Katrin Altpeter

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Last Statements

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Wir sollten eines sicher nicht tun: Wir sollten nicht bis zum Jahr 2013 warten, um uns erneut dieses Themas anzu nehmen. Denn dann sind wieder zwei Jahre möglicherweise im Dornröschenschlaf vergangen. Wieder wird mit Zahlen ge arbeitet, und wieder hat sich womöglich nichts verändert. Des wegen müssen wir dieses Thema ständig bearbeiten. Da gibt es wahrlich genug zu tun.
Als Sie, liebe Frau Ministerin, vorhin von Frauen gesprochen haben, die so gern in Teilzeit arbeiten, können Sie alle mög lichen Berufe gemeint haben. Aber Sie haben sicher nicht die Verkäuferin gemeint, die von 18:00 bis 22:00 Uhr an der Kas se im Supermarkt sitzt, und Sie können auch nicht die Erzie herin gemeint haben, die allein zwei Kinder zu versorgen hat und schlicht und einfach beispielsweise in der Region Stutt gart mit dem Gehalt, das sie bezieht, nicht überleben kann. Die können Sie sicher nicht gemeint haben.
Ich möchte einen Punkt ansprechen, der mir in der Debatte et was zu kurz gekommen ist. Die Frauenförderung wurde ins besondere von den Vertreterinnen von CDU und FDP/DVP vorwiegend auf Familienpolitik beschränkt. Frauenförderung ist aber mehr als Familienförderung, und Gleichstellung ist mehr als nur ein Frauenthema. Hierbei geht es nämlich auch um die Entwicklung unseres Landes und um die Perspektiven, die Frauen einbringen können.
Vor nicht allzu langer Zeit haben wir hier an dieser Stelle er lebt, wie der Ministerpräsident das McKinsey-Gutachten vor gestellt hat. In diesem werden Potenziale und Perspektiven des Landes dargestellt. Einen großen Umfang in diesem Gut achten nimmt die Förderung von Frauenpotenzialen im Hin blick auf einen zukünftigen Arbeitsmarkt, auf einen zukünf tigen Fachkräftemangel ein.
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass der Ministerpräsi dent dieses Thema hier nur am Rande gestreift hat, obwohl al le immer beklagen, wie groß der Fachkräftemangel ist, und darauf hinweisen, dass die Kinder, die wir zukünftig als Fach kräfte brauchen, heute bereits geboren sind.
Wenn wir also von Fachkräftemangel reden, geht es darum, Frauen zu fördern, Frauen in Berufe zu bringen, bei denen das Gehalt auskömmlich ist. Es geht auch darum, dass sie in Gre mien entsprechend vertreten sind. Wenn es nach Ihnen geht, sollen Frauen dagegen nicht nur in der Wirtschaft in BadenWürttemberg, sondern auch in den Gremien keine große Rol le spielen.
Dazu darf ich ein Beispiel anführen: Wochenlang wird in al len Medien darüber diskutiert, ob wir in Deutschland ange sichts der Tatsache, dass der Frauenanteil in den Aufsichtsrä ten der großen Konzerne unter 10 % liegt und dieser Frauen anteil in der Regel durch die Frauen auf der Arbeitnehmersei te zustande kommt, eine feste Frauenquote brauchen. Wir for dern das. Das fordert auch die CDU-Bundesarbeitsministerin
von der Leyen, und die Bundesfamilienministerin Schröder fordert immerhin eine Stufenregelung. Sie nehmen offensicht lich die ganze Debatte nicht wahr, obwohl sich – wie Frau Krueger erwähnt hat – die frauenpolitischen Sprecherinnen in dieser Sache mehrmals an den Ministerpräsidenten gewandt haben.
Sie besetzen am nächsten Tag – übrigens gegen unseren Wil len – Aufsichtsratsposten, für die das Land die Kandidaten be nennen kann, ausschließlich mit Männern. Ich nehme es Ih nen nicht ab, dass Sie in ganz Baden-Württemberg nicht eine Frau gefunden haben, die unser Land kompetent im Aufsichts rat der EnBW hätte vertreten können.
Sie haben nicht mit ernsthaftem Vorsatz gesucht. Damit ha ben Sie auch gegen das Gesetz zur Chancengleichheit in un serem Land verstoßen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt viel zu tun. Es gilt, die Unterschiede in der Bezahlung auszugleichen. Es gilt aber auch, gleiche Bedingungen zu schaffen.
Sie haben sich vorhin darüber mokiert, dass von unserer Frak tion ein Mann zu diesem Thema gesprochen hat: Ich glaube, das ist ein wichtiges Zeichen, weil Gleichstellung ein Thema für alle ist und nicht nur ein Nischenthema für Frauen bleiben darf.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Angesicht der schrecklichen Ereignisse am 11. März 2009 in Winnenden, aber auch der Ereignisse in Wendlingen gilt es auch den Blick auf die Folgen zu richten, die diese Ereignis se haben – zunächst für die Hinterbliebenen, für die Angehö rigen, für die Eltern, für die Geschwister, dann aber auch für die ganze Gesellschaft, für die ganze Stadt. Erst neulich war in der „Stuttgarter Zeitung“ ein ganzseitiger Bericht über die Befindlichkeit in Winnenden nach diesen Ereignissen und die Veränderungen, die in den Menschen stattfinden, zu lesen. Diese Veränderungen sind vielleicht zunächst einmal gar nicht so sichtbar, weil jeder versucht, irgendwie seinen Alltag wei terzuleben, aber diese Veränderungen sind doch in einer Ge sellschaft, in einer Stadt da. Sie wirken in vielem weiter und lassen vieles nicht vergessen.
Angesichts dessen, aber auch angesichts der Zunahme von psychischen Schwierigkeiten bei Kindern und Jugendlichen, der Zunahme von erlebtem Leistungsdruck, von Ängsten und angesichts der Entwicklung eines gesellschaftlichen Ausein anderdriftens, bei dem man zunehmend den Eindruck ge winnen kann, dass gesellschaftliche Grundvereinbarungen, Grundsätze wie Zusammenhalt, Füreinander-Einstehen, aber auch die Solidarität der Stärkeren mit den Schwächeren ein
bisschen verloren gehen, ist es umso wichtiger, dass mit dem Bericht über die Umsetzung der Beschlussempfehlungen, den die Landesregierung heute in ihrer Mitteilung vorlegt, die Ar beit des Sonderausschusses ihre Fortsetzung findet.
Ich möchte Ihnen dafür danken. Das sage ich auch und vor al lem als Abgeordnete aus dem Rems-Murr-Kreis. Ich bin mir sicher, dass das, was der Sonderausschuss beschlossen hat, im Rahmen des Möglichen in die Wege geleitet wird. Sicher wä re immer noch mehr möglich. Das muss ich auch sagen. Si cher wäre auch – darauf werde ich noch eingehen – noch man ches andere wünschenswert. Aber auf die Punkte, auf die sich der Sonderausschuss geeinigt hat, ist reagiert worden, und es wurden die entsprechenden Konzepte erstellt. Wenn auch manches schneller gehen könnte, so wird doch die Umsetzung nun in die Wege geleitet.
Aber – auch das möchte ich sagen – wir waren uns im Son derausschuss einig: Wir werden mit all den Maßnahmen, die wir ergreifen, Amoktaten vermutlich niemals gänzlich verhin dern können. Dennoch ist es unsere Pflicht, Möglichkeiten zu schaffen, damit die Kinder in unserem Land besser und siche rer aufwachsen können. Das wird nicht in einem Hauruckver fahren gehen; das wird nicht allein mit der Verkündung schnel ler politischer Großtaten gelingen, sondern das wird ein Pro zess sein, der eine eigene Dynamik bekommen wird und der sich mit Sicherheit in seinem Verlauf auch verändert.
Daher, denke ich, sind wir auf einem guten Weg. Es ist wich tig für uns alle, es ist wichtig für unser Land und für die Men schen, die in diesem Land leben, hier mit den Anstrengungen nicht nachzulassen,
das Geschehene nicht aus dem Blick zu verlieren, nur weil man in ein paar Jahren die Dinge vielleicht nicht mehr so grau sam erlebt, wie sie zu Beginn waren. Das ist eine der wich tigsten Zukunftsaufgaben für uns alle, egal, wie die Regierung nach dem 27. März aussehen wird. Das soll uns allen eine Selbstverpflichtung sein.
