Sabine Waschke
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Last Statements
Ich frage die Landesregierung:
Warum ist der Fila-Brasileiro von der Liste der gefährlichen Hunde genommen worden?
Herr Minister, welche Kriterien müssen erfüllt sein, um zu veranlassen, dass ein Tier, ob es nun ein Fila-Brasileiro ist oder einer anderen Rasse angehört, die von der Liste gestrichen worden ist, eine Wesensprüfung ablegt?
Herr Staatsminister, ich möchte an der Stelle feststellen, dass meine Frage nicht darauf abgezielt hat,
dass diese Rasse wieder auf die Liste kommt.
Haben Sie das verstanden?
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach gesagt, dass der Entwurf der CDU und der FDP für ein Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz zumindest im Vergabeteil reine Makulatur ist. Notwendige Regelungen gegen Dumpingkonkurrenz und Dumpinglöhne sowie für Tariftreue und Mindestlöhne sucht man vergebens. Aber das war auch nicht anders zu erwarten.
Herr Dr. Arnold, meine Einschätzung hat sich in der Anhörung bestätigt. Viele Anzuhörende, z. B. Prof. Dr. Kempen und Rechtsanwalt Kröcher sowie alle Vertreter der Gewerkschaften und andere, haben dem CDU/FDP-Entwurf, was die Tariftreue angeht, eine rein deklaratorische Wir
kung attestiert; denn er bezieht sich lediglich auf die Einhaltung von Allgemeingültigkeitserklärungen von Tarifverträgen und das Arbeitnehmerentsendegesetz. Das ist, mit Verlaub, eine Selbstverständlichkeit; denn an anderer Stelle ist das längst geregelt.
Rechtsanwalt Kröcher vertrat in der Anhörung sogar die Auffassung, dass die rein deklaratorische Wirkung des CDU/FDP-Entwurfs ausdrücklich gewollt ist; denn der Unterschied zu den Oppositionsentwürfen ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Ich füge hinzu: So sehe ich das auch; schließlich sind wir im Wahljahr.
Stefan Körzell vom DGB Hessen-Thüringen weist sogar ausdrücklich darauf hin, dass die Regelungen des CDU/ FDP-Entwurfs, der uns heute vorliegt, noch weit hinter die des Vergabegesetzes zurückfallen, das 2008 unter der CDU-Alleinregierung eingebracht und verabschiedet worden ist. In dem Vergabegesetz von 2008 wurde beispielsweise die betriebliche Erstausbildung gewürdigt, und auch Sanktionen und die Nachunternehmerhaftung waren hier geregelt. Mit der FDP in Hessen scheint das heute nicht mehr möglich zu sein.
Im Gegensatz zu uns haben Sie nämlich in Ihrem Entwurf weder Sanktionen noch Kontrollen, noch die Nachunternehmerhaftung geregelt. Selbst der kleine Versuch in Ihrem Ursprungsentwurf wurde mit dem gestern eingebrachten Änderungsantrag wieder aufgehoben. Auch das hat die Anhörung deutlich gemacht: Ein Gesetz, das keine Sanktionen und Kontrollen vorsieht, entfaltet keine Wirkung.
Wir haben in unserem Gesetzentwurf eine eigenständige Prüfbehörde wie in Hamburg und in Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll macht ihre Arbeit, ist aber offensichtlich personell nicht ausreichend ausgestattet. Auch das haben wir in der Anhörung gehört.
Unsere Landesregierung weiß noch nicht einmal, wie viele Beamte in Hessen bei dieser Einheit Schwarzarbeit ihren Dienst tun; zumindest konnte sie meine dahin gehende Frage nicht beantworten. Prof. Dr. Kempen – hier bin ich bei dem Thema vergabefremde Kriterien – bezog sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das ausdrücklich auf die im Grundgesetz verankerten Sozialstaatsprinzipien abzielt.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sind in der Vergabe alle Kriterien zulässig, die unsere Sozialsysteme stärken und damit dem Sozialstaatsprinzip entsprechen. Dazu gehören nach meiner Auffassung auch unbedingt Tariftreue und Mindestlohn.
Wir schlagen in unserem Entwurf vor, dass der Auftragnehmer für seine von ihm beauftragten Nachunternehmer und für die Einhaltung der Vorgaben haftet. CDU und FDP haben diese Regelung als mittelstandsfeindlich und unverhältnismäßig gegeißelt. In der Anhörung ist deutlich geworden, dass diese Position überhaupt nicht nachzuvollzie
hen ist; denn im Zivilrecht ist, ohne dass das bisher als unverhältnismäßig angesehen worden ist, die Einstandspflicht für einen Erfüllungsgehilfen schon seit Langem anerkannt. Wieso sollte das im Vergaberecht anders beurteilt werden, sagte daher der Anwalt Kröcher in der Anhörung.
Besonders interessant fand ich die Position, die der Vertreter der Handwerkskammern in Hessen bezogen hat. Er hat den CDU/FDP-Entwurf ausdrücklich gelobt. Das habe ich auch nicht anders erwartet. Er wies darauf hin, dass er eine differenzierte Stellungnahme abgegeben hat. Das hat mich doch ein bisschen gewundert. Denn die Position aller drei Vizepräsidenten der Arbeitnehmerseite in den Handwerkskammern blieb vollkommen unerwähnt. Die drei Vizepräsidenten der Arbeitnehmerseite fordern in einer Pressemitteilung ein Vergabegesetz, das die Interessen der abhängig Beschäftigten so weit wie möglich schützt und einen fairen Wettbewerb ermöglicht. Ein Wettbewerb um öffentliche Aufträge, der auf Lohndumping statt auf Innovation und Leistung beruht, ist nicht gewollt. Aber diesen Anspruch erfüllt der CDU/FDP-Entwurf leider gerade gar nicht.
Heinrich Stang, Arbeitnehmervizepräsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, wird zu dem Gesetzentwurf der Koalition wie folgt zitiert:
Dieser Gesetzentwurf ist ein Schlag ins Gesicht der arbeitenden Menschen in Hessen, und er trifft das ehrliche hessische Handwerksunternehmen. Die Einhaltung von sozialen Standards wird stark beschnitten, und im Gesetzentwurf wird ausdrücklich festgestellt, dass es keine allgemeinen Tariftreueregelungen gibt. Nachunternehmen müssen keine Kontrollen fürchten. Es gibt kein anderes Bundesland, das in den vergangenen fünf Jahren ein so arbeitnehmerfeindliches Vergabegesetz erlassen hat. Auf diesem Wege können Unternehmen öffentliche Aufträge erhalten, die ihre Beschäftigten ausbeuten und sich auf diesem Wege bereichern.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Zum Schluss möchte ich noch auf die Position unseres Datenschutzbeauftragten, Herrn Prof. Ronellenfitsch, eingehen, der ebenfalls Prozesse vor dem EuGH und anderen Gerichten in Vergabesachen geführt hat. Herr Prof. Ronellenfitsch – Zitat – ärgert sich über sogenannte „Totschlagargumente wie ,vergabefremde Kriterien‘ und ,Bürokratieabbau‘“. Wir werden nachher sicherlich noch etwas dazu hören. Herr Prof. Ronellenfitsch ist der Auffassung, dass es zulässig ist, Kriterien bei der Vergabe aufzustellen, die nicht vergabefremd sind, sondern das öffentliche Wohl konkretisieren. – Das ist etwas völlig anderes.
