Harald Schneider

Appearances

16/16 16/17 16/22 16/28 16/29 16/33 16/35 16/40 16/53 16/59 16/71 16/72 16/76 16/77 16/83 16/94 16/99 16/104 16/114 16/116 16/121 16/123 16/126 16/129

Last Statements

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Feuerwehr kann in der Werftstraße in Regensburg die Pumpen nicht aufstellen, die Schläuche nicht ausrollen, mit denen die Keller leer gepumpt werden sollen; Bereitschaftspolizisten müssen in Regensburg und Passau und anderen Hochwasser- und Katastrophengebieten die Straßen räumen und die Gaffer vertreiben, die die Rettungsarbeiten verhindern und behindern. Menschen stehen mit ihren Handys vor Wohnungen, in denen die Einwohner verzweifelt versuchen, ihre Habseligkeiten zu retten, fotografieren und filmen, stellen die Bilder ins Internet und locken damit noch mehr Schaulustige an. Ganz wagemutige Katastrophentouristen stellen sich für ein Erinnerungsfoto auf die überfluteten Deiche, um die Bilder zu Hause präsentieren zu können.
Das Hohe Haus hat sich bereits 1993, also vor 20 Jahren, mit diesem Problem auseinandergesetzt. Anlass für die damalige Diskussion waren die Gaffer bei Unfällen auf der Autobahn, die auf der Gegenfahr
bahn Bilder von Unfallstellen und Verletzten gefertigt haben.
Es kann nicht sein, dass Neugierige mit ihren Fahrzeugen die Zufahrtswege zuparken und somit die Retter behindern oder auch selbst nur aus Sensationslust an Unfallstellen und in Katastrophengebieten herumstehen. Aus diesem Grund habe ich auch Verständnis für die Forderung des Feuerwehrverbandes, der Polizei und des Roten Kreuzes nach höheren Strafen für Gaffer, Schaulustige und Katastrophentouristen.
Wir kennen ja verschiedene gesetzliche Normen – Kollege Fischer hat sie zum Teil angesprochen -, beispielsweise Artikel 10 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes. Darin wird den Katastrophenschutzbehörden die Möglichkeit eingeräumt, das Betreten der Katastrophenschutzgebiete zu verbieten, Personen des Platzes zu verweisen oder auch das gesamte Gebiet zu räumen, soweit die Polizei nicht zur Verfügung steht. Artikel 25 des Feuerwehrgesetzes räumt diese Möglichkeit den Führungsdienstgraden der Feuerwehr oder auch Mannschaftsdienstgraden ein, die beauftragt worden sind. Ein Betreten von Schadensstellen und der Umgebung kann verboten werden. Auch nach diesem Artikel sind Platzverweise möglich. Schließlich – das hat Kollege Fischer nicht erwähnt – muss Artikel 16 des Polizeiaufgabengesetzes angesprochen werden. Darin sind ebenfalls Platzverweise und Betretungsverbote durch die Polizei geregelt. Unseres Erachtens ist es durchaus sinnvoll, nach Abschluss der Maßnahmen, die jetzt noch in den Katastrophengebieten notwendig sind, den Dialog mit Polizei, Feuerwehr, THW und Rettungskräften zu suchen, um mit ihnen Möglichkeiten zu erörtern, wie diese untragbaren Situationen in Zukunft verhindert werden können.
Bei der Überprüfung, ob der bisher vorhandene Rechtsrahmen ausreicht oder weitere Maßnahmen notwendig sind, ist unseres Erachtens aber große Sensibilität gefragt. Insbesondere müssen neue Regelungen praktikabel und durchsetzbar sein. Bei Unfällen, großen Schadensereignissen und Katastrophen haben die eingesetzten Kräfte wahrlich wichtigere Aufgaben zu erfüllen, als zum Beispiel Bußgelder zu kassieren. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, inwiefern eine Bußgeldbewehrung in die einzelnen Rechtsnormen aufgenommen werden kann oder soll. Ferner müssen wir uns auch mit dem Gedanken vertraut machen, inwiefern Maßnahmen der Feuerwehren und Rettungskräfte auch mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden können.
Wir sind auf die Antworten gespannt. Den Rettungsund Hilfskräften muss in dieser Hinsicht geholfen werden. Wir stimmen dem Antrag zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland ist ein Paradies für Wohnungseinbrecher, titelte "Spiegel online" vor einigen Tagen. Dass Bayern bei diesem Phänomen am Ende der Skala liegt und wir noch relativ sicher leben, täuscht nicht darüber hinweg, dass auch bei uns die Zahl der Wohnungseinbrüche exorbitant gestiegen ist. Insofern liegt Bayern voll im Trend.
Von den 193.514 Diebstahlsdelikten in Bayern entfallen 11.230 auf Wohnungseinbrüche. Dies entspricht einer Zunahme um 5 % im Vergleich zum Jahr 2011. Erschreckend daran ist, dass die Aufklärungsquote seit vielen Jahren kontinuierlich nach unten geht und momentan bei 34,3 % liegt. 2003 lag die Aufklärungsquote noch bei über 41 %. Besonders erschreckend, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Umstand, dass die Zahl der Tageswohnungseinbrüche zwischen 6.00 Uhr und 21.00 Uhr sogar um 13,6 % zugenommen hat.
Grundsätzlich ist es ja erfreulich, dass Sie sich mit dem Problem der Wohnungseinbrüche auseinandersetzen, Kollege Thalhammer, Kollege Ländner. Aus diesem Grund stimmen wir dem Antrag natürlich zu. Die Formulierung aber, weiterhin entschieden gegen die steigende Anzahl von Wohnungseinbrüchen vorzugehen, fordert natürlich meinen Widerspruch heraus. Wir brauchen keinen runden Tisch, um das Problem zu bekämpfen. In der Vergangenheit waren die Polizeidienststellen in Bayern in der Lage, sogenannte Konzepteinsätze zu fahren. Zivilstreifen waren in den gefährdeten Bereichen und Stadtvierteln unterwegs, um ganz gezielt nach Einbrechern zu fahnden.
Frage ich heute einen Dienststellenleiter, Kollege Sinner, ob es diese Einsätze noch gibt, kommt die Antwort, die zugleich Frage ist: Mit wem soll ich diese Einsätze fahren? Es liegt also – es ist leider so, Kollege Ländner – an der mangelnden Präsenz der Polizei, dass die Einbrüche zunehmen. Werfen Sie bitte einen Blick auf eine Steckkarte der Münchner Polizei, die sehr gut Aufschluss darüber gibt, wo schwerpunktmäßig Wohnungseinbrüche stattfinden. Sie finden die meisten Nadeln mit den Einbruchsorten nicht in Bogenhausen und nicht in Grünwald. Warum nicht? – Weil dort die wohlhabenden Leute wohnen, die sich einen privaten Sicherheitsdienst leisten können, der
mehrmals am Tag durch das Stadtviertel patrouilliert und potenzielle Einbrecher abschreckt. So findet eine Verdrängung der Täter in weniger betuchte Stadtviertel statt. Dort ist vielleicht einmal am Tag ein Streifenwagen zu sehen, und das war es dann. Es kann nicht sein, Kolleginnen und Kollegen, dass es bei uns zukünftig nur Sicherheit für die Menschen gibt, die es sich leisten können, diese Sicherheit auch zu kaufen.
Es genügt keineswegs, sich mit Fachverbänden auseinanderzusetzen und Wissenschaft und Forschung sowie die Medien und Versicherungswirtschaft einzubeziehen. Es liegen bereits zig Veröffentlichungen der Hochschule der Polizei, des BKA und anderer Einrichtungen vor.
Sicherlich ist es richtig, die Bevölkerung stärker zu sensibilisieren. Die Bürger selbst müssen mehr für die Sicherheit ihrer Wohnungen tun. Sie aber, Herr Staatssekretär, sind in erster Linie gefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die Polizei ihre Arbeit ordentlich erledigen kann. Dazu gehört auch eine zügige Umsetzung der Empfehlung der Evaluierungskommission vom November letzten Jahres.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Minister, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich gebe zu: Meine Erwartungen an diese Regierungserklärung waren sehr hoch,
befasst sich die Bayerische Staatsregierung doch erstmals intensiv mit dem Problem der Internetkriminalität. "Toll", sagte ich mir, "endlich wird das Internet als Problem richtig wahrgenommen." Umso größer ist meine Enttäuschung: Hier wird nicht einmal mit Wasser gekocht. Nicht einmal ein Hauch von Innovation ist zu spüren.
Herr Minister, mich würde interessieren:
Wer hat Ihnen den Floh mit dem Cyber-Allianz-Zentrum ins Ohr gesetzt? Ich hoffe, er sitzt nicht hinter Ihnen. Wie konnten Sie zu der Einschätzung gelangen, dass dieses Zentrum gerade beim Landesamt für Verfassungsschutz gut angesiedelt wäre? Der Verfassungsschutz hat meines Erachtens völlig andere Aufgaben zu erfüllen, und das soll er ordentlich tun.
Zur Bekämpfung der Cyber-Kriminalität bedarf es Fachkompetenz; diese ist beim LKA angesiedelt. Es geht darum, das Vertrauen der Menschen, die durch Cyber-Kriminelle geschädigt wurden und von der Polizei Hilfe erwarten, wiederherzustellen.
Unter den Unternehmen ist dieses Vertrauen nicht sehr ausgeprägt; Sie selbst haben es angesprochen. Wenn von 1.000 Angriffen nur ein einziger angezeigt wird, spricht das doch Bände. Die Unternehmen helfen sich selbst. Sie geben nicht einmal zu, dass ihre Rechner gehackt wurden. Aus ganz Deutschland ist mir kein einziger Fall bekannt, dass eine Bank Anzeige bei der Polizei erstattet hätte, weil ihr Rechner gehackt wurde. Um es deutlich zu sagen: Die Bank geht auch nicht zum Verfassungsschutz, weil – hier liegt das Problem – sowohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht ausreichen als auch die ermittelnden Behörden nicht entsprechend ausgestattet sind. Was macht der Verfassungsschutz denn, wenn von Staats wegen, zum Beispiel aus Korea oder China,
Cyber-Angriffe gestartet werden? Nichts macht er, weil er nichts machen kann!
