Jutta Matuschek

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden und im Wahlkampf hört man es überall: Es gibt die Meinung, dieser Haushalt sei nur Makulatur und nicht ernst zu nehmen. Ich kann dazu nur sagen: Das ist ein Trugschluss, oder es ist Wählerbetrug.
Dieser Haushalt ist die finanzpolitische Grundlage, auf der die Wahlaussagen aller Parteien einem Lackmustest auf Realitätsgehalt unterzogen werden. Da wird es sich sehr schnell erweisen, dass die Wunschzettel der Grünen
nicht zu finanzieren sind. Genau so schnell wird offenbar werden, dass die CDU gewillt ist, die Sozialausgaben massiv zu beschneiden.
Wir Linke legen eindeutig den Schwerpunkt auf die soziale Balance der Stadt. Aber, man muss auch eingestehen: Dieser Haushalt ist wie kein anderer zuvor von externen Faktoren abhängig. Er steht unter besonderer Aufsicht durch den Stabilitätsrat und muss das strukturelle Defizit jährlich um 200 Millionen Euro senken. Keine Partei kann sich diesen Zwängen entziehen. Hinzu kommt: Die hauptstadtbedingten Sonderbelastungen Berlins, seien es Polizeieinsätze, die Verlängerung der U 5 oder die Unterhaltung der sowjetischen Ehrenmale, zu der sich die Bundesrepublik vertraglich verpflichtet hat, übersteigen bei Weitem die Zahlungen des Bundes für seine Hauptstadt. Das arme Berlin trägt diese Lasten der Hauptstadt, und die Bundesregierung lacht sich darüber ins Fäustchen.
Weiterhin ist der sukzessive Abbau der Solidarpaktmittel zu nennen, vor allem aber der Einnahmeverlust aufgrund von Steuerrechtsänderungen auf Bundesebene. Dieser Einnahmeverlust schlägt auf den Berliner Haushalt mit aller Wucht durch. Diese Einnahmeverluste betragen im kommenden Doppelhaushalt über 1,8 Milliarden Euro. Ohne diese Steuerrechtsänderungen hätten wir einen ausgeglichenen Haushalt. Das sollte die FDP einmal plakatieren. Berlin hat ein Einnahme- und kein Ausgabeproblem.
Die Opposition wirft uns Verschwendung vor. Fakt ist aber: Berlin hat in den letzten zehn Jahren seine Ausgaben um nur 2 Prozent erhöht. Die Bundesländer Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bayern haben hingegen Ausgabesteigerungen von 20 Prozent, Hessen und das Saarland sogar um fast 30 Prozent hingelegt. Berlin ist unter Rot-Rot das Land mit der größten Ausgabedisziplin, und das haben wir geschafft, ohne die Stadt kaputtzusparen.
Die Opposition wirft uns Schuldenmacherei vor. Fakt ist aber: Während unter Finanzsenator Pieroth – Klammer auf: CDU, Klammer zu – in nur vier Jahren der Schuldenstand um 250 Prozent gesteigert worden ist, haben wir unter Rot-Rot das Finanzierungsdefizit je Einwohner von 1 500 Euro auf 400 Euro gesenkt, und sind damit übrigens besser als Hamburg. Das sollte die CDU einmal plakatieren.
Die Opposition wirft uns Konzeptlosigkeit vor. Fakt ist aber: Wir setzen Schwerpunkte. Wir haben Wort gehalten und geben nunmehr allein für die Kitabetreuung 1 Milliarde Euro aus. Das sind Investitionen in die Zukunft dieser Stadt. Wir haben Wort gehalten und haben die große Schulreform durchgeführt, und übrigens auch das Schulanlagensanierungsprogramm fortgeführt, aus
gestattet mit jährlich 30 Millionen Euro. Wir stärken die Entwicklungspotenziale, die Berlin hat, im Tourismus, in der Kulturwirtschaft, in der Verkehrstechnologie, in der Gesundheitswirtschaft. Es kommen neue Potenziale hinzu. Beispielgebend seien die Nachnutzung von Tempelhof und Tegel genannt. Für beide Gebiete sind erhebliche Finanzmittel reserviert, um insbesondere in Tegel neue gewerbliche Impulse zu setzen.
Für die nächste Legislaturperiode aber sollte es nach unserer Vorstellung wieder einen ressortübergreifenden Parlamentsausschuss geben, der die Entwicklung und Finanzierung der Maßnahmen in Tegel und Tempelhof unter gezielte parlamentarische Kontrolle nimmt, um Fehlentwicklungen oder Intransparenz mit der ganzen Kraft des Parlaments rechtzeitig zu identifizieren und zu vermeiden.
Meine Damen und Herren! Ich habe es schon gesagt: Dieser Haushalt gibt die Blaupause für zukünftiges Agieren. Für meine Partei stelle ich dazu eindeutig fest: Wir werden nachbessern. Wir werden nachbessern beim Personal, um zu einem neuen und den Berliner Bedürfnissen gerecht werdenden Personalentwicklungskonzept zu kommen.
Wir werden nachbessern beim öffentlichen Beschäftigungssektor,
denn viele Projekte, die zum Beispiel im Ressort der Stadtentwicklung unter der Überschrift „Soziale Stadt“ oder „Quartiersmanagement“ laufen, wären ohne den öffentlichen Beschäftigungssektor nicht möglich.
Wer soziale Stadtpolitik in Anspruch nimmt, werte Kollegen von der SPD, der muss auch öffentliche Beschäftigung fördern und finanzieren.
Wir werden nachbessern bei den Kosten der Unterkunft, denn es ist unzureichend, sich selbst als Mieterschutzpartei – auch dies geht in die Richtung SPD – zu definieren. Man muss auch den Bedürftigen angemessene Mietzuschüsse gewähren, um sie in den Kiezen zu halten und vor Zwangsumzügen zu schützen.
Als Fazit meiner Rede will ich – das sei mir in Wahlkampfzeiten gestattet – klipp und klar sagen: Wer will, dass Berlin weiter zukunftsfähige Arbeitsplätze schafft, wer will, dass öffentliche Daseinsvorsorge öffentlich bleibt und damit dem Renditedruck entzogen wird, wer will, dass das soziale Berlin sozial bleibt und noch sozialer wird, der muss schon die Linke wählen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat das Scheitern des Angriffs auf die Gewerbesteuer durch die schwarz-gelbe Koalition?
2. Wie bewertet der Senat die Chance, die Gewerbesteuer zur Gemeindewirtschaftssteuer weiterzuentwickeln und die Bemessungsgrundlage auf bisher nicht von der Gewerbesteuer erfasste gewerbliche Beschäftigungsfelder auszudehnen?
Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Nun haben wir seit zwei Tagen eine neue Steuersenkungsdebatte, angefeuert von der FDP auf Bundesebene.
Wie sehen Sie diese Debatte – egal, ob es sich um Steuersenkungsmodelle handelt oder die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, was ja auch im Gespräch ist?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Brauner! Zur Geschichte Ihrer Partei gehört die Erfindung dieses Fördersystems, das Berlin in den letzten Jahrzehnten – nur seit 1972 gerechnet – eine hohe zweistellige Milliardensumme gekostet hat.
Und für die nächsten fünf Jahre – nur die nächsten fünf Jahre! – hat Berlin noch 1,5 – anderthalb! – Milliarden Euro zu zahlen – für dieses Fördersystem, für das Ihre Partei die Verantwortung trägt!
Unter Bausenator Klemann wurde dieses Fördersystem auch noch so pervertiert, dass die Mondpreise, die man da angegeben hat, auch noch gefördert wurden. Je höher man die Rechnung angelegt hat, umso teurer war die Förderung.
Das Ergebnis dieser Förderung ist, dass die Wohnungen aus den Jahrgängen seit 1972, die jetzt im sozialen Wohnungsbau sind, teilweise in vielen Bereichen, und zwar in über zwei Dritteln, weit über der Vergleichsmiete aus dem Vergleichsmietensystem liegen.
Das ist das Ergebnis Ihrer Förderpraxis! Tun Sie nicht so, als ob wir jetzt den Sumpf trockenlegen müssen oder es nicht können! Sie wollen doch gar nicht wahrhaben, dass Sie den Sumpf gelegt haben! Das sei Ihnen mal gesagt!
Und zu dem Wohnraumgesetz sage ich ganz deutlich: In einer Situation, wo die Bausenatorin nicht in der Lage ist, den Tsunami an Mietsteigerungen als solchen zu erkennen und eher den Eigentümern noch Geld hinterherschmeißt, als sozialräumliche Lösungskonzepte aufzuzeigen, in einer Situation, wo man es mit einem wohnungspolitischen Sprecher der SPD zu tun hat, der meint, die SPD sei nach Hartz IV und den ganzen Bau- und auch Förderskandalen die mieterfreundlichste Partei der Stadt, ist es nicht verwerflich, dass Die Linke dafür steht, dass der Rettungsring für die Ertrinkenden, nämlich die Kündigungsfrist, die Frist, in der Zwangsumzüge vollzogen werden müssen, von zwei auf sechs Monate ausgedehnt wird.
Dafür hat sich Die Linke eingesetzt. Dafür haben wir gekämpft. Da kommen Sie mir nicht mit dem Sumpf, den Sie gelegt haben, Herr Brauner!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Jotzo! Das einzige Drama, das wir heute erlebt haben, ist Ihr Auftritt.
[Sebastian Czaja (FDP): Dann erleben wir jetzt mit Ihnen ein zweites! Jetzt mal ganz ernsthaft: Dafür brauchten Sie keine drei Akte, sondern nicht mal drei Minuten. Sie kapieren ein- fach gar nicht, worüber wir reden. In früheren Zeiten gab es noch einen Restliberalismus bei der FDP. Das haben Sie heute mal wieder negiert. Dass Sie Unterstützung für geschlossene Systeme bei der CDU finden, hat vielleicht damit etwas zu tun, dass die CDU bei dem Wort Sicher- heit gleich an Überwachungsstaat denkt. Das beides geht nicht auf! Sie haben es einfach nicht verstanden, dass es ein Quali- tätsmerkmal des öffentlichen Nahverkehrs in Berlin ist, dass es ein öffentliches, ein offenes System ist. Das soll- ten Sie endlich mal kapieren, aber zu dieser späten Stunde habe ich die Hoffnung aufgegeben, dass Sie es verstehen. Deswegen höre ich jetzt auch auf zu reden. [Beifall bei der FDP – Zuruf von der FDP: Sie haben einfach nichts zu sagen!]
Ja, vielen Dank! – Ich habe eine Frage an den Finanzsenator. – Herr Nußbaum! Die Deutsche Bahn betreibt in Berlin ein Fahrradausleihsystem, das in diesem Jahr auf feste Stationen im öffentlichen Straßenland umgestellt wird. Ist Ihnen bekannt, und wenn ja, wie bewerten Sie das, dass die Bezirke durch ein Schreiben der Stadtentwicklungssenatorin gebeten wurden, auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für diese Fahrradausleihstationen zu verzichten?
