Birgit Kipfer
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Last Statements
Vielen Dank. Ich weiß gar nicht, wie ich das jetzt verdient habe.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, der Minister braucht zu dem Gesetzentwurf gar nicht zu reden, weil wir vier Insider wissen, worum es geht.
Es gibt auch noch eine Zweite Beratung, bei der man das Ganze vertiefen kann. Aber die Angelegenheit verkürzt sich, denn der Herr Minister hätte nicht viel anderes gesagt als das, was Herr Pauli geäußert hat.
Ich möchte aber auf das Kernelement dieses Rundfunkänderungsstaatsvertrags eingehen. Das ist die Abkehr oder zumindest die Aufweichung von einem ehernen Grundsatz in der Presselandschaft, nämlich dass Werbung und redaktioneller Inhalt strikt voneinander zu trennen sind und Werbung immer dann, wenn sie auftaucht, entsprechend zu kennzeichnen ist.
Künftig wird das, was man gemeinhin als Schleichwerbung bezeichnet, grundsätzlich erlaubt sein – jedenfalls im kommerziellen Rundfunk und etwas abweichender, leichter auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Man nennt das nur nicht mehr Schleichwerbung, sondern Produktplatzierung. Das klingt vornehmer.
Das kommt aus unserer Sicht einem Dammbruch gleich, denn es ist schon zu fragen, ob die Zuschauer und Zuhörer künftig
wissen, ob und, wenn ja, wie sie unterschwellig beworben werden. Daher sollen diese vor und nach einer Sendung, die Produktplatzierungen enthält, bzw. auch vor und nach einer Werbeunterbrechung hierüber informiert werden. Die Produktplatzierung soll also gekennzeichnet werden.
Diese Regelung hat aus unserer Sicht Anmutungen eines Placeboeffekts.
Denn die Verbraucher zappen und sehen immer seltener eine Sendung von Anfang bis Ende inklusive des Abspanns, und es ist höchst fraglich, ob die Kennzeichnung von Produktplatzierungen überhaupt von ihnen aufgenommen wird. Wir sehen das sehr kritisch. Erfreulich ist immerhin, dass bestimmte Sendeformate, z. B. Kindersendungen, von dieser Erlaubnis ausgenommen sind.
Wäre es nun besser gewesen, die deutschen Verhandlungspartner hätten sich bei der Entstehung dieser EU-Richtlinie durchgesetzt – sie wollten diese Produktplatzierung verhindern –, und wäre es besser gewesen, die Ministerpräsidenten wären bei der Abfassung des Staatsvertrags bei der Möglichkeit geblieben, Produktplatzierung komplett zu verbieten? Ich denke, nein. Denn Film- und Fernsehproduktionen sind heute auf dem internationalen Markt. Was nützt es dem deutschen Markt, dass bei uns so etwas verboten ist, wenn ringsherum Produktplatzierung erlaubt ist? Wichtiger noch: Angesichts der sinkenden Erträge der privaten Rundfunkveranstalter durch die herkömmliche Werbung gibt es hier für sie neue Möglichkeiten, ihre Erträge zu steigern und neue zu generieren. Dies ist laut der Begründung des Gesetzentwurfs auch explizit so gewollt.
An dieser Stelle möchte ich aufgrund der aktuellen Diskussion auch darauf hinweisen, dass der private Rundfunk nicht nur kommerziell tätig sein sollte, sondern einen publizistischen Auftrag hat und seine Erträge z. B. auch für Nachrichtensendungen einsetzen muss, bevor er seine Shareholder befriedigt.
Schließlich werden Zuschauer dann nicht durch Produktplatzierung hinters Licht geführt, wenn sie breit informiert werden. Dies ist eine wichtige Aufgabe der Landesanstalt für Kommunikation. Die Aufgabe, Medienkompetenz zu verbreiten, ist bei ihr platziert. Der kritische Umgang mit Sendungen, die möglicherweise Produktplatzierungen enthalten, gehört dazu. Außerdem hat die Landesanstalt für Kommunikation die gesetzeskonforme Anwendung der neuen Regelungen zu überwachen. Insoweit wird sie eine Menge zu tun bekommen. Die se Aufgabe wahrzunehmen ist allemal wichtiger als, wie in letzter Zeit auffällig oft geschehen, allgemeine Grundsatzpapiere zur Zukunft des dualen Rundfunksystems oder zur Durchführung des Dreistufentests im Südwestrundfunk zu verfassen.
Wir hatten den Eindruck, dass die Landesanstalt für Kommunikation mangels Aufgaben plötzlich solch allgemeine Papiere
verfasst. Jetzt bekommt sie eine ganz wichtige neue Aufgabe.
Im Übrigen betrifft eine Neuregelung den § 11 c des Rundfunkstaatsvertrags, in dem die Ermächtigung enthalten ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach Landesrecht digitale Verbreitungswege im Hörfunk zu ermöglichen. Das ist ganz wichtig, weil wir hoffen, dass dadurch dem digitalen Hörfunk, DAB plus, endlich auch in Deutschland und besonders bei uns zum Durchbruch verholfen wird. Denn im europäischen Vergleich haben wir diesbezüglich Nachholbedarf.
Auch wenn ich nicht mehr Mitglied dieses Hohen Hauses sein werde, wenn die zweite Lesung erfolgt und dieses Gesetz verabschiedet wird, darf ich die Zustimmung der SPD-Fraktion dazu ankündigen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass medienpolitische Fragestellungen in Zukunft noch mehr auf das Interesse der Mitglieder dieses Hauses stoßen werden.
Danke.
Frau Staatssekretärin, um die Möglichkeit der Anzeige von Straftaten gegen das Lebensmittelrecht zu erleichtern, wurde auch von Ihrem Haus vor einigen Jahren infolge der Fleischskandale vorgeschlagen, dass Mitarbeiter entsprechender Betriebe vor Nachteilen geschützt werden, wenn sie ihren Betrieb anzeigen, wenn sie denn wissen, dass in diesem Betrieb Straftaten begangen werden. Können Sie mir sagen, wie dieser Vorschlag weiter gediehen ist? Er wurde auch von Ihrem Minister unterstützt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich finde es misslich, wenn Anträge beraten werden, die ein Jahr alt sind. Das ist nicht nur heute der Fall, sondern das war auch gestern der Fall. Das Präsidium sollte sich einmal Gedanken darüber machen, wie man diesem Zustand abhelfen kann.
Das sage ich, weil ich demnächst aus diesem Hohen Haus ausscheiden werde. Ich wünsche dem Landtag Erfolg dabei, die se Zustände zu verbessern.
Dem Dank des Kollegen Locherer an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lebensmittelüberwachung kann ich mich nur anschließen. Sie leisten gute Arbeit. Das ist gar keine Frage. Das will ich auch nicht kleinreden.
Herr Pix, ich habe allerdings Zweifel daran, dass sich in der Politik die Einsicht durchgesetzt hat, dass ein Gleichgewicht zwischen Konsumenten und Anbietern erforderlich ist. Wenn man den Koalitionsvertrag auf Bundesebene liest, können einem dabei große Zweifel kommen. Es kann sein, dass die Handschrift der FDP dabei überwiegt.
Herr Minister, Sie haben noch eine große Aufgabe in Berlin vor sich, für einen ordentlichen Verbraucherschutz zu sorgen, mit dem das durchgesetzt wird, was wir gemeinsam – jedenfalls theoretisch – entwickelt haben.
Es war in der Tat ein großes Wunder – bis dahin hat es allerdings fünf Jahre gedauert: fünf Jahre, nachdem der WKD „ausgelöscht“ wurde, fünf Jahre, nachdem man erkannt hatte, dass zu wenig Personal da ist –, dass vorgestern endlich diese Vereinbarung zwischen Land und Kommunen getroffen worden ist.
