Emin Sükrü Senkal

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Last Statements

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bürgermeister war nicht da, die Staatsrätin war nicht da, aber es war viel Fachpublikum da, und es war eine sehr gute Fachkonferenz. Wer jedoch nach 20 Minuten nach Hause gegangen ist, das war Herr Imhoff.
Herr Kau und ich waren die ganze Zeit da. Wir haben uns diese sehr gute Fachkonferenz angehört und haben viele Erkenntnisse daraus mitgenommen. So viel dazu!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gute drei Jahre ist es nun her, dass wir hier im Parlament das erste Mal über den Antrag der CDU zum Plattdeutschen beraten haben. Dieser wurde in die Deputation für Kultur überwiesen. Dort wurde uns auf Grundlage des dritten Monitoringberichts an den Europarat eine umfassende Bestandsaufnahme zur Situation des Plattdeutschen im Land vorgelegt. Dieser Bericht zeigt sehr deutlich, wo das Land Bremen seine Verpflichtungen zum Erhalt des Plattdeutschen erfüllt und wo nicht. Positive Beispiele sind etwa die Sendungen Radio Bremens auf Platt, Sprachkurse an der VHS oder die Behandlung im Rahmen der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Gleichzeitig besteht aber immer noch Nachholbedarf, da gebe ich Ihnen Recht, Herr Imhoff. So könnte die Bremer Verwaltung beispielsweise Dokumente und Informationen auch auf Platt bereitstellen. Ebenso regt der Bericht an, platt sprechende Personen in den Behörden zu identifizieren, sodass sie als mögliche Ansprechpartner für Bürgerinnen und Bürger dienen, die auf Plattdeutsch kommunizieren möchten. Dies wären Maßnahmen, die wenig oder kein Geld kosten und leicht umsetzbar wären.
Viele der Empfehlungen liegen jedoch außerhalb unserer Handlungsmöglichkeiten als Politik und betreffen verschiedene Bereiche der Gesellschaft. Aus diesem Grund hat sich die SPD-Bürgerschaftsfraktion für die Einrichtung eines Plattdeutsch-Beirats ausgesprochen. Nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins könnte ein solcher Beirat unter der Regie des Präsidenten der Bürgerschaft zusammen mit den Vertretern von Verwaltung, Politik, Medien, Hochschulen und Kultureinrichtungen geeignete Maßnahmen zum Erhalt und zur Förderung des Plattdeutschen aufzeigen. Auch in Hamburg gibt es einen solchen Plattdeutschen Rat, der sich für die Angelegenheiten der dortigen Plattsnacker einsetzt. Leider ist es wegen der anstehenden Wahl nicht mehr dazu gekommen, was ich sehr bedauere. Wir werden jedoch versuchen, dies in der kommenden Legislaturperiode zu verwirklichen.
Wir als Politiker können langfristig nicht allein den Erhalt des Plattdeutschen sicherstellen, dazu brauchen wir auch Unterstützung aus der Mitte der Zivilgesellschaft. Warum nicht einmal eine Theateraufführung auf Plattdeutsch oder einen Zeitungsartikel
oder einen Beitrag bei „buten un binnen“? In einer Sendung mit diesem Namen sollte das eigentlich kein Problem sein. Die plattdeutsche Sprache wird immer mehr in Nischen zurückgedrängt und ist im Alltag der meisten Bremerinnen und Bremer nicht mehr präsent. Vor allem junge Menschen und Zugezogene haben keinen Bezug mehr zum Platt und betrachten es auch oft nicht mehr als notwendig, sich mit dieser Regionalsprache zu beschäftigen. Wenn sich diese Entwicklung der letzten Jahrzehnte fortsetzt, wird man Platt bald nur noch in Archiven finden. Dabei ist das gemütliche und humorvolle Image, das dieser Regionalsprache anhaftet, zwar für die Außendarstellung nützlich, manchmal fehlt uns deshalb aber auch der nötige Ernst, wenn es darum geht, sinnvolle Maßnahmen zum Erhalt festzulegen. Andere Bundesländer sind uns da zum Teil voraus.
Im Gegensatz zu anderen Minderheitensprachen, macht es die flächendeckende Verbreitung des Hochdeutschen Platt sprechenden Menschen auch nicht einfacher. Da wird dann meistens aus Bequemlichkeit auf das Plattsprechen verzichtet, und es ver
schwindet damit weiter aus der öffentlichen Wahrnehmung.
Ganz besonders möchte ich an dieser Stelle aber noch einmal dem Institut für niederdeutsche Sprache, INS, danken, das sich mit einem überschaubaren Budget und viel Personaleinsatz um den Erhalt des Plattdeutschen bemüht.
Diese überregionale Einrichtung ist eine wichtige Institution, insbesondere in Fragen der Archivierung, wissenschaftlicher Begleitung und der Organisation von Veranstaltungen. Ich würde mir wünschen, dass es uns in der nächsten Legislaturperiode gelingt, gemeinsam mit dem INS, gesellschaftlichen Gruppen, Verwaltung und Politik Initiativen zum Erhalt des Plattdeutschen umzusetzen.
Auch wenn wir im kleinen Bremen den Trend der Zurückdrängung von Regionalsprachen nicht werden aufhalten können, hoffe ich trotzdem, dass wir der niederdeutschen Sprache wenigstens wieder einen etwas sichtbareren Platz in unserer Gesellschaft verschaffen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da dies auch meine letzte Kulturdebatte in dieser Legislaturperiode ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich einmal bei den Kollegen Beilken, Ella und Kau zu bedanken. Ich denke, wir haben in den letzten vergangenen vier Jahren teilweise heftig, aber zum größten Teil konstruktiv und fair für die Kultur in Bremen und Bremerhaven gestritten und uns eingesetzt. Verschiedene Ansichten haben Farbe in die kulturpolitische Landschaft gebracht. Dafür vielen Dank!
Doch ganz besonders möchte ich meiner Kollegin Krusche danken, die hier gleich ihren definitiv letzten Redebeitrag zum Thema Kultur haben wird. Liebe Frau Krusche, es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, gemeinsam mit Ihnen Kulturpolitik in dieser rot-grünen Regierung machen zu dürfen. Wir haben uns auch sehr oft gestritten, aber wir haben es immer geschafft, die Waage von verschiedenen Ansichten irgendwie hinzubekommen. Ich wünsche Ihnen in Ihrem neuen Lebensabschnitt alles Gute, und ich denke, Sie werden uns auch weiter in Bereichen der Kulturthemen erhalten bleiben, und ich wünsche mir, dass ich Sie auch bald wiedersehe, nicht nur, wenn es um die Straßenbahnverlängerung der Linien 1 und 8 in Huchting geht. Vielen Dank, liebe Frau Krusche! – Danke!
Wir fragen den Senat:
Erstens: In welchem Umfang werden in den im Land Bremen ausgestrahlten Rundfunkprogrammen Sendungen oder Beiträge auf Plattdeutsch verbreitet?
Zweitens: Wie wird sichergestellt, dass der in Paragraf 13 des Landesmediengesetzes festgelegte angemessene Anteil an Sendungen auf Plattdeutsch im Programm vertreten ist?
Drittens: Welche Maßstäbe werden hierfür von der Bremischen Landesmedienanstalt bei der Zulassung von Rundfunkprogrammen angewendet?
Herr Staatsrat, gibt es Umfragen oder andere Erhebungen, ob dieses Angebot des Plattdeutschen in den Medien vielleicht zu wenig Berücksichtigung findet?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Land Bremen befindet sich in einer extremen Haushaltsnotlage, das spüren wir hier jeden Tag. Das wirkt sich natürlich auch auf den Kulturbereich aus. Vieles von dem, was wir uns wünschen würden, können wir nicht finanzieren. Die Kultureinrichtungen in unserer Stadt sind es mittlerweile gewohnt, mit wenig Ressourcen viel auf die Beine zu stellen. Deshalb haben wir als Parlamentarier die ständige Verpflichtung, alle Ausgaben von öffentlichen Mitteln stets im Auge zu behalten und auf ihren Sinn und Zweck zu überprüfen. Die Jugend Kunst Stiftung wurde im Jahr 2003 mit dem Ziel gegründet, öffentliches und privates Engagement zu verbinden und damit Kulturprojekte, junge Menschen zu fördern. In den letzten Jahren konnten dank der Stiftung viele kleine, aber wertvolle Initiativen in den Bereichen Musik, Theater, Tanz und Kunst ermöglicht werden.
