Michael Schäfer
Appearances
16/4
16/5
16/6
16/7
16/9
16/10
16/11
16/12
16/13
16/15
16/17
16/20
16/21
16/23
16/25
16/26
16/27
16/28
16/29
16/31
16/32
16/33
16/34
16/35
16/36
16/37
16/39
16/40
16/41
16/42
16/43
16/44
16/45
16/46
16/47
16/48
16/49
16/51
16/52
16/53
16/54
16/56
16/57
16/59
16/60
16/61
16/63
16/64
16/65
16/66
16/67
16/68
16/69
16/70
16/72
16/73
16/74
16/75
16/76
16/77
16/78
16/79
16/80
16/83
16/84
Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die schwarzgelbe Laufzeitverlängerung für die Atomkraftwerke in Deutschland ist tot.
Fast die Hälfte der AKWs ist schon jetzt abgeschaltet. Das ist ein Triumph für die deutsche Anti-Atombewegung und für die Parteien, die sich teilweise schon seit Jahrzehnten für den Atomausstieg einsetzen.
Nur sie haben auch eine schwarz-gelbe Bundesregierung dazu gezwungen, ganz anders auf Fukushima zu reagieren als viele andere Länder in der Welt.
Aber wie der Atomausstieg genau aussieht, das wird in diesem Monat entschieden, und deshalb müssen wir hier darüber sprechen, wie wir dieses Gesetzespaket bewerten, welche Rolle der Senat in den Verhandlungen spielen soll und welchen Beitrag auch Berlin zum Atomausstieg leisten kann.
Zur Bewertung des Gesetzespakets: Der Gesetzentwurf fürs Atomgesetz ist im Wesentlichen ist der rot-grüne Kompromiss, nur ohne Rechtssicherheit.
Es ist ganz klar: Wir brauchen da noch mal eine Debatte über kürzere Laufzeiten und mehr Rechtssicherheit. Da sollte der Schwerpunkt in den Verhandlungen jetzt liegen.
Die Sicherheitsfrage hat die Bundesregierung nicht gelöst. Das kerntechnische Regelwerk bleibt unverbindlich. Für uns ist klar: Neben der Laufzeit nach dem Atomgesetz
muss das zweite Kriterium für jedes einzelne AKW sein, ob es den modernsten Sicherheitsstandards entspricht, die wir haben.
Auch bei der Atommüll-Endlagerung muss nachgebessert werden. Wir brauchen ein Endlagersuchgesetz statt einer Vorfestlegung auf den denkbar ungeeigneten Standort Gorleben.
Die Kaltreserve, die die Stimme der Unvernunft hier eingeführt hat, muss weg.
Vor allem müssen wir den Umstieg in die erneuerbaren Energien beschleunigen. Untergegangen ist, dass das Ziel für die erneuerbaren Energien von der Bundesregierung nicht erhöht wurde, obwohl die Atomkraftwerke 14 Jahre kürzer laufen sollen, und stattdessen jetzt neue Kohle- und Gaskraftwerke mit bis zu 20 000 MW elektrischer Leistung gebaut werden sollen. Das ist inakzeptabel, auch wenn die SPD da schon Zustimmung signalisiert. Denn diese Klimakiller würden 40 Jahre laufen. Wir können unsere Klimapolitik in die Tonne treten, wenn das kommt.
Deshalb ist ganz klar: Das ist kein Energiekonsens, wenn Atom nur durch Kohle ersetzt werden soll, sondern eine Kampfansage, und die werden wir auch annehmen.
Das Gesetzgebungsverfahren, das jetzt ansteht, ist der erste Schritt. Wir fragen uns: Welche Rolle spielt da der rot-rote Senat? – Sie haben ein Positionspapier zum Energiegipfel gemacht. Das wird von der Senatskanzlei als geheime Verschlusssache behandelt. Aber mit Geheimverhandlungen muss jetzt Schluss sein. Das hatten wir bei den Laufzeitverlängerungen, das wollen wir nicht mehr.
Als Abgeordneter kann man sich das Papier ja bei anderen Landesregierungen besorgen, aber auch die Berliner Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf zu erfahren, mit welchen Schwerpunkten der Senat da verhandelt. Ich frage mich – das Interessante ist nämlich, was in dem Papier nicht drinsteht –: Wie steht dieser Senat zu neuen Kohlekraftwerken? – Nichts dazu steht in diesem Papier, nichts dazu hat Herr Wowereit gesagt. Da muss der Senat Farbe bekennen, auf welcher Seite er steht, auf der der Kohlelobby oder auf der von erneuerbaren Energien, effizienten Gaskraftwerken und Energieeinsparung?
Und dann geht es um Berlins Beitrag zum Atomausstieg. Wir importieren immer noch so viel Strom, wie ein mittleres AKW herstellt.
Unser Energieverbrauch ist in zehn Jahren Rot-Rot gleich geblieben. Bei den erneuerbaren Energien sind wir, seit
Wowereit das Thema Klimaschutz zur Chefsache gemacht hat, vom vorletzten auf den letzten Platz gerutscht. Und was der Senat auf Bundesebene fordert, das steht in krassem Widerspruch zu der Politik, die er selber im Land hier macht. Sie fordern eine Erhöhung der Sanierungsquote von 1 auf 2 Prozent und kommen von den 0,7 Prozent, die wir in Berlin haben, nicht weg und haben keine Maßnahmen, um das zu erhöhen. Sie fordern smarte Netze und haben eine schlechtere Netzentwicklung als andere Städte.
Sie fordern, dass die tiefe Geothermie gefördert wird von der Bundesregierung, und Sie selber machen eine Geothermiestudie, in der die tiefe Geothermie ausgespart ist.
Das ist Ihre Politik.
Die Wahl am 18. September wird darüber entscheiden, ob endlich auch in Berlin eine Energiewende in Gang kommt.
In den nächsten fünf Jahren können wir die erneuerbaren Energien in Berlin verfünffachen. Wir wollen hier ein intelligentes Kraftwerk bauen, das größer ist als jedes einzelne der konventionellen Kraftwerke. Und wir wollen ein weiteres Kraftwerk einfach einsparen, indem wir Energieeffizienz und Energieeinsparung durchsetzen – auch mit einem Klimaschutzgesetz, das Sie verhindert haben. Denn nur so können wir die neuen Energien auch zur neuen wirtschaftlichen Dynamik für Berlin beitragen lassen. Das ist unser Ziel, und deshalb appellieren wir an Sie: Lassen Sie uns dieses Gesetzespaket jetzt zum Thema der Aktuellen Stunde machen, und lassen Sie uns darüber reden, wie der Senat dazu steht, –
und was der Senat bereit ist zu tun, um die Energiewende voranzubringen! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Meyer! Ich empfehle Ihnen einen Vortrag, den ich neulich im Internet gesehen habe. Die Kernaussagen sind: Die Industrieländer müssen bis 2050 ihre Energieerzeugung ohne jeden CO2-Ausstoß hinbekommen. Die technische Revolution, die dafür notwendig ist, bekommt die Wirtschaft allein nicht hin. Staatliche Zielvorgaben, gesetzliche Leitplanken zur Lenkung von Märkten und öffentliche Forschungsförderung seien dafür unbedingt notwendig. Wer ist dieser Redner, der – um mit Ihren Worten zu sprechen – unter solch moralischer Selbsterhöhung leidet und behauptet zu wissen, welche Branchen wachsen müs
sen, offenbar planwirtschaftlich angehaucht ist und staatliche Leitplanken für Markte fordert und keine Ahnung von Wirtschaftspolitik hat? – Es ist Bill Gates. Er wird sehr, sehr traurig sein über dieses harte Urteil, dass er nach Aussage der FDP von Wirtschaftspolitik keine Ahnung hat. Aber es ist doch schön, dass man trotzdem mehrfacher Milliardär werden kann.
