren. Sie haben jetzt also nicht mehr Zeit zu sagen: Ich bin ja noch in den Anfängen und ich werde in Zukunft... - Nein. Sie sind mitten dabei.
Noch nie, Frau Ministerin, war das Betriebsklima im MFAS so schlecht wie heute.
Das bescheinigen Ihnen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und das ist megakatastrophal.
Ich erinnere noch einmal daran, dass z. B. bei den Fragen nach den Arbeitsbedingungen lediglich 54 % sagen, sie seien gut. Nun werden Sie sagen: Das ist doch schon etwas, es sind mehr als die Hälfte.
Im Innenministerium haben diese Zufriedenheit immerhin 70 %. In der Wirtschaft weiß man, dass Sie mindestens 70 %, wenn nicht noch mehr haben müssten. Sonst würden Sie „gefeuert“.
Entscheidet die Qualität für Beförderungen? Darauf sagen 16 % Ja. Das ist nur jeder Sechste, meine Damen und Herren; das ist noch nicht einmal die Hälfte, das ist noch nicht einmal ein Viertel. Das ist jeder Sechste!
Vertrauen zur Leitung des Hauses - das ist eigentlich die größte Katastrophe -: 19 % - noch nicht einmal jeder Fünfte.
Das ist im Innenministerium anders. Dort sind es immerhin 50 %. Aber hier im MFAS sind es nur 19 %.
Bei der Zufriedenheit mit der Leitung des Hauses sind es ebenfalls nur 19 %, im Innenministerium 52 %.
Ich finde, das ist sehr aufschlussreich und sollte Ihnen sehr zu denken geben.
Zur Kultur und zum Stil kann ich nur auf Folgendes hinweisen. Die Aussage, jeder, der sich enga
giert, kann etwas bewirken, haben immerhin 12 % mit Ja quittiert. Das ist jeder Achte. Sieben von acht sagen also Nein oder „teils-teils“. Das heißt, Sie kommen nicht richtig voran. Nur jeder Achte sagt Ja.
Bei dem Punkt „offen Kritik üben, ohne Nachteile in Empfang zu nehmen“ sind es sage und schreibe 8 %. Das heißt, jeder Zwölfte sagt hier: Ich kann diese Kritik offen üben. Das bedeutet, es geht im MFAS eine Gefahr um, es geht ein Gespenst um, gemobbt zu werden. Das muss man doch einfach sehen.
Nun, meine Damen und Herren, diese Umfrage sagt auch etwas Erfreuliches aus. Es gibt nämlich eine hohe Zufriedenheit mit den unmittelbaren Vorgesetzten. Das ist nun eine Chance für Sie, Frau Ministerin, dass gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kleinen Zirkel, in einer kleinen Abteilung zu 75 % sagen: Wir sind mit den unmittelbaren Vorgesetzten zufrieden. Dieses Gut zeigt aber auf der anderen Seite - das ist wiederum beschämend - die hohe Distanz zwischen dem arbeitenden Volk - so sage ich einmal - und der Leitung. Das muss Ihnen wieder zu denken geben.
- Wissen Sie, Herr Groth, dass das schon die zweite Umfrage ist? Die zweite ist noch vernichtender als die erste, die ja auch schon katastrophal war.
Hier müssen Sie endlich etwas ändern und dürfen nicht noch sagen: Die, die das kritisieren, haben Schuld. - Nein, Sie selber können etwas ändern!
Ich meine, wir haben in der Sozialpolitik ganz andere Probleme zu lösen als die, die Sie hier anpacken wollen, Frau Ministerin. Sie sind eine „Ankündigungsministerin“. Zum Beispiel in der Eröffnungsveranstaltung zum Dialog „Soziales Niedersachsen“ am 27. September sagte Ihnen die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände, dass Sie geradezu die Problemfelder suchen, aber keine Lösungen anbieten.
Fragen Sie doch einmal Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Die wissen die Lösung, die kennen auch die Lage im Land. Wie sieht es denn mit dem
Bündnis „Für ein Leben mit Kindern“ aus? - Auch hier sagten Sie bei der Gründungsveranstaltung, statt konkrete Lösungsvorschläge aufzuzeigen: Wir wollen eigentlich erst einmal nur die Dialogformen wagen.