Meine Damen und Herren, als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir das in unserem Gesetzentwurf getan. Ich bin sehr davon überzeugt, dass unser Entwurf Mitarbeiter und Unternehmen, die fair entlohnen, vor Lohndumping und Schmutzkonkurrenz schützt. Der CDU/ FDP-Entwurf tut das offensichtlich nicht; denn, wie gesagt, er ist reine Makulatur.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Landau, Sie haben hier vorhin gesagt, die Handwerkskammern in Hessen haben in einer Pressemitteilung das CDU/FDP-Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz begrüßt. An der Stelle möchte ich Sie doch darauf hinweisen, dass die Vizepräsidenten der Hessischen Handwerkskammern durch die Reihe dieses Gesetz verurteilt haben und es ablehnen – nur damit wir Klarheit in der Sache haben.
In der Beantwortung der Großen Anfrage zur Situation des hessischen Handwerks sind viele Fakten aufgeführt, die auch wir als SPD-Fraktion ausdrücklich begrüßen, z. B. die herausragende Ausbildungsleistung des Handwerks oder die volkswirtschaftliche Bedeutung der kleinen, der mittleren, aber auch der kleinsten Betriebe, hier insbesondere der Kreativwirtschaft.
In der Antwort auf die Große Anfrage weist die Landesregierung allerdings auch auf Verbesserungspotenzial hin. An einer Stelle lesen wir – ich zitiere –:
Von besonderer quantitativer Bedeutung für die Sicherung des Fachkräftebedarfs in Hessen ist die Verbesserung der Erwerbsquote von Frauen, insbesondere in Vollzeit.
Meine Damen und Herren, ja, das sehen wir ganz genauso. Aber wir fragen uns: Was brauchen wir noch dieses unsägliche Betreuungsgeld?
Denn dieses Betreuungsgeld in Kombination mit mangelnden Betreuungsangeboten
und den immer noch großen Problemen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein Desaster für die hessische Wirtschaft, wenn man an den Fachkräftemangel denkt, Herr Kollege Greilich.
Im Abschlussbericht der Fachkräftekommission der Landesregierung ist dann auch wörtlich zu lesen – ich zitiere –:
Es wird empfohlen, Regelungen zu vermeiden, die darauf abzielen, den Verbleib im Privathaushalt zu fördern.
Meine Damen und Herren, diplomatischer kann man die Kritik an dem Betreuungsgeld nicht formulieren. Aber es trifft genau den Kern. Die 120 Millionen € für Hessen, die das Betreuungsgeld kosten wird, müssen wir dringend in Krippen, Kitas und gute Ganztagsgrundschulen investieren. Das ist nämlich das wirkliche Problem der Frauen.
Gäbe man den Frauen die Chance, ihre Arbeitszeit zu erhöhen, wäre schon ein beachtlicher Bedarf an Fachkräften gedeckt. Das sagen alle Fachleute.
Im Westen Deutschlands arbeiten 50,7 % der Frauen in Teilzeit. Das „WSI GenderDatenPortal“ gibt als Grund Familienpflichten an. Viele Frauen wollen gar nicht in Teilzeit arbeiten. Aber sie müssen es, weil die Strukturen fehlen. Frauen, die Beruf und Familie vereinbaren wollen, brauchen passende Rahmenbedingungen. Sie brauchen gute und qualitätsvolle Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. Mit dem geplanten Kinderförderungsgesetz von CDU und FDP in Hessen gefährden Sie aber eine qualitätsvolle Kinderbetreuung.
Frau Kollegin, hören Sie doch erst einmal zu. Ich mache das einmal an einem Beispiel deutlich. In den U-3-Gruppen sind derzeit acht bis zehn Kinder. Das werden in Zukunft 16 sein. So kleine Kinder können sich in solchen Gruppen nicht behaupten.
Das wiederum – jetzt wird es deutlich, Frau Kollegin Lannert – bedeutet, dass die kleinen Kinder wieder zu Hause betreut werden. Das trifft wiederum die Frauen, die zu Hause bleiben müssen und dem Arbeitsmarkt fehlen.
Mütter und Väter brauchen Öffnungszeiten von Krippen, Kindergärten und Schulen, die sich mit ihren Arbeitszeiten vereinbaren lassen. Im August dieses Jahres wird in Deutschland ein Rechtsanspruch – –
Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen. Wo ist hier das Problem? Hören Sie doch erst einmal zu.
Sie haben die Anfrage wohl nicht gelesen.
Ich habe es vorhin zitiert. Es geht um genau die Frauen, die dem Arbeitsmarkt fehlen.
Frau Lannert, deswegen ist die Betreuung ihrer Kinder ein Problem. Das ist so.
Die Kommunen investieren im Moment sehr intensiv zur Erreichung des Versorgungsgrads der Kinderbetreuung von 35 %. Wir wissen schon heute, dass das im Ballungsraum nicht reichen wird.
Dann sind wir beim nächsten Thema. Die Ganztagsbetreuungsquote in hessischen Kindergärten beträgt 38,1 %. Das hilft Frauen, die Vollzeit arbeiten wollen, von denen wir in der Großen Anfrage gelesen haben, überhaupt nichts.
Den nächsten Bruch haben wir, wenn die Kinder in die Grundschule gehen. Auch dann haben Frauen ein Problem, im Beruf in Vollzeit zu verbleiben – was wir wollen –, weil sie keine qualitätsvolle Kinderbetreuung in den Schulen haben.
Frau Kollegin Lannert, will man die Frauenerwerbsquote im Handwerk steigern, wie es in der Antwort auf die Große Anfrage steht, insbesondere in Vollzeit, dann brauchen wir eine ordentliche Kinderbetreuung, die passt. Ich sage Ihnen: Diese Anstrengung lohnt sich allemal.
„Muskelkraft, Männerberufe und Mädchen mit Mut – Immer mehr Frauen fassen im Handwerk Fuß“, so titelte die „Deutsche Handwerks Zeitung“ vor einiger Zeit.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, auch Sie, Frau Lannert, dass bereits heute jede vierte Gründung im Handwerk durch eine Frau erfolgt. Jede fünfte Meisterprüfung in Deutschland legt eine Frau ab.
Diese Studie kommt von der Fachhochschule des Mittelstandes in Bielefeld.
Aber die Probleme beginnen für die Frauen, wenn sie Mütter werden, weil die Rahmenbedingungen in Hessen nicht stimmen. Ich habe es aufgezeigt. Viele gut ausgebildete Frauen geben ihren Beruf auf, weil sie gar keine Alternative haben, obwohl sie das gar nicht wollen. Wiederum fehlen sie der hessischen Wirtschaft als Fachkräfte.
Die Landesregierung hat das, im Gegensatz zu der FDPund der CDU-Fraktion, offensichtlich erkannt und gesagt: Hier gibt es noch einiges zu tun. – Das haben wir genauso gesehen. Wir haben Vorschläge gemacht und warten jetzt darauf, welche Maßnahmen die Landesregierung vorlegen wird. Denn nach der Debatte gerade eben ist von den Fraktionen von CDU und FDP gar nichts mehr zu erwarten. Aber Sie haben nicht mehr viel Zeit dafür. – Vielen Dank.