Ja, meine Anregung, dieses Schreiben dann auch zur Kenntnis zu nehmen, mal vorangestellt, wenn dann aber einzelne Bezirke oder alle Bezirke auf die Erhebung von Sondernutzungsgebühren für diese Fahrradausleihstationen verzichten sollten, wäre der Senat bereit, die entgangenen Einnahmen für die Bezirke aus anderen Töpfen zu ersetzen?
Herr Senator! Es hat ja schon vor einiger Zeit einen Anschlag auf die Signal- und Sicherungstechnik der S-Bahn in Neukölln gegeben. Gibt es diesbezüglich schon Erkenntnisse zur Aufklärung dieses Sachverhalts?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! FDP und CDU wollen die sogenannte Schuldenbremse in der Berliner Landesverfassung verankern, nicht erst 2020, wie es im Grundgesetz vorgesehen ist, sondern sofort. „Schuldenbremse“ klingt doch so schön, das klingt so nach Ende der Verschwendung, das klingt so moralisch. Ist es das auch wirklich, oder wollen Sie nicht eigentlich etwas ganz Anderes bezwecken? Wollen Sie uns nicht doch auch ein X für ein U vormachen? Warum die Eile? Warum die Eile, eine Landesverfassungsregelung hinzukriegen, wo doch das Grundgesetz ganz unmittelbar gilt, auch in Berlin? Die Schuldenbremse gilt deshalb, sie gilt ab 2020. Mal sehen, ob es überhaupt bis dahin hält, aber was treibt Sie, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP? Ist es die pure Angst vor politischer Verantwortung? Denn Haushaltspolitik ist Schwerpunktsetzung, und diese sollte der Inhalt politischen Ringens der Parteien um Wählergunst sein und nicht der Blechorden für gnadenloses Sparen.
Oder haben wir es mit dem Versuch zu tun, schon vor der Wahl kommende soziale Grausamkeiten durch Verweis auf juristische Zwänge zu rechtfertigen, wenn man denn an die Regierung käme? Sie können sich vorstellen, dass wir da nicht mitmachen werden. Wir machen vor allen Dingen verantwortungsvolle Haushaltspolitik.
Dennoch will ich versuchen, anhand dreier Argumente zur Schuldenbremse unsere Position darzulegen: Erstens – ein viel geäußertes Argument, nur mit der Schuldenbremse sei Ausgabendisziplin zu erreichen. Ein zweites Argument: Nur mit der Schuldenbremse sei die Nachhaltigkeit für künftige Generationen zu erzielen. Und ein drittes, gern gehörtes Argument: Nur mit den Schuldenbremse sei Verschuldung abzubauen. Dazu will ich im Einzelnen folgendermaßen Stellung nehmen:
Erstens – zur Ausgabendisziplin: Das Land Berlin hatte 2002 Ausgaben in Höhe von 21,06 Milliarden Euro. Im Jahr 2009 betrugen diese Ausgaben 21,32 Milliarden Euro. Das ist also nominal eine Steigerung um gerade mal 1,2 Prozent.
Im vergleichbaren Zeitraum, Herr Jotzo, stiegen die öffentlichen Ausgaben in Großbritannien um 6,7 Prozent und in den USA um 6,3 Prozent. Innerhalb der Bundesrepublik hat Berlin einen Spitzenplatz beim Sparen eingenommen, und das völlig ohne Schuldenbremse, sondern einzig und allein wegen der politischen Entscheidungen, die Rot-Rot vorgenommen hat. Worunter Berlin aber in dieser Zeit zunehmend leiden musste, weshalb auch die beste Ausgabendisziplin nur zum Teil ihre Wirkung entfalten konnte, waren die schwindenden Einnahmen. Berlin hat heute kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmenproblem. Und die wiederholten Steuersenkungen
unter Rot-Grün, Rot-Schwarz oder Schwarz-Gelb führten und führen dazu, dass wir nicht über, sondern unter unseren Verhältnissen leben.
Zweitens – zur Nachhaltigkeit: Richtig ist, dass Zinsen und Tilgungen unsere Haushaltsspielräume einengen. Deswegen ist der Abbau der Verschuldung ein Schwerpunkt der Haushaltspolitik. Aber richtig ist auch, Investitionen in Bildung, Kitas und Hochschulen sind Investitionen in die Zukunft,
die nachhaltige Wirtschaftskraft, also künftige Steuermehreinnahmen erst ermöglichen. Und richtig ist auch, dass die Ausgaben zur Bewältigung von sozialer Ausgrenzung, von gesellschaftlicher Spaltung in dauerhaft Arme und Hoffnungslose und besser und besser Verdienende, noch besser Verdienende unendlich teurer sind als jedes Programm zur gesellschaftlichen Teilhabe, zur Schaffung von sozialversicherten und nützlichen Arbeitsplätzen wie z. B. im ÖBS. Wo aber soll die Schuldenbremse nach den Vorstellungen der FDP, gestern gerade Hauptausschuss wieder vorgetragen, ansetzen? – Beim ÖBS, bei den Kitas. Und die Grünen legen noch eins drauf: beim öffentlichen Dienst. – Das ist nicht nachhaltig, das ist schlicht und einfach unsozial.
Drittes Argument – Schuldenabbau: Berlin hat unter RotRot nicht nur Neuverschuldung gesenkt, wir waren sogar das erste und ziemlich einsame Bundesland, das zum Abbau der Schulden übergehen konnte. Leider kam die Krise dazwischen. Aber dieser Fakt ist das Verdienst rotroter Politik, und es ist nicht vom Himmel gefallen. Auch deswegen werden wir Ihren Anträgen nicht zustimmen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur drei Fakten nennen. Jede ILA – das zeigt das Beispiel der letzten – bringt einen direkten regionalen Kaufkraftzufluss in Höhe von 190 Millionen Euro. Dadurch werden Arbeitsplätze in einem Umfang von 3 800 bis 4 600 gesichert.
Den volkswirtschaftlichen Effekt dieser ILA beziffern wir mit der stolzen Zahl von 360 Millionen Euro.
Das ist dann das, was Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, aufs Spiel setzen, und ich bin gespannt, wie Sie diesen Verlust in den in Ihren Wahlaussagen angekündigten Arbeitsplatzprogrammen an anderer Stelle kompensieren wollen.
Richtig ist doch, dass der Flughafen auch eine flughafenaffine Nutzung für andere Gewerbemöglichkeiten mit sich bringt. Was ist besser dafür geeignet, als die ILA in unmittelbarer Nähe des Flughafens als flughafenaffine Nutzung zu halten?
Zweitens: Ich persönlich kann eine ganze Menge gegen die ILA vorbringen.
Das bezieht sich vor allem auf die Lärmbelastung durch die Flugshows und Ähnliches. Aber ich sage auch mal ganz deutlich: Wenn ich meine persönlichen Bauchgefühle für Politik ausgebe, bin ich unpolitisch. Die ILA ist nun mal ein Fakt in dieser Region. Sie ist ein Bestandteil des Clusters der Luft- und Raumfahrttechnik in dieser Region, und sie ist inzwischen ein Bestandteil des Wirtschaftsstandorts geworden. Das aufs Spiel zu setzen, ist mehr als fahrlässig.
Nein! Ich bin sowieso am Ende meiner Rede. – Wenn Frau Künast aus dem BBI einen Agrar-Luftlandeplatz machen will, dann ist es nicht verwunderlich, dass auch die ILA im Verständnis der Grünen besser eine Weide sein sollte, statt auf dem Gelände in Selchow angesiedelt zu werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was schlägt uns denn die FDP in ihrem großartigen Antrag vor?
Sie schlägt uns mehr und breitere Straßen vor. Sie schlägt uns vor: Raserei statt Tempo 30 vor Schulen und in Wohngebieten. Sie will die Abschaffung der Umweltzone, die EU-rechtlich übrigens geboten ist. Sie will den Radverkehr in die Nischen verbannen, und sie will außerdem ganz nebenbei die S-Bahn zerschlagen. Das alles unter der Überschrift: Freiheit statt moderner Mobilität. Sie von der FDP glauben doch nicht wirklich, dass Sie damit Ihre 2 Prozent Wählerzustimmung erhöhen könnten. Aber Sie belästigen uns hier mit so einem netten Antrag!
Sie können das gern tun, aber es ist auch sehr durchsichtig, was Sie damit betreiben und bezwecken wollen.
Wir, die rot-rote Koalition, hat in den letzten Jahren eine moderne, eine innovative und eine ressourcensparende Mobilitätspolitik vorangetrieben. Übrigens ist die Berliner Wirtschaft damit nicht zum Erliegen gekommen, sondern sie ist gewachsen.
In den Untersuchungen, was Investoren – Investoren, Herr von Lüdeke – an Berlin besonders schätzen, ist das funktionierende und verlässliche Verkehrssystem immer unter den Top Five.
Nun ein paar Fakten, ein paar Ergebnisse rot-roter Mobilitätspolitik der letzten Jahre: Die Bevölkerung in Berlin wächst und ist etwa wieder so groß wie 1991. Jede Berlinerin und jeder Berliner legt pro Tag ca. drei Wege mit einer durchschnittlichen Länge von fast 7 Kilometern pro Weg zurück. Der Motorisierungsgrad ist mit 324 Pkw pro 1 000 Einwohnern so niedrig wie nirgendwo in vergleichbaren Städten, und Berlin wird dafür in ganz Europa bewundert. Denn der Anteil der Fußwege in Berlin ist genauso hoch wie der Anteil der mit dem Auto zurückgelegten Wege – ca. 30 Prozent.
Die Entfernungen, die mit dem Nahverkehr zurückgelegt werden, sind mit fast 12 Kilometern pro Weg übrigens größer als die, die mit dem Auto zurückgelegt werden. Die sind nämlich nur 9 Kilometer pro Weg. 45 Prozent aller Berliner Haushalte haben gar kein Auto. – Da könnte die FDP vielleicht mal nach Wählern suchen. – Die Anzahl der Fahrgäste im ÖPNV – den Sie vorhin so mies gemacht haben – pro Jahr ist seit 1997 um fast 300 Millionen auf 1 351 Millionen Fahrgäste gewachsen. Das sind umgerechnet mehr als 3 Millionen Fahrgäste pro Tag. Das schafft keine Autoflotte. Noch ein letzter Fakt: Die Anzahl der Tage, an denen der EU-Grenzwert für Feinstaubpartikel überschritten wurde, ist seit 2003 von
73 auf 39 im Jahr 2009 gesunken. Das ist ein Ergebnis der Umweltzone. Das sind die Ergebnisse erfolgreicher Verkehrspolitik von Rot-Rot. Damit sichern wir Mobilität für alle und nicht nur für Geisterfahrer. Wir sichern soziale und ökologische Mobilität.