Herr Minister, Sie haben soeben ein Bild gezeichnet, das fast dem Idealbild einer professionellen und bestens ausgestatteten Polizei entspricht. Vielleicht nähern wir uns diesem Zustand ja an, wenn wir ab September regieren.
Die reale Situation stellt sich aber noch vollkommen anders dar.
Nur in einem Punkt muss ich Ihnen uneingeschränkt recht geben: Die Motivation der Kolleginnen und Kollegen, die gegen Kriminalität im Netz kämpfen, ist sehr hoch. Aber momentan ist es ein Kampf gegen Windmühlen, ein Fass ohne Boden.
Wer ständig das Gefühl hat, dass er systembedingt immer einen Schritt hinter dem Gegner herlaufen muss und dass das Problem der Cyber-Kriminalität verniedlicht und verharmlost wird, der verliert mit der Zeit die Motivation.
Aber es ist in der inneren Sicherheit immer so, dass Kriminalitätsphänomene an der Basis – sprich: bei den Dienststellen – auftauchen, dort als solche erkannt und über die Präsidien den Ministerien mitgeteilt werden. Erst dann macht sich die Ministerialbürokratie auf, denkt lang und länger nach und fängt mit dem Handeln an.
Den Bürger interessieren die 36.000 Angriffsversuche – täglich! – aus dem Internet auf das bayerische Behördennetz herzlich wenig. Ihm geht es um sein Geld, um das Geld, das er verliert. Ich will mit einem Beispiel beginnen: Ein Bürger, der im Internet von einem vermeintlichen Online-Händler bei einem Kauf abgezockt wird und dabei 1.000 Euro verliert, wendet sich vertrauensvoll an die nächste Polizeidienststelle. Dort hört er: "Kommen Sie doch morgen wieder. Der Kollege, der sich damit auskennt, hat heute frei." So passiert es laufend in vielen Dienststellen in Bayern. Vielleicht hat er sogar Glück und der Beamte, der sich auskennt, ist gerade in der Dienststelle anwesend. Dann hat er aber möglicherweise keinen Zugriff auf die zwei Internetrechner, die es auf der PI gibt, kann also Recherchearbeiten nicht durchführen. Das ist die Realität in Bayern, Herr Minister.
Wir brauchen schlicht und ergreifend mehr Rechner, die eine Internetberechtigung haben. Die Fahnder im K 3 oder in den RBAs wünschen sich auch Rechner, die nicht über die Firewall des LKA laufen, um bei der Fahnung auf gesperrte Seiten zugreifen zu können. Diese Stand-alone-Rechner sind offensichtlich Mangelware. Nur rund 25 % der Rechner auf einer Polizeiinspektion haben eine Internetberechtigung und laufen über die Firewall des Landeskriminalamtes – 25 % der Rechner. Herr Hampel, das sollte auch Sie interessieren; offensichtlich wissen Sie nämlich auch nicht, dass diese Rechner nicht vorhanden sind. Pro mittlerer Inspektion stehen im Schnitt zwei Stand-aloneRechner ohne Zugangsbeschränkung zur Verfügung.
Ich gebe aber zu: Die Probleme mit der Beschaffung von Software bei den entsprechenden Kommissariaten und bei regionalen Beweisauswertungen aus den vergangenen Jahren haben sich weitgehend gelöst. Auf die aktuellste Software kann zurückgegriffen werden. Eines fehlt aber wirklich: Ich appelliere an Sie, Herr Minister, sorgen Sie für genügend Internetzugänge auf den Dienststellen, damit ordentlich ermittelt werden kann.
Sie brauchen nicht vom bekannten Computerwurm Stuxnet zu sprechen, wenn wir nicht einmal in der Lage sind, mit den für den Bürger spürbaren Problemen im Internet zurechtzukommen.
Bayern ist weltweit als Wirtschaftsstandort attraktiv – Sie haben das betont, Herr Minister. Die Unternehmen, die sich hier ansiedeln, schätzen nicht nur die Sicherheit für ihre Mitarbeiter, sondern auch die Sicherheit der Standorte. Gerade für diese Unternehmen in Bayern ist es enorm wichtig, dass auch sie im Falle von Cyber-Attacken mit qualifizierter Hilfe von den Ermittlungsbehörden rechnen können.
Die Internetkriminalität wird sich zum Schlachtfeld des 21. Jahrhunderts entwickeln, stellte Internetexperte Joachim Schaprian bei einem Fachforum in Nordrhein-Westfalen im Herbst letzten Jahres fest. Einige der sogenannten Cyber-Cops auch hier in Bayern meinen, dass diese Schlacht schon längst läuft und schon gar nicht mehr zu gewinnen ist, weil die Gefahr einfach nicht rechtzeitig erkannt wurde. Dabei war diese Entwicklung doch schon seit Jahren absehbar. Wurden 2007 noch 5.858 Computerstraftaten registriert, waren es nach der letzten Polizeilichen Kriminalstatistik – PKS - von 2012 schon 11.055. In manchen Jahren waren Zuwachsraten von 26 % und mehr zu verzeichnen. Es hätte doch schon längst gehandelt werden müssen, Herr Innenminister. Dabei sprechen wir nur von angezeigten Fällen, in denen der Tatort
zweifelsfrei im Inland liegt. Es ist an der Zeit, auf die hohe Fehlerquote der Polizeilichen Kriminalstatistik hinzuweisen. Darauf hat auch schon Peter Dathe, der Chef des LKA, in mehreren Vorträgen aufmerksam gemacht. Viele Unternehmen scheuen vor einer Anzeige bei der Polizei zurück. Sie möchten den Ermittlungsbehörden keinen Einblick in ihre Firmenunterlagen gewähren und befürchten einen riesigen ImageVerlust. Stattdessen setzen diese Firmen auf private Ermittler.
Ein weiterer und viel gravierenderer Fehler in der PKS ist die Tatsache, dass viele Straftaten erst gar nicht erfasst werden, obwohl sie zur Anzeige gebracht wurden. Ein Beispiel dafür, um dies begreifbar zu machen: Bei einem mittleren Unternehmen in Bayern wird dessen komplettes firmeninternes Computernetz mit 25 Rechnern lahmgelegt. Die Firma kann nicht mehr arbeiten, auf keinerlei Daten zurückgreifen, keine Briefe, keine Rechnungen mehr schreiben; die Produktion ist lahmgelegt. Dann erhält der Firmeninhaber eine freundliche Mail von einem netten Menschen, dass er dieses Problem kenne und für 5.000 Euro bereit sei, das Problem zu lösen. Die Firma erstattet vielleicht Anzeige. Der Server steht aber in Lettland. Die Straftat, die Erpressung wird bei uns in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht erfasst, obwohl ein Deutscher in Deutschland geschädigt wurde und der Täter im Ausland zu finden ist. Meines Erachtens ist das doch völliger Quatsch und verzieht das Bild der Internetkriminalität total.
Auf diese Weise ist auch zu verstehen, dass in der PKS für Deutschland der unmittelbare Vermögensschaden auch nur auf rund 75 Millionen Euro beziffert wird. Sachverständige schätzen, dass es tatsächlich 24,3 Milliarden Euro sind. Diese Zahlen machen deutlich, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt. Sie können nicht länger zuwarten und nur ankündigen. Es müssen sinnvolle Taten folgen, und bitte schön nicht beim Verfassungsschutz ein neues Amt ansiedeln.
Wir müssen überhaupt grundsätzlich erkennen, dass die PKS lediglich dazu dient, die Bürger zu besänftigen. Es rührt den Bürger an, wenn er alljährlich vom Innenminister zu hören bekommt: Bayern ist sicher; die Aufklärungsquote ist die höchste im Bundesdurchschnitt. Der Bürger kann ruhig schlafen, und Sie, Herr Innenminister, haben alles richtig gemacht. Ende gut, alles gut. – Weit gefehlt! Unter dem Aspekt der boomenden Internetkriminalität müssen Straftaten, die im Ausland begangen werden und in der Bundesrepublik Opfer nach sich ziehen, in die PKS aufgenommen werden.
Das Bayerische Landeskriminalamt – Sie haben es angesprochen – hat zwar bereits 1995 die erste Dienststelle für Fahndungen im Internet eingerichtet. Die unabhängige Netzwerkfahndung ist gut, es fehlte aber lange an einem schlüssigen Konzept zur Bekämpfung der Cyber-Kriminalität. Viel zu lange wurde im Experimentierstadium verharrt. Die Strukturen müssen schneller den sich rasant entwickelnden neuen Formen der Internetkriminalität angepasst werden.
Das Polizeipräsidium München will einen anderen Weg gehen, einen Weg, den personalbedingt aber nur Ballungsraumpräsidien gehen können. Dort soll ein Fachdezernat mit drei Fachkommissariaten geschaffen werden. Ich meine, damit ist zumindest ein Versuch erkennbar, das Ganze auf neue und sinnvolle Beine zu stellen.
Ein riesiges Problem bereitet die Personalfindung, also die Einstellung von Spezialisten, die bereit sind, für schmales Geld nach Tätern im Internet zu fahnden. Sie, Herr Innenminister, haben in einer Pressekonferenz im Sommer letzten Jahres verkündet: Wir machen Spezialisten zu Polizisten. 25 Leute wurden eingestellt, fünf davon sind im LKA und unter anderem in der Netzwerkfahndung tätig. Der Rest ist bei den Polizeipräsidien in den Fachkommissariaten tätig. Dies ist zumindest ein bescheidener Anfang. Allerdings gehen Ihnen die Leute wieder von der Stange, weil eine Besoldung zwischen A 9 und der Aussicht, einmal nach A 11 zu kommen, für viele Spezialisten eben keine Perspektive ist. Aus diesem Grunde ist es auch nicht verwunderlich, dass angeblich schon fünf der Leute in Mittelfranken und Oberbayern-Süd wieder gekündigt haben. Nur so ist es zu erklären, dass vermehrt Gutachten an Privatfirmen vergeben werden, die in Verfahren wegen Kinderpornografie Auswertungen für die Staatsanwaltschaft vornehmen. Bisher wurden die Gutachten von den regionalen polizeilichen Stellen zur Beweissicherung und Auswertung – RBAs - selbst beweiskräftig erstellt.