Ausweislich der Stellungnahme zu Ihrem jüngsten Antrag, Herr Pix – die haben Sie wahrscheinlich noch gar nicht gelesen –,
wollte das Ministerium nur 22 zusätzliche Stellen zubilligen. Jetzt sind es aber 66 Stellen, also 1,5 Stellen pro Stadt- und Landkreis. Dabei haben sich die Kommunen offensichtlich durchgesetzt, weil sie besser wissen, in welcher misslichen Situation die Lebensmittelkontrolle angesichts ständig wachsender Aufgaben steckt.
Fraglich ist nur, wie die Stellen tatsächlich besetzt werden sollen; denn der Nachwuchs ist rar. Ausgebildete Kräfte gibt es fast nicht, es sei denn, sie haben die Kurse durchlaufen, die die Landesregierung anbietet. Der dritte Ausbildungsjahrgang wird jedoch erst in einem Jahr entlassen. Dabei gibt es offensichtlich eine Lücke; denn die Abordnung der Beamten zur Lebensmittelkontrolle endet Ende dieses Jahres, wenn ich richtig informiert bin. Das heißt, das ganze Jahr 2010 über
stehen keine ausreichend ausgebildeten Mitarbeiter zur Verfügung.
Wenn Sie dann noch diese zusätzlichen 66 Stellen berechnen, stellt sich die Frage, woher Sie das Personal hierfür nehmen. Eröffnen Sie einen vierten Ausbildungsgang? Verlängern Sie die Abordnungen vom WKD? Diese Fragen müssen Sie heute beantworten, Herr Minister, damit wir wissen, woran wir sind. Entweder ist alles in Butter – dann brauchen wir überhaupt keine neuen Stellen –, oder es gibt tatsächlich Defizite – aber dann ist nicht alles in Butter. Man darf also nicht etwas schönreden, was offensichtlich nicht schöngeredet werden kann.
Noch ein paar Bemerkungen zu Herrn Kollegen Locherer. Die Mittel für die Verbraucherzentrale sind tatsächlich aufgestockt worden. Im Ländervergleich sind wir aber nach wie vor am Ende,
wenn man die pro Kopf der Bevölkerung getätigten Ausgaben betrachtet.
Die Beratungsnetzwerke für die Landwirtschaft sind verbessert worden. Wie konnte es dann aber passieren, dass vor wenigen Tagen, am 21. November, in der Zeitung stand, dass gerade die Weintrauben aus Baden-Württemberg zu 75 % über die Grenzwerte hinaus belastet sind?
Tafeltrauben, ja. Was habe ich gesagt?
Das macht doch keinen Unterschied.
Tafeltrauben werden so, wie sie sind, gegessen und sollten nicht über die Grenzwerte hinaus belastet sein. Es bleibt also bei der Beratungstätigkeit für die Landwirtschaft noch etwas zu tun.
Dann haben Sie die Verbraucherkommission erwähnt – sicherlich ein großes, eigentlich spektakuläres „Ding“. Aber über die Umsetzung der Empfehlungen dieser Kommission haben Sie nichts gesagt. Denn es wurden Empfehlungen abgegeben, die die Landesregierung bislang ignoriert.
Letztlich zur Verbraucherbildung: Da gibt es eine alte Forderung, etwas, was ich auch im Ausschuss immer wieder ange
mahnt habe: Da fehlt die Evaluation. Sie wissen überhaupt nicht, welche Wirkungen erzeugt werden. Solange Sie das nicht wissen, muss man sich fragen, ob die betreffenden Mittel tatsächlich angemessen eingesetzt sind.
Ich denke, man muss tatsächlich fragen: Was bringt die Verbraucherbildung? Sind z. B. die Schüler weniger übergewichtig, als sie es vorher waren? Was hat es gebracht, sie durch die x Projekte, die es gibt, zu beraten? Da gibt es noch eine Menge zu tun. Ich wünsche Ihnen dafür alles Gute.
Danke.
Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, dass infolge dieser Philosophie – die ich unterstüt
ze – die Rechte der Verbraucher hinsichtlich der Finanzdienstleistungen – gerade in dieser Wirtschaftskrise – gestärkt werden müssen? Wie geschieht das?
Herr Minister, können Sie mir erläutern, warum Sie diese Dinge nur im Ausschuss beantworten wollen, obwohl sie doch tagtäglich in der Zeitung stehen und die Öffentlichkeit ein Interesse hat, darüber nähere Informationen zu bekommen?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ein bisschen Genugtuung kann ich nicht verbergen. Das absolute Verbot der Beteiligung von politischen Parteien an Rundfunkveranstaltern, die sich um eine Zulassung bewerben, ist verfassungswidrig. Das wussten wir schon 2003, als Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das noch vehement verteidigt haben.
Ähnliche Formulierungen gab es auch im niedersächsischen Landesmediengesetz, das vom dortigen Staatsgerichtshof im Jahr 2005 für verfassungswidrig erklärt worden war. Damals hat die Landesregierung das noch völlig ignoriert. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht das hessische Landesmediengesetz in diesem Punkt für verfassungswidrig erklärt. Also muss es bei uns endlich auch geändert werden.
Dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil, Herr Minister, ist schon über ein Jahr alt. Als sehr zeitnah kann ich Ihre Umsetzung nicht empfinden. Aber was lange währt, wird ja manchmal auch ein bisschen besser.
Das Grundrecht der Presse- und Rundfunkfreiheit gilt eben auch für Parteien. Dieses Grundrecht kann nur eingeschränkt werden, soweit es um den beherrschenden Einfluss einer Partei geht. Das totale Verbot ist unverhältnismäßig und verfassungswidrig; das haben Sie jetzt gelernt. Allerdings: Warum diese Bagatellgrenze bei 2,5 % liegt, müssen Sie uns im Ausschuss noch erklären. Dafür habe ich keine Erklärung gefunden.
Ohnehin richtet sich diese Regelung allein gegen die SPDMedienholding, obwohl diese Gesellschaft an keinem einzigen Unternehmen in Baden-Württemberg beteiligt ist. Dankenswerterweise hat das Bundesverfassungsgericht in Kapitel 1 seiner Begründung die Geschichte der SPD-Medienbeteiligungen breit ausgeführt. Ich empfehle Ihnen, dieses einmal nachzulesen. Das bereichert Ihre geschichtlichen Kenntnisse und gibt Ihnen die Einsicht, dass die SPD schon damals vor über hundert Jahren wie auch heute eine kampferprobte Partei ist.
Anstatt aber in Baden-Württemberg einem Phantom hinterherzujagen wäre eine echte Transparenz bei der Beteiligungsstruktur der Medienunternehmen das Gebot der Stunde. Die Menschen sollten wissen, wer ihnen über Rundfunk – in
Klammern: auch über Presse – erkenntnisreiche Nahrung liefert. Ein jährlicher Bericht über die Beteiligungsverhältnisse der Medienunternehmen wäre hier angezeigt. Wir haben das schon 2003 gefordert. Damals hielt Ihr Vorgänger, der damalige Minister Palmer,
dieses immerhin für überlegenswert und wollte die KEK damit befassen. Es wäre interessant, zu erfahren, was daraus geworden ist, Herr Minister Reinhart.
Jetzt zur Lizenzverlängerung: Hier befindet sich die Politik in der Tat in einer schwierigen Lage. Klar ist, dass die Digitalisierung auch im Hörfunk langfristig nicht aufzuhalten sein wird. Sie ist auch von uns erwünscht, weil hier neue Wertschöpfungsketten aufgebaut werden können. Nach der aktuellen gesetzlichen Regelung im Telekommunikationsgesetz sollen deshalb 2015 die analogen Frequenzen abgeschaltet werden. Das ist nicht mehr lange hin.