Die verschiedenen Maßnahmen wurden soeben schon darge stellt. Deswegen muss ich darauf nicht mehr im Einzelnen ein gehen. Ich möchte nur noch einige Punkte ansprechen.
Es ist gut, dass das Gewaltpräventionsprogramm nach Dan Olweus an allen Schulen installiert wird. Darauf haben wir uns im Sonderausschuss auch geeinigt. Es ist gut, dass dies schnell mit zunächst 40 Schulen startet, dann aber weiter ver breitet werden soll, und dass man generell zu einer Einigung über Gewaltpräventionsprojekte an unseren Schulen gefun den hat.
Es ist auch gut, dass die Zahl der Schulpsychologen erhöht wird. Etwas bitter ist es natürlich, dass Schulpsychologie als eigener Studiengang nicht vorgesehen ist, sodass es schwie rig wird, die große Zahl von Schulpsychologen, die wir ei gentlich haben wollen, zu finden. Da wäre es ganz wichtig, in den bestehenden Studiengängen noch einiges zu tun. Das steht auch im Bericht. Es fehlt allerdings noch etwas an Konkreti sierung, um das einmal so zu sagen.
Eine weitere Forderung, die der SPD-Fraktion im Sonderaus schuss sehr wichtig war, die wir dort nicht durchsetzen konn ten, die sich aber mit Ihrer Argumentation, Frau Kurtz, jetzt trifft, nämlich wegzukommen von der Kommstruktur und dorthin zu gehen, wo die Schülerinnen und Schüler sind, be trifft die Schulsozialarbeit. Ich möchte hier auch für unsere Fraktion noch einmal deutlich sagen: Mit der Implementie rung und damit auch der Finanzierung der Schulsozialarbeit haben wir eine der besten Möglichkeiten, ein niedrigschwel liges Angebot zu machen, aber auch ein Angebot, das die Menschen ganzheitlich sieht und sie nicht nur in einer spezi ellen Problemsituation wahrnimmt. Wie gesagt: Ich kann die se Forderung hier nur erneuern. Schulsozialarbeit ist Teil der Bildungsarbeit und deswegen auch Landesaufgabe.
Eine wichtige Rolle hat für uns auch die Frage der Elternkom petenz, der Erziehungskompetenz der Eltern gespielt. Wir ha ben im Sonderausschuss beschlossen, es sollten Beratungs module für Eltern in Zeiten typischer Umbruchsituationen im Kinderleben installiert werden. Das hört sich sehr sperrig an.
Man hätte es eigentlich auch etwas einfacher ausdrücken kön nen. Was sind typische Umbruchsituationen im Leben? Ich würde sagen, da kommt zunächst die Pubertät, und irgend wann später kommen vielleicht die Wechseljahre.
Aber dafür sind wir hier nicht zuständig.
Was uns da stört, ist Folgendes: Es wird jetzt die Konzeption vorgelegt, das Programm STÄRKE nach seinem Auslaufen im Jahr 2013 mit einem Beratungsangebot für Eltern weiter zuentwickeln, das dann zunächst an 20 Schulen in eine Mo dellphase gehen soll. Ich muss sagen, da hätte man auch schon etwas früher ansetzen können, statt erst 2013, nach dem Aus laufen von STÄRKE, ein neues Modell zu implementieren und danach eine Evaluation vorzunehmen. Irgendwann haben wir es dann, aber dann sind die Kinder schon lange groß. Da her wäre es für uns ein ganz wichtiges Anliegen, hier zügiger vorzugehen.
Hier gäbe es aus unserer Sicht auch eine Andockung an die Schulsozialarbeit; damit wird sich vielleicht manches Modell beschleunigen.
Das wäre vielleicht nicht schlecht. – Wenn Sie schon sagen, Herr Kleinmann, das könne man sich überlegen, müssten Sie nur noch Ihre Kolleginnen und Kollegen überzeugen. Dann bekommen wir das vielleicht auch hin.
Alles in allem: Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, auf dem es jedoch noch sehr viel zu tun gibt. Damit kann nicht Schluss sein.
Ich möchte nur abschließend noch eines sagen – damit wird vielleicht manches Gute vonseiten der Landesregierung selbst konterkariert –: Ich finde, wenn der Justizminister dieses Lan des, wie letzte Woche geschehen, auf einer Podiumsdiskussi on in einer Schule in Winnenden begründet, warum er nur ei ne Waffe abgegeben hat und die zweite behält – nämlich zum Schutz seiner Familie; falls denen einmal etwas passiert, kann er seine gut verschlossene Waffe schnell aus dem Schrank he rausholen, um seine Familie zu schützen –, und dies ausge rechnet an diesem Ort so darstellt, tut er seiner Landesregie rung und dem, was wir im Sonderausschuss in großer Einig keit beschlossen haben, keinen Gefallen. Es wäre dann viel leicht doch einmal eine Überlegung wert, ob man, wenn man, wie wir es tun, mit so vielen Programmen arbeitet und sich so umfangreich der Frage der Gewaltprävention nähert, so je manden in der Landesregierung brauchen kann.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass ich zum statistischen und demografischen Teil heute keine Ausführungen mehr machen muss; darüber sind wir ja vom Vorredner erschöpfend informiert worden.
Nichtsdestotrotz bleibt die Tatsache festzuhalten, dass wir auch in Baden-Württemberg wie in fast der gesamten Repu blik vor einem Pflegenotstand stehen, dass wir jeden Tag aus den verschiedenen Regionen, aus den Krankenhäusern, aber auch aus den Pflegeheimen Klagen darüber hören, dass kaum mehr geeignete Fachkräfte gefunden werden können, dass oft die Zugangsqualifikationen nicht so sind, dass entsprechende Bewerber fachlich richtig pflegen können. Wir sehen, dass es an dieser Stelle einen dringenden Bedarf gibt, die Aus- und Weiterbildung grundsätzlich zu regeln. Ich sage es nicht zum ersten Mal: Grundsätzlich begrüßen auch wir diesen Gesetz entwurf, den die Landesregierung hier vorgelegt hat.
Damit das gleich aufhört da hinten:
Gleichwohl – das haben wir in den Beratungen des Sozialaus schusses mehrmals gesagt – birgt der Gesetzentwurf einige Schwierigkeiten, einige Aspekte, die noch unklar sind, die aus unserer Sicht auch zu beheben gewesen wären, wenn Sie denn unserem Anliegen gefolgt wären – das haben wir eingefordert –, im Sozialausschuss dazu noch einmal eine Anhörung durch zuführen, wenn wir uns dort noch einmal mit der Frage aus einandergesetzt hätten, wie eine Erprobungsklausel aussehen könnte.
Denn in der Tat, Herr Rombach, haben Sie recht: Das geht nur über Modellvorhaben, wenn wir Weiterbildungen bzw. Wei terqualifizierungen und Studiengänge regeln wollen. Aber es wäre aus unserer Sicht einer Weiterentwicklung der Pflegebe rufe durchaus angemessen gewesen, wenn wir uns an dieser Stelle sehr genau überlegt hätten, wie denn eine Weiterquali fizierung aussehen kann und wie sie gestaltet werden kann.
Wenn Sie den Gesetzentwurf heute beschließen, haben wir zwar eine Erprobungsklausel, aber sie bezieht sich lediglich
auf den – ich benutze jetzt diesen Begriff, obwohl er im Ge setz so nicht vorkommt – sogenannten Arztassistenten, also auf einen Assistenzberuf, der zukünftig darauf ausgerichtet ist, Tätigkeiten in Delegation auszuführen. Das heißt, er macht dann eigentlich nur das, was der Arzt ihm sagt. Bei den Pfle gekräften ist das aber schon heute möglich. Eine Pflegefach kraft muss genug ärztliche Tätigkeiten in Delegation ausüben.