Kommen wir mal zum Kern Ihres Antrags! Die Wählerinnen und Wähler in Deutschland finden bestimmte Formen der Energieerzeugung und bestimmte Formen des Wirtschaftens besser als andere. Sie haben deshalb in Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und auch in Baden-Württemberg SPD und Grüne in die Regierung gewählt, weil sie wollen, dass der Staat den Unternehmen hier rechtliche Leitplanken setzt. Und das tun diese Landesregierungen jetzt. Sie nennen das Planwirtschaft und Bevormundungspolitik. Wir nennen das Demokratie.
SPD und Grüne lassen in Nordrhein-Westfalen die Kohlesubventionen auslaufen, die Sie weiter fleißig bezahlt haben in Ihrer Regierungszeit. Was ist die Konsequenz Ihres Antrags? Wollen Sie jetzt Zechen nach Berlin holen? – Grüne und SPD in Baden-Württemberg werden Phillipsburg I und Neckar-Westheim I endgültig stilllegen, egal was Ihre Bundesregierung beschließt. Wollen Sie die in Berlin wieder aufbauen, wenn die da abgebaut werden? – Ähnlich absurd wie diese Vorstellung ist die Vorstellung, Daimler oder Porsche würden Standorte von Baden-Württemberg nach Berlin verlegen. Das ist keine ernsthafte Politik, die Sie mit diesem Antrag machen. Die Standortentscheidungen in den heute dominierenden Industrien sind doch längst gefallen.
Die Chance Berlins liegt deshalb in den neuen Industrien, die sich jetzt entwickeln. Und da zitiere ich noch mal jemand anders:
In zehn Jahren hat die Green Economy mehr Bedeutung als die Automobilindustrie heute.
Eric Schweitzer, Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer.
Vier Fraktionen in diesem Abgeordnetenhaus sind sich deshalb einig, dass wir darum streiten müssen, dass wir uns auseinandersetzen müssen: Wie können wir die Entwicklung der Green Economy in Berlin besser unterstützen als bisher? Vier Fraktionen suchen da nach guten Lösungen. Aber Sie, Herr Meyer, sagen zu Green Economy im „Tagesspiegel“:
Fast alle Bundesländer haben längst ein etabliertes Umweltcluster.
Das ist jetzt keine Kritik von Ihnen am Senat, so ist das nicht gemeint. Sondern Sie fügen an:
Berlin wäre als Nachzügler in diesem Wettbewerb chancenlos. Deshalb sollten wir in Berlin diese Zukunftsbranchen kampflos aufgeben.
Das ist eine absurde Schlussfolgerung.
Damit treiben Sie doch Siemens, Bombardier, Inventux, Solon, Sulfurcell aus dieser Stadt raus. Das, was Sie machen, ist doch eine Deindustrialisierungspolitik in dieser Stadt.
Gottlieb Daimler hat das Automobil erfunden und hat damit einen Wirtschaftszweig in Baden-Württemberg gegründet. Hier in Berlin gibt es auch innovative Unternehmer, ohne sie auf eine Stufe stellen zu wollen. Aber zum Beispiel ist in einem Kreuzberger Hinterhof eine wesentliche Entwicklung bei der Solarindustrie entstanden, Wuseltronik hieß das Unternehmen. Aus dem sind Q-Cells und Solon hervorgegangen. Dass diese Ideen in Berlin auch Unternehmen werden, das muss doch das Ziel von Berliner Wirtschaftspolitik sein.
Und dass dieses Unternehmen Q-Cells von diesem Senat nach Sachsen-Anhalt vertrieben wurde, weil man hier nicht in der Lage war, irgendwie mit denen zu verhandeln, dass jetzt 700 Arbeitsplätze in Bitterfeld entstanden sind statt in Berlin, das müssten Sie doch angreifen. Aber Sie haben sich doch aus solider Wirtschaftspolitik längst verabschiedet.
Herr Meyer! Gezielte Ansiedlungspolitik für Green Economy, das lehnen Sie ab, das ist Planwirtschaft. Jetzt haben Sie gerade in Ihrer Rede eine gezielte Ansiedlungspolitik für Unternehmen gefordert, die seit Jahren ihren festen Standort haben und die nicht nach Berlin kommen wollen. Und das nennen Sie dann kluge Wirtschaftspolitik. Ich bin gespannt, wie viele Menschen Sie mit dieser absurden Politik für sich gewinnen werden. Ich glaube nicht, dass dieser Weg, Aufmerksamkeit um jeden Preis, egal, was intellektuell dahintersteckt, der richtige Weg für Ihre Partei ist. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Steuer! Wir wollen nicht über Japan sprechen, sondern über Berlins Beitrag zum Atomausstieg!
Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: Rund 250 000 Menschen waren am letzten Samstag auf der Straße und haben für den Ausstieg aus der Atomkraft demonstriert, die Hälfte davon hier in Berlin. Das war die gewaltigste Anti-Atomkraft-Demonstration, die die Bundesrepublik je erlebt hat, und das ist bereits ein Grund, darüber zu sprechen!
Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Berlin und in ganz Deutschland will, dass wir die Energiewende deutlich beschleunigen – übrigens auch 68 Prozent der CDU-Wähler in Baden-Württemberg! Für diese gewaltige Aufgabe braucht es das Engagement nicht nur im Bundestag, sondern auch der Parlamentarier in den Landtagen und den Gemeindevertretungen.
Zweifellos sind auch Cybermobbing und Brandstiftung in Berliner Hausfluren wichtige Themen. Frau Hertel! In Berlin wird schon lange eine Pflicht für Rauchmelder diskutiert. Senator Körting hat dies stets abgelehnt und auf freiwillige Lösungen verwiesen, die allesamt nicht funktioniert haben. Wir freuen uns daher, dass sich hier eine Wende bei der Positionierung der SPD abzeichnet.
Wir wollen allerdings nicht nur über Probleme diskutieren, sondern auch über Lösungsansätze. Deshalb werden wir in zwei Wochen einen Gesetzentwurf einbringen, der eine Rauchmelderpflicht in Hausfluren als Mindestanforderung vorschreibt. Wir rufen Sie auf, ebenfalls einen Gesetzesantrag einzubringen, auf dass wir uns in der nächsten Sitzung über Lösungen unterhalten können und nicht nur über Probleme.
Der Atomausstieg braucht mehr als 17 Knopfdrücke zum Ausschalten von 17 Atomkraftwerken. Der Atomausstieg braucht viele, viele, viele detaillierte Maßnahmen, die Atomstrom überflüssig machen, ohne das Klima zu belasten. Michael Müller hat in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses gesagt, jedes Bundesland müsse seinen eigenen Beitrag zu einer schnelleren Energiewende leisten. Darin sind wir uns mit Ihnen einig, Herr Müller!
Sie haben auch gesagt, Berlin habe mit Sicherheit einiges zu tun. Wir kennen den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Berlin, er liegt bei 1 Prozent; im Bundesdurchschnitt liegt er bei 17 Prozent. Bei einem Vergleich der Bundesländer muss man natürlich berücksichtigen, welche Potenziale es gibt, und in Berlin ist dies
weniger als etwa in Brandenburg hinsichtlich der Windenergie, das ist klar.
Deshalb gibt es einen Bundesländervergleich zu erneuerbaren Energien mit 55 Indikatoren. Da wird nach dem politischen Engagement für den Ausbau der erneuerbaren Energien und dem technologischen Wandel geschaut – der Vergleich berücksichtigt die Unterschiede der Bundesländer. Aber auch bei diesem Bundesländervergleich liegt Berlin auf dem letzten Platz, und ich denke, ich spreche für das ganze Haus, wenn ich sage, dass wir damit nicht zufrieden sind.
Deshalb sollten wir noch in dieser Legislaturperiode einen guten Schritt vorankommen, und dazu schlagen wir eine Reihe von Maßnahmen vor. Der Senat und die landeseigenen Betriebe sollen zu Ökostromangeboten wechseln, die den Ausbau der erneuerbaren Energien unterstützen.
[Daniel Buchholz (SPD): Machen wir seit acht Jahren! Glückwunsch zu dieser Forderung! – Zurufe von Christian Gaebler (SPD) und Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]
Das stimmt nicht! Sie haben ein Ökostromangebot, das grün gefärbt ist, das nur Atom- und Kohlestrom ist, das mit Wasserkraftzertifikaten grün gefärbt ist! – Wie es richtig geht, das haben das Bundesland Bremen und das Bundesumweltamt gezeigt. Die Musterstromausschreibungen sind vorhanden, wir müssen sie nur umsetzen.