Sicher spielt hier eine große Rolle, dass gerade die Täter im Bereich der Kinderpornografie meist zahlungsfähig sind und das Verfahren schnell abschließen möchten. Sie sind somit auch gerne bereit, Gutachterkosten in Höhe zwischen 800 und 4.000 Euro selbst zu begleichen. Gutachten bei der Auswertung von Festplatten zum Beispiel in Fällen betrügerischen Bankrotts bleiben bei der RBA, bei der Polizei, weil vom Täter kein Cent mehr zu holen ist.
In einer Ausgabe der "Welt online" war im Herbst letzten Jahres eine für mich bezeichnende, aber letztend
lich nicht ganz ernst gemeinte Stellenanzeige zu finden:
Sie sind ein Computer-Nerd mit besonderem Faible für das Knacken von Betriebssystemen. Sie haben es satt, von wenig Geld zu leben und sich mit Leidenschaft immer am Rand der Illegalität oder auch darüber hinaus zu bewegen. Dann wenden Sie sich vertrauensvoll an das Bundeskriminalamt.
Ich hoffe, solche Stellenanzeigen nicht irgendwann bei uns in Bayern zu finden, damit wir Leute finden, die wirkungsvoll Internetkriminalität bekämpfen können. Bezahlen Sie die Leute anständig, Herr Staatsminister!
Wir von der SPD sind sicher, dass sich hier jeder eingesetzte Euro mehr als lohnt.
Fest steht: Wir müssen hier wesentlich mehr tun, und die Ausbildung muss ebenfalls stärker forciert werden. Auch ein Polizeibeamter bei einer Polizeiinspektion muss sich zumindest mit den Grundbegriffen der Internetkriminalität auskennen.
Der Ausbildungsstand in den einzelnen Präsidien ist sehr unterschiedlich. Während manche Präsidien zumindest schon für jede Inspektion einen Multiplikator ausgebildet haben, hinken andere noch hinterher. Es ist an der Zeit, ein bayernweit einheitliches Konzept zu entwickeln.
Ein großes Problem für die polizeilichen Ermittler ist die Zusammenarbeit mit der Justiz. Diese ist zwar durchaus willig aber oftmals nicht in der Lage, mit den Spezialsachverhalten umzugehen. Aus diesem Grund sollten Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden, die sich mit der Computer- und Internetkriminalität auskennen. Mir ist zwar bekannt, dass Juristen alles können und vor allen Dingen zu allem fähig sind,
aber manchmal stoßen auch diese an ihre Grenzen.
Ein Kollege hat mir erzählt, dass er in einem Strafverfahren bezüglich Kinderpornografie Bilder auf eine CD gebrannt hat. Er war dann beim Ermittlungsrichter, der nicht in der Lage war, die Bilder anzuschauen, weil er das CD-Fach seines Computers nicht öffnen konnte.
Aber es geht auch um das Erkennen sehr komplexer Sachverhalte. Wenn man den Schritt einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft nicht gehen will, Herr Staatsminister, dann sollte zumindest bei jeder Staatsanwaltschaft ein Staatsanwalt schwerpunktmäßig mit der Internetkriminalität befasst werden.
Überhaupt sind die Hindernisse bei den Ermittlungen vielfältig und für meine ehemaligen Kollegen sehr frustrierend. So hat das LKA keine Chance, in das sogenannte Darknet einzudringen. Dort werden die schlimmsten Bilder und Videos von Kindesmisshandlungen und Kindstötungen gehandelt und getauscht. Als "Eintrittskarte" muss ein neuer Aspirant für Darknet selbst schlimme Bilder einspeisen. Dies dürfen unsere Ermittler nicht.
Ein Riesenproblem ist der Zugriff auf Daten von Providern sozialer Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Ich möchte auch dies an einem Beispiel deutlich machen. Im Gericht in Dachau wurde vor nicht allzu langer Zeit ein Staatsanwalt erschossen. Das Gericht wollte, dass sofort die Facebook-Seite des Staatsanwaltes gelöscht wird, um Missbrauch zu verhindern. Dem LKA ist dies nicht gelungen. Mit amtlichen Schreiben und Stempeln wurden Gott und die Welt in Bewegung gesetzt, aber die Facebook-Seite konnte nicht gelöscht werden. Auch der Staatsanwaltschaft ist es erst nach vielen Wochen gelungen, die Facebook-Seite vom Netz zu nehmen. Die Polizei und die deutschen Behörden sind nur Bittsteller bei Facebook & Co. und können nur hoffen, dass die Provider in Amerika der Bitte nachkommen. Daran hat auch der 2010 geführte Privatkrieg von Ilse Aigner als Verbraucherschutzministerin gegen Facebook nichts, aber auch gar nichts geändert. Sie hat im Juni 2010 ihr Facebook-Profil medienwirksam gelöscht, aber mir ist nicht einmal bekannt, ob Mark Zuckerberg das überhaupt registriert hat. Lassen Sie die Finger vom Cyber-Allianz-Zentrum beim Verfassungsschutz, Herr Staatsminister! Sorgen Sie zunächst einmal dafür, dass die Ermittler ordentlich arbeiten können.
Im gesamten Bundesgebiet hat sich noch nie eine einzige Bank oder eine einzige große Firma an die Polizei gewandt, weil ihr Computer gehackt worden ist. Dies wird sich auch beim Cyber-Allianz-Zentrum im Verfassungsschutz nicht ändern.
Ein Wort zu Ihrem kleinen Koalitionspartner, der Sie in Sachen Vorratsdatenspeicherung wie einen Tanzbär am Nasenring durch die Arena führt. Sie, die Damen und Herren der FDP, tragen die Hauptverantwortung
dafür, dass viele Fälle der Internetkriminalität nicht geklärt werden können.
Ein Kollege vom LKA hat ein schönes Bild gezeichnet, wie es ist, wenn man nicht auf Daten zurückgreifen kann. Es ist so, wie wenn im Straßenverkehr alle Autos ohne Kennzeichen herumfahren. Welch ein Aufschrei ginge hier durch die Bevölkerung!
- Bei der FDP nicht, nein.
Ein Appell zum Schluss, Herr Innenminister: Nutzen Sie die Zeit bis zur Frühjahrskonferenz der Innenminister vom 22. bis 24. Mai 2013 in Hannover, um etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen. Sorgen Sie für ordentliche Rahmenbedingungen, für genügend Personal und eine gute Ausstattung, dann ist wirklich allen geholfen; und schicken Sie den, der Ihnen den Floh mit dem Cyber-Allianz-Zentrum ins Ohr gesetzt hat, auf Fußstreife in München.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es war zu erwarten, Herr Kollege Herrmann, dass Sie die Vorlage der Kriminalstatistik 2012 dazu nutzen würden, sich wieder einmal selbst auf die Schulter zu klopfen, wenn es sonst schon niemand tut. Dazu besteht aber wirklich kein Grund. In der inneren Sicherheit gibt es viel zu viele Baustellen, die seit Jahren bestehen und nicht konsequent angegangen werden.
Dazu nur ein paar Beispiele. Die Kriminalstatistik sagt nicht erst seit diesem Jahr, dass die Internetkriminalität wächst und damit auch die Schadenssummen steigen. Sie hat sich in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt. Ihre Reaktion darauf war im letzten Jahr, bayernweit 25 IT-Spezialisten bei den Kriminalpolizeidienststellen einzustellen, obwohl wir bei der Internetkriminalität schon 2009 Zuwachsraten von 26,3 % und von 19,2 % im Jahr 2011 hatten. Dabei erwies sich die Suche nach Spezialisten ungemein schwer; denn die Bezahlung war und ist außerordentlich mies. Wenn IT-Spezialisten nach A 8, A 9 oder A 10 bezahlt werden, ist es einfach nicht möglich, gute Leute zu bekommen. Sie machen es sich denkbar einfach und schieben die Verantwortung allein auf die Vorratsdatenspeicherung. Hier fehlt schlicht und einfach Manpower. Es ist doch wahrscheinlicher, dass ein Kaugummidieb im Supermarkt erwischt wird als ein Internetbetrüger, der Millionen abzockt.
Ein weiteres Beispiel ist die Gewalt im Fußball. Seit fast zehn Jahren ist dies nicht nur in Bayern ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Mittlerweile leistet die Bereitschaftspolizei mehr als ein Drittel ihrer Einsätze bei Fußballspielen von der ersten Liga bis hinunter zur Regionalliga. Herr Minister, Sie eilen seit Jahren von Fußballgipfel zu Fußballgipfel. Sie sitzen mit den
Verantwortlichen von DFB und DFL zusammen und haben immer noch kein Rezept gegen die Gewalt im Fußball gefunden. In meinen Augen sind diese Gipfeltreffen eine Farce, solange nicht neue Wege gefunden und beschritten werden. Dazu müssen die Hauptbetroffenen, die Fußballfans, einbezogen werden.
Offensichtlich sind Sie ein Freund von Gipfeltreffen, Herr Innenminister. Im letzten Jahr haben Sie sich zum ersten "Hofer Dialog" zusammen mit Bundesinnenminister Friedrich und dem tschechischen Innenminister Jan Kubice getroffen. Laut damaliger Pressemitteilung wurden bei diesem "Hofer Dialog" wirksame Maßnahmen gegen den Drogenschmuggel von Crystal Speed beraten. Das war im Februar 2012. Das Ergebnis nach einem Jahr ist, dass der Drogenschmuggel immens zugenommen hat und weiter zunimmt. Die kosmetischen Maßnahmen − gemeinsame Streifen von tschechischen und bayerischen Beamten und tschechische Sprachkurse für bayerische Polizisten − sind eigentlich ein Zeichen von Ohnmacht und Hilflosigkeit.