Viele dieser Projekte wurden von oder gemeinsam mit Schulklassen aller Altersstufen durchgeführt. Trotz vieler erwähnenswerter Projekte ist es innerhalb von sieben Jahren bis heute nicht gelungen, Zuschüsse von Dritten für das Stiftungskapital zu gewinnen. In den vergangenen Jahren wurde deutlich, dass private Geldgeber lieber eigenverantwortlich Projekte und Einrichtungen fördern, anstatt einfach einer Stiftung Geld zu übertragen. Vor diesem Hintergrund ist es nur konsequent, die Jugend Kunst Stiftung in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln. Jedes Jahr muss Bremen mehrere 100 Millionen Euro Schulden aufnehmen und für diese natürlich auch Zinsen in Millionenhöhe zahlen. Gleichzeitig haben wir von diesem geliehenen Geld wieder etwas genommen, um es zinsbringend in Form einer Stiftung anzulegen und aus diesen Erträgen Projekte zu fördern. Da ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
die Zinsen für angelegtes Geld niedriger sind als die für geliehenes Geld, bleibt unter dem Strich ein Verlust.
Ohne private Zuschüsse ist eine solche Praxis nicht sehr sinnvoll. Das hat auch der Rechnungshof zu Recht kritisiert. Wegen der Finanzkrise sind auch die Zinsgewinne momentan sehr niedrig, was das Ganze zusätzlich erschwert und weshalb kaum noch Erträge für die eigentliche Projektförderung übrig bleiben. Allein mit der Differenz zwischen den Soll- und Habenzinsen, die dem öffentlichen Haushalt entgeht, könnte man wiederum einige kleine Projekte fördern. Diese Umwandlung der Stiftung bedeutet aber erst einmal nicht, dass dem Kulturbereich dadurch Verluste entstehen. Durch die Entnahmen aus dem Stiftungskapital stehen auf Jahre hinaus Mittel für Maßnahmen und Kulturprojekte zur Verfügung. Der Stiftungszweck bleibt unverändert, sodass das Geld auch weiterhin da ankommt, wofür es ursprünglich vorgesehen war.
Der Stiftung können künftig jährlich bis zu 400 000 Euro pro Jahr entnommen werden, damit steht weit mehr Geld für die Kulturprojekte von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung als bisher. Die Startstiftung wurde mit der Absicht gegründet, mehr bürgerschaftliches Engagement gemeinsam mit der öffentlichen Hand in Bremen zu generieren. Das ist uns nicht in dem Maße gelungen, wie wir uns das im Jahr 2003 gedacht haben. Das heißt aber nicht, dass es dieses nicht gegeben hätte oder weniger geworden wäre.
Private Förderungen sind im Kulturbereich nach wie vor gang und gäbe. Das zeigen zum Beispiel die sehr großzügigen Spenden an die Kunsthalle, das Museum Weserburg oder auch das SchnürschuhTheater. Gemeinsame Förderungen der öffentlichen Hand und von privaten Geldgebern gibt es immer wieder und sind meist sehr erfolgreich. Wir begrüßen dieses private Engagement sehr. Ohne die vielen Mäzene und Spender wäre Bremens kulturelle Landschaft um einiges ärmer, im wahrsten Sinne des Wortes.
Eine Startstiftung nach dem alten Modell trägt aber nachweislich nicht dazu bei, dieses Engagement zu verstärken. Wenn bestimmte Strukturen auch nach sieben Jahren nicht so funktionieren, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hat, muss man auch so konsequent sein, das Experiment irgendwann zu beenden. Doppelstrukturen machen eigentlich nie einen Sinn, erst recht nicht in Zeiten schwieriger Haushaltslage.
Wir begrüßen den vorgelegten Gesetzentwurf deshalb und werden auch zukünftig die Verwendung der Stiftungsmittel in der Kulturdeputation eng begleiten. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kau, wir lehnen Ihren Antrag nicht ab nur aus einem Reflex heraus, sondern weil es diesen von Ihnen geforderten Fonds bereits gibt. Ich begrüße sehr den ersten Absatz Ihres Antrags, die Einführung zum Thema, denn da stimmen wir Ihnen voll und ganz zu. Ich zitiere: „Kinder und Jugendliche sollten möglichst früh für alle Formen des kulturellen Lebens begeistert werden, denn sie sind die Kulturschaffenden und Kulturkonsumenten von morgen.“
Genau aus diesem Grund bietet das MOKS-Theater Schülerinnen und Schülern kostenlose Aufführungen an. Es gibt die hervorragende Zukunftswerkstatt der Philharmoniker Bremen, die kostenlos Schulklassen an Musikinstrumente heranführen. Bundesweit einzigartig und mehrfach ausgezeichnet ist die Kooperation der Deutschen Kammerphilharmonie mit der Gesamtschule Ost, auch diese kostet nichts. Das Bremer Theater hat das Projekt „Klassenlos“ in Kooperation mit dem Senator für Kultur, Bürgermeister Böhrnsen, ins Leben gerufen, für die Schulklassen auch hier kostenlos. Ebenfalls kostenlos ist der Eintritt im Museum Paula Modersohn-Becker. Ich könnte jetzt noch viele solche Projekte aufzählen, die genau aus diesem Grund initiiert worden sind. Der Eintritt für die Weserburg kostet einen Euro, für das Focke- und Überseemuseum jeweils zwei Euro für Schülerinnen und Schüler, und um diese Eintrittspreise bezahlen zu können, hat die Senatorin für Bildung einen Fonds von 150 000 Euro im Haushalt festge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
schrieben, um unter anderem Schülerinnen und Schülern, die nicht in der Lage sind, das Geld für Eintrittspreise und Fahrtkosten für Kultureinrichtungen zu bezahlen, den Eintritt zu ermöglichen.
Man darf auch nicht vergessen, dass Kinder neben Besuchen in der Schule vor allem über ihre Eltern an Kultur herangeführt werden. Diese müssen sie an die Hand nehmen und mit ihnen in die Kultureinrichtung gehen. Es ist im Bereich Kultur leider auch so, dass kulturelle Teilhabe gewissermaßen vererbt wird und zuallererst eine Sache der Sozialisierung ist und keine Frage mangelnden Geldes. Allein der freie Eintritt wird kaum ein Kind und Jugendlichen zusätzlich animieren, Museen oder Theater aufzusuchen.
Nein, er kann eine Kurzintervention machen!
Zum Dringlichkeitsantrag der FDP kann ich sagen, dass ich beim Anblick dieses Antrags das Gefühl hatte, dass Sie diesen schnell einmal per SMS an die Bürgerschaftsverwaltung geschickt haben, um noch schnell mit auf das Thema aufzuspringen. So sieht er für mich jedenfalls aus. Beide Anträge sind zusätzlich haushaltstechnisch merkwürdig: Einerseits werfen Sie als CDU und FDP uns vor, nicht genügend zu sparen, und andererseits werden neue Fonds und Ausgaben gefordert, ohne solide Gegenfinanzierungen aufzuweisen. Das ist reine Symbolpolitik.
Ihnen, Herr Kau, möchte ich noch gern sagen, da Sie es in Ihrem Antrag stehen haben: Der Vergleich zum Kulturticket ist hier vollkommen deplatziert, da das Kulturticket nichts mit der kulturellen Bildung an Schulen zu tun hat. Das Kulturticket ermöglicht Menschen, die es sich nicht leisten können, Kultureinrichtungen zu besuchen. Ich kenne jedenfalls keine Grundschüler, die ALG II oder Grundsicherung im Alter beziehen.
Erlauben Sie mir eine weitere Anmerkung! In Berlin hat es nach Einführung gute zwei Jahre gebraucht, bis das Kulturticket seine Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht hat, und da unser Kulturticket haushaltsneutral ist und die Stadt keinen Cent kostet, warte ich sehr gern auch zwei Jahre, Menschen kulturelle Teilhabe in unserer Stadt zu ermöglichen.
Die vorliegenden Anträge von CDU und FDP geben mir die Möglichkeit, mich bei allen Einrichtungen zu bedanken, die diese Angebote der kulturel
len Bildung und Teilhabe für die Menschen in dieser Stadt ermöglichen. Uns ist bei der Haushaltslage bewusst, in der wir uns befinden, dass diese kostenlosen Angebote, das Einbringen durch Kooperationsprojekte oder die Teilnahme am Kulturticket keine Selbstverständlichkeiten sind und sie diese Leistungen zusätzlichen erbringen. Diesen Einrichtungen gilt mein Dank!
Abschließend bleibt festzustellen, sehr geehrter Herr Kau, dass die Wege, die Sie gehen wollen, von der rot-grünen Regierung schon längst gegangen worden sind. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit August erleben wir eine intensive bis hitzige Debatte rund um das Thema Integration. Unzählige haben sich zu Wort gemeldet, viele sachlich, Probleme erkennend, andere laut, dominierend, pauschalisierend, mit zum Teil gefährlichen Erklärungen und Lösungsansätzen. Die Integrationspolitik ist eine junge Disziplin in Deutschland. Spät hat die deutsche Politik dem Umstand Rechnung getragen, dass Zuwanderung in unserem Land eigentlich schon lange Einwanderung war und ist. Das, was wir als Gastland angeboten haben, wurde für viele, die als Gastarbeiter gerufen wurden, schnell zum Lebensmittelpunkt und zur neuen Heimat. Bremen ist ein Zwei-Städte-Bundesland, und Großstädte wie Bremen spiegeln im besonderen Maße gesellschaftliche Entwicklung und Fortschritt wider. Bremen ist ein Land der Vielfalt, in dem die unterschiedlichsten Menschen zu Hause sind, darüber bin ich glücklich und stolz.
