Stephan Tromp
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Last Statements
Da Frau Ströver mir in der Hauptsache vorweggegriffen hat, habe ich eine Zusatzfrage an den Regierenden Bürgermeister: Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Entscheidung der EU-Kommission für den Medienstandort Berlin? Werden Sie in Zukunft darauf hinarbeiten, dass beide Formen der Ausbreitung der Programme gleichberechtigt erfolgen können?
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Koalition ist in einem Punkt grundsätzlich zu begrüßen, nämlich dass man das Internet nutzen will, um über die Europapolitik bzw. die Maßnahmen der Verwaltung zusätzlich zu berichten. Der ersatzlose Wegfall eines schriftlichen Europaberichts ist dagegen abzulehnen, weil dabei ignoriert wird, dass nicht jeder Bürger einen Computer bzw. einen Internetzugang hat. Wer über seine Europapolitik informieren will, sollte zumindest einmal im Jahr schriftlich darüber berichten.
Aus meiner Sicht ist der wesentliche Punkt an dem Antrag, dass die Koalition versuchen will, eine politische Debatte über ihre Europapolitik gänzlich auszublenden, indem sie im Abgeordnetenhaus noch nicht einmal mehr einmal im Jahr einen grundsätzlichen Bericht vorlegen will. Gestern hat sie im Ausschuss – deshalb die beiden dringlichen Anträge – deutlich gemacht, dass sie mit uns nicht darüber diskutieren will, wie ihre Positionen sind, wenn in Brüssel neue Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht werden. Sie will mit uns auch nicht darüber diskutieren, wie ihre politischen Prioritäten sind, wenn EURichtlinien im Land Berlin umzusetzen sind. Eine Koalition, die sich aus der Debatte über ihre Politik entziehen will, stellt sich ein Armutszeugnis aus.
Das geschieht auch vor dem Hintergrund – das dürfte Ihnen nicht entgangen sein –, dass die Föderalismusreform wahrscheinlich kommt und dass die Länder noch mehr Verantwortung bekommen. Bei EU-Richtlinien ha
ben sie dann größere Umsetzungspflichten, aber auch größeren Gestaltungsspielraum. Aus meiner Sicht ist es dann umso nötiger, dass man vor Ort darüber offen diskutiert und versucht, den richtigen politischen Weg zu finden.
Das ist auch vor dem Hintergrund wichtig, dass mittlerweile 80 % aller neuen Gesetze, die in der Bundesrepublik Deutschland und ihren Ländern verabschiedet werden, ihren Ursprung in Brüssel haben.
Nicht weniger, sondern mehr Diskussionen werden in Zukunft nötig sein. Deswegen unterstützen wir den Änderungsantrag, den wir gemeinsam mit der FDP und den Grünen vorgelegt haben. Er nimmt das auf, was wir bezwecken, nämlich eine ausführliche Berichterstattung im Internet. Aber er fordert auch, dass Sie sich weiterhin der politischen Debatte stellen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Wehrte Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Vor dem Hintergrund, dass der Senat durch ein Schreiben eines ehemaligen WBM-Managers frühzeitig über die wirtschaftliche Schieflage der WBM informiert war, fragen wir, was hat der Senat in den zurückliegenden Jahren unternommen, um die wirtschaftlichen Aktivitäten der WBM zu ordnen?
2. Wie wird der Senat sicherstellen, dass die Mieter der WBM nicht letztlich die Leidtragenden der wirtschaftlichen Schieflage der WBM sind?
Die Ausflüge der WBM jenseits ihres Kerngeschäftes der Hausverwaltung waren politisch motiviert, indem die WBM Stadtentwicklungsprojekte vornehmen musste, die der Senat angeregt hat. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, inwiefern Sie bereit sind, hierbei auch politische Verantwortung zu übernehmen, da diese politisch motivierten Stadtentwicklungsprojekte letztendlich erheblich zur wirtschaftlichen Schieflage mit beigetragen haben.
Ich habe eine Frage an den Senator für Finanzen, Herrn Sarrazin: Herr Senator Sarrazin! In Ihrer Funktion als Aufsichtsratvorsitzender der BVG müssten Sie auch über das Beschwerdemanagement der BVG Bescheid wissen. Daher frage ich Sie: Gibt es eine Anweisung im Hause der BVG, dass auf Bürgerkritik am neuen Linienkonzept nicht mehr zu reagieren ist, oder wie erklären Sie sich, dass Bürgerbeschwerden wie z. B. vom Gesundbrunnen, vom Humboldthain in keiner Weise mehr beantwortet werden?