Noch ein Satz für Sie speziell, Herr Czaja von der FDP: Sie haben den Mund so schon voll genommen mit dem Slogan: Fährst du schon oder kriechst du noch? – Der sollte lieber heißen: FDP-Geisterfahrer sollten gar nicht erst loskriechen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Friederici! Auch der dritte Aufguss Ihres Antrags ist nicht besser als die anderen davor. Der gegenwärtig gültige Vertrag mit der S-Bahn ist nachverhandelt worden, und dabei sind wesentliche Veränderungen vorgenommen worden. So ist z. B. die Anzahl der einzusetzenden Fahrzeuge beziffert worden, und wenn die Anzahl der Fahrzeuge nicht ausreicht, gibt es dafür einen Malus. Das gab es in dem bisherigen Vertrag nicht. Der Deckel für die Malusleistungen bei Unterschreitung der vorgegebenen Pünktlichkeit ist entfallen, die Vorgaben zur Sauberkeit sind verschärft
worden, und es wurden Qualitätsvorgaben für den Ersatzverkehr erweitert. Das alles sind Punkte, die im laufenden Vertrag verändert wurden, nach harten Verhandlungen des Landes Berlin mit der Bahn, und das sollten Sie wenigstens zur Kenntnis nehmen!
Ihre Forderung nach einem Sanierungsvertrag ist etwas anderes als die Veränderung eines gültigen Vertrages. Das betonen Sie immer wieder, und Sie wissen ganz genau, dass so ein Sanierungsvertrag, wie Sie ihn fordern, rechtlich unzulässig ist. Das Beispiel aus dem Ruhrgebiet lässt grüßen; da wurde ein solcher Sanierungsvertrag abgeschlossen, und der ist vor Gericht gescheitert und zwar letztinstanzlich. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen!
Wir waren uns hier im Hause einmal einig, dass wesentlich für den schlechten Zustand des Berliner S-Bahnverkehrs der Druck des Bahnkonzerns wie auch des Eigentümers Bund auf die S-Bahn war, nämlich Rendite zu erwirtschaften. Was sehen wir jetzt? – Ich sprach es in der letzten Sitzung schon einmal an: Die Bundesregierung hat die Renditevorgaben für den Bahnkonzern in Höhe von 500 Millionen Euro pro Jahr nicht nur nicht zurückgenommen, sie hat sie auch noch erhöht. In den nächsten Jahren werden diese Renditeforderungen gegenüber dem Bahnkonzern auf über 700 Millionen Euro steigen. Das ist genau der Druck, den die Bahn an ihre Töchterunternehmen wie die Berliner S-Bahn weitergibt. Das ist nicht der Weg zu besserem Schienenpersonennahverkehr. Das ist nicht der Beitrag zu einem besseren Eisenbahnverkehr und zu einer besseren Eisenbahninfrastruktur, die wir in der Bundesrepublik dringend brauchen. Darüber sollten Sie, liebe Kollegen von der CDU, mal mit Ihrem Verkehrsminister sprechen. – Vielen Dank!
Ja, vielen Dank! – Ich habe eine Frage an die Verkehrssenatorin: Frau Junge-Reyer! Wie bewerten Sie angesichts der vielen Mängel im Schienennetz der Eisenbahnen die Finanzplanung des Bundes, auf die Abführungen der Bahn an den Bundeshaushalt in Höhe von 500 Millionen Euro im Jahr nicht nur nicht zu verzichten, sondern diese auch noch zu erhöhen, im Jahr 2012 auf 525 und im Jahr 2015 auf 700 Millionen Euro?
Vielen Dank! – Frau Senatorin! Sind Ihnen aber darüber hinaus irgendwelche Initiativen des Bundesverkehrs
ministers bekannt, die unsinnige Abführung von Mitteln aus DB Netz an die Konzernholding zur Finanzierung internationaler Abenteuer, würde ich jetzt mal sagen, zu unterbinden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wirklich skandalös fand ich tatsächlich, Herr Brauner, Ihren Beitrag. Sich hier hinzustellen und zu schwadronieren, dass Rot-Rot eine Milliarde mehr oder weniger nicht wert sei,
und damit völlig zu ignorieren, dass wir die vielen Milliarden Kapitalvernichtung in der Bankgesellschaft alle zu tragen haben! Das Land Berlin trägt diese Kapitalvernichtung, die Ihr Landowsky, das CDU-System Diepgen zu verantworten hat. Und Sie tun hier im Stil jungfräulicher Unbeflecktheit, als hätten Sie damit nichts zu tun. Das fand ich skandalös!
Sie haben bis heute nicht begriffen, dass der ganze Berliner Bankenskandal – und er ist eben noch nicht beendet – in erster Linie von Ihrer Partei zu verantworten ist.
Die SPD war auch beteiligt – aber dazu komme ich noch. Es war ein Diepgen-Senat, der die Gründung der Bankgesellschaft vorantrieb. Es war ein Klaus-Rüdiger Landowsky, der in unverantwortlicher Verquickung von politischem Mandat und seiner Tätigkeit in der Bankgesellschaft private Risiken aus Bankgeschäften und öffentliche Sicherungsmechanismen aus dem Landeshaushalt verknüpfte. Auch wenn dies alles juristisch nicht strafbewehrt war, die politische Schuld, Herr Brauner, bleibt bei der CDU und bleibt bei ihr haften.
Im Übrigen hat Ihre Fraktion – das haben Sie heute hier gezeigt – selbst überhaupt keinen Plan, wie mit den Hinterlassenschaften umzugehen ist. Und Sie vermeiden im Übrigen auch jedes Wort, ob Sie den Verkauf der BIH noch für richtig halten – darüber gab es schon mal Konsens – oder nicht und was dann, und wenn verkauft werden soll, zu welchen Bedingungen. Darüber schweigen Sie.
Am 8. Februar hat der Senat den Verkauf der BIH vorläufig abgesagt, und das, obwohl alle vom Abgeordnetenhaus formulierten Bedingungen durch den Vertrag erfüllt worden wären, nämlich dass der Investor tatsächlich das Land von den Risiken freistellt, dass die Möglichkeit bestanden hätte, Wohnungsbestände in Berlin den landeseigenen Wohnungsgesellschaften anzubieten. Außerdem hätte der Investor – das ist ganz wichtig – 500 Millionen Euro Eigenkapital eingebracht, was dringend nötig ist, um die Differenz zwischen den Wertbestandteilen der Fondsinhalte und den darauf lastenden Kreditbelastungen zu minimieren. Damit hätte das Kapitel Bankgesellschaft tatsächlich beendet werden können.
Es war ein guter Vertrag. Er war besser als alles, was wir bisher in dieser Beziehung bereits auf dem Tisch hatten. Aber – und das ist heute schon mehrfach gesagt worden – letztendlich geht es um eine politische Entscheidung, ob man diesen Vertrag realisiert. Die politische Entscheidung hat der Senat getroffen, und wir teilen diese Entscheidung. Wenn die Transparenz über alle Vertragsbestandteile, über die gesamte Eigentümerstruktur und Risikokette nicht hätte dargestellt werden können, wie es die Berlinerinnen und Berliner von uns zu Recht erwarten, wenn diese Transparenz und Offenheit mit dem öffentlichen Akteur Land Berlin durch den privaten Investor nicht bis ins Letzte zu vereinbaren gewesen ist, dann kann die politische Entscheidung nur heißen, diesen Vertrag nicht zu vollziehen. Das ist die politische Entscheidung, die am Ende steht, und sie war richtig.
Jetzt Herrn Nußbaum vorzuwerfen, dass er gar nicht die ganzen Millionen hätte anfassen dürfen, um einen solchen Vertrag vorzubereiten, ist nun wirklich obskur.
Nein! Keine Zwischenfragen! – Herr Nußbaum hat im Interesse und im Auftrag des Landes und des Abgeordnetenhauses im Besonderen gehandelt. Da war alles mit zu bedenken, alle Vertragsdetails, aber schließlich hat der Senat die letzte Entscheidung zu treffen.
Liebe Freunde von den Grünen! Ihr wärt doch die Ersten gewesen, die bei einer wie auch immer gearteten Vertragsunterzeichnung verlangt hätten, dass alle diese Verträge sofort hätten veröffentlicht werden müssen. Ihr wärt zum Verfassungsgericht oder sonst wohin gerannt oder hättet den nächsten Volksentscheid in Gang gesetzt. Wir hätten diesen Vertrag von Euch um die Ohren gehauen bekommen, wenn wir ihn hätten unterzeichnen wollen und ihn nicht so hätten offenlegen können, wie wir es für nötig erachten.
Jetzt tut doch nicht so, als wäre es andersherum!
Natürlich hat die Nichtunterzeichnung einen bitteren Beigeschmack, weil im Übrigen auch im Vorfeld Ängste geschürt, Vermutungen und Halbwahrheiten kolportiert wurden und bei einigen Akteuren entweder die Klarheit über die Zusammenhänge oder der Mut, dieses düstere Kapitel Berliner Politik zu beenden, fehlten. Leider ist es so, dass einfache Unterstellungen komplexe Entscheidungen verhindern. Leider ist es tatsächlich schwer zu verstehen, dass die Wohnungen in diesen Fonds nicht Berlin gehören. – Frau Kolat! Das Einzige, was Berlin in diesem Zusammenhang gehört, sind die Schulden, die auf diesen Wohnungen lasten.
Deswegen muss ich auch noch mal daran erinnern, was wir hier für eine Geschichte aufzuarbeiten haben. Sie begann 1993 mit der Gründung der Bankgesellschaft. In diesem Zusammenhang will ich vier Namen nennen: Diepgen, Landowsky habe ich schon genannt, aber auch Staffelt und Nagel muss man nennen. In dieser Bankgesellschaft wurden Geschäfte getätigt, die private Banken nie gemacht hätten, weil sie unrentabel und unwirtschaftlich waren und nach wie vor unwirtschaftlich sind – gerade in den Fondsgeschäften. Diese konnten von der Bankgesellschaft nur getätigt werden, weil am Ende der Haftungskette die öffentliche Hand stand. Diese Sorglosfonds
wären privatwirtschaftlich nie und nimmer aufgelegt worden – aber wir haften immer noch dafür!
Das war auch der Grund, weswegen das Abgeordnetenhaus 2002 das Gesetz zur Übernahme der Risiken beschlossen hatte, übrigens nachdem schon 2001 1,7 Milliarden Euro direkte Kapitalzuführung aus dem Landeshaushalt notwendig waren. Bei der damaligen Entscheidung am 9. April 2002 hat Herr Wolf, damals Fraktionsvorsitzender meiner Fraktion, gesagt:
Was wir hier beschließen müssen, ist abartig. Es ist pervers, dass das Land Berlin für derartige Geschäfte in die Haftung treten muss. Aber die Alternative wäre noch um ein Vielfaches schlimmer.
Bei dieser Beratung gab es im Übrigen in diesem Haus einen großen Konsens darüber, dass bei diesen Immobiliendienstleistungsgeschäften der Bankgesellschaft vom Land Berlin die Garantien übernommen werden müssen, dass diese Garantie bis maximal 21,6 Milliarden Euro beträgt, dass die IBB herauszulösen ist und die Bankgesellschaft verkauft werden muss. Übrigens war der Verkauf der Bankgesellschaft letztlich auch eine Auflage der EU-Kommission, wenn ich daran erinnern darf.
Die damalige Alternative hieß: Insolvenz der Bankgesellschaft. Manche haben schon vergessen, was so eine Insolvenz bedeutet, aber die Lehman-Bank hat uns vor Augen geführt, was daraus entstehen kann.