Insofern wäre es für uns ein viel wichtigerer Schritt gewesen, zu sagen: „Lasst uns doch einmal überlegen, wie man Pflege berufe tatsächlich entsprechend qualifiziert weiterentwickeln kann, wie man zusätzlich einen Studiengang aufbauen kann.“ So bildet es sich hinterher auch in der Praxis ab.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was bringen uns denn die besten Studiengänge, wenn für die Absolventen in der Praxis bei den Trägern keine Arbeitsplätze vorhanden sind, die entsprechend vergütet werden,
bzw. wenn keine Berufsbilder festgelegt sind, die den Inhalt der Tätigkeit beschreiben? Denn wenn es zwar einen Studi engang gibt, aber der Inhalt der Tätigkeit und die entsprechen den Vergütungsregelungen nicht festgelegt sind, dann werden die Hochqualifizierten letztlich wieder für Tätigkeiten am Krankenbett eingesetzt. Dann geht es wieder von vorn los.
Insofern wäre es für uns ein ganz wichtiger Punkt gewesen, noch einmal eine Anhörung zu machen. Mit Verlaub, Herr Kollege, die Zeit dafür wäre gewesen. Die Ausbildungen und die Weiterbildungen in der Pflege beginnen am 1. Oktober. Wir hätten uns im Sozialausschuss keinen Zacken aus der Kro ne gebrochen, wenn wir noch einmal gemeinsam eine Anhö rung durchgeführt hätten und dann diese Punkte, die strittig waren – aufgrund der Zeit konnte ich jetzt nicht alle nennen –, gemeinsam weiterentwickelt hätten. Wenn wir dies gemein sam weiterentwickelt hätten, dann hätten Sie heute in großer Einmütigkeit auch unsere Zustimmung zum Gesetzentwurf gehabt. So können wir dem Gesetz nicht zustimmen.
Ich bitte Sie, sich noch einmal unseren Entschließungsantrag anzuschauen, zu überlegen, ob nicht der eine oder andere kri tische Punkt, der von Ihnen übrigens in der Sozialausschuss sitzung angesprochen worden ist, überdacht werden sollte, und unserem Antrag zuzustimmen.
Vielen Dank.
Herr Kollege Dr. Noll, ich möch te Sie fragen, ob Sie bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, dass bereits heute eine ausgebildete Pflegefachkraft Tätigkeiten ausüben kann, die in ärztlicher Delegation erfolgen. Das ist beispielsweise bei jeder Spritze der Fall, die sie verabreicht, bei einem Verbandwechsel und bei vielem mehr.
Des Weiteren möchte ich Sie fra gen: Wo liegt der Unterschied, wenn man später, nach einem sogenannten Studium, auch nur Tätigkeiten gemäß ärztlicher Delegation übernehmen kann, zur Situation, wie sie schon heute besteht? Heute wird in einem dreijährigen Ausbildungs gang zur Pflegefachkraft ausgebildet.
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir schon heute, kaum zwei Jahre, nach dem das Heimgesetz für das Land Baden-Württemberg mit Ihrer Mehrheit beschlossen wurde, über ein Änderungsgesetz debattieren müssen, spricht eigentlich nicht für die Qualität des Heimgesetzes.
Das möchte ich Ihnen gern begründen.
Als die Zuständigkeit für das Heimrecht im Zuge der Födera lismusreform II vom Bund auf die Länder überging, hat Ba den-Württemberg übereifrig gesagt: Wir machen ganz schnell ein Heimgesetz;
wir regeln darin auch die heimvertragsrechtlichen Bedingun gen, denn wir wollen die Ersten sein, damit wir wie immer sa gen können: Wir sind an erster Stelle.
Schon damals, im Frühsommer 2008, war klar, dass zunächst vom Bund das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz kommen wird, das unser Heimgesetz an der einen oder andere Stelle tangiert, dass aber auch die Frage des Heimvertragsrechts sehr umstritten ist und der Bund die Kompetenzen für sich in An spruch nimmt. Er hat das dann mit dem Wohn- und Betreu ungsvertragsgesetz umgesetzt.
Wir, SPD und Grüne, haben bereits damals in der Diskussion über Ihren Gesetzentwurf zum Heimgesetz gefordert, alles he rauszunehmen, was das Heimvertragsrecht betrifft, weil wir uns schon damals sehr sicher waren, dass es sich hierbei um eine Bundesangelegenheit handelt und dass es nicht sein kann, dass für jemanden, der in Mannheim lebt, ein anderes Heim vertragsrecht gilt als für einen Pflege- oder Hilfebedürftigen in Ludwigshafen. Deshalb ist es gut, dass Sie das nun einge sehen haben und die §§ 5 bis 9 aus dem Heimgesetz heraus nehmen werden. Dem werden wir auch zustimmen.
Ich möchte noch auf einige andere Punkte eingehen, die uns im Zusammenhang mit der Änderung des Heimgesetzes Sor gen bereiten. Zunächst möchte ich auf die Erweiterung der Er mächtigungsgrundlage eingehen. Mit der Ermächtigungs grundlage kann zukünftig durch Verordnungen die Frage „Mehrbettzimmer oder Einbettzimmer?“ geregelt werden, aber auch die Frage, wie viele Betten ein Haus, eine stationä re Einrichtung zukünftig haben soll und wo sie sich befinden soll.
Wir finden es – das möchte ich an dieser Stelle sagen – wich tig, solche Angelegenheiten zu regeln. Dennoch kann es nicht sein, dass alles, was eigentlich in das parlamentarische Ge schehen gehört, via Verordnung durch die Landesregierung geregelt wird. Denn die Sorge um die Zukunft unserer pflege bedürftigen und behinderten Menschen betrifft uns alle. Hier bei gibt es auch eine politische Dimension und nicht nur, sehr geehrter Herr Staatssekretär, eine Verordnungsdimension.
Ich möchte noch auf die Qualitätsberichte eingehen. Wir ha ben immer gefordert, die Berichte zu veröffentlichen, auch im Sinne eines besseren Verbraucherschutzes. Es wäre schön ge wesen, wenn das bereits im Jahr 2010 geklappt hätte. Nun wird es im Jahr 2011 geschehen. Wenn die Dinge dadurch bes ser werden, soll es uns recht sein.
Ich möchte allerdings warnend darauf hinweisen, dass es auch in Zukunft weiterhin zu Doppelprüfungen kommen kann. Herr Raab, da haben Sie – nicht wir – etwas übersehen. Im Gesetz steht nämlich: Doppelprüfungen können vermieden werden. Dort steht aber nicht, dass sie zwangsläufig vermieden wer
den sollen. Im Sinne des Verbraucherschutzes, aber auch im Sinne von Organisationsabläufen in den Einrichtungen vor Ort wäre es uns wichtig,
dass man Möglichkeiten findet, um zu verhindern, dass MDK und Heimaufsicht zum einen in einem kurzen Zeitabstand nacheinander prüfen, zum anderen aber auch teilweise dassel be prüfen. Wichtig wäre es, eine klare Abgrenzung zu finden zwischen dem, was die Heimaufsicht prüft, nämlich dem ord nungsrechtlichen Teil, und dem, was der MDK prüft, nämlich dem qualitativen Teil.
Insofern halten wir unsere Änderungsanträge auch heute auf recht. Darüber hinaus hätten wir uns gewünscht, dass das Heimgesetz insgesamt mehr auf die veränderten Bedürfnisse und Bedarfe der Menschen eingeht und sich mehr an der Zu kunftsfähigkeit von Pflege und Behindertenhilfe und weniger am aktuellen Stand orientiert.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie werden sich jetzt gleich wundern – bleiben Sie deswegen einfach sitzen –: Grundsätzlich begrü ßen wir die Initiative des Ministeriums für Arbeit und Sozial ordnung, Familien und Senioren Baden-Württemberg,
durch den vorliegenden Gesetzentwurf eine Gesamtkonzep tion für die Aus- und Weiterbildung in den Pflegeberufen und in den pflegeergänzenden Berufen zu erstellen.
Ich kann Ihnen jedoch das Wasser im Wein nicht ersparen und muss einfach dazusagen:
Es ist allmählich auch Zeit geworden.
Bereits in den Jahren 2000/2001 hat der Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen entsprechen de Möglichkeiten vorgestellt, wie die Pflegeberufe zukünftig neu geregelt werden können.
Im Folgenden möchte ich auf einige Punkte eingehen, die wir teilweise noch für schwierig halten, bei denen wir noch Be darf sehen, einiges zu verändern. Ich möchte aber auch auf die Dinge eingehen, die aus unserer Sicht gut sind und gelun gen sind.