Frau Ministerin Puttrich, ich frage Sie, welche Qualitätsstandards die ausgesuchten Flächen zur Kernzonenausweisung erfüllen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im April dieses Jahres wird der stellvertretende Kreishandwerksmeister Michael Wißler in der „Fuldaer Zeitung“ wie folgt zitiert:
Er erinnerte daran, dass unter dem CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch beispielsweise die Justizvollzugsanstalt Hünfeld mit Billigfirmen gebaut wurde, ohne dass Aufträge an heimische Betriebe gegangen sind. Das Gleiche spiele sich jetzt beim Erweiterungsbau der Hochschule Fulda ab, wo frem
de Firmen mit Dumpinglöhnen das heimische Handwerk ausschalten würden.
Michael Wißler steht nicht im Verdacht, Sympathisant der SPD zu sein, und er sprach auf einer Veranstaltung der CDU-Mittelstandsvereinigung. Diese Aussage macht aber deutlich, dass es in Hessen einiges zu tun gibt, um den Mittelstand, um den sich CDU und FDP ja so gerne bemühen, vor der Dumpingkonkurrenz zu schützen.
Die SPD-Fraktion hat es erneut angepackt. Herr Kollege Kaufmann von den GRÜNEN, wir haben bereits im letzten Jahr ein Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz vorgelegt, mit dem wir die Vergabe öffentlicher Aufträge sehr umfassend geregelt hätten. Wir hätten uns auch die Zustimmung der GRÜNEN zu diesem Gesetzentwurf gewünscht.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir den Wettbewerb um die wirtschaftlich beste Leistung über Qualität und Innovation fördern. Wir wollen Betriebe, die die Mitarbeiter fair behandeln und ordentlich entlohnen, vor Wettbewerbsverzerrungen und Dumpingkonkurrenz schützen. So viel zu dem Thema, das der Kreishandwerksmeister angesprochen hat.
Deswegen sollen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge soziale, ökologische und arbeitnehmerfreundliche Kriterien berücksichtigt werden. Die Beteiligung an der Erstausbildung junger Menschen, Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollen in Zukunft in Vergabeverfahren berücksichtigt werden können. Öffentliche Aufträge dürfen nur noch an solche Unternehmen vergeben werden, die tariftreu entlohnen.
Dazu komme ich später noch, Herr Kollege. – Greift ein Tarif nicht, so schreiben wir einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 € pro Stunde vor, der jährlich an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst werden soll. Ein Mindestlohn von 8,50 € in der Stunde würde für Hessen übrigens eine Mehreinnahme von ca. 120 Millionen € bedeuten, und er würde die Kommunen von den Ausgaben für sogenannte Aufstocker entlasten.
Ministerpräsident Bouffier findet allerdings, dass ein von der Produktivität unabhängiger allgemeiner Mindestlohn allen ökonomischen Prinzipien widerspricht.
Das ist in einer dpa-Meldung zur Bundesratsinitiative Thüringens für einen Mindestlohn nachzulesen. Deswegen sieht der CDU/FDP-Entwurf für ein Gesetz zur Förderung der mittelständischen Wirtschaft einen Mindestlohn natürlich nicht vor.
Aber hier kommen mir die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen wie der Falschfahrer in der Einbahnstraße vor, der sich darüber wundert, dass ihm alle entgegenkommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP, Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass bereits 13 Bundesländer die Vergabe öffentlicher Aufträge mit einem eigenen Gesetz geregelt haben. Acht davon haben einen Mindestlohn von 8,50 € festgeschrieben, was übrigens durch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligt wurde. Eine anständig entlohnte Arbeit, von der man auch leben kann, gehört für uns zur Würde des Menschen. Aber Sie von FDP und CDU haben noch nicht einmal das Problem erkannt.
Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf auch die Vergabe an Subunternehmen klar regeln. Immer wieder hören wir von Fällen, in denen – auch auf öffentlichen Baustellen des Landes Hessen – zu unmenschlichen Bedingungen gearbeitet wird. Denken wir an die Baustelle des Landes Hessen an der Hochschule Fulda: Hier haben rumänische und portugiesische Bauarbeiter in Containern gehaust und monatelang keinen Lohn bekommen.
Herr Dr. Arnold, auch Sie haben das in der Presse verfolgt.
Oder denken Sie an die Baustelle im Klinikum Bad Homburg, an den Erweiterungsbau der Universität Gießen und an den Kellerneubau der Staatsweingüter, der vor einiger Zeit erfolgt ist.
Herr Dr. Arnold, jetzt komme ich zu dem Punkt: Im Gegensatz zu Ihnen regeln wir in unserem Gesetzentwurf die Weitervergabe an Subunternehmen, indem wir vorschreiben, dass die Vertragsbedingungen für den Auftragsnehmer ebenso wie für seine Subunternehmer gelten müssen.
Der Auftragnehmer wird verpflichtet – das ist der wichtige Punkt –, die Einhaltung dieser Vorgaben zu kontrollieren. Das finden wir in Ihrem Gesetzentwurf nicht.
In Ihrem Entwurf sind Kontrollen gar nicht erst vorgesehen, und auch Subunternehmerketten werden nur sehr unzureichend geregelt. Der Nachweis der Tariftreue wird in Ihrem Gesetzentwurf sogar erst verlangt, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass gegen diese Regelung verstoßen wird. Angesichts der Arbeitsbedingungen auf den Baustellen des Landes Hessen, über die wir lesen, ist das wirklich ein Witz.
Wir dagegen verlangen den Nachweis einer tariftreuen Entlohnung bereits im Verfahren und vor der Auftragserteilung.
Wir wollen außerdem eine Prüfbehörde beim Wirtschaftsministerium ansiedeln, weil die Kontrollen durch den Zoll offensichtlich nicht ausreichen. Das funktioniert übrigens in anderen Bundesländern, etwa in Nordrhein-Westfalen oder in Hamburg. Hamburg hat eine solche Prüfbehörde bereits seit 1996. Ohne wirksame Kontrollen und ohne
Sanktionen haben alle gesetzlichen Regelungen nur einen deklaratorischen Charakter.
Aber vielleicht ist das in Hessen so gewollt.
Nach unserer Auffassung hat das Land Hessen ebenso wie die Kommunen eine Vorbildfunktion, wenn es darum geht, Aufträge auszuschreiben und zu vergeben; denn es handelt sich um nicht unerhebliche Investitionssummen aus Steuergeldern. Als Landespolitiker müssen wir das regeln, was wir auf unserer Ebene regeln können.
Wenn im Bundestag ein gesetzlicher Mindestlohn noch nicht durchsetzbar ist, regeln wir das eben mit einem Landesgesetz, so, wie wir es heute erneut vorschlagen und wie es bereits viele andere Bundesländer gemacht haben.
Ich finde, die FDP verhält sich besonders interessant zu unserem Entwurf für ein Tariftreue- und Vergabegesetz. Der Fraktionsvorsitzende Greilich wurde in der „Frankfurter Rundschau“ mit den Worten zitiert: Das kommt den Steuerzahler teuer.
Meine Herren von der FDP, diese Aussage entlarvt Sie. Sie nehmen wissentlich in Kauf, dass auf den Baustellen des Landes Hessen auf dem Rücken der Arbeitnehmer gespart wird und dass Dumpinglöhne gezahlt werden.
Herr Greilich, so sieht auch Ihr eigener Gesetzentwurf aus. Ich frage mich nur, welches Menschenbild sich hinter solchen Aussagen verbirgt.
Herr Greilich, nehmen Sie einen blauen Zettel, kommen Sie an dieses Pult, und stellen Sie klar, was Sie in der „Frankfurter Rundschau“ gesagt haben.