Nur, die kommerziellen Veranstalter verharren offensichtlich in Lethargie. Sie legen keine Geschäftsmodelle für den digitalen Rundfunk vor, die für den Nutzer einen Mehrwert haben, damit auf dem Markt eine Nachfrage nach digitalen Radios entstehen kann. So war die Situation auch schon vor zehn Jahren, als alle Welt vom Einstieg in die DAB-Verbreitung sprach, aber nichts geschah. Heute hat die Technik mit „DAB plus“ nachgezogen.
Ausgerechnet jetzt verkündet der Vizepräsident des Verbands der privaten Rundfunk- und Telekommunikationsunternehmen, dass sein Verband am 25. Juni wahrscheinlich eine Absage hinsichtlich eines digitalen Neuanfangs auf „DAB plus“ verkünden wird. Ist das nun ein Mangel an Investitionsbereitschaft oder vielleicht eine Strategie, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinen digitalen Bestrebungen zu blockieren? Wäre es vor diesem Hintergrund nicht auch richtig, zu überlegen, einen Antrag auf Verlängerung der Frequenzzuweisungen mit der Forderung zu verknüpfen, endlich Geschäftsmodelle für den Digitalfunk auf den Weg zu bringen?
Vor mehr als zwei Jahren fand im Staatsministerium ein Gespräch mit den privaten Anbietern statt. Vielleicht sollten Sie das fortsetzen, Herr Minister, um einmal zu erfahren, wie weit denn die privaten Veranstalter überhaupt sind.
Vor anderthalb Jahren stellten die Veranstalter selbst in einem Brief an den Ministerpräsidenten die Forderung nach einer Verlängerung der Frequenzzuweisungen auf. Sie begründeten dies damals mit der notwendigen Planungssicherheit und der Gefahr, dass, wenn sie nicht auf den Markt kommen, die gro ßen nationalen Veranstalter den Markt besetzen würden.
Unsicher ist gleichzeitig, welche Chance das Internetradio haben wird. Zudem ist, wie Sie auch sagten, noch lange nicht ausgemacht, dass der Termin 2015 zum Umstieg auf digitales Radio überhaupt gehalten werden kann.
Mit dieser einmaligen Verlängerung der Nutzung analoger Frequenzen um fünf Jahre auf Antrag erhalten nun die kommerziellen Hörfunkveranstalter eine Galgenfrist, um sich end
lich auf dem digitalen Markt zu etablieren, und zwar zusammen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie wir das wollen. Wenn sie weiter blockieren, wird die Politik die Strukturen der hiesigen Hörfunklandschaft neu ordnen müssen. Es zeigt sich immer mehr, dass dieser Verlegerhörfunk, wie wir ihn heute kennen, wahrscheinlich keine Zukunft haben wird.
Noch ein kleines Wörtchen zum nicht kommerziellen Hörfunk.
Wir halten es durchaus für notwendig, dass auch der nicht kommerzielle Hörfunk in diese Frequenzverlängerung einbezogen wird. Er wird von der Landesregierung immer sehr sträflich vernachlässigt. Wir halten diesen Zweig unserer Hörfunklandschaft für unverzichtbar
und meinen, dass auch er an dieser Frequenzverlängerung beteiligt werden sollte.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ich frage zunächst, ob der Minister bei dieser Debatte vielleicht anwesend sein könnte. Wir wären schon daran interessiert, auch seine Auffassung zu diesem Thema zu hören.
Vielleicht ist er überrascht über den raschen Fortgang unserer Debatte. Ich hoffe, er hört uns und kommt noch.
Unser Antrag ist bereits vor geraumer Zeit in der Erwartung entstanden, dass sich die Dinge
schneller klären, als es sich jetzt abzeichnet. Gleichwohl finden wir, dass es wichtig ist, sich mit diesem Thema zu befassen, dass wir uns in diesen Diskussionsprozess einschalten und dass wir den länderübergreifenden Diskussionsprozess begleiten, damit wir nicht plötzlich vor einer Entscheidung stehen, die wir dann einfach absegnen müssen.
Die öffentliche Diskussion über die Rundfunkgebühr spitzt sich laufend zu. Dabei kann man zwei Stoßrichtungen erkennen. Die einen machen sich Sorgen um die erodierende Akzeptanz der Rundfunkgebühr und wollen das System verbessern. Dazu gehören wir. Ich komme gleich noch darauf zurück. Die anderen schüren vorsätzlich den Verdruss, weil es ihnen offensichtlich letztlich um die Abschaffung des Systems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht, zumindest um die Abschaffung des Systems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Form, wie wir es derzeit vorfinden.
Dabei gibt es immer wieder die Endlosgeschichten über die bösen Gebühreneintreiber von der GEZ, erst jüngst auch wieder über die angeblich wachsende Zahl von Gebührenverweigerern und Protestierern im Internet. Es wird nicht von der Rundfunkgebühr, sondern von der „GEZ-Gebühr“, von einer „Zwangsgebühr“ gesprochen. Damit soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk madig gemacht werden.
Dazu sagen wir Nein. Wir sagen: Wir brauchen die Rundfunkgebühr als solidarische Finanzierung eines Rundfunksystems, das in Vielfalt, Unabhängigkeit, Breite und Tiefe auf der Welt seinesgleichen sucht.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wer daran zweifelt, der sollte die Gelegenheit wahrnehmen und der Einladung des Südwestrundfunks zu einem heute stattfindenden Parlamentariertreff folgen. Dabei wird insbesondere die Qualitätsfrage thematisiert. Ich hoffe, Sie haben alle die Einladung erhalten und nehmen diese ernst.
Wir brauchen eine Rundfunkgebühr, die deshalb eine breite Akzeptanz genießt, weil klar ist, warum, auf welcher Grundlage und wofür man diese Gebühr zahlt. Diese Klarheit gibt es derzeit nur eingeschränkt. Mit der Einführung der sogenannten PC-Gebühr und mit den vielen Streit- und Grenzfällen in Bezug auf Betriebsstätten, Vereinsräume, Sozialräume und anderes ist erhebliche Unruhe aufgekommen.
Deshalb sagen wir: Wir müssen die Differenzierung zwischen einem herkömmlichen und einem neuartigen Gerät aufheben. Während man bei der Einführung der PC-Gebühr zunächst nur den Radioempfang im Auge hatte und sich deshalb für die Grundgebühr für den PC als Empfangsgerät entschieden hatte, weil das damals eben der Stand der Technik war, so ist heute längst klar und zunehmend auch Praxis, dass man mit dem PC und dem Handy ins Internet gehen und auch fernsehen kann. Die Annahme, dass ein PC ein Rundfunkempfangsgerät sei, wurde von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt. Kürzlich wurde sie aber vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz positiv bestätigt. Ein höherinstanzliches Urteil gibt es noch nicht.
Wir sagen, dass Sondertatbestände hinsichtlich Hotels, Schulen, Krankenhäusern etc. zumindest überprüft, wenn nicht sogar abgeschafft werden müssen oder dass sinnvolle und logische Ausnahmen gemacht werden müssen.
Wir wollen den gewerblichen Bereich vernünftig beteiligen. Die 8,9 % Anteil am Gebührenaufkommen aus dem sogenannten nicht privaten Bereich halte ich persönlich für äußerst bescheiden.