Die Ansiedlungsstrategie für Unternehmen der erneuerbaren Energienbranche muss schnell verbessert werden. 15 Bundesländer haben eine bessere als wir, wir müssen nur abgucken.
Eignungsgebiete für Windenergie können wir schnell einrichten, so wie es im Rest der Republik Praxis ist. Bezüglich der bürokratischen Hemmnisse für den Ausbau der erneuerbaren Energien können wir von jedem einzelnen Bundesland lernen und abgucken, denn alle anderen sind im Moment bei diesem Thema besser als wir. Ob Sie nun Stromeinsparungen bei der öffentlichen Beleuchtung oder Energiesparkampagnen nehmen – viele Städte haben gute Projekte, die wir nur abkupfern müssen. Mit diesen Maßnahmen können wir unseren Rückstand gegenüber den anderen Bundesländern aufholen. Dazu braucht es erst einmal keiner innovativen Konzepte, sondern einfach Taten; wir müssen einfach nur tun, was die anderen bereits getan haben. In einem zweiten Schritt wollen wir dann mit innovativen Konzepten Berlin wieder zum Vorreiter machen.
Es braucht zudem etwas Tempo. Der Berliner Senat hat Anfang 2007 ein „Energiekonzept 2020“ angekündigt – das war am Anfang der Legislaturperiode. Jetzt, am Ende der Legislaturperiode, will er es vorlegen – eine Legis
laturperiode allein für das Konzept, in dem steht, was zu tun ist, das ist zu langsam!
Auch die Atompläne der polnischen Regierung beunruhigen viele Berlinerinnen und Berliner.
Herr Wowereit! Wir möchten Sie als Regierenden Bürgermeister bitten, das Gespräch mit Polen zu suchen und sich über die aktuellen Pläne zu informieren. Im Gespräch ist auch Gryfino, das etwas mehr als 100 km von Berlin entfernt liegt. Das bewegt viele Berlinerinnern und Berliner. Wir wissen natürlich nicht, wie erfolgreich solch ein Gespräch sein kann, wir sind uns aber sicher, dass es einen Versuch wert ist, Herr Regierender Bürgermeister!
Gestern hat die Umweltministerin des Saarlandes, Simone Peter, erklärt, wie sie den Windstrom im Saarland verfünffachen will. Morgen wird der Umweltsenator Bremens die Maßnahmen vorstellen, mit denen sein Land die Energiewende beschleunigen will. Wir möchten, dass heute der Berliner Senat sagt, was er tun möchte. Deshalb beantragen wir eine Aktuelle Stunde, in der der Senat das dann machen kann. – Vielen Dank!
Ich frage den Senat:
1. Wie viele und welche landeseigenen Unternehmen haben in ihrem Stromliefervertrag den Bezug von Atomstrom nicht ausgeschlossen?
2. Warum hat der Senat den Bezug von Ökostrom durch landeseigene Unternehmen nicht in den vorhandenen Klimaschutzvereinbarungen verankert?
Frau Senatorin! Sie haben die Frage nicht beantwortet. Ich habe gefragt, welche Landesunternehmen nicht auf Atomstrom verzichten, wie z. B. die BVG. Wir haben mehr als hundert landeseigene Unternehmen. Die Frage hätte ich gern beantwortet. Und meine Nachfrage ist: Sollte eine Partei, die den Sofortausstieg aus der Atomkraft fordert, nicht in der Lage sein, in der Regierungsverantwortung zumindest in neuneinhalb Jahren zu erreichen, dass landeseigene Unternehmen auf Atomstrom vollständig verzichten – nicht nur ein Teil, sondern alle?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am letzten Wochenende haben die Menschen in Deutschland die Atomkraft beerdigt. Auch die Berlinerinnen und Berliner haben mit ihrer machtvollen Demonstration – 120 000 Menschen waren auf der Straße – gezeigt, dass sie eine drastische Beschleunigung der Energiewende haben wollen.
Viele Bundesländer reagieren darauf, und zwar sehr zügig – gestern das Saarland, morgen Bremen. Sogar Schleswig-Holstein hat eine Kampagne für erneuerbare Energien angekündigt und will bis 2020 Strom aus 100 Prozent erneuerbare Energien haben. Auch Bayern will ein neues, fortschrittliches Energiekonzept vorlegen.
Was macht der Senat?
Wo ist ein Handeln des Berliner Senats erkennbar? Welche Konzepte hat der Senat vorgeschlagen? Wo ist der Senat überhaupt?
Das Mindeste, was wir jetzt erwarten können, ist, dass die Sachen, die der Berliner Senat in seinem klimapolitischen Arbeitsprogramm von 2008 angekündigt hat, nach drei Jahren endlich umgesetzt werden.
Aber bisher gibt es keine Spur von einem CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das zwischen allen Verwaltungen abgestimmt werden sollte. Es liegt bis heute nicht vor. Es gibt kein Finanzierungskonzept für die energetische Modernisierung der öffentlichen Gebäude. Auch das war 2008 von Herrn Wowereit persönlich angekündigt worden. Stattdessen wurden die Mittel sogar zurückgefahren. Zum Landesenergieprogramm hat Herr Wowereit 2008 gesagt, er sei mit dem Tempo, mit dem das bearbeitet wird, nicht einverstanden, es sei zu langsam. Es ist Anfang der Legislaturperiode angekündigt worden, aber es liegt bis heute nicht vor. Eine Legislaturperiode brauchen Sie allein, um aufzuschreiben, was Sie tun wollen. Das ist zu langsam.
Wir müssen jetzt den Rückstand, den wir inzwischen gegenüber den anderen Bundesländern haben, aufholen. Das können wir sehr einfach tun. Es gibt so viel, was in anderen Ländern gut läuft. In der Begründung unseres Antrags auf eine Aktuelle Stunde hatte ich da viele Beispiele genannt. Das müssen wir einfach übernehmen, beispielsweise eine richtige Ökostromausschreibung. Bei der Ökostromausschreibung war der SPD gar nicht richtig
klar, was das ist. Schauen Sie es sich in an. In Bremen wird eine Stromausschreibung vorgenommen, die dazu führt, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Sie haben eine Stromausschreibung vorgenommen, die dazu führt, dass norwegischer Wasserstrom jetzt seinen Namen für Atomstrom und Kohlestrom von Vattenfall hergibt. Das ist einfach nur ein Greenwashing. Damit haben Sie sich zufrieden gegeben. Alle Umweltverbände haben das kritisiert. Sie sollten, so wie es das Umweltbundesamt empfohlen hat, eine richtige Ökostromausschreibung vornehmen.
In Berlin wurden in den 90er-Jahren die Berliner Energiesparpartnerschaften entwickelt. Sie sind eine Erfolgsgeschichte, die überall sonst kopiert wurde. Früher gab es in Berlin in den 90er-Jahren energetische Sanierungen über weite Stadtteile. Das wird heute noch überall mit Anerkennung gesehen. Berlin hat die Solarverordnung entwickelt. Diese wurde kopiert und in Barcelona umgesetzt. In Berlin wurde sie jedoch nicht umgesetzt. Unter Rot-Rot gibt es auch kaum neue Energiesparpartnerschaften. Von energetischer Gebäudesanierung sieht man weit und breit nichts. Wir liegen hier unter dem Bundesschnitt. Inzwischen sind wir in der Position, dass wir bei anderen Ländern abkupfern müssen. Wir sollten das tun. Zumindest das können wir von Ihnen erwarten, dass Sie den Rückstand aufholen, damit wir endlich nicht mehr das Land auf dem letzten Platz im Bundesländervergleich erneuerbare Energien sind.
Der Wirtschaftssenator redet seit eineinhalb Jahren über ein Stadtwerk. Die Grünen in Hamburg haben gar nicht so viel länger regiert, und sie haben es einfach gemacht. Darum geht es. Es geht um Handeln und nicht darum, Konzepte immer weiter zu entwickeln, bis man nach fünf Jahren etwas vorlegt, was der nächste Senat vermutlich verwerfen wird, weil es immer noch nicht gut geworden ist.
