Timm Kern

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Last Statements

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist kein Zufall, dass die Erhöhung der Privatschulzuschüsse zum letztmöglichen Termin vor der Landtagswahl, in der letzten Plenarsitzung, erfolgt. Die grünrote Koalition lädt noch einmal zu einer Party ein unter dem Motto: Feiert uns, denn wir sind die Helden der Privatschul finanzierung.
Wir Freien Demokraten folgen der Einladung, stoßen aber nicht auf Grün-Rot, sondern auf den eigentlichen Helden der Privatschulfinanzierung an, nämlich auf das Bruttokostenmo
dell. Die Leistung des Bruttokostenmodells besteht darin, dass es die Privatschulfinanzierung transparent macht und dadurch verdeutlicht, wo nachgesteuert werden muss.
So wurde im letzten Privatschulbericht erkennbar, dass der Kostendeckungsgrad bei den Gymnasien in freier Trägerschaft gesunken ist. Sie bekamen im Jahr 2014 für ihre Schüler nur Zuschüsse in Höhe von rund 71 % der Kosten, die ein Schü ler an einer staatlichen Schule verursacht. 2011 waren es noch 77,6 % gewesen. Da sich die Finanzierung der freien Gymna sien erkennbar weit von der allgemein angestrebten 80-%-Ziel marke entfernt hat, hat Grün-Rot nun die Zuschüsse an die freien Gymnasien aufgestockt, so wie es die selbstverständli che Aufgabe jeder Landesregierung gewesen wäre. Erreicht wird übrigens nur ein Deckungsgrad von 78,1 % für alle Schularten.
Diese Vereinnahmung einer Selbstverständlichkeit als beson deres Verdienst dieser Landesregierung zeigt, dass Grün-Rot der Bereich der Privatschulfinanzierung wesensfremd ist.
Im Grunde ihres Herzens hängen Sozialdemokraten und Grü ne dem alten Klischee an, dass freie Schulen nur etwas für Kinder von Eltern mit dicken Geldbeuteln sind, was aber herz lich wenig mit der Realität zu tun hat.
Das Sonderungsverbot im Grundgesetz besagt, dass niemand aufgrund der finanziellen Verhältnisse seiner Eltern vom Be such einer freien Schule abgehalten werden darf. Die Zuschüs se an die Privatschulen und das Bruttokostenmodell stellen si cher, dass die freien Schulen das Sonderungsverbot auch ein halten können. Das ist das baden-württembergische Modell der freien Schulen in sozialer Verantwortung, zu dem wir Frei en Demokraten aus Überzeugung stehen.
Würde aber Grün-Rot nicht das Verständnis für dieses Modell fehlen, hätten Sie den freien Schulen nicht einseitig eine Ver sorgungsabgabe von rund 12 000 € pro Jahr für jeden verbe amteten Lehrer im Privatschuldienst aufgebrummt. Für GrünRot ist das nur ein Spiel „Linke Tasche, rechte Tasche“, für manche freien Schulen aber ein existenzbedrohendes Verlust geschäft.
Grün-Rot hätte nicht die freien Schulen und ihre Verbände an den Katzentisch verbannen und ihnen hin und wieder einmal einen Happen hinwerfen sollen, sondern sie an den Verhand lungstisch holen und gemeinsam mit ihnen ein Modell zur Be zuschussung von Ganztagsangeboten entwickeln sollen.
Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof der Landespolitik Hausaufgaben bei der Ausgestaltung des Sonderungsverbots gegeben, die auch schon längst hätten angepackt werden kön nen.
Gemeinsam mit den Privatschulverbänden haben CDU und FDP/DVP seinerzeit das Bruttokostenmodell entwickelt. Mit dem Bruttokostenmodell wurde damals auch ein Verzicht auf eine Versorgungsabgabe und im Gegenzug ein Verzicht auf Ganztagsbezuschussung vereinbart. An diese Vereinbarung fühlte sich Grün-Rot nicht gebunden, sondern hat sie einsei tig aufgekündigt und die eigentlich selbstverständlichen Zu
schusserhöhungen von der Zustimmung der freien Schulen zur Versorgungsabgabe abhängig gemacht.
Diese Vogel-friss-oder-stirb-Politik wollen wir Freien Demo kraten beenden. Die FDP/DVP-Fraktion stimmt dem Gesetz entwurf zu. Wir beantragen darüber hinaus, mit den Privat schulverbänden Gespräche aufzunehmen über ein Bruttokos tenmodell 2 zur Berechnung der Ganztagszuschüsse und über Regelungen, wie gemäß dem Urteil des Verfassungsgerichts hofs dem Sonderungsverbot entsprochen werden kann.
Die 80-%-Zielmarke sollte mit dem nächsten Haushalt erreicht werden. Zur Verbesserung der Transparenz sollte immer zu den Haushaltsberatungen ein Privatschulbericht vorliegen.
Außerdem beantragt die FDP/DVP-Landtagsfraktion, die Vo raussetzungen dafür zu schaffen, dass die Kapazitäten von Schulen in freier Trägerschaft auch für die Beschulung von Flüchtlingskindern genutzt werden können und die Schulen in freier Trägerschaft bei der Zuteilung gleichermaßen berück sichtigt werden.
Ein weiterer Antrag begehrt, dass angesichts der hohen Fluk tuation bei den Flüchtlingskindern an den Schulen von der starren Stichtagsregelung abgewichen werden kann, damit den freien Schulen keine Nachteile entstehen.
Schließlich beantragen wir, dass die Regelung bezüglich der Lehrkräfte bei Inklusionskooperationen zwischen freien Schu len und staatlichen Schulen schon zum 1. August 2015 in Kraft tritt, da diese Kooperationen schlichtweg seit Inkraft treten des Inklusionsgesetzes einen rechtlichen Rahmen brau chen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der Verlauf dieser Debatte bestätigt erneut unsere Kritik an der Art und Weise, wie mit dem Poli zeieinsatz im Schlossgarten umgegangen wird. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten den Abg. Sckerl aus der Einset zungsdebatte zitieren:
Ich nehme positiv zur Kenntnis, was Kollege Löffler im ersten Teil seiner Ausführungen und Herr Kollege Dr. Kern gesagt haben: Bereitschaft zur offenen, transparen ten Aufklärung. Da sind wir dabei. Wir finden hier ganz sicher gemeinsam das richtige Maß.
Nun, dieses Maß, liebe Kolleginnen und Kollegen von GrünRot, haben Sie leider nie gefunden.
Der FDP/DVP ging es um eine sachliche Aufklärung der im Raum stehenden Vorwürfe. Immerhin stand der vage Verdacht im Raum, die letzte Landesregierung könnte auf den Einsatz unrechtmäßig eingewirkt und dem ersten Untersuchungsaus schuss Akten vorenthalten haben. Dem galt es ohne Ansehen der Person nachzugehen. Zum einen ist uns wichtig, die Rech te des Parlaments zu schützen, zum anderen will die Bevöl kerung und wollen auch wir, dass Vorgänge seriös aufgeklärt werden und Bewertungen auf der Grundlage fundierter Er kenntnisse erfolgen.
Was wir aber in dieser Debatte heute und in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses erlebt und im Mehrheitsvotum von
Grünen und SPD bekommen haben, ist der pure parteitaktisch motivierte Wahlkampf.
Sie, sehr geehrte Damen und Herren von Grünen und SPD, verkaufen der Bevölkerung parteipolitisch motivierte Ver schwörungstheorien und sinnentstellende Darstellungen als bewiesene Gewissheiten.