Das ist keine konkrete Umsetzung. Die Bevölkerung erwartet mehr von Ihnen, von der Politik und von der Landesregierung.
„Neue Wege in der Sozialhilfe“ ist ein drittes Beispiel: Sie kündigen einen Paradigmenwechsel in der Sozialhilfe an, bringen aber keine Lösungen.
Ich meine, die Sozialpolitik in Niedersachsen braucht gemeinsames Engagement von Landesregierung und Ministerin und Betroffenen. Sie demotivieren Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hören Sie damit endlich auf, und bringen Sie sie an einen Tisch, damit wir Lösungen zugunsten der Betroffenen anbieten! - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion ist nun schon seit einem Jahr in der Beratung. Wir haben im Übrigen auch in den Ausschüssen gut darüber beraten.
Die Situation der ausländischen Zwangsprostituierten hat sich in der langen Zeit sicherlich nicht wesentlich verbessert. Nach wie vor werden Frauen im Wesentlichen aus Osteuropa unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und hier zur Prostitution gezwungen. Die Einzelheiten auszumalen will ich mir diesmal ersparen, weil wir oft genug darüber gesprochen haben.
Viele der Frauen halten sich illegal in Deutschland auf. Täglich nehmen 1,2 Millionen Männer in Deutschland die Dienste von etwa 400 000 Prostituierten in Deutschland in Anspruch - eine Zahl, die die Dimension dieses Antrags und dieses Themas zeigt.
Im Jahr 2000 wurden allein in Niedersachsen 189 Menschenhändler festgenommen, darunter 102 deutsche Tatverdächtige und 36 osteuropäische Tatverdächtige. Die Zahl der Opfer im letzten Jahr betrug nach der Statistik 176, davon 150 aus Osteuropa. Es ist also ein Problem. Dies sind auch nur die offiziellen Zahlen. Mit einer hohen Dunkelziffer müssen wir bei diesem sehr lukrativen Geschäft rechnen.
Die Höhe der Gewinne wird auf etwa 5 Millionen DM geschätzt - wahrlich eine Gewinn bringende Branche für die Menschenhändler, nicht für die Frauen.
Deshalb unterstützen wir von der CDU-Fraktion jede Initiative, um den betroffenen Frauen in ihrer Lage zu helfen und sie zu betreuen. Insofern ist die Intention des Antrages der SPD-Fraktion richtig. Wir erkennen an, dass das Land mit der Förderung der Frauenhäuser, aber z. B. auch der Beratungsstelle KOBRA in Hannover, den Prostituierten Beratung und Hilfe anbietet. Vor allem den Mitarbeiterinnen dieser Beratungsstelle sei an dieser
Stelle einmal der Dank für ihre geleistete Arbeit öffentlich ausgesprochen.
Gerade heute ist in einer Zeitung aus dem Braunschweiger Raum ein Interview der Landesbischöfin zu diesem Thema abgedruckt worden. Sie sagt darin:
„Ich halte es gerade auch mit Blick auf die Zwangsprostitution für gefährlich, Prostitution zu verharmlosen und sie gesellschaftsfähig zu machen. Die eigene Haut zu Markte tragen zu müssen, das ist und bleibt eine Erniedrigung.“
Ich finde, dass dem nicht viel hinzuzufügen ist. Wir können dieses sehr gut verstehen.
Der beschwerliche Weg, den wir gemeinsam einschlagen wollen, ist richtig. Wir müssen Wohnungen für die betroffenen Frauen anbieten, damit die Frauen als Zeuginnen in den Strafverfahren, in denen es um Menschenhandel geht, zur Verfügung stehen.
Anderenfalls ist die Beweislage in solchen Fällen gleich Null. Deshalb ist es auch richtig, den Frauen, die in der Regel illegal nach Deutschland eingereist sind und die in Prozessen gegen die Menschenhändler auszusagen bereit sind, ein Duldungsrecht bis zum Abschluss des Strafverfahrens zu gewähren.
Es ist nach unserer Meinung aber überwiegend die Aufgabe der Bundesregierung, für die Verbesserung der Perspektiven der zurückkehrenden ehemaligen Zwangsprostituierten in ihren Heimatländern zu sorgen. Das kann nicht allein Aufgabe eines Bundeslandes wie Niedersachsen sein; da ist eine Kooperation von Ländern und Bund sicherlich besser.
