Protocol of the Session on June 27, 2007

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 27. Sitzung des 14. Landtags von Baden-Württemberg und begrüße Sie.

Krank sind heute gemeldet Frau Abg. Haußmann sowie die Herren Abg. Braun und Jägel.

Aus dienstlichen Gründen hat sich Herr Minister Professor Dr. Reinhart entschuldigt.

Meine Damen und Herren, die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 7. Mai 2007 mitgeteilt, dass das Mandat des ausgeschiedenen Kollegen Boris Palmer auf Frau Ilka Neuenhaus übergegangen ist. Sie hat die Wahl angenommen und mit Wirkung vom 26. Mai 2007 die rechtliche Stellung einer Abgeordneten des 14. Landtags von Baden-Württemberg erworben.

Frau Neuenhaus, ich begrüße Sie sehr herzlich in diesem Haus und wünsche Ihnen eine erfolgreiche Arbeit als Abgeordnete.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Meine Damen und Herren, auf Ihren Tischen finden Sie eine Vorschlagsliste der Fraktion GRÜNE für Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüssen (Anlage). Ich stelle fest, dass Sie den vorgeschlagenen Umbesetzungen zustimmen. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.

Im E i n g a n g befindet sich die Mitteilung des Finanzministeriums vom 6. Juni 2007 – Vierteljährliche Unterrichtung über Steuereingänge und Staatsausgaben im Haushaltsjahr 2007 (Januar – März). Die Mitteilung des Finanzministeriums ist Ihnen als Drucksache 14/1352 zugegangen. – Sie nehmen davon Kenntnis.

Wir treten damit in die Tagesordnung ein.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Aktueller Handlungsbedarf für mehr Verkehrssicherheit in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP

Meine Damen und Herren, es gelten die üblichen Redezeiten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Ich darf die Mitglieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an diese zeitliche Vorgabe zu halten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Bullinger.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Blick in die aktuellen Tageszeitungen zeigt genauso wie der Blick in die Statistik des Statistischen Bundesamts, dass die Unfallzahlen in Deutschland und auch in Baden-Württemberg erschreckend angestiegen sind und es seit der Beantwortung unserer Großen Anfrage vom 4. Oktober 2006 keine Besserung gegeben hat.

„Südwest Presse“ 22. Juni: „Vom Lkw-Anhänger gerammt – Bus überschlägt sich mehrmals“, ein Toter, viele Verletzte. „Stuttgarter Nachrichten“: „Vier Menschen sterben bei der Kollision mit der Bahn trotz des roten Warnsignals.“ “Südwest Presse“ 26. Juni: „Ostalbkreis: Raser rücken stärker ins Visier der Ordnungshüter.“ „Nürnberger Nachrichten – Fränkische Landeszeitung“: „Städtereise endet mit Tragödie: Bei Busunglück sterben 13 Menschen in Sachsen-Anhalt.“ „Hohenloher Tagblatt“ 23. Juni: „Zwei Autos prallen auf umgekippten Laster“, zwei Tote, ein lebensgefährlich Verletzter. Das waren ein paar Ausschnitte aus Zeitungen der letzten acht Tage. Ich könnte das fortführen.

Der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamts vom 21. Juni 2007, also ganz aktuell, ist zu entnehmen:

32 % mehr Verunglückte im Straßenverkehr im April 2007. 478 Menschen kamen im April 2007 nach vorläufigen Ergebnissen... bei Straßenverkehrsunfällen in Deutschland ums Leben. Das waren 84 Personen oder über ein Fünftel... mehr als im April 2006. Die Zahl der Verletzten hat sich um 33 % auf 40 100 erhöht.

Sicherlich wurde bei dem sommerlichen Wetter im April mehr als im gleichen Monat des Vorjahres gefahren. Aber bedenklich ist, dass die Personenschäden um ein Drittel zugenommen haben.

Nimmt man den Zeitraum von Januar bis April 2007, also einen längeren Zeitraum, so stellt man fest, dass über 18 % mehr Personen verunglückt sind als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wobei bei den Verkehrstoten ein Anstieg um 10 % zu beklagen ist.

An den immer sicherer gewordenen Fahrzeugen – Crashzone, Airbag, Bremstechnik und vieles mehr – liegt der Anstieg nicht. Der Schwachpunkt ist und bleibt der Mensch und ist nicht die immer besser werdende Technik. Die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen ist dabei die Gruppe mit dem mit Abstand höchsten Risiko. Aber auch überdurchschnittlich viele Kinder unter 15 Jahren verunglücken. Schwere Unfälle werden vor allem durch Lkws und durch das große Gefahrenpotenzial der sogenannten Sprinter verursacht. Am Wochenen

de habe ich mir von den Verantwortlichen der Polizeidirektion in meinem Wahlkreis bestätigen lassen, dass nach wie vor Rasen, Alkohol und bedauerlicherweise stark steigender Drogenkonsum die Hauptursachen sind, dazu die mangelnde Fahrpraxis bei der Risikogruppe der 18- bis 24-Jährigen.