Damit fördern Sie gezielt eine sachwidrige Legendenbildung, die letztlich auch der Seriosität unseres politischen Systems schadet.
Aufgrund der begrenzten Zeit will ich nur ein Beispiel her ausgreifen. Die interessierten Bürgerinnen und Bürger kön nen unser Votum nachlesen. Sie von Grünen und SPD behaup ten doch tatsächlich, die Polizei sei in den Einsatz am 30. Sep tember hineingetrieben worden. Hingegen sagen die Polizis ten, die Polizei habe den 30. September als Einsatztag und die Polizeitaktik selbst festgelegt. Kein Polizeiführer wollte sei ne Verantwortung für das Vorgehen dadurch schmälern, dass er sich als politisch beeinflusst oder unter Druck gesetzt schil derte. Hören Sie einmal, was der Zeuge S. beispielhaft sagte – ich zitiere –:
... es wäre ja für uns ganz einfach, jetzt die Polizei aus der Verantwortung zu nehmen im Nachhinein, wenn wir sagen könnten: Wir haben ja eigentlich nur das getan, wozu wir von der politischen Seite angewiesen worden sind. Dem ist aber nicht so....
Und jetzt, warum der Tag aufgrund vieler, vieler unglück licher Zustände so verlaufen ist: Das kann man alles auf listen. Da gibt es auch Berichte dazu, dass Kräfte nicht rechtzeitig... am vorgesehenen Ort waren. Wir hatten... die Lage und unseren Plan... ganz anders vorgesehen. Wenn wir das geahnt hätten, dass es so kommt, dann hät ten wir natürlich einen anderen Plan... aufgesetzt.... Das war wirklich eine Verkettung vieler, vieler Elemente, die dazu geführt haben, dass es so lief, wie es gelaufen ist.
Trotzdem bleiben die Kollegen Sckerl und Binder von den Grünen und der SPD bei ihrer falschen Darstellung. Da sitzen zwei Juristen,
die ihr juristisches Sachwissen ihren parteipolitischen Zielen geopfert haben. Gerade von Ihnen, lieber Kollege Binder, hät te ich ein anderes Verhalten erwartet. Es tut mir leid, dies hier feststellen zu müssen. Aber die SPD konnte sich in diesem Untersuchungsausschuss nie als Juniorpartner von den Grü nen emanzipieren.
Die Bevölkerung durchschaut aber hoffentlich Ihre parteipo litische Motivation. Aber welches Bild hat Grün-Rot eigent lich von der Polizei? In der Einsetzungsdebatte sagten Sie,
Herr Sckerl, Sie seien der Polizei Antworten schuldig. Diese Antworten haben Sie gegeben. Die Polizei ist für Sie eine will fährige Institution ohne Rückgrat.
Vielleicht passt das in Ihr grünes Weltbild; mit der Realität in Baden-Württemberg aber hat das nichts zu tun.
Die Polizeibeamten haben nämlich durchaus ein starkes Rück grat bewiesen, als sie auch eigene Fehler einräumten.
Wie wollen Sie, liebe Kollegen von der SPD, der Polizei in Zukunft begegnen? Wie sollen Polizeibeamte Ihnen vertrau en, wenn Sie deren Vorgesetzte verunglimpfen und im Grun de der Falschaussage bezichtigen? Nichts anderes machen Sie, wenn Sie trotz der gegenteiligen Zeugenaussagen auf Ihren unbewiesenen Behauptungen beharren und dem Zeugen Er innerungslücken vorwerfen, beispielsweise dem Zeugen Ham mann. Er ist immerhin Amtschef in Ihrem Integrationsminis terium.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wird gemein hin als politisches Kampfmittel bezeichnet. Das ist sicher nicht völlig falsch. Aber wenn man sich den NSU-Untersu chungsausschuss im Bund und wohl auch den im Land an schaut, dann sieht man, was möglich gewesen wäre. Grün-Rot ging es jedoch leider nicht um ernsthafte Aufklärung.
Weil aber Mehrheit zum Glück nicht automatisch Wahrheit bedeutet und um zu zeigen, dass sich aus der Beweisaufnah me des Untersuchungsausschusses durchaus seriös Erkennt nisse ableiten lassen, will ich die letzten Minuten nutzen, um die zentralen Ergebnisse aus unserem Minderheitsvotum vor zustellen.
Die Landespolitik hat das Agieren der Polizei in Sachen Stuttgart 21 verfolgt, und die zuständigen Ministerien standen in engem Kontakt zur Polizei. Dies ist bei Groß projekten... völlig normal. Die jeweilige Einsatztaktik sollte jedoch von der Polizei festgelegt werden. Hier hat sich unseres Erachtens die Politik herauszuhalten.
Diesen Maßstab an das Verhalten der Regierung des Mi nisterpräsidenten Mappus angelegt, kann der Untersu chungsausschuss keine politische Einflussnahme auf den Polizeieinsatz am 30.09.2010 erkennen....
Der Polizei und den zentralen politischen Akteuren war im Zusammenhang mit dem 30.09.2010 klar, dass die Po lizei für die Einsatztaktik zuständig ist. Nach einhelligen Zeugenaussagen wurde sie von der Polizei festgelegt.
Der Untersuchungsausschuss hat demzufolge keinen Be weis für eine politische Einflussnahme der früheren Lan desregierung auf die Polizeitaktik des 30.09.2010. Durch die Beweisaufnahme erhielt der Ausschuss jedoch viele Zeugenaussagen damaliger Entscheidungsträger aus Po lizei, Verwaltung und Politik, die glaubhaft nahelegen, dass es eine solche Einflussnahme nicht gab. All diese Zeugen würde man der Lüge bezichtigen, käme man trotz dem zu einem anderen Ergebnis.
Auch aus den Akten des Untersuchungsausschusses geht nicht hervor, dass sich die Politik in die Polizeitaktik des 30. Sep tember 2010 einmischte. Selbst die von uns eingesehenen E-Mails der Ministerin Gönner führen nicht zu einer anderen Einschätzung.
Die Regierungserklärung hatte nach unserer Überzeu gung keinen Einfluss auf die Festlegung des Einsatzter mins 30.09.2010.
Für die Angehörigen der Polizei ging es bei der Terminierung um das Verhindern einer weiteren Verfestigung des Wider stands im Schlossgarten.
Nein. – Aussagen, ein Ter min unmittelbar zum Ende der Vegetationsperiode sei offen kundig sinnvoll gewesen, überzeugen.
Die Regierungserklärung war einzelnen Angehörigen der Po lizei mit Blick auf den Polizeieinsatz egal, weil sie zu keiner Kollision mit dem Polizeieinsatz führte, wie es der Zeuge Stumpf sagte, oder die Entscheidung für den 30. September bereits gefallen war, wie der Zeuge W. betonte.
Die von anderen Angehörigen der Polizei allgemein gehalte nen Aussagen, die Regierungserklärung habe eine Rolle ge spielt, ist wohl dahin gehend zu verstehen, dass die Polizei er kannt hat, dass die Regierungserklärung für politische Akteu re von Bedeutung war. Hieraus ergab sich aber kein Konflikt. Denn Polizei und Politik wollten den Einsatz am 30. Septem ber.
Die Frage, ob dem letzten Untersuchungsausschuss Ak ten vorenthalten wurden, können wir aus eigener Fest stellung nicht beantworten. Dies ist uns deshalb unmög lich, weil Grün-Rot die entsprechenden Beweisanträge so formuliert hat, dass ein Vergleich der Aktenlieferungen des ersten Untersuchungsausschusses mit den Akten des zweiten Untersuchungsausschusses kaum möglich war.