Wir halten beim bisherigen Stand der Diskussion – ich betone das, weil die Diskussion laufend neue Erkenntnisse bringt – eine modifizierte, vereinfachte geräteabhängige Gebühr für vernünftig, weil sich dieses System vom Grundsatz her verfassungsrechtlich, aber auch gegenüber der Europäischen Kommission bewährt hat. Das würde dazu führen, dass überall dort, wo im Haushalt ein wie auch immer geartetes Empfangsgerät steht, eine einheitliche Gebühr gezahlt werden müsste und auch im nicht privaten Bereich klare Regelungen festgelegt werden müssten.
Der Vorschlag einer Haushaltsabgabe suggeriert, dass damit alle Probleme auf einen Schlag erledigt wären. Das hört sich verlockend an. Aber sind sie das wirklich? Auch Herr Oettinger hat sich dieser Forderung angeschlossen, wie so oft sehr schnell und offensichtlich ganz ohne tiefer in die Materie eingedrungen zu sein.
Experten in Finanz- und Verfassungsfragen sagen uns, dass eine Abgabe in dieser Form verfassungsrechtlich höchst fragwürdig ist. Auch die Landesregierung selbst spricht davon, dass eine geräteunabhängige Mediengebühr als Sonderabgabe zu qualifizieren sei und nur unter engen Voraussetzungen erhoben werden dürfe. Es müsste zunächst auch geklärt werden, was bei dieser Abgabe als Haushalt zu gelten hat. Was ist mit denen, die zwei Wohnsitze haben? Wie ordne ich gewerbliche Betriebe in dieses System ein? Was ist mit Universitäten, Schulen, Hotels und Krankenhäusern?
Es wird auch suggeriert, bei einer Haushaltsabgabe könnte man die GEZ, die Gebühreneinzugszentrale, auflösen. Wer soll dann die Abgabe einziehen? Da gibt es Vorschläge, etwa die Finanzämter damit zu befassen. Das würde in gewisser Weise die Staatsferne aufheben und auch nach Auffassung der Landesregierung ein Grundprinzip des Systems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unterminieren.
Schließlich schwebt aber über allem noch ein ganz anderes Problem: Zeitgleich mit der Einführung eines neuen Finanzierungsmodells im Jahr 2013 – das ist die Zielmarke – sollen die Einnahmen aus Sponsoring abgeschmolzen werden. Gleichzeitig ist wegen der demografischen Entwicklung mit einer Abnahme der Zahl der Gebührenzahler oder auch der Gebühren zahlenden Haushalte zu rechnen. Wie kann unter diesen Voraussetzungen – auch das ist eine Verfassungsforderung – die Deckung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks garantiert werden?
Wir befinden uns also mitten im Diskussionsprozess. Eine Phalanx von Juristen und Rechenkünstlern
wird sich hier noch einschalten und auch angehört werden müssen. Deshalb bitten wir darum, über unseren Antrag heute nicht abzustimmen, sondern ihn zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überweisen. Ende Mai werden zumindest vorläufige Ergebnisse der Kommission zur Ermitt
lung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten vorliegen, sodass wir dann im Lichte dieser Erkenntnisse im Ausschuss sinnvoll weiterberaten können.
Vielen Dank.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland ist etwa jeder zehnte Einwohner abgekoppelt von einer wohnortnahen Versorgung mit Gü
tern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs. „Wohnortnah“ heißt: in fußläufiger Entfernung oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Die Situation dürfte bei uns im Land nicht viel anders sein.
Wo es keine wohnortnahen Läden mehr gibt, insbesondere Lebensmittelläden als Frequenzbringer, schließen auch andere Läden, Post- und Bankfilialen. Das Leben in der Gemeinde wird öde, die Standortqualität leidet. Ich habe Bürgermeister erlebt, die bereits resigniert haben und stattdessen laut nach einer besseren Straßenverbindung zum nächsten Mittelzentrum rufen.
Zu leiden haben darunter Menschen, die für den täglichen Einkauf nicht über ein eigenes Auto verfügen, Familien mit Kindern, deren Vater häufig mit dem Auto zur Arbeit fährt, die dann tagsüber kein Auto zur Verfügung haben, sowie ältere Menschen und Menschen mit Handicaps. Nicht von ungefähr besteht die Tendenz bei älteren Menschen jenseits der Erwerbstätigkeit, in die Städte zu ziehen, wo sie dann allerdings feststellen müssen, dass es auch in den Stadtteilen häufig nicht viel besser aussieht.
Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Seit Jahren verzeichnen wir eine Konzentration im Einzelhandel. Sie ist rasant vorangeschritten. Inzwischen beherrschen die fünf größten Einzelhandelsketten vier Fünftel des Umsatzes, also 80 %. Diese Oligopole können jederzeit die Preise diktieren, sowohl gegenüber den Verbrauchern als auch gegenüber den Produzenten. Ganz aktuell kann man das bei den Milchpreisen beobachten.
Während es in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts noch 155 000 Verkaufsstellen für Lebensmittel gab, ist diese Zahl inzwischen auf etwa ein Drittel zusammengeschrumpft. Auch das Verbraucherverhalten hat sich verändert, jedenfalls bei den mobilen jungen Familien. Der Wocheneinkauf im Einkaufszentrum steht hoch im Kurs – mit Auto natürlich! Es gibt auch viele Verbraucher, die auf die vermeintlich billigen Angebote der Discounter angewiesen sind. Was jedoch vermeintlich billig ist, erweist sich bei näherem Hinsehen als – ich nenne das immer so – mit Sekundärkosten belastet. Die heimischen Erzeuger, sprich unsere Landwirtschaft, haben von dieser Entwicklung überhaupt nichts, weil sich die Handelsunternehmen am Weltmarkt orientieren.
Wenn es eine gute Nachricht gibt, dann die, dass die Landesregierung diese Entwicklung – zumindest verbal – mit der gleichen Sorge verfolgt wie wir. Schon in der Stellungnahme zu dem ersten Antrag der SPD-Fraktion zu diesem Thema im Jahr 2004 – Drucksache 13/3779 – schrieb die Landesregierung:
Die Sicherung einer möglichst wohnortnahen Versorgung muss für alle Beteiligten eine zentrale Aufgabe bilden.
Nun interessiert uns die Frage: Was ist inzwischen passiert, um dieser zentralen Aufgabe gerecht zu werden? Als Erstes – das sollte man annehmen – wird eine Bestandsaufnahme gemacht, denn schließlich beginnt Politik mit dem Erkennen der Wirklichkeit. Aber ich stelle fest: Fehlanzeige. Die Landesregierung erklärt diese Aufgabe schlicht zur kommunalen Aufgabe. Harte Daten liegen nicht vor. Nach meinen Recherchen
wurde die letzte globale Studie 2003 vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels bzw. 2005 vom Verband Region Stuttgart vorgelegt. Fehlanzeige also!
Die Landesregierung verweist auf ihren Kabinettsausschuss Ländlicher Raum – eine löbliche Einrichtung, möchte ich hinzufügen. Dieser hat kürzlich eine Halbzeitbilanz vorgelegt. Die flächendeckende medizinische Versorgung wird als eines der Hauptproblemfelder hervorgehoben. Offenbar sind die Dinge in Arbeit.
Ausdrücklich loben will ich auch die Anstrengungen im Bereich der Breitbandversorgung; sie gehört auch zur Grundversorgung. Aber das Wort „Nahversorgung“ kommt jedenfalls in der Pressemitteilung zur Halbzeitbilanz dieses Ausschusses nicht vor.
Der Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2002 hat auch als eines der zentralen Ziele die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung hervorgehoben. Die Vorgaben im Landesplanungsgesetz und der berühmte Einzelhandelserlass sollen die Steuerung des großflächigen Einzelhandels bewirken. Hat man schon einmal differenziert untersucht, welche Wirkungen diese Rahmenbedingungen gezeigt haben?
