Christoph Palm
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Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Justiz als Kernbereich staatlichen Handelns erfordert eine besondere Sensibilität der Politik im Umgang mit der Materie. Der Landtag befasst sich deshalb nur dann mit Justizthemen, wenn es um gravierende Fragen geht. In dieser Legislaturperiode haben wir uns rela tiv wenig mit Justizthemen beschäftigt. Das liegt an der gu ten Arbeit des Ministers sowie der Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter im Ministerium,
in erster Linie aber an den vielen Tausend in der Justiz Be schäftigten, vom Vollzugsbeamten bis zur Richterin und zum Richter.
Das lässt sich auch der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP entnehmen. Die Drucksache 14/7348 ist ein Kompendium der Justiz. Wir können feststellen, dass Baden-Württemberg in diesem Bereich insgesamt gut aufge stellt ist.
Eine funktionierende Justiz vermittelt der Bevölkerung das Gefühl der Sicherheit. Es kann Vertrauen in den Staat gewon nen werden. Deshalb müssen wir bei diesem Thema auch wei terhin die höchsten Ansprüche erfüllen.
Höchste Ansprüche muss auch erfüllen, wer bei uns in der Jus tiz arbeiten möchte. Unsere Justiz – Herr Kollege Dr. Wetzel, Sie haben es dargestellt – ist hoch effizient. Ich nenne nur ei ne Zahl: rund 1,3 Millionen neue Verfahren in jedem Jahr. Et wa 1,3 Millionen neue Verfahren in allen Bereichen müssen bearbeitet werden.
Die Qualität muss bestehen bleiben. Das ist die Auffassung der CDU-Fraktion. Das bedeutet, die Personalausstattung muss leistungsgerecht erhalten bleiben.
Wir haben im Laufe der Legislaturperiode das Thema Perso naleinsparung in der Form bearbeitet, dass wir Personalein sparungen zurückgenommen bzw. geplante Personaleinspa rungen nicht umgesetzt haben; dies hat sich als notwendig er wiesen. Punktuell wurde sogar aufgestockt. Sie haben den Wirtschaftsbereich genannt; ich möchte noch den Bereich des Sonderausschusses zum Amoklauf in Winnenden und Wend lingen nennen.
Es geht aber auch um Strukturen. Wenn wir in den vergange nen fünf Jahren Reformen durchgeführt haben, so waren sie für die Zukunftssicherung notwendig, auch wenn wir von dem
einen oder anderen Gewohnten Abschied nehmen mussten. Datenschutz, Notare, Grundbücher, Bewährungshilfe – wir werden weiterhin beobachten, wie insbesondere die Privati sierungsmaßnahmen einschlagen. Wir sind der Ansicht, dass Privatisierung in den Bereichen möglich ist, in denen es Pri vate besser machen als der Staat.
Ich möchte auch an die aktuelle Denkschrift des Rechnungs hofs erinnern. Darin wird eindrücklich gefordert, sich der Struktur der Sozialgerichtsbarkeit und der Verwaltungsge richtsbarkeit zu widmen. Mit einer in diesem Zusammenhang ergriffenen Bundesratsinitiative sind wir leider nicht ganz bis zum Ende gekommen, aber hier steckt natürlich noch einiges drin.
Ein weiterer wichtiger Punkt für die CDU-Fraktion ist die Ju ristenausbildung. Bei der Juristenausbildung sollten wir kei ne Abstriche von dem hohen Qualitätsanspruch machen und das gute Niveau bei uns im Land halten.
Wenn wir von Sicherheit reden, dann denken sicher die aller meisten an das Strafrecht. Die Kriminalitätsrate in BadenWürttemberg ist zusammen mit der in Bayern am niedrigsten in ganz Deutschland und damit auch in Europa.
Die CDU-Fraktion setzt bei der weiteren Reduzierung der Kri minalität stark auf die Prävention. Wir sind aber auch der An sicht, dass nicht jede Straftat verhindert werden kann, und sei die Präventionsarbeit noch so gut. Deshalb brauchen wir ne ben der Prävention auch Sanktionen. Wir brauchen daher leis tungsfähige und von der Legislative unbeeinflusst arbeitende Strafverfolgungsbehörden. Wir brauchen leistungsfähige und von Legislative und Exekutive unbeeinflusst arbeitende Straf gerichte und einen Strafvollzug, der auf der einen Seite die Rechte der Straftäter achtet, aber auf der anderen Seite dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung gerecht wird.
Deshalb schauen wir mit besonderer Aufmerksamkeit auf die laufenden Verfahren beim Bundesverfassungsgericht in Sa chen Sicherungsverwahrung. Ich glaube, wir sind uns einig, dass dabei jetzt eine einheitliche Linie gefunden werden muss, die zwar die Freiheitsrechte der aus guten Gründen unbefris tet Sicherungsverwahrten berücksichtigt, dies jedoch ins rich tige Verhältnis zum berechtigten Sicherungsbedürfnis der Be völkerung rückt.
Meine Damen und Herren, Personal, Struktur, Ausbildung – das sind Themen, mit denen wir uns befasst haben und auch zukünftig befassen werden.
Ich möchte abschließend noch ein Plädoyer für eine etwas ver änderte Streitkultur in unserem Land halten. Diese 1,3 Milli onen Neufälle pro Jahr sind auf den Arbeitstag herunterge rechnet mehr als 5 000 neue Verfahren, die pro Tag beim Staat als Schlichter ankommen. Ich denke, wir sollten unsere Ge sellschaft durchaus motivieren, den einen oder anderen Kon flikt von Bürger zu Bürger selbst zu bewältigen. Das ist nicht immer angenehm, aber es ist notwendig, dies einmal zu sa gen. Man kann nicht immer das Angenehme selbst machen
und das Unangenehme outsourcen. Ich plädiere dafür, die Streitkultur und die Konfliktfähigkeit insgesamt hochzuhal ten. Dazu gehört auch, dass man Inhalt und Person voneinan der trennt. Das haben wir in dieser Legislaturperiode versucht.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich stelle an den
Anfang meines Beitrags zur heutigen Aktuellen Debatte „Grundlagen für eine erfolgreiche Integrationspolitik“ zwei Äußerungen des Bundespräsidenten. Nur wenn man beide Äu ßerungen gemeinsam nennt und sozusagen als Begriffspaar versteht, wird die ganze Tragweite seiner Aussagen und wird auch die Grundlage unserer Integrationspolitik klar.
Es ist richtig, Herr Kollege Kretschmann, am 3. Oktober, am Tag der Deutschen Einheit, hat der Bundespräsident gesagt: „Der Islam gehört zu Deutschland.“ Rund zwei Wochen spä ter hat er vor dem türkischen Parlament aber auch gesagt: „Das Christentum gehört zur Türkei.“
Mit diesem Begriffspaar wird ganz deutlich gemacht, wie wir zeitgemäße Integration verstehen und was unter diesem Be griff in die Bevölkerung getragen werden muss.
Integration ist eine Aufgabe, die auf Gegenseitigkeit beruht. Sie ist zugleich Hol- und Bringschuld.
Fördern und fordern bilden also eine Einheit. Das zeigt eben auch, Herr Kollege Kretschmann, dass man über alles reden können muss, und zwar in respektvollem Ton. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Tabus, verehrte Kolleginnen und Kollegen, schaden der Debatte.
Deshalb muss man sagen dürfen, dass es Ängste in der integ rierenden Bevölkerung gibt, und diese Ängste gilt es wahrzu nehmen und ernst zu nehmen, ohne sie zu schüren.
Man muss auch sagen dürfen, dass nicht alle integriert wer den wollen. Auch die Existenz von Parallelgesellschaften darf nicht geleugnet werden. Darüber hinaus bin ich auch der An sicht, dass verbale Entgleisungen – und zwar von allen Seiten – der Integration nicht dienen.
Wenn ich auf Ihren Vorlesungsteil, dem ich wie sicher viele andere auch zustimmen kann, nun auch nicht näher eingehen möchte, so meine ich doch, dass man schon noch einmal da rauf eingehen sollte, was Kultur ausmacht und was im Spezi ellen der Beitrag der deutschen Kultur zu diesem Weltethos, den Sie angesprochen haben, gewesen ist und auch in Zukunft sein wird.
Wir können, glaube ich, als eine der größten kulturellen Leis tungen unseres Landes die Epoche der Aufklärung anführen, und wenn jemand zu uns kommt, der diesen wichtigen Schritt von der anonymen Masse hin zum Individuum und zur Wert schätzung des Individuums nicht mitgemacht hat, dann ist es unser gutes Recht, klarzumachen und deutlich zu machen, auf welchen Werten unsere Gesellschaft basiert, was unser Wer tesystem ausmacht und welch einen Wert bei uns das einzel ne Individuum darstellt.