Grundsätzlich richtig und angesichts der veränderten Bedar fe in den Pflegeberufen wichtig ist es, dass die Rahmenbedin gungen für die beiden Berufsfelder Altenpflege und Kranken pflege vereinheitlicht werden. Dies gilt insbesondere für den Umfang der Praxiseinsätze, aber auch für die Außeneinsätze.
Denn wir werden auch nach den Erfahrungen mit den Modell versuchen in unserem Land mit Sicherheit mittel- und länger fristig dahin kommen müssen, dass wir eine gemeinsame Pfle gegrundausbildung haben, die sich dann modular in die ein zelnen Bereiche weiterentwickelt.
Insofern, denke ich, ist hier ein erster Schritt getan. Es gibt aber noch einiges zu tun. Das werden wir gemeinsam mitei nander erledigen.
Wichtig ist für uns auch, dass jetzt die Verpflichtung zur Fort bildung festgeschrieben ist. Denn wir wissen, dass sich die Anforderungen an die Qualifikationen ständig verändern.
Ich möchte auch einmal etwas aus einer sehr persönlichen Sicht sagen: Wenn ich vor 20 Jahren eine Altenpflegeausbil dung gemacht habe, heißt dies noch nicht, dass ich ohne Wei terbildung heute ohne Weiteres in einer Altenpflegeeinrich tung qualifiziert tätig sein könnte.
Wie bitte?
Ja, klar. Das liegt an etwas anderem. – Wichtig ist auch der ausbildungsbegleitende Erwerb der Fachhochschulreife, weil er den Pflegekräften zukünftig auch den Zugang zu den Hoch schulen ermöglicht und damit auch einer weiteren Professio nalisierung eines eigenständigen Pflegeberufs dient.
In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, dass Hochschu len zukünftig im Gesetz als Weiterbildungsstätten beschrie ben sind und wir wirklich dazu kommen können, dass wir in der Pflege mehr Professionalisierung und mehr Hochschul studiengänge insgesamt haben.
Auf eines ist allerdings zu achten – allerdings kann ich das bisher noch nicht erkennen –, nämlich dass sich diese Quali fikationen auch in den Tarifgefügen, auch in den Tätigkeiten in den Einrichtungen wiederfinden und auch eine entsprechen de Refinanzierung erfahren. Denn wenn wir unsere Pflege kräfte so qualifizieren wollen – das wollen wir –, dann muss sich das auch in den Tätigkeiten und in den Tarifgefügen nie derschlagen.
In diesem Zusammenhang ist es uns sehr wichtig, die Abgren zung der Fachkraft weiter zu schärfen und klarer herauszuar beiten, wie zukünftig die Berufsinhalte, die Berufsbilder aus sehen, weil es durch die vielerlei Berufe, die jetzt neu entwi ckelt werden, zu unscharfen Abgrenzungen kommt.
Hier wäre es noch einmal sehr wichtig – das ist uns ein An liegen –, die Berufsbilder und auch die Kompetenzen und Fer tigkeiten, die damit einhergehen, noch einmal klar zu be schreiben, um eine klarere Abgrenzung dessen zu haben, was zukünftig eine Fachkraft ist, auch im Sinne der im Heimrecht vorgeschriebenen Fachkraftquote, und was als Hilfskraft bzw. als Unterstützungskraft anzusehen ist.
Ich komme zu den Alltagsbetreuern. Hierbei setzt sich das, was ich eben zu erklären versucht habe, nahtlos fort. Wir ha ben Alltagsbetreuer, wir haben Alltagsbegleitungen, wir ha ben Präsenzkräfte, wir haben ehrenamtliche Kräfte, die aus Leistungen des Pflegeleistungsergänzungsgesetzes bezahlt werden können. Auch hier ist die Abgrenzung noch zu undeut lich: Für welches Berufsbild brauche ich denn welche Ausbil dung, z. B. eine 160-stündige Ausbildung, eine einjährige Aus bildung oder eine zweijährige Hilfsausbildung? Was kann ich ehrenamtlich machen, was qualifiziert mich, und – das scheint mir ein wesentlicher Punkt zu sein – wie ist vor allem die fach liche Anleitung und Unterstützung durch Fachkräfte gegeben? Denn ich denke nicht, dass wir erwarten können, dass bil dungsferne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach einer 160-Stunden-Qualifikation zur Pflege in der Lage sind, selbst ständig zu arbeiten und selbstständig darüber entscheiden kön nen, was zu tun ist und was nicht.
Deswegen nochmals: Für uns ist die fachliche Anleitung und Begleitung sehr wichtig.
Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einen Punkt an sprechen, der vielleicht noch geändert werden sollte. Es ist uns nicht klar, was denn ein „dem Hauptschulabschluss ver gleichbarer Bildungsabschluss“ ist.
Entweder habe ich den Hauptschulabschluss auf dem üblichen Weg oder über eine Schulfremdenprüfung erworben, oder aber den Begriff „dem Hauptschulabschluss vergleichbarer Bil dungsabschluss“ müssten Sie bei Gelegenheit erklären.
Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Das ist die im Ge setz aufgeführte neue Berufsbezeichnung des Arztassistenten. Dazu muss ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, dass dies von uns abgelehnt wird. Denn wenn wir eine Weiterentwicklung der Pflegeberufe wollen, dann kann dies nicht bedeuten, dass man einen neuen Beruf des Assistenten eines anderen Berufs schafft. Das ist in der Sache an sich widersprüchlich und wird mit uns so nicht machbar sein.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Auch ich möchte mich an Herrn Minister Goll wenden.
Herr Justizminister, Winnenden gehört zu unserem gemeinsa men Wahlkreis. Wir waren beide sehr vertraut mit den Ereig nissen und Geschehnissen dort und haben mit vielen – auch
mit Angehörigen und Opfern – gesprochen. Vieles ist inzwi schen wieder alltäglich geworden, in vielen Bereichen ist wie der Normalität eingekehrt. Dennoch berichten mir noch im mer Schülergruppen, dass sie zusammenschrecken, wenn es einen lauten Knall gibt, und Ähnliches.
Herr Minister, würden Sie Ihre eigenen Aussagen in den letz ten Tagen zum Gebrauch von Waffen auch im privaten Um feld – Ihre Aussagen zu Ihren eigenen Waffen, die Sie zu Hau se haben, die, wie Sie in Interviews gesagt und eben noch ein mal wiederholt haben, dem Schutz Ihrer Familie bei Bedro hungssituationen dienen – vor diesem Hintergrund nicht als zynisch betrachten wollen? Das zum einen.
Zum anderen: Sie haben dazu aufgerufen, Waffen aus illega lem Besitz zurückzugeben.
Ich denke, es wäre ein gutes Zeichen als Vorbild auch und vor allem der Familie gegenüber, die eigenen Waffen zurückzu geben, der staatlichen Gewalt zu vertrauen und hierbei insbe sondere unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu vertrauen.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! In der Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Landesheimgesetzes zeigt sich ein weiteres Mal eine Schwierigkeit, der wir immer wieder begegnen, wenn wir es mit Situationen zu tun haben, in denen Menschen unsere Hilfe brauchen, ob sie nun pflegebedürftig, psychisch krank oder auch behindert sind: Wir stoßen immer wieder auf Wi dersprüche zwischen einerseits den ordnungsrechtlichen Re gelungen, die ein Gesetz und die dazugehörenden Verordnun gen vorschreiben, und andererseits der Lebenssituation, in der sich die Menschen befinden. Hier wird es zwangsweise im mer Widersprüche geben. Einige von diesen Widersprüchen birgt auch das Heimgesetz nach wie vor in sich. Ich möchte im Folgenden auf die Änderungen zu sprechen kommen.
Zum Ersten: Zur Streichung der heimvertraglichen Regelun gen, der §§ 5 bis 9 des Landesheimgesetzes, kann ich nur sa gen: Sehr geehrte Frau Ministerin, gut, dass Sie nun, zwei Jah re später, endlich darauf gekommen sind. Wir haben bereits bei der Gesetzesberatung im Jahr 2008 Änderungsanträge ein gebracht und gefordert, die §§ 5 bis 9 zu streichen, weil wir schon damals der Auffassung waren – heute sind wir noch im mer dieser Auffassung –, dass das Heimvertragsrecht durch den Bund geregelt werden muss. Es muss auch zivilrechtlich geregelt werden.