Ich glaube das auch. – Sie regeln in Ihrem Gesetzentwurf die Subunternehmerketten nur unzureichend, und Sie machen keinerlei Vorschläge, um die Dumpingkonkurrenz über die Löhne einzudämmen. Wir finden nichts über Mindestlöhne; aber das war auch nicht anders zu erwarten. Sie beziehen sich lediglich auf die Einhaltung der Tarifverträge und auf das Arbeitnehmerentsendegesetz.
Herr Dr. Arnold, mit Verlaub: Das ist eine Selbstverständlichkeit. Das muss nicht noch explizit in ein Gesetz geschrieben werden; denn das gilt bereits.
Es gibt in Ihrem Gesetzentwurf keinen weiter gehenden Beitrag, um Betriebe, die mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern fair umgehen, vor einer Dumpingkonkurrenz zu schützen und damit Arbeitsplätze zu sichern. Kontrollen, die greifen, sind in Ihrem Gesetzentwurf nämlich nicht vorgesehen. Die Kontrollen des Zolls genügen angesichts der vielen Fälle, die in die Schlagzeilen kommen –
ich habe sie vorhin zitiert –, offensichtlich nicht. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die meisten dieser Fälle nicht vom Zoll aufgedeckt worden sind, sondern von den Gewerkschaften.
Daher hat Ihr Gesetzentwurf nach unserer Auffassung nur einen deklaratorischen Charakter.
Meine Herren von der FDP, meine Damen und Herren von der CDU, angesichts Ihres Entwurfs für ein Gesetz zur Förderung der mittelständischen Wirtschaft würde sich der Vater der sozialen Marktwirtschaft, Ludwig Erhard, im Grabe umdrehen; denn mit „sozial“ hat dieser Gesetzentwurf rein gar nichts zu tun. Deswegen werden wir ihn ablehnen. – Vielen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident! Herr Kollege Arnold, der letzte Teil Ihrer Rede war besonders witzig. Das muss ich sagen.
Ich möchte auf zwei Punkte eingehen. Sie haben in Ihrer Rede darauf abgezielt, dass auch Sie in Ihrem Gesetzentwurf die Tariftreue festgeschrieben haben. Ja, das haben Sie rein deklaratorisch getan. Wir haben es festgeschrieben, und wir haben auch Kontrollen vorgeschlagen. Bei Ihnen im Gesetz steht nämlich: „Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass gegen diese Regelung“ – nämlich die tariftreue
Entlohnung – „verstoßen wird, ist auf Anforderung dem öffentlichen Auftraggeber die Einhaltung dieser Verpflichtung nachzuweisen.“
Erst wenn es Anhaltspunkte gibt, dass gegen die Tariftreue verstoßen wird, wollen Sie kontrollieren. Bei uns ist das im Gesetzentwurf ganz anders vorgesehen. Wir wollen den Nachweis der Tariftreue schon im Verfahren haben, und bevor der Auftrag erteilt wird. Was mir in dem Zusammenhang auch wichtig ist: Rein deklaratorisch in einen Gesetzentwurf die tariftreue Entlohnung hineinzuschreiben, nutzt überhaupt nichts, wenn auf der anderen Seite die Kontrollen fehlen. Das ist doch unser Problem.
Zum Thema Mindestlohn. Sie beziehen sich darauf, dass die Tarifpartner den Mindestlohn auszuhandeln haben. Ja. Aber schauen Sie sich in der Welt um, Herr Dr. Arnold. Die Tarifpartner sitzen nicht mehr an einem Tisch und verhandeln miteinander. Sie wie ich, wir kommen aus der Region Fulda. Ein erheblicher Teil der Unternehmen in Fulda ist überhaupt nicht mehr in einem Arbeitgeberverband organisiert. Da fängt das Problem nämlich an. Deswegen sagen wir, wir wollen einen gesetzlichen Mindestlohn haben, und dabei bleiben wir auch.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Rentsch, Sie haben zwei, drei Punkte in Ihrer Rede erwähnt, die ich so nicht stehen lassen kann.
Zum Ersten haben Sie hier gemutmaßt, warum sich wohl kleine und mittlere Unternehmen nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen. Bürokratie war Ihr Stichwort. Ich will etwas entgegenhalten.
Wenn Sie sich mit kleinen und mittleren Unternehmen unterhalten – ich tue das auch –, dann kommt ganz deutlich zur Sprache, dass es enorm schwierig ist, gegenüber Generalunternehmen und Subunternehmerketten, die daraus folgen, überhaupt in Konkurrenz zu treten. Da gibt es nämlich die Dumpinglöhne, gegen die faire und ordentliche kleine und mittlere Unternehmen dann in Konkurrenz treten müssen. Das ist genau der Punkt, den wir in unserem Gesetzentwurf regeln.
Am Schluss Ihrer Rede haben Sie gesagt, die Opposition würde dem Mittelstand, den kleinen und mittleren Unternehmen, misstrauen. Das weise ich in allerschärfster Form von mir. Wir misstrauen den Unternehmen nicht.
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir diese kleinen und mittleren Unternehmen schützen,
nämlich genau die Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordentlich, fair und tariftreu entlohnen. Wir wollen sie gegenüber denjenigen schützen, die das nicht tun.
Ich komme zu meinem dritten und letzten Punkt. Sie sind darauf eingegangen, dass unsere Gesetzentwürfe mit dem Recht der Europäischen Union nicht übereinstimmen. Das Stichwort dazu lautet Rüffert-Urteil. Ich möchte Ihnen entgegenhalten, dass es bereits in acht Bundesländern Mindestlöhne bei der Vergabe gibt, die gesetzlich festgeschrieben sind.
Offensichtlich ist das konform zu dem Recht der Europäischen Union.
Herr Kollege Arnold, ich möchte das einmal an dem Beispiel Rheinland-Pfalz klarmachen. Rheinland-Pfalz hat genau das gemacht, was wir mit unserem Gesetzentwurf vorschlagen. Es gibt dort einen Mindestlohn von 8,50 €. Der ist gesetzlich festgeschrieben. Es gibt eine – –
Herr Minister, das ist wirklich billig. – Weiterhin gibt es im Land Rheinland-Pfalz eine Kommission, die den Mindestlohn jährlich an die wirtschaftliche Entwicklung anpasst. Das ist vor drei oder vier Wochen geschehen. Diese Kommission hat vorgeschlagen, dass in Zukunft 8,70 €
Mindestlohn gezahlt werden sollten. Der Minister hat das übernommen.
An dieser Kommission sind auch Unternehmer beteiligt. Also auch die Arbeitgeberseite ist beteiligt. Sie haben am Anfang diese Kommission massiv bekämpft. Jetzt arbeiten sie mit und finden all das sehr erfolgreich, was da geschieht.
Deswegen kann man sich nicht hierhin stellen und sagen, das alles sei nicht mit dem Recht der Europäischen Kommission konform. Das ist nicht so. In anderen Bundesländern funktioniert das.
Wenn man den politischen Willen hätte, würde das in Hessen auch funktionieren. Deswegen haben wir unseren Gesetzentwurf vorgelegt.
Ich frage die Landesregierung:
Wie ist der Stand der Umsetzung der Installierung des geplanten Alarmumsetzers im Landkreis Fulda?
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu manchen Wortbeiträgen fällt einem wirklich nichts mehr ein.