Unsere vielfältige Gesellschaft wird geprägt von Menschen, deren Familien seit Generationen in Bremen leben. Das sind Menschen, die aus anderen Ländern nach Bremen gezogen sind, um hier zu studieren oder zu arbeiten, weil sie hier bereits Verwandte haben, weil sie hier zum Beispiel ihre Liebe gefunden haben, aber auch, weil ein Leben in ihrem Herkunftsland, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr möglich war. Viele Menschen kamen als sogenannte Gastarbeiter nach Bremen, und weil es ihnen hier gefiel, blieben sie und holten ihre Familien nach. Diese Menschen sind schon lange ein Gewinn für unsere beiden Städte.
Was die Menschen, die im besonderen Maße die Gesellschaft gestalten, Politiker oder Menschen, die in den Behörden arbeiten, in den letzten 50 Jahren zum Teil übersehen haben, ist, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft auch unterschiedliche Bedürfnisse und Fähigkeiten haben. Sie sprechen nicht nur eine Sprache, das ist ein Vorteil, dafür müssen sie die neue Sprache aber noch besser lernen. Sie leben in unterschiedlichen familiären oder kulturellen Traditionen. Sie haben unter Umständen einen anderen Glauben als die Menschen, deren Familien schon seit Generationen in Bremen leben. Gerade für uns Bremer mit unserer weltoffenen und hanseatischen Tradition, die wir Bremer seit Jahrhunderten international agieren, sind diese Menschen ein Gewinn: mehr als eine Sprache zu sprechen, Erfahrungen mit unterschiedlichen Kulturen, Traditionen oder Religionen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
zu haben, auch in verschiedenen Ländern zu Hause zu sein.
Politik und Behörden, unsere Verwaltung als zentrale Einrichtung zur Gestaltung des Zusammenlebens haben aber diese unterschiedlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten, die diese Neubremer mitgebracht haben, zum Teil nicht wahrgenommen. Wenn sie wahrgenommen wurden, wurde oftmals ihr Wert nicht gesehen. Mehrsprachigkeit, interkulturelle Kompetenz, Auslandserfahrungen sind aber Fähigkeiten, die insbesondere Städte, die in der Welt zu Hause sein wollen – wie Bremen und Bremerhaven mit ihren international agierenden Unternehmen –, dringend brauchen, also Kompetenzen, die als Anforderungen an junge Menschen selbstverständlich geworden sind. In Schulen beginnen wir mit dem Fremdsprachenunterricht in den Grundschulen, in der Mittelstufe schicken wir Schulklassen zum Austausch in andere Länder, und Eltern schicken ihre Kinder für Sprachreisen in die Ferien. Spätestens, wenn junge Menschen studieren, erwarten wir von ihnen, dass sie mindestens ein Semester im Ausland absolvieren.
Was übersehen wir dabei oder haben es bislang viel zu wenig wertgeschätzt? Dass diese interkulturelle Kompetenz, die zum Beispiel Unternehmen oder unsere Hochschulen so dringend brauchen, wenn sie auf den globalisierenden Märkten bestehen wollen, für die wir unsere Kinder und Jugendlichen ins Ausland schicken, in Bremen längst zu Hause ist!
Dieses Potenzial, das darin liegt, dass unsere Bevölkerung so vielfältig geworden ist, müssen wir viel mehr als bisher wertschätzen lernen und uns allen auch zunutze machen. Wirtschaftsunternehmen haben dieses Verständnis schon längst erkannt. Sie entwickeln Diversity-Konzepte, also Konzepte, um Vielfalt in ihren Unternehmen zu gewinnen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere im Leitungsbereich zu haben, die die Vielfalt unserer Gesellschaft widerspiegeln, weil solche Unternehmen erfolgreicher am Markt sind. Ich bin sicher, zu erkennen, welchen großen Wert eine vielfältige Gesellschaft hat, und dies auch in unserer staatlichsten Institution, dem öffentlichen Dienst, der öffentlichen Verwaltung stärker als bisher einfließen zu lassen.
Diese Wertschätzung wird nicht nur ein Gewinn für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Bremen sein. Eine solche Wertschätzung wird auch der Integration dienen, denn Integration setzt die Wertschätzung der aufnehmenden Gesellschaft für das Neue, das an sie herangetragen wird, voraus. Nur durch Wertschätzung werden wir erfolgreich sein auf
unserem Weg zu einer wirklich gelungenen Integration.
Damit bin ich wieder am Anfang! Wir haben in diesem Jahr viel über Integration gesprochen. Wir wollen aber nicht mehr länger nur reden, sondern handeln. Wir wollen wichtige Zeichen setzen, die den realen demografischen Verhältnissen in unserer Gesellschaft gerecht werden. Unser Antrag von SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE wird sicherlich nicht alle Integrationsprobleme lösen, aber er ist ein wichtiger Schritt, um Partizipation, die Teilhabe in unserer Gesellschaft, einen großen Schritt nach vorn zu bringen. – Vielen Dank!
Wir fragen den Senat: Erstens: In welchem Umfang haben die Bremer Programmkinos schon auf Digitaltechnik im Vorführbereich umgerüstet? Zweitens: Welcher Stellenwert wird der Umrüstung auf Digitaltechnik in Programmkinos beigemessen? Drittens: Wie bewertet der Senat das von der Filmförderungsanstalt, FFA, angekündigte Förderprogramm zur Umrüstung auf Digitaltechnik im Hinblick auf den Nutzen für die Kinos im Land Bremen?
Können Sie absehen, wann wir mit Ergebnissen zu den Förderkriterien rechnen können?
Ist dem Senat bekannt, dass für die Digitalisierung der Programmkinos zusätzlich auch EFRE-Mittel herangezogen werden können?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit vor meiner Einbürgerung erin––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nern, wie es für mich gewesen ist, zum Ausländeramt zu gehen. Dieser Gang begann um 5 Uhr morgens damit, sich in der Reihe vor verschlossenen Türen anzustellen, um an die heiß begehrten Marken zu gelangen, die entschieden, ob das Anstellen erfolgreich oder leider vergebens war, da die Behörde nur eine bestimmte Anzahl Marken ausgegeben hatte. Wenn man es geschafft hatte, nach vierstündiger Wartezeit oder auch mehr zu seinem Sachbearbeiter zu gelangen, war es immer ein sehr beängstigendes Gefühl in diesen Räumen. Auf ein „Guten Morgen“ kam sehr selten eine Erwiderung, und das Gefühl, ein Mensch zweiter Klasse zu sein, war damals in der Ausländerbehörde bei mir ständig vertreten.
Meine Damen und Herren, warum erzähle ich Ihnen das? Weil diese Zeiten Gott sei Dank oder, besser gesagt, seit dieser Legislaturperiode und der erfolgreichen Arbeit der rot-grünen Regierung vorbei sind.
Seit dieser Zeit ist viel verändert worden: Vieles hat sich verbessert, und ich höre von freundlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die hilfreich und zuvorkommend sind, obwohl sie in einem sehr schwierigen und sensiblen Bereich tätig sind. Diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelten mein Dank und meine hohe Anerkennung für ihre Arbeit. Doch leider ist der Ruf dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die erfolgreiche Arbeit der rot-grünen Koalition auf diesem Gebiet durch einige wenige in der Ausländerbehörde tätigen Menschen ins Negative gezogen worden, sodass die Ausländerbehörde wieder einmal durch ihr Negativimage und die damaligen Bilder eingeholt worden ist. Ich bedauere dies sehr.
Wir reden hier darüber, dass Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Fällen, in denen eine Abschiebung eigentlich nicht hätte durchgeführt werden dürfen, weil die betroffene Person geltend gemacht hat, nicht reisefähig zu sein, daraufhin auf Abschiebung spezialisierte, aber wohl wenig qualifizierte Ärzte zum Flughafen geschickt haben, damit diese die Reisefähigkeit der betroffenen Person entgegen dem fachärztlichen Rat feststellen sollten. Wer hier so mit dem Schicksal von Menschen umgeht und sich womöglich noch mit Trophäen für jeden abgeschobenen Flüchtling schmückt, dem gilt meine Kritik und tiefste Verachtung!