Wir hatten ein gestuftes Verfahren vorgeschlagen. Leider lehnte Grün-Rot unseren Vorschlag ab. Die grün-rote Landesregierung stellte in ihrem Regierungsbericht fest, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass dem ersten Untersuchungsausschuss Akten bewusst vorenthalten wurden.
Ärgerlicherweise konnten zwei Fragen nicht geklärt werden, da Grüne und SPD mit ihrer Mehrheit eine Behandlung der Sachverhalte verhinderten.
Aus den Akten des Untersuchungsausschusses ergibt sich, dass das Staatsministerium im Oktober 2011 auf Wunsch von Ministerpräsident Kretschmann und Staatsministerin Krebs im Justizministerium nach personenbezogenen Daten von Stuttgart-21-Gegnern und Polizeibeamten fragte. Das Justiz
ministerium verweigerte die Herausgabe der Daten, da dies gegen die Strafprozessordnung verstoßen hätte. Heute noch unklar ist, was der Ministerpräsident und die Staatsministerin mit den Daten anfangen wollten. Grüne und SPD verhinder ten mit ihrer Mehrheit die Aufklärung dieses Sachverhalts.
Kurz nach der Landtagswahl 2011 wurde der gesamte Server bestand des damaligen Umweltministeriums von einer Fachab teilung gespeichert, um die Informationen der neuen Landes regierung zur Verfügung zu stellen. Dieser Bestand sei dann vergessen worden. So wurde der Bestand später nicht ge löscht, obwohl dies datenschutzrechtlich erforderlich gewe sen wäre.
Im Raum steht der Vorwurf, die grün-rote Landesregierung habe die Daten absichtlich nicht gelöscht, damit die Unterla gen später dem Untersuchungsausschuss zugeführt werden konnten. Wir wären dem gern nachgegangen und beantragten daher die Überstellung der zu diesem Sachverhalt vorhande nen Akten und die Vernehmung von Zeugen. Dies war GrünRot aber anscheinend zu unangenehm. Zunächst vertagten sie mit ihrer Ausschussmehrheit die Abstimmung über diese An träge. Dann ließ die Koalition die Zulässigkeit der Anträge durch die Landtagsverwaltung prüfen, und obwohl die Land tagsverwaltung die Anträge für zulässig hielt, lehnte Grün-Rot sie dann als unzulässig ab. Grün-Rot garnierte dies mit der Aussage: „Die“ – also FDP/DVP und CDU – „klagen doch sowieso nicht.“ Dieses Verhalten zeugt von einer Überheb lichkeit, wie wir sie bei der Behandlung unserer Anträge lei der nicht nur einmal erleben mussten.
Angesichts dieses Verhaltens verwundert es nicht, dass es mit unter des Verwaltungsgerichtshofs bedurfte, um grün-rote Selbstherrlichkeit in die Schranken des Rechtsstaats zu ver weisen.
Die Entscheidung vom 7. August 2015 sollte Ihnen von Grü nen und SPD noch in den Ohren klingen.
Die heutige Debatte hätte zum Ende der Legislaturperiode zei gen können, dass Politik auch gemeinsam an der Sache ori entiert arbeiten kann. Vor allem Sie, liebe Kollegen von Grü nen und SPD, haben dies aber verhindert. Damals haben Sie in Zeiten, in denen auch für unsere parlamentarische Demo kratie geworben werden sollte, leider das Gegenteil getan.
Abschließend möchte ich mich zum einen bei der Landtags verwaltung bedanken. Ganz besonders danken möchte ich aber meinem parlamentarischen Berater Dr. Christian Lange für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.
Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Auch die Denkschrift 2015 hat keine Skandale offenbart, und sie hat auch keine besonders gravie renden Fälle öffentlicher Verschwendung ans Tageslicht ge bracht. Aber auch die vorliegende Denkschrift des Rechnungs
hofs hat eine ganze Fülle von Anregungen und Hinweisen für einen sparsameren und effizienteren Umgang mit öffentlichen Mitteln erbracht. Die Verdienste des Rechnungshofs um eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung sind unstrit tig. Wir, das Parlament, würdigen dies am besten dadurch, dass wir uns rasch und intensiv mit den Anregungen des Rech nungshofs auseinandersetzen, dass wir sie, gegebenenfalls auch in veränderter Form, aufgreifen und dass wir auch die Umsetzung der einmal gefassten Beschlüsse konsequent im Auge behalten.
Dass wir die Denkschrift auch in diesem Jahr erst im Febru ar abschließend beraten, zeigt, dass sich der Ausschuss für Fi nanzen und Wirtschaft wiederum viel Zeit für die Beratung einzelner Denkschriftbeiträge genommen hat. Es zeigt aber nicht, dass er sich mit besonderer Intensität um die zentralen Fragen der Denkschrift gekümmert hat, sondern bedeutet eher, dass die Regierungskoalition viel Zeit gebraucht hat, um mit den für sie schwierigen Themen der Denkschrift – den großen wie der überflüssigen Verschuldung des Jahres 2014 oder den kleinen wie dem Umgang mit der Schwimm- und Sporthalle des Bildungszentrums Schwäbisch Gmünd – einigermaßen umgehen zu können.
Auf drei Themen der Denkschrift will ich kurz eingehen.
Das ist erstens der Denkschriftbeitrag Nummer 3 – Landes schulden und Landesvermögen –: mehr Konsequenz beim Vollzug von Einsparverpflichtungen. Diese Mitteilung bestä tigt die Haltung der FDP/DVP-Fraktion, die immer darauf hin gewiesen hat, dass im Haushalt aufgrund der überschäumen den Steuereinnahmen der letzten Jahre genügend Reserven enthalten sind, um auf jegliche Kreditaufnahme zu verzich ten.
Wie groß diese Polster sind, zeigt sich daran, dass es neben dem Verzicht auf jegliche Kreditaufnahme auch möglich ist, erhebliche Zusatzbelastungen im Bereich der Flüchtlingsauf nahme zu finanzieren.
In den Jahren 2013 und 2014 hat die Regierung 3 Milliarden € Schulden aufgenommen und somit die Staatsschulden auf 46,3 Milliarden € getrieben. Dies war, so der Rechnungshof, nicht erforderlich. Zugleich wird damit auch deutlich, dass frühere Behauptungen, die Kreditaufnahmen seien wegen vermeint licher Erblasten früherer Landesregierungen unumgänglich,
stets reiner Unsinn der Regierung gewesen sind.
Nachhaltige Einsparbemühungen hat es unter Grün-Rot nur bei der Beamtenschaft des Landes gegeben, während anderer seits für jede Art grüner Klientelinteressen genügend Geld vorhanden war.
„Die guten Jahre sind es, die die Haushalte ruinieren“, hat der Präsident des Rechnungshofs Ihnen ins Stammbuch geschrie ben, und recht hat er.
Denkschriftbeitrag Nummer 25: Ministerium für Integration. Hier hätte die Chance bestanden, einmal sauber Bilanz zu zie hen, was denn nun tatsächlich für die Integration benötigt wird. Der Rechnungshof – man höre und staune – fordert ei ne Gesamtkonzeption für Zuwanderung und Integration. Da für war keine Zeit. Aber das kennen wir ja auch aus anderen SPD-geführten Häusern, z. B. dem Kultusministerium, dass dort ohne fundierte Grundlage Fakten geschaffen werden.