Dann gibt es noch das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Dort ist neben Wohnen, Arbeiten, Gemeinschaftseinrichtungen auch die Grundversorgung mit Waren und Dienstleistungen als Förderschwerpunkt ausgewiesen. Die Ziele sind klar. Hat aber einmal jemand untersucht, ob die Sicherung der Grundversorgung hier zum Durchbruch gekommen ist? In den vergangenen 14 Jahren sind immerhin mehr als 800 Gemeinden mit Fördermitteln in Höhe von rund 700 Millionen € bedacht worden. Dabei seien, so heißt es, 18 000 Arbeitsplätze neu geschaffen worden. Wurde das Ziel, die Nahversorgung zu sichern, inzwischen erreicht? Offenbar doch eher nicht! Wie sonst nämlich ist zu erklären, dass die Landesregierung die Sicherung der Nahversorgung wortreich bis heute zum Problem erklärt? Ich zitiere aus der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag:
In kleineren Gemeinden, aber auch in Orts- bzw. Stadtteilen größerer Kommunen, bestehen zunehmend
ich betone: zunehmend –
Probleme bei der Nahversorgung.
Das steht in der Stellungnahme zu unserem jetzt vorliegenden Antrag.
Auch Minister Hauk hat bereits im Jahr 2005 die Situation beklagt, nämlich bei der Eröffnung einer Tagung der Akademie Ländlicher Raum zum Thema „Wenn der letzte Laden schließt“. Da heißt es in einer Pressemitteilung vom 27. Oktober 2005:
Nach Prognosen von Experten müssen wir davon ausgehen, dass die Versorgung mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs in mehr als der Hälfte der Gemeinden in Baden-Württemberg gefährdet ist.
Drei Jahre später kann man in einer Tischvorlage der CDU bei einer Vorsitzenden- und Mandatsträgerkonferenz vom 25. Januar 2008 lesen – –
So etwas findet man Gott sei Dank im Internet. – Diese Tischvorlage behandelt die Zukunft des ländlichen Raums. Nach einem wortreichen Lob der Politik der Landesregierung heißt es da:
Mit diesen Aktivitäten wurden bereits wesentliche Weichen gestellt. Sie reichen aber noch nicht aus, um die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums zu erhalten.
Es folgt dann am Ende unter zwölf Zielen auch das Stichwort „Nahversorgung sicherstellen“.
Schließlich möchte ich eine Aussage von Staatssekretärin Gurr-Hirsch vom 24. Juni 2008 – also erst vor einem guten halben Jahr – zitieren:
Nahversorgung ist ein unverzichtbares Stück Lebensqualität. Leider ist dies in kleinen Gemeinden häufig nicht mehr gegeben. Diesem Thema müssen wir uns intensiv zuwenden …
Ich frage mich: Wann wollen Sie von der Landesregierung eigentlich sagen können: „Unsere Politik hatte Erfolg“?
Sie müssen sich doch wirklich einmal die Frage stellen, ob die Instrumente, mit denen Sie agieren, die richtigen sind. Die Landesplanung jedenfalls hat hier offensichtlich nicht gewirkt. Auch der berühmte Einzelhandelserlass hat ganz offensichtlich nur wenig dazu beigetragen. Im Übrigen wurde er nachträglich aufgeweicht. Mit dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum schüttet das Land zwar eine ganze Menge nützlicher Gelder aus, aber das Ziel, die Nahversorgung zu sichern, ist offensichtlich nicht erreicht worden.
Wir wollen mit diesem Antrag nichts anderes erreichen, als dass Sie endlich einmal Ihre Handlungen und Instrumente evaluieren, überprüfen und nachjustieren. Ich bin gespannt, was wir dazu heute hören werden.
Vielen Dank.
Wenn nicht einmal der Wirtschaftsminister der Landesregierung weiß, warum er hier eigentlich zu diesem Thema spricht, dann zeigt das nur, welchen Stellenwert dieses Thema bei der Landesregierung hat. Und wenn hier nicht einmal der Landwirtschaftsminister, der Vorsitzender der Kommission Ländlicher Raum ist, anwesend ist, dann zeigt das dasselbe.
Herr Wirtschaftsminister, Sie haben haarscharf an dem Thema vorbeigeredet. Sie haben nämlich überhaupt nicht die Frage behandelt, welche Ergebnisse die bisherigen Instrumente eigentlich zutage gefördert haben. Ich habe Ihnen nachgewie
sen, dass das Thema heute wie auch schon vor sechs Jahren auf der Tagesordnung steht. Offensichtlich haben die Instrumente nicht gegriffen.
Warum geben Sie nicht einmal eine Studie jenseits der Landesregierung in Auftrag, eine neutrale Studie, die nachweist, dass die ganzen Programme, die ganzen Instrumente, die Sie haben, Wirkungen zeigen, und dann erkennen lässt, dass sich dann, wenn man so weitermacht, die Dinge vielleicht ändern? Aber bisher kann ich nur feststellen, dass diese Instrumente nicht wirken und dass Sie dringend aufgefordert sind, sie nachzujustieren, zu optimieren. Nicht mehr wollen wir.
Wir bitten übrigens, diesen Antrag zur weiteren Beratung an den Ausschuss Ländlicher Raum und Landwirtschaft zu überweisen, weil wir dann auch Gelegenheit haben werden, mit dem anderen zuständigen Minister darüber zu diskutieren.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Diese Änderung des Rundfunkstaatsvertrags war eine ganz schwere Geburt. Selten waren die Inhalte so umstritten wie diesmal, und das hat seinen ganz bestimmten Grund. Denn nirgendwo in Europa gibt es eine solche in Wellen immer wiederkehrende erbitterte Gegnerschaft der privaten Rundfunkveranstalter gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Es war der VPRT, also der Verband Privater Rundfunk und Telemedien, der nach Brüssel gegangen ist, um das Beihilfeverfahren überhaupt erst in Gang zu setzen. Den Kompromiss, der dabei herauskam, haben wir jetzt umzusetzen. Dabei ist doch immerhin auch einiges zu diskutieren.
Im Internet gibt es jetzt den dritten Marktteilnehmer, nämlich die Printmedien, die sich ihren Teil vom vermeintlichen Kuchen abschneiden wollen und in ihren Zeitungen bis an die Grenzen des Erträglichen dem Volk klarzumachen versuchen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk eigentlich längst entbehrlich ist und im Internet schon gleich gar nichts mehr zu suchen hat, es sei denn, er macht Angebote, die sich für Private nicht rechnen.
Meistens sagen sie – besonders die Kollegen von der FDP –:
Natürlich muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Internet präsent sein,
aber nur auf den Feldern, die sich für uns nicht rechnen. Da kann er machen, was er will.
Im Hintergrund macht das die FDP. Ich habe das erst kürzlich live erleben dürfen. Das führt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Nische der Bedeutungslosigkeit.
Ganz im Hintergrund sitzt Herr Ministerpräsident Oettinger, der die Fäden zieht – er ist leider nie bei diesen Debatten im Plenum anwesend –,
der nach außen jovial und freundlich gesonnen scheint, aber nach innen knallhart die Interessen der privaten Medienunternehmen vertritt. Wie sonst, meine Damen und Herren, wäre noch kurz vor Ende der Verhandlungen die Forderung der CDU-regierten Länder auf den Tisch gekommen, Unterhaltungsangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet nicht zuzulassen? Das war genau die Forderung des VPRT, und dabei weiß jeder, der sich in diesem Metier bewegt: Wer Unterhaltung nicht mehr anbieten darf, verliert die Masse der Zuschauer und in der Folge die Gebührenakzeptanz. Das ist dann der Anfang vom Ende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so wie wir ihn kennen.