Nun haben Sie mit dem Verbraucherschutz argumentiert. Als Sie den Gesetzentwurf vor zwei Jahren eingebracht haben, ha ben Sie mit dem Vertragsrecht die Zersplitterung des Heim vertragsrechts in Kauf genommen. Sie haben außerdem in Kauf genommen, dass jemand, der in Mannheim wohnt, es mit einem anderen Heimvertragsrecht zu tun hat als jemand, der in Ludwigshafen wohnt.
Deshalb ist es gut, dass Sie das heute zurücknehmen wollen. Wir unterstützen das. Man lernt ja in manchen Fragen nie aus. Insofern sind wir froh, dass Sie noch lernfähig sind.
Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kom men, der sich im Heimrecht wiederfindet: Das ist die Frage der Behindertenhilfe. Sie haben es mit vorangetrieben, dass die Landeswohlfahrtsverbände abgeschafft werden und damit die Fragen der Behindertenhilfe auf die Landkreise überge hen. Das führt nun in der Folge dazu, dass wir in der statio nären Behindertenhilfe völlig unterschiedliche Entwicklun gen zu verzeichnen haben.
So haben die Landkreise ein großes Interesse daran, die stati onären Einrichtungen zu „ambulantisieren“. Es werden Misch formen geschaffen, was auch immer das Motiv dafür ist. Je denfalls gibt es in der Behindertenhilfe sehr viel Bewegung in Richtung ambulante, teilstationäre Angebote. Man kann heute sagen, wenn man nach zwei Jahren ein Resümee dieses Heimrechts zieht, dass ein Heimgesetz – so, wie es uns im Entwurf vorliegt – dieser Entwicklung nicht gerecht wird. Vielmehr müssen wir das Ganze viel flexibler gestalten, weil sich die Wohnformen für die Menschen mit Behinderungen, aber auch für chronisch psychisch Kranke und in zunehmen dem Maß für ältere Menschen ändern. Damit können wir nicht mehr von starren stationären oder rein ambulanten Einrich tungen ausgehen. Insofern sehen wir hier noch erheblichen Änderungsbedarf.
Zur Frage der Qualitätsberichte durch die Heimaufsicht möch te ich Folgendes sagen: Wir haben es befürwortet und damals auch so gefordert, dass die Heimaufsichtsberichte veröffent licht werden. Uns wäre es lieber gewesen, wenn diese Berich te schon ab 2010 veröffentlicht worden wären.
Nur wenige Monate nach dem baden-württembergischen Lan desheimgesetz wurde das Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz verabschiedet. Auch dieses Gesetz sieht Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen vor. Dessen Prüf berichte müssen ab dem Jahr 2011 veröffentlicht werden. Wir sind nun in der Situation, dass die Einrichtung einerseits durch die Heimaufsicht geprüft wird und deren Bericht veröffent licht wird. Andererseits wird die Einrichtung durch den MDK geprüft. Das war in Baden-Württemberg bisher nicht der Fall, weil es für Baden-Württemberg immer einen Sonderweg gab, wonach der MDK in Einrichtungen nur anlassbezogen prüft.
Es wäre im Sinne der Verbraucher, aber auch der Träger der Einrichtungen sicherlich besser gewesen, wenn man sich da rauf geeinigt hätte, dass die Heimaufsicht möglicherweise nur den ordnungsrechtlichen und der MDK den inhaltlichen Teil prüft. So wird bei allem Begehren nach Transparenz dennoch zu vermuten sein, dass es ein ziemliches Durcheinander ge ben wird, dass die Kriterien von Heimaufsicht und MDK un terschiedlich sein werden. Wir sind der Auffassung, dass wir das eigentlich niemandem mehr zumuten sollten.
In diesem Sinn werden wir unsere Änderungsanträge bei den Beratungen im Sozialausschuss einbringen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gedenkfeier heute Vormittag in Winnenden hat uns die schrecklichen Ereignisse vom 11. März letzten Jahres und das damit einhergehende unermessliche Leid, das damals von einer Stunde auf die andere über viele Familien hereingebrochen ist, auf bedrückende Weise noch einmal in Erinnerung gebracht.
Aber – das zu sagen möchte ich an dieser Stelle auch nicht versäumen – die Gedenkfeier heute Morgen hat auch vonseiten der Schülerinnen und Schüler Hoffnung ausgedrückt, Hoffnung auf eine Zukunft, die durchaus steinig ist, aber Hoffnung auf eine Zukunft mit einem besseren und gesünderen Aufwachsen.
Der Landtag hat sich unmittelbar nach dem Verbrechen vom 11. März vorgenommen, alles zu tun, um die Wiederholung eines solchen Verbrechens so unwahrscheinlich wie irgend möglich zu machen – aus Respekt vor den Opfern, ihren Angehörigen und Freunden sowie aus Verantwortung gegenüber den Menschen, die von den staatlichen Institutionen zu Recht ein Höchstmaß an Schutz vor solchen Taten erwarten.
Heute nun stellen wir im Landtag nach vielen Monaten intensiver Arbeit den Abschlussbericht des Sonderausschusses vor und bitten um Zustimmung zu den Empfehlungen. Zugleich legen wir damit heute in der Öffentlichkeit Rechenschaft darüber ab, ob wir unserer Verantwortung gerecht geworden sind und wirklich bereit sind, die notwendigen Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen zu ziehen.
Wir haben von den Sachverständigen im Sonderausschuss gelernt, dass es eine spezifische Prävention gegen Amoktaten nicht geben kann, wohl aber eine allgemeine Gewaltprävention und weitere Maßnahmen auf verschiedenen Feldern, die Amokläufe – so hoffen wir alle –, wenn sie sie schon nicht ganz verhindern können, so doch immerhin sehr viel unwahrscheinlicher werden lassen.
Meine Vorredner haben die Arbeit des Sonderausschusses und seine Ergebnisse in groben Linien bereits vorgestellt. Ich denke, es ist klar geworden, dass wir im Sonderausschuss in großem Umfang zu guten Ergebnissen gekommen sind.
Meine Fraktion hat 50 Handlungsempfehlungen in den Sonderausschuss eingebracht und zur Abstimmung gestellt. Viele dieser Handlungsempfehlungen wurden im Sonderausschuss mit konsensualen Formulierungen einvernehmlich beschlossen. Die Regierungsfraktionen konnten unseren Handlungsempfehlungen in elf Fällen nicht zustimmen.
Auch die Mehrheit der insgesamt acht von den Regierungsfraktionen eingebrachten Handlungsfelder wurde einvernehmlich beschlossen. Mit voller Überzeugung hat die SPD insbe
sondere dem weiterführenden Handlungsfeld zum Antigewaltprogramm nach Dan Olweus zugestimmt, das wirklich ein guter Beginn für umfassende Gewaltprävention ist.
Nicht zustimmen konnte die SPD den drei Handlungsfeldern zu den Themenbereichen Medienpädagogik und Elternberatungsmodule, die uns nicht weit genug gehen, und dem Handlungsfeld „Modellprojekt Gewaltprävention im Biathlon“. Nach unserer Auffassung muss Gewaltprävention in diesem Bereich nicht beim Biathlon ansetzen, sondern in den Schützenvereinen vor Ort.
Ich möchte einige Handlungsempfehlungen herausgreifen. Wir freuen uns darüber, dass der Sonderausschuss auf Basis unserer Vorschläge beschlossen hat, die Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren auszubauen, mehr männliche Erzieher und Grundschullehrer in der frühkindlichen Erziehung als männliche Vorbilder einzusetzen, Ganztagsschulen mit attraktiven Angeboten für diese Bereiche auszubauen und solche Angebote in den Schulalltag zu integrieren, die Erziehungskompetenz der Lehrkräfte und ihre Befähigung zur Elternarbeit sowie die Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Eltern zu stärken.