Den Inhalt des vorliegenden Antrags von CDU und FDP kann ich in einem Satz zusammenfassen: „Same procedure as every year“.
In regelmäßigen Abständen legt man uns einen solchen Schaufensterantrag auf den Tisch, um sich dann selbst zu loben. Frau Lannert hat das heute Morgen lächelnd und sehr überzeugt gemacht.
Ja, auch wir von der SPD freuen uns, dass so viele Menschen in Hessen Arbeit haben.
Herr Kollege Irmer, das habe ich gerade gesagt. Hören Sie doch erst einmal zu. – An dieser Stelle möchte ich mich für die SPD ausdrücklich bei den vielen Betrieben bedanken, die junge Menschen selbst während der Krise ausgebildet haben und das auch heute noch machen.
Ich habe eine Hochachtung vor den Betrieben, die ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in Zeiten einer wachsenden Konkurrenz anständig und fair behandeln und ihnen Löhne zahlen, von denen sie auch leben können.
Die Zahlen, die Sie von CDU und FDP in Ihrem Antrag vorlegen, sehen zunächst einmal ganz gut aus.
Aber Sie verschleiern wichtige Tatsachen. „Wenig Geld für viel Arbeit“, hat die „Frankfurter Rundschau“ im Januar dieses Jahres getitelt. Ich finde, das bringt es genau auf den Punkt.
Frau Lannert, ich habe mich heute Morgen wirklich gewundert, was für eine selektive Wahrnehmung Sie in Ihrer Rede an den Tag gelegt haben.
Ich komme zu den wichtigen Punkten. Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung arbeitet in Hessen jeder fünfte Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich.
Der Zuwachs ist – Sie vergleichen so gern – verglichen mit anderen Bundesländern rasant. Das würde ich an Ihrer Stelle einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Die Entwicklung sei bedenklich, sagt sogar der Leiter der Regionaldirektion Hessen, Martin. Bei den vollbeschäftigten unter 25-Jährigen liegt der Anteil derjenigen, die im Niedriglohnbereich arbeiten, sogar bei 48 %.
In Hessen hat jeder zweite junge Mensch unter 35 Jahren noch nie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gearbeitet. Dazu sage ich – auch als Mutter von zwei Kindern in dem Alter –: Wie sollen sich junge Menschen in einer solch unsicheren Situation dafür entscheiden, eine Familie zu gründen und Kinder zu bekommen? Die wissen doch überhaupt nicht, womit sie im nächsten Jahr ihr Geld verdienen sollen.
In Hessen erhält ein Drittel der vollbeschäftigten Frauen einen Niedriglohn, und in zwei Dritteln der Betriebe der hessischen Elektro- und Metallindustrie werden kontinuierlich Leiharbeiter eingesetzt.
Leiharbeiter verdienen – das wissen auch Sie, Frau Kollegin – im Durchschnitt 5 € weniger als die Stammbelegschaft und werden ganz oft zu Aufstockern. Diese ständig steigende Lohnsubventionierung über Steuergelder lehnen wir, die SPD, ganz strikt ab.
Das Neueste sind übrigens die Werkverträge. Das ist noch interessanter: Hierbei werden ganze Arbeitsfelder an Fremdfirmen ausgelagert, deren Arbeitnehmer noch weniger verdienen als Leiharbeiter. Wir laufen in Hessen Gefahr, dass unsere Beschäftigungsgesellschaft in zwei Klassen zerfällt: auf der einen Seite die gute, reguläre, ordentlich bezahlte Arbeit und auf der anderen Seite die prekären Arbeitsverhältnisse. Das ist für die SPD nicht akzeptabel.
Deswegen fordern wir – wir werden auch nicht müde, das immer wieder zu machen – einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn und kein Placebo, worüber im Moment innerhalb der CDU diskutiert wird.
Wir fordern den gleichen Lohn für gleiche Arbeit: für Frauen und für Männer, für Leiharbeiter und für die Stammbelegschaft.
Hier hat die Landesregierung einen dringenden Handlungsbedarf. Aber dazu finden wir in Ihrem Antrag kein einziges Wort. Wir brauchen endlich ein Vergabegesetz, das die Tariftreue,
die Beteiligung an der Erstausbildung, die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern und die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen als Vergabekriterien verankert.
Wir haben Ihnen im vergangenen Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Aber – das brauche ich an dieser Stelle eigentlich gar nicht mehr zu erwähnen – er hat in diesem Haus leider keine Mehrheit gefunden.
Vom Kollegen Arnold kam gerade der Zwischenruf, der Gesetzentwurf sei praktisch schon auf dem Weg. Herr Kollege Arnold, bei aller Wertschätzung: Diese Ankündigung hören wir seit fast drei Jahren.
Ich habe eine klare Vermutung: Ich vermute, dass dieser Gesetzentwurf unmittelbar vor dem nächsten Wahltermin kommt; denn so haben Sie es beim letzten Mal auch gemacht. Aber, oh Wunder, das Vergabegesetz in Hessen ist nach dem Wahltag überhaupt nicht in Kraft getreten.
Wir haben die Landesregierung auch aufgefordert, Förderprogramme an bestimmte Leiharbeiterquoten zu knüpfen. In Thüringen wird das erfolgreich praktiziert. Ich verstehe bis heute nicht, warum man prekäre Arbeitsverhältnisse auch noch mit Steuergeldern subventionieren muss.
Aber Sie konnten uns leider auch bei diesem Antrag nicht folgen. Das offenbart ganz klar, dass Sie in diesem Bereich überhaupt kein Problembewusstsein haben.
Wichtig ist für uns auch, dass wir für dieses Land Zukunftsfelder definieren und Strategien entwickeln: Wie soll sich die hessische Wirtschaft eigentlich in den nächsten Jahren entwickeln? Kein Wort dazu steht in Ihrem Antrag.
Sie sagen nichts dazu, wie Sie den Wissenstransfer aus den Hochschulen besser organisieren wollen. Wir fordern schon seit Jahren, dass es an jeder Hochschule einen Beauftragten gibt, der Forschungsprojekte auf wirtschaftsrelevante Ergebnisse hin durchforstet und auch ein Ansprechpartner für kleine und mittlere Betriebe ist.
Das Stichwort Zukunftsstrategie umfasst für uns auch den gesamten Bereich der Clusterbildung. Kein Wort dazu steht in Ihrem Antrag.
Die Landespolitik kann und muss Cluster definieren, Akteure vor Ort zusammenführen und Netzwerke bilden, sodass regionale Schwerpunkte zu Zukunftsfeldern für ganz Hessen werden. Aber dazu steht kein Wort in Ihrem Antrag.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, der Wirtschaftsstandort Hessen ist stark. Das ist unbestritten.
Aber, Frau Kollegin Lannert, die Arbeit der Landesregierung darf sich nicht im Setzen von Impulsen und im Ergreifen von Infrastrukturmaßnahmen erschöpfen, wie es heute Morgen beschrieben wurde und wie es auch in Ihrem Antrag aufgeführt worden ist. Das ist einfach zu wenig.
Sie müssen sichere und gute Arbeitsbedingungen in Hessen schaffen. Das sind die wirklich wichtigen Rahmenbedingungen, die eine gute Wirtschaftspolitik ausmachen. Davon sehen wir in Hessen überhaupt nichts.
