Protocol of the Session on February 2, 2012

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf die 94. Vollsitzung des Bayerischen Landtags eröffnen. Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie schon im Plenarsaal sind, und erwarte die übrigen Kolleginnen und Kollegen mit Spannung. Allerdings werden wir heute auf einige verzichten müssen, auch auf den Ministerpräsidenten und Kabinettsmitglieder. Es geht ein Virus um - auch bei uns.

Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten; diese wurde wie immer vorab erteilt.

Es ist mir stets eine Freude, wenn ich zu Beginn einer Sitzung Geburtstagsglückwünsche aussprechen darf. Heute ist wieder solch ein Tag: Wir dürfen Herrn Kollegen Ludwig Freiherr von Lerchenfeld zu seinem halbrunden Geburtstag, den er am 27. Januar feierte, ganz herzlich gratulieren. Im Namen des Hauses alles Gute, Gesundheit und weiterhin viel Freude, auch an der parlamentarischen Arbeit!

(Allgemeiner Beifall)

Kolleginnen und Kollegen, wir haben in der vergangenen Plenarsitzung Kollegen Dr. Franz Xaver Kirschner verabschiedet; er ist aus dem Bayerischen Landtag ausgeschieden. Heute können wir einen neuen Kollegen in unserer Mitte begrüßen. Der Landeswahlleiter hat gemäß Artikel 58 des Landeswahlgesetzes Herrn Dietrich Freiherr von Gumppenberg als Listennachfolger von Herrn Dr. Kirschner festgestellt. Seit gestern ist Herr von Gumppenberg Mitglied des Bayerischen Landtags. Zuvor war er bereits in den Jahren 1990 bis 1994 Mitglied dieses Hohen Hauses.

Herr Kollege von Gumppenberg, seien Sie uns herzlich willkommen! Wir begrüßen Sie und wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer parlamentarischen Arbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Damit dürfen wir in die Tagesordnung eintreten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der FDP-Fraktion "Wirtschaft, Wachstum, Wohlstand - beste Chancen für Bayerns Zukunft"

Die in der Geschäftsordnung enthaltenen Regelungen zur Aktuellen Stunde sind bekannt. Ich darf den ers

ten Redner aufrufen und Herrn Kollegen Klein bitten zu beginnen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! "Wirtschaft, Wachstum, Wohlstand - beste Chancen für Bayerns Zukunft": Wir verzeichnen hohe Steuereinnahmen. Wir tätigen hohe Bildungsinvestitionen. Wir haben ein hohes Niveau bei den Sozialausgaben. All das wird erst dann möglich, wenn fleißige Menschen wirtschaften. Damit fleißige Menschen wirtschaften können, bedarf es der klugen, vorausschauenden Schaffung von Rahmenbedingungen. Die Koalition aus CSU und FDP ist der Garant dafür, dass dies geschieht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Lassen Sie mich auf ein paar wichtige Rahmenbedingungen, die wir beeinflussen können, eingehen: Ich beginne mit dem Fachkräftemangel. Laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages klagen die Unternehmen darüber, dass 1,3 Millionen Stellen - 1,3 Millionen! - erst nach längerer Zeit besetzt werden können.

Wir begegnen diesem Fachkräftemangel auch in Zukunft. Ich nenne einige Beispiele: Wir sorgen für Verbesserungen im Bildungsbereich, auch im Interesse der Migranten. Wir verbessern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie; die Quote der Versorgung mit Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren hat sich seit 2008 vervierfacht. Wir begegnen dem Fachkräftemangel auch im Bereich der älteren Arbeitnehmer; so haben wir die Beschäftigungsquote der über 50-Jährigen drastisch verbessert. Ferner fördern wir die Zuwanderung von Fachkräften, zum Beispiel durch die Absenkung der Einkommensschwellen in Mangelberufen und die Etablierung einer Willkommenskultur in Bayern.