Beim Thema „Umgang mit Waffen“ konnten wir uns im Sonderausschuss zwar auf einige Punkte gemeinsam verständigen, z. B. darauf, dass die Vollzugsdefizite bei der Überprüfung der Einhaltung der Aufbewahrungsvorschriften zu beseitigen sind, dass für die psychologischen Eignungstests für unter 25-Jährige, die erstmals die Erlaubnis zum Erwerb einer Schusswaffe beantragen, bundesweit einheitliche Testverfahren entwickelt und angewendet werden, sowie darauf, Modellprojekte für die Jugend- und die Elternarbeit in Schützenvereinen zu fordern und zu fördern. Dennoch ist es leider nicht gelungen, sich gemeinsam darauf zu verständigen, den Zugang zu den gefährlichen Großkaliberwaffen drastisch einzuschränken.
Lassen Sie mich nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, noch auf einige wenige der abweichenden Voten der SPD eingehen. Die SPD hat für insgesamt elf ihrer Empfehlungen, die allesamt – das will ich hier ausdrücklich betonen – auf Aussagen der vor dem Sonderausschuss angehörten Sachverständigen beruhen, keine Zustimmung bei der Mehrheit des Sonderausschusses gefunden. Aus Zeitgründen möchte ich nicht auf alle Punkte eingehen, sondern nur einige, die besonders wichtig erscheinen, detaillierter herausgreifen. Ich möchte hier besonders das Thema Gewaltprävention und den Themenbereich Waffen ansprechen.
Die SPD hat ein Minderheitenvotum zur Gewaltprävention eingebracht, in dem sie dafür eintritt, die Schulen kindgerecht zu gestalten, mit möglichst langem gemeinsamen Lernen, und die Schulsozialarbeit auszubauen, und zwar unter Kofinanzierung des Landes. Es kann nicht sein, dass wir nur mehr Schulpsychologen einstellen – deren vermehrter Einstellung stimmen wir zu –; vielmehr brauchen wir verstärkt ein niederschwelliges Angebot an Schulsozialarbeit, die sich der Sorgen und Nöte der Kinder annimmt. Hier sehen wir eine Bildungsaufgabe und damit auch eine Finanzierungsaufgabe des Landes.
Des Weiteren fordern wir, die Präventionsarbeit von Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern zusammen mit Experten der Gewaltprävention auszubauen, zu vernetzen und die Vernetzung als Dienstaufgabe zu sehen, damit sie auch wirklich stattfindet.
Wichtig ist uns auch, dass bei der LAG Jungenarbeit in Baden-Württemberg eine hauptamtliche Stelle für pädagogische Jungenarbeit finanziert wird. Denn die Anhörungen haben gezeigt, dass wir hierauf einen besonderen Schwerpunkt legen müssen, weil die Jungen angesichts einer sich verändernden Gesellschaft noch mehr Beachtung, aber auch mehr Befassung brauchen.
Ich möchte noch einige Punkte aus unserem Minderheitenvotum zum Umgang mit Waffen ansprechen. In diesem Minderheitenvotum fordern wir ein Verbot großkalibriger Faustfeuerwaffen in Privatbesitz und ein Verbot des IPSC-Schießens. Außerdem wollen wir, dass Schützenvereine für die Überprüfung der Einhaltung von Vorschriften zur Aufbewahrung von Waffen und Munition in die Pflicht genommen werden. Schließlich treten wir dafür ein, in den Satzungen der Schützenverbände Voraussetzungen für einen Verbandsausschluss wegen verbandsschädigenden Verhaltens bei nicht ordnungsgemäßer Aufbewahrung von Waffen und/oder Munition zu schaffen.
Nun gibt es sicher unterschiedliche Sichtweisen zum Thema „Umgang mit Waffen“. Kollegin Kurtz hat vorhin gesagt, die Waffe sei das Ende und nicht der Anfang. Dem kann ich zustimmen. Dennoch heißt dies nicht, dass wir das Ende so belassen müssen. Denn zum Thema Waffen haben uns alle Experten bei den Anhörungen gesagt: Dort, wo der Zugang zur Waffe leicht ist, dort, wo man leicht an eine Waffe und an die dazugehörige Munition herankommt, führt man eine Amoktat, wenn man sie plant, auch eher aus, als wenn man keinen Zugang hat. Mit Verlaub, meine sehr geehrten Damen und Herren – diese Bemerkung sei mir hier gestattet –: Eine Waffe gehört nicht in ein Nachttischchen.
Ich möchte an dieser Stelle gern auch aus der Rede zitieren, die Bundespräsident Köhler heute Vormittag gehalten hat. Er hat zum Thema Waffenrecht gesagt:
Es kann noch viel mehr geschehen als bisher, damit gefährdete Menschen nicht an Schusswaffen gelangen und Schulen und ähnliche Orte noch besser vor Anschlägen geschützt sind.
Ich glaube, da hat uns der Bundespräsident etwas vorgegeben, was wir zu tun haben, nämlich weiter daran zu arbeiten, dass es zu einem Verbot großkalibriger Waffen kommt und dass Waffengesetze, die es in der Tat schon gibt, besser eingehalten werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Sonderausschuss hat sich seiner Aufgabe mit großem Engagement, aber auch mit hoher Kompromissbereitschaft gestellt. Diese Kompromissbereitschaft wurde von allen Fraktionen gefordert.
Es gab natürlich auch einige schwierige Beratungssituationen, die allen Seiten einiges abverlangt haben. Der nun vorliegende Abschlussbericht zeigt aber, dass sich die oft mühevolle Detailarbeit und das Ringen um gemeinsame Lösungen gelohnt haben.
Die SPD hätte sich zwar insbesondere bei der Schulsozialarbeit, beim längeren gemeinsamen Lernen, bei der Gewaltprävention, der Jungenarbeit, der verbindlichen Integration der Medienpädagogik in die Lehramtsausbildung, bei der Finanzierung der Eltern- und Familienbildung und nicht zuletzt beim Waffenrecht mehr gewünscht. Dennoch wollen wir die gemeinsam erzielten Ergebnisse keineswegs gering schätzen. Konsequent umgesetzt – darauf wird es jetzt ankommen – können sie in der Tat dazu beitragen, dass sich solch schreckliche Ereignisse wie in Winnenden und in Wendlingen nicht wiederholen, zumindest aber deutlich unwahrscheinlicher werden.
Es liegt jetzt an uns allen hier im Landtag von Baden-Würt temberg, dass wir diesen Bericht nicht einfach zur Kenntnis nehmen und damit die schrecklichen Ereignisse abhaken. Wir alle, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, stehen in der Pflicht, die Umsetzung dieses Berichts zu unserer gemeinsamen Sache zu machen. Das sind wir auch den Opfern des Amoklaufs in Winnenden und Wendlingen sowie ihren Angehörigen und Freunden schuldig.
Ich möchte mich zum Schluss ausdrücklich bei den anderen Fraktionen, insbesondere beim Ausschussvorsitzenden Chris toph Palm, für die kollegiale Zusammenarbeit im Sonderausschuss bedanken, und ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise haben wir in Baden-Württemberg die jüngs te Bevölkerung und die höchste Lebenserwartung.
Nirgendwo anders werden die Menschen so alt wie in unserem Land. Das mag vielerlei Gründe haben.
Aber sicher nicht der Grund für das Älterwerden in unserem Land ist die Politik der Landesregierung,
wenn es um die Gestaltung des demografischen Wandels geht. Wir konnten heute früh in den Zeitungen lesen, dass der demografische Wandel einen größeren Stellenwert im Land einnehmen müsse. Wir konnten sogar lesen, dass es zukünftig ein Ministerium für Demografie geben solle.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da muss man sich dann schon die Frage stellen: Was will eigentlich Demografie? Was macht Demografie? Demografie ist nichts anderes als die Beschreibung einer voraussichtlichen Bevölkerungsentwicklung. Der Teil, der sich anschließt – das wurde wohlweislich auch heute Morgen in den Zeitungen vergessen –, ist die Frage: Wie gestalten wir den demografischen Wandel?
Wie gehen wir damit um, dass auch in Baden-Württemberg die Kinderzahlen abnehmen und die Zahl derer, die alt und sehr alt werden, ansteigt?
Ich möchte in Erinnerung rufen, dass die Debatte heißt: „Steigende Lebenserwartung in Baden-Württemberg – Chance für Generationen“. Wenn wir davon ausgehen, dass wir den demografischen Wandel gestalten müssen, dann haben wir zweierlei Aufgaben an beiden Enden des Lebens: Einerseits gilt es, für unsere Kinder – deren Zahl geringer wird – das Beste zu tun, sie frühzeitig zu bilden, ihnen Sprachmöglichkeiten zu geben, ihnen Orientierung zu geben und ihnen die bestmögliche Bildung zukommen zu lassen.