Eine solche Praxis widerspricht sozialdemokratischen Grundwerten und den Grundwerten unserer Verfassung, die Menschenwürde und das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit jedes Menschen zu achten, auch und gerade dann, wenn wir in Bremen durch Bundesgesetze zur Durchführung von
Maßnahmen verpflichtet sind, die wie eine Abschiebung so stark in die Rechte des Einzelnen eingreifen.
Was sind das für Ärzte, die so versuchen, an das schnelle Geld zu kommen? Ich zitiere aus dem Beschluss des Deutschen Ärztetages vom Mai 2004: „Abschiebehilfe durch Ärzte in Form von Flugbegleitung, zwangsweiser Verabreichung von Psychopharmaka oder Ausstellung einer Reisefähigkeitsbescheinigung unter Missachtung fachärztlich festgestellter Abschiebungshindernisse, wie zum Beispiel in Behandlung stehende Traumatisierung, sind mit den in der ärztlichen Berufsordnung verankerten ethischen Grundsätzen nicht vereinbar.“ Weiterhin fordert der 111. Deutsche Ärztetag in Ulm die zuständigen Landesärztekammern auf, berufsrechtlich gegen Ärzte vorzugehen, die die einschlägigen Resolutionen der Ärzteschaft und die ethischen Grundsätze ärztlichen Handelns verletzen. Diesen Beschlüssen ist von unserer Seite nichts mehr hinzuzufügen.
Wir begrüßen sehr, dass Senator Mäurer, wie in der Antwort des Senats zu lesen ist, unverzüglich nach Bekanntwerden dieser Vorkommnisse mit der Angelegenheit offen und ehrlich umgegangen ist und sofortige Abhilfe geschaffen hat, um eine korrekte Bearbeitung zukünftig sicherzustellen.
Ganz besonders hervorheben möchte ich, dass zukünftig immer ein Gutachten des Gesundheitsamtes einzuholen ist, wenn ein von den Betroffenen vorgelegtes privatärztliches Attest der Ausländerbehörde keine abschließende Beurteilung des Sachverhalts erlaubt, dass für kurzfristige Untersuchungen der Flugtauglichkeit der Senator für Inneres und Sport und die Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales einen Kriterienkatalog für die im Einzelfall erforderliche ärztliche Qualifikation im Rahmen der Prüfung der Flugtauglichkeit erarbeiten werden und dass die Ärztekammer Bremen an der Erarbeitung dieser Kriterien beteiligt werden soll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich versichere Ihnen, dass wir von der SPD-Bürgerschaftsfraktion in Zukunft einen besonderen Blick auf diesen Bereich in der Ausländerbehörde richten werden, damit sich diese menschenverachtenden Ereignisse in Bremen nicht mehr wiederholen werden. – Vielen Dank!
Wir fragen den Senat:
Erstens: Wie viele Experten sind im Land Bremen mit der Suche und Entschärfung von Weltkriegsbomben beschäftigt?
Zweitens: Mit welchen Methoden gehen diese Experten vor, welche technischen Hilfsmittel stehen hierfür zur Verfügung, entsprechen diese dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik, und inwieweit steht Bremen im fachlichen Austausch mit anderen Bundesländern?
Drittens: Wie werden in Bremen Bauprojekte im Hinblick auf mögliche Bombenfunde vorbereitet und begleitet, um die größtmögliche Sicherheit für die bremische Bevölkerung zu gewährleisten?
Gibt es Erkenntnisse, gezählt oder geschätzt, wie viele Bomben im Zweiten Weltkrieg auf Bremen geworfen worden sind? Kann man einschätzen, wie viele davon Blindgänger gewesen sind?
Herr Senator, ist es richtig, dass nur Bauland sondiert wird und eine weitere präventive Suche und Auswertung der Luftbilder nicht stattfindet?
Wie sehen Sie Bremen im Benchmark mit anderen Stadtstaaten bezüglich der Technik und des Fachpersonals?
Aber wir können doch schon sagen, dass wir gut aufgestellt sind?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute befassen wir uns zum zweiten Mal in der Legislaturperiode mit einem Thema, das in den letzten Jahren deutschlandweit verstärkt an Aufmerksamkeit gewonnen hat. Der Se––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nat hat der Bürgerschaft den ersten Bericht zur Situation der Kulturwirtschaft in Bremen vorgelegt und gibt damit Einblick in einen Sektor, der auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine hohe Dynamik aufweist. Der Bericht macht vieles deutlich, was wir bereits aus anderen Untersuchungen zur Kulturwirtschaft kennen. Dieser Sektor hat sowohl bei der Zahl der Unternehmen als auch beim Umsatz in den letzten Jahren ein beeindruckendes Wachstum hinter sich.
Wenn man sich die Diskussion über das Thema Kulturwirtschaft in anderen Ländern und im Bund anschaut, merkt man schnell, dass hier große Hoffnungen auf dem Bereich liegen. Dabei darf man aber nicht vergessen, und das macht auch der Bericht deutlich, dass es sich oft um sehr kleine Unternehmen oder Freiberufler mit meist unregelmäßigen und vergleichsweise geringen Einkommen handelt. Vor allem die Künstler mit einem durchschnittlichen Einkommen von weniger als 14 000 Euro pro Jahr befinden sich hier am unteren Ende der Skala und sind nicht selten auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen.
Wir haben es hier also mit einem sehr speziellen Wirtschaftsfaktor zu tun, der sehr vielfältig ist und nur schlecht mit anderen Branchen verglichen werden kann. Der Bericht zeigt, dass in Bremen wie in anderen Ländern auch, die Software- und Spieleindustrie am stärksten vertreten ist. Diese hat in den letzten Jahren ein beeindruckendes Wachstum hingelegt. Mittlerweile erzielt diese Branche allein Umsätze, welche die Filmwirtschaft in den Schatten stellen. Budgets in Millionenhöhe sind für die Entwicklung von einzelnen Computerspielen mittlerweile keine Seltenheit mehr. Das ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie sich technischer Fortschritt und Kreativität erfolgreich verbinden lassen.
Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)
Es gibt aber auch Bereiche, denen die technische Entwicklung sehr zugesetzt hat. Da fällt einem zuallererst die Musikbranche ein, die sich bis heute nicht von den Umsatzeinbrüchen infolge illegaler Musikdownloads aus dem Internet erholt hat. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob es den Verlagen und den Printmedien ebenso ergehen wird. Sollte sich zum Beispiel das elektronische Buch beim Verbraucher durchsetzen, wird das im Verlagswesen und bestimmt auch bei den Bibliotheken zu drastischen Veränderungen führen. Wenn man sich die Auflagenzahlen der Zeitungen anschaut, erkennt man auch hier, dass der Trend langsam, aber sicher von der klassischen Tageszeitung weggeht. Auch hier ist also Kreativität gefragt, wenn es darum geht, neue Wege der Vermarktung und des Vertriebs zu finden.
In Bremen haben wir auch wegen unserer Eigenschaft als Stadtstaat ein großes Potenzial an Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft. Mit der
Hochschule für Künste haben wir eine überregional anerkannte, hervorragende Ausbildungsstätte.
Wir haben viele Kultureinrichtungen, in deren Umfeld sich kreative Unternehmen angesiedelt haben und die auch für den Tourismus von hoher Bedeutung sind.
Einer der großen Vorteile dieser Branche ist auch die hohe Wertschöpfungsrate vor Ort. Anders als bei Produktionsbetrieben kann man hier also nicht einfach ins Ausland verlagern. Eine Branche mit so vielen Besonderheiten braucht auch besondere Fördermaßnahmen. Kleinkredite oder spezielle Beratungsangebote wie die Agentur der Ideenlotsen sind hier der richtige Weg.
Im Gegensatz zu anderen Bereichen kann man hier mit wenig Aufwand viel erreichen. Oft reicht eine kleine Anschubfinanzierung für die Ausstattung mit einem Büro und Computer. Bremen ist hier auf einem guten Weg, vor allem die Überseestadt mit der HfK als Zentrum ist der Ort, an dem sich viele neue Unternehmen ansiedeln, und auch für kulturelle Zwischennutzungen bietet sich dieses Areal an. Wir dürfen auch nicht den Fehler machen, die Wirkung der Kreativbranche auf andere Bereiche der Wirtschaft zu unterschätzen. Als Beispiel wird oft die Firma Apple genannt, die mit ihren Produkten die gesamte Unterhaltungsindustrie aufgemischt hat. Man muss so weit aber gar nicht gehen, denn auch kleine und bodenständige Betriebe, wie zum Beispiel Gastronomen, können durch etwas kreativen Input sehr viel gewinnen, indem sie sich von der Masse der Angebote absetzen.