Daran ändert auch der zweite "Hofer Dialog" nichts, der vor wenigen Wochen in Prag stattgefunden hat.
War Crystal Speed vor einigen Jahren noch ein Problem der Grenzregion zu Tschechien, ist es mittlerweile in München und allen anderen bayerischen Städten angekommen. Ich war zusammen mit meiner Kollegin Annette Karl in Weiden. Das Kommissariat zur Rauschgiftbekämpfung ist dort seit Jahren mit sechs Leuten besetzt. Selbst wenn die Kollegen dort rund um die Uhr Dienst machen würden, hätten sie nicht die allergeringste Chance, diesem Problem Herr zu werden.
Die Polizei dort unterstützt Präventionsprogramme wie "Need no Speed", die aber nur regional wirksam sind und dem Drogentourismus nichts entgegensetzen können. Herr Minister, üben Sie mehr Druck auf Tschechien aus und machen Sie klar, dass diese verfehlte liberale Drogenpolitik ein Ende haben muss. Der Besitz von Drogenmengen, für die man bei uns eingesperrt wird, ist dort nur eine Ordnungswidrigkeit. Den Medien kann man entnehmen, dass mehr als 70.000 Tschechen drogenabhängig sind. Die Welle schwappt jetzt nach Bayern über. Gehen Sie in die Bezirkskliniken, in die Drogenkliniken in Niederbayern und in der Oberpfalz und schauen Sie sich die Kranken an! Wir brauchen keinen "Hofer Dialog", wir brau
chen klare Bekämpfungsstrategien und mehr Personal.
Laut Statistik haben die Wohnungseinbrüche und auch die Taschendiebstähle zugenommen. Das sind für mich zwei Indikatoren dafür, dass die Präsenz der Polizei in der Öffentlichkeit nachgelassen hat. Dass in manchen Stadtvierteln und Kommunen nur noch einmal am Tag ein Streifenwagen zu sehen ist, ist geradezu eine Einladung für die Kriminellen. Es ist dringend notwendig, die Präsenz auf der Straße zu steigern. Setzen Sie die Empfehlungen der Expertenkommission zur Evaluation der Polizeireform um, die ausdrücklich eine Stärkung der Basisdienststellen empfiehlt.
Ich komme noch auf die Zahlen zu sprechen, die auch Kollege Herrmann erwähnt hat. In der Statistik liegt Thüringen als einziges Bundesland mit 65 % vor Bayern. Man muss dabei sehen, dass der Statistiker aus Thüringen ursprünglich Polizeibeamter in Bayern war, und der kann auch Statistik machen. Wahrscheinlich deshalb liegen die Thüringer vor Bayern; das wird der Grund sein.
Ich wurde von unseren Frauen ausdrücklich gebeten, hier vorzutragen, dass es doch endlich möglich sein muss, auch die Delikte im Bereich der häuslichen Gewalt aufzugliedern, wie sie schon in den verschiedensten Bereichen aufgegliedert sind, ob nun in Bereich der schweren oder der gefährlichen Körperverletzung. Das Delikt der häuslichen Gewalt soll in der Kriminalstatistik extra erfasst werden. Das müsste endlich geschehen, damit man hier stärker differenzieren kann.
Sehr geehrter Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Auffassung: Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Die bayerische Polizei hat hervorragende Arbeit geleistet. Nun muss das Innenministerium, müssen Sie, Herr Minister, dafür sorgen, dass die Erkenntnisse aus der Kriminalstatistik auch umgesetzt werden; denn das ist der ausdrückliche Zweck der Kriminalstatistik. Auf den Seiten des Innenministeriums heißt es:
Die Kriminalstatistik dient der Erlangung von Erkenntnissen für vorbeugende und verfolgende Verbrechensbekämpfung, organisatorische Planung und Entscheidungen sowie kriminologischsoziologische Forschung und kriminalpolitische Maßnahmen.
Diese Maßnahmen müssen daraus erfolgen. Da gehört endlich etwas getan, und das ist mein Appell an Sie.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! "Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gaben", klingt es nicht nur auf den Weihnachtsmärkten von Aschaffenburg bis Altötting, sondern auch hier im Bayerischen Landtag.
Die Staatsregierung lässt in der Tat die Glocken so süß wie schon lange nicht mehr klingen und ruft: "Herbei, oh ihr Gläubigen; ich will euch erquicken."
Ich war am Montag beim Weihnachtsempfang des Innenministers und musste mir zum x-ten Mal anhören, dass die Polizei den höchsten Personalstand ihrer Geschichte hat.
Doch das Echo auf diese Botschaft war bei den umstehenden Polizisten ganz anders und klang nicht wie "Oh du fröhliche, oh du selige", sondern eher wie: "Sag mir, wo die Polizisten sind; wo sind sie geblieben?"
Bei vielen Dienststellen in Bayern singen die Dienststellenleiter wohl eher, "Ihr Kinderlein kommet, oh kommet doch bald" und meinen damit die Polizisten, die ihnen seit vielen Jahren versprochen und vorenthalten werden. Ich nenne nur ein Beispiel aus der Oberpfalz. Herr Kollege Hanisch hat es ebenfalls genannt. Eine Zuteilung zum Übernahmetermin, 70 gehen im nächsten Jahr in den Ruhestand. Die Polizei wird nach dem Motto vertröstet: "Morgen, Kinder, wird’s was geben". Nicht heute, nein, zum 01. August 2013, sechs Wochen vor der Landtagswahl, wird das Füllhorn ausgeschüttet. Aber vorher muss Maria durch den Dornwald gehen und auf Gottes Vorsehung hoffen, dass nichts passiert.
Aber der Schnee wird wohl noch lange sehr leise rieseln, bevor sich hier etwas ändern wird.
Auf der Straße ist noch kein einziger Polizist mehr angekommen. Um die Versäumnisse der Jahre 2003 bis 2008 auszugleichen, muss mehr geschehen. Alle Jahre wieder müssen dann konsequent mehr als tau
send Polizisten eingestellt werden, und nicht nur zur Sommerzeit, nein, auch im Winter, wenn es schneit!
Am letzten Freitag war der Arbeitskreis der SPD im Polizeipräsidium Nürnberg. Dort singt man seit Jahren: "Raindrops keep fallin’ on my head" und stellt, wenn es regnet, Eimer in den Büros auf. Im Winter zaubert die Kälte wie bei "Schneeflöckchen, Weißröckchen" wunderschöne Eisblumen an die Fenster, die bald aus dem Rahmen fallen. "In the summertime, when the weather is high" - frei nach Mungo Jerry braucht man die Eimer mit Wasser, um wenigstens die Füße zu kühlen, wenn auch der Kopf heiß ist.
Vor einigen Jahren war ich zu Besuch bei der Polizeiinspektion Coburg. Ich gehörte diesem Hohen Hause noch nicht an. Dort wurde ganz nach dem Motto "Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt; wir steigern das Bruttosozialprodukt" geschaufelt, gemauert und gebaggert. Jetzt, einige Jahre später, war ich mit meiner Kollegin Susann Biedefeld wieder in Coburg. Dort wird immer noch geschaufelt, gemauert und gebaggert, wie in der "Never ending Story", dem Titelsong der "Unendlichen Geschichte".
Wer kennt nicht "Mein Maserati fährt 210; schwupp − die Polizei hat’s nicht geseh’n; wir geben Gas, wir geben Gas, wir wollen Spaß, wir wollen Spaß"? Auch wenn die Polizei im Jahr 2014 die Raser sehen wird, wird sie sie nicht kriegen; denn ihre alten Autos haben 400.000 Kilometer auf dem Buckel. So besteht kaum die Chance, die Verfolgung aufzunehmen. Da nützt die nachträgliche Erhöhung des Kfz-Etats um zwei Millionen Euro relativ wenig.
Ich erinnere daran: 2009 im August wurden über 1.000 Polizeifahrzeuge für 30 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket des Bundes gekauft. Diese sind alle 2013/14 fertig und müssen aussortiert werden. Da langt das Geld hinten und vorne nicht; das muss klar festgestellt werden.
Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss: Lasst uns froh und munter sein, auch wenn es manchmal schwerfällt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir unterstützen den Antrag der FREIEN WÄHLER, die Herrschaften aus den Regieeinheiten in das Gesetz aufzunehmen. Die Personengruppe, die aufgenommen werden soll, ist sehr überschaubar. In den Hilfs- und Katastrophendiensten wäre dann eine vollkommene Gleichstellung hergestellt. Der Arbeiter-Samariter-Bund, die JohanniterUnfall-Hilfe, die Malteser, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft − DLRG − und das Technische Hilfswerk − THW − sind schon dabei. Zum 1. Januar 2013 sollten auch die Regieeinheiten einbezogen werden. Damit wären alle Organisationen aus dem Bereich der staatlichen Ehrenzeichen aufgenommen. Ich denke, das ist eine sinnvolle Lösung. Die Kosten
würden nicht sehr zu Buche schlagen; sie würden von 13.600 Euro auf 20.000 Euro steigen. Da kommen noch ein paar dazu. Ich denke, das ist durchaus vertretbar. Die SPD stimmt dem Antrag der FREIEN WÄHLER zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es sinnvoll ist, diese Verordnungen zu verlängern. Wir brauchen einen Rahmen, damit unsere 27 Schlösser, Gärten und Parkanlagen und auch die Seenlandschaften, die im staatlichen Besitz sind, abgesichert werden, und wir brauchen diesen Handlungsrahmen dazu.
Mit dieser Regelung soll erreicht werden, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die vielerorts in diesen staatlichen Einrichtungen anzutreffenden Belästigungen, Vorschriftenverletzungen, Hausmüllentsorgung in Parks, Feuer, Partylärm und Vandalismus vermieden werden können. Es geht nicht darum, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, dass wir die Rechte der Bürger hier einschränken wollen. Das wollen wir natürlich nicht. Uns allen wäre es sicherlich lieber, wenn wir diese Vorschriften nicht bräuchten, aber die Realität sieht anders aus. Ohne diese gesetzliche Regelung, Kolleginnen und Kollegen, würde es in den genannten Anlagen vermutlich schrecklich aussehen.