An diesem Punkt wären die Verhandlungen der Chefs der Staatskanzleien fast gescheitert.
Am Ende durfte der Unterhaltungsauftrag bleiben, aber dafür wurde den Anstalten auferlegt, nicht nur die neuen, sondern
auch die teilweise schon seit Jahren bestehenden Telemedienangebote diesem berühmten Dreistufentest zu unterziehen. Es ist das Ärgerliche an diesem Staatsvertrag, dass er in diesem Interessenkampf, der mit harten Bandagen ausgetragen wird, mit der Einführung des Dreistufentests monströse bürokratische und zudem noch teure Auflagen schafft, die auch weit über das hinausgehen, was Brüssel gefordert hat.
Die SPD ist für einen fairen Interessenausgleich zwischen den privaten Medien, auch den Printmedien, und dem öffentlichrechtlichen Rundfunk. Aber das hätte man auch ohne diesen bürokratischen Aufwand erreichen können, auch über gemeinsame Verabredungen, zumal allen Beteiligten inzwischen bewusst ist, dass der eigentliche Konkurrent auf dem Markt global agiert und Google heißt.
Das haben nicht wir, sondern das hat Herr Döpfner zuallererst gesagt, und dann hat der VPRT ihn sehr schnell zurückgepfiffen, weil ihm das nicht in den Kram gepasst hat. So ist es aber in der Tat.
Ärgerlich ist auch, dass die nonlinearen Programmteile, also die auf Abruf eingestellten Programmteile, die ja längst vom Gebührenzahler bezahlt wurden und damit Eigentum der Allgemeinheit geworden sind, nach sieben Tagen gelöscht werden müssen.
Die Sternstunden des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind nach sieben Tagen weg. Das ist bedauerlich und entspricht eigentlich nicht der Logik des ganzen Internets.
Aber es gibt auch Positives zu vermelden, und das ist nach Lage der Dinge nicht gering zu schätzen. So werden sämtliche bereits bestehenden Programme und auch die digitalen Fernsehkanäle im Wege der Ermächtigung dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk endlich auch als Auftrag zugestanden. Vorbei sind also hoffentlich die Zeiten wie damals, als Herr Biedenkopf und Herr Stoiber Programme zusammenlegen wollten und überhaupt abschmelzen wollten. Das ist eine freudige Botschaft für die Gesellschaft.
Der Staatsvertrag erlaubt die lineare Verbreitung der Programme im Internet, er erlaubt ein neues digitales Hörfunkprogramm für das Deutschlandradio und unterstützt damit den Eintritt in das digitale Hörfunkzeitalter.
Positiv ist auch, dass die binnenplurale Aufsicht durch die Gremien der Rundfunkanstalten – da stimme ich Ihnen zu, Herr Minister – erhalten bleibt. Wer die Kompetenz und die Unabhängigkeit dieser Gremien immer wieder anzweifelt, der wird, denke ich, noch sein blaues Wunder erleben.
Die Zusammensetzung der Gremien in ihrer Vielfalt bietet die beste Chance dafür, dass einseitige Interessen nicht zum Durchbruch kommen. Das kann in einer Form der Außenkontrolle, z. B. durch eine Medienanstalt, durchaus auch anders sein.
Wozu brauchen wir den öffentlichrechtlichen Rundfunk, Herr Präsident?
So ähnlich titelte vor Monaten ein gewisser Herr Hanfeld in der FAZ am Ende einer langen Zeitungskampagne gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir brauchen ihn, um im Prozess der freien Meinungsbildung diesen Rundfunk für Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung zu haben. Wir brauchen ihn, weil er im weltweiten Vergleich das beste Sys tem ist, und wir wollen, dass das so bleibt.
Sehr verehrter Herr Kollege Kluck, Sie sprachen von jährlich steigenden Einnahmen aus Rundfunkgebühren. Ist Ihnen bewusst,
dass die Erhöhung der Rundfunkgebühren nur alle vier Jahre erfolgt und der Inflationsrate längst nicht Genüge tut, sodass am Ende immer weniger Geld übrig bleibt?
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Dieser Minister ist ja nicht nur Minister für den ländlichen Raum, sondern auch Minister für Verbraucherschutz. Das steht zwar so nicht in dem Namen, den sein Haus trägt, aber er jedenfalls hat diesen Anspruch. Ich gestehe Ihnen gern zu, Herr
Minister, dass Sie Ihr Versprechen wahr gemacht haben, mehr Geld für die Verbraucherinformation, für die Verbraucherzentrale zumal, in den Haushalt einzustellen. Aber das kann nur ein Anfang sein. Denn auf diesem Markt brauchen wir immer mehr Informationen für Verbraucher, damit sie ihre Position auf dem Markt auch wirklich wahrnehmen können.
Dieser große Mantel, den Sie sich immer umhängen, geriert aber zum Mäntelchen, wenn man auf die Probleme schaut, die noch unerledigt sind. Dafür nenne ich einige wenige Beispiele.
Erstes Beispiel: Bei der Lebensmittelüberwachung haben Sie es immer noch nicht geschafft, die 80 Stellen, die für diesen Bereich eigentlich notwendig sind, mit dem Landkreistag auszuhandeln. Vor genau einem Jahr standen Sie hier und haben gesagt: Das muss über den kommunalen Finanzausgleich geregelt werden. Bis heute ist nichts geschehen.
Inzwischen fordert der Landkreistag 150 weitere Stellen, weil die Aufgaben immer weiter zunehmen.
Zweites Beispiel: Das Ausführungsgesetz zum Verbraucherinformationsgesetz ist eher ein Verhinderungsgesetz geworden. Dem kritischen Verbraucher werden eher Stolperfallen in den Weg gelegt, statt dass man ihn ermuntert, konstruktiv daran mitzuwirken, dass sich die Anbieterseite entsprechend reformiert.
Der Verbraucher, der gesundheitsbezogene Auskünfte nachfragt, ist kein Bittsteller, sondern er nimmt sein Recht wahr. Unsere Lebensmittelüberwachungsbehörden leisten sehr viel, und das sei dankbar anerkannt. Aber sie sind auch Dienstleis ter für die Bürger und Bürgerinnen. Dies zu vermitteln und eine einheitliche Praxis in diesem Land zu verordnen, haben Sie versäumt.
Herr Minister Hauk, Sie sind gern die Speerspitze des Verbraucherschutzes. So jedenfalls versuchen Sie in der Öffentlichkeit aufzutreten.
Aber es gibt hier Baustellen, wo Sie Ihren Einfluss nicht wahrnehmen – wenn Sie denn das wollen, was Sie immer verkünden. Ein Beispiel ist der Informantenschutz, der in Berlin laufend an der CDU/CSU-Fraktion scheitert. Einst war dieser Schutz eine Forderung des Zehnpunktepapiers von Seehofer. Es geht darum, dass Mitarbeiter in Betrieben geschützt werden, wenn sie Missstände in ihren Betrieben anprangern und in die Öffentlichkeit bringen. Da geht es um Whistleblowing, wie man das so schön nennt. Dies ist nicht nur z. B. bei Gammelfleisch notwendig, sondern auch bei unerlaubter Datenschnüffelei, wie wir sie jüngst erfahren haben. Eine solche Regelung gibt es in fast allen Ländern der Europäischen Union, aber in Berlin scheitert die Regelung an Ihren Parteifreunden. Was tun Sie dafür, dass sich das endlich ändert?