Frau Kollegin, in der Konkurrenz mit Betrieben, die Leih arbeiter einsetzen und Werkverträge abschließen, verlieren Betriebe, die ihre Arbeitnehmer gut und fair entlohnen. Das ist unbestritten. Reden Sie einmal mit den Vertretern der Unternehmen. Hier bedarf es dringend gesetzlicher Regelungen.
Mit einem Schaufensterantrag, wie Sie ihn uns heute Morgen vorgelegt haben, ist es nicht getan.
Ich habe Ihnen einige Handlungsfelder aufgezeigt. Frau Kollegin Lannert, mich hat heute Morgen wirklich erschüttert,
dass Sie sich an dieses Pult stellen und sagen: Das ist ein guter Tag für Hessen. – Heute Mittag, um 15 Uhr, werden in Hessen 800 bei Schlecker beschäftigte Frauen ihren Arbeitsplatz verlieren. Sie haben nichts getan; Sie haben nur zugeschaut. Sie machen immer noch nichts. Ich sage Ihnen nur: Eine Auffanggesellschaft, deren Gründung Ihr Koalitionspartner FDP auf allen Ebenen verweigert, wäre eine Lösung für diese Frauen gewesen. Aber nichts passiert hier.
Hallo, ich stehe am Pult, und ich habe das Mikrofon.
Danke. – Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, wir sind sehr gespannt, wann Sie den Entwurf für Ihr mehrfach und so lange angekündigtes Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz endlich vorlegen werden.
Herr Kollege Arnold, was ich Ihnen aber schon heute versprechen kann, ist, dass die SPD dieses Gesetzgebungsverfahren im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und im Sinne der kleinen und mittleren Betriebe in Hessen sehr konstruktiv, aber auch sehr kritisch begleiten wird. – Vielen Dank.
Okay, und jetzt darf ich. – Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Agenda 2010 ist angesprochen worden. Ich möchte an dieser Stelle für meine Fraktion sagen: Klar steht die SPD zur Agenda 2010.
Die rot-grüne Bundesregierung hat sie unter Schröder auf den Weg gebracht. Was es bedeutet, keine Arbeitsmarktreformen auf den Weg gebracht zu haben, das kann man jeden Tag in der Zeitung lesen. Die Arbeitslosenzahlen in unseren europäischen Nachbarländern wünsche ich uns in Deutschland nicht.
Das ist genau die Reform, die uns durch diese Krise gebracht hat, auch hier in Hessen.
Herr Kollege Reif, wir verlassen den Pfad der Agenda 2010 nicht. Aber im Gegensatz zu Ihnen sind wir selbstkritisch. Wir erkennen Probleme, wenn es Probleme gibt.
Deswegen kämpfen wir dafür, dass die Bereiche, wo es schiefläuft und nachgebessert werden muss, auch nachgebessert werden. Das Problem, das wir in Berlin im Bundesrat und im Bundestag haben, ist, dass wir gegen eine schwarz-gelbe Blockadepolitik ankämpfen müssen. Das wird sich hoffentlich bald ändern.
Meine Damen und Herren, was wir hier im Lande Hessen zu tun haben, das ist, Landespolitik zu machen. Wir müssen das regeln, was wir hier in Hessen regeln können. Ich habe vorhin gesagt: Wir brauchen ein ordentliches Vergabegesetz, und wir müssen Förderprogramme des Landes Hessen an Leiharbeiterquoten binden.
Der Kollege Reif hat darauf abgestellt, dass man sich in den einzelnen Landkreisen in Hessen umschauen möge, wer wo regiert und welche Arbeitsmarktzahlen und welche Entwicklungen dort vonstattengehen. Herr Kollege Reif, ich möchte das gerne tun. Ich komme aus dem Landkreis Fulda, der leider Gottes seit 60 Jahren mit absoluter CDU-Mehrheit regiert wird.
Wir arbeiten unverdrossen weiter daran, dass sich das in Fulda ändert. Das kann ich Ihnen versichern.
Ich komme gleich dazu, Herr Kollege Reif. Hören Sie mir doch erst einmal zu. – Diese Region Fulda wird als sogenannte Powerregion propagiert. Ich sage Ihnen ein paar Zahlen: 26,2 % der in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter in Fulda arbeiten im Niedriglohnsektor – ich habe Ihnen vorhin die Zahlen für Hessen genannt.
Wir haben eine Leiharbeiterquote von 4,6 %. Das ist mehr als doppelt so hoch wie der hessische Durchschnitt. Das heißt, jeder vierte Arbeitnehmer im Landkreis und in der Stadt Fulda arbeitet im Niedriglohnsektor. Das ist ein Spitzenwert für Hessen – in einem absolut CDU-regierten Kreis. Ich will das nur noch einmal sagen.
Die Zahl der Leiharbeiter im Landkreis Fulda ist zwischen 2005 und 2010 um 65 % gestiegen. Jetzt noch eine letzte Zahl, die ich interessant finde. Das ist der sogenannte Medianlohn. Er beträgt in Fulda 2.387 €, in Hessen insgesamt 2.867 €, in Kassel 2.792 €. So viel zum Thema, wer wo und erfolgreich regiert. – Vielen Dank.
Ich frage den Herrn Minister, wann nach seiner Einschätzung mit der Vorlage des Mittelstandsgesetzes der Koalition zu rechnen ist. Mehr als zweieinhalb Jahre diskutieren wir jetzt schon darüber.
Ich frage die Landesregierung:
Wie ist der Sachstand bezüglich der Einführung des Führerscheines für Fahrzeuge der Hilfsorganisationen von 3,5 t bis 7,49 t?
Herr Minister, wie sind in der von Ihnen angekündigten Verordnung die noch offenen, von der Feuerwehr kritisierten Haftungsfragen geregelt?
Herr Minister Rhein, welche Gründe gab es dafür, dass die Abstimmung mit dem hessischen Wirtschaftsministerium so lange gedauert hat und wir heute immer noch auf den großen Feuerwehrführerschein warten?
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir befassen uns heute in dritter Lesung mit dem Entwurf der SPD-Landtagsfraktion für ein Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz und dem Gesetzentwurf der LINKEN für ein Vergabegesetz. Mit unserem Entwurf für ein Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz ist es gelungen, einen Ausgleich zwischen den Belangen der Betriebe und den berechtigten Interessen ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu organisieren.
Wir regeln einen fairen Wettbewerb, der nicht über Lohndumping erfolgt, und tragen somit zum sozialen Frieden in unserer Gesellschaft bei. Der Kollege Lenders hat in der vergangenen Debatte beklagt, dass unsere Kriterien wie Tariftreue, Beteiligung an der Erstausbildung sowie die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern nicht europarechtskonform und vergabefremd seien. Thüringen hat diese Kriterien übrigens mit den Stimmen der dortigen CDU-Landtagsfraktion in ein Vergabegesetz geschrieben. Beide Verkehrsverbünde in Hessen, der RMV wie der NVV, haben kürzlich angekündigt, im Rahmen der Ausschreibungen Bieter, die ihre Mitarbeiter unter Tarif entlohnen, aus den Verfahren ausschließen zu wollen. Wir als SPD-Fraktion begrüßen das ausdrücklich.
Meine Damen und Herren, so viel zum Thema vergabefremde Kriterien. Es geht doch. Warum sollten Betriebe, die ihre Mitarbeiter ordentlich bezahlen, die sich um die Erstausbildung junger Menschen kümmern und die die Chancengleichheit von Frauen und Männern fördern, nicht gegenüber denjenigen, die all das nicht tun, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge eine faire Chance bekommen?