Der Gesetzestext ist klar formuliert. Ich fasse zusammen: Mit der Änderung des LStVG wird den staatlichen Verwaltungsbehörden die Möglichkeit eingeräumt, die auch allen Kommunen gegeben ist. Ich will die Diskussion nicht verlängern. Wir stimmen der Veränderung zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind neue Ideen, gute Ideen und viel Fantasie gefragt, wenn es darum geht, Gewalt in Fußballstadien zu verhindern. Insofern war es fast eine neue Idee, die Stehplätze in den Stadien abzuschaffen. Ich sage "fast", denn bei den UEFA-Cup-Spielen und den europäischen Wettbewerben ist es fast schon Standard, dass es kaum noch Stehplätze gibt. Die Idee war aber nicht gut. Seit wann hat Gewalt etwas damit zu tun, ob jemand im Stadion sitzt oder steht? - In Italien, wo es fast nur noch Sitzplätze in den Stadien gibt, ist das Thema Gewalt weitaus größer als bei uns.
- Richtig, in Großbritannien auch, Frau Kollegin Tolle. Insofern begrüße ich auch die Haltung von Innenminister Herrmann, der nichts von dieser Idee hält. Mit der Abschaffung der Stehplätze in den Stadien würden nur anständige Fans bestraft.
Das ist auch die Meinung der Fanbeauftragten fast aller Bundesligaclubs und der szenekundigen Beamten hier in Bayern. Ich habe mit einigen von ihnen gesprochen. Wir begrüßen die Initiative der Innenminister der Länder, dem Deutschen Fußballbund und der Deutschen Fußball Liga massiv die Daumenschrauben anzusetzen, um die Gewaltspirale im Fußballgeschehen zu durchbrechen. Es kann nicht sein, dass der Steuerzahler immer mehr Geld für immer mehr Polizeieinsätze bei Fußballkrawallen bezahlen muss, während die Vereine allein durch die Fußballübertragungsrechte mehr als 600 Millionen Euro einnehmen. Die müssten dann noch in der Lage sein, Kolleginnen und Kollegen, ordentliches Geld für die Präventionsarbeit auszugeben.
Insofern deckt sich diese Auffassung mit den Aussagen des Herrn Kollegen Rüth. Ich verwahre mich aber ausdrücklich gegen einen Sicherheitszuschlag, wie ihn Herr Kollege Dr. Herrmann angesprochen hat. Einen Sicherheitszuschlag brauchen wir nicht angesichts der Mehreinnahmen, die die Vereine haben. Die haben sehr wohl genügend Geld, dafür zu sorgen, dass sie ihr Hausrecht - sie haben nämlich das Hausrecht - in den Stadien ordentlich ausüben, indem sie Sicherheitsdienste beschäftigen. Wir wollen nicht, dass die Vereine für Polizeieinsätze zahlen, um hier keinen falschen Zungenschlag hineinzubekommen.
Sie müssten dafür sorgen, dass die Stadien sicher sind und die Fans ihr Fußballspiel ungestört genießen können. Die Spirale der Gewalt dreht sich aber weiter nach oben, und der DFB und die Deutsche Fußball Liga müssen mehr dazu beitragen als bunte Bildchen. Ich glaube, jeder Abgeordnete hat den Prospekt des DFB bekommen. Wir brauchen aber mehr als symbolische Handlungen, die nicht viel bewegen. Bunte Anzeigenkampagnen, wie sie im April von Ihnen, Herr Innenminister, in Nürnberg vorgestellt worden sind, helfen uns letzten Endes nicht weiter. Der Appell wurde heute schon öfter an Sie gerichtet, Herr Innenminister: Suchen Sie den Dialog mit den Fanbeauftragten, mit den szenekundigen Beamten.
Das wäre der richtige Weg.
Die SPD erwartet von der Staatsregierung konsequentes Handeln in Sachen Gewalt in Fußballstadien. Die Vereinbarung zwischen DFB und Innenministerium ist seit mehr als fünf Jahren unterzeichnet, Sie haben das angesprochen, Herr Kollege Dr. Herrmann. Diese Vereinbarung muss aber mit Leben erfüllt werden. Dort ist unter anderem zu lesen, dass auch in der Bayernliga Fanprojekte geschaffen werden sollen.
Wo aber gibt es diese Fanprojekte in der Bayernliga, frage ich. Seit 15 Jahren fördert die Staatsregierung Fanprojekte. Diese Förderung, das wurde schon mehrmals betont, müsste weiter angehoben werden. Seit 1990 gibt es in der bayerischen Polizei die Einrichtung der szenekundigen Beamten. Kollege Dr. Herrmann hat das angesprochen. Es gibt in diesem Bereich 63 Beamte. Das ist sinnvoll und richtig. Sie leisten gerade im Vorfeld von Bundesliga-Spielen eine wertvolle Arbeit. Sie versuchen, das Aufeinan
dertreffen gewaltbereiter Fans zu verhindern und haben die 1.100 Problemfans in Bayern fest im Blick. Diese Einrichtung muss unseres Erachtens weiterentwickelt werden.
Darüber hinaus bietet sich eine ganze Reihe von Möglichkeiten an, um Gewalt zu verhindern. Ich nenne hier einige Möglichkeiten: die Entzerrung der Spielpläne durch Rücksichtnahme auf feststehende polizeiliche und gesellschaftliche Termine, zum Beispiel den 1. Mai. Nachdem wir da immer Krawalle in Berlin haben, muss es da keine Bundesliga-Spiele geben. Es gäbe Alkohol- und Flaschenverbote, nicht nur in den Stadien, sondern auch bei den Anreisenden in den Zügen und Bussen. Die Zuverlässigkeit der Ordnungsdienste müsste überprüft werden, ebenso die vermehrte Einsetzung von Sonderzügen zur Vermeidung von Belästigungen anderer Fahrgäste.
Vor allen Dingen - der letzte Satz - muss auch Schluss sein mit dem Missbrauch der Bereitschaftspolizei als Personalreserve für den polizeilichen Einsatzdienst.
Wir setzen als SPD-Fraktion auf Prävention.
Das ist der richtige Weg. Unser Ziel muss es sein -
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Grundsätzlich ist die Verteilung des Korans durch die Salafisten durch Artikel 4 des Grundgesetzes gedeckt. Das hat Kollege König hier auch deutlich gemacht. Jeder darf friedlich für seine Religion werben. Mission ist Bestandteil der Religionsfreiheit und gilt unterschiedslos für alle bei uns vertretenen Religionen. Diese Auffassung wird sowohl von unseren Kirchen als auch von allen Parteien geteilt. Wer allerdings Religion politisch instrumentalisiert und unter dem Deckmantel der Religion zur Gewalt gegen vermeintlich Ungläubige aufruft, der muss sich Kritik und Argwohn gefallen lassen.
Kolleginnen und Kollegen, der Verdacht liegt nahe, dass die Koranverteilung - 25 Millionen Exemplare sollen verteilt werden; bisher wurden rund 300.000 verteilt - durch die radikalislamistischen Salafisten vorwiegend eine Propagandaaktion ist und letztendlich das politische und religiöse Klima in Deutschland weiter aufheizt. Wenn dann die Salafisten im Internet Journalisten der "Frankfurter Rundschau" und der "Berliner Tagespost" wegen ihrer Berichterstattung bedrohen und die Journalisten dabei namentlich erwähnen, geht dies zu weit und muss strafrechtlich geahndet werden.
Erfreulich ist, dass sich auch der Zentralrat der Muslime hierzu eindeutig geäußert hat und Kritik übt. Unsere Fraktion ist froh darüber, dass die Koranverteilungsaktion auf der Tagesordnung der morgigen deutschen Islamkonferenz steht. Diese Konferenz ist immerhin das wichtigste Forum für Gespräche zwischen dem deutschen Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen. Hier muss das Problem auf die Agenda, es darf aber nicht nur am Rande behandelt werden, wie ich gelesen habe; vielmehr muss dies ein zentrales Thema der Islamkonferenz sein.
Aber Vorsicht: Bei allem, was geschehen ist - nicht jeder Salafist ist ein Terrorist. Allerdings hat die Gruppe der Salafisten ein ambivalentes Verhältnis zur Gewalt. Dies ist bekannt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus den vorgenannten Gründen stimmt die SPD-Fraktion dem Berichts
antrag zu. Für uns ist es wichtig zu wissen, welche Erkenntnisse unsere Sicherheitsbehörden über die rund 450 Salafisten in Bayern - in Deutschland sind es rund 3.800 - und über die Koranverteilung in Bayern haben. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bereits am 30. November letzten Jahres hat der Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit einstimmig beschlossen, dass wir einen umfassenden Bericht zu den fünf Neonazi-Morden in Bayern bekommen. Wie gestern bekannt wurde, soll der Bericht am 7. März durch Innenminister Herrmann im Innenausschuss gegeben werden. So weit, so gut. Reicht dies aus? Wir sagen: Nein. Ich möchte dies begründen.
Vonseiten der Staatsregierung wird schon seit Wochen gebetsmühlenartig wiederholt, dass den bayerischen Behörden keine Fehler unterlaufen sind. Ich muss zugeben, dass ich davon als ehemaliger Polizeibeamter auch überzeugt war. Dieses Bild hat in den letzten Tagen aber leider einen Riss bekommen. So war in den Tageszeitungen zu lesen oder bei "Frontal 21" zu sehen, dass es hier ganz eklatante Widersprüche zwischen ehemaligen Ermittlern der Soko Bosporus auf der einen Seite und Innenminister Herrmann sowie dem Verfassungsschutz auf der anderen Seite gibt.
