Protocol of the Session on September 11, 2008

Ich begrüße Sie, unsere Zuhörer sowie die Medienvertreter zu unserer ersten Sitzung nach der parlamentarischen Sommerpause.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, will ich an den 11. September 2001 erinnern. – Am 11. September 2001 – heute vor sieben Jahren – ereignete sich eine Tragödie von bis dahin undenkbarem Ausmaß. Tausende unschuldiger Menschen fielen einem grausamen Terroranschlag zum Opfer. Wir gedenken heute der Opfer, die unter den Trümmern des World Trade Centers ihr Leben verloren und der anderen Opfer der Anschläge an diesem Tag.

Dieser Terrorakt vor sieben Jahren hat nicht nur die USA, sondern die ganze Welt verändert. Wenige Tage nach dem Anschlag auf Demokratie und Freiheit kamen in Berlin über 200 000 Menschen vor dem Brandenburger Tor zusammen, um ihre Solidarität mit den Vereinigten Staaten, aber auch ihr Mitgefühl gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen zum Ausdruck zu bringen. Dieser grausame Anschlag war ein Anschlag auf die gesamte zivilisierte Welt. Es war ein Anschlag auf die Werte und Überzeugungen, die uns Deutsche mit den freiheitlich und friedlich denkenden Menschen in aller Welt verbinden: Freiheit, Toleranz und Menschlichkeit.

Der globale Terrorismus stellt eine permanente Bedrohung dar. Dass die Terroristen diese Anschläge unbemerkt vorbereiten und durchführen konnten, hat die freiheitlich denkende Welt bis ins Mark erschüttert. Angesichts dieser Bedrohung sind viele Menschen bereit, Abstriche an ihren Freiheits- und Bürgerrechten zuzulassen. Die Angst der Bürgerinnen und Bürger vor dem Hass und der Verblendung islamischer und anderer Terroristen müssen wir ernst nehmen. Gerade der freiheitliche und demokratische Staat muss abwehrbereit sein und trotzdem die Bürgerrechte wahren.

Wenn wir heute zu Beginn unserer Sitzung kurz innehalten, um der Opfer des 11. September 2001 zu gedenken, dann bekräftigen wir gleichzeitig unseren festen Willen zur Wahrung des Friedens, zur Verteidigung unserer freiheitlichen Grundordnung, aber auch zum bewaffneten Kampf gegen den internationalen Terrorismus wo es nötig ist. Der Kampf gegen den Terrorismus heißt aber auch und vor allem Kampf gegen Hunger und Armut, Kampf für bessere Bildung und bessere Gesundheit für alle Menschen auf der ganzen Welt. Das ist die beste Vorsorge gegen Terrorismus.

Ich bitte Sie nun, sich von den Plätzen zu erheben und mit mir gemeinsam der Opfer in einer Schweigeminute zu gedenken.

[Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.]

Meine Damen und Herren! Sie haben sich zum Gedenken an die Opfer des Terrorismus erhoben. – Ich danke Ihnen!

Die Fraktion der CDU hat mir einen Brief geschrieben: Neuwahl des Fraktionsvorsitzenden. Ich verlese den Brief:

Sehr geehrter Herr Präsident! Hiermit zeige ich Ihnen an, dass heute die Fraktionsversammlung der CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin Herrn Dr. Friedbert Pflüger von der Position des Fraktionsvorsitzenden abberufen hat. In der gleichen Sitzung wurde Herr Frank Henkel zum Fraktionsvorsitzenden gewählt.

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Goetze, parlamentarischer Geschäftsführer.

Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege Henkel! Alles Gute, gute Zusammenarbeit und eine glückliche Hand zum Wohle Berlins!

[Allgemeiner Beifall]

Ich möchte die Gelegenheit nehmen, Herrn Dr. Pflüger für die in seiner Eigenschaft als Fraktionsvorsitzender für Berlin geleistete Arbeit im Namen des Hauses herzlich zu danken. – Alles Gute, Herr Dr. Pflüger!

[Allgemeiner Beifall]

Dann möchte ich die Besuchergruppen, die wir heute so zahlreich haben, begrüßen, zum Ersten den Vorstand des Marzahn-Hellersdorfer Wirtschaftskreises, angeführt von dessen Vorsitzenden Herrn Uwe Heß. – Herzlich willkommen im Berliner Abgeordnetenhaus! Ich hoffe, Sie bekommen gute Anregungen für Ihre Arbeit in unseren Diskussionen.