Acht Bundesländer haben bereits europarechtskonforme Vergabegesetze. Berlin, Bremen und Rheinland-Pfalz haben zusätzlich einen Mindestlohn in ihre Gesetze aufgenommen. Wir als SPD in Hessen schlagen einen Mindestlohn von 8,50 € vor. Baden-Württemberg, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen planen derzeit Vergabegesetze.
Meine Damen und Herren, damit hat Hessen in Deutschland fast ein Alleinstellungsmerkmal in negativem Sinne. Im Mittelstandspapier der CDU-Fraktion ist ausdrücklich nachzulesen, dass ein Gesetz, das die Vergabe öffentlicher Aufträge regelt, nicht gewünscht ist. Da frage ich mich schon, warum eine gesetzliche Regelung, übrigens auch unter der Beteiligung der CDU, in anderen Bundesländern nötig ist und verabschiedet wird, und bei uns in Hessen ist eine solche Regelung nicht gewünscht.
Der angebliche bürokratische Aufwand kann es nicht sein, weil der auch auf die anderen Bundesländer zutreffen würde. Eine Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf wäre in Teilen wohl doch möglich gewesen. Das zeigt uns allein die Tatsache, dass Sie zwei wesentliche Teile aus unserem Gesetzentwurf in Ihr Mittelstandspapier übernommen haben,
zum einen die Mittelstandsverträglichkeitsklausel, mit der in Zukunft die Auswirkungen von mittelstandsrelevanten Vorschriften auf kleine und mittlere Unternehmen überprüft werden sollen. Außerdem haben Sie unseren Vorschlag zur Schaffung einer Stelle als Ansprechpartner für kleine und mittlere Unternehmen übernommen. Wir haben diese Stelle Mittelstandsbeauftragter genannt.
Allerdings – das will ich hier kritisch anmerken – fehlen in Ihrem Papier jegliche Regelungen zur Tariftreue sowie zur Einführung sozialer und ökologischer Kriterien. Selbst die ILO-Kernarbeitsnormen, die Kinderarbeit verbieten, haben Sie nicht übernommen. Die Anhörung zu unserem Gesetzentwurf hat ganz klar ergeben, dass die europäische wie die bundesdeutsche Ebene diese Vergaberechtsreform zu sozialen Mindeststandards bereits vorgenommen haben. Auch einige Bundesländer haben das getan. Hessen wird es nicht tun. Es ist auch nicht zu erkennen, dass sich CDU und FDP als die die Regierung tragenden Fraktionen auf den Weg machen und endlich – nach fast zwei Jahren – einen fortschrittlichen Gesetzentwurf vorlegen werden. Deswegen bitte ich Sie, unserem Gesetzentwurf für ein modernes und gerechtes Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz zuzustimmen. – Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedauere es, dass zu so fortgeschrittener Stunde ein solches Durcheinander passiert ist. Aber ich habe meine Wortmeldung so abgegeben, wie ich es für richtig gehalten habe. Tut mir leid.
Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, dass wir uns jetzt in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der SPDLandtagsfraktion über ein Mittelstandsförderungs- und Vergabegesetz sowie des Gesetzentwurfs der LINKEN für ein Vergabegesetz befinden. Zu dem Gesetzentwurf der LINKEN möchte ich sagen, dass wir als SPD uns dabei enthalten werden. Zwar gibt es viele Übereinstimmungspunkte zwischen Ihrem Gesetzentwurf und unserem, aber wir halten unseren für den weiter gehenden.
In der Anhörung wurde es allgemein begrüßt, dass die SPD den Vorstoß unternommen hat, das hessische Mittelstandsförderungsgesetz aus dem Jahr 1974 endlich zu novellieren. Weiterhin wurde begrüßt, dass wir die Beteiligungsrechte der kleinsten, kleinen und mittleren Betriebe institutionalisieren wollen. Wir schlagen einen Mittelstandsbeirat vor, der die Landesregierung und die Kommunen beraten soll. Mit einer Mittelstandsklausel sollen in Zukunft die Auswirkungen von Rechtsvorschriften und Verordnungen auf den Mittelstand untersucht und gegebenenfalls angepasst werden. Auch das wurde in der Anhörung begrüßt.
Mit unserem Änderungsantrag wollen wir die Kontrollen zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben intensivieren. Daher schlagen wir vor, die Kontrollen bei Landesbehörden anzusiedeln, beispielsweise bei den Regierungspräsidien. In Hamburg hat das gut funktioniert – so jedenfalls gibt es der Evaluierungsbericht der Soko Hamburg wieder.
Auch der Vergabeteil unseres Gesetzentwurfs fand Anerkennung, insbesondere vor dem Hintergrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die seit dem 1. Mai gilt. Nun dürfen Bürgerinnen und Bürger aus den osteuropäischen EULändern uneingeschränkt bei uns arbeiten.
Meine Damen und Herren, das finden wir als SPD per se nicht falsch. Aber es braucht verlässliche Rahmenbedingungen,
um Dumpingkonkurrenz über die Löhne zu vermeiden. Auch das war übrigens ein eindeutiges Ergebnis der Anhörung: Wir dürfen hier in Hessen nicht, wie befürchtet wurde, zur „Hochburg des Lohndumpings“ werden.
Mit unserem Gesetzentwurf haben wir diese Rahmenbedingungen geschaffen, indem wir bestimmte Kriterien für die Vergabe öffentlicher Aufträge festgeschrieben haben. Damit schützen wir faire Betriebe und ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Wir wollen die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an die Tariftreue binden; andere Bundesländer haben das bereits vorgemacht. Weitere Kriterien können die Beteiligung an der Erstausbildung und die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern sein.
Meine Damen und Herren, um den Anwendungsbereich unseres Gesetzes über die in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommenen Bereiche auszudehnen, schlagen wir als SPD mit unserem Änderungsantrag die Festschreibung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 € vor.
Der Kollege Decker hat heute Morgen schon einiges dazu gesagt. Der Mindestlohn findet sich bereits in anderen Ländergesetzen wieder, wie z. B. in Rheinland-Pfalz oder wie in Thüringen; da wurde es übrigens gemeinsam von SPD und CDU verabschiedet.
Unser Gesetzentwurf schützt kleine und mittlere Betriebe und ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor der Konkurrenz einzig über die Löhne. Denn bisher ist das einzige Kriterium der Vergabe der öffentlichen Hand der Preis. Mit unserem Gesetzentwurf geben wir den Kommunen aber jetzt die Möglichkeit, auch andere Kriterien zu berücksichtigen. Das macht nach unserer Auffassung auch Sinn; schließlich geht es hier um die Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wir hätten uns sehr gewünscht, dass wir mit unserem Gesetzentwurf eine Basis gefunden hätten, um darüber konstruktiv zu diskutieren, im Sinne der kleinen und mittleren Betriebe in Hessen und ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie wenigstens den guten Willen gezeigt hätten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie bis heute überhaupt nichts selbst vorgelegt haben.
Ich habe jetzt gehört, dass am Freitag etwas passiert, Herr Kollege Arnold. Aber Ihre Fraktionskollegin Lannert hat bereits am 25. Februar 2010 in der „FAZ“ gesagt: So ein Mittelstandsförderungsgesetz brauchen wir in Hessen überhaupt nicht. – Das hat sich offensichtlich bei der CDU jetzt doch geändert.