Wurde das LfV, das Landesamt für Verfassungsschutz, nun von der Soko Bosporus gebeten, die Verfassungsschutzbehörden der anderen Bundesländer einzuschalten, oder nicht? Wurden der Soko Informationen vorenthalten, wurden sie einfach nicht weitergegeben? Insbesondere interessiert hier die Rolle des LfV ab Sommer 2006, als erstmals von einem Profiler der Verdacht geäußert wurde, dass es sich hierbei um eine rassistisch motivierte Gewalttat handeln könnte.
Es gibt also Widersprüche. Diese müssen wir aufklären. Da geht es beileibe nicht um parteipolitisches Gezänk oder darum, wie Kollege Weiß gestern im Innenausschuss bemerkt hat, dass die Opposition ihr parteipolitisches Süppchen kochen will. Nein, es geht um Glaubwürdigkeit und Vertrauen, um das Vertrauen in die bayerischen Ermittler und um die Glaubwürdigkeit der Staatsregierung. Glauben Sie mir: Niemandem ist mehr daran gelegen als mir, dass sich der Verdacht auf vermutliche Pannen bei den Ermittlungen als haltlos herausstellt.
Mir ist es wie vielen hier unerklärlich, wieso die Auswertung von über 3.500 Spuren, 11.000 Personen und Millionen von Datensätzen nicht zum Erfolg geführt hat. Ich gehöre nicht zu denen, die Innenminister Herrmann Untätigkeit vorwerfen. Meine ehemaligen Kollegen sind nicht auf dem rechten Auge blind; auch das möchte ich einmal klarstellen.
Ich erinnere dabei an die Grundsteinlegung für die neue Synagoge in München, als ein geplantes Attentat am 9. November 2003 verhindert werden konnte. Aber was wir wollen, sind Klarheit und Wahrheit. Ein eigener Untersuchungsausschuss ist nicht notwendig. Hier wird auf Bundesebene und in Thüringen Aufklärungsarbeit geleistet.
Auch die Sonderkommission Trio des Bundeskriminalamts mit fast 400 Ermittlern - übrigens auch aus Bayern - ist mit der Aufklärung der Morde und der vermeintlichen Pannen beschäftigt. Aber es ist davon auszugehen, dass die Vorkommnisse in Bayern mit den fünf Morden von 2000 bis 2006 nicht allein im
Fokus der Ermittler stehen. Zu verwoben, zu undurchsichtig ist das Netz der Rechtsterroristen.
Genau aus diesem Grund halten wir es für sinnvoll und richtig, einen unabhängigen Sachverständigen mit der Untersuchung der Rolle des Landesamts für Verfassungsschutz zu beauftragen. Er soll uns berichten, ob es ein mögliches Versäumnis oder gar ein Versagen des Landesamts für Verfassungsschutz gegeben hat.
Ich betone nochmals eindringlich: Wir wollen kein parteipolitisches Süppchen kochen. Wir wollen niemanden beschädigen. Wir wollen Klarheit und Wahrheit. Dazu ist der unabhängige Sonderermittler notwendig.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute ein schwieriges und, wie die Diskussion auch in meiner Fraktion gezeigt hat, hoch emotionales Thema zu diskutieren. Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde umfasst zwei Themenblöcke: Erstens geht es darum, die Vorfälle bei der Rosenheimer Polizei aufzuklären, und zweitens geht es darum, polizeilichem Fehlverhalten wirksam vorzubeugen.
Ich unterstelle jedem in diesem Hohen Hause das Interesse daran, dass die Vorfälle bei der Polizei in Rosenheim aufgeklärt werden.
Ich betone noch einmal, ich unterstelle es jedem in diesem Hohen Hause. Dieses Interesse unterstelle ich aber auch der Polizei, die Interesse daran haben muss, schwarze Schafe in den eigenen Reihen aufzugreifen und sie, wenn es notwendig ist, aus dem Dienst zu entfernen.
Das gilt auch dann, wenn es sich um einen Polizeiführer handelt.
Es steht außer Zweifel, Kollege Ländner, dass jeder hier im Hohen Hause zur Polizei steht. Es darf niemandem unterstellt werden, nicht zur Polizei zu stehen, wenn er Interesse an der Aufklärung hat.
Ich will mich zunächst mit dem ersten Problemfeld, nämlich mit der Aufklärung der Geschehnisse auseinandersetzen. Es ist bedauerlich, wie die Vorfälle, über die ich selbst sehr erschüttert bin, wenn sie sich denn so bewahrheiten, in den Medien dargestellt wurden. Aber es sind immerhin sehr, sehr viele Fragen offen. Schon alleine durch die Berichterstattung der letzten Tage ist das Verhältnis zwischen Polizei und Bevölkerung in Rosenheim nachhaltig gestört und belastet. Das wurde mir bewusst, als ich mit einigen Kollegen in Rosenheim geredet habe. Daran können leider auch die 99,9 % der Polizisten nichts ändern, die ihren Dienst gewissenhaft, hoch professionell und zuverlässig verrichten.
Kolleginnen und Kollegen, ich warne aber eindringlich davor, zu einer Vorverurteilung zu kommen, bevor die Ermittlungen abgeschlossen sind.
Den eingesetzten Beamten steht wie jedem anderen Bürger, der einer Straftat beschuldigt wird, ein sauberes Verfahren zu, an dessen Ende ein Schuldspruch oder ein Freispruch erfolgt oder die Klärung der Frage, ob überhaupt ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss.
Ich betone nochmals: Sollten die Ermittlungen ergeben, dass sich die eingesetzten Beamten gesetzeswidrig verhalten haben, werden sie zur Rechenschaft gezogen und müssen die Konsequenzen tragen. Dafür steht die SPD-Fraktion ohne Wenn und Aber,
und dies ist sicherlich auch Konsens in diesem Hohen Hause.
Ich will nun aber auch auf die Unterschiede in der Betrachtungsweise des Polizeieinsatzes in Rosenheim hinweisen. Wie gehe ich dieses Problem an? Misstraue ich von vornherein der Polizei und der Staatsanwaltschaft
und stelle ich deren Objektivität infrage?
Dieser Eindruck wird in den Medien erweckt. Da ist von falschem Korpsgeist die Rede, von Polizisten, die die Fehler der Kollegen decken, und es wird sogar von der Spitze eines Eisberges geredet, die in Rosenheim zum Vorschein gekommen sei. Dem ist meiner Meinung nach nicht so. Diese Behauptung wird von Tausenden von Polizisten, die ihren Dienst ordentlich verrichten, tagtäglich ad absurdum geführt.
Ich war am Samstag auf der Wies’n-Wache und habe mir angesehen - genau wie unser Innenminister am Tag zuvor -, mit welchen Problemen sich die Kollegen dort buchstäblich "herumschlagen" müssen. Es ist keine leichte Aufgabe. Jeder, der das sehen möchte, kann einmal zur Wies’n-Wache gehen und schauen, wie es dort zugeht. Ich beneide niemanden, der dort Dienst verrichten muss.
Ich komme zum zweiten Themenbereich: "polizeilichem Fehlverhalten wirksam vorbeugen". Wie will man hier vorbeugend tätig werden? - Ich sehe die einzige Möglichkeit darin - ich meine, da müsste nachgebessert werden -, dass das polizeiliche Einsatztraining intensiviert wird. Dieses PE-Training, so wird es genannt, wird bereits durchgeführt. Damit werden die Polizisten auf besondere Einsatzsituationen vorbereitet.
Das Einsatztraining zu intensivieren, ist nach meiner Meinung eine Möglichkeit. Die Staatsregierung ist hier gefordert, nachzulegen und Ausbildungsinhalte zu verändern, um für Verbesserungen zu sorgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt im Aufgabenspektrum der Polizei begründet, dass sie sich oft mit Extremsituationen auseinandersetzen und dabei auch körperliche Gewalt anwenden muss.
In der nachträglichen Betrachtung polizeilicher Einsätze gibt es oft Tausende von Lehrmeistern, die es besser gewusst hätten. Oft sind es gerade die einfachen Situationen wie häusliche Streitigkeiten oder Verkehrskontrollen, die eskalieren und nicht lehrbuchmäßig ablaufen.
Das müssen Sie sich ebenfalls einmal vor Augen führen. Wenn das Kind erst in den Brunnen gefallen ist, hilft kein Ombudsmann oder eine irgendwie anders geartete Institution oder Einrichtung. Die bayerische Polizei hat für solche Fälle genügend Einrichtungen, die Hilfestellung geben und die zügig und objektiv ermitteln können. Die Polizei braucht keine weitere Kontrollinstanz: Es gibt Personalräte, Gleichstellungsbeauftragte, Polizeiseelsorger, den Psychologischen Dienst, Gewerkschaften, die Vorgesetzten und spezielle Fachkommissariate zur Bearbeitung von Beamtendelikten. Zuletzt hat sich der Polizeipräsident von Mittelfranken für ein solches Fachkommissariat analog dem Fachkommissariat in München ausgesprochen. Dieses Fachkommissariat ermittelt auch in Rosenheim. Es wird also von außerhalb ermittelt. Meiner Meinung nach ist dadurch sichergestellt, dass objektiv und sauber ermittelt wird. Das ist die Voraussetzung.
Die Statistik von Amnesty International, die immer bemüht wird, zählt für Bayern für das Jahr 2009 385 Ermittlungsverfahren wegen polizeilicher Ausübung von Gewalt, Missbrauch oder Zwang auf. Wie viele bayerische Polizisten deswegen verurteilt wurden, benennt die Statistik nicht. Ich nehme bewusst keine Bewertung dieser Statistik vor. Diese Statistik trifft keine Aussage dazu, ob die Anwendung von Gewalt durch die Polizei berechtigt oder unberechtigt war. In Nordrhein-Westfalen hat es im Vergleichszeitraum 1.434 Ermittlungsverfahren gegeben. Bayern liegt im untersten Bereich der Statistik. Trotzdem gibt es nichts zu verniedlichen. Jedes Verfahren ist eines zu viel.
Aber gemessen an den Tausenden von Einsätzen in Bayern liegt die Zahl der Verstöße selbst bei den subjektiven Zahlen von Amnesty International im Promille-Bereich.