[Beifall]

Gestern und heute haben wir das Seminar der Jungen Presse Berlin und der Friedrich-Ebert-Stiftung im Hause zum Thema „Medien, Macht und Politik“, also eine Gruppe von jungen Leuten, die auch – dafür danke ich besonders – durch die Pressesprecher Herrn Tiedemann und Herrn Metter sowie einigen Journalisten und dem Abgeordneten Kohlmeier in besonderer Weise betreut werden. Sie werden heute filmen und Sie womöglich auch interviewen. Das wird dann im Offenen Kanal gezeigt werden. Das ist ein gutes Beispiel für gute Öffentlichkeitsarbeit, gerade mit jungen Leuten. – Herzlich willkommen im Abgeordnetenhaus!

[Beifall]

Dann komme ich zum Geschäftlichen. Als Erstes die Erledigungserklärung von Anträgen. Der Antrag der Fraktion der CDU über „Gegen die Zerstörung des Zuschauerraums zur Staatsoper Unter den Linden“ Drucksache 16/1497 sowie der Antrag der Fraktion der Grünen über „Staatsopernsaal funktionsgerecht sanieren“ Drucksache 16/1569 wurden an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten überwiesen und werden nunmehr durch die antragstellenden Fraktionen für erledigt erklärt. – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Am Montag sind folgende vier Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

1. Antrag der Linksfraktion und der Fraktion der SPD zum Thema: „Zukunftsorientiert, flexibel, innovativ: Berliner Schulen erfolgreich ins neue Schuljahr gestartet“,

2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Wirtschaftsstandort Berlin trägt leider die rote Laterne: laut Studie unattraktiv, höchste Arbeitslosenquote bundesweit, Investoren werden verprellt. Und dank Rot-Rot ist kein Aufbruch in Sicht!“,

3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Senat zerlegt sich über den Haushaltskurs – und Wowereit taucht ab“,

4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Mediaspree: Tausende von Arbeitsplätzen für die Hauptstadt haben Vorrang vor investorenfeindlicher Kiez-Idylle“.

Zur Begründung der Aktualität rufe ich Herrn Zillich für die Linksfraktion auf. – Herr Zillich, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe die Aktualität des Themas, das die Koalition beantragt hat. Das neue Schuljahr ist gut anderthalb Wochen alt. Es ist für knapp 325 000 Schülerinnen und Schüler, darunter für knapp 25 000 Schulanfängerinnen und Schulanfänger, für deren Erziehungsberechtigte, für fast 30 000 Lehrerinnen und Lehrer und für viele, viele andere mit einem Neustart und mit vielen Erwartungen verbunden.

Der Beginn des Schuljahrs ist erfahrungsgemäß von einem sehr großen öffentlichen Interesse. Deswegen halte ich es für notwendig, dass wir hier in der ersten Sitzung nach der Sommerpause darüber reden.

Es ist nicht nur deswegen nicht aktuell, weil der Start ins neue Schuljahr dieses Mal gerade nicht mit Problemen und mit großer Aufregung und Empörung verbunden ist, sondern mit Blumensträußen für den Senator, wie wir erfahren haben.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Der Beginn dieses Schuljahrs hat sich mit deutlich weniger Aufregung und Problemen als in den Vorjahren vollzogen. Dafür wurden Grundlagen gelegt, auf die wir den Blick richten wollen. Das alles war kein Zufall, sondern das Ergebnis richtiger Entscheidungen, die wir getroffen haben: frühzeitigere Vorbereitung, rechtzeitige Einstellung neuer Lehrkräfte, neue Kriterien bei der Zumessung des Personals, Lehrerfeuerwehr für die Vertretung von Unterricht. Insgesamt 816 Lehrerinnen und Lehrer wurden neu eingestellt, und insgesamt hat sich die Personalausstattung für die Schulen im Umfang von 326 zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrern verbessert.

Das ist das Ergebnis richtiger Entscheidungen und guter Arbeit, für die Senator Zöllner die Verantwortung trägt, und wer das als selbstverständlich und nicht der Rede wert abtut, der hat ein allzu kurzes Gedächtnis.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Und wer hier immer wieder davon gesprochen hat, dass der Schulstart ein Lackmustest sei – zu Recht hat er das getan –, der muss nun auch das Testergebnis zur Kenntnis nehmen, und darum sollten wir auch aktuell darüber reden.

Natürlich sind dadurch bei weitem nicht alle Probleme in der Schule gelöst. Aber die Lösungen werden einfacher, wenn der Start ins Schuljahr klappt.