Was sagt uns der Rechnungshof? Das Ministerium ist zu klein. Es verfügt über zu kleine Referate. Genau die braucht man aber, um die eigene Klientel zu bedienen. Der Anteil der Be amten des höheren Dienstes ist dem Rechnungshof und uns zu hoch. Der Rechnungshof priorisiert eindeutig eine Stabs stelle. Wie gut, dass in der Urbanstraße immer noch „Stabs stelle Integrationsbeauftragter“ an der Haustür steht. Da kön nen die Mitarbeiter nach der Landtagswahl gleich weiterar beiten.
Denn eines ist auch klar: Baden-Württemberg ist bundesweit Vorbild, was die Integration angeht, aber nicht etwa, weil Grün-Rot die Integration in einem Ministerium verwaltet und auf dubiose Weise Fördergelder verteilt, sondern weil wir die Menschen hier in Lohn und Brot gebracht haben. Das, meine Damen und Herren, ist Grundlage erfolgreicher Integration.
Als drittes und letztes Beispiel nenne ich den Denkschriftbei trag Nummer 18: Schwimm- und Sporthalle des Bildungszen trums Schwäbisch Gmünd der Finanzverwaltung. Stellen Sie sich eine Doppelhalle vor: links eine Schwimmhalle, rechts eine Sporthalle. Die Halle ist in Landesbesitz und dient aus schließlich der privaten Freizeitgestaltung
bzw. kommunalen Zwecken. Aufgrund der Bausubstanz wird die Schwimmhalle nicht mehr betrieben. Die Bausubstanz der Sporthalle ist aber auch nicht besser.
Der Rechnungshof schlägt vor, den Betrieb beider Hallen ein zustellen und die wirtschaftlichste Lösung der weiteren Ver wendung zu ermitteln. Doch was passiert? Der Staatssekretär erinnert daran, dass er schon vor vielen Jahren Sportunterricht an Berufsschulen gefordert habe – eine Forderung, über die man zwar diskutieren kann, aber in keiner Ausbildungs- oder Prüfungsordnung im öffentlichen Dienst des Landes ist Sport unterricht vorgesehen. Was beschließt der Ausschuss mit Mehrheit von CDU und Grün-Rot? Der Betrieb der Schwimm halle wird eingestellt; hinsichtlich der Sporthalle wird ein Ge samtkonzept überprüft. Ein Teil der Halle verrottet also; der andere Teil soll für viel Geld zu einem Zweck erneuert wer den, für den kein Bedarf besteht. Für uns ist das ein Beispiel mangelnder Entschlusskraft der Regierungskoalition und der CDU.
Nein.
Natürlich gab es, wie in jedem Jahr, viele weitere Themen, bei denen der Ausschuss nicht nur formale Einmütigkeit erzielte und sich die Empfehlungen des Rechnungshofs unverändert oder modifiziert zu eigen machte.
Deshalb gilt es auch heute, die in aller Regel exzellente Ar beit des Rechnungshofs zu würdigen; einzelne Punkte der Kri tik können und sollen darüber nicht hinwegtäuschen.
Zum Schluss unser Dank an Präsident Munding, die Damen und Herren des Senats und alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofs: Das Parlament hat Ihnen al len viel zu verdanken.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der Titel der Aktuellen Debatte ist in der Tat bemerkenswert: „Auf die Lehrer kommt es an“. Das kann man nur als späte sozialdemokratische Reue und Ein kehr verstehen.
Fünf Jahre Grün-Rot, das waren fünf Jahre Politik gegen die Lehrer in Baden-Württemberg.
Und so wird Ihre Regierungszeit zahlreichen Lehrerinnen und Lehrern in Baden-Württemberg auch in Erinnerung bleiben.
Tatsächlich gab es zuvor keine Landesregierung, die ihre bil dungspolitischen Ziele bzw. Träumereien so schonungslos auf dem Rücken der Lehrerinnen und Lehrer ausgetragen hat wie die grün-rote, und es wird – diese Prognose wage ich – wohl auch erst einmal keine nach ihr geben.
Als Opposition ist es aber unsere Pflicht, Ihrem offenbar sehr kurzen Gedächtnis hinsichtlich der grün-roten Zumutungen für die Lehrer einmal auf die Sprünge zu helfen.
Erstens: Grün-Rot kürzte die Eingangsbesoldung für neu ein gestellte Beamtinnen und Beamte um 8 %.
Zweitens: Trotz vollmundiger Versprechungen hielt Grün-Rot an der erzwungenen sechswöchigen Arbeitslosigkeit für an gehende Lehrerinnen und Lehrer fest.
Drittens: Obwohl sich Grün-Rot noch vor der Landtagswahl 2011 dem schwarz-gelben Vorhaben einer Klassenteilersen kung auf 28 Schüler anschloss, wollte Grün-Rot nach der Wahl nichts mehr davon wissen
und sprach einem abgesenkten Klassenteiler jede Wirksam keit ab. Dabei hätten gerade kleinere Klassen nicht nur bes sere Arbeitsbedingungen für Lehrer geschaffen, sondern auch mehr Möglichkeiten für individuelle Förderung eröffnet. Ge nau deshalb hat ja die Gemeinschaftsschule als einzige wei
terführende Schule auch das Privileg eines Klassenteilers von 28 von Ihnen erhalten.
Viertens: Ohne jede Bedarfserhebung verschrieb sich GrünRot dem Sparziel von 11 600 zu streichenden Lehrerstellen und nahm den Schulen mit den Kürzungen viel Gestaltungs spielraum. Über zweieinhalb Jahre hinweg hielt Grün-Rot die ses Schreckgespenst aufrecht, wohl nicht zuletzt deswegen, um die Botschaft auszusenden: „Lehrer, der einzig sichere Ha fen für euch ist die Gemeinschaftsschule; bewerbt euch bes ser dort, denn überall sonst wird gekürzt.“
Fünftens: Die Mittel, die in die teuren Gemeinschaftsschulen investiert wurden, fehlen natürlich an anderer Stelle. Offen sichtlich wird das bei der Schulbauförderung. Während der Neu- und Umbau von Schulgebäuden gefördert wird, wie er bei der Gemeinschaftsschule wegen der neuen Pädagogik not wendig ist, gibt es für eine schlichte Sanierung von Schulge bäuden nichts. Dabei bräuchten viele Schulgebäude dringend eine Sanierung. Und ein guter Gebäudezustand hat wahrlich mit guten Arbeitsbedingungen zu tun, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Sechstens: Keine Landesregierung hat den Lehrern so miss traut wie die grün-rote. Mit der Abschaffung der Verbindlich keit der Grundschulempfehlung gehöre der „Sortierwahn der Lehrer“ der Vergangenheit an,
freute sich die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, San dra Boser. Aus ihrer Sicht geht es bei der Grundschulempfeh lung also nicht um die professionelle Beratung durch die Leh rer über den weiteren Schulweg der Kinder, sondern um ei nen „Sortierwahn der Lehrer“ –
das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen.
Siebtens: Als sich die Lehrerverbände zu deutlicher Kritik an der grün-roten Bildungspolitik genötigt sahen, beschimpfte sie der SPD-Fraktionsvorsitzende als – Zitat – „Heulsusen“.