Kolleginnen und Kollegen, die Polizei in Bayern genießt nach wie vor ein hohes Ansehen. Daran ändern die beiden Vorfälle in Rosenheim, die fast ein Jahr auseinander liegen, nichts. Darin eine zunehmende Gewalttätigkeit bei Polizeibeamten zu sehen, ist meines Erachtens verkehrt und irreführend. Das Gegenteil ist der Fall: Die Polizei wird immer häufiger Opfer von Gewalttaten. Die Polizei als Institution und die Polizisten als Menschen, die sich oft in schwierigen Einsatzsituationen befinden, verdienen es nicht, mit Misstrauen überzogen zu werden.
Unabhängig davon müssen wir von ihnen absolut korrektes und hoch professionelles Einschreiten erwarten dürfen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss: Das schärfste Schwert eines bayerischen Polizeibeamten sollte nach wie vor das Wort und nicht der Schlagstock oder die Pistole sein. Daran sollten wir arbeiten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Meißner, Sie erwarten sicher nicht, dass ich widerspruchslos hinnehme, was Sie uns erzählen,
insbesondere vor dem Hintergrund, dass mir sogar schriftliche Äußerungen des Ministers vorliegen, der die Situation in manchen Bereichen etwas anders beschreibt. Ich werde mir auch erlauben, daraus zu zitieren.
Wenn Sie den Anspruch erheben, dass Bayern das sicherste Land in der Bundesrepublik ist
- Kolleginnen und Kollegen, regen Sie sich nicht jetzt schon auf, bevor ich etwas gesagt habe -, dann müssen Sie auch in allen Fällen danach handeln. In den Jahren 2003 bis 2008 war davon nichts, aber auch gar nichts zu spüren, sondern damals wurde Bayerns Polizei zu Tode gespart.
Es ist vieles passiert, das gestehe ich ein, und ich gebe in manchen Punkten dem Kollegen Meißner durchaus recht. Aber es ist nicht alles in die richtige Richtung gelaufen. Diese Punkte gestatte ich mir aufzuzeigen und möchte deutlich machen, dass hier einiges zu korrigieren ist.
Die Einstellungszahlen, die Sie, Kollege Meißner, genannt haben, nämlich 1.463 im Jahre 2010 und jetzt 1.300, sind richtig. Die brauchen wir absolut; das ist dringend notwendig. Aber leider sind die Kollegen draußen auf den Dienststellen noch nicht angekommen. Die auf den Dienststellen verfügbare Personalstärke weicht von der Sollstärke ab. Diese verfügbare Personalstärke ist deutlich niedriger. Noch heute haben wir viele Dienststellen in Bayern, die zur Nachtzeit nur mit drei Beamten besetzt sind.
Dies bestätigt letztendlich unser Innenminister in seinem Schreiben vom 28. Februar 2011, in dem er feststellt - ich darf zitieren - :
Etwa ein Drittel der Dienststellen hat nachts grundsätzlich eine Mindeststärke von drei Beamten. Bei mehr als drei Viertel aller Polizeiinspektionen können die Wachen zur Nachtzeit zumindest zeitweise nur mit einer Beamtin oder einem Beamten besetzt sein.
Das ist das Schreiben unseres Innenministers vom 28. Februar 2011. Hier haben Sie, Herr Innenminister, das erste Mal zugegeben, dass wir auf den Inspektionen zur Nachtzeit Engpässe haben.
Herr Innenminister, Sie arbeiten an der Lösung des Problems. Das gestehe ich Ihnen zu. Es sind noch nie so viele Polizeibeamte eingestellt worden wie jetzt. Aber die momentane Situation bei den kleineren Inspektionen ist mehr als kritisch.
Im Grunde gehört doch der Schutzmann auf der Straße einfach dazu. Es müssten Beamte als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Leider ist das Geschichte. Der Schutzmann an der Ecke, der als Ansprechpartner für die Bürger zur Verfügung stünde, ist schon lange nicht mehr vorhanden.
Welche Schlussfolgerung können wir daraus ziehen? Das einzige Gewerbe, das in unserem Lande großartig floriert, ist das Sicherheitsgewerbe. Wir haben rund 200.000 Beschäftigte im privaten Sicherheitsgewerbe mit einem Umsatz von über 5 Milliarden Euro im Jahre 2010. Im Jahre 2011 wird es ein weiteres Rekordergebnis geben. Das finde ich bedenklich. Darüber müssen wir nachdenken und uns fragen, warum das so ist. Können sich in Zukunft nur noch die Reichen Sicherheit in unserem Lande leisten?
Heute ist es doch so, dass in den vornehmen Villengegenden Münchens, in Bogenhausen oder auch in Grünwald, private Sicherheitsdienste unterwegs sind, die dafür sorgen, dass tagsüber in den Wohnungen nicht eingebrochen wird. Wir haben einen hohen Stand an Tageswohnungseinbrüchen und um dem zuvorzukommen, patrouillieren in den vornehmen Wohngegenden eben diese privaten Sicherheitsdienste, während Otto Normalverbraucher die Polizei braucht, die dafür sorgt, dass in seiner Wohnung nicht eingebrochen wird.
Eine weitere Fehlentwicklung - ich weiß, Herr Innenminister, Sie sehen das anders - sehe ich darin, dass die Sicherheitswacht weiter ausgebaut worden ist. Im letzten Sommer hat das Kabinett beschlossen, dass die Sicherheitswacht auch in Kommunen unter 20.000 Einwohner installiert werden kann. Mittlerweile besteht auch schon in 78 Städten eine solche Sicherheitswacht. Die Zahlen nehmen zu.
Aber, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Bürgermeister, die eine Sicherheitswacht beantragen, tun dies nicht in der Überzeugung, die Sicherheitswacht sei das Nonplusultra, sondern es geschieht dies aus blanker Not. Denn die Bürgermeister müssen sagen: Wenn ich keine Polizei bekomme, beantrage ich zumindest die Sicherheitswacht. Diese Leute patrouillieren dann eben in den Gemeinden und sind somit ein kleiner Ersatz für die fehlende Polizei.
Das Ganze sehe ich als Fehlentwicklung an. Ich verstehe allerdings auch, dass das momentan eventuell notwendig ist, weil es draußen auf den Dienststellen keine Polizisten gibt und deshalb die Sicherheitswacht verstärkt werden muss. Aber ich halte das nicht für richtig und sinnvoll.
Abschließend möchte ich zur Sicherheitswacht noch feststellen, dass sich nirgendwo beweisen lässt, dass eine Sicherheitswacht, wie sie in 78 Kommunen in Bayern besteht, irgendeine Auswirkung auf die Kriminalstatistik hätte. Die Zahlen sind genau so gut oder genau so schlecht - ich gebe zu, in Bayern sind sie gut, wie es die Kriminalstatistik besagt -, egal, ob eine Sicherheitswacht vorhanden ist oder nicht.
Hier lässt sich kein Beweis führen, dass die Sicherheitswacht Auswirkungen auf das Kriminalitätsgeschehen hätte.
Ein Punkt, den ich dringend ansprechen will, ist die Jugendkriminalität. Meines Erachtens wäre es sinnvoll, die Zahl der Jugendbeamten - ich spreche von etatisierten Jugendbeamten - zu erhöhen. Wir haben zwar Jugendbeamte in den Städten, die ausschließlich diese Aufgabe wahrnehmen; aber es sind viel zu wenige. Darüber hinaus machen die polizeilichen Jugendbeamten zu zwei Dritteln diese Arbeit nebenbei. Wenn irgendetwas anderes anliegt, müssen sie aus dem Jugendzentrum heraus und können sich nicht mehr mit den Jugendlichen beschäftigen. Sie müssen dann andere Aufgaben wahrnehmen, die sich in erster Linie auf den Streifenbereich beziehen und Ähnliches. Die Zahl der Jugendbeamten zu erhöhen, wäre sicherlich richtig und wichtig.
Die Vorlage eines Konzepts zur Evaluierung der Polizeireform haben Sie, Herr Innenminister, uns im Innenausschuss für den Juni versprochen. Das finde ich richtig und gut. Es war allerhöchste Zeit, hier in die Gänge zu kommen. Bei dieser Evaluierung halte ich es für sehr wichtig, auch einen Blick auf die Inspektionen zu werfen. In der Polizeireform selbst haben wir uns in erster Linie mit den Präsidien und Direktionen auseinandergesetzt. Es wäre notwendig, auch einen Blick auf die untere Ebene, die Inspektionen, zu werfen. Wie sieht es da aus? Was wäre da an Verbesserungen möglich? Was könnte für sie getan werden?
Ich bin mir im Klaren, dass es eine höchst heikle Angelegenheit ist, die Inspektionen zu untersuchen, um eventuell eine Effizienzsteigerung zu erzielen. Ist es vielleicht sogar notwendig, Inspektionen aufzulösen bzw. zusammenzulegen? Diese Diskussion führt niemand in diesem Hohen Haus gern. Aber es ist viel
leicht notwendig, auch einmal darüber nachzudenken, was in dieser Angelegenheit möglich ist.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Punkt ansprechen. Herr Innenminister, Sie haben am 22. Mai beim Jubiläum der Bereitschaftspolizei in Eichstätt davon gesprochen, dass der Rechtsschutz für die Polizei verbessert werden müsse. Da rennen Sie bei uns offene Türen ein. Wir mahnen schon seit vielen, vielen Jahren an, dass der Rechtsschutz für die Polizisten endlich verbessert werden muss. Die Beamten dürfen nicht allein gelassen werden, wenn sie im Dienst angegriffen und verletzt worden sind. Eine Verbesserung im Bereich des Rechtsschutzes ist dringend notwendig.
Leider ist jetzt vom Finanzministerium niemand hier, aber ich möchte es dennoch festhalten: Wir dürfen uns nicht in das Boot holen lassen mit dem Argument es müssten alle 300.000 Beamten in Bayern einbezogen werden, wenn der Rechtsschutz eingeführt werden sollte. Ein Beamter im Landratsamt hat keine Probleme; er kann sich höchstens an seinem Kugelschreiber verletzen. Aber die Polizisten draußen vor Ort haben durchaus Probleme.