Herr Müller hat in der letzten Plenarsitzung richtig gesagt, dass der Beitrag Berlins zu einer schnelleren Energiewende noch ausgebaut werden muss und dort noch etwas zu tun ist. Ich bitte Sie, Herr Buchholz – Sie sind der nächste Redner –, brechen Sie einmal mit Ihrer üblichen Weise hier am Redepult. Arbeiten Sie sich diesmal nicht nur an anderen ab, sondern sagen Sie, was Rot-Rot in den nächsten sechs Monaten hier noch auf die Beine stellen will! Darum geht es. Das erwarten die Leute von Ihnen. Das sollten Sie jetzt auch einmal leisten.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an die Senatorin Lompscher. Welche Schritte hat der Senat unternommen, um die von Ihnen im März 2010 angekündigte Abwrackprämie für Heizkessel umzusetzen?
Heißt das, dass die von Ihnen angekündigte Abwrackprämie für Heizkessel gestorben ist?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim ersten wissenschaftlichen Bundesländervergleich „Erneuerbare Energien“ landete Berlin auf dem vorletzten Platz. Das war im Jahr 2008. Im selben Jahr hat der Senat sein klimapolitisches Arbeitsprogramm verabschiedet. Zwei Jahre später, im zweiten Bundesländervergleich „Erneuerbare Energien“ lag Berlin auf dem letzten Platz. Das passiert, wenn man in Berlin Klimaschutz zur Chefsache macht.
Anfang 2007 hat der Senat sein Energiekonzept 2020 angekündigt. Dieses Konzept ist heute, kurz vor Ende der Legislaturperiode, immer noch nicht fertig. Ich habe darüber mit Kollegen in anderen Bundesländern gesprochen: es gibt in keinem anderen Bundesland einen vergleichbaren Fall, dass ein Konzept am Anfang der Legislaturperiode angekündigt wird und am Ende immer noch nicht fertig ist.
2008 hat der Senat ein Finanzierungskonzept für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude angekündigt. Das gibt es bis heute nicht. Stattdessen wurden die Investitionen für energetische Sanierung in öffentlichen Gebäuden vom Senat zurückgefahren. Damit ist das Gegenteil eingetreten.
Sie haben in dieser Legislaturperiode sehr viele Ankündigungen gemacht, die wesentlichen davon aber nicht umgesetzt. Wir haben es aufgegeben zu hoffen, dass Berlin unter Rot-Rot Vorbild bei den erneuerbaren Energien, Energieeffizienz oder Energieeinsparungen werden kann.
Sie selbst haben es auch aufgegeben. Sie bereiten eigentlich nur noch neue Ankündigungen für den Wahlkampf, für die nächste Legislaturperiode vor, die Sie dann auch wieder nicht umsetzen werden.
Deshalb haben wir hier einen Antrag eingebracht, der eigentlich nur noch das Selbstverständliche fordert, nämlich, dass dieser Senat sich zumindest an bestehende Gesetze hält, dass er seine gesetzlichen Verpflichtungen einhält. Dabei geht es zum einen um das ErneuerbareEnergien-Wärmegesetz, da ist der Senat verpflichtet, seit drei Jahren ist das bekannt, stichprobenartig die Einhaltung dieses Gesetzes zu überprüfen. Das hat bis heute nicht stattgefunden. Inzwischen gibt es wohl einen Entwurf, der in die Verschickung an die Verbände gegangen ist. Das ist ein bisschen spät nach drei Jahren.
Der Antrag ist aber dennoch nicht überflüssig, weil Sie ein zweites Gesetz nicht eingehalten haben, das ist das Berliner Energieeinspargesetz. Hier ist der Senat verpflichtet, alle vier Jahre ein Landesenergieprogramm vorzulegen. Der Senat hätte es im letzten Jahr vorlegen müssen. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet. Das Mindeste,
was jetzt getan werden muss, um diesen fortlaufenden Gesetzesbruch zu beenden, ist, den jetzigen Stand der Planungen an die Verbände zu geben, die Verbändebeteiligung zu beginnen. Das fordern wir jetzt von Ihnen ein!
Der Senat missachtet auch Rechtsansprüche, die das Abgeordnetenhaus als Verfassungsorgan nach dem Energieeinspargesetz hat. Wir haben einen Rechtsanspruch auf jährliche Energieberichte. Diese haben Sie nicht vorgelegt, in keinem Jahr. Die müssen Sie jetzt vorlegen. Diesen Rechtsanspruch des Abgeordnetenhauses wollen wir durchsetzen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen in den Koalitionsfraktionen! Sie haben eben bei der Zitierung des Regierenden Bürgermeisters bewiesen, dass dieses Parlament sich ernst nehmen kann. Dafür zolle ich Ihnen auch Respekt. Darum geht es auch bei dieser Frage – dieser Antrag ist nichts anderes, als dass das Parlament eine Selbstverständlichkeit einfordert. Das muss ein Parlament, das sich irgendwie ernst nimmt, tun. Weil dieser Antrag so eindeutig ist, dass er den Senat einfach auffordert, die Gesetze einzuhalten, haben wir die sofortige Abstimmung beantragt. Ich glaube, eine Diskussion darüber erübrigt sich. Ich nehme an, dass wir alle der Meinung sind, dass das zu geschehen hat. Deshalb können wir darüber heute sofort abstimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schmidt! Es ist schon lustig, wenn die FDP sich hier als Wettbewerbshüterin im Energiesektor aufspielt.
Sie haben doch mit der Verlängerung der Atomkraftlaufzeiten das Energiemonopol gestärkt. Sie haben die Erneuerbaren abgewürgt. Sie haben die Dezentralen abgewürgt. Jetzt beantragen Sie hier, das Land Berlin dürfe auf keinen Fall ein Stadtwerk mit Energieerzeugung gründen oder Energienetze betreiben. Das Land Baden-Württemberg, in dem Sie regieren, hat gerade die EnBW gekauft, einen Energieerzeuger und Netzbetreiber. Sie haben verstaatlicht.
Die FDP redet von Privatisierung und verstaatlicht ohne Sinn und Verstand.
Das machen wir nicht mit. Das kann man auch mal hier sagen: Da ist selbst dieser Senat anders.
Rot-Rot redet nämlich von Rekommunalisierung und privatisiert ohne Sinn und Verstand.
Rot-Rot hat die Berliner Sparkasse verkauft, die Stadtgüter privatisiert, die Feuersozietät, die GSW, die GSG und Immobilien in einem Gesamtwert von 8 Milliarden Euro. Das haben Sie gemacht. Ihre Politik ist eine Privatisierungspolitik. Die SPD hat schon in der großen Koalition davor für 4,6 Milliarden Euro privatisiert, und darunter waren der Verkauf der GASAG, der Bewag und aller Energienetze, die Sie jetzt wieder kaufen wollen. Sie haben den Totalverkauf der Bewag hier betrieben und das in namentlicher Abstimmung mit der Stimme von Klaus Wowereit. Herr Gaebler hat sich damals ganz mutig enthalten.
Ja, bitte!
Immer her damit!
Ja, daran kann ich mich erinnern, und ich habe auch nicht von der Bankgesellschaft gesprochen,
sondern von der Berliner Sparkasse, von den Stadtgütern, von der Feuersozietät, von der GSW, von der GSG und
von Immobilien im Gesamtwert von 8 Milliarden Euro, die Rot-Rot hier privatisiert hat.
Und die SPD davor alle Energienetze! Den Totalverkauf der landeseigenen Energieerzeuger haben Sie beschlossen!
Herr Jahnke! Sie werden bemerkt haben, dass ich genau das nicht gesagt habe, sondern ich habe einfach auf den Widerspruch hingewiesen zwischen dem, was Sie hier erzählen, und dem, was Sie tun.