Dem Fachkräftemangel begegnen - das ist ein wichtiges Zukunftsprojekt. Die entsprechenden Rahmenbedingungen setzen wir, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir befassen uns aber auch mit Themen, die dem einen oder anderen noch nicht so bewusst sind. Eines davon ist die Rohstoffversorgung. Elementar für die bayerische sehr technologieorientierte mittelständische Wirtschaft ist die Versorgung mit Rohstoffen. Deshalb haben wir eine Rohstoffstrategie entwickelt. Wir sorgen durch Aufklärung für ein entsprechendes Bewusstsein. Zudem haben wir Rohstoffpartnerschaften mit anderen Ländern geschlossen. All das trägt zu einer auch in Zukunft sicheren Versorgung mit Rohstoffen bei.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir packen das Thema Energieversorgung an. Wir sorgen für die Energiewende.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Wir sorgen für Versorgungssicherheit und, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, für auch in Zukunft bezahlbaren Strom. Wir unterstützen die Unternehmen bei Innovationen sowie bei der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, zum Beispiel durch die Gründung von Transferzentren und durch die Ausgabe von Innovationsgutscheinen.

Ich habe Ihnen jetzt vier wichtige Maßnahmen im Bereich der Fachkräfte und der Rohstoffversorgung genannt, die für jedes Unternehmen, das produzieren will, die Grundlage sind. Es handelt sich um die Grundlage für die Energieversorgung, damit man zu international wettbewerbsfähigen Preisen produzieren kann, und um die Grundlage zur Unterstützung der Innovationen, damit man mit seinen Produkten wettbewerbsfähig bleibt.

Weil wir diese Rahmenbedingungen der Wirtschaftspolitik setzen, wird Wachstum nachhaltig ermöglicht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir bekennen uns zu Wachstum. Wachstum ist für alle positiven Entwicklungen ursächlich.

Wir wollen keine falsche Diskussion über das Ende von Wachstum führen. Ohne die Wachstumsraten mit 3,9 % im Jahr 2010 und 3 % im Jahr 2011 wären die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt bei 3,4 % Arbeitslosenquote, dem niedrigsten Wert seit 30 Jahren, und Vollbeschäftigung in weiten Teilen Bayerns überhaupt nicht möglich gewesen. Wir wären mit der Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten nicht bei einem historischen Höchststand angelangt. Wir wären bei der Erwerbstätigenquote nicht auf Platz eins in Bayern. Und Bayern wäre nicht das Gründerland Nummer eins. All das ist nur möglich, weil diese Wirtschaftspolitik auf Wachstum setzt und Wachstum ermöglicht.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wachstum sorgt für diese Ergebnisse, die wir haben. Diese Ergebnisse ermöglichen den Wohlstand. Darauf wird meine Kollegin Brigitte Meyer noch eingehen.

Es ist gut, dass wir, die FDP, mit unserer Staatssekretärin Katja Hessel, unserem Wirtschaftsminister Mar

tin Zeil und mit partnerschaftlicher Unterstützung durch die CSU die Wirtschaftspolitik gestalten; denn so können fleißige Menschen wirtschaften und können hohe Steuereinnahmen erzielt werden. Dadurch können wir hohe Bildungsinvestitionen ermöglichen und uns hohe Sozialausgaben leisten. Das alles wird durch die Wirtschaftspolitik möglich, die wir betreiben. Deshalb ist es in unserem Land ein Erfolg, dass wir die Wirtschaftspolitik gestalten und nicht Sie.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der CSU)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Blume. Er spricht für die CSU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen! Wirtschaftspolitik in einer Aktuellen Stunde am frühen Morgen ist noch eine recht intime Angelegenheit und wird damit dem Thema nicht ganz gerecht. Allerdings bin ich der FDP dennoch dankbar, dass sie dafür gesorgt hat, dass dieses Thema heute auf die Agenda gesetzt worden ist. In der vergangenen Woche haben wir die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gehört. Heute wird zum zweiten Mal über den Chancenraum Bayern gesprochen. Das kann eine pädagogische Maßnahme sein. Ständige Übung kann dazu führen, dass die Dinge auf der linken Seite des Hauses Eingang ins Bewusstsein finden.