Ja, natürlich! – Wir haben die Risiken übernommen und damit die Bankgesellschaft erhalten. Das war keine Angstreaktion vor Ungewissheiten und auch keine Auffangentscheidung für die Hinterlassenschaften von Landowsky und Co., sondern die einzig richtige Entscheidung, um das Finanz- und Wirtschaftssystem Berlins und der ganzen Region zu erhalten und enorme Verwerfungen, die Berlin über Jahrzehnte hinweg in seiner wirtschaftlichen Substanz geschädigt hätten, zu verhindern. Dass wir das so gemacht haben, ist ein Verdienst und ein Erfolg der rot-roten Koalition und keines anderen sonst.
2002 war klar, dass das Land Berlin als Bankeigentümer gescheitert war, weil es eben gerade das Immobiliengeschäft nicht beherrschte.
Es gab noch den Verkauf der Landesbank. Frau Kolat! Auch das kann man als Erfolg werten. Man kann aber auch sagen, dieser Verkauf tut weh und tut nach wie vor weh. Denn das Vermögen ging verloren. Wir haben aus dem Bankverkauf einen Erlös erzielt, den wir einzig und allein in die Schuldenübernahme aus den Hinterlassenschaften der Bankgesellschaft stecken müssen. Das ist kein gutes Geschäft für das Land. Dieser Verkauf tat weh, aber er war richtig. Letztendlich kann man sich damit trösten – und er war insofern erfolgreich –, dass dieses
Sondervermögen bis heute gereicht hat, um diese Risiken abzudecken.
Aber mit dem Abstand von nur wenigen Jahren zu der damaligen Situation sind diese Erkenntnisse offenbar schon verloren gegangen. Manche wähnen sich schon in der Wiederholung alten Größenwahns, Berlin könne doch noch mal so richtig als toller Akteur und Immobilienmogul auftreten.
Ich bezweifele das zutiefst,
dass wir das könnten – nicht dass meine Redezeit abgelaufen ist, sondern dass Berlin ein echter Immobilienmogul sein könnte. Wir stehen vor großen Entscheidungen. Das ist richtig.
Gut! Ich darf noch den letzten Satz anbringen: Wir müssen die BIH natürlich anders aufstellen als bisher, und wir müssen uns auch über die Schadensbilanz immer wieder vergewissern. Die Schadensbilanz ist eben, dass wir weit über 5 Milliarden Euro Verlust haben, weil wir damit Schulden decken, für die wir haften müssen.
Herr Brauner! Das war ja nun überhaupt nichts. Mir und meiner Partei vorzuwerfen, wir hätten den Bankenskandal verursacht, da sind Sie wirklich im falschen Film und wahrscheinlich beim Karneval.
Natürlich gehört zur Transparenz die Offenlegung unterschriebener Verträge. Was Sie aber immerzu wollen, das
ist, dass Vertragsentwürfe durch Sie begutachtet werden. Das macht doch kein Mensch. Das würden Sie in Ihrem beruflichen Leben auch nicht machen: Das, worüber man so verhandelt und wo es zu keinem Abschluss kommt, vorher in die Öffentlichkeit zu pusten, ist doch wohl Unsinn. Wenn es einen Vertrag gegeben hätte – den hat es aber nicht gegeben –,
dann hätte er veröffentlicht werden müssen und veröffentlicht werden sollen. Dafür hätten wir gesorgt.
Das war der Verhandlungsgegenstand mit dem Investor. Es hat keinen Vertrag gegeben, weil der Investor damit nicht einverstanden war. Ob Sie in Ihrer komischen Prüfung, wo Sie noch nicht einmal wissen, von wem der ganze Dreck hier kommt, dann zu dem Ergebnis gekommen wären, dass das ein guter oder schlechter Vertrag wäre, interessiert hier keine Maus.
Uns interessiert, ob Sie endlich mal in sich gehen und darüber nachdenken, wie die fünf, sechs, sieben Milliarden Verlust, die wir von Ihrer Partei geerbt haben, wieder in das Land kommen.
Herr Schruoffeneger! Den Gefallen tue ich Ihnen nicht. Noch einmal: Über Vertragsentwürfe braucht man sich parlamentarisch überhaupt nicht zu unterhalten, wenn sie denn nicht realisiert werden sollen.
Dieser Vertragsentwurf war bis zu Ende verhandelt – richtig! –, aber er sollte aus einem politischen Grund nicht vollzogen werden. Und der politische Grund ist die fehlende Transparenz des Gesamtgeschäftes, der Eigentümerstruktur, der Folgen und der Haftungsketten und von allem, was da dranhängt.
Egal, welchen Vertrag man machen will, letztendlich hat dieses Parlament das Recht und die Pflicht, sich damit zu beschäftigen, wenn der Vertrag auf dem Tisch liegt. Dieser Vertrag liegt nach der Entscheidung des Senats eben nicht auf dem Tisch.
Aber die Aufgabe, die uns jetzt allen – übrigens jeder Partei, die in diesem Wahlkampf antritt – bevorsteht, ist,
tatsächlich zu überlegen, wie man mit der BIH, wenn sie jetzt in Landesbesitz verbleibt, weiter umzugehen gedenkt. Diese Frage muss jede Partei klären. Jede Partei muss auch sagen, woher das Geld kommt, das dort hineinfließen muss.
Da haben wir gar keine andere Chance. Ich sage für meine Partei: Wir hätten gern die möglichen finanziellen Spielräume aus einem BIH-Verkauf genutzt,
um tatsächlich ein Wohnungsbauprogramm aufzulegen –
für die tatsächlich Bedürftigen in den Sozialräumen, wo das dringend erforderlich ist. Diese Chance haben wir nun nicht. Das heißt für meine Partei, dass wir dieses politische Ziel weiter beackern und andere Finanzierungswege dafür finden müssen.
Andere Parteien haben vielleicht andere Vorstellungen, was sie denn alles so demnächst finanzieren wollen. Über alledem schwebt die Ausgabendeckelung bis 2020. Um diese Verantwortung darf sich keine Partei drücken. Für meine Partei sage ich ganz deutlich: Wir tun das nicht. Aber das ist eine Aufgabe, die letztendlich das Parlament zu entscheiden hat. Es bestimmt, wo die politischen und finanziellen Schwerpunkte künftiger Regierungstätigkeit zu legen sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Verkehrsangebot der S-Bahn – oder das Nichtangebot der S-Bahn – beschäftigt die Berlinerinnen und Berliner zurzeit am allermeisten. Deshalb hat die rot-rote Koalition folgendes Thema vorgeschlagen, und auch in dieser Reihenfolge darf ich es noch einmal deutlich benennen: S-Bahnverkehr sichern, Kunden entschädigen: Bund und Bahn müssen ihrer Verantwortung gerecht werden.
Und genau darum geht es.
Die Anhörung am Montag hat leider keine Lösung gebracht. Deshalb müssen wir heute hier zum wiederholten Male darüber reden. Durch die Ereignisse seit Anfang Dezember beim S-Bahnverkehr mussten wir alle erkennen, dass die Anstrengungen der Berliner S-Bahn nicht ausreichten und ausreichen, um ein stabiles Nahverkehrsangebot zu erbringen. DB Netz, die Verantwortlichen für Schiene, Weichen und Signale, sind nicht in der Lage, die Gleise benutzbar zu halten, übrigens nicht nur in Berlin, sondern bundesweit, wenn es mal ein bisschen schneit oder mal zu heiß wird. Der Bahnkonzern, der uns aus den letzten Jahren immer nur Erfolgsmeldungen über Gewinnerzielung und internationale Aktivitäten beim Einkauf von Verkehrs- und Logistikunternehmen berichtete, hat nichts Eiligeres zu tun, als der S-Bahn Berlin eine zusätzliche Gebühr für das Abstellen von Fahrzeugen auf den Schienen aufzuerlegen. Da fragt man sich schon, welche Glaubwürdigkeit die von Bahnvertretern wie Herrn Homburg schon vor einem Jahr und nun von Herrn Grube als Bahnchef wiederholten Äußerungen haben, wenn sie behaupten, dass der Konzern zur Bewältigung der S-Bahnprobleme kein Geld und keine Mühe scheuen wird.
Dabei verkennen wir nicht, dass Vieles insbesondere durch die neue Geschäftsführung der Berliner S-Bahn unternommen wurde, um die Situation zu verbessern und die jahrelangen Missstände aufzuarbeiten. Aber von einem sicheren und vollständigen Angebot sind wir weit entfernt. Die Situation wird nicht besser, wenn wir täglich die im Einsatz befindlichen Fahrzeuge zählen oder die Weichentechnik im Detail erforschen – das langweilt die Fahrgäste und ist im Übrigen auch nicht unsere politische Aufgabe.
Unsere politische Aufgabe ist es hingegen zu benennen, was vom Deutsche Bahn Konzern und vom Eigentümer Bund sichergestellt werden muss, um den vertraglichen Verpflichtungen und letztlich den Erfordernissen der öffentlichen Daseinsvorsorge gerecht zu werden – nämlich Fahrzeuge auf die Schiene zu bringen, nicht erst 2017, sondern jetzt!
Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn AG muss diesem Unternehmen die strategische Ausrichtung auf den Personenverkehr auferlegen, nicht nur Verbesserungen für den ICE-Verkehr anmahnen, wie wir es heute der Presse entnehmen durften, sondern vor allem auch Verbesserungen für den Nahverkehr. Der Bund als Eigentümer hat jahrelang zugesehen – und tut dies noch heute! –, dass der Schienennahverkehr in der Bundeshauptstadt von einem bundeseigenen Unternehmen DB AG kaputtgespart wurde. Er sieht jetzt zu, dass die DB AG nicht bereit ist, diese Unternehmensstrategie grundsätzlich zu ändern, sondern den einzig Schuldigen bei der Fahrzeugindustrie auszumachen sucht. Der Bund lässt zu, dass die ganze Branche der Eisenbahnfahrzeugindustrie auf diese Art und Weise diskreditiert wird und dass das innerbetriebliche Missmanagement der DB AG unter Hartmut Mehdorn bis heute nicht aufgearbeitet wurde.
Der Bund lässt außerdem zu, dass die Bundesbehörde Eisenbahnbundesamt zusätzlich bremst, weil Zulassungsverfahren für die Beseitigung erkannter technischer Mängel unerträglich lange dauern. Diese Zulassungsverfahren allein sind schon wegen ihrer Länge ein Missstand.