Ein zweites Beispiel ist die nährwertbezogene Kennzeichnung von Lebensmitteln, die berühmte Ampel. Wir haben hier schon darüber diskutiert. Die neue Bundesverbraucherministerin will diese Kennzeichnung nicht. Was tun Sie, Herr Minister, damit sich dies ändert?
Es gibt Baustellen, weil in Ihrem Haus keinerlei verbraucherpolitische Strategie erkennbar ist, im Übrigen auch nicht, wenn es um die gesunde Ernährung, Frau Staatssekretärin, bei Kindern und Jugendlichen geht. Auch die Verbraucherkommission kritisiert – das bitte ich Sie einmal nachzulesen –, dass es lauter Aktivitäten im Land und bei den Kommunen gibt, aber weder Ziele noch eine Strategie, noch eine Evaluation oder dergleichen erkennbar sind. Die Verbraucherschutzkommission empfiehlt Ihnen, das besser zusammenzufügen, besser zu koordinieren. Hiervon kann keine Rede sein.
Im Ergebnis komme ich dazu, dass das Wort „Verbraucherschutz“ im Namen Ihres Ministeriums deshalb nicht auftaucht, weil Sie diese Strategie vermissen lassen. Sie setzen hier und da Highlights, aber wirkliche Verbraucherpolitik machen Sie nicht. Deshalb können wir wahrscheinlich lange warten, bis Ihr Haus auch diesen Namen trägt.
Vielen Dank.
Ich darf Sie gedanklich wieder ein paar Sätze zurückversetzen.
Sie haben gesagt, Sie bekennen sich zur Subventionierung der Unternehmen im ländlichen Raum. Ist das EU-konform?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Über den ländlichen Raum kann man stundenlang diskutieren. Ich beschränke mich jetzt auf diese Breitbandgeschichte. Ich denke, wir sind fraktionsübergreifend der Meinung, dass die Versorgung mit Breitbandanschlüssen weiter ausgebaut werden muss. Herr Minister, ich gestehe Ihnen zu, dass Sie schon vor Jahren eine ganze Menge in Gang gesetzt haben. Aus meiner Sicht dauert das aber viel zu lange. Ich frage Sie auch, was für eine Mindestversorgung Sie eigentlich anstreben. Nach Ihrem Förderprogramm ist das eine Übertragungsrate von einem Megabit pro Sekunde. Fachleute sagen uns aber, dass wir in zehn bis 20 Jahren eine Übertragungsrate von 100 Megabit pro Sekunde brauchen, um auf dem Stand der Zeit zu sein. Was wollen Sie eigentlich dazu beitragen, damit wir auch im ländlichen Raum zu diesem Standard kommen?
Im Übrigen ist das beileibe nicht nur eine Frage des ländlichen Raums. Insofern ist dieses Thema hier auch völlig deplatziert. Das ist ebenso eine Frage der Ballungsräume oder mindestens ihrer Randzonen, die noch sehr, sehr schlecht versorgt sind.
Nun haben Sie das Förderprogramm angesprochen; das ist in der Tat richtig. Inzwischen ist das Geld aber überhaupt nicht mehr das Problem, sondern das ganze Prozedere, das zur Antragstellung dazugehört. Die Kommunen müssen eine Marktanalyse und ein Ausschreibungsverfahren durchführen. Da stellt man sich vor, die Kommunen würden dann ausschreiben: „Wer bietet mir für 10 Megabit pro Sekunde die besten Konditionen?“ Das dürfen sie aber nicht. Sie dürfen in ihrer Ausschreibung nur nachfragen, wer 1 Megabit pro Sekunde – die Mindestvoraussetzung – anbietet.
Dann ergibt sich meistens, dass der Funkanbieter der güns tigste ist. Den wollen die Kommunen aber gar nicht, weil die Funklösung in der Bevölkerung umstritten ist. Sie ist zwar für die Kommune meist günstig, aber teuer für den Endkunden.
Das heißt, die Kommunen schrecken vor diesem ganzen Verfahren zurück. Deshalb fließt das viele Geld, das in dem Topf ist, gar nicht ab.
Sie sprechen von 1 Million €; in Wahrheit ist in diesem Topf viel mehr.
Ich habe insofern dazugelernt, und deshalb halten wir unseren Antrag auch für erledigt. Das ist gar nicht das Problem. Das Problem liegt einerseits in dem Wettbewerbsverfahren, das Ihnen die EU vorschreibt, und andererseits in Dingen, die Sie als Landesregierung nicht tun.
Da sind zunächst einmal das Kommunalabgabengesetz und die Kommunalabgabenverordnung zu nennen, die es den Kom munen ermöglichen würde, die Kosten der Verlegung von Leerrohren in den Boden auf die Anlieger umzulegen. Sie reden schon seit Jahren darum herum. Ich frage Sie: Warum
wird das nicht umgesetzt, wenn die Kommunen genau das fordern? Das steht aus, und da könnten Sie handeln.
Außerdem – das sagen Sie nach den Unterlagen selbst – sind die Rahmenbedingungen Angelegenheit der Bundesnetzagentur. In dieser Bundesnetzagentur können die Länder mitreden. Dort sitzt unser Wirtschaftsminister; er ist dort Mitglied. Wenn Sie, sehr geehrter Herr Kollege Bullinger von der FDP/DVP, von Mitwirkung reden, frage ich Sie, was Ihr Wirtschaftsminister dort eigentlich treibt.
Denn die Rahmenbedingungen bei der Bundesnetzagentur werden dort bestimmt. Dies gilt im Übrigen auch für die Frage, was wir mit der „digitalen Dividende“ anfangen, also mit den Frequenzen, die bei der Digitalisierung des Rundfunks frei werden. Welche Strategie verfolgen Sie da eigentlich?
Die Europäische Union will das Ganze dem freien Markt überlassen. Die Bundesländer wollen große Teile dieses Frequenzspektrums beim Rundfunk lassen. Was wollen Sie? Ist das nicht auch eine Möglichkeit, die Rahmenbedingungen bei uns zu verbessern, damit sich endlich auch die Marktbedingungen verbessern? Denn daran scheitert es. Ich kann keinen freien Wettbewerb erkennen, wenn man quasi gezwungen wird, den günstigsten Anbieter zu nehmen, auch wenn er einer Technologie anhängt, die man gar nicht haben will.
Wir haben verschiedenste Technologien, und deshalb meine ich, Herr Minister, dass die Landesregierung sehr viel mehr dazu beitragen könnte, dass die Versorgung mit Breitbandanschlüssen im gesamten Land – im ländlichen Raum und im Ballungsraum – schnell voranschreitet. Das ist die Basis unserer künftigen industriellen Entwicklung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kübler, Sie machen es sich sehr leicht. Denn Sie wissen so gut wie ich, dass die Schlacht bereits geschlagen ist. Ich habe mich sehr gewundert, dass Sie hier überhaupt eine Aktuelle Debatte anzetteln; denn es gibt keine Differenzen mehr.
Sie haben die Lage richtig geschildert. Die Verbraucher ärgern sich über diese sogenannten Cold Calls. Ihnen bleibt bislang nur die Möglichkeit, zivilrechtlich Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen die Anrufer geltend zu machen. Das ist mit erheblichem Aufwand verbunden, und sie müssen selbst tätig werden. Das ist jedoch deshalb schwierig – Sie haben es gesagt –, weil die Anrufer bisher ihre Telefonnummern unterdrückt haben – was rechtswidrig war. Anrufer dürfen am Telefon nur dann Verträge abschließen, wenn sich die Angerufenen vorher damit einverstanden erklärt haben, angerufen zu werden. Das ist die Rechtslage.