Wir sollten uns deshalb erneut mit folgenden Themen auseinandersetzen:

Zunächst ein generelles Überholverbot für Lkws auf zweispurigen Autobahnen. Sie haben ja bei der Beantwortung unserer Kleinen Anfrage im letzten Jahr bestätigt, dass das sinnvoll wäre. Ich darf Ihnen sagen: Die Spediteure haben nichts dagegen. Die fahren gern mit Tempo 80. Aber sie möchten nicht stehen, dann mit Tempo 85 und 90 fahren und dann wieder stehen, sondern sie möchten fließend Tempo 80 fahren.

Ein Tempolimit bei Sprintern – auch das hat der Verkehrsrat beschlossen – sollte kommen.

Über ein Tempolimit 130 muss man diskutieren; es wird dann ja sowieso Tempo 150 gefahren. Wir wissen ja, wie das praktiziert wird.

Es sollte auch über das gesprochen werden, was im Augenblick auf EU-Seite diskutiert wird.

Meine Damen und Herren, ich glaube, auch mehr Prävention zur Verbesserung der Sicherheitskultur wäre wichtig. Wichtig ist weiter – davon bin ich überzeugt –: Nicht mehr Kontrollen sind notwendig; diese bringen meines Erachtens nur begrenzt etwas.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)

Viel besser wäre, wenn vor allem die Verursacher der Delikte und der Verstöße, Herr Staatsanwalt a. D.,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Danke!)

spürbarer an die Kandare genommen würden. Wer sich an die Spielregeln hält, meine Damen und Herren, hat nichts zu befürchten.

Ich darf Ihnen sagen: Es gibt Beispiele in Österreich, wo man durchaus angenehm fährt. Man kann auch von dort etwas lernen. Ich will nicht mehr Vorschriften, ich will nicht mehr Kontrollen, sondern mehr Disziplin, mehr Toleranz, mehr Rücksicht und mehr Sicherheit auf unseren Straßen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Und weniger Unfäl- le!)

Natürlich ist das die Folge, Herr Abgeordneter. Das ist logisch. Ich finde es toll, dass Sie das zu dieser frühen Zeit erkannt haben.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)

Meine Damen und Herren, wir müssen vielleicht klarstellen, dass es eben kein Kavaliersdelikt ist, wenn man einen Verkehrsverstoß begeht, auch wenn man am Stammtisch hört: „Ein Pünktchen; in den nächsten drei Jahren werde ich wahrscheinlich nicht erwischt.“ Meine Damen und Herren, das intensivste Nachdenken findet statt, wenn der „Pappdeckel“ weg ist. Das muss man doch ganz klar sehen.

Die Gruppe mit dem größten Risiko, meine Damen und Herren, sind die 18- bis 24-Jährigen. Sie müssen hineinwachsen, sie müssen Erfahrungen sammeln. Deshalb ist meine Fraktion und vor allem die Kollegin Berroth seit Jahren dafür, möglichst schnell die Erfahrungen, die man gemacht hat, auch bei uns beim begleiteten Fahren umzusetzen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, dann macht es doch! Wer regiert denn? – Abg. Ute Vogt SPD: Wer regiert hier eigentlich?)

Nicht irgendwann, sondern umgehend muss dies sicherlich kommen. Meine Damen und Herren, so einfach ist das, wenn man sich einmal in der Praxis umschaut.

Aus der eigenen Erfahrung lernte ich. Wir haben zu Hause zwei Autos und vier Fahrer, davon zwei, die neu den Führerschein haben. Ich sitze gern neben meinen Kindern, die Fahranfänger sind.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber?)

Da diskutiert man, und da spricht man über das Fahrverhalten.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was, während des Fahrens? Das ist ja unglaublich!)

Da sage ich z. B.: „Warum hast Du denn da überholt? Da hätte aber keiner kommen dürfen! Da wäre ich nicht hinausgefahren.“

(Abg. Reinhold Gall SPD: Warum waren Sie dann im Ausschuss dagegen?)

Es ist alles gut gegangen, aber trotzdem kann man die fehlende Erfahrung sehen. Oder umgekehrt – auch das ist wichtig –: Die sagen auch, wenn ich am Steuer bin und sie neben mir sitzen: „Da kommt auch der Schlendrian, da wäre ich nicht hinausgefahren.“

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Da könnte ich aber nicht Auto fahren, wenn mir ständig einer etwas sagt!)

Meine Damen und Herren, darüber reden! Begleitetes Fahren bringt den Jungen die Erfahrungen, die wir machen, eben näher.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Richtig!)

Meine Damen und Herren, ich finde, man sollte dies eben auch üben. Denn es ist wichtig, eigene Erfahrungen weiterzugeben. Ich sage immer: Die Erfahrenen sollen den Unerfahrenen ihre positiven Erfahrungen weitergeben,