Herr Senator Sarrazin! Wenn ich Sie also recht verstanden habe, kann es sich hier nur um einen
)
Die gute Zukunft der BVG liegt nicht nur im Interesse der Beschäftigten der Berliner Verkehrsgesellschaft und des Senats von Berlin. Sie liegt in unserem gemeinsamen Interesse für das Land Berlin, für einen leistungsfähigen
öffentlichen Nahverkehrssystemverbund mit der S-Bahn und der BVG, damit wir unsere Stadt in diesem Sektor leistungsfähig halten können. Ich habe am 16. Juni 2001 das Amt des Regierenden Bürgermeisters angetreten – vor vier Jahren. Hätte man mir vor vier Jahren die Frage gestellt: Herr Wowereit, glauben Sie, so schnell, friedlich und im Einvernehmen eine Lösung, einen Absenkungstarifvertrag mit Verdi bezüglich der BVG zu finden?, dann hätte ich mit einem klaren Nein geantwortet. Das zeigt, wie deutlich sich die Stadt verändert hat, sich den Notwendigkeiten angepasst hat und nicht mehr die Probleme ignoriert und aussitzt, sondern sie anpackt. Dafür bin ich allen Beteiligten, die das ermöglicht haben, dankbar.
(D
Wir sind noch immer mitten in einer Urabstimmung. Bis heute, Mitternacht, läuft die Urabstimmung über die Frage, ob ein Absenkungstarifvertrag geschlossen werden soll. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben selbst zu entscheiden – das war von der Gewerkschaft initiiert –, ob sie auf Geld verzichten, das ihnen nach der jetzigen tariflichen Situation zusteht. Nach der Einigung wird diese Urabstimmung bis heute Nacht durchgeführt. Die Urnen, in denen sich die Abstimmungsunterlagen befinden, werden nicht geöffnet. Die Gewerkschaft wird in den einzelnen Betriebsteilen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BVG das Ergebnis der Einigung, die wir heute erzielen konnten, zur Abstimmung stellen. Wenn sie zustimmen, kann dies in einen Tarifvertrag gegossen werden. Ich appelliere an dieser Stelle ganz nachdrücklich an die Beschäftigten der BVG, dem einstimmigen Votum der Tarifkommission von Verdi und den Empfehlungen von Frank Bsirske und Susanne Stumpenhusen zu folgen und dem schmerzlichen, aber zukunftsweisenden Ergebnis zuzustimmen.
bedauerlichen Einzelfall handeln, dem abzuhelfen Sie sicherlich mithelfen werden.
Ich habe eine Frage an den Wirtschaftssenator Wolf: Vor dem Hintergrund, dass Sie erst in der letzten Woche mit dem Regierenden Bürgermeister und anderen Senatsmitgliedern in Brüssel waren, um für eine stärkere Berücksichtigung Berlins bei der Regionalförderung ab 2007 zu werben, frage ich Sie, ob Ihre Weigerung, sich klipp und klar für die EU-Verfassung auszusprechen, Berlins Position bei den künftigen Verhandlungen schwächt.
Darf ich Ihren Worten entnehmen, dass Sie im Senat für ein Ja Berlins im Bundesrat bei der Abstimmung über die EU-Verfassung stimmen werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einem Jahr haben wir diese Anträge ins Plenum eingebracht. Jetzt könnte man sagen, ein Jahr ist seitdem vergangen, und die Anträge hätten sich mittlerweile durch Zeitablauf erledigt. Es ist mitnichten so. Ich nenne nur einmal zwei Punkte aus dem ersten Antrag – wo der Senat aufgefordert ist, zum 3. Kohäsionsbericht der EU zur Zukunft der Regionalförderung Stellung zu nehmen –, die aktueller denn je sind. Der eine ist: Der Se
nat wird aufgefordert, eine Strategie darzulegen, wie die EFRE-Mittel besser verwendet werden können, um die Berliner Wirtschaft zu stärken. Der Kollege Krug von der SPD-Fraktion hatte jüngst eine Kleine Anfrage zu dem Thema. Aus der Antwort ging klar hervor, dass eben immer noch nicht alle Mittel abgerufen werden, so dass eine neue Strategie dringend notwendig ist. Das andere Thema sind die ESF-Mittel. Durch Hartz IV wird eine Tendenz in Bewegung gesetzt, dass der Bund in Zukunft viel stärker auf das zugreifen wird, was bisher in der Hoheit der Länder war. Auch hier ist eine neue Strategie nötig. Das sind nur zwei Beispiele, warum die Anträge immer noch aktuell sind.