Bildung ist das einzige Gut, das wir haben, das wir in die Köpfe unserer Kinder pflanzen können. Deswegen halte ich es eigentlich beinahe für einen Affront, angesichts dessen, was in der letzten Zeit an politischen Entscheidungen getroffen wurde, zu sagen: Wir haben das wunderbare „Kinderland“.
Ich darf hier an die Debatte über den Orientierungsplan erinnern. Was haben sich die Kommunen, die Städte, die Gemeinden und die Erzieherinnen angestrengt,
um den Orientierungsplan umzusetzen. Sie haben sich über mehrere Jahre hinweg fortgebildet. Mit welchem Ergebnis? Das Land sagt: „Na ja, es ist kein Geld da. Den Orientierungsplan könnt ihr machen, aber wenn, dann bezahlt ihr das selbst. Wir bezahlen nur einen Teil. Macht das freiwillig!“
So viel zu den Themen „Kinderland“, „Entwicklungschancen in unserem Land“ und „Chance für Generationen“.
Ähnliches gilt für die ältere Generation. Heute ist die ältere Generation bis weit ins hohe Alter noch sehr fit und noch bereit, zu gestalten, sich über die Maßen hinaus ehrenamtlich in unserem Land zu engagieren. Was wir hier erleben, sind Sonntagsreden, sind Verleihungen von Preisen für diese Arbeit. Was wir in Baden-Württemberg aber nicht haben, ist ein Konzept für das Ehrenamt. Wir haben keine Rahmenbedingung dafür, dass sich ältere Leute auch in Zukunft engagieren und das, was sie an Ressourcen haben, noch einbringen.
Wenn wir das alles betrachten, wenn wir auch sehen, was wir mit dem Abschluss der Arbeit der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ und dem Bericht über die Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Enquetekommission im letzten Jahr hier beraten und beschlossen haben, dann muss ich sagen: viele Zahlen, viel Wissen um die Fakten, wenig bis nichts getan.
Mehr in der zweiten Runde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich greife gern einen der letzten Sätze meines Vorredners auf, nämlich den Satz: Politik macht sich am Konkreten fest.
Wenn ich heute Morgen nur etwas Konkretes gehört hätte, dann würde ich Ihnen gern glauben.
Wir haben gehört, dass die Menschen in unserem Land besonders alt werden, dass die Sonne besonders oft scheint und dass der Wein in Baden-Württemberg – das kann ich, da ich aus dem Remstal komme, bestätigen – besonders gut ist.
Weiter haben wir gehört, dass so weit alles in Ordnung sei – man mag es dem Wein oder der Sonne verdanken –
und dass es eine Studie zu Fixierungen geben solle. Das waren die wesentlichen Inhalte der bisherigen Debatte. Ich muss sagen: Wenn Sie eine Debatte mit dem Titel „Steigende Lebenserwartung in Baden-Württemberg – Chance für Generationen“ anberaumen, dann hätte ich schon erwartet, dass es in der Tat auch etwas Konkretes zu hören gibt.
Ich hätte konkrete Ausführungen darüber erwartet, wie Sie den demografischen Wandel im Land gestalten wollen, wie Sie mit den Herausforderungen, aber auch mit den Chancen, die mit ihm einhergehen, umgehen wollen.
Ich habe heute Morgen gehört, dass die Menschen am liebs ten zu Hause alt werden wollen. Das wollen wir alle. Wenn
man uns fragt, wie wir alt werden wollen, dann sagen wir: Am besten zu Hause bleiben bis zum Schluss und dann aufs Sofa legen und sterben.
Nun ist dies aber nicht allen älteren Menschen vergönnt. Wir wissen, dass mit der Hochaltrigkeit auch das Risiko der Pflegebedürftigkeit steigt. Dazu habe ich heute nichts gehört: keine Aussage darüber, wie hier im Land damit umgegangen werden soll, dass die älteren Menschen in der Tat zu Hause bleiben wollen, aber Hilfe brauchen, Unterstützung brauchen, Beratung brauchen und hierfür ein entsprechendes Angebot brauchen.
Das Einzige, was Baden-Württemberg nach der Verabschiedung des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes, das in der Tat ein Bundesgesetz ist, getan hat, war die Schaffung von 50 auf ein Mindestmaß reduzierten Pflegestützpunkten im Land. Das bedeutet einen Pflegestützpunkt pro Landkreis,
das heißt – ich sage es nur für einen Landkreis, für den RemsMurr-Kreis – ein Beratungsangebot für 417 000 Einwohner. Wäre es bei der ursprünglichen Planung geblieben, die Sie im Land und im Bund maßgeblich blockiert haben, dann wären allein im Rems-Murr-Kreis 20 Beratungsangebote vorhanden, und in anderen Landkreisen sähe es ähnlich aus.
Dann hätten wir die Chance gehabt, die Menschen zu erreichen.
Mit Staatskommissarin hat das herzlich wenig zu tun. Aber es hat mit einer Frage zu tun, die heute von Ihrer Fraktion, aber auch von den anderen des Öfteren genannt wurde, nämlich mit der Frage, wie man in unserem Land in Würde alt wird.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Wenn wir schon eine so hohe Lebenserwartung mit dem Risiko der Pflegebedürftigkeit am Schluss haben, dann müssen wir auch der Tatsache ins Auge sehen, dass manches nicht mehr zu Hause geht, dass man früher oder später doch in ein Pflegeheim einziehen muss.
Die Zahl derer, die in ein Pflegeheim einziehen werden, wird ansteigen. Das wissen wir. Das wurde heute auch nicht genannt. Gleichzeitig lassen Sie im nächsten Jahr die Investitionskostenförderung für Pflegeheime auslaufen. Das wird da
zu führen, dass es zum einen für die zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner teurer wird,
ebenso wie für die von Dr. Noll benannte Sandwichgeneration, die für ihre Eltern aufkommt. Zum anderen haben Sie jede Gestaltungsmöglichkeit der Pflege im Land aufgegeben und wollen alles dem Markt überlassen. Das nennen Sie dann „in Würde altern“.
Gleiches gilt für ein Thema, das uns allen sehr wichtig ist – darüber wurde zumindest in den letzten Plenartagen diskutiert, und es wurde auch so formuliert –, nämlich die zunehmende Demenz älterer Menschen. Auch hier kann ich nichts bis sehr wenig erkennen. Bei der letzten Runde im Plenum haben sich die Sprecher aller Fraktionen dafür ausgesprochen, dass die Landesregierung im Hinblick auf die Demenz mehr tut, dass ein „Zehn-Punkte-Aktionsprogramm Demenz“ in Kraft treten soll. Das wurde von der Landesregierung abgelehnt. Jetzt sagen Sie mir, was es bedeuten soll, wenn wir einerseits eine Demografiebeauftragte haben, die schön die Zahlen herunterbeten kann, gleichzeitig aber an konkreter Politik – da gebe ich Ihnen recht, Herr Raab: Politik macht sich am Konkreten fest – nichts, aber auch gar nichts geschieht.
Ich würde uns allen wünschen – auch im Sinne der Chancen für die Generationen in diesem Land –, dass Sie sich, bevor Sie noch einmal eine solche Debatte beantragen, wirklich überlegen, was Sie an Konkretem in der Tasche haben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Passagen aus dem Leitantrag „Kinderland Baden-Württemberg Plus. Ein Erfolgsmodell schafft Zukunft“ auf dem CDU-Parteitag vom letzten Wochenende
zum Thema Kindesvernachlässigung und der darauf folgenden Äußerung von Kultusminister Rau – ich darf zitieren: „Fangen wir einmal da an, wo Sanktionen möglich sind“ –, haben wir Fragen an die Landesregierung.
Für den Fall, dass Eltern ihre Kinder vernachlässigen, gibt es in der Kinder- und Jugendhilfe gute Instrumentarien, um darauf zu reagieren, darunter insbesondere die sozialpädagogische Familienhilfe. Mit dieser Hilfeform sollen Familien direkt unterstützt werden und soll Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden. Kürzungen von Leistungen an Familien werden von Experten als genau das falsche Instrument bezeichnet, ganz einfach aus dem Grund, weil man mit der Kürzung von Leis tung nicht die Verursacher bestraft, sondern die Opfer. Das sind in diesem Fall die Kinder.