Man muss aber bei aller Wertschätzung aufpassen, dass man in der Politik die Entwicklung der Kulturwirtschaft nicht als vorübergehende Mode oder Wunderpille begreift, wie das ja schon bei einigen Trends in der Vergangenheit der Fall war. Kulturwirtschaft ist eine Antwort auf den Strukturwandel und hat heute eine wichtige Rolle in der wirtschaftlichen Struktur einer Großstadt, sie kann aber nicht das Wegbrechen von anderen Branchen komplett ersetzen, allein schon wegen des hohen Anteils von niedrigen und unregelmäßigen Einkommen.
Aufholbedarf besteht auch noch in Bremerhaven. Das zeigt auch der vorliegende Bericht. Ich komme zum Schluss: Mit dem Bau von Projekten wie dem
Auswandererhaus und dem Klimahaus wurden zwar wichtige Leuchttürme geschaffen, es fehlt aber noch die Verankerung in der Breite der Stadt. Dem sollten wir in Zukunft verstärkt Aufmerksamkeit widmen.
Letztlich ist eine kreative Atmosphäre in einer Stadt auch ein Stück Lebensqualität. Klassische Kulturangebote und Kreativwirtschaft arbeiten nicht getrennt, sondern profitieren voneinander. Auch das müssen wir in unserer zukünftigen Kulturpolitik verstärkt im Auge haben. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wundere mich gerade ein bisschen, den so viel Transparenz, wie wir seit 2007 mit Rot-Grün haben, haben wir, glaube ich, lange nicht mehr gehabt.
Das, was sie für Jurys fordern, haben wir 2007 zum ersten Mal mit den Projektmitteln eingeführt. Wir haben Fachjurys, die das alles bewerten, die über den ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ganzen Einsatz der Gelder auch mit Fachleuten sprechen, wie was wo gemacht wird. Ich wundere mich sehr, aber ich wundere mich auch über die ganze Große Anfrage, die Sie an den Senat gestellt haben. Es hat mich zugegebenermaßen erst einmal überrascht, aber nicht überrascht, weil damit etwa die Verfehlung des Senats oder sonstige Probleme behandelt werden, sondern, weil Sie im Grunde nur eine Liste längst bekannter Zahlen fordern. Da wird in allen Details die gesamte öffentliche Finanzierung der Bremer Kulturszene abgefragt, als ob die CDU nicht selbst in der Kulturdeputation vertreten wäre und dort auch über alle finanziellen Fragen informiert wäre.
Wenn Sie, liebe CDU, sich also Ihre Unterlagen aus Ihrem Archiv genommen hätten, wäre es für Ihre eigenen Mitarbeiter überhaupt kein Problem gewesen, die meisten der gestellten Fragen selbst zu beantworten. Solch eine Fleißarbeit lässt man aber natürlich gern vom Senat erledigen. Klar, eine derartige Übersicht ist schön praktisch, da hat man alles auf einen Blick, und insofern ist diese Anfrage schon von einem gewissen Nutzen. Natürlich ist es auch Ihre Aufgabe als Opposition, das Handeln des Senats und der Koalitionsfraktionen kritisch zu überwachen. Sie wissen aber ebenso gut wie wir, dass wir uns im Rahmen der gemeinsam vereinbarten Schuldenbremse dazu verpflichtet haben, unseren Haushalt bis zum Jahr 2020 auszugleichen, daran müssen sich alle beteiligen, auch das Kulturressort. Für das Jahr 2011 muss Kultur einen Betrag von 400 000 Euro einsparen. Das ist kein Pappenstiel! Wir gehen hier keineswegs mit dem Rasenmäher heran, sondern versuchen möglichst wenig Beeinträchtigungen für die Bremer Kulturszene vorzugeben.
Die geplanten Einsparungen beim Musikfest sind richtig. Bremen unterstützt das Musikfestival bisher mit 700 000 Euro pro Jahr. Das ist kein kleiner Betrag, sondern für einen solch kleinen Etat wie Kultur eine ordentliche Summe. Gleichzeitig findet die Hälfte der Angebote und Konzerte überhaupt nicht in Bremen, sondern im Umland statt. Ich denke, vor diesem Hintergrund darf man zumindest die Frage nach einer Beteiligung unserer Partner in der Metropolregion stellen.
Wir werden uns im Rahmen der Beratungen über die Haushalte 2012 und 2013 sorgfältig überlegen, wie der weitere Kurs in der Bremer Kulturpolitik aussehen wird. Die Steuerschätzung hat gezeigt, dass die nächsten Jahre nicht einfach werden. Über die Gründe dafür und die steuerlichen Wunschträume einiger Leute auf Bundesebene möchte ich gar nichts weiter sagen, darüber haben wir auch hier schon oft debattiert. Sie werden aber ganz sicher nicht erleben, Herr Kau, dass wir hier schon einmal im vorauseilendem Gehorsam mit der Abrissbirne durch die
Stadt fahren und wahllos Kultureinrichtungen oder Initiativen einstampfen.
Im Übrigen haben Sie sich mit konkreten Einsparvorschlägen im Kulturbereich bisher vornehm zurückgehalten. Sie fordern von uns ein Konzept, verraten aber selbst nicht, wo Sie den Hebel ansetzen würden. Sagen Sie uns doch, welches Museum, welche Initiative oder welches Theater ist für die CDU überflüssig und kann geschlossen werden?
Herr Kau und Herr Rohmeyer haben in der Kulturdeputation zu unseren Vorschlägen zu Kürzungen gesagt, das ist mutlos, was wir da tun mit den 150 000 Euro. Man darf also gespannt sein auf das Wahlprogramm ihrer Partei. Eines steht fest, wir werden nicht von oben herab irgendwelche Kürzungen verordnen.
Nein! Herr Rohmeyer kann gern nach oben kommen und etwas sagen.
Gemeinsam mit den Einrichtungen werden wir nach Wegen suchen, wie man Doppelstrukturen abbauen und unnötige Abläufe vermeiden kann. Teure Eventkultur wird es mit uns auch nicht mehr geben. Insofern ist auch der Ausstieg aus der Finanzierung des Musicals richtig.
In Ihrem Konzeptpapier aus der letzten Woche haben Sie einige Vorschläge gemacht. Übrigens finde ich es gut, und das möchte ich an dieser Stelle auch einmal ausdrücklich erwähnen, dass die CDU auch einmal inhaltliche Vorschläge im Kulturbereich macht. Was aber die Betroffenen selbst von Ihren Vorschlägen halten, konnten wir dann in den letzten Tagen der Presse entnehmen, nämlich relativ wenig.
Es macht relativ wenig Sinn, zwei Theater unterschiedlicher Größe mit unterschiedlicher Ausrichtung fusionieren zu wollen. Außerdem würde das Pendeln des Personals zusätzliche Kosten und mehr Aufwand verursachen, die man durch das Einsparen einer Intendantenstelle bei Weitem nicht wieder hereinbekommen würde. Das Gleiche gilt für die Volkshochschule. Auch Ihre Vorschläge im Bereich kultureller Bildung, wie jedem Kind ein Instrument oder kostenfreier Eintritt für Jugendliche, klingen nur im ersten Moment gut. Davon abgesehen, dass die beiden Programme natürlich auch erst einmal Geld kosten und
Sie die Finanzierung verschweigen, ist auch der Nutzen fragwürdig. Solche Programme werden hauptsächlich von Menschen wahrgenommen, die ohnehin oft ins Museum gehen oder Kultur nutzen. Sie sparen dann eben den Eintritt beziehungsweise die Eltern das Geld für das Instrument des Kindes. Damit werden aber keine neuen Kulturnutzer gewonnen.
Außerdem ist es ja nicht so, dass wir solche Angebote in Bremen nicht schon längt hätten. Ich erinnere nur hier an die Musikwerkstatt der Bremer Philharmoniker. Viele Museen haben außerdem stark ermäßigte Eintrittspreise für Jugendliche. Kinder haben in der Regel sogar freien Eintritt. Konstruktive Vorschläge der CDU sind uns immer willkommen. Vorgezogener Wahlkampf gegen die Person unseres Kultursenators und Bürgermeisters ist aber durchschaubar, auch für die Kulturschaffenden.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Die CDU hat sich in den vergangenen Jahren im Kulturressort nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Ich will hier gar nicht die Liste Ihrer Kultursenatoren vorlesen. Wir werden unseren Weg aus Sanierung und verlässlicher Kulturförderung fortsetzen. Auch wenn die kommenden Jahre sicher nicht einfach werden, wollen wir unserer Kulturszene Planungssicherheit und immer einen fairen und offenen Umgang miteinander ermöglichen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute beschäftigen wir uns mit dem zweiten Versuch der CDU, in dieser Legislaturperiode die Sonntagsöffnung von Bibliotheken zu ermöglichen. Beim ersten Mal sollte der Senat zu einer Bundesratinitiative aufgefordert werden, heute soll das Gesetz über die Sonn- und Feiertage geändert werden. Wir haben in der Deputation für Kultur ausführlich über das Thema gesprochen und uns mehrheitlich gegen eine pauschale Öffnung der Bibliotheken an Sonntagen ausgesprochen.