Im Kern ging es uns bei den Anträgen um drei Dinge: erstens, dass noch einmal ein Anstoß kommt und wir uns darauf einstellen, was mit der EU-Osterweiterung alles an Veränderungen auf und einbricht; zum anderen, dass wir uns auf die neue Förderpolitik der EU-Kommission ab 2007 einstellen müssen, und damit verbunden – das ist der dritte Punkt –, dass sich auch die Beihilfepolitik in Europa ändern wird. Das bedeutet für uns, dass die Gewährung von Wirtschaftsförderungen zukünftig ab 2007 wahrscheinlich wesentlich schwieriger wird, was dazu führen wird, dass die Berliner Wirtschaftsförderung grundsätzlich umgestrickt werden muss.
lfd. Nr. 18:
a) Beschlussempfehlung
Berlin für Europa fit machen – I – 3. Kohäsionsbericht zur Zukunft der EU-Regionalförderung – Konsequenzen für Berlin
Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3683 Antrag der CDU Drs 15/2652
b) Beschlussempfehlung
Berlin für Europa fit machen – II – Struktur- und Regionalpolitik in der EU modernisieren und in Berlin transparent gestalten
Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3684 Antrag der CDU Drs 15/2653
c) Beschlussempfehlung
Berlin für Europa fit machen – III – Konzept für Wirtschaftsförderung Blickrichtung EU-Osterweiterung erarbeiten
Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3685 Antrag der CDU Drs 15/2654
d) Beschlussempfehlung
Berlin für Europa fit machen – IV – rollende Landstraße Richtung Osten einrichten
Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3686 Antrag der CDU Drs 15/2655
e) Beschlussempfehlung
Berlin für Europa fit machen – V – Verkehrsinfrastruktur Richtung Osten ertüchtigen
Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3687 Antrag der CDU Drs 15/2656
f) Beschlussempfehlung
Berlin für Europa fit machen – VII – touristische Leit- und Informationssysteme auch in Polnisch
Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3688 Antrag der CDU Drs 15/2658
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU, und zwar in Person von Herrn Tromp. – Bitte schön, Herr Tromp, Sie haben das Wort!
Wir müssen nach einem Jahr und Diskussion in den Ausschüssen festhalten, dass die Koalition hier anscheinend nicht den Handlungsbedarf sieht. Sie hat die Anträge abgelehnt und wird es heute wieder tun. Wir bedauern das, und wir haben nicht ohne Grund, weil wir an dem Thema weiter festhalten werden, zusammen mit den anderen Oppositionsfraktionen beantragt, dass diese Themen in einer der nächsten Sitzungen des Europaausschusses wieder auf die Tagesordnung kommen, weil wir nämlich glauben und fest davon überzeugt sind, dass sie gerade für Berlin sehr wichtig sind und man sie deshalb immer wieder auf der Tagesordnung halten muss.
Generell ist festzuhalten, dass nach einem Jahr der Osterweiterung Berlin im Gegensatz zu anderen europäischen Regionen leider noch nicht davon profitiert hat und auch noch nicht so weit ist. Ein Beispiel mag hier die Region Wien-Bratislava sein, wo grenzüberschreitend ein neuer Wirtschaftsraum entsteht. Solche Aktivitäten hätte man sich in Berlin auch gewünscht. Wir leugnen nicht, dass der Senat eine Vielzahl von Aktivitäten angestoßen hat. Man braucht sich den Europabericht nur anzuschauen – ein ziemlich dickes Kompendium. Aber – das wurde in der letzten Ausschusssitzung auch deutlich – es fehlt eben der rote Faden. Man merkt sehr deutlich, Europapolitik ist hier keine Chefsache wie in anderen Ländern und damit längst nicht so effizient.
Damit komme ich auf einen alten Punkt: Wir haben in dieser Sache leider keine Durchschlagskraft. Auch hier mag ein Beispiel stellvertretend für viele Dinge sein: Berlin fordert lauthals eine Metropolenförderung. Wenn es darum geht, sich deutschlandweit darauf zu einigen, ob
Ich komme gern zum Ende, wenn der Regierende Bürgermeister wahr haben will, dass er die Woiwoden immer noch nicht eingeladen und deren regelmäßigen Erfahrungsaustausch immer noch nicht initiiert hat. Dies wäre nämlich gut, um ein Gemeinschaftsgefühl in dieser Region zu erzeugen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Dass die Reform des Föderalismus gescheitert ist, ist von allen als ein verheerendes Signal an die Bürger unseres Landes bezeichnet worden. Wir predigen immer wieder, dass wir Reformen brauchen, wir muten unseren Bürgern Reformen zu – siehe Hartz IV –, und wenn die Politik selbst dran ist, kriegt sie das nicht auf die Reihe. Da darf man sich nicht wundern, wenn das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politiker in diesem Lande bei den Leuten draußen auf der Straße schwindet.