Ich bin mit Ihnen einer Meinung: Jeder soll sich frei entfalten können – aber auf der Basis unseres Grundgesetzes und auf der Basis unseres Wertesystems. Wir nehmen hier nicht für uns in Anspruch, dass jeder das glauben soll – im religiösen
Sinn –, was wir glauben – ich nehme an, das unterstellen auch Sie uns nicht –, aber es gibt doch Ausprägungen, die beispiels weise die Überlegenheit einer bestimmten Religion in den Raum stellen, oder Ausprägungen, die den Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter nicht berücksichtigen.
Da legen wir größten Wert auf die Forderung, unsere Werte nicht aufzugeben, um einer missverstandenen Gleichmache rei das Wort zu reden.
Was die Meinungsbreite in der Union angeht: Herr Kollege Kretschmann, ich habe zu denen gehört, die auch am Ende Ih rer Ausführungen beim Tagesordnungspunkt 1 noch zugehört haben. Da haben Sie für sich und die Grünen in Anspruch ge nommen, dass es absolut normal sei, auch eine gewisse Brei te darzustellen. Wir als Volkspartei nehmen ebenfalls für uns in Anspruch, dass es eine Breite gibt und dass wir uns mitei nander und auch untereinander auseinandersetzen. Dass es durchaus eine Linie gibt, sieht man daran, dass speziell in Ba den-Württemberg die Erfolge unserer Integrationspolitik weit aus stärker spürbar sind als anderswo. Baden-Württemberg ist auch in diesem Punkt nicht Berlin, und das soll es auch nicht werden.
Integration braucht ein gutes Klima, braucht Verständigung und Verständnis. Sie haben angesprochen, wie wichtig die Sprache ist. Ich würde mir wünschen, dass Sie, Herr Kretsch mann, nicht den Eindruck erwecken, als seien Sie ein Feuer wehrmann, der zündelt, weil er so gern löscht.
Es gibt auch bei diesem Thema keinen Alleinvertretungsan spruch der Grünen.
Es gab schon Integrationspolitik in Baden-Württemberg, als die Grünen noch nichts zu sagen hatten, und das wird auch zukünftig so sein – in beiderlei Hinsicht.
Die Integrationspolitik wird gut bleiben. Ausführungen zum Rest spare ich mir.
Meine Redezeit ist leider zu Ende. Ich gehe davon aus, dass nachfolgende Redner weiter ausführen können, welche Erfol ge wir im Speziellen, etwa in der Bildung, haben.
Als Mitglied des Wissenschaftsausschusses erlaube ich mir noch einen kurzen Nachsatz zu den Fachbereichen für Islami schen Studien: Wir müssen das in Baden-Württemberg nicht machen – drei Hochschulstandorte in Deutschland sollen sol che Fachbereiche für Islamische Studien anbieten –, sondern wir wollen das. Wir haben uns beworben und haben den Zu schlag bekommen. Darüber sollten wir alle uns freuen. Wer den Zuschlag für den Fachbereich Islamische Studien be kommt, der bekommt ihn nicht im luftleeren Raum, sondern
deshalb, weil eine Basis für Dialog, Verständigung und Inte gration vorhanden ist.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Minister, im Januar hat der Wissenschaftsrat empfohlen, an zwei bis drei deutschen Universitäten einen solchen Lehrstuhl für Is lamische Studien einzurichten. Die CDU-Fraktion freut sich natürlich, dass es gelungen ist, einen dieser Lehrstühle nach Baden-Württemberg zu holen.
Könnten Sie uns bitte etwas über die Situation in den anderen Bundesländern und über den aktuellen Stand der Entwicklun gen dort berichten?
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Da men und Herren! Um die Tragweite dieses Tagesordnungs punkts und die Bedeutung des Mammutprojekts „Kultur 2020. Kunstpolitik für Baden-Württemberg“ für unser Land zu er messen, muss man zunächst auf das Vorgängerwerk von „Kul tur 2020“, die erste Landeskunstkonzeption, verweisen.
Seit 1989 war die Landeskunstkonzeption unverzichtbare Leitlinie für die Kunstpolitik in Baden-Württemberg, was deutlicher Ausweis ihrer Qualität und ihrer visionären Kraft war und ist.
Die Landeskunstkonzeption wurde bereits nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit erstellt, als dieser Begriff noch nicht infla tionär benutzt wurde.
Oft kopiert und selten erreicht hatte die Landeskunstkonzep tion, erstellt unter der Federführung des legendären Hannes Rettich, eine Strahlkraft, die weit über unser Land hinaus und tief in unser Land hinein und in seine Kunst- und Kultursze ne hinein wirkte. Die erste Landeskunstkonzeption war trotz dieser großen Wirkungskraft ein Kind ihrer Zeit, geprägt von der Anregung zu etlichen Neugründungen von Kunst- und Kultureinrichtungen, die fast ausnahmslos auch vollzogen wurden. Die Akademie Schloss Solitude, das ZKM in Karls ruhe und viele weitere Institutionen, die wie Leuchttürme in der internationalen Kulturlandschaft stehen, gehen auf die ers te Landeskunstkonzeption zurück.
Nun hat sich die Landesregierung mit Staatssekretär Dr. Diet rich Birk als treibender Kraft im wahrsten Sinn des Wortes ans Werk gemacht, um die Landeskunstkonzeption fortzu schreiben.
Parlamentarisch ist dies ein Ereignis, das bisher einmalig ist. Sie, liebe anwesenden Kolleginnen und Kollegen, können spä ter einmal sagen, dass Sie heute dabei gewesen sind.
Das freut besonders den Kollegen Walter; denn er ist immer gern dabei, wenn etwas los ist.
Die neue Kunstkonzeption „Kultur 2020“ hat nach Ansicht der CDU-Fraktion dieselbe Qualität wie ihre Vorgängerin. Sie birgt alle Chancen, dieselbe visionäre Kraft zu entfalten, und ist ebenfalls ein Kind ihrer Zeit, ohne dem Zeitgeist zu ver fallen.
Besondere Merkmale dieses fast 400 Seiten starken kunstpo litischen Kompasses sind die Beibehaltung bewährter Grund sätze der Kunstpolitik, klare, zukunftsträchtige Schwerpunkt setzungen und der vorbildliche partizipative Prozess der Er stellung. Bewährte Grundsätze der Kunstpolitik sind die Gleichrangigkeit von Breiten- und Spitzenförderung in dem Bewusstsein, dass es ohne Breite keine Spitze und ohne Spit ze keine Breite in der Kunst geben kann.
Ferner ist die Dezentralität zu nennen. In Baden-Württemberg konzentriert sich die Kunst nicht auf ein Zentrum oder auf we nige Zentren wie in den meisten Ländern Deutschlands und Europas. Ganz gleich, wo Sie sich in unserem Land aufhal ten, meine Damen und Herren, Sie werden kunstschaffenden, kunstsinnigen, ja kunstliebenden Menschen begegnen.
Diesen hohen gesellschaftlichen Wert gilt es weiter zu stützen und zu fördern. Kunst ist nicht das Sahnehäubchen unserer Gesellschaft, Kunst ist der Kitt unseres funktionierenden Ge meinwesens und muss deshalb überall verfügbar sein.
Als dritten wichtigen Grundsatz nenne ich die unbedingte Zu rückhaltung der Politik in Bezug auf künstlerische Inhalte. Weil das bei uns so ist, darf man von einer Landeskunstkon zeption auch keine zu konkreten Handlungsanweisungen für die Kunstschaffenden erwarten. „Kultur 2020“ gibt Anregun gen und weist die generelle Richtung, ohne der Kunstszene Fesseln anzulegen.
Wer beim vorliegenden Werk angeblich fehlende Konkreti sierungen bemäkelt, verkennt den Charakter eines solch lang lebigen Planwerks. Außerdem ist eine Kunstkonzeption kein Wunschzettel für Einzelinteressen. Die Schwerpunkte von „Kultur 2020“ heißen kulturelle Bildung und Interkultur – Schwerpunkte, die von der CDU sehr begrüßt werden, liegen sie doch genau auf unserer politischen Linie.
Zur weiteren Konkretisierung des Begriffs „Kulturelle Bil dung“ haben CDU und FDP/DVP einen gemeinsamen Ergän zungsantrag eingebracht,
in dem wir verlangen, dass jedes Kind bzw. jeder Jugendliche bis zum Ende seiner schulischen Ausbildung inner- oder au
ßerschulisch mit jeder Kunstsparte passiv und mit mindestens einer Kunstsparte aktiv tätig befasst werden soll.