Ich sehe, meine Redezeit ist zu Ende.
Gestatten Sie mir bitte noch einen Schlusssatz. Herr Innenminister, Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn es darum geht, Bayerns Polizei neu aufzustellen. Die Anforderungen haben sich in den letzten Jahren geändert. Die Kriminalitätsformen haben sich geändert. Sie haben bereits 72 Leute eingestellt, die sich mit Wirtschaftsinformatik beschäftigen und die Arbeit von Wirtschaftskriminalisten tun. Alles in allem müssen wir gemeinsam zusehen, Bayerns Polizei zukunftsfähig zu machen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe der Staatsregierung nicht in vollem Umfang recht. Jedoch muss ich ihr im Zusammenhang mit den Einstellungen in den Polizeidienst recht geben. 1.463 Polizeibeamte sind neu eingestellt worden. In diesem Jahr sind 1.300 Polizeibeamte und im Jahr zuvor über 1.000 Polizeibeamte
eingestellt worden. Damit liegen Sie daneben. Die Einstellungen sind bereits vollzogen worden.
Herr Innenminister, ich habe eine Anmerkung zur Sicherheitswacht. Sie sagen, ich hätte in diesem Punkt eine falsche Wahrnehmung. Es ist richtig, dass wir das private Sicherheitsgewerbe für Kunsttransporte und Fußballeinsätze benötigen. Wir brauchen sie jedoch ebenfalls zur Bewachung von Villenvierteln. Die reichen Leute in Bogenhausen, Grünwald, in Köln, in Frankfurt oder wo auch immer müssen sich ihre eigenen Sicherheitsdienste organisieren, um Einbrüche zu verhindern. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich dazu sagen.
Herr Kollege Meißner, Sie haben die Erhöhung der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten von 1,28 Euro auf 2,56 Euro pro Stunde als riesige Errungenschaft angepriesen.
Das darf er.
Herr Kollege Ländner, mir geht es um eine Gleichbehandlung. Der Bürger hat ein Recht auf Polizeischutz. Nur darum geht es. In das Thema "Schutzmann an der Ecke" möchte ich nicht noch einmal einsteigen.
Ich möchte mich noch einmal zum Dienst zu ungünstigen Zeiten äußern. Herr Kollege Meißner, Sie haben verschwiegen, dass die Hälfte der Erhöhungen von den Beamten selbst finanziert wird. Die Hälfte der Zulage für den Dienst zu ungünstigen Zeiten müssen die Polizisten nämlich selber tragen. Von allen Fraktionen wurde eine Erhöhung der Zulage auf fünf Euro die Stunde gefordert. Die Hälfte der aktuellen Zulage in Höhe von 2,56 Euro zahlt der Polizist selber. Das muss klar gesagt werden.
Herr Innenminister, Sie haben von einer Einstellungsquote von fünf zu eins gesprochen. Es ist richtig, dass wir derzeit noch genügend Bewerber haben. Die hatten wir auch schon bei einer Einstellungsquote von
acht zu eins. Von acht Bewerbern ist einer eingestellt worden. Diese Zahl ist rückläufig. Meines Erachtens ist sie deswegen rückläufig, weil wir die Eingangsbesoldung abgesenkt haben.
- Ja, nicht wir, sondern Sie.
Wir befinden uns im Wettbewerb mit der Wirtschaft. Dieser Wettbewerb nimmt zu. Es wird schwerer werden, Nachwuchs zu finden. Zwar haben wir zurzeit noch genug Bewerber, jedoch wird es immer schwerer werden, geeignete Leute für die Polizei zu finden. Wenn die Eingangsbesoldung abgesenkt wird, überlegt sich jeder, ob er zur Polizei geht oder in der freien Wirtschaft einen besseren Arbeitsplatz findet.
Im Sinne der Bestenauslese für die Polizei darf das auf keinen Fall eintreten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir beschäftigen uns in diesem Hohen Hause zum wiederholten Male mit der Polizeireform. Das Hohe Haus hat vor circa einem Jahr einstimmig beschlossen, dass die Polizeireform evaluiert werden soll. Es ist aber nicht festzustellen, dass irgendwo aufgrund dieses Beschlusses Bewegung entstanden wäre - bisher ist nichts passiert. Der Beschluss besagt ja auch, dass in diese Evaluierung der Polizeireform alle Beteiligten einbezogen werden, dass also sowohl die Personalvertretungen und die Berufsvertretung als auch der Innenausschuss in die Evaluierung der Reform einbezogen werden. Das Ergebnis sollte bereits zum Herbst dieses Jahres vorliegen. Ich frage mich, wie diese Arbeit überhaupt noch geleistet werden kann, wenn wir nicht langsam in die Gänge kommen, Herr Innenminister. Sie haben zwar in der "Süddeutschen Zeitung" angekündigt, dass Sie sich jetzt daranmachen wollen. Wir möchten aber gerne wissen, wann es losgeht.
Die Evaluierung muss auch vergeben werden. Sie soll nicht intern erfolgen. Auch dazu gab es eine einstimmige Meinung quer durch alle Fraktionen im Landtag, dass diese Evaluierung von außen durchgeführt werden soll, dass also von außen ein Blick darauf geworfen wird: Was ist mit der Polizei aufgrund der Reform passiert, die 2005 begonnen und 2010 abgeschlossen wurde? Unseres Erachtens wird es also allerhöchste Zeit, dass das Ministerium in die Gänge kommt und Maßnahmen einleitet, damit die Reform evaluiert werden kann.
Deshalb der erneute Vorstoß von unserer Seite. Ich bitte Sie inständig, jetzt in die Gänge zu kommen.
Es geht nicht darum - das möchte ich auch deutlich machen; denn vonseiten der CSU wurde diese Befürchtung geäußert -, dass wir alles schlechtreden wollen. An der Reform ist einiges gut, aber es ist auch vieles nicht gut gelaufen. Darauf gilt es einen Blick zu werfen, um sagen zu können, wo wir bei der Reform nachjustieren müssen. Beispielsweise geht es um die Bildung von Einsatzabschnitten in den Präsidien München und Nürnberg in Mittelfranken. Wie sieht es in den Einsatzzentralen aus? Welches Personal ist von der Straße verschwunden und dennoch nicht draußen in den Inspektionen angekommen? Diese Fragen sollten beantwortet werden. Die Fehler sollten dann auch
ausgebügelt werden. Nur darum geht es. Uns ist auch völlig klar: Wir können diese Polizeireform nicht mehr ganz rückgängig machen. Nachdem wir in jedem Polizeipräsidium Einsatzzentralen geschaffen haben, würde es auch gar keinen Sinn machen, nun zu sagen: Jawohl, wir führen die Polizeidirektionen wieder ein, die abgeschafft worden sind. Das wäre Unsinn.
Die Fehler der Reform müssten aber auf den Tisch und müssen korrigiert werden. Nur das ist unser Anliegen. Ich bitte, endlich in die Gänge zu kommen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Bayerns Polizei stand an der Spitze in Deutschland.
- Das hat nichts mit Jammern zu tun. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis. Ich nehme eine Bestandsaufnahme vor.
Sie stand an der Spitze hinsichtlich der Bezahlung, hinsichtlich der Ausstattung, hinsichtlich des Personals und hinsichtlich des Aufklärungsergebnisses. Die Betonung liegt auf "stand". Die Nullrunde für die Beamten in Bayern und die geplanten Kürzungen im Haushalt relativieren hier einiges. Während die Bundesländer Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz den Tarifabschluss 1 : 1 für ihre Beamten übernommen haben, verordnet die Staatsregierung ihren Beamten eine Nullrunde.
Gestern haben Sie, Herr Innenminister, die Kriminalstatistik veröffentlicht. Hier sind wir immerhin noch mit an der Spitze. Thüringen hat uns überflügelt. Die Anzahl der Straftaten hängt zum großen Teil auch mit dem Rückgang der Kontrolltätigkeit durch die Polizei zusammen, eben wegen des fehlenden Personals.
Ich will zunächst auf die Personalsituation der bayerischen Polizei eingehen. Wie eine Monstranz halten Sie ständig die 1.463 Neueinstellungen im Jahr 2010 hoch. Auch in diesem Jahr werden 1.300 Neueinstellungen vorgenommen. Das ist richtig, das ist notwendig, aber längst überfällig.
Damit werden doch nur die Defizite der zurückliegenden Jahre aufgefangen.
Der rigide Sparkurs von 2003 bis 2008 hat dazu geführt, dass viele Polizeidienststellen personell ausgeblutet sind.
- Ich werde Ihnen Beispiele nennen. Es gibt viele Dienststellen in Bayern, die ohne Unterstützung von Einsatzzügen, ohne Bereitschaftspolizei und ohne Nachbarschaftshilfe schon längst zur Nachtzeit hätten schließen müssen. Dies ist die Situation, und da hilft auch kein Schönreden.
Die in den Jahren 2009 und 2010 eingestellten Anwärter kommen den Dienststellen des Einzeldienstes zum großen Teil erst 2012 zugute. So steigt die Belastung der Beamten immer mehr an, und dies nicht ohne Folgen. Im Schnitt sind nahezu 10 % der Beamten der Dienststellen nicht voll einsatzfähig. Werfe ich zum Beispiel einen Blick nach Niederbayern - ich
könnte auch nach Oberfranken oder nach Oberbayern schauen -, dann sehe ich, dass die Polizei dort den höchsten Krankenstand aller Behörden im Bereich des Innenministeriums mit einer durchschnittlichen Krankheitsrate von 19,1 Tagen pro Jahr und Beamten hat. Die Polizeiinspektion Passau wird jeden Tag von den Dienststellen Freyung, Grafenau, Hauzenberg und Waldkirchen unterstützt. Sonst wäre das Licht dort schon längst ausgegangen.
In Niederbayern sind schon verschiedene Dienststellenverbünde gegründet worden, um überhaupt noch einsatzfähig zu sein.