Ich glaube, dieses alles war für uns allesamt, egal wer letztendlich die Schuld am Scheitern haben sollte, kein Ruhmesblatt. Um so mehr ist es in unserem Interesse, dafür zu sorgen, dass man es doch noch schafft, das eigentlich vorzeigbare Ergebnis dieser Kommission zu einem endgültigen Erfolg zu führen.
Herr Dr. Lindner, da ist eben der Unterschied zwischen uns, wenn wir sagen: Es hat nichts mit Naivität zu tun. Ich würde dem Bundespräsidenten auch nicht unterstellen, dass er naiv ist, wenn er einfach noch einmal probiert, die beiden Verhandlungsführer an einen Tisch zu holen und zu versuchen, die letzten strittigen Fragen doch noch zu lösen, damit das Gesamtpaket, das schließlich über eine lange Zeit erarbeitet wurde, doch noch zum Abschluss geführt wird.
Über eines sind wir uns einig: Kriegen wir Ihren Konvent, heißt das im Klartext, das Ergebnis wird auf Null gesetzt, wir fangen von vorne an, es geht viel mehr Zeit übers Land, als wir vielleicht jetzt sparen könnten, wenn man doch noch zu einem Kompromiss käme. Insofern teile ich die Meinung des Kollegen Zimmermann an der Stelle ausdrücklich, dass man, bevor man neue Zeichen setzt und sagt, wir brauchen jetzt einen Konvent, erst auf dem Verhandlungsweg versuchen sollte, die bisherigen Ergebnisse zu retten.
Nein, ich habe nur 5 Minuten, insofern keine Zwischenfrage.
Glauben Sie das wirklich, Herr Lindner, dass Ihr Konvent das Ganze zu einem Erfolg führen wird?
Da kommt der nächste Punkt. Wir haben nicht das Problem, dass wir Lösungen brauchen, sondern letztendlich haben wir ein Entscheidungsproblem, dass sich diejenigen, die in Bundestag und Bundesrat darüber zu befinden haben, nicht einigen konnten. Die Situation wird durch einen Konvent nicht aufgelöst.
Insofern glauben wir nicht, dass Ihr Vorschlag zum gegenwärtigen Zeitpunkt zielführend ist.
Ein anderer Punkt – das geht uns Berliner besonders an, weil es in der Föderalismuskommission ein Thema war – war die Bemühung, eine Hauptstadtklausel zu bekommen. Unfreiwilligerweise ist uns hier Zeit gegeben worden, die Position und das weitere Vorgehen noch einmal zu überdenken. Ich begrüße ausdrücklich die Erklärung des Regierenden Bürgermeisters im gestrigen Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, dass er davon Abstand nimmt, auf separatem Wege eine Gesetzesinitiative zu starten, um im Bundesrat und Bundestag isoliert von allen anderen Reformbemühungen die Hauptstadtklausel durchzusetzen. Das ist der richtige Schritt. Dafür würde es im Bundesgebiet kein Verständnis geben, wenn wir fernab der eigentlichen Probleme letztlich nur an uns selbst dächten.
Ich appelliere an dieser Stelle – und reiche von Seiten der CDU-Fraktion die Hand –, die Chance zu nutzen und gemeinsam zu versuchen, zum Wohl unserer Stadt eine Lösung dafür zu finden. Wir haben eine 5-Punkte-Agenda aufgestellt. Wir haben die Erarbeitung eines Leitbildes für Berlin gefordert. Wir haben die Aufstellung eines Hauptstadthaushalts gefordert. Es sind genügend Vorschläge von uns gekommen, leider bisher ohne Widerhall in der Koalition. Ich erneuere deshalb ausdrücklich das Angebot, dass wir dazu bereit sind, weil es um die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt geht, eine gemeinsame Position gegenüber dem Bund und den Ländern aufzubauen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, es ist quasi eine Auszeit. Lassen Sie uns diese gemeinsam nutzen. Dann werden wir auch gemeinsam erfolgreich mit Bund und Ländern verhandeln können. – Herzlichen Dank!
Ich habe eine Frage an die Senatorin Junge-Reyer. – Wie beurteilt der Senat die Pläne einer privaten Gruppe, die ausschließlich mit eingeworbenen Spenden auf dem Schlossplatz in Berlin-Mitte eine Infobox errichten möchte, um über den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses zu informieren?