Achtens: Statt auf die pädagogische Freiheit setzte die miss trauische grün-rote Koalition auf Bevormundung der Lehrer. Das betraf nicht nur den Umgang mit Facebook, WhatsApp und Co., ohne dass für ein adäquates Ersatzmedium gesorgt worden wäre, sondern vor allem ureigene pädagogische Ent scheidungen. Den Gemeinschaftsschullehrern ist es von vorn herein nicht erlaubt, Noten zu geben, und wenn eine Nicht versetzung bei einem Schüler notwendig erscheint, gibt es auch dazu keine Möglichkeit mehr. Das ist den Realschulleh rern in der fünften Klasse künftig ebenso nicht mehr möglich. Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus sind auch nur in Ausnahmefällen erlaubt, obwohl sie die Schüler auf den Hauptschulabschluss vorbereiten sollen.
Zu groß ist offenbar die Angst von Grün-Rot, es könnte so et was wie ein Hauptschulbildungsgang entstehen, der am Ende vielleicht noch mehr Erfolg hat als die privilegierte Gemein schaftsschule. Wenn Sie keine Angst davor hätten, könnten Sie hier mehr Freiheit für die Lehrer zulassen.
Neuntens: Dass sich eine Schule bei Aufnahme eines Schü lers nicht einmal dessen Grundschulempfehlung zeigen las sen darf, ist gleich eine doppelte Misstrauenserklärung –
sowohl an die Lehrer der aufnehmenden Schule als auch an die Lehrer der Grundschule, die sich ihre Entscheidung sicher lich nicht leicht gemacht haben.
Die Liste der grün-roten Zumutungen gegenüber der Lehrer schaft ließe sich fortsetzen, beispielsweise um all das, was Grün-Rot nach der Kritik der Opposition und der Lehrerver bände wieder hat fallen lassen, wie beispielsweise den Ein heitslehrer auf Gymnasialniveau.
Namens der FDP/DVP-Landtagsfraktion möchte ich den Leh rerinnen und Lehrern mit ihren Verbänden danken, dass sie so unbeirrt für ihre Anliegen, aber auch für den Erhalt unseres vielfältigen Bildungswesens eingetreten sind, nämlich dieses Bildungswesens, das durch Qualität beste Erfolge hervorge bracht hat. Für diese Erfolge sind in erster Linie die Lehrerin nen und Lehrer dieses Landes verantwortlich.
Gestatten Sie mir, dass ich in diesem Zusammenhang auch einmal ein Wort über Professor Thorsten Bohl verliere. Die ser glühende Vorkämpfer der Gemeinschaftsschule wollte im mer den Lehrer abschaffen und durch den Lernbegleiter er setzen. Nun kommt Professor Bohl in seiner Eigenschaft als Chefevaluator der Gemeinschaftsschule zu dem Schluss, es komme eigentlich gar nicht so sehr auf die Schulart, sondern auf den Unterricht und damit auf den Lehrer an. Ja, herzlich willkommen in der Praxis, Herr Professor Bohl!
Diese Erkenntnis hätte er nicht nur von Bildungswissenschaft ler John Hattie haben können, sondern er hätte einfach einmal Schülerinnen und Schüler zu diesem Thema befragen sollen.
So könnte nun auch die SPD versucht sein, sich beim zwei fellos grünen Projekt Gemeinschaftsschule vom Acker zu ma chen, weil es dort, wie von Bohl zu hören war, an einigen Stel len noch nicht rundläuft und weil es den Sozialdemokraten vielleicht dämmert, dass mit einer Bildungspolitik gegen die Lehrerinnen und Lehrer ein Bildungsangebot der Qualität auf Dauer eben nicht zu machen ist.
Namens der FDP/DVP-Landtagsfraktion fordere ich den Kul tusminister deshalb auf, nachdem Sie den ersten mutigen Schritt zur heutigen Debatte gegangen sind: Gestehen Sie ein, dass Sie sich mit Ihrer ideologischen Bildungspolitik in die sem Land verrannt haben. Hören Sie künftig lieber auf die Praktiker vor Ort, die Lehrerinnen und Lehrer. Wenn Sie de
ren pädagogische Freiheit achten, dankt Ihnen das unser ge samtes Bildungssystem.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Ich möch te zunächst auf einen Aspekt eingehen, den meine Vorredner von CDU und SPD ganz zu Beginn angesprochen haben. Die se hatten es als problematisch dargestellt, dass sich Eltern in Baden-Württemberg dazu entscheiden, ihre Kinder in Schu len in freier Trägerschaft zu schicken.
Ich finde, das muss klargestellt werden. Die FDP/DVP steht zu den Schulen in freier Trägerschaft,
wenn sie eine Ergänzung des gegliederten Bildungswesens sind. Daran ist überhaupt nichts zu kritisieren, weder von der SPD noch von der CDU.
Eines ist aber auch klar: Wenn Eltern in Baden-Württemberg das Gefühl haben, dass an den staatlichen Schulen nicht mehr die Leistung erbracht wird, die sie sich für ihre Kinder erhof fen, dann werden die Privatschulen wie Pilze aus dem Boden schießen, und das muss verhindert werden.
Schulen in freier Trägerschaft: ja, aber nur als Ergänzung des gegliederten Bildungswesens.
Dazu muss man sie aber auch entsprechend auskömmlich fi nanzieren, damit sie Schulen in freier Trägerschaft in sozialer Verantwortung sein können. Das verhindern Sie jedoch. Da rauf werden wir beim nächsten Tagesordnungspunkt aber noch zu sprechen kommen.
Ein weiterer Punkt: Herr Kultusminister, dass ausgerechnet Sie hier das Wort „Lüge“ in den Mund nehmen, finde ich ein starkes Stück. Sie haben über mich persönlich an einer Schu le im Landkreis Ludwigsburg behauptet, ich hätte gesagt, die Gemeinschaftsschulen seien ein Verbrechen an Kindern. Das war wahrheitswidrig. Das wissen Sie ganz genau. Dafür gibt es Zeugen. Das habe ich nie gesagt. Ich warte bis heute auf eine Entschuldigung von Ihnen. Das habe ich Ihnen persön lich krummgenommen.
Ein weiterer Punkt: Der Kultusminister hat hier wieder ein mal vom Zweisäulenmodell und von der einen Schule für al le gesprochen. Wenn es nach dieser Landesregierung geht, soll es in Baden-Württemberg zukünftig nur noch zwei Schular ten geben: auf der einen Seite das Gymnasium, auf der andern Seite die Gemeinschaftsschule.
Das halten wir Freidemokraten für eine dramatische Verar mung der Bildungslandschaft in Baden-Württemberg. Wir sind für ein vielfältiges gegliedertes Bildungswesen, das bis 2011 seine Leistungsfähigkeit eindrucksvoll bewiesen hat: niedrigste Schulabbrecherquote unter allen 16 Bundesländern, niedrigste Sitzenbleiberquote unter allen 16 Bundesländern und niedrigste Jugendarbeitslosigkeit.
Das vielfältige gegliederte Bildungswesen hat seine Leis tungsfähigkeit bewiesen.
Deshalb setzen wir uns für den Erhalt von Sonderschulen, von Förderschulen, von Werkrealschulen, von Realschulen, von Gymnasien und auch der zahlreichen beruflichen Bildungs gänge ein, weil die Menschen nicht gleich sind, sondern un terschiedliche Interessen, unterschiedliche Begabungen und unterschiedliche Motivationen mitbringen. Für diese Vielfalt der Menschen ist nach Ansicht der FDP/DVP ein vielfältiges gegliedertes Bildungswesen notwendig, meine Damen und Herren.
