Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, bitte ich Sie, sich von den Plätzen zu erheben, um eine traurige Pflicht zu erfüllen!
Am 25. Februar 2008 ist der frühere Abgeordnete KarlHeinz Städing im Alter von 79 Jahren in Berlin verstorben. Mit Karl-Heinz Städing verliert Berlin einen engagierten Politiker und Sportfunktionär, der über 34 Jahre in der Kommunal- und Landespolitik tätig war.
Karl-Heinz Städing wurde 1928 in Berlin geboren. Nach seiner Schulausbildung begann er eine Lehre als Bäcker, die er 1949 mit der Gesellenprüfung abschloss. Anfang der 50er Jahre wechselte er vom Bäckerhandwerk in den öffentlichen Dienst. In der Berliner Verwaltung absolvierter er eine Verwaltungslehre und schlug die Beamtenlaufbahn ein. Fortan war er im Bezirksamt Charlottenburg in der Abteilung Finanzen tätig. 1964 trat Karl-Heinz Städing der SPD bei und engagierte sich vor allem in der Kommunalpolitik in Reinickendorf. 1970 wurde er Abeilungsvorsitzender seiner Partei im Märkischen Viertel. Nach langjähriger Unterbrechung übte er diese Funktion nochmals von 1996 bis 2004 aus. Karl-Heinz Städing wurde im Jahr 1975 zum Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin gewählt, dem er bis 1985 ngehörte. a In den zehn Jahren seiner Abgeordnetenhaustätigkeit arbeitete er in verschiedenen Ausschüssen. Als sportpolitischer Sprecher der SDP-Fraktion und Mitglied des Ausschusses für Sport setzte er sich auf der politischen Ebene vor allen Dingen aktiv für die Belange des Sports in Berlin ein.
Überhaupt war Karl-Heinz Städing ein sportbegeisterter Mensch. Einen sehr großen Teil seiner Freizeit widmete er dem Fußball – erst als aktiver Fußballer, dann als Schiedsrichter. Er war langjähriger Vereinsvorsitzender bei MSV Normannia 08. Gemeinsam mit seiner Frau hat der Vater dreier Kinder 18 Jahre lang Fußballmannschaften betreut und geschult. Er engagierte sich im Berliner Fußballverband und war dort lange Zeit im Finanz- und Wirtschaftsausschuss tätig.
Der Sozialdemokrat Karl-Heinz Städing wird uns mit seiner volkstümlichen, aufrechten und offensiven Haltung stets als ein Vorbild für engagierte Sportpolitik in unserer Stadt in guter Erinnerung bleiben. Wir gedenken KarlHeinz Städing mit Hochachtung.
Meine Damen und Herren! Nun habe ich die Freude, Frau Bruni Wildenhein-Lauterbach von der SPD-Fraktion zu ihrem heutigen Geburtstag zu gratulieren. – Herzlichen
Dann komme ich zum Geschäftlichen. Die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen über „Kinder in den Mittelpunkt! – Wie kinderfreundlich ist Berlin?“ Drucksache 16/0579 und die schriftliche Antwort des Senats auf Drucksache 16/1221 werden auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Befassung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie überwiesen.
Der Antrag der Fraktion der FDP über „Entbürokratisierung leicht gemacht: Rechtsverordnungen mit Verfallsdatum versehen und abbauen“ auf Drucksache 16/1109 wurde in der 24. Sitzung am 14. Februar 2008 an den Ausschuss für Verwaltungsreform, Kommunikations- und Informationstechnik überwiesen. Nunmehr ist die zusätzliche Überweisung an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung gewünscht. Die Federführung erhält der Verwaltungsreformausschuss.
Am Montag, 25. Februar 2008, ist folgender Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen: Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Linksfraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP zum Thema: „Berlin stimmt ab – Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof“. Die Aktuelle Stunde führen wir durch.
Dann möchte ich wieder auf die Ihnen vorliegende Konsensliste sowie auf das Verzeichnis der Dringlichkeiten hinweisen. Ich gehe davon aus, dass allen eingegangenen Vorgängen die dringliche Behandlung zugebilligt wird. Sollte dies im Einzelfall nicht Ihre Zustimmung finden, bitte ich um entsprechende Mitteilung.
Für die heutige Sitzung lagen dem Ältestenrat folgende Entschuldigungen von Senatsmitgliedern vor: Senator Dr. Körting wird bis ca. 13.45 Uhr abwesend sein. Grund ist die Tagung des Rates der Europäischen Union in Brüssel. Frau Senatorin Lompscher bittet um Entschuldigung für ihre Abwesenheit, da sie erkrankt ist. – Von hier aus, Frau Senatorin Lompscher – und das sicherlich im Namen des ganzen Hauses –: gute Besserung!