Wir unterstützen auch die Aufforderung an die Bundesregierung, ein Konzept zur Bekämpfung des Frauenhandels in Kooperation mit den betroffenen Ländern zu entwickeln. Wir erwarten hier allerdings auch konkrete Maßnahmen, und wir erwarten auch, dass dies in einem angemessenen Zeitraum geschieht, sodass wir es auch wirklich nachvollziehen können. Ich erinnere nämlich in diesem Zusammenhang an den Antrag der CDULandtagsfraktion zum Thema Frauenhandel aus dem Jahre 1990 und an die Große Anfrage der
CDU-Landtagsfraktion zum Thema Menschenhandel aus dem Jahre 1997. Damals haben wir zwölf Forderungen gestellt, die bisher im Wesentlichen nicht erfüllt wurden.
Wir können die Nrn. 2, 3 und 4 des SPD-Antrags grundsätzlich nachvollziehen und sie mittragen. Noch nicht mittragen können wir im Moment den Punkt 5, den die Grünen jetzt mit ihrem Änderungsantrag eingefügt haben,
obwohl es uns sehr Recht wäre, wenn man die abgeschöpften Gewinne für die Förderung des Landes für diese Frauen einsetzen würde.
Nicht zustimmen können wir jedoch dem Punkt 1 des SPD-Antrags. Ich meine, es ist ganz wichtig, dass wir diesen Punkt einmal besprechen. Darin wird nämlich gefordert, dass der Landtag die Gesetzesinitiative der Bundesregierung zur Änderung des Ausländerrechts unterstützt, mit deutschen Staatsbürgern verheirateten Frauen bereits nach zwei Jahren - bisher nach vier Jahren - ein eigenständiges Aufenthaltsrecht zu gewähren.
Meine Damen und Herren, die Verkürzung des Bestands einer Ehe von vier Jahren auf zwei Jahre, die diesen Frauen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht in Deutschland - also für immer hier bleiben zu dürfen - gewährt, birgt aus unserer Sicht ungeheuer die Gefahr von Scheinehen. In Gesprächen mit Rechtsanwälten ist uns bekannt geworden, dass die Frauen durchaus nach zwei Jahren kommen und sagen: „Ich will mich jetzt scheiden lassen.“ „Ja, warum denn?“ - „Weil die zwei Jahre herum sind!“ Damit wird ganz deutlich, dass man nicht aus Liebe geheiratet hat,
dass man eben nicht aus Osteuropa hierher gekommen ist, weil man mit dem Mann ein lebenslanges Miteinander haben will, sondern nur deshalb, weil man die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten will.
Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, es ist aber schon peinlich, dass Sie am 7. Juni 2000 einen Antrag einbringen, der die Gesetzesinitiative der Bundesregierung begrüßt, obwohl das Gesetz bereits seit dem 1. Juni 2000 in Kraft ist. Was für handwerkliche Fehler unterlaufen Ihnen immer
wieder, dass Sie nicht einmal wissen, dass die Änderung des § 19 Ausländergesetz den Bundestag längst passiert hat
und dass das Gesetz eben nicht durch den Bundesrat gehen muss und nicht zustimmungspflichtig ist, weil es bereits in Kraft getreten ist! Da ist Ihnen ein großer Fehler passiert, finde ich.
Wer also mit dem Antrag, über den wir heute beschließen sollen, immer noch die Unterstützung der Gesetzesinitiative im Bundesrat fordert, der hat einfach schlampig gearbeitet. Das müssen wir hier feststellen.
Wegen der Gefahr von Scheinehen und wegen der Verkürzung des Bestands der Ehe von vier Jahren auf zwei Jahre versagen wir dem Antrag hier und heute unsere Zustimmung. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Minister, der Landeskreditausschuss hat der Bürgschaft unter der Bedingung zugestimmt, dass Prof. Samii eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 3 Millionen DM übernimmt. Warum ging das nun auch ohne? Wird sie nun von Prof. Samii eingefordert?