Auf diese Zusammenhänge werden wir heute verweisen, vor allem aber – und damit komme ich zum Schluss – wollen wir der Deutschen Bahn AG noch einmal von dieser Stelle deutlich sagen: Die Kunden haben ein Anrecht auf Entschädigung, die Kunden nehmen lange Umwege, Wartezeiten und Erschwernisse in Kauf, die ca. 400 000 Abonnenten in Berlin haben alle bezahlt, tun das bis heute und bekommen nicht das, wofür sie bezahlt haben. Wir verlangen eine Entschädigungsleistung für diese Kunden,
nicht erst im nächsten Winter, sondern so schnell wie möglich und mindestens in der Höhe wie im vergangenen Jahr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Beginnen möchte ich mit der Feststellung, dass im vergangenen Jahr durch die neue S-Bahngeschäftsführung doch einiges geleistet wurde, um den Betrieb zu stabilisieren. Leider hat es sich erwiesen, dass trotz aller Anstrengungen, trotz der wirklich verantwortungsvollen Arbeit aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der S-Bahn es nicht gereicht hat, die generelle Störanfälligkeit dieses Systems auszumerzen. Dieses System ist inzwischen labil geworden. Eine Störung an einer Ecke führt eben leider zum Kollabieren des Gesamtsystems. Trotz aller Anstrengungen, es hat nicht gereicht.
Bei der Anhörung des Bahnchefs Grube am Montag im Verkehrsausschuss hat dieser die Ursachen für die lang andauernden Schlechtleistungen der S-Bahn beziffert mit erstens falsch konstruierten Fahrzeugen und zweitens Winter. Kein Wort über jahrelange Missstände im Konzern Deutsche Bahn AG, kein Wort über die von der Konzernspitze angeordneten Sparmaßnahmen bei der SBahn, kein Wort über die konzerneigenen Finanzkreisläufe, die alle darauf ausgerichtet sind, aus den produzierenden Bereichen Betrieb und Netz Geld herauszupressen, um damit z. B. den Kauf von Arriva für 3 Milliarden oder den Bau von Stuttgart 21 für 7 Milliarden zu finanzieren. In den Konzernbilanzen der letzten Jahre sind immer Gewinne von weit über 1 Milliarde Euro ausgewiesen worden. Sie sind nicht genutzt worden, um ein stabiles Nahverkehrssystem in der Bundeshauptstadt zu sichern. Das ist die Wahrheit. Und die Pflege und der sorgsame Umgang mit dem Vorhandenen ist nicht gerade die Stärke der Deutschen Bahn AG,
ebenso wenig übrigens die einfache, korrekte und schnelle Information für die Fahrgäste. Diesbezüglich spielt es gar keine Rolle, ob gerade Winter oder Sommer ist.
Bahnchef Grube hat die Chance vertan, am Montag im Verkehrsausschuss den Kunden konkrete Entschädigungsleistungen anzukündigen, und stattdessen brüstet er sich mit der Meldung, dass die Deutsche Bahn AG bis 2014 700 Millionen Euro für die Beseitigung der Missstände bei der Berliner S-Bahn ausgeben wird. Dazu kann man doch aber nur sagen: Hätte es diese Missstände gar nicht erst gegeben, hätten Herr Grube und Herr Mehdorn davor dafür gesorgt, dass diese Missstände gar nicht erst entstehen, dann wären diese Aufwendungen auch gar nicht nötig gewesen.
Herr Grube hat uns übrigens nicht verraten, wie viel Trassenentgelte, Gebühren für das Halten an Bahnhöfen, neuerdings selbst für das Abstellen von Fahrzeugen durch die Berliner S-Bahn auf den Gleisen der Bahn AG an den Konzern abgeführt wurden und wie viel davon wieder zurückgeflossen sind für das Funktionieren des SBahnsystems.
Er hat in seiner Rede ziemlich arrogant und ignorant übrigens vorausgesetzt, dass das andere Berliner Nahverkehrsunternehmen, nämlich das kommunale Unternehmen BVG, wegen der S-Bahnmisere seit Jahren mehr Leistungen erbringt, um die Fahrgäste der S-Bahn aufzufangen. Würde es das kommunale Verkehrsunternehmen BVG nicht geben, wäre das Desaster noch viel größer. Die BVG, die gewiss genügend eigene Probleme hat, fährt das weg, was die S-Bahn liegen lässt. Das ist die Wahrheit über die Leistungsfähigkeit kommunaler Verkehrsunternehmen. Und dafür gebührt auch den BVGern Dank und Anerkennung!
Das generelle Problem bei der Bahn AG ist kein Berliner Problem. Die Verkehrsminister aller Bundesländer haben am Montag sowohl zu den Leistungen der Deutsche Bahn AG als auch zu den Finanzierungsproblemen deutliche Worte gefunden. Ich zitiere:
Die Verkehrsminister der Länder haben deshalb die Deutsche Bahn aufgefordert, nach einer eingehenden Fehler- und Ursachenanalyse ausreichende Vorsorge zu treffen, um künftig besser auch auf extreme Witterungsbedingungen vorbereitet zu sein.
Und Sie betonten gleichzeitig, dass die grundsätzliche Verantwortung für die Gestaltung des Bahnverkehrs in Deutschland beim Bund liegt. Das ist in der Presseerklärung der Verkehrsministerkonferenz nachzulesen.
Es ist schon ein Skandal ohnegleichen, dass der verfassungsmäßig gebotene Grundsatz der Gemeinwohlorientierung der Bahn von Herrn Grube, genauso wie vorher von Herrn Mehdorn, nicht zur Kenntnis genommen, sondern ausschließlich auf das wirtschaftliche Agieren eines privatrechtlich organisierten Unternehmens reduziert wurde und wird. Genauso ist es ein Skandal, dass die Bundesverkehrsminister der vergangenen Jahre – und da nehme ich niemanden aus, weder Herrn Stolpe noch Herrn Tiefensee und übrigens auch nicht Herrn Ramsauer – offenbar nicht willens und fähig sind, diese Gemeinwohlorientierung, die grundgesetzlich vorgegeben ist, in einem öffentlichen Unternehmen durchzusetzen. Sie tun und taten dies alle nicht, weil sie sich immer der Rückendeckung der jeweiligen Bundesregierung sicher waren, egal ob sie sich aus Rot-Grün, Schwarz-Rot oder SchwarzGelb zusammensetzte. Das ist die Wahrheit.
Wenn man diesen Missstand ändern will, dann muss man klar nach Lösungen suchen, die diese Gemeinwohlorientierung an die Wirtschaftsziele des Unternehmens binden. Also: Raus mit der S-Bahn aus den Finanzkreisläufen des international orientierten DB-Konzerns – allerdings bitte erst nach der Wiedergutmachung der S-Bahnmisere in Berlin – und rein mit kommunaler Steuerung durch das Land Berlin. Das ist der Kern unseres Vorschlags einer Kommunalisierung des S-Bahnunternehmens. Das ist im
Übrigen der einzige Weg, der die Berlinerinnen und Berliner langfristig und sicher vor dem Ausplündern der Substanz der S-Bahn zum Zweck der Finanzierung von Interessen, die außerhalb des Berliner Nahverkehrs liegen, schützt.
Ein anderes privates Unternehmen, wie es die Grünen vorschlagen, das anderen Konzernstrukturen wie z. B. Veolia, Arriva, der italienischen oder niederländischen Staatsbahn unterliegt, kommt über kurz oder lang in ähnliche Nöte wie die Berliner S-Bahn jetzt. Und mehrere davon auf einem Netz ist keine Lösung, sondern das ist das Ende des integrierten Nahverkehrs.
Noch mal zu den Fahrzeugen: Die Fahrzeugflotte der S-Bahn Berlin wurde in den vergangenen Jahren erheblich reduziert. Fahrfähige ältere Fahrzeuge wurden ausgemustert und verschrottet. Die größte Fahrzeugserie, die Baureihe 481, wurde von der Deutschen Bahn AG nach einem genauen Bestellverfahren von Bombardier gebaut, vom Eisenbahn-Bundesamt und der S-Bahn abgenommen und zugelassen und lief zehn Jahre mit einer überdurchschnittlich hohen Verfügbarkeit. Es ist völlig unlogisch zu behaupten, dass plötzlich und unerwartet diese Flotte in Gänze mangelhaft sei. Das Einzige, was sich in den letzten zehn Jahren gravierend geändert hat, ist das Wartungsregime, genannt: Optimierung S-Bahn, heute auch in der Presse in dem Brief von Herrn Constantin, ehemaliger S-Bahnvorstand, nachzulesen.
Aber es bleibt auch völlig unverständlich, dass nach dem Auffahrunfall der S-Bahn 2006 am Bahnhof Südkreuz die Schwachstellen an Bremsen und Besandungsanlage, die übrigens nicht die Ursachen des Unfalls waren, erkannt wurden, aber bis heute keine zufriedenstellende Lösung dafür gefunden wurde. Es ist auch nicht erklärlich und schon gar nicht akzeptabel, dass zwischen Betreibern, Fahrzeugherstellern und Zulassungsbehörde – Bundeszulassungsbehörde, Eisenbahn-Bundesamt – die Bälle immer nur hin- und hergeschoben werden, aber die Lösung nicht konsequent erarbeitet wird. Warum dauern die Zulassungsverfahren für die Zulassung einzelner technischer Komponenten länger als die Zulassung des gesamten Fahrzeugs? Die Folgen eines solchen Agierens trägt in erster Linie der Nahverkehr, und der volkswirtschaftliche Schaden ist noch sehr viel höher, als man vermuten mag.
Nun verspricht Herr Grube neue Fahrzeuge ab 2017. Aber warum ist es eigentlich nicht möglich, neue Fahrzeuge der alten Serie mit den inzwischen zugelassenen Verbesserungen zu beschaffen, und damit die Fahrzeugnot der Berliner S-Bahn nicht erst 2017, sondern schon 2013 oder 2014 zu beheben? Warum ist es eigentlich nicht möglich, bei den vorhandenen Fahrzeugen zusammen mit Herstellern und Eisenbahn-Bundesamt kurzfristig Lösungen zu finden, die die vorhanden Fahrzeuge nicht vordringlich ständig in die Werkstätten zwingen, sondern auf die Gleise zum Transport der Fahrgäste? Und warum schweigt eigentlich der Bund bei solchen Ideen gegenüber seiner Bundesbehörde Eisenbahn-Bundesamt und verweist auf
die Verantwortlichkeiten dieser Bundesbehörde, als hätte er mit ihr gar nichts zu tun?
So kommen wir dann letztlich tatsächlich zu einem sehr unbefriedigenden Zustand, und da will ich unsere Forderungen, die kurzfristig zu realisieren sind und die über die schon ergriffenen Maßnahmen der Deutschen Bahn AG und der S-Bahngeschäftsführung hinausgehen, noch mal auflisten: Erstens, wir verlangen ein Konzept, wie mit den vorhandenen Fahrzeugen ein verlässlicher Fahrplan gefahren werden kann. Dieser Fahrplan mag zwar weniger Verkehrsleistung anbieten, als vertraglich vereinbart, aber er muss verlässlich und sicher sein und nicht bei jeder kleinen Windbö zusammenfallen. Zweitens: Darüber müssen die Kunden mit allen Mittel, personalbedient und per Ansage und Anzeige – übrigens auch im Internet –, aktuell und verlässlich über ein verlässliches Fahrangebot informiert werden.
Drittens: Die Entschädigungsleistung für die Kunden für die neuerlichen Ausfälle im Dezember und Januar und die erwarteten Ausfälle für das restliche Jahr sind schnell zu beschließen und auszuzahlen, und dies nicht erst im nächsten Winter, sondern die Kunden erwarten jetzt und bald Entschädigungsleistungen mindestens in Höhe der Leistungen des vergangenen Jahres.