Es gibt noch einen Nachtrag zur letzten Sitzung. Herr Kollege Mario Czaja von der Fraktion der CDU hat auf den Redebeitrag eines Kollegen mit dem Zwischenruf reagiert: „Sie haben wohl heute Ihre Medikamente nicht genommen.“
Das ist nicht zum Lachen, das hat eindeutig beleidigenden Charakter. Das ist unparlamentarisch, und deswegen, Herr Kollege Czaja, rufe ich Sie zur Ordnung.
Bevor ich die erste Frage aufrufe, schlage ich Ihnen vor, dass die Fragen 5 und 9 der Abgeordneten Klaus-Peter von Lüdeke und Andreas Otto zum Thema „Spreedreieck“ zusammen aufgerufen werden. – Widerspruch höre ich hierzu nicht, dann verfahren wir so.
Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage hat Herr Kollege Sven Kohlmeier von der Fraktion der SPD zum Thema
2. Welche Schritte hat die Senatsverwaltung für Justiz unternommen, um die Situation im Jugendstrafvollzug zu verbessern?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kohlmeier! Die Belegungssituation in der Jugendstrafanstalt Berlin hat sich deutlich entspannt. Die geschlossenen Bereiche der Anstalt waren – wie Sie es den aktuellen Mittwochszahlen entnehmen konnten – mit 492 Inhaftierten zu 99 Prozent belegt. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies eine sehr erfreuliche Entwicklung. Ich erinnere daran, dass die geschlossenen Bereiche der Anstalt vor genau einem Jahr mit 595 Inhaftierten zu 128 Prozent belegt waren. Diese erhebliche Überbelegung hatte sich im Verlauf des letzten Jahres noch weiter verschärft. Ich bin deshalb ausgesprochen zufrieden, dass die von mir eingeleiteten Maßnahmen jetzt greifen und zu der deutlichen Entspannung geführt haben.
Das der Jugendstrafanstalt Berlin zur Verfügung gestellte neue Hafthaus der JVA Plötzensee und die damit in Verbindung stehende Umstrukturierung am Standort Friedrich-Olbricht-Damm hat zur Schaffung weiterer Haftplätze geführt. Die Belegungsfähigkeit der geschlossenen Bereiche der JVA konnte von 468 Haftplätzen im letzten Jahr auf 502 Plätze erhöht werden.
Gleichzeitig sind die Verhandlungen über eine Vollzugsgemeinschaft mit dem Land Brandenburg auf einem sehr guten Weg. Im Vorgriff auf die noch abzuschließende Verwaltungsvereinbarung war es möglich, seit Anfang Januar dieses Jahres 24 Jugendstrafgefangene aus der Jugendstrafanstalt Berlin in die Justizvollzugsanstalt Wriezen zu verlegen.
Wir werden weiter daran arbeiten, die Belegungssituation zu verbessern. Die Schaffung neuer Haftplätze und die Entspannung der Belegungssituation ist aber nur eine Voraussetzung für einen erfolgreichen Jugendvollzug, der dem Erziehungsgedanken verpflichtet ist. Durch die Schaffung des Berliner Jugendstrafvollzuggesetzes haben wir neue effektive Regelungen getroffen, die das Ziel der Resozialisierung noch besser ausgestalten. Für den Berliner Jugendstrafvollzug haben wir zusätzliche Sachmittel und zusätzliche Stellen für Fachpersonal bereitgestellt, um eine erfolgreiche Umsetzung dieses Konzeptes zu gewährleisten. Das Ausschreibungsverfahren für diese Stellen läuft. Dies ist in Anbetracht der finanziellen Lage des Landes Berlin leider nicht selbstverständlich gewesen. Ich konnte mich aber erfolgreich für eine Erhöhung der finanziellen Mittel einsetzen, da ein guter Jugendstrafvollzug eine angemessene Ausstattung erfordert.