Bei der Bewag haben wir als Grüne damals den Antrag gegen einen Totalverkauf der Bewag und ihrer Netze gestellt. Wir haben eine namentliche Abstimmung beantragt, und Ihr Regierender Bürgermeister hat für den Totalverkauf der Bewag und ihrer Netze gestimmt. Ich mache einfach darauf aufmerksam, dass Sie das getan haben und jetzt das Gegenteil von dem erzählen.
Ja, bitte!
Herr Schmidt! Genau dazu komme ich jetzt. Ich wollte vorher schon einmal darauf hinweisen, wie die SPD sich verhalten hat. Als Klaus Wowereit 1997 hier in diesem Haus für die SPD für den Totalverkauf der Bewag gesprochen hat, hat er es nicht nur mit der Haushaltskonsolidierung – damals war der Haushalt noch nicht so desolat wie heute –
begründet, sondern es auch als wirtschaftspolitisch sinnvoll bezeichnet. Es hat jetzt den Anschein, als habe er seine Meinung geändert.
Wir fragen uns, ob es sich um eine neue Überzeugung handelt oder um das übliche Wowereit-Fähnchen im Wind.
Herr Jahnke! Es erstaunt mich – viele Dinge, die Herr Schmidt benannt hat, sind wichtige Bedenken –, dass Sie die mit keinem Wort entkräften konnten. Sie können nicht sagen, wie Sie das finanzieren wollen. Das wichtigste Argument damals für den Bewag-Verkauf war die Haushaltskonsolidierung. Inzwischen haben Sie für 12 Milliarden Euro privatisiert. Kein Euro davon ist in den Schuldenabbau geflossen, sondern alles Geld ist ausgegeben worden. Wir haben mehr Schulden als damals. Wie wollen Sie es finanzieren?
Warum gilt dieses Argument nicht mehr? Das müssen Sie erklären.
Dann wollen wir wissen, wie Sie die Rentabilität dieser Unternehmen bewerten. Da ist Ihre eben so dahergesagte Berechnung weit von dem entfernt, was unter Fachleuten diskutiert wird.
Ja, bitte!
Aber Herr Jahnke! Wir reden hier über eine Investition, bei der es um einen einstelligen Milliarden-Euro-Betrag geht. Da reicht es mir nicht, wenn Sie mir sagen, es könnte so und so sein. Da erwarte ich von diesem Senat ein Konzept, in dem dargelegt wird, was diese Netze wahrscheinlich kosten, was die Investitionen kosten, die in diesen Netzen noch zu leisten sind – das sind erhebliche – und da erwarte ich von diesem Senat, dass er sagt, was die Kommunalkredite kosten und wie sich das verändert, wenn der Kommunalzinssatz steigt – da hat Herr Schmidt recht, der kann durchaus steigen –, und dann müssen Sie Risiken klar berechnen. Sie reden über eine Milliardeninvestition, die die Steuerzahler finanzieren sollen. Da reicht mir Ihre Rede nicht. Da will ich ein Konzept vom Senator.
Ich erwarte auch von Ihnen, dass Sie energiepolitisch begründen, warum Sie die Netze haben wollen. Es ist nämlich so, dass die Rekommunalisierung der richtige Weg sein kann, sie muss es aber nicht. Sie ist nicht automatisch der richtige Weg, wenn man vom Klimaschutz her denkt. Es hängt sehr davon ab, was man bei anderen Anbietern aushandeln könnte, die sich um die Konzessionsverträge bemühen. Deshalb haben wir Grüne nicht wie die SPD beschlossen, auf jeden Fall zu rekommunalisieren, sondern wir haben die Kriterien benannt, nach denen wir entscheiden. Das sind erstens der Klimaschutz, zweitens die nötigen Investitionen in die Netze und drittens die Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Netzgesellschaften. So seriös muss man argumentieren. Wenn Sie kein Konzept vorlegen und sich trotzdem bedingungslos für die Rekommunalisierung aussprechen, zeigt das, dass Sie ideologisch argumentieren und nicht in der Sache.
Ich möchte noch einmal auf das Thema Stadtwerk eingehen. Auch hierzu liegt kein SPD-Konzept vor. Auch hier sagen Sie nicht, was Sie erreichen, wie Sie es finanzieren wollen. Wir Grüne haben unser Konzept vorgelegt. Wir möchten ein Klimastadtwerk gründen. Es soll den Energiemix verändern – das ist das Zentrale – und dafür wollen wir die öffentlichen Gebäude als Ressource nutzen.
Denn die über 10 000 öffentlichen Gebäude, die wir in Berlin haben, sind unter Rot-Rot energetisch in einem schlechten Zustand. Sie sind wesentlich wärmedurchlässiger als andere Gebäude der Stadt im Schnitt, sie nutzen wesentlich weniger erneuerbare Energien als andere Gebäude. Deshalb wollen wir, dass dieses Klimastadtwerk die Aufgabe bekommt, zwei Kraftwerke neuen Typs zu bauen. Einmal ein virtuelles Kraftwerk,
das sich zusammensetzt aus den erneuerbaren EnergienAnlagen und Blockheizkraftwerken in öffentlichen Gebäuden.
Virtuelles Kraftwerk – das ist ein Fachbegriff, der wird Ihnen nicht geläufig sein, Herr Lederer!. Es macht erneuerbare Energien grundlastfähig. Sie sollten sich diese Konzepte einmal angucken, Herr Lederer, dann kommen Sie auch weiter mit Ihrer Energiepolitik, denn in den letzten neuneinhalb Jahren sind Sie nicht weitergekommen.
Das zweite Kraftwerk, das wir bauen wollen, ist ein Einsparkraftwerk. Durch Wärmedämmung und Energieeffizienz können wir die Leistungen eines mittleren Kraftwerks ersetzen. Auch das ist ein Kraftwerk, das den Energiemix tatsächlich verändert. Das muss das Ziel sein.
Wir haben ein Finanzierungskonzept für dieses Klimastadtwerk vorgelegt.
Ich komme zum Schluss. – Wir fordern die anderen Parteien auf, mit seriösen Konzepten für Stadtwerke und Netze endlich in die Diskussion einzutreten. Dann können wir auch sachlich argumentieren und diskutieren und Sie müssen nicht weiter, Herr Dr. Lederer, immer nur ideologisch reden. Denn das bringt uns und bringt Berlin nicht weiter. – Vielen Dank!
Danke Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Wie kann Berlin den einstelligen Milliardenbetrag finanzieren, der nötig ist, um die Berliner Energienetze in die öffentliche Kontrolle zu überführen?
Das heißt, Sie sehen im Berliner Haushalt Einsparpotenziale für eine Milliarde Euro, die ungefähr nötig sind, um diese Netze zu finanzieren? Oder planen Sie eine zusätzliche Verschuldung für eine solche Kommunalisierung der Netze?
Die Überschrift ist so lang, damit ich in der Zwischenzeit auf jeden Fall rechtzeitig an das Pult finde. – Ich frage den Senat:
1. Angesichts dessen, dass der Regierende Bürgermeister sich am 23. September 2010 im Abgeordnetenhaus „sehr unzufrieden“ darüber gezeigt hat, dass das am Beginn der Legislaturperiode angekündigte „Energiekonzept 2020“ noch immer nicht fertig ist, was hat der Regierende Bürgermeister seitdem unternommen, um das Verfahren zu beschleunigen?
2. Warum hat der Senat im Jahr 2010 kein Landesenergieprogramm verabschiedet, obwohl er gesetzlich dazu verpflichtet ist?
Danke, Frau Staatssekretärin! – Angesichts dessen, dass es ein Gesetz gibt, wonach der Senat alle vier Jahre ein Landesenergieprogramm vorlegen muss, das letzte Landesenergieprogramm älter als vier Jahre ist und Sie somit dieses Gesetz gebrochen haben, frage ich Sie, mit welchen Recht Sie von den Bürgerinnen und Bürgern erwarten, dass sie sich an Gesetze halten.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister, Klaus Wowereit. – Herr Regierender Bürgermeister! Wann wird das Land Berlin seiner gesetzlichen Pflicht nachkommen, die Klimaschutzanforderungen nach dem Erneuerbare-EnergienWärmegesetz zumindest stichprobenartig zu kontrollieren?