Ich bin gleich am Schluss.
Viertens: Die S-Bahn Berlin, der Bund und die Deutsche Bahn AG haben schnellstmöglich dafür Sorge zu tragen, die vorhandenen Fahrzeuge fahren und nicht stehen zu lassen, und sie müssen sich schnellstmöglich über die Beschaffung neuer Fahrzeuge einigen und nicht erst für 2017.
Auf Bundesebene muss alle Sorge dafür getragen werden, dass die Gemeinwohlorientierung des Unternehmens Bahn auch auf den Nahverkehr Berlin ausgerichtet wird –
und dass die Abführung weiterer 500 Millionen Euro für die Schuldentilgung aus dem Bahnkonzern zu unterlassen ist. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Genesis dieses Sachverhalts hat Herr Esser fast korrekt beschrieben. Es gibt tatsächlich ein fraktionsübergreifendes Interesse, die vorhandenen, – und da hat Frau Kolat völlig recht, Herr Esser! – von Rot-Rot eingeführten Transparenzregeln zu verbessern und zu konkretisieren. Die Regeln wurden von RotRot eingeführt. Wir haben ein Transparenzgesetz. Wir haben das Betriebe-Gesetz. Wir haben eine Landeshaushaltsordnung. Wir haben einen Berliner GovernanceKodex, der angewendet wird.
In jedem Geschäftsbericht eines Berliner Landesunternehmens finden Sie den entsprechenden Anhang.
Aber wir sind mit der gegenwärtigen Handhabung der in diesen Gesetzen beabsichtigten Transparenzregeln nicht zufrieden, insbesondere was die namentliche Auflistung anbelangt und insbesondere was die Aufgliederung nach Bestandteilen der Bezüge von Managern anbelangt. Darüber hatten wir im Beteiligungsausschuss – übrigens auch eine Erfindung und Einführung von Rot-Rot – Einigkeit. Und wir haben uns mit der Verwaltung, mit dem Senat darüber gestritten, dass die Intention Aufgliederung nach Gehaltsbestandteilen, namentliche Nennung, weitere Öffnung auf andere Organe und nicht nur auf die Geschäftsführung offensichtlich einer gesetzlichen Regelung bedarf. Wir haben als rot-rote Koalition hier unseren Antrag eingebracht. Wir ändern die gegenwärtig geltende Landeshaushaltsordnung und das Betriebe-Gesetz und insofern auch das vorhandene Transparenz- und Vergütungsgesetz in dieser Richtung. Darin bestand Konsens. Ich hoffe, dass wir diesen Konsens im Zuge der Ausschussbesprechungen auch wieder herstellen können.
Es ist niemandem abzusprechen, dass er in anderen Ländern guckt, was da so läuft. Es ist richtig, in NordrheinWestfalen gibt es tatsächlich dieses nordrhein-westfälische Transparenzgesetz von CDU und FDP.
Daran kann man gern anknüpfen. Aber dann muss man sich auch die Mühe machen, die Bezüge zum Berliner Gesetzessystem dahin gehend zu prüfen, dass wir die Landeshaushaltsordnung mit einem entsprechenden Bezug auf das Handelsgesetzbuch schon mal in der derzeitigen Nr. 5 geändert hatten und in Berlin auch schon ein
Transparenzgesetz haben. In der Begründung des GrünenAntrags ist darauf verwiesen worden, in dem eigentlichen Gesetzesantrag ist ein neues Gesetz erfunden worden. Das sind handwerkliche Sachen, über die wir uns im Ausschuss im Detail auseinandersetzen können, aber in der Intention sind wir uns, glaube ich, einig.
Es gibt einen Dissens, den will ich nicht verschweigen. Das ist die Auflistung von Zahlungen an frühere Geschäftsführungsmitglieder. Das ist ein Rechtsthema, das nicht ohne Weiteres per Federstrich rückführend einzuführen ist. Auch darüber lassen Sie uns im Ausschuss reden!
Wie gesagt, wir möchten gerne, dass für die Öffentlichkeit, für die Parlamentarier, für alle, die daran Interesse haben, die einzelnen Bestandteile – und dazu gehören die erfolgsabhängigen wie auch die erfolgsunabhängigen Bestandteile; Bestandteile sind nun einmal Teile eines Ganzen – in den Anhängen zu den Geschäftsberichten oder in anderer geeigneter Form veröffentlicht werden. In der Intention sind wir uns völlig einig, nur die handwerkliche Tätigkeit bei der Gesetzesformulierung ist, glaube ich, unterschiedlich zu sehen.
Vielen Dank! – Ich habe eine Frage an die Verkehrssenatorin Junge-Reyer. – Frau Junge-Reyer! Ich habe heute der Zeitung entnommen, dass der Bund seine Finanzierungszusage zur Ertüchtigung der Bahnstrecke nach Frankfurt/Oder auf 160 km/h zurückgezogen haben soll. Sind Ihnen solche Informationen bekannt?
Ich wünsche Ihnen Erfolg für die anstehenden Gespräche und frage nach: Gibt es auch für andere Streckenausbaupläne, beispielsweise für die Dresdner Bahn, solche Hiobsbotschaften, dass der Bund seine Finanzierungszusage zurückziehen will?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor ein paar Wochen und Monaten waren wir uns in der Klärung der Ursachen schon mal einiger. Da war fraktionsübergreifend als Ursache das Überwiegen eines Renditeinteresses gegenüber dem öffentlichen Interesse Nahverkehr benannt worden. Da kann ich nur mal sagen – und mir als Angehöriger einer sozialistischen Partei ist dieser Wortgebrauch dann auch mal zuzugestehen –, wenn das Renditeinteresse gegenüber dem öffentlichen Interesse überwiegt, dann ist das blanker, purer Kapitalismus. Das ist die Ursache.
Wir haben heute Reden von Herrn Friederici in schlechter Hollywoodmanier gehört, hier als Ankläger aufzutreten. Und dann ist es plötzlich nicht mehr das Renditeinteresse, sondern das schlichte Versagen des Senats. Dann haben wir eine Rede von Frau Hämmerling gehört. Die sagt, erst mal alles zerschlagen, und dann wird sich schon irgendwas finden. Das ist alles irgendwie nach wie vor Murks.
Was wir immer wieder konstatieren müssen, und wenn wir dann dem Übel an die Wurzel gehen wollen, ist das Agieren des Eigentümers Bund. Dem Bund gehört der DB-Konzern. Der Bund hat in seiner verschiedentlichen Zusammensetzung die Aufgabenauflagen an den DBKonzern formuliert. Die Bahnreform war so gedacht, dass dieser öffentliche Konzern privatwirtschaftlich agieren und privatwirtschaftlich aufgestellt werden soll und auch die Zerschlagung oder Zerteilung des einheitlichen Konzerns in mehrere Konzernteile, die dann möglicherweise, wie wir sehen, eben auch mal gegeneinander arbeiten, also DB Netz, DB Regio, DB Energie und was wir da noch so für Konzernteile haben, die agieren alle miteinander, aber eher gegeneinander. Wo sie nicht gegeneinander agieren, ist bei der Konzernabführung an die DBKonzernführung, die dann wiederum ihrer vom Eigentümer auferlegten Rolle gerne nachkommt, die da heißt, Global Player zu sein. Und deswegen werden aus den einzelnen Konzernbereichen Erlöse gepresst, die dann dazu dienen, eine Fluggesellschaft in den USA aufzukaufen, einen englischen Bahnkonzern Arriva für 3 Milliarden mal aufzukaufen, sich in Abenteuer in arabischen Ländern zu stürzen usw. Es war niemals vorgesehen, dass aus der Netzstruktur Erlöse generiert werden sollen. Sie werden aber inzwischen generiert, und dies für den Preis, dass die Weichen nicht von Schnee beräumt und beheizt werden und dass solche Dinge wie Stationen oder elektronische Stellwerke inzwischen anfälliger gegenüber Wetterunbilden, aber auch einfachen betrieblichen Stö
rungen geworden sind, sodass es eben nicht mehr zu einem zuverlässigen Bahnverkehr kommt.
Es werden aus allen Konzernbereichen Erlöse generiert, nicht nur aus der Berliner S-Bahn – übrigens auch in Hamburg ist eine Renditevorgabe von 16,5 Prozent angesetzt. Wir haben heute – wenn Sie in „Spiegel-Online“ gucken – die Spitzenmeldung: Der Fernverkehr ist in der Bundesrepublik fast zum Erliegen gekommen. – Das sind alles Folgen eines solchen Renditedrucks, nämlich das Agieren als Global Player, als internationaler Logistikkonzern und eben nicht mehr als der Konzern, der in erster Linie für den Personenverkehr hier zuständig ist.
Welche Schlussfolgerung zieht der Bund aus dieser katastrophalen Lage, nach mehreren Jahren, Jahrzehnten nicht erfolgreicher Bahnreform? – Der Bund in seiner jetzigen Zusammensetzung – und das, Herr Friederici, ist der richtige Vorwurf gewesen – hat jetzt dem Bahnkonzern auferlegt, nicht nur die Finanzierung für neue Investitionsprojekte zu hinterfragen oder teilweise zu kürzen, sondern aus den Erlösen, die auch über die Fahrgäste eingenommen werden, jährlich 500 Millionen Euro an den Bund zur Schuldentilgung abzuführen. Das ist doch wohl ein Unding, dass nicht nur die auskömmliche Finanzierung durch den Bund nicht gesichert ist, sondern obendrein auch noch Erlöse abgeführt werden sollen. Das ist staatsmonopolistischer Kapitalismus der besonderen Art.
Die im Mainstream liegende Lösung – wie von Frau Hämmerling vorgetragen wurde – sei der Wettbewerb. Da sage ich, in Anknüpfung an meine letzte Rede: Hören Sie doch endlich auf, einen Wettbewerb in einem Wirtschaftsfeld herbeizureden, wo es keinen Wettbewerb gibt.
Es gibt keinen und sollte auch keinen Wettbewerb der kapitalistischen Art geben, weil das Eisenbahnsystem ein hochkomplexes System ist und nur als System zu betreiben ist. Da bestehen enge Abhängigkeiten verschiedener technischer Systeme, und das löst man nicht durch Vertragsregelungen mit ganz vielen unterschiedlichen Akteuren. Wir haben keinen Wettbewerb, und wir wollen ihn auch nicht. Wir wollen die öffentliche Daseinsvorsorge durchsetzen, nicht durch Vertragskündigung und vertragslosen Zustand, sondern durch Übernahme des Systems S-Bahn in kommunale Verantwortung.
Wir wollen auch die Finanzierungsverantwortung in dem Sinne durchsetzen, dass wir auf das unternehmerische Agieren eines kommunalen Verkehrsunternehmens steuernd wirken.