Ich habe zitiert, das können wir gern nachlesen. – Der Kollege Lenders von der FDP befürchtet viel zu viel Bürokratie. Aber das hören wir bei jeder Gelegenheit von der FDP. Das scheint so eine Art Totschlagargument zu sein.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wir hätten uns wirklich gewünscht, dass Sie ganz konkret die Stellen benannt hätten, wo Sie glauben, ein Zuviel an Bürokratie erkannt zu haben. Wir bedauern sehr, dass das nicht gelungen ist. Das schadet dem Mittelstand in Hessen.
Aber – das sage ich an der Stelle auch ganz deutlich – wir geben Ihnen noch einmal die Chance zu einem konstruktiven Gespräch im Ausschuss und beantragen die dritte Lesung für unseren Gesetzentwurf.
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf die herausragende Bedeutung eines Biosphärenreservats haben die Kollegen schon hingewiesen. 1991 erklärte die UNESCO die Rhön auf Betreiben einer rotgrün geführten Landesregierung hier in Hessen zu einem Biosphärenreservat und knüpfte daran bestimmte Bedingungen.
Eine der wichtigsten Vorgaben war übrigens die Ausweisung von mindestens 3 % der Gesamtfläche als Kernzone. Kernzonen sind Bereiche, in denen keine wirtschaftliche Nutzung mehr stattfindet und die Natur sich selbst überlassen bleibt. Es soll sich wieder ein urwaldähnliches Waldgebiet bilden, das auch der Nachhaltigkeitsforschung sowie der Erhaltung und Stabilisierung der Artenvielfalt und der genetischen Potenziale dienen soll. Das wird in der Diskussion immer mal wieder vergessen.
Im Oktober 2009 besuchte die Vorsitzende des deutschen Komitees von „Man and the Biosphere“, Frau Gertrud Sahler, die Rhön. Im anschließenden Gespräch machte sie auf meine Frage hin sehr deutlich, dass der Entzug des Prädikats Biosphärenreservat droht, wenn es nicht gelingt, bis zur nächsten Überprüfung, im Jahre 2013, 3 % der Gesamtfläche als Kernzone auszuweisen. So viel zu dem Thema, dass die Aberkennung droht.
Ich kann mich nicht erinnern, Herr Kollege Lenders, dass Sie bei dem Gespräch dabei waren. Sie können es mir aber glauben.
Seit dieser klaren Ansage von Frau Sahler hat die SPD auf Kreisebene, wie auch hier auf Landesebene, immer wieder gefordert, die fehlenden Flächen endlich als Kernzone auszuweisen. Die Landesregierung haben wir aufgefordert, den Landkreis Fulda dabei finanziell zu unterstützen und auch Staatswald zur Verfügung zu stellen.
Lange ist nichts passiert. Im August 2010 verkündete die damals zuständige Ministerin Lautenschläger mit großem Medientamtam, dass das Land Hessen letztendlich 2 Millionen € zur Verfügung stellen wird. Der Leiter der hessischen Verwaltungsstelle, Otto Evers, hat damals von einem Finanzbedarf in Höhe von 3,8 bis 4 Millionen € gesprochen. Aber immerhin: Wir haben uns über die 2 Millionen € gefreut.
Im hessischen Teil des Biosphärenreservats wird im Moment die Kernzonenausweisung vorgenommen. Ich glaube, wir sind auf einem ganz vernünftigen Weg. 190 ha werden derzeit als Kernzone ausgewiesen. Für die restlichen 260 ha laufen Verhandlungen mit Hessen-Forst und den Gemeinden als Besitzern der Flächen.
Auch in Bayern und in Thüringen scheint einiges voranzukommen. Wir haben es vorhin schon gehört, deshalb gehe ich darauf nicht weiter ein. Bayern muss allerdings noch 3.500 ha ausweisen. Ich weiß, dass die Verhandlungen in Bayern im Moment sehr schwierig sind, weil man mit Kommunen verhandelt, denen es schlichtweg ums Geld geht. Wir hoffen, dass die Verhandlungen erfolgreich sind; denn es ist zutreffend, was Frau Kollegin Hammann gesagt hat: Das Biosphärenreservat Rhön muss länderübergreifend 3 % der Gesamtfläche als Kernzone ausweisen.
Die Ausweisung des Haderwaldes im Truppenübungsgebiet Wildflecken wäre selbstverständlich gewesen, liebe
Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN. Das haben SPD und GRÜNE auch im Interesse der europäischen Friedensordnung in ihrem Koalitionsvertrag 1991 festgeschrieben. Später wurde der Haderwald unter einer rotgrünen Landesregierung als Naturschutzgebiet und als Kernzone ausgewiesen.
Danke, das haben wir verdient. – Mittlerweile hat sich aber das Bundesverteidigungsministerium mit seinem Anspruch auf eine eigene militärische Nutzung des Haderwaldes durchgesetzt. Die bundesdeutsche Rechtsregelung legt nämlich fest, dass eine militärische Nutzung in bestimmten Fällen Vorrang vor dem Naturschutz haben kann, wenn das Bundesverteidigungsministerium diese Nutzung beansprucht. Eben das ist passiert. Deswegen wurde dem Haderwald der Naturschutzstatus bzw. die Kernzonenausweisung wieder aberkannt. Prof. Ott von der Hochschule Fulda, der das Biosphärenreservat von Beginn an wissenschaftlich begleitet hat, sprach in diesem Zusammenhang von einer „quasi interfamiliären Lösung zulasten des Biosphärenreservats“, weil sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung zu dieser Zeit konservativ geführt wurden. Da war man sich „innerhalb der Familie“ einig, dem Haderwald die Kernzonenausweisung wieder abzuerkennen. Man kann das bedauern, wir tun das ausdrücklich, aber leider ist die Rechtslage so, wie sie eben ist.
Bis zur nächsten Überprüfung des Biosphärenreservats müssen 3 % der Gesamtfläche als Kernzone ausgewiesen sein, ob mit dem Haderwald oder ohne. Wünschenswert, das möchte ich zum Schluss noch deutlich machen, wäre die Ausweisung größerer zusammenhängender Flächen gewesen. Eine solche Fläche ist der Haderwald. Leider ist das aber nicht gelungen, und es wird auch bei der derzeitigen Planung nicht gelingen. Es ist aber nach Aussage von Gertrud Sahler auch nicht zwingend vorgeschrieben, größere zusammenhängende Flächen auszuweisen. Allerdings erwartet die UNESCO bei kleineren Flächen, wie sie derzeit ausgewiesen werden, dass diese von Pflegezonen umschlossen und über Korridore vernetzt werden.
Es bleibt abzuwarten – das wird noch spannend –, ob diese Vorgaben im hessischen Teil des Biosphärenreservats erfüllt werden können. Im Interesse des Biosphärenreservats, dieses Schatzes, den wir hier in der Rhön haben, ist es zu wünschen, dass das verantwortungsvoll und ordentlich über die Bühne geht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Bereits 2007 hat der Hessische Landtag darüber debattiert, auf welch fragwürdige Art und Weise die Landesregierung die Organisation und Vermarktung ihrer Events an die Agentur „Zoffel Hoff Partner“ vergeben hat. Wir erinnern uns: Der damalige CDU-Abgeordnetenkollege Volker Hoff war bei „Zoffel Hoff Partner“ Geschäftsführer. Mittlerweile ist Herr Zoffel rechtskräftig verurteilt, und Volker Hoff ist weder Abgeordneter noch Minister.