Finden Sie nicht, dass es über zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an der Zeit ist, dass das Land Berlin die gesetzliche Pflicht, die es nach diesem Gesetz hat, die Klimaschutzanforderungen stichprobenartig zu überprüfen, auch umsetzt?
Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Wie bewerten Sie den Plan Ihres Wirtschaftssenators, den Strom, der in landeseigenen Betrieben erzeugt wird und derzeit
zu 15 Prozent der Eigenversorgung dieser Betriebe dient, künftig an die Berlinerinnen und Berliner zu verkaufen?
Da der Herr Regierende Bürgermeister heute deutlich gemacht hat, dass er nicht die Zeitungen liest, ist die Frage: Angenommen, der Wirtschaftssenator hätte einen solchen Vorschlag gemacht und das wäre in der Zeitung veröffentlicht worden, wie würden Sie den Vorschlag dann bewerten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute geht in Cancún die Weltklimakonferenz in ihre heiße Phase. Umweltministerinnen und Unweltminister aus fast allen Ländern der Welt sind angereist, um die Verhandlungen zu einem Ergebnis zu bringen. Doch leider ist schon jetzt absehbar, dass kein internationales Klimaschutzabkommen beschlossen wird, das die globale Erderhitzung auf ein erträgliches Maß begrenzt.
Eine der Ursachen für das Scheitern der internationalen Klimapolitik, das wir gerade erleben, ist, dass wir auf internationaler Ebene über Klimaschutz reden, als sei es eine Last. Wenn es um Lastenverteilung geht, will jedes Land, dass die anderen die Lasten haben und die Vorteile für alle da sind. Auf der anderen Seite erleben wir auch, dass sich immer mehr die Erkenntnis durchsetzt, dass die Vorreiter beim Klimaschutz profitieren, dass es weniger um Belastungen geht, sondern vielmehr um Chancen. Viele Städte und Regionen haben das erkannt. Ich möchte daran erinnern, dass es 500 amerikanische Städte waren, die auf Klimaschutz gesetzt haben, die die wirtschaftlichen und sozialen Chancen der Klimaschutzpolitik genutzt haben, als in den USA unter Bush auf nationaler Ebene nichts voranging.
Heute stehen wir global vor einer ähnlichen Situation. Wir brauchen einen Wettbewerb der Städte und Regionen um die besten Lösungen bei der Energieeffizienz und bei den Erneuerbaren. Die wachsende Nachfrage nach den knappen Ressourcen Öl, Kohle, Gas wird die Energiepreise in die Höhe schnellen lassen. Wer jetzt beim Klimaschutz Vorreiter ist, wird auf den Wachstumsmärkten Energieeffizienztechnologien, Energiedienstleistungen und erneuerbare Energien die Nase vorn haben.
Diese Chance muss Berlin endlich ergreifen. Klimaschutz bringt geringere Heizkosten, Klimaschutz verhindert Klimakatastrophen, Klimaschutz bringt Jobs in der Industrie und im Handwerk. Aber man muss die Chance auch ergreifen. Das, Herr Wowereit, tun Sie nicht! Dafür möchte ich Ihnen drei Kronzeugen nennen.
Der Berliner Mieterverein setzt sich für ein Berliner Klimaschutzgesetz ein, weil er weiß, dass die Energiepreise steigen und dass die Heizkosten nur dann nicht steigen
werden, wenn man den Energieverbrauch reduziert. Sie, Herr Regierender Bürgermeister, haben mehrfach ein Klimaschutzgesetz angekündigt, aber mehrfach ein Klimaschutzgesetz verhindert, drei Mal. Am Montag war es der Gesetzentwurf von Frau Lompscher, 2006 war es der rot- rote Gesetzentwurf für Wärmedämmung und erneuerbare Energien im Gebäudebestand, der noch Energiespargesetz hieß, hier noch beraten wurde, aber in die zweite Lesung nicht mehr eingebracht wurde und als Drittes der Vorschlag für ein Berliner Klimaschutzgesetz von Mieterverein, BUND und IHK in Berlin.
Für die Mieterinnen und Mieter in Berlin ist das eine bittere Nachricht. Denn Sie, Herr Wowereit, setzen sie damit schutzlos den zu erwartenden Energiepreissteigerungen aus. In den acht Jahren vor der Wirtschaftskrise haben sich die Preise für Gas und Öl in Berlin fast verdoppelt. Nur wenn weniger Öl, Kohle und Gas verheizt werden, sind die Heizkosten für die Berlinerinnen und Berliner in den Griff zu bekommen. Deshalb brauchen wir ein Berliner Klimaschutzgesetz, Herr Wowereit!
Zweifellos ist ein Berliner Klimaschutzgesetz durch die Beschlüsse der Bundesregierung nicht einfacher geworden. Aber es ist keine Entschuldigung dafür, dass der rotrote Senat die schwarz-gelben Belastungen der Mieterinnen und Mieter weiter verschärft, indem er keine Maßnahmen zum Schutz vor steigenden Energiepreisen ergreift. Das sieht auch der Berliner Mieterverein so. Das sieht jeder so, der eine moderne Sozialpolitik verficht. Sie aber verfechten nicht nur Energiepolitik aus der Steinkohlezeit, sondern auch eine Sozialpolitik aus dieser Zeit.
Wir erwarten von Ihnen, dass Sie heute deutlich machen, wie Sie den sozialen Sprengstoff entschärfen wollen, der für Berlin in den steigenden Energiepreisen steckt.
Zweiter Kronzeuge: Das Solarunternehmen Q-Sells wollte sich hier in Berlin ansiedeln. Wir hatten einen der Gründer bei uns in der Fraktion. Er hat uns erklärt, warum er nach Sachsen-Anhalt gegangen ist. Die Regierung in Sachsen-Anhalt hat ihm die Steine aus dem Weg geräumt, während ihm hier in Berlin Steine in den Weg gelegt wurden. Das sind heute 2 500 Arbeitsplätze bei diesem Unternehmen, die hier in Berlin hätten entstehen können, wenn Ihr Senat dies in der ersten Legislaturperiode hätte ermöglichen wollen.
Der dritte Kronzeuge ist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Das ist besonders bitter, dass Sie aus diesen Ansiedlungsmisserfolgen nicht gelernt haben. Das DIW hat die Ansiedlungsstrategien der Bundesländer für Unternehmen der erneuerbaren Energien miteinander verglichen. In zwölf Bundesländern ist sie besser als hier in Berlin. Herr Wowereit, in zwölf Bundesländern besser als hier! Der Bundesländervergleich erneuerbare Energien stellt Ihnen ein verheerendes Zeugnis aus. Seit 2008, als
Sie den Klimaschutz hier zur Chefsache erklärt haben, ist Berlin vom vorletzten Platz sogar auf den letzten gerutscht. Das ist die Bilanz Ihrer Politik. Wir hoffen, dass Sie uns heute erklären, welche Folgerungen Sie daraus ziehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Regierender Bürgermeister – amtierender Bürgermeister! Hut ab, wie Sie hier die Bundesregierung angegriffen haben. Erste Sahne, wie Sie sich an den Grünen abgearbeitet haben. Das war eine wirklich tolle Rede – aber nur für einen Oppositionsführer.
Starke Worte, das können Sie. Beim Klimaschutz geht es aber um Taten, und da sieht es bei Ihnen finster aus.
Bitte nicht noch einmal! – Wenn Sie hier Mieterschutz gegen Klimaschutz ausspielen, dann zeigen Sie, in welchem Zeitalter Sie leben. Das ist so, wie früher Ökonomie gegen Ökologie gegeneinander ausgespielt worden sind, einfach nur absurd.
Für 2 000 Liter Öl ist vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2008 – vor Beginn der Wirtschaftskrise –
der Preis für einen durchschnittlichen Mehrpersonenhaushalt fast um 700 Euro gestiegen. Um 700 Euro – das ist kein Pappenstil – auf 1 550 Euro. Die nächste Verdoppelung, wenn die in ebenfalls acht Jahren kommt, die kostet nicht mehr 700 Euro, sondern 1 500 Euro, Herr Wowereit!