Das ist dann nicht mehr das Obsiegen eines kapitalistischen Renditedrucks, sondern das ist das Obsiegen der öffentlichen Daseinsvorsorge, der öffentlichen Finanzierung dieser Daseinsvorsorge und der Ausrichtung dieser Leistungen nach den volkswirtschaftlichen Kriterien, nach den tatsächlichen Kundeninteressen.
Liebe Frau Hämmerling! Wer bei diesem nachgewiesenen Marktversagen auch noch nach mehr Markt ruft, der weiß entweder nicht, was er tut, oder er will politisch den Rest der Daseinsvorsorge auch noch zerschlagen.
Das wollen wir jedoch nicht!
Politisch ist alles gesagt: Wir wollen ein kommunal agierendes Verkehrsunternehmen S-Bahn, und daran arbeiten wir. Das wäre dann auch tatsächlich die Lösung im Interesse des Landes, im Interesse der Fahrgäste und auch im Interesse der Beschäftigten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu Herrn Friederici möchte ich nur einen einzigen Satz sagen: Das Controlling des S-Bahnvertrags wird minuziös vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg durchgeführt. Dabei wird jeder Zug, jeder Kilometer gezählt, jeder Zustand eines Bahnhofs wird erfasst. Danach werden die Abrechnungen vorgenommen, die das Land zu bezahlen hat. Soviel zum Controlling.
Frau Hämmerling, noch einmal: Ich habe vor einem Jahr hier schon einmal sehr ausführlich über das Instrument einer Auferlegung gesprochen und darüber, dass es absolut unwirksam ist. Das Gegenteil dessen, was Sie hier bezwecken, würde herauskommen. Es würde weniger Leistung für mehr Geld geben. Da kann ich Herrn Gaebler nur recht geben. Das ist nach europäischem Recht übrigens so festgeschrieben.
Zweitens: Sie rufen jetzt nach der Bundesnetzagentur. Da lache ich ja. Das ist die Wiederholung einer Diskussion, die es zum öffentlichen Monopol bei den Energieversorgern gegeben hat. Erst wurden sie zerschlagen, um hinterher festzustellen, dass nur noch vier Privatmonopole am Markt sind, um dann nach der Energieagentur zu rufen, die dann plötzlich alles wieder in Ordnung bringen soll. Das ist jetzt die Wiederholung, wenn Sie Grüne nach der Netzagentur rufen. Übrigens kennt die Netzagentur jeden Preis. Reden Sie nicht von einem angeblichen Markt, den es nicht gibt. In der Infrastruktur gibt es keinen Markt und darf es keinen Markt geben.
Sie reden davon, Fahrzeugpoole anzuschaffen. Das hieße, dass ein Betreiber, wer immer es wäre, nicht einmal mehr die Fahrzeugverantwortung hätte. Dann sind solche lustigen Sachen wie Bruttoverträge im Spiel. Damit wäre auch die Einnahmeverantwortung beim Land angesiedelt und nicht mehr bei dem Unternehmen. Auch dafür gibt es keinen Markt, weder bei den Fahrzeugen, noch bei den Einnahmen. Das einzige tatsächlich nachweisbare Ergebnis eines angeblichen Marktgeschehens ist das Sinken der Löhne und Gehälter in den letzten Jahren. Nur dort waren die Preisspannen bei den Verkehrsverträgen in einer Größenordnung von 15 bis 20 Prozent herauszubekommen. Das tragen die Beschäftigten aus. Nicht umsonst sind jetzt die Eisenbahner in den verschiedenen Gewerkschaften
endlich so weit, endlich zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen zu greifen, um einen Branchentarifvertrag für alle einzufordern, damit dieses Lohndumping endlich aufhört. Wenn diese angebliche Markspanne auch noch trockengelegt ist, haben Sie auch in diesem Bereich keinen Markt mehr. Deswegen sagen wir, dass es keinen Markt gibt, es sei denn, man will künstlich herstellen. Das wollen wir nicht. Wir wollen die öffentliche Daseinsverantwortung selbst verantworten, selbst steuern, weil wir sie sowieso finanzieren wollen. Das ist unser Konzept.
Herr Esser! Erstens habe ich in keinem meiner Redebeiträge die Situation der S-Bahn beschönigt.
Ich habe vielmehr dafür gesprochen, dass wir als Land Berlin die Verantwortung, die wir haben, für einen kommunalen Nahverkehr zu sorgen, auch wahrnehmen wollen, indem wir die Steuerungsinstrumente und das Unternehmen übernehmen.
Sie haben mir zwei Jahre lang nicht zugehört.
Die Auferlegung, Herr Kollege Esser, das predigen Sie schon eine Weile, und wir können darauf immer wieder nur antworten: Die Auferlegung ist dicke Backen machen, mit ungewissem Ausgang, aber was wir schon wissen, keine Lösung für die aktuellen Probleme übrigens.
Aber das, was wir wissen, ist, das, was Sie sich auch erhoffen: Kostentransparenz. Die haben wir in dem Sinn über die Netzpreise schon ohne Kündigung des Vertrags.
Wir haben außerdem nach europäischem Recht bei einer Auferlegung zu berücksichtigen, zu welcher wirtschaftlichen Tätigkeit das auferlegte Unternehmen denn fähig ist. Dann ist es eben nicht mehr die Auferlegung dessen, was wir wünschen, sondern die Anerkenntnis dessen, zu was das Unternehmen fähig ist. Die S-Bahn Berlin ist eben weder jetzt mit Vertrag noch mit Auferlegung zu mehr Verkehrsleistung fähig, sondern eher zu weniger Verkehrsleistung, wenn der Vertrag gekündigt ist und Leistungen auferlegt werden sollen. Das, was Sie den Leuten vormachen, dass damit alles besser wäre, ist genau das Gegenteil dessen, was dann eintreten würde, wenn sich die S-Bahn mit dem Bahnkonzern darauf zurückziehen könnten, welche Leistungen sie überhaupt erbringen könnten, übrigens zu Preisen, die sie – die Bahn – dann festlegen würde.
Da kommt eben heraus: weniger Leistung für mehr Geld, das wollen wir nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erst mal zur Richtigstellung: Herr von Lüdeke! Sie waren möglicherweise vorhin noch im Auto,
als das Parlament zu tagen begann und in der ersten Frage danach gefragt wurde, wie das mit dem Lärmschutz aussieht, und die Senatorin sagte – ich habe es mir aufgeschrieben –: Ziel ist der bestmögliche Lärmschutz für die Bewohnerinnen und Bewohner von Nikolassee. – Und das geht über den Flüsterasphalt hinaus. Das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben.
Was Sie hier gesagt haben, ist eine Verleumdung. Wir haben alle zugehört. Die Senatorin sprach vom bestmöglichen Lärmschutz für die Bewohnerinnen und Bewohner von Nikolassee und natürlich auch von einer akzeptablen Verkehrslösung während der Sanierungsarbeiten – das mal vorangestellt. Herr von Lüdeke! Das unterscheidet Sie von uns,
dass Sie offensichtlich aus dieser Perspektive hinter der Windschutzscheibe nur denken. Am allerliebsten hätten Sie es wahrscheinlich, wenn die Autofahrer abends ins Bett gehen, die Augen zumachen und morgens die Augen wieder aufmachen, und dann ist die Sanierung erfolgt.
Ihre Vorschläge, die Sie hier einbringen, sind Vorschläge, die aus der Perspektive hinter der Windschutzscheibe zu erklären sind.
Wir machen uns Gedanken über den Lärmschutz für Anwohnerinnen und Anwohner an der Autobahn, an der Bahntrasse, was man da verbessern kann, das ist unsere Perspektive. Deswegen wollen wir, dass mit dieser Baumaßnahme auch tatsächlich Lärmschutz nicht nur während des Baus, sondern eben darüber hinaus gewährleistet wird. Und Sie wollen Nacht- und Sonntagsarbeit. Das ist Ihre Perspektive – hinter der Windschutzscheibe heraus. Darüber können wir gern im Ausschuss reden und müssen es hier nicht tun, aber dies ist eine Perspektive, die wir nicht teilen. – Wir wollen Lärmschutz!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fange mit meinem ursprünglich geplanten letzten Satz an, damit Herr Esser und seine Kollegen von den Grünen sich vielleicht noch die restliche Zeit überlegen können, wie sie sich bei der Abstimmung verhalten. Ich habe nach der gestrigen Debatte auch nachgefragt, wo unser Spielhallengesetzentwurf ist. Er befindet sich in der Mitzeichnung. Das haben mir zwei verschiedene Senatsverwaltungen bestätigt. Das hat die Senatsvertretung gestern im Hauptausschuss leider nicht gesagt. Wir gehen davon aus, dass sich das Spielhallengesetz in der Mitzeichnung befindet und wir es im Januar hier beraten können. Dann stimmt das Paket. Wir wollen, dass wir sowohl das Vergnügungsteuergesetz als auch ein Spielhallengesetz erlassen.
Wenn ich dann aber die Reden von Herrn Brauner und Herrn Buchholz höre, dann frage ich manchmal schon, warum nicht sofort die Forderung erhoben wird, sämtliche Glücksspielgeräte abzuschaffen. Ich sage es einmal anders herum: Wir reden hier über ein Suchtproblem, aber auch über ein legales Wirtschaftsfeld. Wir haben ein ähnliches Problem beim Rauchen und beim Alkohol. So, wie auf der Bundesebene Tabaksteuer erhöht wird und davon eine Lenkungswirkung ausgeht, geht auch von der Erhöhung der Vergnügungsteuer in Berlin eine Lenkungswirkung auf das Glücksspielgewerbe aus. Das ist unbestritten und nachgewiesen. Diese Steuerungswirkung geht aber nicht nur von der Steuer aus, sondern dazu gibt es auch andere Instrumente, wie zum Beispiel das Baurecht oder das in Arbeit befindliche Spielbankengesetz. Deswegen kommt man aber trotzdem nicht zu dem Ergebnis, dass sämtliche Raucherinnen und Raucher, Weintrinkerinnen und Weintrinker, Besucherinnen und Besucher von Gaststätten, in denen ein Glücksspielgerät hängt, süchtig sind. Das ist absurd. Natürlich ist das ein Fall, in dem Steuern erhoben werden sollen und müssen. Nichts anderes habe ich gestern gesagt. Eine Steuergesetzgebung ist dazu da, Steuern zu erheben. Wer etwas anderes behauptet, der weiß nicht, wozu man Steuergesetze erlässt.
Ich komme zu meinem ursprünglich letzten Satz zurück, der zum ersten geworden ist: Es kommt das Paket, das Spielbankengesetz, wir erhöhen heute die Vergnügungsteuer auf 20 Prozent, wie es andere Kommunen in diesem Land auch tun. Andere gehen sogar noch darüber hinaus. Das hat eine zweifache Wirkung: einerseits die Sicherung der Steuereinnahmen und andererseits eine steuernde Wirkung auf das Bestehen von Spielhallen an Orten, an denen wir sie nicht haben wollen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Regelung der Vergnügungsteuer, über deren Veränderung wir heute in erster Lesung beraten, ist noch jung, sie datiert vom 1. Januar 2010. Offenbar hat die Umstellung auf eine pauschale Besteuerung des Kasseninhalts der Spielautomaten nicht zu einem Ausbluten dieses Gewerbes geführt, das will ich zu Beginn konstatieren. Im Gegenteil! Die Anzahl der Spielautomaten hat sich in Berlin sprunghaft erhöht. Die Erhöhung des Steuersatzes von 11 auf 20 Prozent liegt durchaus im Rahmen und ist vergleichbar mit der Hamburger Regelung. Davon geht also keine Gefährdung der Gewerbefreiheit aus. Der Grund, weshalb wir diese neuerliche Gesetzesänderung dringend benötigen, liegt in der Entwicklung der Anzahl von Glücksspielautomaten und der davon ausgehenden Spielsuchtgefährdung. Das ist auch deutlich geworden in der Begründung für das Gesetz, was Sie auch nachlesen können.