Letzte Woche haben wir viel über das Chancenland Bayern gehört. Mit Blick auf die Aktualität möchte ich dazu noch ein paar Punkte behandeln.

Bayern ist Chancenland, was qualitätsvolle Bildung und Ausbildung angeht. Der deutsche Lernatlas der Bertelsmann-Stiftung wird inzwischen als Sonderdruck herumgereicht.

Bayern ist auch Chancenland, was zukunftsträchtige Berufe angeht. Wir haben in Bayern de facto eine Ausbildungsplatzgarantie. Es gibt mehr Ausbildungsplätze, als nachgefragt werden. Die Arbeitsmarktdaten, die Kollege Klein gerade genannt hat, sprechen trotz des saisonalen Beschäftigungsrückgangs für sich.

Aber selbst da kann man ein Haar in der Suppe finden. Kollegin Weikert hat gesagt, es sei ganz schlimm, dass die Zunahme der atypischen Beschäftigungsverhältnisse so groß sei. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen ganz ehrlich: Lieber ein atypisches Beschäftigungsverhältnis als gar keines.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Bayern schafft natürlich auch durch soziale Balance Chancen. In Bayern ist soziale Balance vorhanden. Das ist gerade mit dem Armutsatlas dokumentiert worden. Es ist deutlich geworden, dass vor allem Bayern im Bereich der Kinderarmut die mit Abstand niedrigste Anzahl in Deutschland aufweist. Man muss Bayern einmal mit Berlin vergleichen. Dort leben 34,7 % der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren in Armut, während es in Bayern 7 % sind. Das zeigt, dass in Bayern über soziale Balance nicht nur geredet, sondern sie auch gelebt wird.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Stehen bleiben reicht aber nicht. Die Schlagzeilen, die wir in diesen Tagen, Wochen und Monaten lesen, erfreuen uns natürlich nicht; angefangen bei Quelle; das liegt schon etwas länger zurück; es ging weiter mit Eon, Manroland, jetzt aktuell mit Nokia Siemens Networks. Sie machen uns betroffen.

Es zeigt sich auch, dass der Glaube, der insbesondere in den Reihen der Opposition stark ausgeprägt ist, man könne den Wohlstand einfach einhausen, man müsse da nicht weiter vorangehen, man könne den Wohlstand konservieren, gefährlich ist; denn so funktioniert es nicht. Genauso wie die Wirtschaft innovativ sein muss, müssen auch wir als Freistaat, als derjenige, der die politischen Rahmenbedingungen setzt, vorangehen. Jeder, der glaubt, es reiche aus, das Vorhandene zu bewahren, und man könne quasi im Stillstand leben, liegt falsch.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Bayern steht heute im härtesten internationalen Wettbewerb. Das hat sich in den letzten fünf Jahren nicht geändert. Es gibt Boomregionen in Asien, aber auch in neuen Schwellenländern. Wenn Bayern nicht auf der Überholspur bleibt, läuft es Gefahr, überholt zu werden. Deshalb reicht es nicht aus, die Dinge einfach laufen zu lassen, wie es manche glauben vertreten zu können. Vielmehr muss man aktiv werden.

Deshalb erinnere ich an dieser Stelle an den Werbeblock für die aktive Wirtschaftspolitik. - Das geht jetzt nicht in Ihre Richtung, Herr Minister Zeil,

(Lachen bei der SPD)

sondern in die Richtung derjenigen, die jetzt gerade laut gelacht haben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Es ist bezeichnend, Herr Rinderspacher, dass Ihrem Münchener Oberbürgermeister und auch dem Wirtschaftsreferenten Reiter, der sich als Nachfolger emp