Sie wollen die eine Schule für alle. Das ist das Gegenteil von dem, was die FDP/DVP will. Wir wollen für jede Schülerin und für jeden Schüler die passende Schule, aber nicht die ei ne Schule für alle, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wenn der Kollege Lehmann beim Landesschülerkongress die zahlreichen Bildungswege in Baden-Württemberg als – Zitat – „Schrott“ bezeichnet,
dann spricht das eine deutliche Sprache. Wir sind der Mei nung, das Bildungssystem in Baden-Württemberg ist eben nicht Schrott. Wenn der Vorsitzende des Bildungsausschusses des baden-württembergischen Landtags diese zahlreichen We ge als „Schrott“ bezeichnet, dann spricht das auch für sich.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, ich zitie re aus den „Badischen Neuesten Nachrichten“ vom 23. Janu ar 2016. Die Überschrift lautet:
Wunsch: Schule zum Wohlfühlen
In dem Artikel heißt es:
Als „Schrott“ bezeichnete der grüne Landtagsabgeord nete Siegfried Lehmann die „vielen Schulstrukturen in Baden-Württemberg“.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es ist verständlich, dass Sie sich jetzt feiern lassen wollen. Nachdem die Geschichte Ihrer Bildungs politik in den vergangenen fünf Jahren vor allem eine Ge schichte des Scheiterns war, bringt Ihre Regierung zum Schluss noch einen Gesetzentwurf ein, der allgemeine Zustim mung findet.
Auch die FDP/DVP-Fraktion unterstützt die Anliegen dieses Gesetzentwurfs. Aber auch auf die Gefahr hin, dass ich Ihnen jetzt die Feierlaune verderbe:
Der eine Teil des Gesetzentwurfs besteht in einer nachträgli chen Reparaturmaßnahme zum Inklusionsgesetz, und der an dere in einem längst überfälligen Schritt zur Anhebung der Privatschulzuschüsse,
um den diese Regierung sowieso nicht herumgekommen wä re.
Zunächst zur nachträglichen Reparaturmaßnahme: Lehrkräf te aus Sonderschulen in freier Trägerschaft sollen künftig im Rahmen der Inklusion auch an staatlichen Schulen eingesetzt werden können. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, der aber § 38 Absatz 1 des Schulgesetzes entgegensteht, wo nach an staatlichen Schulen eingesetzte Lehrkräfte Bediens tete des Landes sein müssen. Die FDP/DVP-Fraktion hat des halb bereits bei den Beratungen zum Inklusionsgesetzentwurf den Antrag gestellt, diesen Paragrafen zu streichen – aber ver geblich. Grün-Rot lehnte ab.
Nun soll mit einiger Verspätung dasselbe Problem auf ande re Weise behoben werden. Wir Freien Demokraten wollen die ser Regelung nicht im Weg stehen und werden abwarten, in wieweit sie sich bewährt.
Leider wird der späte Zeitpunkt der Regelung zur Überlas sung von Lehrern privater Sonderschulen zum Vorwand ge nommen, diese erst zum 1. August 2016 in Kraft treten zu las sen, obwohl die Kooperation bereits im laufenden Schuljahr praktiziert wird. Dies ist praxisfern, bringt die Verantwortli
chen vor Ort in Schwierigkeiten und lässt sie hinsichtlich der Finanzierung im Regen stehen. Korrekt wäre es, die nachträg liche Reparaturmaßnahme als solche einzugestehen und die Regelung zeitgleich mit dem Gesetz in Kraft treten zu lassen.
Der Landesverband für Menschen mit Körper- und Mehrfach behinderung wurde nicht in die offizielle Anhörung einbezo gen – aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion ein unverständlicher Fauxpas –, hat aber dennoch eine Stellungnahme abgegeben.
Darin verweist der Verband darauf, dass die Berechnungs grundlage für die Kostenerstattung unklar ist. Dies wäre nicht so schlimm, wenn die freien Schulen darauf vertrauen könn ten, dass in solchen Fragen fair mit ihnen verfahren wird. Lei der sind die freien Schulen in Bezug auf die Berechnung der Zuschüsse des Kultusministeriums aber gebrannte Kinder.
Insgesamt unterstützen wir das Vorhaben zwecks erleichter ter Kooperation zwischen staatlichen Schulen und Sonder schulen in freier Trägerschaft. Es zeigt, dass das Personal und die Kompetenz der Sonderschulen insgesamt für die Inklusi on unverzichtbar sind. Wir erneuern deshalb unsere Forde rung, die Sonderschulen nicht ausbluten zu lassen. Sie sollten nicht nur wieder Sonderschulen heißen – nachdem Grün-Rot ihnen den Namen schon einmal weggenommen hat –, sondern die Kompetenzzentren sein, von denen aus die Inklusion ko ordiniert und fachlich betreut wird.
Unterstützen wird die FDP/DVP-Landtagsfraktion auch die Erhöhung der Zuschüsse für die Schulen in freier Träger schaft. Insbesondere bei den freien Gymnasien waren die De ckungsgrade stark eingebrochen, wie der letzte Privatschul bericht gezeigt hat. Also verdanken wir diese Erhöhung we niger der grün-roten Landesregierung als vielmehr dem Brut tokostenmodell. Indem es die gestiegenen Deckungslücken transparent macht, ist es aus Sicht der FDP/DVP ein Warnsys tem, das es zu bewahren gilt. 80 % Deckungsgrad sind schließ lich das Ziel aller im Landtag vertretenen Fraktionen. Erreicht werden mit dieser Erhöhung aber lediglich 78,1 %.
Also bleibt noch einiges zu tun, zumal nach wie vor Kosten blöcke wie die Ganztagsbetreuung aus der Bruttokostenrech nung ausgeklammert werden. Dafür hat die Landesregierung den freien Schulen aber einseitig eine Versorgungsabgabe auf gebrummt, rund 12 000 € pro neu eingestelltem verbeamte ten Lehrer – das ist keine Kleinigkeit.
Wenn die hieraus resultierenden Kosten der freien Schulen gegengerechnet werden, ist dies für Grün-Rot ein Spiel – lin ke Tasche, rechte Tasche –, für manche freien Schulen aber ein existenzbedrohliches Verlustgeschäft.
Was sollen die freien Schulen in solch einer Situation auch anderes machen als gute Miene zum bösen Spiel, bei dem sich Grüne und SPD kurz vor der Wahl als Helden der Privatschul finanzierung feiern wollen?
Wäre Grün-Rot auch zukünftig an freien Schulen in sozialer Verantwortung gelegen, hätten Grüne und SPD gemeinsam mit den Privatschulverbänden ein Modell zur Bezuschussung von Ganztagsschulen entwickelt – so, wie CDU und FDP/ DVP seinerzeit das Bruttokostenmodell gemeinsam mit den Privatschulverbänden entwickelt haben.
Damit ist die Zukunftsaufgabe beschrieben, zu der Grün-Rot der Wille und auch der Mut fehlen.
Positiv ist die Aufnahme der Berufsschulen in die Privatschul bezuschussung. Allerdings geschah dies nur auf Druck eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs, wie das Kultusministe rium im Entwurf auch zähneknirschend berichtet.
Dabei ist die Berufsschule eine im Schulgesetz verankerte Schulart, sodass eine Bezuschussung freier Berufsschulen ei gentlich keine Frage sein sollte.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Zunächst ist es wichtig, noch einmal festzuhalten, dass die Opposition dazu da ist, der Regierung auf die Finger zu schauen und vor allem diejenigen Aspekte ins Licht zu rücken, die nicht in Ordnung sind. Bejubeln tun Sie sich schon selbst zur Genüge, wie gerade eben zu hören war.