Unsere Meinung hat sich seitdem nicht geändert. Ob wir die Sonntagsöffnung per Bundesrat oder hier per Landesrecht ermöglichen sollen, ist uns in der Sache egal. Wir Sozialdemokraten sind gegen eine weitere Aufweichung des Sonntags als arbeitsfreien Ruhetag.
Im zweiten Versuch wollen Sie nun eine Änderung des Bremischen Gesetzes über Sonn- und Feiertage, dass die Bibliotheken mit Videotheken gleichge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
stellt werden und somit auch sie an Sonntagen öffnen. Liebe CDU-Fraktion, selbst wenn wir inhaltlich keine Bedenken hätten, möchte ich einen kleinen Ausflug in die Vergangenheit machen. Diese bremische Sonderöffnung für Videotheken ist in der Großen Koalition gemacht worden, das war im Juni 2004, hier explizit von Herrn Eckhoff gefordert worden mit der Begründung, dass Videotheken ausschließlich inhabergeführte Bereiche sind und somit keine gewerblichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter davon betroffen sind. Deshalb haben sie die Sondergenehmigung bekommen, und das wurde auch so im Gesetz festgeschrieben. Das heißt, dass lediglich bei den Videotheken nur die Inhaber an Sonntagen ihre Videotheken öffnen dürfen. Ich glaube, dass Sie mir hier zustimmen werden, dass eine Bibliothek keine inhabergeführte Einrichtung ist und somit dieser Vergleich beziehungsweise die Gleichstellung im Gesetz nicht zu realisieren ist. Daraus folgt, dass wir auch diesen Antrag ablehnen werden. In Hessen hat die Mehrheit von CDU und FDP im Parlament eine solche Änderung bereits beschlossen.
Dazu komme ich gleich! Die SPD hat im Landtag dagegen gestimmt. Trotzdem gibt es innerhalb der SPD in den Bundesländern hier keine einheitliche Meinung, das will ich gar nicht verheimlichen. Bei der CDU ist das aber nicht anders. Außer Hessen hat nach meiner Kenntnis bisher kein anderes Bundesland eine solche Änderung beschlossen. Außerdem hätten Sie mit Ihrer Mehrheit auf Bundesebene jederzeit eine deutschlandweite Änderung des Bibliotheksgesetzes beschließen können. Auch das ist bisher nicht passiert, also scheint auch in Ihrer Partei auf Bundesebene das Bedürfnis nach einer solchen Initiative nicht allzu groß zu sein.
Gern können wir das Thema hier in der Bürgerschaft bis zum Ende der Legislaturperiode bei jeder Sitzung aufrufen und diskutieren. Unsere Meinung dazu wird sich aber in der jetzigen Gesetzeslage nicht ändern. Wir haben uns hier in Bremen auf das sogenannte Vier-plus-zwei-Modell geeinigt, das heißt, die Stadtbibliothek hat die Möglichkeit, an vier Sonntagen die Zentralbibliothek und an zwei Sonntagen in den Zweigstellen zu öffnen. Das ist eine freiwillige Vereinbarung mit der Belegschaft. Darauf haben wir viel Wert gelegt. Die Öffnungen finden im Rahmen von Festen wie dem Freimarkt oder dem Viertel-Fest statt und werden da auch gut angenommen. Es ist aber keineswegs sicher, dass es auch an normalen Sonntagen zu solch guten Besucherzahlen kommen würde. Wenn man Bibliotheken sonntags öffnet, ist das auch mit höheren Kosten verbunden, schließlich möchte
die Belegschaft ihre zusätzliche Arbeitszeit auch bezahlt bekommen. Ich glaube, Sie stimmen mir zu, Herr Kau, da auch Sie mit mir im Betriebsausschuss der Stadtbibliothek sind – das haben Sie ja eben noch einmal dargestellt –, dass wir nicht mehr Personal bekommen werden, und das würde womöglich an anderen Tagen zu verringerten Öffnungszeiten führen. Solch eine Politik wäre ich nicht bereit zu vertreten!
In wissenschaftlichen Bibliotheken besteht schon heute die Möglichkeit der Sonntagsöffnung. Darauf haben Sie in Ihrem ersten Antrag schon hingewiesen. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied zwischen wissenschaftlichen und normalen Bibliotheken. Viele wissenschaftliche Bibliotheken sind Präsenzbibliotheken. Das heißt, man kann die Bücher nicht ausleihen, sondern nur vor Ort lesen. Eine Sonntagsöffnung hat hier also durchaus ihren Sinn. In der Stadtbibliothek kann ich aber die Bücher mit nach Hause nehmen und dann gern auch sonntags lesen. Zudem verfügt die Stadtbibliothek in Bremen über ein hervorragendes Online-Angebot, wo Sie mittlerweile auch von zu Hause viele Medien rund um die Uhr an 24 Stunden, egal an welchem Tag, ausleihen können. Das ist auch genau der Grund, warum andere kulturelle Einrichtungen wie Museen sonntags öffnen dürfen. Deren Bestände kann ich nur im Museum selbst anschauen, genauso ist es bei Theatern, Kinos oder Bibliotheken.
Der momentane Zeitgeist ist ein anderer, das ist uns bewusst. Der Trend geht hin zu einer durchgehenden Öffnung an 24 Stunden an 7 Tagen der Woche. Mit der Änderung des Ladenschlussgesetzes haben wir auch hier in Bremen dieser Entwicklung Rechnung getragen. Das ist uns in der SPD nicht leichtgefallen. Umso weniger wollen wir in einem weiteren Bereich jetzt auch noch den Sonntag angreifen.
Ich komme zum Schluss! Wir bewegen uns hier in der jetzigen gesetzlichen Lage. Ich habe Ihnen erläutert, wieso wir die beiden Anträge der CDU ablehnen werden, weil es uns mit dem derzeitigen Arbeitsschutzgesetz nämlich nicht möglich ist, diesen Anträgen zuzustimmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Hamburg hat eine Bundesratsinitiative gestartet, und wir werden hier die Türen zur Sonntagsöffnung nicht vollkommen schließen. Wir werden aufmerksam den weiteren Verlauf dieses Themas auf Bundesebene verfolgen. Wenn irgendwann eine solche bundesgesetzliche Regelung kommt, können und werden wir uns dem selbstverständlich nicht verschließen.
Wir wollen hier in Bremen aber nicht zu denen gehören, die den Stein ins Rollen gebracht haben. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich beim ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Senat für die, wie ich finde, sehr gute Antwort auf unsere Anfrage zu den Auswirkungen des demografischen Wandels in der Kultur. Obwohl das Thema „demografischer Wandel“ seit einigen Jahren immer wieder diskutiert und auch hier in unserem Haus debattiert wurde, sind hier einige neue Vorhersagen enthalten, die eben speziell den Kulturbereich betreffen.
Natürlich kann man die Antwort auf die Frage, wie sich die kulturelle Landschaft oder die geschmacklichen Vorlieben der Menschen entwickeln werden, nicht exakt vorhersagen. Generell von einer kleiner werdenden Nachfrage auszugehen und deshalb einen Rückbau von Kulturangeboten zu fordern kann aber nicht das Ziel bremischer Kulturpolitik sein.
Wenn zum Beispiel die Stadtbibliothek 25 Prozent ihrer Nutzerausweise an Kinder und Jugendliche ausgibt, kann man sich die Folgen einer Schrumpfung dieser Altersgruppe selbst ausrechnen. Die Neigung, Kulturangebote zu nutzen, entsteht in den ersten Lebensjahren, dies ist hier nicht anders als in anderen Bereichen. Jemand, der als Kind nie im Museum war, keine Theateraufführung besucht hat oder nie ein Instrument in der Hand hatte, wird das auch als Erwachsener nur selten tun. Es ist also klar, worauf auch in Zukunft ein Schwerpunkt der Kulturförderung liegen muss.
Damit meine ich nicht nur spezielle Projekte oder Angebote wie zum Beispiel das erfolgreiche Stück „Gegen die Wand“ des Bremer Theaters. Warum nicht einmal einen Museumsdirektor oder einen Intendanten mit Migrationshintergrund? Erst wenn wir Kultur von und für Migranten nicht mehr als gelungene Maßnahme der Integration, sondern wegen ihrer künstlerischen Leistung feiern, werden wir am Ziel angekommen sein.