Seit Langem gibt es parteiübergreifend Bemühungen, diesen Missbrauch abzustellen. Nun gibt es seit einer Woche, seit Ende Mai, einen parteiübergreifenden Konsens, wie man dem begegnen will. Sie haben es richtig gesagt: Bei Werbeanrufen darf die Telefonnummer künftig nicht mehr unterdrückt werden. Das ist wohl das Wichtigste, weil dies dem Angerufenen die Möglichkeit gibt, den Anrufer zu identifizieren. Vorgesehen ist ein Bußgeld von 50 000 €, und es wird klarstellend erneut darauf hingewiesen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher Werbeanrufen zuvor ausdrücklich zugestimmt haben müssen.
Nun brüsten Sie sich, das alles sei noch nicht genug.
Jetzt hören Sie genau zu, was man jetzt tun will. Ich weiß, die CDU will seit Langem – und wir wollten das auch –, dass Verträge, die am Telefon abgeschlossen werden, anschließend schriftlich bestätigt werden müssen. Das brauchen Sie nicht in der zweiten Runde zu erzählen; das wissen wir alle.
Nun haben wir einen Dissens zwischen Verbraucherschützern und Justizvertretern. Auch Justizministerin Zypries hat sich dagegen gewandt, genauso im Übrigen auch die CDU-Länderminister der Justiz. Es wundert mich schon, dass Sie, wenn
Sie sich dann in der zweiten Runde hier hinstellen wollen, Ihre eigenen Justizminister nicht von Ihrer Initiative überzeugen konnten.
Warum lehnen die Justizminister das ab? Im Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es den Grundsatz der Formfreiheit bei Abschluss von Verträgen. Wollte man dies ändern, würde man das ganze Rechtssystem im Handel auf den Kopf stellen. Wie sollte man unlauteren von lauterem Telefonhandel trennen? Es ist ja nicht so, dass Handel über Telefon überhaupt nicht oder nur unlauter stattfände, sondern er ist üblich. Auch gilt ein mündlich abgeschlossener Kaufvertrag als bindend. Soll das künftig jetzt alles schriftlich erfolgen?
In dem neuen Übereinkommen, das jetzt in Gesetzesform gegossen wird, begegnet man diesem Problem der unlauteren Kaufabschlüsse mit einer Ausweitung des Widerrufsrechts. Bei Zeitschriftenabonnements, Wett- und Lotteriedienstleis tungen sowie telefonisch abgeschlossenen Verträgen wird ein Widerrufsrecht neu eingeführt.
Im Falle eines Anbieterwechsels, z. B. bei Telekommunikation oder Energie, ist die Textform mit Verbraucherunterschrift für die Kündigung des alten Vertrags notwendig. Der neue Anbieter muss dem alten Anbieter eine Kündigung vorlegen, bevor z. B. ein Telefonanschluss auf einen neuen Anbieter umgestellt werden kann. Damit wird das unbemerkte Unterschieben von Verträgen quasi unmöglich.
Im Falle einer bloßen Vertragsänderung, z. B. bei Tarifwechsel, und bei gänzlich neuen Verträgen erhalten die Verbraucherinnen und Verbraucher zukünftig ein umfassendes Widerrufsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch. Danach müssen die Anbieter die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Vertragskonditionen und die Widerrufsmöglichkeit schriftlich aufklären.
Bei Widerruf wird der Vertrag grundsätzlich rückwirkend aufgelöst. Erhalten die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Widerrufsbelehrung, gilt das Widerrufsrecht zeitlich unbeschränkt. Ansonsten steht ihnen dieses Recht zwei bzw. vier Wochen lang zu.
Die Beweislast für den Zugang der Widerrufsbelehrung trägt der Anbieter. Auch insofern sind die Verbraucher künftig entlastet. Bei fristgerechtem Widerruf müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher für die bis dahin geleistete Dienstleis tung nicht zahlen. Zahlungspflicht entsteht nur dann, wenn sie zuvor auf diese Rechtslage hingewiesen wurden und einer Ausführung der Dienstleistung vor Ende der Widerrufsfrist ausdrücklich zugestimmt haben. Die Beweislast auch dafür trägt das Unternehmen. Wir haben also eine Beweislastumkehr.
Dieses umfassende Widerrufsrecht ist, so denken wir, für die Verbraucher genauso praktikabel wie Ihre Forderung, im Anschluss an einen telefonischen Abschluss alles schriftlich zu fixieren.
Ich habe noch Herrn Minister Hauk im Ohr, der gestern sagte: Unsere Verbraucher sind mündig; sie werden das begreifen; und selbst jene, die das nicht begreifen, werden wir „mitnehmen“ – das war sozusagen der gestrige O-Ton.
Ich kann übrigens auch verstehen, dass diese Debatte von ges tern auf heute verlegt wurde. Denn Herr Hauk hielt es nicht mehr für so wichtig, jetzt selbst Stellung zu nehmen, weil die Schlacht, wie gesagt, geschlagen ist.
Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gesagt: Es gibt hier einen Dissens zwischen den Verbraucherpolitikern, zu denen ich mich auch zähle, und den Jus tizpolitikern. Mich wundert, dass Sie hier eine große Initiative in Gang setzen und nicht vermögen, Ihre eigenen Justizminister in den Ländern davon zu überzeugen, dass das, was Sie hier fordern, auch umsetzbar ist.
Das ist das Problem. Natürlich kann ich das nachvollziehen. Das wäre das Einfachste.
Aber würdigen Sie doch jetzt einmal das, was bei diesem Dissens in Berlin zustande gekommen ist. Ich wiederhole: Das Unterdrücken der Telefonnummer ist künftig nicht mehr erlaubt. Damit haben Sie die Möglichkeit, zurückzurufen. Der Anbieter muss Ihnen vorher eine schriftliche Aufklärung über Ihr Widerrufsrecht zugänglich machen. Damit haben Sie den Absender. Das heißt, Sie sind Ihres Gegners zunächst einmal habhaft.
Dann haben Sie auch ein umfassendes Widerrufsrecht, das nicht so schwierig ist; denn Sie können diese Verträge aktuell sofort nach Abschluss für null und nichtig erklären, und zwar gegenüber demjenigen, der Sie darüber aufgeklärt hat, dass Sie überhaupt ein Widerrufsrecht haben.
Das heißt: Ich kann diese Schwierigkeit, die es bisher gegeben hat – dass Sie dem, der Ihnen einen Vertrag aufgeschwatzt hat, nicht mehr begegnen können, weil Sie seiner gar nicht habhaft werden konnten –, nicht mehr erkennen. Sie werden seiner habhaft.
Außerdem haben wir künftig eine Umkehr der Beweislast. Dass Sie über Ihr Widerrufsrecht aufgeklärt worden sind, muss der Anbieter nämlich künftig im Rechtsstreit nachweisen.
Ich denke, damit kann man leben. Damit können wir durchaus einmal versuchen, ob diese gesetzwidrigen Dinge abgestellt werden können. Denn wir sind uns ja einig: Wir reden
hier nicht über ein neues Phänomen, sondern über ein gesetzwidriges Phänomen, dessen Bekämpfung wir Nachdruck verleihen müssen. Wir müssen die Verbraucherrechte stärken, damit die Verbraucher mit diesen Gesetzesbrechern besser zurechtkommen.
Ich kann Sie in Bezug auf Ihre Forderungen noch einmal auffordern: Überzeugen Sie Herrn Seehofer.
Überzeugen Sie Ihre Justizminister in den Ländern. Dann haben Sie mit uns kein Problem. Ich wünsche Ihnen dazu viel Vergnügen. Aber wenn es nicht so weit kommt, dann bitte ich Sie, das zu würdigen, was da zustande gekommen ist. Das ist eine ganze Menge.
Danke.