Wohl nirgendwo anders sind die Aktuellen Debatten so schlecht aufgehoben wie bei der SPD-Fraktion des baden-württember gischen Landtags. Regelmäßig zeugen Thema und Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Debatten von einer thema tischen Ausgezehrtheit, die angesichts der bedeutsamen Ge schichte der Sozialdemokratie in Deutschland wirklich bemer kenswert ist.
In der Vergangenheit musste das Thema Kleinkindbetreuung als Notnagel für eine einfallslose SPD-Fraktion herhalten. Zwölf Mal widmeten wir uns schon diesem Thema. Allein sechs Aktuelle Debatten beantragte die SPD zu diesem The ma. Dabei tauschten wir immer die gleichen Argumente aus. Der Lernerfolg der SPD beschränkte sich leider darauf, das Thema Kleinkindbetreuung heute nicht schon wieder als Lü ckenbüßer einzusetzen – aber immerhin.
Nun muss der Solidarpakt Sport III herhalten. Doch auch mit diesem Thema führt die SPD die Institution Aktuelle Debatte eigentlich ad absurdum.
Welche Aspekte wollen Sie bei diesem Thema eigentlich de battieren? Es gibt aus Sicht der FDP/DVP dazu schlicht nichts zu debattieren, weil nichts strittig ist.
Debattieren heißt doch eigentlich, ein Streitgespräch zu füh ren. Regierung und Opposition streiten um die besten Lösun gen. Parteipolitischen Streit gibt es beim Solidarpakt Sport III aber nun wirklich nicht.
CDU und FDP/DVP haben den Solidarpakt Sport I begrün det. Grün-Rot hat ihn fortgeführt. Den Solidarpakt Sport III haben CDU, Grüne, SPD und FDP/DVP einhellig begrüßt.
Die FDP/DVP unterstützt den Solidarpakt Sport seit seiner ersten Auflage uneingeschränkt. Durch diesen Pakt erhält der Sport seine unverzichtbare finanzielle Stabilität und Verläss lichkeit. Dies ist uns Liberalen selbstverständlich überaus wichtig; denn Sport ist weit mehr als die körperliche Betäti gung einzelner Mitglieder der Gesellschaft. Sport bringt Men schen zusammen – unabhängig von Geschlecht, Alter, sozia ler Herkunft, religiöser oder politischer Anschauung und kör perlichen Voraussetzungen. Damit erbringt er eine unschätz bare gesellschaftliche Integrationsleistung.
Sowohl der Breitensport als auch viele Bereiche des Leis tungssports leben dabei vom Ehrenamt. Diesen Aussagen wer den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, doch sicher zustimmen können. So müssen Sie sich eingestehen, dass das Thema wichtig, aber für eine Aktuelle Debatte nicht wirklich geeignet ist.
Dabei gäbe es durchaus naheliegende Themen, die zu einer Debatte auch tatsächlich taugen würden. Ich kann Ihnen eini ge Beispiele dazu nennen.
Da wäre zum einen die zunehmende Konkurrenz zwischen Sportvereinen, Volkshochschulen und gemeindlich getrage nen Fitnesscentern oder ähnlichen Einrichtungen.
Hier könnte die grün-rote Landesregierung einmal zeigen, wie sie sich für eine Verständigung
zwischen dem organisierten Sport, den Gemeinden und dem Volkshochschulverband einsetzt. Bei Ihnen ist aber leider nur Fehlanzeige.
Nehmen wir das Thema der grün-roten Pflichtganztagsschu le.
Gestern hatten wir zu diesem Thema eine wirklich aktuelle Debatte, nämlich über die Wahlfreiheit der Eltern hinsichtlich der Ganztagsbetreuung in der Grundschule. Leider verweigert sich die grün-rote Landesregierung aber immer noch dem Vor schlag der FDP/DVP, auch die offene Ganztagsschule ins Schulgesetz aufzunehmen –
mit Unterricht am Vormittag und offenen Angeboten am Nach mittag.
Kollege Sckerl, wenn Sie mir vorhalten, das sei die falsche Rede, dann zeigen Sie damit nur, dass Sie keine Ahnung vom Vereinsleben in den Kommunen haben. Sie wissen nicht, wie schwierig es ist, das mit den Grundschulen zu vereinbaren.
Die offene Ganztagsschule würde echte Wahlfreiheit für die Eltern bedeuten, auch wenn sie für ihre Kinder einmal ein au ßerschulisches Angebot des Sportvereins wählen wollen und dafür lieber auf die Angebote der Schule verzichten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von Grün-Rot, Sie aber ha ben ein starres Einheitskonzept für die Ganztagsschule ins Schulgesetz geschrieben. Denn ausschließlich die verpflich tend rhythmisierte Ganztagsschule findet sich im Schulgesetz. Die dort noch erwähnte Wahlform bedeutet nichts anderes, als dass an einer Schule ein verpflichtend rhythmisierter Ganz tagszug und ein Zug mit Vormittagsunterricht angeboten wer den. Ein Zug mit offenen Angeboten, der u. a. für die Sport vereine wichtig wäre, ist am Nachmittag jedoch nicht vorge sehen.
Ihre Rhythmisierung in der verpflichtenden Ganztagsschule heißt: Unterricht und Phasen mit Angeboten außerhalb des Unterrichts wechseln sich den Tag über ab. Ein Vormittagsan gebot ist für Ehrenamtliche im Sport sehr viel schwerer zu or ganisieren als ein Nachmittagsangebot.
Es beschleicht einen der Verdacht, dass Ihnen das auch gefällt. Denn mit ihrem Ganztagsschulgesetz beweisen Grüne und So zialdemokraten, dass sie offensichtlich keinen engen Bezug zum Vereinsleben haben. Mit Ihrem Ganztagsschulgesetz be weisen Sie, wie gering Sie das dort gelebte ehrenamtliche En gagement schätzen. Offenbar wollen Sie lieber, dass die Kin der von Angestellten der Schulen betreut werden als von Ver einen, denen Sie durch von Ihnen organisierte Hindernisse die Kinder und Jugendlichen entziehen.
Bei diesen Themen könnten baden-württembergische Sozial demokraten einmal Farbe bekennen, wenn sie ernsthaft über die Gegenwart und Zukunft des Sports in Baden-Württemberg diskutieren wollen. Davor drücken Sie sich aber. Sie wollen sich lieber selbst beweihräuchern. Die Menschen brauchen aber Antworten auf die Fragen, die ich Ihnen gerade eben ge stellt habe.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Werter Herr Kollege Schmiedel, ganz herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Das, was Sie mir gesagt haben, war mir – ob Sie es glauben oder nicht – bekannt.
Deshalb habe ich hier erstens von der großartigen Geschich te der Sozialdemokratie gesprochen. Zweitens habe ich das im Geschichtsunterricht an passender Stelle meinen Schüle rinnen und Schülern anhand der entsprechenden Quellen selbst verständlich auch immer so mitgeteilt.
Ich habe drittens nie gesagt, dass Sie hier nicht über Sport dis kutieren dürften. Nur: Das Thema, das Sie heute gewählt ha ben, ist nicht strittig, eignet sich für eine Debatte nicht.
Ich habe Ihnen Alternativthemen genannt, zu denen auch Sie gerade eben kein einziges Wort verloren haben.