Durch die Erhöhung der Zuwendungsmittel für freie Träger – das sind allein 400 000 € für die Jugendstrafanstalt in Berlin in diesem Jahr – wird insbesondere der vollzugliche Bildungssektor gestärkt werden. Die Haftzeit im Jugendvollzug soll vorwiegend dazu genutzt werden, die Defizite der Inhaftierten bezüglich der Grund- und Allgemeinbildung sowie im Bereich der Schlüsselkompetenzen abzubauen. Zugleich sind Eignungen und Fähigkeiten der Inhaftieren festzustellen, Bildungsmotivation aufzubauen und berufsbezogene Kompetenzen zu trainieren. Die Jugendstrafanstalt hat mit diesen Mitteln weitere Bildungsmaßnahmen konzeptioniert, die von freien Trägern durchgeführt werden. Zusätzlich zu den bereits bestehenden umfangreichen Bildungsmöglichkeiten richtet die Jugendstrafanstalt derzeit weitere Angebote ein, z. B. Grundbildungskurse zur Vermittlung elementarer Bildungsinhalte wie die Alphabetisierung. Es macht keinen Sinn, junge Menschen in Haupt- und Realschulkurse zu setzen, obwohl diese noch nicht einmal das Alphabet beherrschen. Diese jungen Menschen sind besonders rückfallgefährdet, denn jemand, der nicht lesen und schreiben kann, hat in dieser Gesellschaft so gut wie keine Chancen, ein ehrliches Leben zu führen. Deshalb ist es richtig und wichtig, diese Alphabetisierungskurse anzubieten. Wir tun dies als eines von wenigen Ländern.
Überdies konnten für den Förderzeitraum 2008 bis 2013 Fördergelder des europäischen Sozialfonds in Höhe von 900 000 € eingeworben werden, mit denen die Jugendstrafanstalt ein sogenanntes vollzugliches Übergangsmanagement schaffen wird. Die wesentlichen Meilensteine sind der Aufbau eines Netzwerkes für eine regelmäßige Kooperation des Justizvollzuges mit relevanten Akteuren des Außensektors, die Einrichtung von Kompetenzzentren
für die einzelfallbezogene Integrationsplanung der Inhaftierten, die zielgerichtete Qualifizierung des Vollzugspersonals sowie die Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen für die Inhaftierten. Diese Bilanz – nur zwei Monate nach Inkrafttreten des neuen Jugendstrafvollzuggesetzes – kann sich wirklich sehen lassen.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang noch einige Worte zum Jugendarrestvollzug. In der vergangenen Woche haben Mitglieder der Opposition gemeint verkünden zu müssen, ich kümmerte mich nicht um den Jugendarrestvollzug und sei gegen einen Ausbau der Kapazitäten.
Lieber Herr Abgeordneter Behrendt! Warum skandalisieren Sie diesen wichtigen Themenkomplex, wie im Übrigen sogar die „taz“ es am Wochenende so einschätzte? Warum greifen gerade Sie in die Trickkiste von Roland Koch, um Schlagzeilen zu produzieren? – Ich habe, ehrlich gesagt, anderes von Ihnen erwartet. Sie sagen, Sie seien so überrascht von den Zahlen. Sie waren aber doch in den letzten Tagen in der Jugendarrestanstalt und haben sich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mitteilen lassen, vor welchen konkreten Herausforderungen wir stehen. Zu Ihnen, Herr Abgeordneter Rissmann, kann ich nur sagen, dass Sie – Angaben meiner Mitarbeiter zufolge – nicht in der Jugendarrestanstalt gewesen sind. Wer sich nicht persönlich ein Bild an Ort und Stelle gemacht hat, sollte sich nicht gleich als Lehrmeister aufspielen.
Warum war die Jugendarrestanstalt Berlin überbelegt? – Weil mehr Jugendarrest zu vollstrecken war als je zuvor.
[Mario Czaja (CDU): Die Mündliche Anfrage war doch von Herrn Kohlmeier und nicht von Herrn Rissmann!]
Das ist richtig, aber ich dachte, das könnte Sie interessieren. Ansonsten hätte Herr Kollege Rissmann eine so große Anfrage bzw. Presseerklärung gar nicht gemacht.
Im Jahr 2004 wurden gerade einmal 10 778 Arresttage vollstreckt. Im Jahr 2006 waren es 12 147, letztes Jahr – und das ist die entscheidende Zahl – waren es 14 760 Tage. Das bedeutet allein im letzten Jahr eine Steigerung um 20 Prozent. Im letzten Jahr wurden viel mehr Arresttage verhängt, und wir reagieren auf diese Situation. Wir haben diese Situation im Herbst des letzten Jahres umgehend mit der Leitung der Jugendarrestanstalt besprochen. Wir haben Maßnahmen erörtert, die kurz-, mittel- und langfristig greifen werden. Hierzu gehört nicht nur die Frage, unter welchen Bedingungen die Hafträume in der Arrestanstalt stärker belegt werden können. Hier ist auch