Nach eigenen Angaben hat Herr Professor Samii 1 000 Operationen im Nordstadt Krankenhaus durchgeführt. Nach seinem Arbeitsvertrag sollten ein Drittel seiner Arbeitszeit auf das Nordstadt Krankenhaus und das INI entfallen und zwei Drittel auf die MHH. Ist das bei einem 24-Stunden-Tag überhaupt möglich?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jährlich werden in Deutschland 40 bis 50 Säuglinge ausgesetzt; nur die Hälfte von ihnen überlebt. Das sind die offiziellen Zahlen. Aber die Dunkelziffer der ausgesetzten Kinder oder getöteten Neugeborenen wird von Experten
auf etwa 800 pro Jahr geschätzt.
Meine Damen und Herren! Was muss eigentlich in einer jungen Frau vorgehen, wenn sie, allein auf sich gestellt, ohne fremde Hilfe, meist in unmöglichen hygienischen Verhältnissen und in aller Heimlichkeit ein Kind zur Welt bringt? - Dramatische Beziehungs- und Familienverhältnisse veranlassen diese Frauen, ein Kind zu gebären, es aber dann nicht anzunehmen und auszusetzen oder es in Panik zu töten. Angst und Scham sowie das Ignorieren einer Schwangerschaft veranlassen sie, unentdeckt zu bleiben. Diese Frauen befinden sich in einer für uns nicht vorstellbaren Not- und StressSituation. Sie sehen sich völlig hilflos und ausweglos in dieser Lage.
Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass das flächendeckende Netz von Beratungsangeboten und Konfliktberatungsstellen von ihnen eben nicht in Anspruch genommen wird. Berichte über Kindstötungen lassen immer wieder auf ein äußerst schwieriges Umfeld von Eltern und Kindern
schließen. Es gibt leider Entscheidungen im Leben eines Menschen, die mit Logik nicht zu erklären sind.
Wir sind der Meinung, dass wir aufgefordert sind, für diese extremen Problemfälle - es handelt sich hierbei, das sage ich ganz bewusst, glücklicherweise um Einzelfälle - neue Angebote zu schaffen. Wir sind aufgefordert, Frauen in dieser extremen Situation anonym zu betreuen, ihnen anonyme Sicherheit zu garantieren, um sie dann an eine legale und praktikable Lösung heranzuführen. Niemand von uns kann sagen „Wir finden den Stein der Weisen“, aber wir müssen Lösungen anbieten. Jeder Weg, der einem Kind das Leben rettet und einer Frau in ihrer Situation hilft, ist für uns wertvoll.
Wir wollen mit unserem Antrag Kindern eine Zukunft, eine Chance zum Leben geben. Wir wollen den Weg frei machen für eine anonyme Geburt, bei der diese Frauen ihr Kind zur Welt bringen können, ohne Angaben zu ihrer Person machen zu müssen. Innerhalb eines angemessenen Zeitraums können sie dann entscheiden, ob sie das Kind annehmen oder zur Adoption freigeben wollen.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat im Oktober vergangenen Jahres die Änderung des Personenstandsgesetzes beantragt mit dem Ziel der rechtlichen Absicherung der anonymen Geburten. Dieser Antrag ist eingebracht worden und befindet sich in der Beratung. Danach soll die Meldepflicht auf zehn Wochen verlängert werden. Bisher ist die Gesetzeslage ja so, dass eine geburtshilfliche Einrichtung zur Meldung einer Entbindung im Zeitraum von acht Tagen mit Angaben der Personalien der Mutter verpflichtet ist. Am 31. Mai dieses Jahres ist die Anhörung in den Fachausschüssen des Bundestags. Angedacht ist aber auch die Möglichkeit, dass die Mutter einen Brief mit den persönlichen Angaben von Vater und Mutter hinterlegt, der von dem Kind im Alter von etwa 16 Jahren geöffnet werden kann, um seine Herkunft zu erfahren.
Ich meine, dass das Wissen um die eigene Abstammung ein sehr hohes Gut in unserer Gesellschaft ist. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte es als Persönlichkeitsrecht. Wir wissen aus Erfahrungen mit Kriegswaisen und Adoptivkindern, wie wichtig es ihnen war, zu erfahren, woher sie stammen und wer ihre Eltern waren. Die Suche nach
ihren leiblichen Eltern verfolgt diese Menschen oftmals fast ihr ganzes Leben lang.