Daher frage ich Sie: Sollen nach Ansicht der Landesregierung Familien mit Problemen eher Hilfen – was das richtige Instru
ment wäre – oder Sanktionen erhalten? Wie würden sich Sanktionen auf das Zusammenleben in der Familie, aber auch in unserer Gesellschaft auswirken?
Nach Angaben der Bundesernährungsministerin, Frau Aigner von der CSU, kommen rund ein Viertel aller Schulkinder ohne Frühstück in die Schule.
Wären aus Sicht der Landesregierung bei all diesen Familien Sanktionen in Form einer Kürzung angemessen,
und wie könnte das gestaltet werden? Wenn jemand einmal ohne Frühstück in die Schule kommt, bekommt er dann 5 € Abzug oder zwei Tage Fernsehverbot? Wie wollen Sie dies gestalten?
Welche Methoden könnten hier angewendet werden, damit die Kinder in der Tat ein Frühstück bekommen und es damit keinen Abzug gibt?
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben von den Vorrednern jede Menge über Länderinteressen, über die Veränderung des Gesundheitssystems gehört. Nur an einer Stelle – dafür bin ich Ihnen dankbar, Herr Hoffmann – wurden die Patientinnen und Patienten erwähnt.
Ansonsten war es die Fortführung der vagen, nebulösen Aussagen im Koalitionsvertrag, durch die die eigentlich wichtigen Entscheidungen bis zur NRW-Wahl 2010 in Kommissionen vertagt wurden, weil man sich nämlich darum drücken will, zu sagen, was man im Bereich Gesundheit und Pflege wirklich vorhat.
Die Richtung ist klar. Sie, Herr Dr. Noll, haben zwar versucht, darum herumzureden. Aber dennoch ist klar, dass die solidarische und gerechte Finanzierung der Risiken Krankheit und Pflegebedürftigkeit im Alter aufgekündigt werden soll.
Bisher galt, dass Starke für Schwache, Junge für Alte, Gesunde für Kranke einstehen.
Nun haben wir es mit einer massiven Entsolidarisierung des Systems zu tun.
Darüber können auch Ihre Beteuerungen, dass Sie ein sozial gerechtes und finanzierbares Gesundheitssystem erhalten wollen, nicht hinwegtäuschen.
Ich möchte gern einmal wissen, wie es eigentlich vonstatten gehen soll, wenn Ihr neuer Gesundheitsminister am 24. Oktober sagt: Es wird definitiv nicht teurer. Denn gleichzeitig wird die Steuerfinanzierung einer zukünftigen Gesundheitsprämie ins Spiel gebracht. Da muss ich Sie schon fragen, wer das eigentlich zahlen soll. Wer zahlt denn Steuern in diesem Land? Die Bürgerinnen und Bürger.
Gleichzeitig tut sich an dieser Stelle schon wieder ein weiterer Konflikt auf. Der bayerische Ministerpräsident, der ja bei Gesundheitsthemen auch nicht ganz ahnungsfrei ist,
sagt:
Wir führen da eine eigenartig schräge Diskussion: Viele, die finden, eine Steuerreform sei nicht finanzierbar, unterstellen gleichzeitig, dass man über den Bundeshaushalt einen sozialen Ausgleich für die Krankenkasse bezahlen kann. Wenn das eine angeblich nicht möglich ist, ist das andere erst recht nicht möglich.
Da muss ich sagen: Er hat ganz einfach recht.
Ja; es kommt auf die Qualität der Frage an.
Herr Kollege Kluck, ich teile Ihre Ansicht nicht. Aber ich kann Ihnen gern etwas zur Solidarität sagen. Solidarität wäre in diesem Fall, wenn wir die privat Versicherten in die gesetzliche Versicherung einbeziehen würden. Das wäre ein Akt der Solidarität der Menschen in diesem Land.
Bislang haben sich die Beschäftigten und die Arbeitgeber die Kosten für die Krankenversicherung je hälftig geteilt.
Damit machen Sie jetzt Schluss. Der Beitragsanteil für die Arbeitgeber soll bei den aktuellen 7 % eingefroren werden. Kos tensteigerungen in der Gesundheitsversorgung, sei es durch den demografischen Wandel, sei es aber auch durch den medizinischen Fortschritt bei einer immer älter werdenden Gesellschaft, werden zukünftig allein die Versicherten tragen müssen.
Alle anderen Mittel müssen für Geschenke an Ihre Klientel herhalten. Sie haben deutlich gesagt, wer die Profiteure sein werden. Profiteure werden die Ärzte sein, obwohl die 140 Millionen €, die den Ärzten in Baden-Württemberg versprochen waren – dazu haben Sie auch kein Wort gesagt –, noch immer nicht da sind. So viel zu dem, was die Frau Bundeskanzlerin dem Ministerpräsidenten verspricht.
Profiteure werden die Apotheken sein. Profiteure werden – das haben Sie auch gesagt –
die Körperschaften sein. Die gesetzlich Versicherten hingegen werden verlieren und mehr bezahlen. Das kann nicht richtig sein.
Herr Dr. Noll, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Präsident!
Der Präsident wird mir das in diesem Fall nachsehen.
Selbst das lauteste Brüllen macht falsche Aussagen nicht richtiger.
Im Gegensatz zu Ihren Unterstellungen habe ich von einer solidarischen Finanzierung des Gesundheitssystems und – das möchte ich an dieser Stelle auch sagen – der Pflege gesprochen, aber nicht von einer paritätischen.
Sie haben uns vorgeworfen, wir hätten die paritätische Finanzierung während unserer Regierungszeit in Berlin verlassen. Das ist mitnichten der Fall. Wenn man schon mit den Sozialgesetzbüchern durch die Gegend wirft, dann sollte man sich zumindest im Klaren darüber sein, dass die paritätische Versicherung im Jahr 1995 mit der Einführung der Pflegeversicherung verlassen wurde, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Feiertag dafür aufgegeben haben.
Jetzt wurde viel von den „wunderbaren Verbesserungen“ gesprochen, die das neue Gesundheitssystem bringen wird, wie auch immer es ausgestaltet sein wird. Ich habe schon vorhin gesagt, dass darüber nur die geringsten Aussagen gemacht wurden. Es wurden Aussagen dazu gemacht, welche Gruppen zukünftig Vorteile haben werden, aber es wurden sehr wenige Aussagen darüber gemacht, welche bitteren Pillen es für die gesetzlich Versicherten in Zukunft geben wird. Das sollte man der Ehrlichkeit halber dann auch sagen.
Wenn der Arbeitnehmeranteil um eine einkommensunabhängige Pauschale ergänzt oder der Beitrag sogar ganz in eine Kopfpauschale umgewandelt wird – diese Ziele haben Sie ja nicht versteckt –,
dann zahlt die Sekretärin den gleichen Beitrag wie der Bankdirektor.
Gehen Sie einmal von folgendem einfachen Beispiel aus: Nehmen wir eine Erzieherin mit zwei Kindern.
Sie wissen, wie hoch die Einkommen von Erzieherinnen sind. Diese Erzieherin wird über ihren Arbeitnehmeranteil in Zukunft vermutlich einen höheren Beitrag zahlen müssen, weil die Kosten steigen. Die Kosten steigen übrigens auch in Baden-Württemberg. Erst in dieser Woche war in den „Stuttgarter Nachrichten“ zu lesen: Die Kostensteigerungen bei den Krankenhäusern lagen im vergangenen Jahr bei 4 %. Also wird sie künftig vermutlich höhere Beiträge zahlen müssen. Das heißt, sie hat weniger Netto vom Brutto.
Wenn Sie dann noch zusätzlich diese Pauschale einführen, dann zahlt sie doppelt.
Mehr Leistung; das werden wir sehen. – Wo, bitte, soll das dann solidarisch sein?
Wenn Sie hier eine ehrliche Debatte führen wollen, dann müssen Sie die Debatte so führen, dass Sie hier klar und deutlich und nicht nur versteckt sagen, welchen Gruppen Sie Vorteile verschaffen wollen, und zwar zum Nachteil der gesetzlich Versicherten.