Interkultur müssen wir noch stärker als bereichernden Aus tausch kultureller Werte begreifen. Traditionelles hat dabei ebenso seinen Platz wie zunächst fremd Erscheinendes. Wenn wir wollen, dass sich Menschen aus anderen Teilen Deutsch lands und der Welt in Baden-Württemberg heimisch fühlen und ihren persönlichen positiven Beitrag zu unserer Erfolgs geschichte bringen sollen, dann müssen wir ihnen unsere rei che Kultur in geeigneter Form näherbringen und uns auch ak tiv mit den mitgebrachten kulturellen Errungenschaften aus einandersetzen. Interkultur, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist keine Einbahnstraße. Auch dringend benötigte Fachkräfte bringen neben ihrem Fachwissen und ihrer Arbeitskraft ihre Kultur mit.
Meine Damen und Herren, die Erarbeitung von „Kultur 2020“ allein war schon ein Meisterwerk. Bevor von der Kunstabtei lung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst ein Erstentwurf gefertigt wurde, sind Kunstschaffende und an dere nach ihren Vorstellungen und Anregungen gefragt wor den. Nachdem der Erstentwurf auf dem Tisch lag, wurde die ser ebenfalls breit zur Diskussion gestellt. Die CDU-Fraktion hat dieses Angebot zur Teilhabe gern und gemäß unserem di alogorientierten Arbeitsstil aufgegriffen und zwei sehr gut be suchte Symposien mit mehr als 200 Teilnehmern in Stuttgart und Karlsruhe veranstaltet. Viele zusätzliche Anregungen aus solchen Runden mit Workshop-Charakter, aus der öffentlichen Anhörung des Wissenschaftsausschusses und aus etlichen Kontaktaufnahmen mit uns z. B. durch die Kirchen und die kommunalen Landesverbände sind mit in die vorläufige End fassung eingeflossen, genauso wie eigene Überlegungen mei ner Fraktion.
„Kultur 2020“ ist damit kein Papier der Politik, sondern ein Gemeinschaftsprodukt von Kunst, Kultur und Politik. Nach dem auch alle Fraktionen dieses Hohen Hauses zu einem frü hen Zeitpunkt in die Erstellung eingebunden waren und die se Einladung durch das MWK auch konstruktiv nutzten, ist für mich der einzige kleine Wermutstropfen bei „Kultur 2020“, dass ein durchgängig konsensuales Vorgehen auf der Zielgeraden nicht mehr möglich war. Wir hätten gern gese hen, dass alle parlamentarischen Anträge von allen vier Frak tionen gemeinsam eingebracht worden wären. Die Schnitt mengen waren dann aber doch wesentlich kleiner.
Auf die Anträge von Rot-Grün möchte ich nur ganz kurz ein gehen. Wir halten sie entweder für etwas inhaltsschwach oder betrachten eine Kunstkonzeption nicht als den richtigen Ort, um die betreffenden Forderungen aufzunehmen.
Das ist kein Gesetz, liebe Frau Kollegin Haußmann. Aber dazu können wir uns später draußen noch treffen.
Lediglich auf den Antrag, der auf eine Anpassung der Kultur förderung des Landes an Grundzüge des Sächsischen Kultur raumgesetzes abzielt, will ich mit zwei Sätzen eingehen. Die
ses Gesetz, das zu Beginn der Neunzigerjahre erstellt wurde, mag in Sachsen, einem damals neu gebildeten Freistaat ohne gefestigte kommunale Kunst- und Kulturlandschaft, hilfreich und wertvoll gewesen sein. Bei uns wäre die Einführung ei nes kommunalen Finanzausgleichs – das ist nämlich der Kern dieses Kulturraumgesetzes – zwischen sogenannten kulturel len Zentren und deren Umland eine Verkennung der bestehen den Verhältnisse und ein unvertretbarer Eingriff in das Selbst verwaltungs- und Selbstgestaltungsrecht der Kommunen. Wir lehnen daher auch diesen Antrag ab.
Der interfraktionelle Konsens besteht in drei Anträgen fort, nämlich erstens hinsichtlich der Einrichtung einer regelmäßig tagenden Landeskunstkonferenz zur noch besseren Vernet zung von Regierung, Landtag und Kunstszene, zweitens hin sichtlich der Bedeutung von Architektur und Baukultur, De sign und Fotografie sowie drittens zum Thema „Frauen in der Kunst“.
CDU und FDP/DVP beantragen außerdem gemeinsam, die Funktion des Kulturbeauftragten an Schulen durch Lehrerin nen und Lehrer wahrnehmen zu lassen. Gerade vor dem Hin tergrund der Ausweitung von Ganztagsangeboten und ver stärkter Kooperationen von Schulen mit außerschulischen Kultureinrichtungen halten wir es für angebracht, dass Kunst schaffende auf einen klar definierten Ansprechpartner zuge hen können.
Ferner ist es CDU und FDP/DVP ein Anliegen, von der Lan desregierung prüfen zu lassen, ob eine zeitlich befristete, pau schale Projektförderung, im Speziellen auch zur Existenzgrün dungsförderung im Bereich Kreativwirtschaft als wertvoller Impulsgeber für Innovationen, ermöglicht werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir von der CDU wollen keine Staatskunst, sondern eine freie Entfaltung der künstlerischen Kräfte, gerade in einer Zeit, in der die Kreati vität und der Ideenreichtum in allen Lebensbereichen gefragt sind und die Kunst wertvolle Impulse für die Herausforderung in Gegenwart und Zukunft geben kann. Dafür bieten wir den Rahmen, Arbeitsbedingungen für Kunstschaffende, um die uns die allermeisten außerhalb unseres Landes beneiden.
Wie ihre Vorgängerin ist „Kultur 2020“ ein Kompendium der Kunst in Baden-Württemberg, eine Zustandsbeschreibung mit einer detaillierten Erhebung des Istzustands und zugleich ein Füllhorn an Anregungen für die weitere Entwicklung von Kunst und Kultur in Baden-Württemberg.
Wenn wir alle es mit den Inhalten von „Kultur 2020“ ernst meinen – davon gehe ich bei meiner Fraktion zu 100 % aus –, dann werden wir oder kommende Generationen in zehn oder mehr Jahren – ebenso wie heute mit Blick auf die erste Lan deskunstkonzeption – feststellen können, dass die in „Kultur 2020“ formulierten Ziele und die damit verbundenen Meilen steine auf dem kunstpolitischen Weg in die Zukunft ambitio niert gewesen sind, aber auch mit Konsequenz und Beharr lichkeit, mit Aufgeschlossenheit und Dialogbereitschaft, mit Geist und Esprit erreicht worden sind.
Ich danke allen Beteiligten, insbesondere dem Kunststaatsse kretär, dem Staatssekretär im Kultusministerium und stellver tretend für alle Ministerialbeamten Herrn Ministerialdirigent Koch, Herrn Radolko und Frau Schäffner. Der letzte Dank gilt
auch den vielen Hundert Kunstschaffenden, die an der neuen Kunstkonzeption mitgearbeitet haben.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP/DVP macht The ater, liebe Frau Berroth,
und Oper zum Gegenstand einer Großen Anfrage und gibt die sen wichtigen kulturellen Einrichtungen damit den Stellen wert, den sie verdienen. Vielen Dank dafür.
Dank auch der Landesregierung für die umfangreiche Beant wortung. Die Drucksache 14/3706 ist geradezu ein Nachschla gewerk für Kulturpolitiker geworden.
Ich habe mir erlaubt, dieser Tage auch noch einmal Kontakt zu einigen Theatermachern, zu einigen Intendanten aus dem Land aufzunehmen, um die Aktualität und die Zufriedenheit mit der doch vor etwas längerer Zeit ergangenen Vorlage zu überprüfen. Die Reaktionen sind nach wie vor durchweg po sitiv. Natürlich wird von unterschiedlichen Seiten Planungs sicherheit angemahnt.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, so gern wir das ma chen würden: Wir können Planungssicherheit nur weiterge ben, wenn wir selbst welche haben. Ich möchte aber ausdrück lich darauf hinweisen, dass wir mit dem gerade verabschiede
ten Doppelhaushalt und auch mit dem Haushalt für das Jahr 2009 bewiesen haben, dass das Land ein verlässlicher Partner der Kultur insgesamt ist und dass, liebe Frau Kollegin Ber roth, im Haushalt 2009 im Speziellen auch für die darstellen de Kunst einiges mehr getan wurde.
Wir sollten weiterhin den Dialog mit den Kunst- und Kultur schaffenden pflegen, so, wie Sie es mit Ihrem Symposium ge tan haben, so, wie es andere Fraktionen auch in Kürze tun und immer wieder tun werden. Auch wir von der CDU-Fraktion haben im vergangenen Monat ein Symposium mit weit über 100 Teilnehmern zur anstehenden Fortschreibung der Landes kunstkonzeption gemacht.
Die darstellende Kunst, meine Damen und Herren, ist eine ganz wichtige Säule des kulturellen Lebens in unserem Land. Wir setzen speziell bei den vom Staatssekretär formulierten neuen zusätzlichen Schwerpunkten „Kulturelle Bildung“ und auch „Integration durch Kultur“ auf die darstellende Kunst.
Ich gehe davon aus, dass wir uns noch vor der Sommerpause intensiv mit der Fortschreibung der Landeskunstkonzeption auch hier im Haus befassen werden. Ich will deshalb heute an diesem Punkt nicht mein gesamtes Pulver verschießen,
sondern nur nochmals herzlich danken.
Ich möchte aber auch bei allen Vorteilen, die Theater und an dere Kunstbetriebe in der Umwegrentabilität für unsere Ge samtwirtschaft haben, darauf hinweisen: Die Kunst und die Kultur haben einen Wert an und für sich. Das muss am Ende eines solchen kurzen Statements zu einer langen Großen An frage stehen.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Kernthema der Politik ist, den bei uns lebenden Menschen größtmögliche Sicherheit zu gewährleis ten. Leib und Leben eines jeden Einzelnen zu schützen und somit das Ganze zu sichern war in der Antike Anstoß zur Gründung der griechischen Polis, von der sich die Worte Politik und Politiker direkt herleiten. Die Gefahr, vor der der Einzelne durch die Gemeinschaft geschützt werden sollte, lag einst in erster Linie in äußeren Aggressoren. Bei Amokläufen haben wir es mit einer Bedrohung zu tun, die innerhalb der Gesellschaft entsteht.
Selten geht es in der Parlamentsarbeit so konkret um diesen politischen Nukleus. Oft, allzu oft sind wir aufgefordert oder fordern uns selbst auf, Lebensbereiche, die bereits stark ausdifferenziert sind, weiter zu optimieren.
Keiner von uns hätte noch vor einem Jahr und einem Tag daran gedacht, dass wir uns dieser Aufgabe stellen mussten und weiterhin müssen. Wir taten dies als direkte politische Reaktion auf einen Amoklauf – im Übrigen als erstes Parlament in Deutschland in dieser Tiefe und Breite.
Leben zu schützen rechtfertigt höchsten Einsatz. Einsatz zu bringen waren die 18 Mitglieder des Sonderausschusses „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen: Jugendgefährdung und Jugendgewalt“ in den vergangenen zehn Monaten gern bereit, auch wenn wir alle auf den schrecklichen Anlass sehr, sehr gern verzichtet hätten.
Der Amoklauf in Winnenden und Wendlingen, der vor genau einem Jahr stattgefunden hat, ist noch immer unfassbar und unbegreiflich. Nichts ist mehr, wie es war – auch wir sind es nicht.
Geleitet von der Trauer um die unschuldigen Opfer, vom Mitgefühl mit den Hinterbliebenen, vom Respekt vor der Arbeit der professionellen und ehrenamtlichen Helfer und von der Verantwortung für die in Baden-Württemberg lebenden Menschen – speziell für die Lernenden und Lehrenden – hat der Landtag den Sonderausschuss im April letzten Jahres einstimmig eingesetzt.
Die Mitglieder des Sonderausschusses haben ihren Beitrag ebenfalls ganz in diesem Geist geleistet. Uns war und ist bewusst, dass die Aufarbeitung des Amoklaufs in Winnenden und Wendlingen für parteipolitisches Kalkül oder gar politisches Taktieren denkbar ungeeignet ist. Deshalb haben wir die Ausschussarbeit gemäß dem Einsetzungsbeschluss konsensual angelegt und so auch weitestgehend durchgeführt.
Dort, wo wir die Möglichkeit zu einer gemeinsamen Haltung aller sahen, haben wir die Chance ergriffen und den Konsens gesucht und gefunden, auch wenn es mehr als einmal ein zähes Ringen um die beste Lösung war.
Dass es ein schmaler Grat sein würde, auf dem wir uns zwischen ganz unterschiedlichen Erwartungshaltungen bewegen würden, war uns klar. Umsetzbare Entscheidungen wollten wir vorbereiten und nicht Wunschvorstellungen nachgehen. Ambitioniert und realistisch zugleich setzten wir uns das Ziel, einen wirksamen Beitrag zu leisten, um Amokläufe zukünftig weniger wahrscheinlich werden zu lassen.
Amokläufe ganz verhindern zu können ist leider unmöglich. Wir wollten nicht einmal den Anschein erwecken, dass wir dies für möglich hielten. Die Täterprofile sind dafür zu unterschiedlich, ebenso die bisherigen Tatverläufe.
Der Sonderausschuss hat sich in seinen Möglichkeiten nicht überschätzt. Ich bitte Sie nun, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ergebnisse unserer Arbeit aber auch nicht zu unterschätzen. Dass die dem Landtag nun vorgeschlagenen Maßnahmen – bestehend aus den von uns bewerteten Handlungsempfehlungen des Expertenkreises der Landesregierung, eigenen Handlungsempfehlungen und weiter reichenden Handlungsfeldern – geeignet sind, das Risiko eines Amoklaufs zu reduzieren, ist meine feste Überzeugung.
Diese Erkenntnis habe ich in den vergangenen zehn Monaten in den zwölf Sitzungen des Sonderausschusses erlangt, speziell in den fünf öffentlichen Anhörungen mit insgesamt 16 Expertinnen und Experten, aus den Stellungnahmen von einem guten Dutzend Vertreter von Verbänden, Institutionen und Kirchen, bei der intensiven Beschäftigung mit dem Schlussbericht des Expertenkreises unter der Leitung von Herrn Dr. Andriof und in vielen Gesprächen, z. B. mit nicht direkt betroffenen Jugendlichen und nicht zuletzt mit Betroffenen wie Schülern und Lehrern der Albertville-Realschule in Winnen den oder den Mitgliedern des „Aktionsbündnisses Amoklauf Winnenden – Stiftung gegen Gewalt an Schulen“.
Lassen Sie mich an dieser Stelle die emotionale Seite der Ausschussarbeit kurz beleuchten. Natürlich haben wir uns stets bemüht, unsere Arbeit an objektiven Maßstäben und Kriterien auszurichten. Ich bitte aber um Verständnis, wenn ich offen bekenne, dass auch wir Parlamentarier uns von unseren starken Gefühlen der Trauer, der Bestürzung, des Beileids, des Mitleids und des Mitleidens nicht frei machen konnten. Im Übrigen entsteht nach meiner Auffassung die beste Politik mit kühlem Kopf u n d heißem Herzen.
Doch das, was wir an Gefühlen erlebten, ist nichts im Vergleich zu dem, was diejenigen, die den Amoklauf direkt erleben mussten oder als Angehörige der Opfer erlitten und bis heute erleiden, zu ertragen haben.
Immer wieder durchfuhr mich beim Blick auf die anwesenden, konstruktiv mitarbeitenden Vertreter des Aktionsbündnisses und andere Eltern der Opfer der Gedanke, welch unglaubliche Leistung es ist, den Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen in so viel positive Energie umzuwandeln, um anderen ein ähnliches Schicksal zu ersparen. Ihnen allen, verehrte Leidtragende, spreche ich im Namen des Sonderaus
schusses unseren allergrößten Respekt und unsere ungeteilte Anerkennung für Ihre Beiträge zur Amokverhütung aus.
Meine Damen und Herren, wenn man dem komplexen Thema Amok gerecht werden will, muss man jedoch konstatieren, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Türknäufe allein verhindern keinen Amoklauf. Selbst das strengste Waffenrecht der Welt ist keine Garantie gegen eine solch schreckliche Tat.
Ein Amoklauf ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft keine Kurzschlusshandlung, sondern eine Tat, die sich lange, lange vor der Ausführung zu entwickeln beginnt. Sie setzt beim Täter eine weit überdurchschnittliche Kränkbarkeit, oft gepaart mit unterdurchschnittlich ausgeprägtem Selbstbewusstsein, voraus. Hinzu kommt eine Handlung, ein Ereignis, das meist nur vom späteren Täter als so verletzend oder kränkend empfunden wird, dass es in ihm über Wochen, Monate oder Jahre derart gärt und er schließlich den Entschluss zur Tat fasst. Dabei ist es dem Amokläufer wichtig, mit seiner Tat möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen und so großes Aufsehen zu erregen. Seinen eigenen Tod plant er dabei mit ein oder nimmt ihn zumindest billigend in Kauf.
Daher ist es auch extrem schwer, einen potenziellen Amokläufer von seiner Tat noch abzubringen, nachdem er den Tat entschluss gefasst hat.
Zu Beginn der Kausalkette scheint eine Verhinderung eines solchen Verbrechens erfolgversprechender. Deshalb liegt hier auch ein Schwerpunkt der Empfehlungen des Sonderausschusses. Prävention und Früherkennung sind Schlüsselworte. Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Kultur des Hinschauens. Niemand darf jemandem gleichgültig sein. Das gilt für diejenigen, die sich professionell mit Kindern und Jugendlichen befassen, das gilt aber genauso für die Gesellschaft insgesamt wie auch für jede und jeden Einzelnen.
Potenzielle Amokläufer sind meist nicht die Lauten und die vordergründig Aggressiven. Mögliche Täter sind verschlossen, zurückgezogen und unauffällig. Deshalb liegt die Schwierigkeit beim Erkennen eines möglichen Amokläufers im Erkennen des Auffälligen im Unauffälligen.
Ich betone nochmals: Hinschauen, Aufmerksamkeit und Zuwendung sind die wichtigsten Aufgaben zur Amokprävention. Dazu braucht es Personen, die dies zu ihrem Beruf machen oder in ihren Beruf einfließen lassen. Hier die richtigen Weichen zu stellen ist Aufgabe der Politik. Es braucht aber auch Anstrengungen aller in unserer Gesellschaft Lebenden. Jeder ist aufgerufen, ganz gleich, ob Eltern, Nachbarn, Freun de, Schul- oder Sportkameraden. Dies zu fördern und zu fordern ist ebenfalls Aufgabe der Politik.
Nun zu den konkreten Ergebnissen des Sonderausschusses: Der Sonderausschuss gelangte während seiner Arbeit zu dem Schluss, dass einzelne, isolierte Maßnahmen nicht ausreichend sein können, sondern dass tiefgreifende Präventionsmaßnah men erforderlich sind. Im Kern steht die Erkenntnis, dass ein enges Miteinander von Schulen, Eltern und Gesellschaft notwendig ist, damit speziell an den Schulen des Landes eine Kultur des Vertrauens, der Anerkennung und des Zuhörens ge
lebt werden kann. Deshalb hat der Sonderausschuss nicht nur 39 eigene, landespolitisch relevante Handlungsempfehlungen erarbeitet, sondern daran anknüpfend auch acht weiter gehende Handlungsfelder aufgezeigt.
Die vom Sonderausschuss in seinem Abschlussbericht gemachten Empfehlungen haben kurz- bis mittelfristig ein Finanzvolumen von gut 30 Millionen €, die jährlich im Landeshaushalt veranschlagt werden sollen. Der Bericht beinhaltet auch eine abschließende Bewertung der vom Expertenkreis der Regierung vorgelegten Handlungsempfehlungen.
Ich kann und will Ihnen hier nicht alle rund 100 Empfehlungen, die Sie dem Abschlussbericht detailliert entnehmen können, erläutern. Dazu ist das mir vorgegebene Zeitbudget zu knapp. Ferner würde ein Herausgreifen einzelner Punkte den Blick auf den eigentlichen Wert unserer Arbeit verstellen. Mit dem Abschlussbericht liegt nämlich erstmals ein umfängliches, ganzheitliches Gesamtkonzept zur Amokverhütung vor.
Auf ein paar besondere Aspekte aus den unserer Arbeit zugrunde liegenden fünf Themenfeldern gehe ich jedoch genauer ein.
Als größere Maßnahmen schlägt der Sonderausschuss die Schaffung von rund 250 zusätzlichen Stellen für Beratungslehrkräfte und Gewaltpräventionsberater sowie 100 zusätzlichen Stellen für Schulpsychologen vor. Bereits zum kommenden Schuljahr 2010/2011 sollen die ersten 30 neuen Schulpsychologen eingestellt werden.
Wir empfehlen die Gründung eines Stiftungslehrstuhls zur Amokforschung an einer baden-württembergischen Hochschule und einen Studiengang Schulpsychologie an einer Universität. Wir wollen die mobile Jugendarbeit verstetigen, Erziehungspartnerschaften zwischen Schulen und Eltern stärken, die Jugendverbandsarbeit mit mehr Mitteln ausstatten und vor allem ein sehr gut evaluiertes Gewaltpräventionsprogramm nach dem Konzept des norwegischen Psychologen Dan Olweus flächendeckend und verbindlich einführen. Ziele dieses Programms sind, unmittelbare und mittelbare Gewalt zu vermindern oder zu verhindern und Bedingungen zu schaffen, die Opfern wie Gewalttätern ein besseres Zurechtkommen innerhalb und außerhalb der schulischen Umgebung ermöglichen.
Für diese und etliche weitere Maßnahmen, die im Jahr 2010 umgesetzt werden sollen, ist eine Mittelbereitstellung im Rahmen des Nachtragshaushalts vorgesehen. Den Mitgliedern des Sonderausschusses ist bewusst, dass rund 30 Millionen € viel Geld sind. Bedenken Sie jedoch mit uns, dass die Mittel neben der Amokvorbeugung auch der Eindämmung des negativen Phänomens der grassierenden physischen und psychi schen Gewalt unter Jugendlichen und durch Jugendliche dienen und positive Standards im Umgang miteinander gesetzt werden, hinter die keiner mehr zurückgehen kann.
Die Schnittstelle zwischen reiner Amokprävention und Antworten auf die Frage, in welcher Welt wir leben wollen und unsere Kinder und Jugendlichen leben sollen, ist nicht immer klar zu definieren. Wir haben uns jedoch stark bemüht, nicht auszuufern und unter dem Etikett der Amokprävention nicht jeden noch so nachvollziehbaren Wunsch nach Verbesserung
eines gesellschaftlichen Missstands oder jede gute oder gut gemeinte Anregung zur Beschlussempfehlung werden zu lassen.
Nicht zuletzt aufgrund der zeitnahen Initiative der Landesregierung von Baden-Württemberg haben die damalige Bundesregierung und der Bundestag auf den Amoklauf in Winnenden und Wendlingen schnell reagiert und bereits im Juli 2009 das Waffenrecht verschärft. Das deutsche Waffenrecht ist damit weltweit eines der strengsten.
Bevor weitere Änderungen des Waffenrechts gefordert werden, möchte eine Mehrheit des Sonderausschusses sehen, wie sich diese letzte Änderung des Waffenrechts in der Praxis auswirkt. Die Umsetzung der neuen Gesetzeslage durch die zuständigen Behörden ist entscheidend für ein noch höheres Maß an Sicherheit im Umgang mit legalen Schusswaffen.
Vollzugsdefizite bei der Überprüfung der Einhaltung der Aufbewahrungsvorschriften müssen im Zuge einer umfassenden Evaluation identifiziert und behoben werden. Der Sonderausschuss betrachtet es als notwendig, dass möglichst frühzeitig gesicherte Erkenntnisse über die Effizienz und Effektivität der Aufbewahrungskontrollen vorliegen. Auf dieser Datengrundlage können gegebenenfalls frühzeitig bedarfsgerechte Optimierungen der Aufbewahrungskontrollen erfolgen. Dazu sollen die Erfahrungen der Betroffenen sowie der durchführenden Stelle mit den Aufbewahrungskontrollen umfassend erfasst werden. Die Waffenbehörden sollen dazu aufgefordert werden, alle Kontrollen nach § 36 Abs. 3 des Waffengesetzes, die vom 1. Januar 2010 bis 30. Juni 2011 durchgeführt werden, zu erfassen und dem Landtag bis zum 15. September 2011 über die Erfahrungen der Waffenbehörden mit den Aufbewahrungskontrollen zu berichten.
Des Weiteren empfiehlt der Sonderausschuss, die Schützenvereine aufzufordern, ihre Mitglieder bei der Umsetzung der Aufbewahrungsvorschriften zu beraten.
Der Sonderausschuss fordert die Landesregierung ferner auf, bei den unteren Waffenbehörden den Ansatz zu befördern, bei der Gebührenerhebung zwischen verdachtsabhängigen Kontrollen einerseits und verdachtsunabhängigen Kontrollen andererseits zu differenzieren und bei Letzteren nur im Fall von Beanstandungen Gebühren zu erheben.
Die Landesregierung soll außerdem eine Bundesratsinitiative ergreifen, um eine nochmalige, zeitlich begrenzte Strafverzichtsregelung bei der freiwilligen Abgabe illegaler Waffen entsprechend der am 31. Dezember 2009 ausgelaufenen Amnestieregelung zu erreichen.
Aufgrund vereinzelter, doch ziemlich absurder Medienberichte in den letzten Tagen möchte ich zur Empfehlung eines Modellprojekts zur Gewaltprävention durch Sport, die wir im Übrigen vom Expertenkreis übernommen und ausformuliert haben, Stellung beziehen.
Die Handlungsempfehlungen des Sonderausschusses beinhalten in keinem Punkt – ich betone: in keinem Punkt – den Vorschlag, Jugendliche im Rahmen eines Projekts verstärkt an Waffen auszubilden. Wer so etwas annimmt, hat die Empfehlungen gründlich missverstanden. Vielmehr will der Sonderausschuss die erfolgreiche Jugendarbeit im Sportjugendbereich grundsätzlich stärken. Durch die Entwicklung eines sol
chen Modellprojekts am Beispiel Biathlon kann eine Versachlichung der öffentlichen Diskussion erreicht werden. Es ist vorgesehen, in die Fortbildungsmaßnahmen für Lehrer, Eltern und Trainer die beteiligten Verbände aktiv einzubinden.
Im Alltag wichtige sogenannte Sekundärtugenden wie Ausdauer, Konzentration, Motorik, Leistungsfähigkeit und Disziplin sollen gestärkt und gefördert werden. Der Umgang mit der Waffe wird unter den Aspekten Vorsicht und Behutsamkeit thematisiert. Außerdem sollen die an dem Projekt teilnehmenden Jugendlichen verstärkt für das Ehrenamt als eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung gewonnen werden. Dieses Projekt will dabei helfen, den Jugendlichen, die bereits in Schützenvereinen sind, klarzumachen, welch hohes Maß an Verantwortung sie im Umgang mit Waffen tragen.
Im Umgang mit elektronischen Medien und Computerspielen setzt der Sonderausschuss neben Maßnahmen zur Verstärkung der Strafverfolgung von Internetkriminalität vor allem auf medienpädagogische Elemente. Machen wir uns nichts vor: Ob wir wollen oder nicht – die Welt unserer Kinder ist zu weiten Teilen eine elektronische, unübersichtliche, nahezu frei verfügbare Welt. Verbote allein können daran wenig ändern. Notwendige Regeln müssen national oder besser international gelten. Für uns müssen Aufklärung und Erziehung im Vordergrund stehen.
Zur Stärkung der Medienpädagogik macht der Sonderausschuss daher insbesondere nachstehende Empfehlungen:
Die medienpädagogische Erziehung und Präventionsarbeit an Schulen soll bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Es ist eine Hotline zu medienpädagogischen Fragestellungen einzurichten. Bedarfsgerecht sollen finanzielle Mittel zur nachhaltigen Verankerung erfolgreicher Projekte wie „MediaCultureOnline“ bereitgestellt werden. Zum Jugendmedienschutz verweise ich auf die entsprechende gemeinsame Erklärung des Sonderausschusses.
Auch zur Medienberichterstattung über Amokläufe hat der Sonderausschuss eine gemeinsame Erklärung verfasst, die sich mit dem deckt, was Bundespräsident Köhler heute mit in das Zentrum seiner Rede gestellt hat. Dabei geht es uns gar nicht so sehr darum, sogenannten Sensationsjournalismus einzudämmen. Meine Damen und Herren, ich erwähnte es bereits: Ein Amokläufer setzt bereits bei der Planung seiner verbrecherischen Tat auf ein möglichst großes mediales Interesse. Im Internet können Sie „Ranglisten“ von Amokläufen finden. Viel Aufmerksamkeit, wenigstens bei seinem inszenierten Abgang von dieser Welt, ist ein wichtiger Teil seiner Motivation zur Tat.
Ich appelliere an dieser Stelle eindringlich an alle Medienvertreter, sich ihrer ganz besonderen Verantwortung bei der Berichterstattung über Amokläufe bewusst zu sein. Möge ihnen allen die Gratwanderung zwischen berechtigtem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und einer – sicher ungewollten – Förderung von Täteranliegen stets gelingen.
Eltern spielen auch bei der Amok- und Gewaltprävention eine ganz entscheidende Rolle. Sie sollen bei der Erfüllung ihres immer vielschichtiger werdenden Erziehungsauftrags noch besser unterstützt werden. Dies kann u. a. durch Beratungsmodule für Rat suchende Eltern in typischen Umbruchphasen des Kinderlebens geschehen. Viel Erfahrungswissen wird heu
te aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr von einer Elterngeneration zur nächsten weitergegeben. Junge Eltern haben zahlreiche Fragen, deren Nichtbeantwortung zu Unsicherheit führt, was sie wiederum bei der Erziehung der Kinder hemmt.
Mit dem Landesprogramm STÄRKE erhalten Eltern eine Unterstützung bei Fragen der Kleinkindentwicklung. Für typische Umbruchphasen des Kinderlebens wie Schulwechsel oder Pubertät bestehen jedoch noch keine adäquaten Angebote für Rat suchende Eltern. Der Sonderausschuss regt die bedarfsgerechte Entwicklung von Fortbildungsmodulen zur Erziehungsberatung für diese prägenden Lebensphasen an, die Eltern eine pädagogische sowie entwicklungspsychologische Orientierung ermöglichen. Darüber hinaus wäre es aus Sicht des Sonderausschusses wichtig, werdenden Eltern bereits vor der Geburt ihres Kindes, wenn oft mehr Zeit zur Verfügung steht als nach der Geburt, eine Möglichkeit zur Teilnahme am Angebot STÄRKE zu schaffen.
Auf die gemeinsame Erklärung des Sonderausschusses zur sozialpsychiatrischen Diagnostik und Beratung sei in diesem Zusammenhang verwiesen.
Als letztem inhaltlichen Punkt wende ich mich dem Thema „Sicherheit an Schulen“ zu. Nach Anhörung von Experten und vielen Gesprächen mit Pädagogen, Schülern und Eltern setzen wir das deutliche Signal: Schulen müssen Wohlfühlorte sein und bleiben. Ein Ausbau von Schulen zu Festungen, wie er in Amerika vielerorts praktiziert wird, wird von kaum jemandem, der am Schulbetrieb teilnimmt, befürwortet. Eingangskontrollen ähnlich wie an Flughäfen sind abzulehnen, da der Zugewinn an Sicherheit oder vermeintlicher Sicherheit die damit einhergehende Verschlechterung des Schulklimas in keiner Weise rechtfertigt.
Dies heißt nicht, dass die passive Sicherheit in Schulen nicht verbessert werden kann. Allerdings muss der Einsatz von Türknäufen, Schließsystemen oder anderen baulichen Elementen jeweils vor Ort individuell geprüft werden. Eine flächendeckende Einführung beispielsweise von Türknäufen könnte bei einer zukünftigen Bedrohungslage unwirksam, möglicherweise sogar kontraproduktiv sein.
Wir sind sicher, dass das Land die Schulträger und Schulgemeinschaften überall in Baden-Württemberg durch polizeiliche Beratung in Fragen der passiven Sicherheit an Schulen gut und partnerschaftlich unterstützt.
Ferner sollen Fortbildungsangebote für Lehrkräfte im Umgang mit Mobbing und aggressiven Schülern bedarfsgerecht ausgebaut werden.
Finanziell einsteigen sollte das Land auch bei der flächendeckenden Einführung eines elektronischen Alarmierungssys tems, z. B. mittels sogenannter Pager. Alle Schulen, die ein solches direktes Alarmierungssystem haben, könnten sich auf Bedrohungslagen schneller einrichten sowie unmittelbar und schnell angesteuert werden.
So weit, meine Damen und Herren, in der gebotenen Kürze die wichtigsten aus lauter wichtigen Empfehlungen.
Erlauben Sie mir zum Schluss ein paar von Herzen kommende Dankesworte. Ich danke den Expertinnen und Experten, die uns in den Anhörungen an ihrem großen Fachwissen teil
haben ließen, sowie allen, die unsere Arbeit auch zu ihrer Sache gemacht haben. Ich danke dem Expertenkreis unter der Leitung von Herrn Dr. Udo Andriof für die sehr gute Vorarbeit. Ich danke den beteiligten Personen bei der Landtagsverwaltung, insbesondere Herrn Rüdiger Wegner, den parlamentarischen Beratern der vier Fraktionen, die an dieser Stelle unbedingt auch einmal namentlich genannt werden müssen – Herrn Thomas Hartmann, Herrn Helmut Zorell, Frau Ilka Raven-Buchmann und Herrn Jan Frederik Adriaenssens –, sowie den zuständigen Ministerien für die hervorragende Zuarbeit und für deren hohe, nein höchste Einsatzbereitschaft. Schließlich danke ich besonders den Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen, die sich im Sonderausschuss mit weit überobligatorischem Einsatz einbrachten und, um der außergewöhnlichen Sache gerecht zu werden, bereit waren, die sonst üblichen Schemata und Spielregeln der Parlamentsarbeit wohltuend auch einmal außer Acht zu lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Sonderausschuss hat seinen Arbeitsauftrag erfüllt. Was jetzt rasch, aber unaufgeregt und mit der unbedingt notwendigen Gründlichkeit zu erfolgen hat, ist die Umsetzung der Empfehlungen.
Wenn wir im Anschluss an die Aussprache auch dem gemeinsamen Entschließungsantrag zur Einstellung der ersten 30 neuen Schulpsychologen zum Beginn des kommenden Schuljahrs mit breiter Mehrheit zustimmten, dann wäre dies das richtige Signal dafür, wie ernst wir es mit der zügigen Umsetzung aller Empfehlungen meinen.
Ich bitte den Landtag im Namen des Sonderausschusses um eine entsprechende Beschlussfassung einschließlich der Empfehlung an den Landtag, die Landesregierung zu ersuchen, über die Umsetzung der Handlungsempfehlungen innerhalb vorgegebener Fristen zu berichten.
Damit hätten wir für das immer komplizierter werdende Zusammenleben in unserer Gesellschaft Marken gesetzt, die Orientierung, mehr Halt und größere Sicherheit geben können.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist einer der Momente, in denen ich mich besonders freue, diesem Hohen Haus anzugehören.
Verehrter Kollege Walter, dass Sie sich freuen, wenn ich diesem Haus nicht mehr angehöre, fasse ich als Kompliment auf.
Ich freue mich, wenn Sie bleiben dürfen.
Zurück zum Thema. Ich freue mich deshalb, weil in anderen politischen Gremien auf die verschlechterte Einnahmesituation der öffentlichen Hand oft geradezu reflexhaft mit Kürzungen des Kunstetats oder zumindest mit entsprechenden Vorschlägen reagiert wird.
Dies ist im Landtag von Baden-Württemberg durch die Bank nicht der Fall. Der in einem unserer Vorgängerparlamente gefallene Satz „Mir brauchet koi Kunscht, mir brauchet Grombiera!“ ist ein Satz aus den Geschichtsbüchern für die Geschichtsbücher.
Wir wissen, dass gerade die Kunst in der Lage ist, Brücken zu bauen, Wege durch unbekanntes Gelände aufzuzeigen und die passenden Fragen zur Zeit zu stellen. Diese grundsätzliche Übereinstimmung im Bereich der Kunstförderung ist in erster Linie eine Wechselwirkung mit der hervorragenden Arbeit der Kunstschaffenden im Land, wofür ich mich im Namen meiner Fraktion herzlich bedanke.
Sie ist ebenso Folge einer beispielhaften Kunstpolitik, die ganz im brechtschen Sinn speziell in den vergangenen drei Jahrzehnten auch im Landtag den Kreis der Kenner stetig erweitert hat.
Meine Damen und Herren, auch die Kunst spürt jedoch die Krise. Rückgänge bei den Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Drittmitteln sind bei vielen Einrichtungen zu verzeichnen und zu verkraften. Da ist es gut, wenn wir unseren Zuschussempfängern heute das Signal senden können, das die Koalitionsfraktionen bereits angekündigt haben.
Dem Wort folgt die Tat: keine Kürzungen im Kunstetat des Landes.
Meine Damen und Herren, wir vermitteln und ermöglichen Stabilität und Planungssicherheit. Kunst hat bei uns immer Konjunktur, Kunst muss gerade in Zeiten der Krise Konjunktur haben.
Was wir allerdings nicht können, will ich auch erwähnen: Wir können Kürzungen anderer im Kunstbereich nicht ausgleichen. Wir wollen das auch nicht, denn das wäre für private und für andere öffentliche Kunstförderer das falsche Signal. Kunstförderung ist eine Aufgabe vieler, und das muss sie auch bleiben. Denn die Kunst ist eine Tochter der Freiheit, wie es Friedrich Schiller ausgedrückt hat.
Kunst ist eine Tochter der Freiheit, und Freiheit erhält sich die Kunst nur – und erhalten wir der Kunst nur –, wenn die Kunst nicht von einem Geldgeber in besonderem Maß abhängt.
Was wir aber neben Stabilität in Zeiten der Krise außerdem leisten können, ist, mit verhältnismäßig geringen Mitteln große Wirkung zu erzielen, damit Künstler durch uns und mit uns besser durch die Krise kommen. Im letzten Haushalt haben CDU und FDP/DVP mit ihren Initiativen einen Schwerpunkt bei der Förderung der darstellenden Kunst gesetzt. Die freien Theater und die soziokulturellen Zentren haben davon besonders profitiert.
In diesem Doppelhaushalt legen wir den Schwerpunkt unserer gemeinsamen Fraktionsinitiativen auf die Förderung der bildenden Kunst. Die drei Projekte, die ich Ihnen skizzieren möchte, tragen im Übrigen auch die Handschrift des designierten Ministerpräsidenten Stefan Mappus, dem die Kunstförderung ein persönliches Anliegen ist.
Ja, bei mir können Sie immer etwas lernen, Herr Kollege Walter.
Wie fördert man Künstler? Das ist Ihnen sicher bekannt.
Eine gute Ausbildung ist ein Punkt; Stipendienförderung, Unterstützung beim Einstieg in den Beruf und Ankäufe sind weitere sinnvolle Maßnahmen. Nachdem die Ausbildungssituation bei uns im Land sehr gut ist und auch die Stipendien nach einem guten System vergeben werden, wollen wir uns beim Einstieg in den Beruf und bei Ankäufen von Kunstwerken mit unseren Initiativen besonders engagieren.
Das Kunstbüro, das im Übrigen erst im letzten Jahr auf unsere Initiative hin als erste Einrichtung seiner Art eingerichtet wurde und das bereits heute in der Kunstszene ein Markenzeichen ist, soll mit einem Betrag gefördert werden, der speziell Künstlerinnen und Künstlern weiterhin durch die Krise helfen soll, und zwar durch praktische Hilfestellung. Alle Workshops des Kunstbüros sind überbucht, und dem wollen wir in den nächsten zwei Jahren Rechnung tragen.
Außerdem planen wir ein Ankaufsprojekt mit einem Volumen von 1,5 Millionen €. 60 Werke junger Künstlerinnen und Künstler mit Bezug zum Land Baden-Württemberg sollen angekauft werden, damit diese Künstlerinnen und Künstler ohne den Umweg über eine Institution Unterstützung erhalten. Bundesweit haben bildende Künstler ein durchschnittliches Jahreseinkommen von ungefähr 12 000 €; da kann der Ankauf eines Kunstwerks in der heutigen Zeit existenzrettend sein.
Ich freue mich auch, meine Damen und Herren, dass wir ein großes Projekt unter der Federführung des Landesarchivs mit dem Namen LEO unterstützen. Mit einem Betrag von 1,85 Millionen € soll ein landeskundliches Onlineinformationssys tem entstehen. Damit können dann alle Informationen, die momentan zusammengetragen werden müssen – geologisch, geo grafisch, historisch usw. – in einem Portal abgerufen werden. Das ist eine tolle Sache.
Ich schließe, Herr Präsident, mit dem Dank an die – –
Ach so, das war ein Versehen.
Danke. Dann schließe ich nicht, sondern mache weiter.
Ich möchte noch den Dank an die Künstlerinnen und Künstler für das Betreten gedanklichen Neulands zum Ausdruck bringen. Ich danke dem Finanzausschuss für die einstimmige Beschlussfassung über unsere Anträge. Ich danke dem Minis terium, in erster Linie dem Staatssekretär, für die hervorragende Arbeit. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kunstabteilung leisten und erbringen weit Überobligatorisches. Ich danke auch meiner Fraktion dafür, dass wir die Fortschreibung der Landeskunstkonzeption so stringent begleiten wollen, als Nächstes mit einem Symposium im März.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gute Politik beginnt mit der Beachtung und Betrachtung der Realitäten, und die Lösung von Problemen beginnt mit deren Benennung. Was in anderem Zusammenhang lapidar klingen mag, muss bei einer Debatte zur Integrationspolitik ins Gedächtnis gerufen werden. Denn ich kenne kein Handlungsfeld der Politik, in dem es so viele Tabuzonen gibt. Wir werden dem Thema und den Menschen, die bei uns leben, und denen, die zu uns kommen, nur gerecht, wenn wir auf der politischen Ebene unaufgeregt und ohne ideologische Scheuklappen unseren Beitrag leis ten.
Dazu gehört die Feststellung, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. In der Dekade von 1991 bis 2001 sind mehr Menschen nach Deutschland gekommen als in die klassischen Einwanderungsländer Kanada und Australien zusammen. Es gehört aber auch dazu, dass wir sagen: Der Zustrom hat in den letzten Jahren stark nachgelassen. Im Jahr 2005 ergab sich im Saldo gerade einmal die Zahl von 79 000 Menschen mit ausländischem Pass, die sich in Deutschland niedergelassen haben. Einwanderung und Integration haben eben viel mit wirtschaftlichem Aufschwung zu tun. In wirtschaftlich starken Jahren ist das Thema wesentlich unaufgeregter zu diskutieren als in wirtschaftlich angespannten Jahren.
Zu den Tatsachen gehört ferner, Herr Sakellariou, dass Deutsch land und speziell Baden-Württemberg zu großen Integrationsleistungen fähig sind. Diese Erfolgsgeschichte begann nach dem letzten Weltkrieg, in ganz schwieriger Zeit, mit der Aufnahme von Millionen Heimatvertriebenen, zwar mit der gleichen Sprache, aber vielfach mit einer anderen Kultur, Religion oder Geschichte.
Noch heute hat nicht nur jeder vierte Baden-Württemberger einen ausländischen Pass, sondern ein weiteres Viertel der Baden-Württemberger sind Heimatvertriebene oder Abkömmlinge von Heimatvertriebenen.
Ich beziehe mich dabei auf Herrn Professor Bude von der Universität Kassel, der Baden-Württemberg unlängst bescheinigt hat, auch in den letzten vier Jahrzehnten eine gute Integra tionspolitik mit vielen Gewinnern gemacht zu haben. Aber wo es Gewinner gibt, gibt es leider auch Verlierer, wenige Verlierer; um diese gilt es sich zu kümmern. Das machen wir.
Im Übrigen sind wir alle Gewinner, denn die Zuwanderung hat uns in vielfältiger Art und Weise und nicht nur auf dem Feld des kulturellen Lebens Bereicherung gebracht.
Gibt es Versäumnisse insoweit, als man möglicherweise speziell den damals so genannten Gastarbeitern keine stärkeren Integrationsmöglichkeiten gegeben hat? Möglicherweise ja. Darf das zu Schuldzuweisungen führen? Eindeutig nein, denn die Erwartungshaltungen auf beiden Seiten – bei denen, die gekommen sind, und bei denen, die bereits hier waren – waren bis in die Achtzigerjahre hinein noch völlig andere. Ich habe neulich mit dem italienischen Generalkonsul in Stuttgart Kontakt gehabt. Er hat in diesem Gespräch gesagt: „Viele Italiener haben noch heute den gepackten Koffer im Kopf.“ Das ist keine gute Voraussetzung für Integration, denn Integration ist Bring- und Holschuld zugleich.
Jeder sollte bei sich selbst beginnen.
Auf diesem Weg sollten wir bleiben.
Fakt ist auch: Es gibt für Integration kein Patentrezept, weil die Gruppe der zu Integrierenden zu heterogen ist. Ich nehme als Beispiel einmal die Stadt, in der ich lebe: Fellbach hat 44 000 Einwohner, darunter ebenfalls etwa 25 % mit ausländischem Pass,
und diese kommen aus 115 Nationen. Sie sehen daran, dass man Integrationspolitik nicht fokussiert auf ein einziges Rezept bzw. eine ethnische oder nationale Gruppe machen kann.
Es gibt zwar kein Patentrezept, meine Damen und Herren, aber es gibt so etwas wie eine Schlüsselqualifikation zur Integration, und das ist eindeutig der Spracherwerb.
Hier tut die Landesregierung besonders viel, und zwar nicht nur durch die Sprachstandsdiagnose vor der Einschulung und die daran anknüpfenden Maßnahmen. Erst in der letzten Woche gab es einen Fachkongress mit 400 Teilnehmern zum Thema „Integration durch Bildung“. Minister Rau hat dabei ganz klar den Schwerpunkt der Bildungspolitik definiert und hat dies mit konkreten Handlungsempfehlungen verbunden.
Dieses Vorgehen unterstützt die CDU-Fraktion besonders nachdrücklich.
Zum Thema „Strukturelle Integration“, Herr Kollege Sakellariou, das ebenfalls Gegenstand Ihres Antrags ist, haben Sie gerade nichts gesagt. Deshalb gehe ich jetzt auch nicht hierauf ein und hole dies vielleicht in der zweiten Runde nach, in der ich mich dann auch noch dem Schweizer Volksentscheid widmen möchte.
Herr Minister Professor Dr. Goll, die Stellungnahme zu dem Antrag der SPD zeigt, auf welch gutem und richtigem Weg Sie sind. Mit der Unterstützung der CDU-Fraktion können Sie in diesem Punkt weiterhin rechnen.
Danke.
Vielen Dank. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Ihnen noch meine Bemerkungen zum Schweizer Volksentscheid schuldig. Diese Entscheidung ist für ganz Europa und speziell auch für Christen in islamischen Ländern eine schwierige Entscheidung. Sie darf aber nicht dazu führen, mit dem Finger auf die Schweiz zu zeigen. Das gilt für uns, und, meine Damen und Herren, das gilt in verstärktem Maße für Vertreter von Ländern, die die Religionsfreiheit in der Praxis gar nicht kennen.
Es ist richtig, dass die Situation in der Schweiz mit der in Deutschland aus unterschiedlichen Gründen nicht vergleichbar ist. Verehrter Herr Kollege Kluck, der Kernbereich unseres Grundgesetzes und der Landesverfassung, zu dem die Religionsfreiheit zweifelsfrei gehört, ist nicht disponibel. Er darf nicht verändert werden und schon gar nicht in einem Volksentscheid zur Abstimmung gestellt werden.
Meine Damen und Herren, das Frappierendste am Schweizer Votum ist doch die große Kluft zwischen der deutlichen Ablehnung des Verbots von Minaretten in den Umfragen und der 58-prozentigen Zustimmung zum Minarettverbot in der Abstimmung. Das bedeutet, dass es eine offizielle und eine verdeckte Diskussion gibt. Hier müssen wir ansetzen. Dazu gehört, dass wir die Debatte nicht zwischen den Extremen führen: Das sind auf der einen Seite die Apokalyptiker, die Eu ropa kurz vor der Machtübernahme durch den Islam sehen, auf der anderen Seite diejenigen, die sagen, das einzige oder größte Problem bei der Integration sei der Rassismus, Herr Kollege Wölfle. Beide Positionen halte ich für falsch.
Wir müssen weiter an einem Klima der Offenheit arbeiten. Es muss möglich sein, dass in einem Klima des Respekts und der Toleranz jeder nicht nur seine Wünsche und Erwartungen, sondern auch seine Ängste formulieren und aussprechen darf – dies wohlgemerkt immer in respektvoller Art und Weise. Wenn uns dies gelingt, wird es bei der Integration noch mehr Gewinner auf allen Seiten geben. Wenn uns dies nicht gelingt, wird es nur einen Sieger geben: Das sind die Extremisten auf beiden Seiten.
Lassen Sie uns also die verbreitete Sorge vor einer Islamisierung ernst nehmen. Lassen Sie uns gleichzeitig die aufgeschlossenen Kräfte, die es in einer großen Mehrheit unter den Muslimen gibt, durch einen intensiven Dialog stärken.
Meine Damen und Herren, wenn man z. B. weiß, wer in einer Moschee predigt und was er predigt, dann ist schon ein großes Stück des Weges gegangen. Das muss vor Ort geschehen. Das ist ganz klar. Aber diese Offenheit fordern wir auch ein.
Herr Kollege Wölfle, man muss sich auch des Öfteren mit aufgeklärten Muslimen über das Thema unterhalten, die zum Teil eine Position zum Moscheebau und auch zum Minarettbau einnehmen, die deutlich von dem abweicht, was politischer Mainstream speziell bei den Grünen ist.
Lassen Sie uns aber auch ganz klar deutlich machen, dass Toleranz keine Einbahnstraße ist.