In dieser Frage sind Sie den Leuten hier in Berlin etwas schuldig. Sie sind eine Antwort schuldig, wie Sie dieses Problem angehen wollen.
Wenn Sie hier sagen, die Mieter seien gegen ein Klimaschutzgesetz, dazu kann ich nur sagen: Sie verwechseln die Mieter und die Vermieter. Die Vermieter haben sich dagegen geäußert, die Mieterverbände nicht.
Denn die denken weiter als Sie. Die sehen die Heizkostenabrechnung und spüren Sie auch im Gegensatz zu Ihnen.
Dass Sie uns unterstellen, das würde uns nicht interessieren, ist besonders absurd, wenn man sieht, auf welche Fragen Sie nicht geantwortet haben. Wir haben zum Beispiel die Frage gestellt, wie es aussieht mit der AV Wohnen, ob Sie die AV Wohnen mit einem Klimabonus so ändern wollen, wie wir es vorgeschlagen haben, damit Menschen keine Zwangsumzüge drohen, wenn sich die Warmmiete infolge energetischer Sanierungen erhöht. Das ist die Frage. Diese Frage aber beantworten Sie nicht, Herr Wowereit, weil Ihnen nämlich die Sache egal ist.
Der Mieterschutz, den Sie ins Feld führen, ist ein Lippenbekenntnis bei Ihnen. Sie machen eine tolle Bundesratsinitiative, und keine einzige dieser Maßnahmen wird in den landeseigenen Unternehmen umgesetzt, dort, wo Sie handeln könnten.
Da, wo Sie nichts zu sagen haben, fordern Sie, aber dort, wo Sie etwas tun könnten, machen Sie nichts!
Ein Energiekonzept für Berlin, das war am Anfang der Legislaturperiode angekündigt. Sie haben hier vor zwei Jahren kritisiert, dass es noch nicht vorliegt. Was ist heute? – Es liegt immer noch nicht vor. Sie brauchen eine Legislaturperiode, um überhaupt ein Konzept aufzustellen. Von Maßnahmen ist überhaupt nicht mehr die Rede.
Das Landesenergieprogramm, Landesenergiekonzept – hier gibt es zwei verschiedene Dinge, die auch von verschiedenen Senatsverwaltungen gemacht werden. Kein Mensch weiß, weshalb. Es steht auch etwas Ähnliches drin. Hoffen wir, dass es zusammenpasst. – damit wollen Sie im ersten Quartal 2011 beginnen. Herr Wowereit! Sie sind gesetzlich verpflichtet, das Landesenergieprogramm noch in diesem Jahr vorzulegen. Gesetzlich verpflichtet. Ihre Ignoranz für Klimaschutz geht so weit, dass Sie Gesetze ignorieren. Das ist Fakt.
Ja, bitte!
Ja, der Herr Wowereit wird vielleicht demnächst Heizpilze für die Biotonne aufstellen.
Herr Wowereit! Dass Sie es nicht hinbekommen, ein Berliner Klimaschutzgesetz zu machen, ist das Eine, Bundesgesetze zum Klimaschutz aber werden in Berlin nicht umgesetzt. Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ist seit zwei Jahren in Kraft. Es wird in Berlin nicht kontrolliert, es gibt überhaupt keine Umsetzungsvorschriften für dieses Gesetz in diesem Land.
Sie sagen hier: Klimabündnis, Klimaschutzvereinbarung seien Ihr großer Erfolg. Sprechen Sie einmal mit einem der Unternehmen. Die sagen Ihnen unter der Hand, so eine Klimaschutzvereinbarung mit dem Senat ist eine Supersache, da muss man nichts machen, außer was man sowieso vorhat. Das schreibt man dann auf, hat einen tollen PR-Termin mit dem Senat, und kontrolliert wird auch nichts. Das ist eine Luftnummer.
Kein einziges Gramm CO2 wird eingespart durch diese Klimaschutzvereinbarung.
Und dass Sie ein Klimabündnis abgeschlossen haben mit Vattenfall, als sie noch ein Kohlekraftwerk bauen wollten, das zeigt eigentlich, wie Sie drauf sind. Sie sind ein Mann der Energiekonzerne.
Ihre Energiepolitik heißt, immer das gut zu finden, was Vattenfall gerade vorschlägt. Sie waren der Erste, der Vattenfalls Kohlepläne verteidigt hat, auch hier im Haus.
Sie haben sich erst im April 2009 zum ersten Mal gegen dieses Kohlekraftwerk geäußert.
Im April 2009 hat der Regierende sich das erste Mal gegen das Kohlekraftwerk geäußert, was er jetzt so als großen Erfolg verkauft hat, dass das nicht gebaut wird,
und zwar genau zwei Stunden, nachdem Vattenfall die Pläne selber beerdigt hatte. Das ist ein bisschen spät, um Einfluss zu nehmen, Herr Wowereit!
Jetzt bei Biomasse haben Sie eine Vereinbarung mit dem Konzern unterschrieben. Das ist ja in der Diskussion. Aus Liberia soll es geholt werden.
Ja, wir diskutieren das kontrovers in unserer Partei.
Ich sage Ihnen, ich bin stolz darauf, dass wir Grüne diskutieren, unter welchen Bedingungen Biomasse ein guter Energieträger ist, weil es nämlich zeigt, dass wir eine Sensibilität für diese Fragen haben.
Sie dagegen, Herr Wowereit unterschreiben eigenhändig eine Vereinbarung mit Vattenfall, in der steht, es obliegt Vattenfalls unternehmerischer Entscheidung, woher die Biomasse kommt, welche Standards sie erfüllt, welche Sozialstandards in der Dritten Welt zum Beispiel.
Das haben Sie unterschrieben.
Und dann findet sich in dieser Vereinbarung mit Vattenfall noch ein kleiner Satz: Vattenfall bevorzugt Biomasse, die im Einklang mit den Menschenrechten usw. abgebaut wird. – Bevorzugt, na toll! Viel erreicht, Herr Wowereit! Einfach immer nur die Politik von Vattenfall gut zu finden, das ist keine Energiepolitik, die diese Stadt braucht.
Nein, bin ich nicht! – Darf er eigentlich Zwischenrufe machen?
Als Regierungsvertreter nicht, da muss er sich schon auf die Bank setzen. Das dürfen Sie als Abgeordneter, Herr Wowereit! Dann setzen Sie sich doch bitte dahin!
Ich bin ganz froh, dass die SPD Ihren Weg, immer das zu tun, was die Kohlekonzerne machen wollen, nicht mitgeht und dass sie Herrn Donnermeyer, der erklärt hat, als Kohlelobbyist hier im Parlament sitzen zu wollen, eben nicht gewählt hat. Da, Herr Wowereit, sehen Sie die Grenzen,
die auch Ihre eigene Partei Ihnen Gott sei Dank manchmal noch setzt.
Ich möchte Sie mal an den Worten messen, die Sie selber gesagt haben. Dritte Berliner Wirtschaftskonferenz im November 2009 – Zitat Wowereit: Wir werden die energetische Gebäudesanierung weiter vorantreiben und setzen dabei auf das Handwerk.
Fakt ist, im Jahr 2011 wird der Senat die Investitionsmittel für die Gebäudesanierung kürzen, und zwar drastisch. Sie haben gerade eine Versprechung gemacht, und es ist ein bisschen das Problem mit Ihren Versprechungen, dass Sie Ihre Meinung so oft ändern und dass Sie Versprechungen nicht umsetzen. Sie haben gesagt, Elektrofahrzeuge können Sie sich auch im Fuhrpark öffentlicher Einrichtungen vorstellen. Toll, wenn Sie es sich vorstellen können! Nach 14 Monaten nach der Rede kein einziges Elektrofahrzeug im Fuhrpark des Landes!
Nur bei Berlin Partner! Das ist aber nicht der Fuhrpark des Landes. – Auch zum Klimaschutzgesetz haben Sie versprochen, wir werden mit einem Klimaschutzgesetz die Grundlagen schaffen, um die Sanierung des Gebäudebestands zu beschleunigen. Da schlummern riesige Potenziale. Da sieht man doch, was aus Ihren Versprechungen wird: Nichts wird aus Ihren Versprechungen. Sie ändern auch Ihre Meinung ständig.