Ich hätte vom Vorsitzenden der SPD-Fraktion in diesem Haus erwartet, dass er etwas zu der Frage sagt, wie die Sportverei
ne, die Volkshochschulen und die gemeindlich getragenen Fit nesscenter – – Da gibt es ja Probleme. Fehlanzeige! Dazu ha ben Sie nichts gesagt.
Dazu, warum Sie die offene Ganztagsschule nicht mit ins Schulgesetz aufnehmen, haben Sie nichts gesagt.
Das wäre aber heute wichtig gewesen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Stellungnahme des Kultusminis ters zum FDP/DVP-Antrag zur Wahlfreiheit bei den Ganz tagsgrundschulen ist ein weiteres trauriges Beispiel dafür,
wie sich diese Landesregierung in ihrer Bildungspolitik erst vollständig verrennt und sich dann weiter in etwas verbohrt, das von vielen Seiten als falsch erkannt wird – und das, ob wohl es an Mahnungen, Warnungen und Verbesserungsvor schlägen nicht gemangelt hat. Dabei wäre Flexibilität und nicht Sturheit das Gebot der Stunde in der Bildungspolitik all gemein wie bei den Ganztagsschulen im Besonderen.
Denn nach der dritten repräsentativen JAKO-O-Bildungsstu die in Zusammenarbeit mit Emnid bevorzugen 30 % der El tern eine verbindliche Ganztagsschule, aber fast ebenso vie le, nämlich 29 %, eine klassische Halbtagsschule. Die größte Gruppe dabei ist die Gruppe derjenigen, die eine Ganztags schule mit freiwilligem Nachmittagsprogramm – kurz: eine offene Ganztagsschule – bevorzugen. Schon allein diese Zah len belegen, dass das grün-rote Ganztagsschulkonzept völlig am Bedarf und Wunsch der Eltern vorbeigeplant ist.
Denn Grün-Rot hat nur – ich wiederhole: nur – die verpflich tend rhythmisierte Ganztagsschule im Schulgesetz verankert. Jetzt werden Sie schelten und sagen: „Herr Kern will nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir auch die sogenannte Wahlform ins Schulgesetz geschrieben haben.“ Aber was bedeutet denn ei gentlich diese Wahlform? Nichts anderes, als dass die Eltern die Wahl haben zwischen ganz oder gar nicht,
zwischen verpflichtend rhythmisierter Ganztagsschule und nur Halbtagsschule, ohne dass die Kinder offene Angebote wahr nehmen können.
Die Wahlform aber mit der offenen Ganztagsschule gleichzu setzen ist nichts anderes als Rosstäuscherei gegenüber den El tern. Ich bitte Sie von Grün-Rot, eine solche Gleichsetzung im Interesse von Wahrheit und Klarheit zu unterlassen.
In der Praxis führt die Wahlform übrigens häufig zu sogenann ten Mischklassen. Das heißt, sowohl Ganztags- als auch Halb tagsschüler haben vormittags jeweils fünf Stunden und noch einmal nachmittags Unterricht. Die Ganztagsschüler gehen dann noch an zwei bis drei weiteren Nachmittagen in eine Be treuungsform, die mal als Lernatelier, mal als Unterricht be zeichnet wird. Arbeitsgemeinschaften, z. B. in Kooperation mit Vereinen, finden häufig nicht statt. Das aber wäre im In teresse der Qualität und auch der Verankerung der Schule in ihrem gesellschaftlichen Umfeld eigentlich das Gebot der Stunde.
Die Unzufriedenheit der Eltern mit den Mischklassen ist be sonders groß. Uns vorliegende Zahlen zu einer Schule bele gen, dass fast ein Drittel der Befragten die Mischklassen als völlig ungenügende Lösung ansehen. Ein Drittel würden ei ne andere Betreuungsform wählen, vorzugsweise eine Halb tagsschule und einen Hort.
Grün-Rot geht offenbar von der irrigen Grundannahme aus, dass die Ganztagsschulen die Hortangebote überflüssig mach ten. Anders ist nicht zu erklären, warum das Land aus der Hortfinanzierung aussteigt. Wenn eine neue Ganztagsschule eingerichtet wird, wird der Hort nicht weiter bezuschusst. Auch neu eingerichtete Horte werden nicht mehr gefördert, wie wir der Stellungnahme zu unserem Antrag entnehmen konnten.
Wie das dann vor Ort läuft, wurde uns jetzt am Fall der Stadt Karlsruhe geschildert. Es wurde der Bedarf an Ganztagsschu le und Halbtagsschule abgefragt. Nach dem tatsächlichen Be treuungsbedarf und den Zeiten wurde jedoch nicht gefragt. Im Fall der Oberwaldschule hat sich die Schulkonferenz auf die ser Grundlage für eine Ganztagsschule entschieden. Das wä re vielleicht gar nicht nötig gewesen, aber der gut funktionie rende Hort wird nun geschlossen.
Dass Grün-Rot mit dieser Bildungspolitik die Horte austrock net, ist schlicht ignorant gegenüber dem Bedarf der Eltern. Weil der Hort ein flexibles Angebot ist, ist er ein Erfolgsmo dell. Die Zahlen sind beeindruckend: 5 591 Gruppen verläss liche Grundschule, 6 696 Gruppen flexible Nachmittagsbe treuung, 866 Horte an der Schule und 513 herkömmliche Horte – das macht insgesamt 13 666 Gruppen im Schuljahr 2013/2014.
Es kann doch nicht gut sein, die flexiblen Hortangebote durch eine starre Einheitsganztagsschule zu ersetzen. Immer mehr Eltern sind auf diese Flexibilität dringend angewiesen.
Aber auch der massive Druck, mit dem die verpflichtend rhythmisierte Ganztagsschule von Grün-Rot vorangetrieben wird, macht aus dem falsch gewickelten Ladenhüter kein Er folgsmodell.
Die Koalition war davon ausgegangen, dass die Ganztags schulen alten Typs aus der christlich-liberalen Zeit – die gab es nämlich – nun auf die neuen Ganztagsschulen umsteigen würden, gibt es doch einen großen Zuschlag an Lehrerwo chenstunden. Trotzdem sind zum Schuljahr 2014/2015 nur 79 von 264 offenen und 168 gebundenen Ganztagsschulen um gestiegen, zum Schuljahr 2015/2016 gar nur 32. Das heißt, trotz zweier Ganztagsrunden ist die Mehrheit der offenen Ganztagsschulen nicht zum grün-roten Konzept gewechselt.
Übrigens haben 102 von 113 Ganztagsgrundschulen zum Schul jahr 2015/2016 die Wahlform gewählt, und nur elf sind voll ständig verpflichtende Ganztagsschulen.
Warum beharrt Kultusminister Stoch so auf der starren, ver pflichtend rhythmisierten Ganztagsschule? Warum ist für die Maximalvariante mit vier Ganztagen à acht Zeitstunden mit zwölf zusätzlichen Lehrerwochenstunden der Hauptgewinn reserviert? Und warum hat Grün-Rot den Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion abgelehnt, mit dem neben der gebunde nen auch die offene Form der Ganztagsschule ins Schulgesetz aufgenommen worden wäre?
In seiner ansonsten eher lieblos ausgefallenen Stellungnahme gibt der Kultusminister einen Hinweis.
Zu den Fragen unter den Ziffern 5, 6 und 7 heißt es – Zitat –:
Die neue Ganztagsschule ist wie ausgeführt keine offene Betreuungseinrichtung, sondern verfolgt ein pädagogi sches Konzept. Die Landesregierung sieht im verstärkten Ausbau von Ganztagsschulen einen wichtigen Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit.