Sven Kohlmeier
Appearances
18/2
18/4
18/7
18/8
18/9
18/10
18/19
18/20
18/21
18/22
18/26
18/27
18/30
18/31
18/32
18/36
18/37
18/38
18/39
18/40
18/46
18/47
18/51
18/52
18/53
18/54
18/55
18/57
18/58
18/59
18/60
18/61
18/62
18/64
18/66
18/67
18/68
Last Statements
Ich danke Ihnen ganz herzlich, Frau Präsidentin! – Sehr geehrter Kollege Vallendar! Ich weiß nicht, was Sie genommen haben. Sie sollten auf jeden Fall weniger davon nehmen. Ich bin kein Arzt, aber das klang nicht gesund, was Sie hier erzählt haben.
Sie wollen einen Sonderausschuss einrichten. – Jetzt rede ich hier vorne, und Sie hören schön zu wie beim letzten Mal ebenfalls! Ich mache es hier anders als die Kollegin Schmidt, ich fordere Sie nicht auf, sich hier neben mich zu stellen, weil ich das nicht möchte.
Sie wollen einen Sonderausschuss. Wir haben darüber schon im Rechtsausschuss miteinander diskutiert. Vier Gründe, warum der abzulehnen ist – erstens: Mich verwundert ja schon ganz erheblich, dass diejenigen, die Corona leugnen, sich hinstellen und einen Coronaausschuss haben wollen. Was denn nun? Gibt es nun Corona oder kein Corona? Worüber wollen wir in diesem Sonderausschuss miteinander reden?
Zweite Anmerkung: Sie haben es vielleicht noch nicht mitbekommen, weil Sie mit anderen Dingen befasst sind, die parlamentarischen Beratungen finden im Parlament statt, und zwar hier in diesem Plenum, und die parlamentarischen Beratungen finden in den entsprechenden Ausschüssen statt, so wie es in den vergangenen neun Monaten eben war. Der Kollege Walter hat hier die Frage zutreffend angesprochen: Wann haben Sie das hier jemals auf die Tagesordnung gesetzt, über die Coronaverordnungen reden zu wollen? Dankenswerterweise, Frau Präsidentin, haben Sie ein hervorragendes Suchsystem eingerichtet, und wenn man in der Parlamentsdokumentation nach Corona und AfD googelt, dann findet man u. a. diesen Antrag vom 26. Oktober. Der ist in der Parlamentsdokumentation vom 20. Oktober gelistet.
In der Tat, die AfD hat nicht gelogen, die hat tatsächlich einen Antrag zur Änderung der Zehnten Verordnung eingereicht. Was glauben Sie eigentlich, wann das gewesen ist? – Am 30. Oktober, sieben Tage, nachdem Sie diesen Sonderausschuss gefordert haben, weil Sie selber gemerkt haben, dass es ziemlich schwachsinnig ist, hier einen Sonderausschuss zu fordern und dieses Thema bisher niemals aufgerufen zu haben.
Man kann sich ansonsten in dieser Parlamentsdokumentation hervorragend durchscrollen, um mal so ein bisschen die Schwerpunkte der AfD-Fraktion zum Thema Corona, Covid-19 und Kohlendioxid, Schriftliche Anfrage eines
Kollegen, den ich nicht kenne – – Spandau, Schadstoffbelastung usw. usf. – So also die Anfragen der AfD zum Thema Corona! Da frage ich mich: Was wollen Sie eigentlich in dem Ausschuss diskutieren?
Dritter Punkt: Die Handlungsfähigkeit des Parlaments ist gewährleistet, und zwar haben wir heute Vormittag eine Verfassungsänderung beschlossen und sichergestellt, dass die Beschlussfähigkeit in diesem Haus auch hergestellt ist, wenn weniger als 50 Prozent der Personen anwesend sind. Das gibt mir noch mal die Möglichkeit, Ihnen zu sagen, dass Sie offenbar überhaupt nicht verstanden haben, was wir da heute beschlossen haben. Jeder Abgeordnete kann selbstverständlich herkommen. Es geht nur darum, was passiert, wenn nicht mehr als 50 Prozent herkommen können. Ich wünsche Ihnen von Herzen, wirklich von Herzen, dass es Ihnen nicht passiert, dass Sie eine rote Corona-App haben oder dass Sie in eine Situation kommen, dass Sie Kontaktperson ersten Grades sind, dass Sie zum Test müssen und dass Sie möglicherweise zu Hause bleiben, weil Sie vielleicht doch einige menschliche Züge haben und ebenfalls im Verwandtenkreis jemanden haben, der ein bisschen älter ist, der zur vulnerablen Gruppe gehört und den Sie nicht anstecken wollen, da wünsche ich Ihnen von Herzen alles Gute, dass Sie nicht krank werden und nicht zum Arzt müssen.
Letzte Anmerkung: Die, die Corona leugnen, wollen uns erzählen, wie man mit der Krise umgeht. Das ist auch ein interessantes Spielchen. Ich habe mir die Freude gemacht, mal anzuschauen, so in Ihren Reihen, wie man da zu Corona und den Querdenkern steht. Das Mitglied des Bundestages Hansjörg Müller – ich weiß gar nicht, ob es den gibt, ich habe noch nie etwas von dem gehört – den gibt es, tatsächlich – redet auf einer Querdenkerdemo. Ein AfD-Stadtrat in Rosenheim besucht die Querdenkerdemo.
Das Mitglied des Bundestages Karsten Hilse – wer sind Sie denn? – Kennen Sie Karsten Hilse? – Querdenkerdemo!
Und: Karsten Hilse festgenommen! AfD-Chef Tino Chrupalla – nie gehört, kenne ich auch nicht – mobilisiert für Querdenkerdemo. Bernd Höcke – kenne ich auch nicht, noch nie gehört – ruft zur Teilnahme an Querdenkerdemo auf und will den rhetorischen Schulterschluss.
Alle die, Sie rennen da vermutlich auch hin, so wie man – – Ja, ist ja in Ordnung.
Können sie ja machen, ist ja ein freies Land. Deshalb können sie auf die bescheuertsten Demonstrationen gehen. Wir sichern das. Das hat der Kollege ja auch gerade richtig dargestellt. Alle die, die Allmachtsfantasien haben, sind Sie, sind die Querdenker, und Sie wollen uns erzählen, wie wir es richtig machen. Wir machen es in der Tat richtig, und zwar heute Vormittag mit der Verfassungsänderung. – Herzlichen Dank!
Danke schön! – Frau Kollegin, Sie hätten auch eine Minute Zeit, diese zu beantworten. Können Sie sich an eine ernsthafte Initiative der AfD in dem Rechtsausschuss zum Thema Coronaverordnungen erinnern? Ich habe jetzt die ganze Zeit nachgedacht, mir ist bisher nichts eingefallen.
Danke schön, Herr Kollege! Können Sie mir drei konkretere Beispiele benennen, wo das Landesantidiskriminierungsgesetz die Arbeit der Polizei konkret beschwert hätte?
Hat das jemanden interessiert? –
Niemanden! –
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Smoltczyk! Sehr geehrte Frau Klingen! Willkommen bei uns hier im Hohen Hause zu einer so wichtigen Debatte vor gut gefüllten Reihen. Tatsächlich steht heute die abschließende Beratung der Stellungnahme des Senats zum Bericht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und – das muss man immer dazu sagen, Frau Smoltczyk, weil Sie eine zweite Funktion haben – Informationsfreiheit auf der Tagesordnung. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beratungen zu einem Datenschutzbericht, und zwar aus dem Jahr 2018, ein Stück weit überholt sind. Das ist in diesem Jahr besonders durch die ausgefallenen Sitzungen in der Coronazeit der Fall. So beraten wir relativ spät einen Bericht 2018 hier abschließend, obwohl der neue Bericht 2019 schon vorliegt. Ich gebe zu, um das auch zu offenbaren, dass ich mich schon fast auf den neuen Bericht vorbereitet hatte und zu dem Bericht 2019 reden wollte, bis ich in der Tagesordnung gesehen habe und mir
(Maja Smoltczyk)
der Kollege Ziller bestätigt hat, dass wir tatsächlich noch über den Bericht 2018 reden.
Der Bericht 2018 ist bei uns im Ausschuss KTDat dreimal beraten worden, und zwar insbesondere im Hinblick auf politisch relevante Themenbereiche. Unter anderem haben wir über die Charité gesprochen – ein immer wiederkehrendes Thema –, wo wir als Abgeordnete, das muss ich auch einmal sagen, der Auffassung sind, dass die Charité verstanden hat, dass da Änderungen erforderlich sind, und die Charité auf einem guten Weg ist.
Wir haben über Drohbriefe der linken Szene gesprochen, wo die Daten aus Polizeicomputern kamen. Wir haben über die polizeilichen Datenbanken gesprochen und über die Gesundheitskarte. All das sind Themen, die uns eigentlich tagtäglich betreffen, die aber von einem Großteil von Ihnen als Fachpolitiker als relativ unsexy angesehen werden. Insofern bin ich dankbar und froh, dass die Berliner Datenschutzbeauftragte, ihre Behörde und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Themen aufrufen, die auf den ersten Blick vielen Menschen als nicht so wichtig erscheinen, aber dann doch ganz praktische Auswirkungen auf das Leben von uns allen haben, nämlich auf unsere personenbezogenen Daten und deren Schutz. – Deshalb, Frau Smoltczyk, herzlichen Dank für den Bericht und für die Arbeit, die Ihre Behörde und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Datenschutz machen!
Lassen Sie mich einen kurzen Ausblick auf den Bericht 2019 geben, weil ich mich ja auf die Rede dazu schon vorbereitet habe. Die Beratung des Berichts 2019 werden wir im Ausschuss für Kommunikationstechnologie und Datenschutz zeitnah durchführen und hoffentlich nicht erst am Ende des nächsten Jahres dazu hier stehen und ihn abschließend beraten. Sie haben angesprochen, dass das Abgeordnetenhaus Ihnen mehr Personal für die Datenschutzbehörde zur Verfügung gestellt hat. Ich halte das im Hinblick darauf, dass Ihre Aufgaben durch die Datenschutz-Grundverordnung erheblich angestiegen
sind, für angemessen. Ich glaube, Sie bekommen monatlich 400 Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern, also durchschnittlich 15 Beschwerden pro Tag. Wenn man die Wochenenden abzieht, hat man einen Überblick, wie viel Sie arbeiten und wie vielfältig Ihre Arbeitsbereiche sind.
Die Koalition hat angekündigt – daran haben Sie uns gerade dankenswerterweise noch einmal erinnert –, sich das Berliner Datenschutzgesetz noch einmal anzuschauen. Die Koalitionsfraktionen wollen das auch im Hinblick darauf tun, wie wir die Datenschutzaufsicht stärken oder verändern können. Da haben wir bekanntermaßen unterschiedliche Auffassungen, Frau Smoltczyk, welche Rechte Sie zusätzlich bekommen sollen. Sie wollen gerne ein
Bußgeld auch gegenüber landeseigenen Unternehmen erheben können. Ich habe mehrfach deutlich gemacht, dass ich das eher kritisch sehe, weil dabei letztendlich das Geld von der einen in die andere Tasche fließt und der eigentliche Datenschutzverstoß nicht abgestellt wird. Zu diesem Themenpunkt werden wir sicherlich eine gute inhaltliche Diskussion haben.
Ihren Hinweis zur Datenschutzordnung des Abgeordnetenhauses hat der Präsident des Abgeordnetenhauses bestimmt gehört. Dazu muss man aber sagen, auch die parlamentarische Arbeit braucht Regeln. Dazu gehören selbstverständlich auch Datenschutz- und Informationsregeln. Wir müssen an diesem Punkt aber aufpassen – das hat uns die Datenschutzgrundverordnung durchaus erlaubt –, dass auch die parlamentarische Tätigkeit selbstverständlich weiterhin möglich ist und die parlamentarische Tätigkeit nicht durch die Datenschutzgrundverordnung eingeschränkt wird. Dazu gibt es für die parlamentarische Tätigkeit entsprechende Ausnahmevorschriften durch den EU-Gesetzgeber. Daran hangeln wir uns entlang.
Deshalb stehen weitere Herausforderungen beim Datenschutz an. Sie haben es angesprochen, gerade die Pandemie hat gezeigt, dass die Nutzung neuer Technologien, die Nutzung von Videokonferenztools stellt uns alle vor neue Herausforderungen im Hinblick auf Datenschutz und den Schutz personenbezogener Daten. Ich freue mich auf die Beratung des Datenschutzberichtes 2019 und danke Ihnen für Ihre Arbeit! – Herzlichen Dank!
Da wir offenbar gerade die Stunde Abgeordnete fragen Abgeordnete der Regierungskoalitionen haben, möchte ich Sie fragen: Haben Sie eigentlich den Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün gelesen, in dem steht, dass in dieser Legislaturperiode eine Fortentwicklung des Informationsfreiheits- und Transparenzgesetzes erfolgen wird, und wissen Sie weiterhin, dass die Koalition noch mindestens ein Jahr
wegweisende Beschlüsse fassen und in diesem verbleibendem Jahr dann auch die restlichen noch wenigen offenen Punkte des Koalitionsvertrags umsetzen wird?
Genau das war auch meine Überlegung, Frau Kollegin! Können Sie mir kurz sagen, wie Sie den Vorschlag finden, Heizpilze aufzustellen und dafür einen autofreien Tag in Berlin einzuführen?
Sie können ja gut oder schlecht sagen, dann haben Sie noch 59 Sekunden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD hat ja vermeintlich die Väter und auch die Familien entdeckt. Ich möchte mit einem Zitat aus diesem Antrag beginnen, und zwar dem vorletzten Satz des Antrages, und zwar aus der Begründung:
Langzeitstudien zeigen, dass eine vaterlose Kindheit ein Leben lang negative Folgen haben kann.
Ich habe mich so in den Reihen umgeschaut und überlegt, der eine oder andere Vater ist bei Ihnen möglicherweise auch dabei, und habe gedacht: Tun Sie doch mal was für Ihre Kinder! Schicken Sie mehr Frauen ins Parlament und sorgen sich mehr um Ihre Kinder, anstatt hier rumzusitzen und solche Anträge einzureichen!
Der Antrag ist eine gute Gelegenheit, sich mit dem Familienbild der AfD auseinanderzusetzen. Ich habe mir mal das Wahlprogramm angeschaut, zugegebenermaßen gibt es schönere Veranstaltungen. Im Wahlprogramm der AfD steht, man möchte Vollzeitmütter schaffen, und de facto sollen die Frauen nach Hause zurück an den Herd und zur Familie.
(Tommy Tabor)
Und, sehr spannend, Alleinerziehende sollen keine Unterstützung aus der Solidargemeinschaft erhalten. Interessante Aussage, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der AfD!
Weiter habe ich mir das Familienbild bei Ihnen im Parlament angeschaut. 9 Prozent von Ihnen sind Frauen, großartiges Familienbild, das Sie haben,
das offenbar aus 91 Prozent Männern besteht!
Ich rede einfach zum Familienbild der AfD, genau so! – Selbstverständlich habe ich mir angeschaut, welches Familienbild die Abgeordneten bei Ihnen eigentlich haben. Das besteht ein Stück weit in einer Bandbreite zwischen Hitlerweinfotos und interessanten Tweets.
Ich darf aus Tweets zitieren: Ukraine, preiswert und gut, Mädel mitbringen schlecht wegen Visum, aber ist ein armes Land und alles sehr preiswert und gibt genug Auswahl in allem. – Was schätzen Sie, wer das gesagt hat?
Der charmante, gut aussehende Vorzeigemann der AfD, Herr Lindemann! Großartiges Familienbild!
Um mal zu schauen, wie ernst Sie es mit dem Antrag meinen, wenn es um Familien und Väter im Parlament gehen soll – keine Zwischenfrage, ich bin gerade so gut drin –:
Es gibt eine Parlamentsdokumentation. Ich habe es mir einfach gemacht, das Wort Väter eingegeben und geguckt, wie oft AfD dahintersteht. Was glauben Sie, wie oft es war? – Null! Genau, es gibt zur Familie sieben Drucksachen, einen Antrag davon. So weit haben Sie sich in den letzten vier Jahren um Familien und Väter gekümmert. Null Initiativen zu Vätern bisher, sieben Drucksachen zu Familien!
Das tatsächliche Ziel ist doch – ich darf zitieren –: Traditionelles Familienbild ist das favorisierte Modell des Zusammenlebens für uns.
Wer hat es gesagt? – Jetzt applaudieren Sie! – Wer hat es gesagt? – Tommy Tabor! Und wer noch? – Björn Höcke! Herzlichen Glückwunsch, Gratulation, in welche Reihe Sie sich da stellen!
Ihnen geht es tatsächlich nicht um die Väter, Ihnen geht es auch nicht um die Kinder, Ihnen geht es um eine Ideologie, die längst vorbei ist. Die deutsche Familie soll aus Mutter, Vater, Kind bestehen
und am liebsten noch dem deutschen Schäferhund.
Das traditionelle Familienbild ist Ihnen doch egal. Im Hinblick auf Ihren Antrag sei ihnen so viel noch mal zum Nachdenken mitgegeben: Sie wollen ein automatisches Sorgerecht für Väter haben. Haben Sie sich eigentlich mal überlegt, dass es möglicherweise für das Kindeswohl gar nicht so gut ist, wenn der Vater automatisch das Sorgerecht bekommt.
Die kommt erst in einem Jahr, und die werden Sie aushalten müssen, das kann ich Ihnen schon mal sagen!
Und haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie es eigentlich sein soll, wenn Sie das automatische Sorgerecht an Väter vergeben wollen, wenn das Kind aufgrund einer Vergewaltigung entstanden ist? – Nein, darüber haben Sie sich keine Sorgen gemacht, genauso wenig wie Sie anerkennen, dass es heutzutage auch andere Lebensformen und andere familiäre Formen des Zusammenlebens gibt. Über Familie und Sorgerecht haben wir im letzten Rechtsausschuss miteinander gesprochen. Wir hatten dazu eine Anhörung, wir hatten einen Familienrichter dabei. Das war der richtige Ansatz. Dieser Antrag ist es jedenfalls nicht. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Rahmen des Möglichen, Herr Woldeit, denn wir haben deutlich unterschiedliche Auffassungen, und Sie kennen meine Auffassung zur AfD und zur Politik, die Sie machen, habe ich Sie jedenfalls in der Auseinandersetzung bisher immer geschätzt, aber wie peinlich ist es denn, dass Sie es nicht aushalten, dass ich hier eine andere Auffassung habe? Und Sie stellen sich hier vorne hin
wie so ein kleiner Junge und machen hier die Heulsuse, weil Sie nicht mal fünf Minuten aushalten, dass ich Ihnen die Wahrheit sage.
Sie halten es doch gerade schon wieder nicht aus, dass ich Ihnen die Wahrheit sage. Hören Sie doch mal zu! Genau so ist ihre Diskussionskultur im Parlament. Danke schön!
Sie werfen mir hier ideologische Diskussionen vor und dass ich nicht weiß, wie die parlamentarischen Gepflogenheiten sind. Ich weiß nicht, ob das frech ist oder ob Sie heute am frühen Nachmittag einfach schon zu viel getrunken haben.
Die ideologischen Diskussionen führen Sie doch hier seit vier Jahren in diesem Haus. Wenn es geht, schreiben Sie in jeden Antrag: Flüchtlinge übervölkern unser Land. – Das ist doch der Einführungssatz in jedem Antrag.
Sie sind doch die ideologischen Demagogen in diesem Haus,
die letztendlich nichts anderes können, als Ideologien und Demagogie zu verbreiten.
Und Sie können es schon wieder nicht, weil Sie nicht den Mund halten können. Ihr General ist ja nicht da, um Sie zurückzupfeifen. Schade eigentlich!
Herr Woldeit! Sie haben ja gerade den wahren Grund für diesen Antrag hier vorgetragen. Der wahre Grund ist ja nicht, dass es Ihnen um die Väter geht, und der wahre Grund ist auch nicht, dass manche Sorgerechtstreitigkeiten tatsächlich schwierig sind und juristisch schwierig sind. Der wahre Grund ist doch offenbar, dass Sie eine ganz persönliche Betroffenheit haben, die Sie ja gerade dargelegt haben und dass Sie aufgrund einer persönlichen Betroffenheit hier versuchen, mit parlamentarischen Mitteln irgendwas wiedergutzumachen, ihre Paarebene zu regeln, ihre Elternebene zu regeln – das, Herr Woldeit, wird überhaupt nicht funktionieren. Und die traumatischen Erlebnisse für die Kinder, die Sie angesprochen haben, haben Sie mir noch nicht in Ihrer Zwischenfrage beantwortet.
Zu Ihrer Intervention: Und zwar habe ich darauf hingewiesen, dass es bei der automatischen Übertragung des Sorgerechts Situationen geben kann, wo das Kindeswohl für das Kind gefährdet ist. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Ich möchte nicht, dass Väter automatisch das Sorgerecht für ein Kind bekommen, wenn es zum Beispiel aufgrund einer Vergewaltigung entstanden ist, aber genau das fordern Sie mit Ihrem Antrag. Da ist bei mir und meiner Fraktion jedenfalls eine deutliche Grenze erreicht. Da wird es kein automatisches Sorgerecht geben. Die jetzigen Regelungen im Familienrecht sind richtig. Es geht immer um das Kindeswohl, und das ist im Zweifel im Rechtsstaat vor einem Gericht auszufechten, ob es Ihnen gefällt, Herr Woldeit, oder nicht. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP fordert ja mit diesem Antrag ein digitales Rathaus für Berlin, und die FDP zeigt damit, was sie eigentlich am besten kann, nämlich hier Schaufensteranträge einzureichen.
Erstens, Herr Kollege Schlömer und liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP: Sie wollen ein rein virtuelles und digitales Rathaus mit Bürgerdienstleistungen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das möchte die Koalition nicht. Die Koalition möchte, dass Bürgeranliegen zukünftig sowohl telefonisch als auch persönlich, als auch digital mitgenommen und beantragt werden können, denn nicht alle Bürgerinnen und Bürger sind in der Lage, virtuell und digital Dienstleistungen abzurufen. Meine Oma – die ist 93 Jahre alt – werden Sie nicht dazu bekommen, beim digitalen Rathaus irgendwas zu beantragen.
Da wird es nach Vorstellungen der Koalitionsfraktionen auch weiterhin die Möglichkeit geben, persönlich die Bürgerleistungen des Landes Berlins in Anspruch zu nehmen.
Zweitens, Herr Kollege Schlömer, das, was Sie in dem Antrag fordern und als große Vision hier einbringen, ist ja schon auf dem Weg der Realisierung. Es gibt ein einheitliches Bürgerserviceportal unter service.berlin.de – wenn Sie gleichzeitig mit reinschauen wollen, Herr Kollege Fresdorf!
Wir wollen die Digitalisierung, und zwar in allen Rathäusern und nicht nur in einem Rathaus. Es gibt zwölf Bezirksämter und zwölf Rathäuser. Die alle sollen digitale Angebote machen, deshalb gibt es ein Serviceportal, wo diese Anliegen angebracht werden können. Und es gibt mittlerweile – Sie schauen ja gerade, Herr Kollege Fresdorf – 114 Dienstleistungen, die im Serviceportal eingestellt sind, unter anderem – ganz aktuell – zum Beispiel Anträge für die Erstattung nach dem Infektionsschutzgesetz oder nach dem Mietendeckel.
Die Grundlage dafür haben wir bereits damals mit der CDU geschaffen, und zwar im E-Government-Gesetz, im Onlinezugangsgesetz und durch die EU-Verordnung eines einheitlichen digitalen Zugangstores. Berlin arbeitet in diesem Gebiet mit den anderen Bundesländern zusammen, und deshalb wird es, lieber Herr Kollege Schlömer, keine Insellösung für Berlin geben. Stattdessen wird es auch mit den anderen Bundesländern eine gemeinsame Lösung dafür geben, bestimmte Anliegen online verfügbar zu machen.
Um etwas Gutes über den Antrag zu sagen: Er zeigt uns jedenfalls auf, dass wir den Weg der Digitalisierung in Berlin weitergehen, aber das können wir auch ohne Ihren Antrag. – Herzlichen Dank!
(Stephan Lenz)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Tatsächlich war es so, dass ich im gestrigen Rechtsausschuss überrascht war über die Mitteilung des Justizsenators in der Aktuellen Viertelstunde. Ich war dahingehend überrascht, weil die Linksfraktion zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts nachgefragt hat und wir – ohne jetzt zu viel sagen zu wollen – vorverabredet hatten, dass der Senat mit einer Stimme spricht.
Nach dem, was mir bekannt war, wie der Senat mit einer Stimme spricht, war es so, dass der Senat publiziert und bekannt gemacht hat, dass man die Auswertung des Bundesarbeitsgerichtsurteils abwartet, und dann wird die Senatorin Scheeres einen Vorschlag im Senat machen, wie man mit diesem Urteil umgeht. Abgemacht war offenbar nicht, dass dabei Alleingänge seitens der Justizverwaltung gemacht werden.
Die SPD-Fraktion – und das ist keine Überraschung in diesem Haus – steht zu diesem Neutralitätsgesetz, die SPD-Fraktion steht zur Neutralität, zur religiösen Neutralität bei den Schulen, bei der Justiz und bei der Polizei.
Klar ist auch – und das wissen auch alle Juristen, das weiß auch der Senator für Justiz –, dass das Berliner Neutralitätsgesetz gerade nicht für verfassungswidrig erklärt wurde. Es gibt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, die sagt, das Gesetz ist verfassungskonform auszulegen, und zwar in Hinblick auf den Schulfrieden. Es gibt ein WPD-Gutachten von 2015, das hier im Haus bekannt ist, das Änderungen vorschlägt, und es gibt das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 2015, das ein pauschales Verbot für verfassungswidrig erklärt, wenn es die Lehrkräfte entsprechend betrifft.
(Sven Rissmann)
Wir haben – und das ist auch bekannt – in dieser Koalition hier unterschiedliche Auffassungen zum Neutralitätsgesetz, und auch deshalb steht nichts dazu im Koalitionsvertrag. – Nur, Herr Senator Behrendt, man gewinnt eine solche politische Auseinandersetzung nicht, indem man Alleingänge macht und eine eigene Agenda verfolgt.
Man gewinnt eine solche Diskussion auch nicht, Herr Senator, wenn heute im Laufe des Tages der Senatspressesprecher der Justizverwaltung versucht, irgendwelche Nebelkerzen zu werfen, die mich hier heute den ganzen Tag beschäftigt haben – und zwar, wenn hier behauptet wird, dass die Schulverwaltung gerade einen ebensolchen Beschluss gefasst hätte, nach dem Rechtsreferendarinnen in der Ausbildung tätig sein können. Das ist falsch, das ist schlichtweg falsch.
Es ist so, dass in der Bildungsverwaltung – und zwar § 4 des Neutralitätsgesetzes, wie dort mal nachzulesen – seit 15 Jahren diese Regelung gilt. Die Regelung, die Sie nicht erlassen haben, weil die natürlich – formaljuristisch korrekt – der Präsident des Kammergerichts und der Präsident des GJPA erlassen hat, kommt relativ überraschend zu einem Zeitpunkt, der – was ich vorsichtig sage – unglücklich ist in Hinblick darauf, welche Verabredung Sie im Senat hatten.
Und natürlich sagen Sie, Herr Senator: Ich war es ja nicht, es war des Präsident des Kammergerichts, und es war der Präsident des Gemeinsamen Justizprüfungsamts. Aber klar ist doch auch, lieber Herr Senator, wenn wir da mal konkreter nachfragen – aus Ihrem Hause gab es durchaus die Bestrebungen und den Wunsch, dass es da entsprechende Änderungen gibt. Sie wissen auch, dass der Gesamtpersonalrat und die Richterschaft sich sehr deutlich dazu geäußert haben, und zwar dahingehend, dass religiöse Symbole – ich möchte das losmachen vom Kopftuch, dazu zählen sämtliche religiöse Symbole – nach Auffassung der Richterschaft im Gerichtssaal nicht gewünscht sind.
Wir sind alle politische Profis hier im Haus, und insofern kann ich mit dem Vorgang entsprechend umgehen. Den Justizsenator kenne ich auch schon vier Jahre in der Zusammenarbeit. Gleichwohl muss man sagen, dass es jedenfalls gegenüber den Senatskollegen und Senatskolleginnen zumindest respektlos ist, was hier passiert ist.
Zur Wahrheit zählt aber auch, dass wir die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesarbeitsgerichts abwarten werden, und wir werden selbstverständlich in der Koaliti
on miteinander darüber reden, welche Änderungsbedarfe es beim Neutralitätsgesetz im Land Berlin vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Entscheidung und vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts geben wird. Das wird selbstverständlich in dieser Koalition passieren, und dazu haben wir noch ein Jahr Zeit. Wir kennen natürlich die verfassungsgerichtlichen Entscheidungen, die gerichtliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kennen wir bisher nicht. Es war eigentlich ein guter Weg des Senats, das Urteil vom Bundesarbeitsgericht abzuwarten. Es ist schade, dass das vorschnell unterlaufen wird. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Senat, welche neuen Erkenntnisse der Senat in Hinblick auf den Anschlag auf der A 100 hat.
Danke schön, Herr Präsident! – Herr Senator! Können Sie mir mitteilen, ob der immer wieder insbesondere in konservativen Kreisen geforderte Einsatz von Fußfesseln diese Tat nach Ihrer Auffassung verhindert hätte?
Frau Präsidentin, herzlichen Dank! – Ich frage den Senat: Welche Erwägungen liegen dem zugrunde, dass die Justizverwaltung plant, dass die Ausstellung „Im Namen des deutschen Volkes – Justiz und Nationalsozialismus“ aus dem Gebäude des Oberverwaltungsgerichts ausziehen soll, damit sechs Personen der Ombudsstelle nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz dort einziehen können?
Da die Ausstellung ja auch für die Ausbildung von Juristinnen und Juristen genutzt wird, würden Sie meiner Auffassung folgen, dass man, um Platz für andere Dinge zu schaffen, nicht auch eine historisch wertvolle Gedenkstätte im Land Berlin auflösen würde, sondern da schon eine Abwägung zwischen einem historischen Auftrag, den die Justizverwaltung hat, und Räumlichkeiten für sechs Personen einer Ombudsstelle nach dem LADG vornehmen würde?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin bekanntermaßen in einem Land geboren, wo es die Versammlungsfreiheit nicht gab und wo die Meinungsfreiheit jedenfalls deutlich eingeschränkt war, und ich bin dankbar, in einem Land zu leben, wo es Meinung- und Versammlungsfreiheit gibt.
Ich schätze Sie, Herr Kollege Dregger, gleichwohl muss ich es deutlich sagen: Es ist schon etwas absurd und unverschämt, der Koalition vorzuwerfen, dass sie sich auf den Weg macht, ein liberales, ein freiheitliches Versammlungsrecht für das Land Berlin zu regeln. Politik ist mehr als Schule, Politik ist mehr als Wohnungsbau. Das sind wichtige Themenfelder, aber in der Kategorie, in der Sie denken, können wir die Hälfte dieser Ausschüsse abschaffen, denn sie sind alle nicht in der Top-1-Priorität und der Top-2-Priorität der Berlinerinnen und Berliner. Es ist richtig, dass Rot-Rot-Grün sagt: Wir wollen das Versammlungsrecht neu regeln.
Unsere Demokratie funktioniert halt nur mit Meinungs- und Versammlungsfreiheit, und dazu zählt auch, Herr Kollege Dregger, andere Meinungen auszuhalten, auch Meinungen von Hetzern, soweit sie sich im Rahmen des Grundgesetzes bewegen, auch von Menschen, die einen Virus wegtanzen wollen, oder von Menschen, die tief im Herzen unsere Demokratie ablehnen und abschaffen wollen.
Unsere Demokratie ist stark genug, das auszuhalten, und natürlich ist unsere Demokratie auch stark genug, Gegendemonstrationen zuzulassen und andere Meinungen zu äußern.
Hier zeigt sich zugleich das Spannungsverhältnis, in dem sich ein Berliner Versammlungsrecht bewegt. Wir haben im Koalitionsvertrag geregelt, dass wir ein Berliner Versammlungsrecht erlassen werden, das als deutschlandweites Vorbild für ein demokratieförderndes und grundrechtbezogenes Versammlungsrecht dienen kann. Es gibt nur eine Koalition, die dieses schafft, nämlich den Ausgleich zwischen dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und den erforderlichen Eingriffsbefugnissen für die Polizei, und das ist Rot-Rot-Grün.
Auch wenn es etwas gedauert hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir legen Ihnen hier heute ein deutschlandweit vorbildhaftes Versammlungsgesetz zur Beratung vor.
Das Problem ist, dass auch Sie hier in diesem Hause keine andere Meinung aushalten können. Sie müssen einfach bloß Ihren Mund aufmachen, blöd dazwischenquatschen, aber auch das gehört zur Demokratie dazu, dass Sie einfach mal fünf Minuten aushalten, was ich Ihnen sage.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Marc Vallendar (AfD): Zwischenrufe sind ein parlamentarisches Grundrecht! Ich weiß nicht, ob Ihnen das bewusst ist!]
Blöde Zwischenrufe wahrscheinlich nicht, Herr Kollege!
Lassen Sie mich nun einige Schwerpunkte nennen: Die Durchführung einer Gegenversammlung soll in Hör- und Sichtweite zulässig sein. Ich halte es für richtig, Herr Kollege Dregger, dass es möglich ist, auch andere Meinungen bei Versammlungen zu äußern oder gegensätzliche Äußerungen zuzulassen. Es macht wenig Sinn in einer Demokratie, wenn die Gegendemonstration
15 Kilometer weit weg ist. Beim Waffenverbot ist klargestellt worden, dass der Gegenstand den Umständen nach als Waffe auch bestimmt und benutzbar sein muss. Es wird die von meinem Kollegen Schlüsselburg genannte Veröffentlichung von Versammlungen geben. Auch das ist die Transparenz, die ja ganz viele in diesem Haus fordern. Auf einmal sind sie dagegen und wollen das alles nicht. Es wird eine Liste mit Tagen und Orten geben mit wichtiger Symbolkraft, wo die Versammlung verboten oder eingeschränkt werden kann.
Es gibt klare Regelungen – Herr Kollege Dregger, da haben Sie offenbar unseren Gesetzesentwurf nicht ge
(Burkard Dregger)
lesen – zum Verbot, zur Beschränkung oder zur Auflösung von Versammlungen – zum Beispiel Hass, Verletzung der Menschenwürde oder Straftaten. Und ich bin dankbar, dass wir es geschafft haben, dass auch die Übersichtsaufnahmen zukünftig weiterhin zulässig bleiben, so wie es das Landesverfassungsgericht gesagt hat. Es war leider nicht möglich – mit dieser Linken –, es in das Gesetz einzubringen, dass wir das Verbot und die Verletzung der Flaggen anderer Staaten im Versammlungsrecht regeln. Da hätten wir uns tatsächlich mehr gewünscht. Aber so ist das in einer Koalition.
Berlin ist die Hauptstadt der Demonstrationen, und Kollege Schlüsselburg hat es deutlich gesagt: Es gibt hier über 5 000 Demonstrationen im Jahr, über 300 im Monat. Berlin ist die Stadt der Freiheit, und Berlin ist auch die Stadt der persönlichen Freiheit. Diese Freiheit und diese Liberalität sollen auch im Versammlungsrecht bestehen und sich im neuen Versammlungsrecht widerspiegeln. Auf der anderen Seite knüpfen wir mit diesem Versammlungsrecht an eine erfolgreiche Praxis der Berliner Polizei und an eine erfolgreiche Praxis der Deeskalationsstrategie an. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch der Polizei dafür danken, dass sie in den vergangenen Jahren auch unter schwierigen Voraussetzungen das Versammlungsrecht in unserer Stadt gewährleistet und durchgesetzt hat, auch wenn es für den ein oder anderen nicht immer ganz einfach war.
Da nicken Sie bloß, Herr Kollege Dregger! Sie klatschen später, oder? –
Das ist in Ordnung, ich frage ja bloß nach.
Diese Koalition hat auch deutlich gemacht, dass ihr das Versammlungsrecht wichtig ist. Sie erinnern sich an die Diskussion zur SARS-Verordnung, wo wir den Senat dazu gedrängt haben, dass Versammlungsrecht wieder und weitergehend zu ermöglichen. Deshalb Dank an unsere Koalitionspartner, Dank an Benedikt Lux, Sebastian Schlüsselburg und Frank Zimmermann für diesen großen Wurf im Versammlungsrecht. – Herzlichen Dank!
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Herzlichen Dank für die Reinigung des Pults jedes Mal! – Sehr geehrter Herr Kollege Vallendar! Ich weiß nicht, ob Sie den Gesetzesentwurf nicht gelesen haben, nicht lesen wollten, oder nicht verstehen wollten. Sich hier vorne hinzustellen und falsche Tatsachen zu behaupten über das, was im Gesetzesentwurf drinsteht, ist dann doch reichlich frech.
Punkt eins zum Vermummungsverbot: Die Vermummung bleibt selbstverständlich eine Straftat, wir haben aber aus den Lehren des G-20-Gipfels in Hamburg gelernt, und zwar muss die Polizei bei einer Straftat nicht mehr sofort einschreiten, sondern es wird zunächst eine Anordnung geben, die Vermummung abzulegen. Wenn dem nicht Folge geleistet wird, kann die Polizei entsprechend einschreiten. Insofern haben wir hier einen sehr deutlichen Ausfluss gemacht, dass nicht jede Vermummung, die angelegt wird, zu einer Beschädigung oder Ausnutzung des Versammlungsrechts führt. Ich muss es nicht schön finden, dass Menschen sich vermummen, aber wenn eine Versammlung friedlich bleibt und Menschen sich vermummen, dann muss die Polizei nicht sofort einschreiten, sondern dann kann die Versammlung weiterlaufen.
Zu dem Punkt, dass Sie sagen, wir würden hier ein Versammlungsrecht machen nach dem Motto: wer lauter schreit, der könne sich durchsetzen. Das Witzige daran ist, dass Sie genau das gerade eingefordert haben, und zwar, als Sie dazwischengebrüllt haben, als ich hier vorn gestanden habe. Da waren Sie der Meinung, dass Sie, weil Sie lauter brüllen, recht hätten und mich übertönen könnten. Es zählt zu einer Demokratie halt dazu, dass es immer eine Meinung und eine Gegenmeinung gibt, und man muss dies aushalten.
Was Sie und leider auch Herr Dregger machen, ist, dass Sie sich hier vorne hinstellen und einzelne Demonstrationen herausgreifen und sagen, man müsse diese einzelnen Demonstrationen wie al-Quds, die wir alle widerlich finden, oder diese einzelnen Nazi-Demonstrationen, verbieten. Das entspricht nicht dem Grundgesetz und Artikel 8. Ich möchte diese Demonstrationen nicht haben, aber es zählt zur Demokratie dazu, dass es einzelne Demonstrationen gibt, die man aushalten muss und die in diesem Land zulässig sind. Und da hat jeder Mensch eine andere Einschätzung darüber, welche Demonstration zulässig und welche nicht zulässig ist.
Wir machen kein Versammlungsrecht, wo wir uns einzelne Demonstrationen herauspicken und sagen: Die, die und die sind zulässig, und die, die und die nicht! – Dann
lebten wir in einem anderen Staat, und in diesem Staat möchte ich nicht leben.
Eine letzte Anmerkung zu § 14 Abs. 3: Auch da, lieber Kollege, haben wir sehr deutlich gemacht, dass wir Voraussetzungen schaffen wollen, zu denen Versammlungen nicht mehr stattfinden können, und zwar insbesondere dann – da müssen Sie tatsächlich genau lesen, weil der § 14 ein paar Absätze hat –, wenn von Versammlungen Hass und Straftaten ausgehen. Die sollen selbstverständlich beschränkt sein, und da ist es gleichgültig, Herr Kollege, ob es ein Nazi-Aufmarsch, eine Linkenversammlung, eine Versammlung von Männern, von Frauen, von Blonden oder von Braunhaarigen ist. Es gibt bestimmte Grundsätze, unter denen man in diesem Land demonstrieren kann, und genau das schreiben wir fest – unabhängig davon, wie diese Menschen denken. Es zählt zur Demokratie dazu, dass jeder in diesem Land frei denken kann und das auf der Straße äußern kann, solange er sich im Rahmen der Gesetze bewegt. – Herzlichen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Tierschutz ist nach Artikel 20a des Grundgesetzes Staatszielbestimmung und in Artikel 31 Abs. 2 der Verfassung von Berlin geschützt, lieber Kollege Freymark! Dies beantwortet möglicherweise auch, warum wir uns als Koalitionsfraktionen entschieden haben, ein Verbandsklagerecht einzuführen. Die Frage hat heute Morgen der Kollege Dregger schon mal gestellt. Also die Frage nach dem, was man in Berlin braucht und warum man ein Gesetz macht, sollte man vielleicht nicht an so einem wichtigen Gesetz wie Versammlungsgesetz oder Tierschutzverbandsklagerecht erörtern, die kann man mal bei diversen weiteren Gesetzen erörtern, die wir hier beraten.
(Danny Freymark)
Nun haben Tiere tatsächlich nicht die Möglichkeit, selber gegen Maßnahmen der Behörden oder eine Verletzung des Tierschutzrechts zu klagen. Insofern braucht man, wie es vom Justizsenator dargestellt wurde, eine rechtliche Grundlage dafür, dass die in Berlin anerkannten Tierschutzorganisationen mit Sitz in Berlin dann hier auch Verwaltungshandeln überprüfen können.
Sehr gerne!
Das ist ja eine rhetorische Frage – oder, Frau Kollegin? Sie wissen, dass ich mit Ja antworte, weil ich selbst Jurist bin. Selbstverständlich ist Voraussetzung dafür, dass Tierschutzorganisationen Rechte der Tiere durchsetzen können, dass eine funktionierende Justiz besteht, und da hat der Justizsenator ja auch noch ein Jahr Zeit, hier entsprechende Vorschläge im Parlament zu machen. Da bin ich guter Hoffnung.
Das Tierschutzverbandsklagerecht ist bekanntermaßen nichts Neues. Das gibt es in Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein, und Nordrhein-Westfalen hat es unter CDU und FDP gerade abgeschafft. Wir wollen mit diesem Gesetz die Hauptstadt der Alternativen für Tierversuche werden. Deshalb hat die Wissenschaftsverwaltung an der Charité ein Zentrum geschaffen, um Alternativen zu Tierschutzversuchen zu erforschen, und auch die Einstein-Stiftung wird in Kürze ein solches Zentrum für Alternativen zu Tierversuchen schaffen.
Der Wissenschaftsstandort ist auch die Hauptstadt der biomedizinischen Forschung, und zur Wahrheit zählt halt dazu: Es wird auch in Zukunft Tierversuche geben. Darauf kann und wird Berlin und Berliner Wissenschaft
nicht verzichten können. Gerade die aktuelle Pandemie zeigt, wie wichtig Forschung ist und wie wichtig Forschung in Berlin ist. Insofern, Herr Kollege Taschner, stimme ich Ihnen nicht ganz zu, dass die Wissenschaft hier zurückstehen muss, denn das, was wir mit diesem Gesetz machen, ist meines Erachtens ein vernünftiger Ausgleich, und zwar zwischen dem Tierschutz auf der einen Seite und der notwendigen Forschung und Wissenschaft auf der anderen Seite.
Uns war wichtig, dass die Genehmigung von Tierversuchen nicht mit einer Anfechtungsklage angefochten werden kann, sondern mit einer Feststellungsklage, und wir haben im parlamentarischen Verfahren noch mal die Akteneinsichtsrechte gestärkt und festgeschrieben, dass die Behörden diese innerhalb einer bestimmten Frist gewähren müssen und dann die entsprechenden Stellungnahmen durch die Tierschutzorganisationen auch innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt.
Die Grünen haben ja gestern eine einsame Pressemitteilung herausgeschickt, in der stand: Tierschutzverbandsklagerecht ist das wichtigste Projekt in der Sache –, und sie haben sich darüber gefreut, dass es heute im Parlament ist. Die Freude teile ich mit Ihnen, Herr Kollege Taschner, aber ich glaube nicht, dass es das wichtigste Projekt im Bereich Tierschutz ist, denn wenn man sich den Koalitionsvertrag anschaut, sind dort mehrere Bereiche aufgeführt. Ein Tierschutzbeirat ist eingerichtet worden, der Tierschutzbeauftragte ist bereits hauptamtlich besetzt, und wir haben auch die Finanzierung des Tierheims Berlin gegen die Widerstände der Verwaltung durchgesetzt. Es ist noch einiges offen: Pferdekutschenverbot, Handel mit exotischen Tieren auf Tierbörsen, Katzenschutzverordnung – das alles liegt noch bei der Justizverwaltung und beim Tierschutzsenator. Ich wollte gerade etwas sagen, was mir möglicherweise falsch ausgelegt wird. Ich wollte sagen „Schweinesenator“, weil Sie sich ja auch für Schweine so sehr einsetzen, Herr Senator!
Da ist noch ein Jahr Zeit, ein bisschen nachzubearbeiten. Auf jeden Fall ist dieses Verbandsklagerecht für Tierschutz ein guter Schritt im Bereich Tierschutz. – Herzlichen Dank!
Immer erst abwarten, liebe Kollegen, und dann blöde Sprüche machen, warum jetzt hier vorne ein Mann steht zum Landesgleichstellungsgesetz – LGG. Und zwar: die Kollegin Derya Çağlar ist erkrankt, und deshalb hat sie mich gebeten, weil die Beratung auch im Rechtsausschuss war, heute hier dazu zu sprechen. Und ich glaube, das ist entsprechend angemessen. Liebe Derya, gute Besserung erst mal von mir zu dir!
Ich danke der Kollegin Jasper-Winter, oder der FDPFraktion, wer auch immer da federführend war bei Ihnen, für den ersten Aufschlag hier für die Änderung des LGG. Das LGG regelt dann – es wurde ja entsprechend dargestellt – die Zuständigkeit der Gesamtfrauenvertreterin nun auch in der Justiz, und zwar im § 18a, dann auch entsprechend die Zuständigkeit der Gesamtfrauenvertreterin, weil – und das ist eben dargestellt worden – eine Rechtsschutzlücke dahingehend bestand, dass es bisher keine gesetzliche Grundlage dafür gab, sondern eine Verwaltungspraxis, eine gewohnheitsrechtliche Praxis. Insofern sichern wir mit dieser gesetzlichen Änderung im LGG ab, dass die Wahlen dann im Herbst tatsächlich auch aufgrund einer Rechtsgrundlage abgesichert werden können, und das ist auch gut so, sehr geehrte Damen und Herren!
Ich sehe jetzt durch diese Änderung des LGG auch keine Beschneidung der Rechte der Gesamtfrauenvertreterin, weil es bisher tatsächlich ja erst mal keine gesetzlichen Regelungen gab. Insofern ist da auch nichts weggeschnitten oder weggenommen worden. Und dann gibt es einen Punkt, den die Frau Kollegin Jasper-Winter angesprochen hat, und zwar die Beteiligung der Gesamtfrauenvertreterin im Präsidialrat. Und bisher war es so, obwohl es die gesetzliche Grundlage dafür nicht gab, dass es eine Verwaltungspraxis gab, dass die Gesamtfrauenvertreterin an den Sitzungen des Präsidialrats entsprechend teilnimmt.
Nun ist es aber so, dass wir uns entschieden haben, hier diese Regelung im LGG zu machen. Insofern war es erst mal nicht vorgesehen, dass die Änderung des Präsidialra
tes oder die politischen Vorstellungen, die die FDP dort hat – nämlich die Beteiligung der Gesamtfrauenvertreterin – im LGG geregelt wird, sondern, wie Sie richtigerweise sagen, Frau Kollegin, im Richtergesetz.
Auch da ist es so, dass entsprechend eine Evaluierung vorgesehen ist, und auch wir sind insofern darauf gespannt, welche Vorschläge der Justizsenator Dr. Behrendt dem Parlament machen wird, ob und inwieweit er die Gesamtfrauenvertreterin an den Sitzungen des Präsidialrates beteiligen möchte, so, wie es bisher Verwaltungspraxis war, aber ohne gesetzliche Grundlage. Dem sehen wir mit Freude entgegen und werden dann diese Frage hier im Parlament miteinander besprechen, sowohl im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung, als auch dann im Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung.
Aber Sie haben noch eine Frage. Die können Sie gerne stellen. Den Applaus nehme ich auch gerne mit, wenn Sie wollen.
Frau Kollegin Jasper-Winter möchte eine Frage stellen. Es obliegt nicht mir, ihr das Wort zu erteilen.
Das Schöne in diesem Haus ist doch, liebe Frau Kollegin, dass wir eine Gewaltenteilung haben. Und wenn ich Sie richtig verstanden habe und es so verstehe, dann wird der Justizsenator eine Evaluierung des Richtergesetzes machen.
Nach meiner Vorstellung von der Gewaltenteilung wird es so sein, dass der Justizsenator dem Parlament einen entsprechenden Gesetzesvorschlag unterbreiten wird – wie auch immer der aussehen mag. Ich bin nicht der Justizsenator –,
(Dr. Maren Jasper-Winter)
den wir dann hier miteinander politisch beraten können. Das sollten wir doch mal abwarten. – Herzlichen Dank!
Danke schön, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Welche verfassungsrechtlichen und politischen Abwägungen liegen der Entscheidung des Senats zugrunde, das Versammlungsrecht und die Versammlungsfreiheit sowie das schrankenlose Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit weiterhin in dem Maße wie bisher einzuschränken?
Danke schön, Frau Präsidentin! – Ist der Senat mit mir der Ansicht, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in unserer Demokratie konstituierend ist, und zwar anders als zum Beispiel das Einkaufen in einer großen Shopping Mall, wo sich ebenfalls viele Menschen aufhalten? Und ist der Senat mit mir der Ansicht, dass in der Abwägung zwischen Artikel 2 Grundgesetz, der Gesundheitsschutz, und Artikel 8 Grundgesetz, die Versammlungsfreiheit, der Gesundheitsschutz einer Versammlung auch dadurch gewährleistet werden kann, indem man Auflagen macht, zum Beispiel gegebenenfalls und notfalls das Instrument des polizeilichen Notstandes nutzt oder dass Versammlungen zum Beispiel auf großen Straßen in Berlin, wie der Straße des 17. Juni, stattfinden können?
Eine schwache Rede,
deshalb seid ihr bei 5 Prozent! –
Danke schön, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Teilen Sie meine Auffassung, dass im Land Berlin das Versammlungsrecht perspektivisch oder kurzfristig insofern wiederhergestellt werden muss, dass eine Versammlung von mehr Personen als es gerade durch die Eindämmungsverordnung vorgeschrieben ist, ermöglicht wird, zum Beispiel mit entsprechendem Abstandsgebot; wenn man eine politische Veranstaltung wie zum Beispiel den CSD nimmt,
bei dem die Teilnehmer ja in zwei oder drei Meter Abstand auf der Straße des 17. Juni mit Plakaten demonstrieren könnten?
Danke schön, Herr Präsident! – Danke schön noch mal auch an die Mitglieder des Senats für die Arbeit in den letzten Wochen, auch an den Regierenden Bürgermeister, der auch sehr viel beschäftigt ist und möglicherweise meine Frage beantworten kann, und zwar: Die aktuellen Einschränkungen des öffentlichen Lebens stellen die Berlinerinnen und Berliner in diesen Wochen vor große Herausforderungen. Wie bewertet der Senat die Akzeptanz dieser Einschränkungen des öffentlichen Lebens in der Berliner Bevölkerung?
(Bürgermeisterin Ramona Pop)
Im Anschluss an den Appell des Regierenden Bürgermeisters richtet sich meine Frage dahingehend, wie sich die durch die Einsatzkräfte festgestellten Verstöße gegen die Eindämmungsverordnung, z. B. im Hinblick auf gast
ronomische Einrichtungen oder Menschenansammlungen, in den vergangenen Tagen entwickelt haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Bachmann hat ja gerade deutlich gemacht, worum es ihm bei diesem Antrag geht: Die AfD möchte ihre politische Agenda weiterverfolgen, die AfD möchte den Islam mit Fundamentalismus gleichstellen, die AfD möchte hier Angst schüren, Ressentiments schüren und nimmt Bezug auf vermeintlich künftige Fallzahlen – woher auch immer Sie zitiert haben, die Quelle haben Sie ja nicht offengelegt, Herr Kollege Bachmann.
Wenn es denn so wäre, dass mit zukünftiger Zuwanderung die Frage der Nikabs an den Schulen in Berlin zu stellen wäre, dann frage ich mich doch selber tatsächlich, wo die ganzen Nikabs, bei der vielen Zuwanderung, die wie nach Ihrer Auffassung schon hatten, an den Schulen geblieben sind. Denn Sie haben ja richtig festgestellt: Es gibt bisher im Land Berlin nicht einen einzigen Fall, in dem diese Frage von Nikabs in der Schule relevant wäre. Vor 14 Tagen bei der Bildungsverwaltung abgefragt: Kein einziger Fall an einer Berliner Schule oder an einer Berliner Universität, wo das der Fall war.
Es gab zwei Fälle in Hamburg und Kiel, und Sie machen anhand dieser zwei Fälle eine Verallgemeinerung dahingehend, dass hier ein Problem besteht. Ich sehe dieses Problem überhaupt nicht, Herr Kollege Bachmann. Es ist überhaupt kein Problem; es ist in Berlin kein Problem, und es gibt zwei Fälle in ganz Deutschland. Ich habe keine Ahnung – ich bin kein Bildungspolitiker –, wie viele Schülerinnen und Schüler und Hochschulabsolventen und Studierende es in Deutschland gibt –
zwei Fälle in Deutschland. Und wegen zwei Fällen in Deutschland wollen Sie hier eine politische Änderung haben. Nein, lieber Kollege Bachmann, das ist zu kurz gegriffen.
Nein, von Herrn Vallendar nicht. – Zu dem Rechtlichen. Auf die rechtlichen Fragestellungen sind Sie ja überhaupt nicht eingegangen, dass selbstverständlich, wenn man diese Frage hier beantworten möchte und politisch beantworten möchte, Artikel 4, und zwar die Religionsfreiheit der Schülerinnen und Schüler, zu beachten und zu berücksichtigen ist und selbstverständlich auch Artikel 6, das Erziehungsrecht der Eltern.
Auf der anderen Seite ist Artikel 7 des Grundgesetzes, das Bestimmungsrecht des Schulwesens, zu berück
(Hanno Bachmann)
sichtigen, die Befugnis des Staates zur Unterrichtsgestaltung. Und der Berliner Gesetzgeber hat hier in § 46 im Schulgesetz die Rechte und Pflichten der Schülerinnen und Schüler festgelegt. Dort heißt es in § 46 Abs. 2 Satz 3 Schulgesetz:
Die Schülerinnen und Schüler sind an die Vorgaben gebunden, die dazu bestimmt sind, das Bildungs- und Erziehungsziel der Schule zu erreichen sowie das Zusammenleben und die Ordnung in der Schule aufrechtzuerhalten.
So weit § 46 Abs. 2 des Berliner Schulgesetzes. Und da kann man die relevante rechtliche Frage stellen, ob dieser Paragraf hinreichend bestimmt ist oder ob er nicht hinreichend bestimmt ist, und dazu gibt es mittlerweile diverse verfassungsrechtliche und obergerichtliche Rechtsprechung, wo man sich entsprechend rechtswissenschaftlich – denn so einen Fall haben wir an einer Berliner Schule ja nicht – damit befassen kann. – Noch eine Zwischenfrage, Frau Präsidentin?
Wer?
Nein. – Das Bundesverfassungsgericht hat sich in einer Entscheidung am 14. Januar 2020 – die kennen Sie alle – dazu geäußert, ob ein Kopftuch bei Referendarinnen im Richterdienst zulässig ist und hat dort gesagt, dass jedenfalls Referendare nicht auf der Richterbank Platz nehmen dürfen, wenn Sie ein Kopftuch tragen. Wir haben eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, das eine Entschädigung für eine Lehrerin ausgesprochen hat, die ein Kopftuch im Schuldienst tragen wollte. Wir haben die bekannte Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 27. Januar 2015, demzufolge ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte nicht verfassungsgemäß ist, und wir werden ab 23. April vom Bundesarbeitsgericht eine Entscheidung bekommen, ob das Neutralitätsgesetz des Landes Berlin in Hinblick auf das Kopftuchverbot für Lehrerinnen und Lehrer verfassungsgemäß ist oder nicht. – Es gibt eine weitere Zwischenfrage. Ich bin mal gespannt, aus welcher Fraktion, Frau Präsidentin.
Selbstverständlich gerne!
Ich kann Ihnen bestätigen, Herr Schneider, dass mir bekannt ist, dass im Justizhaushalt 10 Millionen Euro Mehreinnahmen zu erwarten sind. Mir ist aber nicht bekannt, dass es da Belegungsvorschläge oder andere Vorschläge gibt, diese entsprechend für Demokratieförderprojekte einzusetzen.
Über die verfassungsrechtlichen Entscheidungen, die ich gerade zitiert habe, kommt man zu einem Ergebnis, und zwar zu dem rechtlichen Ergebnis, dass ein generelles Verbot für Schülerinnen, ein Kopftuch zu tragen, wohl nicht zulässig wäre und dass das Verbot, das Gesicht zu verschleiern wohl verfassungsrechtlich zu rechtfertigen sein könnte. Aber das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine politische Entscheidung und ist eine rechtliche Abwägung, die wir gerne in dem zuständigen Fachausschuss vornehmen können.
Was mir an dieser Stelle wichtig zu sagen ist – und zwar im Schulbereich wichtig ist nach meiner Auffassung, liebe – oder nicht „liebe“, „liebe“ lasse ich weg – Kollegen von der AfD: Für mich ist die Frage der Nikab, die bisher im Berliner Schulwesen überhaupt nicht vorgekommen ist, ebenso wenig relevant, wie ob ein Schüler oder eine Schülerin eine Turnhose trägt. Für mich ist in der Berliner Bildung relevant, dass es kostenlose Bildung gibt, dass es gebührenfreie Kita gibt, dass es kostenloses Schulessen gibt, dass es eine Ganztagsbetreuung gibt und dass das BVG-Ticket für Schülerinnen und Schüler kostenfrei ist. So macht man Schule und Bildung in Berlin und nicht so, wie Sie es wollen. – Herzlichen Dank!
Herr Kollege Bachmann! Machen Sie sich mal um unser Wahl in Berlin im Vergleich zu Hamburg keine Sorgen!
Das hat in den vergangenen Jahren hervorragend geklappt; insofern bin ich da guter Dinge, dass wir uns 2021 wiedersehen und Sie in der Besetzung hier nicht mehr sitzen werden.
Die Fraktion, die vorher da saß, ist heute nicht mehr da. Das gleiche Schicksal wünsche ich Ihnen auch.
Die zweite Anmerkung zur Funktionsfähigkeit der Schule: Wir haben da beide grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen. Ich sehe die Funktionsfähigkeit der Schule durch den Nikab nicht gefährdet, weil es den Fall in Berlin nicht gibt. Ich bin auch kein Mensch, der durch die Welt rennt und sagt, da könnte morgen mal eventuell was passieren, wo wir schon mal vorsorglich eine Gesetzesänderung machen könnten oder sollten, weil eventuell mal – –
Nein! Sie müssen ein bisschen angstbefreiter werden im Leben, wirklich.
Sie dürfen nicht permanent durch die Welt rennen und immer alles Schlechte sehen – und hinter jeder Burka irgendeine Gefahr sehen.
Wir haben die Diskussion schon beim Genderstern geführt. Seien Sie einfach mal ein bisschen entspannter! Die Welt ist nicht so schlecht, wie Sie sich diese ausmalen.
Die Gefahr in der Schule sehe ich tatsächlich überhaupt nicht. Und wenn der Fall auftritt – ich kann Ihnen sagen, das Berliner Schulwesen hat schon so viel durchgemacht.
Das Berliner Schulwesen wird auch einen Nikab überleben. Machen Sie sich mal keine Sorgen!
Eine Anmerkung zum Zurückdrängen des politischen Islams: Das ist die gleiche Fragestellung. Ich sehe das Problem, das Sie sehen, nicht.
Sie leben davon, dass Sie hier Angst verbreiten. Sie leben davon, dass Sie in Ihrer Blase leben.
Sie leben davon, dass Sie irgendwelche soziale Medien und das Internet nutzen, wo irgendwelche Themen aufgemacht werden, die in Berlin überhaupt keine Rolle spielen. Nennen Sie mir mal einen Fall, in dem einer zu Ihnen gekommen ist und gesagt hat: Ich habe Angst vor einem Nikab in der Schule! – Das ist mir noch nie passiert.
Ich weiß nicht, wo Sie unterwegs sind.
Sie müssen mal in eine richtige Berliner Schule gehen, Herr Kollege, und hier nicht nur herumschreien, sondern gucken, was die Probleme in der Berliner Schule sind!
Das sind die Probleme in der Berliner Schule – nicht das, was Sie hier aufmachen. Leben Sie mal schon weiter in Ihrem Phantomleben! Schreien Sie hier schön weiter herum! Machen Sie sich viele Gedanken über die Wahl
ergebnisse der SPD in Hamburg, und dann wird auch alles gut, auch für Sie! – Herzlichen Dank!
[Beifall bei der SPD und der LINKEN –
Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN –
Einer reicht mir, Herr Kollege. Wann und wo waren Sie zuletzt in einem Club in Berlin?
Danke schön, Frau Präsidentin! – Herr Senator! Der Präsident des Kammergerichts, Herr Dr. Pickel, hat in der gestrigen Ausschusssitzung gesagt, dass er für die IT im Kammergericht verantwortlich sei. Können Sie mir sagen, wie Sie die Sonderrolle des Kammergerichts in den letzten Jahren im Hinblick auf die IT bewerten? Glauben Sie, dass das Kammergericht jetzt mit dem ITDZ auf einem Weg ist, um die Digitalisierung so weit voranzubringen, wie zum Beispiel beim Sozialgericht, wo schon heute digitale Aktenbearbeitung Usus und Standard ist?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU! Nach der Rede kann sich der Justizsenator ganz entspannt zurücklehnen. Meine Rede wird dagegen entspannt sein. So hoch haben Sie den Level ja nicht gelegt.
Na ja, wenn sie selbst Zwischenfragen machen müssen, damit Herr Rissmann noch eine Minute mehr bekommt, um irgendwas zu erzählen, das ist schon ein Schauspiel, das ich bisher so nicht erlebt habe.
Tatsache ist, um auf Ihren Antrag zurückzukommen, da steht „IT-Desaster am Berliner Kammergericht – Aufklärung durch einen Sonderbeauftragten sicherstellen“: Es ist der größte anzunehmende Unfall, der bei einem Gericht passieren kann und bedauerlicherweise bei dem obersten Gericht des Landes Berlin passiert ist. Das kann man so feststellen. Nur eine Frage sei dann erlaubt: Was hat denn bitte der Justizsenator
damit zu tun, und warum soll es dafür – lassen Sie mich mal ausreden! – einen Sonderbeauftragten geben?
Der Kollege Rissmann redet die ganze Zeit über den Justizsenator. Der steht überhaupt nicht in Ihrem Antrag. In dem Antrag fordern Sie einen Sonderbeauftragten, damit er die Ursachen, Auswirkungen und Verantwortlichkeiten hinsichtlich der schweren Sicherheitslücken in der IT-Ausstattung erforscht. Dass Sie hier den Justizsenator dafür verantwortlich machen, wie Sie es gerade in der Rede getan haben, entnehme ich dem Antrag nicht. Da haben Sie das Ziel meines Erachtens deutlich verfehlt.
(Sven Rissmann)
Gerne mal, bin ich ja mal gespannt, Herr Woldeit!
Sie kennen mich doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich jemanden kritisieren möchte und einen Rücktritt fordere, mache ich das relativ klar. In diesem Fall wird es nicht passieren, und ich sage Ihnen auch gleich, warum.
Es ist kein Wunder, dass das am Kammergericht passiert ist, und diejenigen, die Justizpolitik schon ein paar Jahre machen, Kollege Behrendt, Kollege Rissmann, meine Wenigkeit, wissen, dass sich das Kammergericht – ich sage es mal ganz offen – in den letzten Jahren für was Besseres gehalten hat und der Meinung war, sie könnten IT besser als Rechtsprechung. Sie haben da ihre Einzellösungen gepflegt. Sie wollten nicht zum ITDZ wechseln.
Und es war der CDU-Justizsenator, der es fünf Jahre lang vertreten hat, dass das Kammergericht genau so einen Unfug macht, wie sie ihn jetzt gemacht haben.
Wir können gerne einen Untersuchungsausschuss machen und bei solchen Fragen den jetzigen Bundestagsabgeordneten Herrn Heilmann fragen, großer Digitalexperte. Der hat es nämlich versaut, dass das Kammergericht bisher immer eine Einzellösung hatte.
Und wenn ich das ITDZ erwähne, möchte ich mich beim ITDZ bedanken. Das sind diejenigen gewesen, die letztendlich diesen Virus festgestellt und hervorragend reagiert haben. Es ist kein Geheimnis, dass zwischen ITDZ und Justiz die eine oder andere Differenz besteht. Kollege Dregger hat das erlebt, als wir das E-Government-Gesetz gemacht haben, wie sich die Justiz mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hat, unter das Dach des ITDZ zu wechseln. Wir sehen jetzt, dass das ITDZ nicht nur besser ist als sein Ruf, sondern offenbar auch in der Lage ist, das Kammergericht schnell wieder an die Netze anzuschließen und überhaupt eine Grundarbeitsfähigkeit herzustellen.
Oh, da bin ich noch mehr gespannt!
Danke, lieber Kollege Rissmann, für diese großartige Frage, die mir nämlich die Möglichkeit gibt, darüber mit Ihnen zu diskutieren, wie man eigentlich mit dem Vorfall umgeht; ob man in diesem Fall – üblicherweise fordern Sie immer den Rücktritt, das haben Sie, glaube ich, auch gemacht, ich bin mir unsicher. – Dann könnte man einen Untersuchungsausschuss einrichten. Da haben Sie sich ein bisschen verzockt, weil Sie schon ein paar eingerichtet haben und jetzt nicht noch einen neuen machen können. Das wäre jedenfalls eine Möglichkeit gewesen, um so einen Fall zu machen. Und zur Frage des Sonderermittlers: Ich glaube jedenfalls, dass die Fragen, die Sie hier aufgeworfen haben, was in den letzten Monaten passiert ist und was hätte besser passieren müssen, jedenfalls vom Sonderermittler nicht geklärt werden sollen. Was soll denn der machen? Glauben Sie, der ist besser als die IT-Forensik, die uns von T-Systems vorliegt? Glauben Sie, der Sonderbeauftragte wird in irgendeiner Weise
eine Verantwortlichkeit von Dr. Pickel oder Dr. Behrendt feststellen und Ihnen irgendeine Möglichkeit geben, den Rücktritt zu fordern?
Wenn Sie der Meinung sind, dass Kollege Behrendt eine politische Verantwortung dafür hat und hier eine politische Verantwortung übernehmen muss, dann müssten Sie das auch so deutlich sagen. Ich bin da tatsächlich anderer Auffassung als Sie. Ich finde, dass die Informationspolitik des Kammergerichts mit dem gesamten Sachverhalt bei aller Hochachtung vor der Rechtsprechung, bei aller Hochachtung vor dem Kammergerichtspräsidenten, mit diesem Vorfall unterirdisch ist. Das muss man mal deutlich sagen. Die kann deutlich verbessert werden.
Und da ist bestimmt die Frage, die wir im Ausschuss seit mehreren Monaten miteinander diskutieren – im KTDatAusschuss, im Rechtsausschuss fragen wir immer wieder nach und lassen uns immer wieder informieren, auch von Dr. Pickel. Und da muss man mal deutlich sagen, eins ist jedenfalls deutlich geworden: IT-Experten sitzen da jedenfalls nicht im Kammergericht; weder von Herrn Dr. Pickel ist da ein IT-Experte noch irgendjemand anderes, der den Sachverhalt so darstellen kann, dass auch Sie den verstehen, lieber Kollege Rissmann.
Was macht SenJust? – Na ja, ein bisschen IT-Kenntnisse muss man schon haben. Ich will es mal vorsichtig sagen: So voll wie der Raum hier ist, zeigt jedenfalls, dass ein Großteil keine IT-Kenntnisse hat. Und die Fragestellung, die bisher hier kam, zeigt auch, dass relativ viele keine Kenntnis davon haben und hier in dem Fall am besten den Mund halten sollten. Was macht die Justizverwaltung – dafür bin ich dankbar –? Erstens: Sie hat sich deutlich dazu committed und dazu entschieden, dass zukünftig das Kammergericht vom ITDZ versorgt wird und die Rechner von dort bereitgestellt werden.
Ich finde, da kann man tatsächlich applaudieren. Wir hatten da eine andere Diskussionslage in den letzten Monaten. Ich habe es gerade gesagt, ich finde das ITDZ macht eine hervorragende Arbeit, mit allen Schwierigkeiten, die auch beim ITDZ bestehen. Die sind aber jedenfalls in der Lage, eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die von einem Virus, der so neu nicht ist, nicht sofort lahmgelegt wird.