Der Steuergesetzgeber macht in diesem Fall explizit von seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit Gebrauch, die sich neben der finanzpolitischen Zielstellung, die nicht zu unterschätzen ist, daneben auf die ordnungspolitischen Ziele konzentriert. Dabei sind wir uns durchaus der Effekte bewusst, die dieses Gesetz auslösen kann. Es ist nun mal ein Fakt, dass die Automaten in den genehmigten Spielhallen einen sehr viel größeren Umsatz haben als es Automaten in sonstigen gewerblichen Einrichtungen wie Gaststätten, kleinen Bistros, kleinen Tabakläden und Kinos und ähnlich öffentlich zugänglichen Einrichtungen haben. Es ist aber auch beabsichtigt, dass der Betrieb solcher, gerade solcher Automaten in diesen sonstigen Einrichtungen erschwert werden soll, um Spielsüchtigen den Zugang zu erschweren und vor allem, um dem Jugendschutz besser gerecht werden zu können. Gerade das Betreiben der Glücksspielautomaten in kleinen und kleinsten Gaststätten erweist sich in dieser Hinsicht als besonders problematisch. Zum Beispiel haben wir die Tendenz zu beobachten, wonach in vorhandenen Gaststätten die Räumlichkeiten geteilt wurden und unter Ausnutzung der Genehmigungsfreiheit für das Betreiben einer Gaststätte ohne Alkoholausschank entstehen so quasi 2 Kneipen in einer mit der doppelten Anzahl von Glücksspielautomaten, die erlaubnisfrei zu betreiben sind. Von solcher Art Kleinstgaststätten, in denen der Gaststättenbetrieb untergeordnet, der Betrieb von Glücksspielautomaten aber auch noch unterstützt mit aggressiver Werbung im Vordergrund steht, geht tatsächlich eine Gefährdung für Suchtkranke und Jugendliche aus. Hier Abhilfe zu schaffen, ist das ordnungspolitische Ziel des Gesetzes.
Im Übrigen erheben wir nicht den Anspruch, mit diesem Gesetz alle negativen Effekte des Betreibens von Spielautomaten und Spielhallen beheben zu wollen. Dazu bedarf es neben der Besteuerung der Umsätze zweifellos weiterer Instrumente des Ordnungs- und Baurechts, aber auch des Glücksspielvertrages, der auf anderer Ebene in Verhandlung ist. Diese Aktivitäten wollen wir nicht konterkarieren, sondern unterstützen und fangen mit der Besteuerung der Glücksspielautomaten in Berlin durch Heben der Vergnügungsteuer an. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Hämmerling! Sie fragen uns, was wir wollen. Darauf antworte ich ganz klar: Wir wollen Schaden vom Land Berlin abwenden,
der zweifellos einträte, wenn dass umgesetzt würde, was Sie in Ihren Anträgen hier verlangen, nämlich die Kündigung des Vertrages, die Zerschlagung der S-Bahn sowie die Zerschlagung der BVG. Das wollen Sie, das wollen wir nicht. Wir wollen Schaden von diesem Land abwenden und den Nahverkehr retten.
Zur Ehrlichkeit gehört auch die Feststellung, dass die Grünen den damaligen S-Bahnvertrag im Übrigen nicht deswegen abgelehnt haben, weil er so schlecht war, sondern weil es die rot-rote Regierung gewagt hat, die finanziellen Mittel zu kürzen. Sie haben damals gesagt, was für ein Unfug das sei; es müsse noch mehr Geld investiert werden. Deswegen haben Sie den Vertrag damals abgelehnt. An der Stelle sollten Sie einmal ehrlich sein.
Ich möchte den Börsengang der Bahn als dritten Punkt ansprechen.
Nein, es ist so laut, dass ich nicht noch eine Zwischenfrage zulassen kann. – Die dritte Bemerkung in Richtung Grüne lautet: Ich kann mich erinnern, dass es eine Zeit einer rot-grünen Bundesregierung gab. Daran können Sie sich schon gar nicht mehr erinnern. Was wollen Sie denn wieder in der Regierung, wenn Sie sich schon nicht einmal mehr an Ihre letzte erinnern können? Ich kann mich aber nicht erinnern, dass die Grünen große Aktivitäten entfaltet hätten, um den Börsengang der Bahn von vornherein auszuschließen. Nun können Sie nicht behaupten, dass wir das nicht getan hätten. Wir haben von Anfang an gesagt, dass der Börsengang zu verurteilen und deswegen auch nicht anzustreben ist.
Die Berliner S-Bahn gehört zweifellos zur Daseinsvorsorge. Deswegen gehört sie auch in kommunale Verantwortung. Wir hatten gerade vorhin eine Debatte, wie wichtig die Daseinsvorsorge ist und wie wichtig es ist, sie in kommunaler Steuerung zu halten. Dann spare ich mir diesen ganzen Abschnitt meiner Rede.
Der Nahverkehr ist immanent wichtig. Deswegen muss er auch den regionalen und kommunalen Belangen unterstellt werden. Dabei hilft es manchmal, wenn man schaut, was andere tun. Es ist naheliegend zu schauen, was Bremen tut. Bremen macht eine Direktvergabe des Nahverkehrs. Was macht denn Hamburg? – Hamburg macht eine Direktvergabe des S-Bahnverkehrs. Aber weder in Bremen noch in Hamburg haben die Grünen in der Regierung etwas zu sagen. Hier erzählen Sie uns aber immer wieder, dass wir unbedingt Wettbewerb brauchen.
Die Frage ist doch, wer es besser kann. Das ist eine rhetorische Frage. Wenn man sie auseinanderdividiert, muss man erstens fragen, wer die Verantwortung trägt. Selbst bei einem Dienstleistungsvertrag, wie wir ihn jetzt mit der S-Bahn haben, trägt diese Koalition, diese Landesregierung die Verantwortung. Darum kann man nicht herumreden. Wir wollen es auch gar nicht. Wer trägt nun also die Verantwortung? – Wir sind es. Wer finanziert aber? – Es finanziert erstens der Steuerzahler und zweitens der Fahrgast. Wenn es aber der Steuerzahler finanziert, sollte er doch wenigstens – damit sind wir bei dem dritten Aspekt – mit steuern. Wer kann es sonst besser? Das ist genau der Punkt. Könnte es ein privates Unternehmen so steuern,
wie es eine kommunale Verantwortung tun würde? – Nein, das würde es nicht.
Dann schauen wir doch einmal, was wir für Akteure in Ihrem wohlgelobten Wettbewerbsgeschehen haben. Im Eisenbahnbereich gibt es in der Bundesrepublik relativ wenig Akteure, die dann angeblich als die Privaten alles besser könnten. Der größte Akteur ist natürlich die DB AG. Es ist kein privater Akteur, sondern immer noch ein öffentliches Unternehmen im Besitz des Bundes. Dann haben wir zwei französische Unternehmen, die heißen Veolia und Keolis. Seltsamerweise sind es beide französische Staatsunternehmen. Dann haben wir einen dritten Akteur, Abellio. Wem gehört Abellio? – Abellio gehört der niederländischen Staatsbahn. Dann haben wir noch so etwas Schönes wie Arriva. Arriva gehörte einmal der DB AG; die mussten jetzt verkaufen. Wer kauft Arriva? – Es sind die französischen Staatsunternehmen. Dann haben wir noch ein etwas atypisches Unternehmen; es heißt BeNEX. Das ist eine Tochter der Hamburger Hochbahn, zur Hälfte, die andere Hälfte gehört – oh weh, oh Schreck – einer Heuschrecke. Es ist wie das Modell Wasserbetriebe in Berlin. BeNEX tritt durch das Betreiben von Lohndumping in dem so gelobten Wettbewerbsgeschehen auf.
Wir haben überhaupt nicht das, was Sie immer vorgaukeln, einen tatsächlichen Markt, einen Angebotsmarkt von ganz vielen Anbietern, die scharf darauf sind, den öffentlichen Nahverkehr zu betreiben. Es gibt hier ein relativ festgezurrtes Oligopol, wenige Anbieter, die alle, bis auf BeNEX, im Staatsbesitz sind. Ich frage Sie, was daran besser sein soll als tatsächlich ein öffentliches Monopolunternehmen, das auch öffentlich betrieben wird. Wenn wir das aus der Hand an andere öffentliche Staatsunternehmen gäben, hätten wir doch erst recht keine kommunale Steuerung. Deswegen stelle ich unter dem Strich fest, dass dieser Wettbewerb überhaupt nicht funktioniert.
Wir haben schon ein bisschen Erfahrung, wie angeblich erfolgreiche Wettbewerbsverfahren im Eisenbahnbereich gelaufen sind. Wir haben in jedem dieser Verfahren einzeln nachweisen können, dass es nur durch Lohndumping und durch Beschäftigungsqualitätsdumping funktioniert.
Es funktioniert auch, das gebe ich gerne zu, durch die Anschaffung besserer Fahrzeuge. Fahrzeuge haben aber nun einmal eine bestimmte Lebensdauer. Wenn die ausgelaufen ist und ein Anbieter, egal wie er heißt, neue Fahrzeuge beschaffen muss, hat man neue Fahrzeuge. Das ist richtig. Das ist aber kein Wettbewerbsergebnis, sondern ist das einfache Ergebnis einer technischen Verschlissenheit eines Fahrzeuges, das man irgendwann einmal ersetzen muss. Wir haben mehr negative Erfahrungen. Die reichen bis dahin, dass manche Kommunen sogar versuchen, ihr ursprünglich einmal privatisiertes Verkehrsunternehmen inzwischen wieder zurückzukaufen. Die Kieler Verkehrs AG hat das beispielsweise getan. Es ist kein
Eisenbahnunternehmen. Es ist ein typischer Fall von Rekommunalisierung.
Wir haben also vor, tatsächlich auf dem Weg weiter voranzuschreiten, den kommunalen Einfluss auf die S-Bahn auszubauen. Der Senat hatte im Januar gesagt, es gäbe drei Optionen. Wir haben als Linke gesagt, dass wir die Übernahme der S-Bahn gern hätten, dass die Betriebsübernahme durch die BVG durchaus realistische Option ist, daran muss man arbeiten. Die Ausschreibung eines Teilnetzes haben wir immer sehr skeptisch gesehen und sind froh, dass sich die SPD dieser Meinung inzwischen angeschlossen hat.