Seit Ende des letzten Jahres erreichen uns immer wieder Berichte über Projekte wie die „Aktion Moses“ in Amberg, Bayern. Mutige Klinikleitungen, mutige Ärzte, mutige Schwestern vom Sozialen Dienst, katholische Schwestern, haben mit ihren Aktionen Leben gerettet, anonyme Geburten vorgenommen und sogar Babyklappen eingerichtet, ohne die Schaffung der Rechtsgrundlagen für eine anonyme Geburt abzuwarten. Viele Gynäkologen weisen die Frauen, die kurz vor der Geburt ihres Kindes sind, nicht mehr ab. „Das ist Nothilfe“, sagen die Ärzte, und ein Arzt, der im Notfall Hilfe verweigere, mache sich strafbar, argumentieren sie. Dennoch wissen sie, dass das, was sie da machen, illegal ist. Der Gesetzgeber muss dringend Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine anonyme Geburt rechtlich möglich wird. In Frankreich gibt es z. B. seit langem die Möglichkeit der anonymen Geburt, und etwa 600 Kinder wurden dort im letzten Jahr anonym geboren. Ich möchte nicht hinterfragen, wie viele Kinder noch leben würden, wenn es dieses rechtliche Instrumentarium nicht gegeben hätte.
Ich meine, es ist auch wichtig, dass wir uns Gedanken über die Kostenträgerschaft für anonyme Geburten machen. Die 2 000 bis 3 000 DM für eine solche Geburt können doch eigentlich kein Hinderungsgrund sein, Kindern wirklich eine Chance zum Leben zu geben.
Wir geben jährlich etwa 4,5 Millionen DM für Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen aus, deren Beratungsgespräche letztlich oftmals in einer Abtreibung enden. Ich meine, dass wir auch die Möglichkeit nutzen sollten, hierbei einen Gegenweg einzuschlagen. Bisher finanzieren das die Schwestern selbst, oder das wird aus dem Krankenhausbudget herausgerechnet, wenn man mit der Krankenkasse abrechnet, um diese anonymen Geburten zu bezahlen.
Inzwischen gibt es in Niedersachsen viele Angebote, sein Kind anonym an einer Stelle abzugeben, beispielsweise in Nordhorn und Osnabrück beim Sozialdienst katholischer Frauen, in Hannover im Friederikenstift, in Braunschweig im Marienstift, was sich gerade in Vorbereitung befindet, und bei vielen anderen Stellen mehr. Wir sollten diesen Frauen und Männern, die die Initiative ergriffen
haben und einfach geholfen haben, Leben zu retten, unseren herzlichen Dank dafür aussprechen.
Hier weiß die Mutter in ihrer Verzweiflung das Kind in Sicherheit und in guten Händen. Eine solche Einrichtung bietet auch die Möglichkeit, ihre Lage mit Abstand zu betrachten, in Ruhe Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen und sich vielleicht doch noch für das Kind zu entscheiden.
Im Übrigen möchten wir gerne eine Korrektur in der Begrifflichkeit vorschlagen. „Babyklappe“, wie es bisher genannt wurde, klingt so sehr nach Ablegen, nach Verklappung, nach Entsorgung und ist negativ besetzt. Ein Korb hingegen - jedes Neugeborene kommt in ein Körbchen - bedeutet Sicherheit und Annehmen.
Deshalb bevorzugen wir das Wort Babykörbchen und empfehlen, es auch in der weiteren Diskussion so zu verwenden.
Meine Damen und Herren, wir wollen mit unserem Antrag die Möglichkeit schaffen, dass Frauen, die sich in besonderen Notlagen befinden, auf legalen Wegen geholfen werden kann. Dazu brauchen wir dringend die Rechtsgrundlage für anonyme Entbindungen, aber wir brauchen auch verbesserte Angebote für schnelle und unbürokratische Hilfen.
Wir brauchen die Entwicklung von weiteren Angeboten wie ein Notruftelefon, eine verbesserte Beratung durch Mutter-und-Kindeinrichtungen und die Einrichtung der Babykörbchen. Ich meine, darüber wird auch im Hause Einvernehmen bestehen.
Wir fordern die Landesregierung auf, eine Informationskampagne über die Hilfsangebote zu initiieren, damit die betroffenen Frauen wissen, wohin sie sich wenden können. Ich meine, dass wir mit diesem Antrag Beispiele nennen, die auch mit in das große Gebäude der Familienpolitik hineingehören. Ich meine auch, Frau Ministerin, dass Sie dieses Anliegen zu Ihrem eigenen machen wollen. Wir setzen jedenfalls darauf, dass Sie uns dabei unterstützen.