Wir können uns also darauf einstellen, dass man bestimmten Altersgruppen nicht mehr so einfach bestimmte kulturelle Vorlieben unterstellen kann oder diese entsprechend nachgefragt werden. Darauf werden sich natürlich vor allem die Kulturschaffenden selbst einstellen müssen. Aber auch von politischer Seite kann es nicht schaden, diese Entwicklung im Auge zu behalten, denn es wird ganz besonders die Altersgruppe der sogenannten jungen Alten sein, die zukünftig einen großen Teil der kulturellen Angebote wahrnehmen wird. Das ist keine aus der Luft gegriffene Prognose, sondern schon heute so. Die über Sechzigjährigen geben schon heute überdurchschnittlich viel für Kultur aus. Wenn diese Zielgruppe also
in Zukunft zahlenmäßig größer wird, könnten sich einige Einrichtungen auf mehr Zuspruch einstellen.
Eine wichtige Voraussetzung ist deshalb auch der möglichst ungehinderte Zugang zu Kultur für alle Bevölkerungsschichten, heutzutage auch immer gern als Barrierefreiheit bezeichnet. Viele unserer Einrichtungen bieten bereits heute Ermäßigungen für zahlreiche Zielgruppen an. Wir möchten das in Zukunft ausbauen, vereinfachen und stärker bekannt machen, denn niemand soll vom Bremer Kulturleben ausgeschlossen bleiben, weil er oder sie es sich finanziell nicht leisten kann.
Ganz nebenbei sorgt das auch für eine höhere Auslastung und somit auch für die notwendige Akzeptanz unserer Einrichtungen. Mit unserer Großen Anfrage wollten wir eine Diskussion über das Thema als solches anregen, ohne daraus bereits fertige Schlussfolgerungen ableiten zu können. Damit folgen wir auch einer Empfehlung der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ des Bundestages, die den Ländern die Auseinandersetzung mit diesem Thema nahegelegt hat. Wenn ich richtig informiert bin, sind wir bisher der einzige Landtag, der dieser Empfehlung gefolgt ist.
Mit unserem vorliegenden Antrag möchten wir dem Senat unsere Ideen einer Kulturpolitik im gesellschaftlichen Wandel mit auf den Weg geben. Auf ausformulierte Vorgaben wie zum Beispiel „bitte hier kürzen“, „dort Geldleistungen erhöhen“, haben wir bewusst verzichtet, da wir uns nicht anmaßen, genau zu wissen, wie hier im Jahr 2020 im Kulturbereich die Uhr tickt, da dies immer wieder den gesellschaftlichen Bedürfnissen angepasst werden muss. Wichtig ist uns aber die Einbindung aller Bevölkerungsschichten, insbesondere der Migranten in den Bereich der Kultur, da wir hier noch großen Nachholbedarf haben.
Ein kleiner Kritikpunkt vielleicht: Die Antwort des Senats hat neben vielen guten inhaltlichen Stellungnahmen auch gezeigt, dass es hinsichtlich der statistischen Erfassung der Nutzung unserer Kultureinrichtungen nur wenig konkretes Zahlenmaterial gibt. Für die Zukunft wäre es vielleicht sinnvoll, sich einmal genauer anzuschauen, wie die einzelnen Besucherstrukturen unserer Kultureinrichtungen sind. Das muss keine fortlaufende Maßnahme sein, auch eine stichprobenartige Untersuchung kann da gute Erkenntnisse liefern und den kulturpolitisch Verantwortlichen bei ihrer Arbeit helfen.
Unser übergeordnetes kulturpolitisches Ziel bleibt jedenfalls auch in Zukunft mit oder ohne demogra
fischen Wandel dasselbe: eine vielfältige, bunte Kulturlandschaft, die allen Bremerinnen und Bremern offensteht! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Imhoff, vorab erst einmal meine Hochachtung! Das war ganz großes Kino!
Ich meine es ernst! Ich möchte sagen, dass ich der CDU sehr dankbar bin, dass sie dieses Thema mit einem Antrag in das Parlament geholt hat, denn Sprache ist auch ein Mittel zur Identitätswahrung, die auch mich als Menschen mit Migrationshintergrund begleitet hat. Ich kann leider nicht mit einer flüssigen Rede wie Herr Imhoff dienen, ich mache es auf Hochdeutsch, denke aber, das ist erst einmal nicht so schlimm.
Meine Damen und Herren, die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen ist ein Thema, dem sich Europa seit beinahe 20 Jahren verstärkt gewidmet hat; zu Recht, denn diese gehören zum kulturellen Erbe und seinen Menschen. Deutschland ist der entsprechenden europäischen Charta vor 16 Jahren beigetreten und hat sich damit verpflichtet, seine Sprachen zu schützen und zu fördern.
Wir müssen hier im Hause aber eingestehen, dass wir das Thema in der Vergangenheit vernachlässigt haben. Zwar haben wir mit dem Institut für niederdeutsche Sprache eine gut arbeitende und wertvolle Einrichtung, die sich mit allen Belangen des Plattdeutschen befasst, darüber hinaus hat sich die bremische Politik, wenn überhaupt, nur am Rande damit beschäftigt. Leider, und das kann man wohl auch ohne aufwendigen Monitoringbericht sagen, hat Plattdeutsch im Alltag der meisten Bremer keinen Platz mehr. Bei einer Umfrage des Instituts für niederdeutsche Sprache gaben nur 14 Prozent der Befragten an, sehr gut oder gut plattdeutsch sprechen zu können. Da mag auch noch das eine oder andere Prozent Selbstüberschätzung eine Rolle spielen, denn wenn man allein hier im Parlament eine solche Umfrage machen würde, erhielte man vermutlich sogar ein schlechteres Bild.
Verglichen mit der weiten Verbreitung aus frühen Zeiten ist dies jedoch besorgniserregend. Nicht umsonst wird Plattdeutsch von der UNESCO bereits als bedrohte Sprache geführt. Wenn Platt in seltenen Fällen einmal öffentlich verwendet wird, hat ––––––– *) Vom Redner nicht überpürft.
das oft einen humorvollen, gemütlichen Charakter. Da wird dann zur Auflockerung noch ein heiteres Zitat oder Sprichwort in die Rede eingebaut. Der ernste Teil wird aber doch lieber auf Hochdeutsch behandelt. Woran es nun liegt, dass Plattdeutsch oft nicht mit dem nötigen Ernst betrachtet wird, hat vermutlich mehrere Gründe.
Ich denke, es liegt vor allem daran, dass die meisten Menschen Plattdeutsch eher als eine Art seltsamen Dialekt abtun und sich der Bedeutung dieser Regionalsprache nicht bewusst sind. Natürlich haben wir es hier auch nicht mit einer regionalen Minderheitensprache wie dem Sorbischen in Sachsen oder dem Dänischen in Schleswig-Holstein zu tun. Plattdeutsch war einmal die Sprache der Mehrheit. Das könnte auch ein Grund dafür sein, weshalb man die besondere Schutznotwendigkeit erst spät erkannt hat.
Man könnte aber durchaus mehr machen. Radio Bremen bietet regelmäßig Nachrichten auf Plattdeutsch an. Andere Maßnahmen hat auch die CDU in ihrem Antrag aufgeführt: Unterricht in der Schule, Angebote im Kulturbereich, Sendungen im Rundfunk oder Stadtteilschilder auf Plattdeutsch. Bedrohte Sprachen wie das Platt müssen aktiv gefördert werden. Hier reicht es nicht, auf selbsttätige Bewegungen oder Angebote zu hoffen. Dann könnten unsere Nachfolger hier in 30 oder 40 Jahren die Gründung eines Plattdeutschmuseums beschließen.
So sinnvoll der CDU-Antrag in seiner Intention ist, so sollten wir ohne genaues Hintergrundwissen nicht vorschnell handeln. Zunächst sollte der Bericht der Sachverständigen, der auch im Antrag erwähnt ist, abgewartet werden. Auf der Grundlage der Empfehlungen der Experten müssen wir diese dann in den darauffolgenden Haushalten abbilden. Klar ist auf jeden Fall, dass wir auch die Kooperation mit unseren norddeutschen Nachbarländern intensivieren müssen. Platt wird schließlich nicht nur in Bremen, sondern in weiten Teilen Norddeutschlands und den Niederlanden gesprochen.
Eine Überweisung an die Kulturdeputation als zuständige Fachdeputation ist zunächst der richtige Weg, um sich des Themas weiter anzunehmen. In diesem Gremium kann dann über die Ergebnisse des Berichts beraten und können entsprechende Empfehlungen formuliert werden. Es wäre der Sache aber sicher nicht dienlich, wenn wir der CDU folgend hier im Plenum einmal im Jahr einen Zwang zum Plattdeutschen einführen würden. Niemand darf gezwungen werden, seine Sprache aufzugeben oder nicht zu sprechen. Genauso wenig darf aber niemand dazu verpflichtet werden, eine Sprache zu sprechen, die er oder sie nicht beherrscht.