Herr Wowereit! Ich möchte Sie daran erinnern, auch in anderen Politikfeldern, Agenda 2010 haben Sie mal als „halbherzig“ bezeichnet, die Reformen müssten „radikalisiert werden“. Bei der Rente haben Sie angeregt, darüber nachzudenken, unter welchen Rahmenbedingungen eine Rente mit 70 möglich ist. Ohne Erklärung ändern Sie Ihre Position ständig. Das ist nicht die Verlässlichkeit, die auch Klimaschutzpolitik in Berlin braucht.
Ich möchte noch ein paar Worte zu den Anträgen sagen, über die wir gleich abstimmen werden. Erstens: Der Antrag Stufenmodell Klimaschutzgesetz, das ist der Text aus einem SPD-Parteitagsbeschluss, das wir ein solches Klimaschutzgesetz haben wollen. Meine Damen und Herren von der SPD! Sie haben die Möglichkeit, heute Ihren Parteitagsbeschluss umzusetzen und den Senat aufzufordern, genau das zu tun.
Ich möchte Ihnen auch sagen, dass das dringend nötig ist. Selbst wenn Sie es in dieser Legislaturperiode nicht mehr hinkriegen, lassen Sie doch wenigstens nicht noch ein Jahr der Untätigkeit verstreichen! Seit 2005 sitzen Sie an solch einem Gesetz, und Sie haben bisher nichts zuwege gebracht. Lassen Sie doch zumindest den Senat die Vor
arbeit dafür tun, dass ab dem Jahr 2011 hier was passieren kann!
Dann noch der Antrag „Klimaziel für das Land Berlin“: Die Wissenschaftler haben uns im Ausschuss ganz klar gemacht, was hier nötig ist. Ich hatte in der Ausschusssitzung den Eindruck, dass hier eine Einigung möglich ist. Herr Buchholz! Sie haben dann aber im Ausschuss den Antrag abgelehnt, ohne ein Wort zur Begründung zu sagen. Genau wie die CDU dem zustimmt, könnten Sie dem Antrag „Klimaziel“ auch zustimmen. Wenn Sie noch detaillierte Änderungen haben, uns ist ein Klimaziel für Berlin so wichtig – –
Ja, ich komme zum Schluss, auch wenn der Regierende 15 Minuten überzogen hat.
Ich appelliere an Sie: Wenn wir es noch mal vertagen müssen, damit Sie zustimmen und wir es zusammen ändern, sind wir dazu bereit. Herr Wowereit! Ein Schlusssatz: Dem Klimaschutz hat es nichts genutzt, es hat ihm geschadet, dass Sie ihn zur Chefsache gemacht haben. Es wird Zeit, dass in Berlin Klimaschutz Chefinnensache wird. – Vielen Dank!
Herr Buchholz! Was sagen Sie denn dazu, dass in Lichtenberg, wenn dort Bürgerversammlungen stattfinden, die Kollegin von der Linksfraktion Frau Platta und Herr Köhler von Ihrer Partei den Leuten Honig ums Maul schmieren und sagen, dass sei alles ganz schlimm, was da geplant wird? Was sagen Sie dazu, dass die Grünen die Einzigen sind, die vor Ort sagen, dass es da Kraftwerke geben wird und geben muss? Wir sind diejenigen, die vor Ort den Leuten auch sagen, wenn es wehtut. Das, Herr Buchholz, sollten Sie vielleicht mal selber tun, bevor Sie hier die großen Reden schwingen. Ihre Partei ist vor Ort die Dagegen-Partei!
Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Wie bewerten Sie, dass es in einer heute veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung heißt:
Im Gesamtvergleich der Bundesländer steht Berlin im Bereich erneuerbarer Energien mit Abstand auf dem letzten Platz.
Damit ist Berlin, seit Sie 2008 den Klimaschutz zur Chefsache gemacht haben, noch weiter abgerutscht.
Wenn ich auf die Frage antworten würde, würde mir der Präsident leider das Mikrofon abdrehen, weil ich Ihnen eine Frage stellen muss.
Deshalb frage ich Sie: Wie bewerten Sie, dass, nachdem Sie in Berlin neun Jahre regiert haben, keine Landesregierung in der Bundesrepublik ihren Bürgerinnen und Bürgern, die Windkraft und andere erneuerbare Energien nutzen wollen, mehr bürokratische Hindernisse in den Weg legt als der Berliner Senat, und wie bewerten Sie es, dass fast keine Landesregierung ihren Bürgerinnen und Bürgern weniger Informationen zur Nutzungsmöglichkeit
der erneuerbaren Energien zur Verfügung stellt als Ihr Senat? Unabhängig von der Fläche für Windpotenzial zeigt das auf, warum Berlin im Bundesländervergleich ganz hinten ist.
Danke, Frau Präsidentin! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister: Herr Regierender Bürgermeister! Wie viele Elektrofahrzeuge hat denn inzwischen der Fuhrpark des Landes Berlin?
Ich kann es Ihnen beantworten: keines. Meinen Sie nicht, nachdem Sie vor einem Jahr bei der Berliner Wirtschaftskonferenz an die Berliner Unternehmer appellierten, Elektrofahrzeuge in ihre Fuhrparks aufzunehmen, dass es angemessen wäre, wenn das Land Berlin auch Elektrofahrzeuge in seinen Fuhrpark aufnehmen würde?
Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister: Sind Sie damit zufrieden, dass das vor dreieinhalb Jahren angekündigte Energiekonzept 2020 der Öffentlichkeit bis heute nicht vom Senat vorgelegt wurde?
Wie zufrieden sind Sie damit, dass Senator Nußbaum seine Aufgabe aus dem klimapolitischen Arbeitsprogramm von 2008, ein Finanzierungskonzept für die Wärmedämmung an öffentlichen Gebäuden zu erstellen, bis heute nicht angegangen ist? Daran ist unseren Informationen zufolge noch nicht gearbeitet worden.
Danke, Frau Platta! – Frau Platta! Halten Sie es für förderlich, dass im Senat der Wirtschaftssenator an einem Energiekonzept 2020 arbeitet, die Umweltsenatorin an einem Landesenergieprogramm 2011 bis 2015 und die Stadtentwicklungssenatorin an einem STEP Klima, ohne dass das koordiniert wird?
Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat, dass BUND, Mieterverein und IHK am Dienstag den Lompscher-Entwurf für ein Klimaschutzgesetz als klimapolitisch unambitioniert, wirtschaftlich ineffizient und sozial unausgewogen ablehnen und stattdessen ein Stufenmodell für das Berliner Klimaschutzgesetz vorgeschlagen haben, nach dem der Berliner Gebäudebestand schrittweise auf die wirtschaftlich effizienteste Weise energetisch modernisiert werden soll?
2. Trifft es zu, dass Senator Nußbaum den Klimaschutzgesetzentwurf in der Senatsabstimmung gestoppt hat, und bis wann will der Senat dem Abgeordnetenhaus einen Gesetzesentwurf für ein Berliner Klimaschutzgesetz vorlegen?
Danke, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Wenn ich das mal übersetzen darf, heißt das, dass Sie mit Ihrem Koalitionspartner, der sich auf einem Parteitag für dieses BUND/IHK/Mieterverein-Modell ausgesprochen hat, noch keine Einigung erzielt haben über den Kern eines Klimaschutzgesetzes – –
Das ist doch eine Frage!
Nein, Sie haben mich unterbrochen.
Trifft es zu, Frau Senatorin, dass sich aus Ihren Ausführungen ergibt, dass Sie mit Ihrem Koalitionspartner, der sich auf einem Landesparteitag für das von BUND, IHK und Mieterverein dargelegte Modell ausgesprochen hat, noch keine Einigung über den Kern des Klimaschutzgesetzes überhaupt erzielt haben, sondern immer noch beide Entwürfe nebeneinander stehen und die Koalition nicht weiß, welchen Kern dieses Gesetz haben soll?