Meine Damen und Herren, spätestens bei der Berichterstattung über die nächste Kindestötung müssen wir uns fragen lassen, was wir in Niedersachsen präventiv getan haben. Deswegen müssen wir jetzt handeln. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident, für diese Großzügigkeit. - Ich möchte im Namen der CDU-Fraktion sagen: Wenn diese Beratung in der Fachministerkonferenz am Freitag ist, dann wollen wir Ihnen gerne Dispens geben, dass Sie dahin fahren können. Dann bestehen wir nicht darauf, dass Sie hier anwesend sind. Wir werden das in der Fraktion mitragen.
So ist es. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bewältigung der Zunahme der Zahl von Gewalttaten ist für die Gesellschaft eine besondere Herausforderung. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Gewalt von Rechts oder Links, um Gewalt gegen Behinderte oder Ausländer, um Gewalt gegen Kinder oder Frauen handelt.
Von der Politik wird erwartet, dass sie Instrumentarien schafft, um die Gewalt wirkungsvoll bekämpfen zu können. Heute liegen uns zwei Anträge vor, die jedoch von ihrer Zielsetzung her völlig unterschiedlich ausgerichtet sind. Im Mittelpunkt der Strafverfolgung stehen die Täter, aber die Belange der Opfer dürfen von uns nicht vernach
lässigt werden. Unterstützung und Hilfe müssen auch den Opfern gewährt werden.
Gewalt in Familien, insbesondere gegen Frauen und Kinder, hat viele Gesichter und begegnet uns an vielen Orten. Nicht immer ist sie auf den ersten Blick erkennbar, besonders dann nicht, wenn es sich um häusliche Gewalt handelt. In Deutschland suchen jährlich ca. 45 000 Frauen in einem der 435 Frauenhäuser Zuflucht vor der Gewalt ihres Partners. Das Land und die Kommunen unterstützen die Frauenhäuser und Notrufeinrichtungen mit erheblichen Aufwendungen. Gewalt in der Familie - das möchte ich klarstellen - ist kein privates, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wir warnen deswegen auch schon jetzt davor, die Kosten für die Umsetzung dieses Gewaltschutzgesetzes etwa den Kommunen aufzudrücken.
Am 8. März dieses Jahres wurde im Deutschen Bundestag der Entwurf des Gewaltschutzgesetzes in erster Lesung beraten. Es soll bereits am 1. Januar 2002 in Kraft treten. Mit diesem Gesetz soll den von Gewalt betroffenen Personen die Möglichkeit verschafft werden, ohne Angst in ihrer Wohnung bleiben zu können. Der schlagende Täter soll der Wohnung verwiesen werden. Außerdem können Gerichte künftig in Eilverfahren auch eine Kontaktsperre verhängen und dem Täter bei Strafe untersagen, sich dem Opfer, der Wohnung oder der Arbeitsstelle des Opfers zu nähern. Zudem soll auch außerhalb von Partnerschaften Psychoterror wie Belästigung am Telefon oder ständiges Verfolgen und Nachstellen, das so genannte Stalking, mit Geldstrafen oder Gefängnis bis zu einem Jahr bestraft werden. Im Klartext: Der Schläger geht, das Opfer bleibt in der Wohnung, Geldstrafe bei Psychoterror, mehr Schutz für Opfer von Gewalttaten.
Wie kann dieses Bundesgesetz nun in Niedersachsen umgesetzt werden? - Eine wirksame Bekämpfung der häuslichen Gewalt setzt in der Praxis voraus, dass die einzelnen Beteiligten wie Gericht, Polizei, Staatsanwaltschaften, Beratungsstellen und Rechtsanwaltschaften zur Thematik der Gewaltbeziehung zielgerichtet geschult werden und auch zusammenarbeiten.