Es gibt eine weitere wichtige Veränderung in diesem Schuljahr, auf die ich hinweisen will: Wir haben mit der Einführung des Starterpakets für Schulanfänger und mit der Subventionierung des Essens an gebundenen Ganztagsschulen mit diesem Schuljahr die Chancen für diejenigen Kinder deutlich verbessert, die aus schwierigeren sozialen Verhältnissen kommen. Wir hätten uns das früher gewünscht, das ist richtig, aber es ist eine richtige Entscheidung und ein wichtiger Schritt für die Berliner Schule.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Die vielleicht wichtigste inhaltliche Veränderung in diesem Schuljahr ist: 17 Schulen in 11 Projekten starten als Pilotschulen für zukünftige Gemeinschaftsschulen. Das sind Schulen, die sich freiwillig und mit großem Engagement auf den Weg machen, die Qualität an ihrer Schule grundlegend zu verbessern. Wir sollten auch deswegen aktuell hier darüber sprechen, weil sie Unterstützung brauchen, und wenn jetzt eine Debatte über das Berliner Schulsystem entbrannt ist, dann sollten wir hier darüber reden, wie wir zu den Schulen stehen, die wir als Piloten für eine Veränderung der Berliner Schule insgesamt auf den Weg geschickt haben.

In den startenden Gemeinschaftsschulen wird ein Modell von Schule praktiziert werden, in dem es um das individuelle Lernen der Kinder und Jugendlichen geht – und das deshalb für bessere Qualität steht –, und es wird eine Schule praktiziert werden, die ohne Selektion auskommt. Wir als Linke – aber bei weitem nicht nur wir – sind der festen Überzeugung, dass das genau diejenigen Veränderungen sind, die die Berliner Schule insgesamt braucht.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Das erfordert grundlegende Veränderungen. Die Abschaffung der Hauptschule, wie angekündigt, ist gut. Aber das wird dafür nicht ausreichen. Die grundlegenden Veränderungen müssen sicherlich schrittweise erfolgen, aber eine solche Debatte über grundlegende Veränderungen erfordert Mut, und wir sollten in der Debatte wenigstens so viel Mut aufbringen wie die Schulen, die jetzt als Pilotschulen zur Gemeinschaftsschule starten.

Ich bin der Auffassung, dass das ein sehr dringendes Thema ist und wir uns genau darüber unterhalten sollten, denn es geht, gerade auch mit dem Start des neuen Schuljahrs, um die Zukunft der Berliner Schule. Das ist ein sehr aktuelles Thema. Aber ich weiß, dass es in diesem Haus auch andere Vorstellungen über die Aktualität von Themen gibt. Es ist eine gute Tradition, dass es darüber eine Verständigung über die Fraktionsgrenzen hinaus gibt. Deswegen werden wir dem Thema Mediaspree unsere Zustimmung geben. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Danke schön, Herr Kollege Zillich! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Kollege Dietmann zur Begründung der Aktualität das Wort. – Bitte schön, Herr Dietmann!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Monaten haben uns immer wieder Studien über die wirtschaftliche Entwicklung Berlins ereilt, die alarmierend sind und die die gesamte Inkompetenz in Sachen rot-roter Wirtschaftspolitik belegen. Die jüngste Studie der Initiative „Neue soziale Marktwirtschaft“ sieht Berlin im Städtevergleich wie im Vorjahr im Niveau, aber auch in der dynamischen Entwicklung auf Platz 50 – von 50 Städten, die verglichen wurden.

Wir möchten in der heutigen Aktuellen Stunde daher über dieses wichtige Thema, nämlich die wirtschaftliche Entwicklung Berlins reden, denn eine gute Wirtschaftspolitik würde den Rahmen dafür schaffen, neue Arbeitsplätze in Berlin entstehen zu lassen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Volker Thiel (FDP)]

Wir haben daher einen Antrag mit folgendem Titel eingebracht: „Wirtschaftsstandort Berlin trägt leider die rote Laterne: Laut Studie unattraktiv, höchste Arbeitslosenquote bundesweit, Investoren werden verprellt. Und dank Rot-Rot ist kein Aufbruch in Sicht!“

Die besagte Studie sieht Berlin wirtschaftlich unattraktiver als „Weltstädte“ wie Münster, Herne oder Gelsenkirchen. Und was sagt der Wirtschaftssenator Wolf dazu? – Er bezeichnet die Studie als unfair, sagt, Regionen wie Berlin hätten ihre Widersprüche oder je nach Studie ergäben sich verschiedene Bilder. Diese hier sei einseitig. – Aha, Herr Wirtschaftssenator! Wir haben also keine Probleme. Ich finde das realitätsfremd und zynisch.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Volker Thiel (FDP)]