Alle Parlamentarier hier haben jederzeit die Gelegenheit, ihre Beiträge auf Plattdeutsch zu hal
ten – Herr Imhoff, Sie haben es gerade wunderschön vorgeführt –, und zwar nicht nur zum Thema Plattdeutsch, sondern immer. Wenn Sie, vielleicht noch mit den zwei oder drei Abgeordneten zusammen, Platt flüssig beherrschen, eine Debatte führen und der Rest außen vor bleibt, nützt das dem Erhalt der Sprache kein bisschen.
Wir müssen auch hier aufpassen, dass wir die Ernsthaftigkeit des Themas nicht aus den Augen verlieren. Nur zu leicht rutscht man dann wieder in die folkloristische Ebene ab. Der Gebrauch einer Sprache lässt sich nicht verordnen, nur fördern. Wenn dies von der breiten Masse nicht angenommen wird, bleibt uns auch letztlich nichts übrig, als dies hinzunehmen. Zumindest wir im Parlament sollten aber einen ordentlichen Umgang mit dieser Sprache und ihren Sprecherinnen und Sprechern pflegen. Dafür brauchen wir keine Selbstverpflichtung, nur ein wenig Respekt, das ist alles! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Seien wir ehrlich: Die Kultur- und Kreativwirtschaft wurde und wird immer noch von den meisten unterschätzt. Sie wird in der öffentlichen Wahrnehmung, wenn überhaupt, auf ein Museum hier und da, ein paar Künstler, die kaum von ihrer Arbeit leben können, oder vielleicht noch auf eine kleine Werbeagentur in einem schicken Loft reduziert.
Manche Einrichtungen wie etwa das Theater erfahren zwar eine breite Zustimmung in der Stadt und im Umland und werden als unverzichtbarer Teil Bre––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
mens angesehen, dennoch haftet auch an ihnen nur allzu oft das Stigma eines reinen Zuschussunternehmens. Wenn das Musikfest oder die Breminale stattfinden, ist das ganz schön, dann hat man ein paar Einnahmen für die Hoteliers und die Gastronomie mit dazu. Andere sagen, Kulturwirtschaft ist ein Widerspruch in sich; Kultur und Kreativität müssen kulturellen und ästhetischen Zielen folgen und können und dürfen nicht den Vorgaben des Marktes unterworfen sein. Das ist eine Ansicht, die man respektieren, aber nicht teilen muss.
Denn die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Die Kulturwirtschaft erreicht eine Bruttowertschöpfung, die sich in der Größenordnung der deutschen Energiewirtschaft bewegt. Wenn man dazu noch die Kreativwirtschaft, also die Werbe- und Softwareindustrie, hinzuzählt, übertrifft dies sogar die deutsche Chemiebranche. Dies ist umso eindrucksvoller, wenn man bedenkt, dass die öffentlich geförderten Betriebe hier noch gar nicht berücksichtigt sind. International und auch zwischen den Bundesländern ist immer noch nicht genau geklärt, wie man denn Kulturwirtschaft genau definieren solle.
Dennoch herrscht auch über Parteigrenzen hinweg Einigkeit darüber, dass dieser Bereich zukünftig stärkerer politischer Begleitung bedarf. Hier handelt es sich nun einmal nicht um einen einfach einzugrenzenden Sektor wie zum Beispiel die Automobilbranche mit einigen wenigen großen Unternehmen, Fabriken und großzügigen Vorstandsetagen und -bezügen. Hier gibt es oft kein greif- und sichtbares Endprodukt, das sich statistisch erfassen oder exportieren lässt. Wenn wir von der Kulturwirtschaft sprechen, meinen wir im Durchschnitt zumeist sehr kleinteilige Unternehmen mit vier, fünf Mitarbeitern und einer großen Zahl von Freiberuflern und Selbstständigen.
Darüber hinaus vermischt sich hier oft teilweise privates und öffentliches Interesse. Das heißt, die Unternehmen haben unterschiedliche Grade der Selbsterwirtschaftung und bestreiten einen Teil ihrer Einnahmen durch öffentliche Zuschüsse. Das heißt auch, dass herkömmliche Wirtschaftsförderung hier oft fehl am Platze ist. Ein kleines Unternehmen der Kulturbranche braucht keine millionenschweren Kredite, keine großen Fertigungszahlen oder Infrastrukturmaßnahmen. Hier sind kleine aber gezielte Förderinstrumente und Hilfen gefragt, die für sich genommen kein großes Volumen haben müssen, aber in der Summe sehr viel bewirken können.
Häufig ist es auch nicht Geld, das benötigt wird, sondern Hilfestellung und Beratung, etwa bei der Existenzgründung oder Betriebsführung. Die gewohnte Form der sozialen Absicherung muss auch angepasst werden, denn hier haben wir es oft mit schwankenden oder gar ausbleibenden Einkommen zu tun.
Man könnte nun die Frage stellen: Was bringt das alles, warum sollte man gerade hier stärker aktiv werden? Die Ersten, die darauf eine Antwort geben könnten, sind die Arbeitsmarktpolitiker. Hier lässt sich nämlich mit wenig Förderung viel bewirken. Zudem sind die Unternehmen und ihre Arbeitsplätze in hohem Maße standortgebunden. Die Produktionen des Bremer Theaters lassen sich aus Kostengründen nicht auslagern. Genauso würden die Musikfreunde protestieren, wenn das Konzert ihrer Lieblingsband in China statt im Kulturzentrum Schlachthof stattfinden würde.
Zudem handelt es sich um einen Sektor mit einem sehr hohen Anteil an gut qualifizierten Menschen. Ungefähr 40 Prozent der Erwerbstätigen hat hier einen Hochschulabschluss und das nicht nur aus den sogenannten weichen Fächern wie den Geistes- und Sozialwissenschaften, sondern es sind eben auch Betriebswirte und Juristen. Gern wird die Kulturwirtschaft auch als weicher Standortfaktor bezeichnet. Es wird argumentiert, dass sich Unternehmen und gut qualifiziertes Personal auch mit einem guten kulturellen Angebot anwerben lassen. Dies ist konkret bisher kaum untersucht worden, zu Unrecht, wie ich finde. Wie viele Touristen würden sich noch nach Bremen verirren, wenn wir hier nicht ein reichhaltiges kulturelles Angebot hätten?
Bei allem Respekt vor den Leistungen der Wirtschaftsförderer, aber die Menschen kommen nicht aus ganz Europa hierher wegen einer starken Logistikbranche oder einem ausgeprägten Profil bei der Umwelttechnologie.
Was einen Touristen und die Menschen, die hier leben, bei einer Stadt konkret anzieht, lässt sich oft nur schwer in Worte fassen, womit wir wieder beim Kern des Problems wären. Kultur bringt Farbe in eine Stadt, macht sie überhaupt lebenswert und sexy, wie es ein Parteigenosse aus einer bekannten Großstadt formulierte. Dies kann man in keiner offiziellen Statistik abbilden, ist aber trotzdem unbezahlbar.
Viele Städte und Länder haben bereits erkannt, dass die Kulturwirtschaft eine Antwort auf den Strukturwandel sein kann, aber zugleich ebenso von ihm betroffen ist. Insbesondere die Musik- und Filmwirtschaft, aber auch die Verlage mussten in den vergangenen Jahren Umsatzeinbußen hinnehmen. Das Internet und die immer größer und billiger werdenden Speicherkapazitäten haben das Konsumverhalten stark verändert, leider auch in den Bereich der Illegalität hinein.
Das herkömmliche Urheberrecht ist hier in vielen Fällen wirkungslos. Für die Zukunft muss man sich Gedanken machen, ob es dies in der heutigen Form überhaupt noch geben wird. Hier sind neue Modelle der Verwertung notwendig, denn auch in Zukunft
müssen Kulturschaffende von ihrer Arbeit leben können. Auch hier gilt: Diejenigen, die kreativ handeln und auch einmal einen mutigen Schritt wagen, werden sich am wenigsten Sorgen machen müssen.
Hier in Bremen haben wir sehr gute Voraussetzungen, das Potenzial der Kulturwirtschaft optimal zu nutzen. Wir verfügen über viele Einrichtungen, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind. Die Hochschule für Künste zieht viele junge kreative Menschen in unsere Stadt.
Ich komme zum Schluss. Der Kulturwirtschaftsbericht soll nur der erste Schritt sein, um die besonderen Anforderungen dieser Branche besser zu verstehen und auch Möglichkeiten der Unterstützung zu verdeutlichen. Letztlich wird sich dies für uns alle auszahlen, und zwar nicht nur im finanziellen Sinne. – Vielen Dank!
Frau Staatsrätin, trifft es zu, dass sich diese neue Ausschreibung nachteilig auf das Reorganisationsverfahren auswirkt?
Ja, habe ich! Wie ist bitte der aktuelle Stand des Reorganisationsverfahrens?