In einem Gespräch wies der hannoversche Polizeipräsident Klosa besonders darauf hin, dass die rechtlichen Vorschriften in Niedersachsen, insbesondere das Gefahrenabwehrgesetz, im Hinblick auf eine Spezialeingriffsbefugnis der Polizei zur Umsetzung dieses Gewaltschutzgesetzes des Bun
des ergänzt werden müssten, also die Spezialnormen § 17, Platzverweisung, und § 18, Gewahrsamnahme. Des Weiteren müssen Handlungsanweisungen für die Polizeibeamtinnen und -beamten vor Ort für ihren Einsatz spezialisiert werden. Außerdem müssen wohl auch die Ausbildungsrichtlinien für die Polizistinnen und Polizisten im Hinblick auf die Polizeiakademie ergänzt werden. Darüber hinaus muss geklärt werden, wie weit die Befugnis der Polizisten gehen darf, im Wege der Eilzuständigkeit unmittelbaren Zwang auszuüben.
Um eine reibungslose Umsetzung des Bundesgesetzes zu gewährleisten, sollte an eine Änderung der Zuweisung der Anträge bei den Familiengerichten gedacht werden. Zum Beispiel sollten Spezialzuständigkeiten für die Delikte im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt eingerichtet werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen aber auch, dass es mit einer polizeilichen Wegweisung allein nicht getan ist. Das ist erst der Anfang.
Wichtig ist, dass danach Fachleute wie Sozialarbeiter, Psychologen und Ärzte einbezogen werden, die professionell die familiären Beziehungen klären, bei Betroffenen Einsichten wecken und gemeinsam mit ihnen für die Zukunft tragfähige Lösungen finden. Frauen- und Kinderschutzhäuser in Niedersachsen sind dabei nach wie vor ein notwendiger Bestandteil für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder.
Das Gewaltschutzgesetz darf nicht dazu führen, dass die sonstigen Schutzmöglichkeiten für Frauen und Kinder etwa abgebaut werden.
Frauen- und Kinderhäuser stellen wichtige Anlaufstellen für Betroffene in akuten Bedrohungssituationen dar. Sie sind auch in Zukunft leider noch immer unverzichtbar. Aber darüber hinaus müssen für eine dauerhafte Konfliktlösung oder weiterführende Beratung spezifische Beratungsangebote zur Verfügung stehen.
Opferberatung kann bei Frauen- und Kinderschutzhäusern, Mütterzentren, Notrufeinrichtungen oder Beratungsstellen für sexuell missbrauchte Mädchen und Jungen stattfinden. Die Beratung von Kindern könnte z. B. vom Jugendamt, vom Kinderschutzbund, von Kinderschutzzentren oder
psychologischen Beratungsstellen durchgeführt werden. Gleichzeitig muss aber auch eine begleitende Täterarbeit sichergestellt werden, z. B. in Männerberatungsbüros oder Männerbüros. Das in Hannover ansässige Männerbüro bzw. das Interventionsprogramm gegen Männergewalt in der Familie HAIP macht mit seinen Kursangeboten für gewalttätige Männer gute Erfahrungen. Davon gibt es in Niedersachsen leider nur eines und nicht flächendeckend viele. Leider hat die Landesregierung die Förderung der Männerbüros insgesamt eingestellt. Das ist noch ein Erfolg der ehemaligen Frauenministerin Bührmann.
Krisenintervention kann in Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen stattfinden. Rechtsberatung ist beim Amtsgericht, bei der Schuldnerberatung, den Sozialämtern oder Sozialdiensten zu finden, Ausländerinnenberatung z. B. bei Beratungsstellen für Migrantinnen und auch für Aussiedlerinnen, Ausländerämtern, Gesundheitsberatung selbstverständlich im Gesundheitsamt, bei Suchtberatungsstellen, in den Krankenhäusern und bei Ärzten.
Nach einem Polizeieinsatz müssen – das muss sichergestellt sein – sofort die zuständigen Interventionsstellen benachrichtigt werden.
Eine Betreuung der Familie muss durch ausgebildete Fachkräfte noch am gleichen Tag durch telefonische Kontaktaufnahme, Hausbesuch und Gespräche in der Interventionsstelle erfolgen können. Dabei müssen die rechtlichen Fragen geklärt werden. Letztlich muss auch eine nachgehende Beratung erfolgen.
Ein sinnvolles Präventionskonzept muss also verbindliche Maßnahmen entwickeln, die dazu geeignet sind, die Mauer des Schweigens um das Thema „Gewalt in häuslichen Beziehungen“ zu brechen.