Frau Senatorin! Können denn die Initiatoren damit rechnen, dass ihr Anliegen zügig behandelt wird? Oder werden sie etwa vertröstet und wird auf Zeit gespielt? – Sie hören sich so an, als wollten sie erst umfangreiche Abstimmungen mit anderen Behörden wahrnehmen; dann würde viel Zeit ins Land und Berlin vielleicht eine weitere Attraktion verloren gehen.
Und da steht der Plan vor der Realisierung.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Krise des Karstadt-Konzerns hat uns wieder einmal vor Augen geführt, wie labil die Situation in so mancher Berliner Einkaufsstraße ist. Das rapide Flächenwachstum im Einzelhandel seit dem Mauerfall, gepaart mit der Entstehung neuer Shoppingzentren, die für Verbraucherinnen und Verbraucher modern und attraktiv sind, hat so manches gewachsene Bezirkszentrum in Bedrängnis gebracht. Viele mittelständische Betriebe mussten seitdem aufgeben, und der Leerstand ist mittlerweile in so mancher Einkaufsstraße deutlich sichtbar.
Die Einkaufsstraßen erfüllen aber nicht nur Funktionen als Standort des Einzelhandels, sondern sie erfüllen auch Aufgaben für die Dienstleistung und die Verwaltung. Sie sind sozusagen Kristallisationspunkte des urbanen Lebens, und aus dieser Sicht darf es uns nicht gleichgültig sein, was mit diesen Bezirkszentren geschieht.
Es gilt auch – das sollte an dieser Stelle einmal ausdrücklich gewürdigt werden –, all denjenigen zu danken, die in diesen Einkaufsstraßen, in Arbeits- und Interessengemeinschaften ehrenamtlich arbeiten, die versuchen, die Rahmenbedingungen an diesen Standorten zu verbessern, den vielen Unternehmern, die neben ihrem normalen Job auch bereit sind, Verantwortung für ihr Umfeld zu übernehmen. Ich denke, das ist die richtige Debatte, um einmal all denjenigen zu danken, denn ohne deren Engagement wäre vieles heutzutage nicht mehr möglich.
Der von der CDU-Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf greift dieses bürgerliche Engagement auf. Die Konzeption, die diesem Gesetz zu Grunde liegt, greift wiederum die Konzeption der so genannten Business-ImprovementDistricts auf. 1970 in Kanada geboren und immer weiterentwickelt, gibt es sie mittlerweile an weltweit 1 200 Standorten, in Nordamerika, Australien, Neuseeland und in anderen Ländern. Im Vereinigten Königreich wurde gerade die gesetzliche Voraussetzung geschaffen, so dass demnächst auch in London ein BID entsteht. Wir haben den englischen Begriff BID übersetzt in „Standortgemeinschaft“, weil wir der Ansicht sind, dass er mit einem Wort das ausdrückt, was dieses Gesetz zum Ausdruck bringen will, nämlich in einer Gemeinschaft einen gemeinsamen Standort entwickeln. Zu den Aufgaben von Standortgemeinschaften gehören Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit, der Sauberkeit, der Infrastruktur sowie die Optimierung eines Branchenmixes, die Schaffung eines einheitlichen Erscheinungsbildes und vor allem auch die bessere Vermarktung, also alle die Dinge, die in Einkaufszentren möglich sind, aber in gewachsenen Bezirkszentren zurzeit leider noch nicht funktionieren, weil dort die Strukturen fehlen.
Es sind die Akteure vor Ort, die entscheiden, ob sie eine Standortgemeinschaft gründen wollen oder nicht, die entscheiden, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen und logischerweise dann auch entscheiden, welche Finanzierung aufgebracht werden soll und welche nicht. Das heißt im Klartext: Es wird nur das angepackt, was letztendlich für die Beteiligten auch finanzierbar ist.
Bei den bisher auf Freiwilligkeit basierenden Interessen- und Arbeitsgemeinschaften gab es oft das Problem der Trittbrettfahrer, die von den Initiativen der Gemeinschaft profitierten, aber nie bereit waren, ihren Obolus, ihren finanziellen Anteil zu tragen. – Das jährliche Hickhack um die Weihnachtbeleuchtung am Kurfürstendamm mag dafür ein eindringliches Beispiel sein. Es ist zudem auch schwer, Immobilieneigentümer für die Interessen einer Einkaufsstraße zu gewinnen, dass diese neben der Optimierung ihrer Erträge auch Verantwortung für das Umfeld übernehmen.
Mit diesem Gesetz, das wir Ihnen vorgelegt haben, glauben wir die Möglichkeit zu schaffen, alle Akteure an einem Standort zu aktivieren und einzubeziehen. Vor allem: Eine solche Standortgemeinschaft kommt nur dann zu Stande, wenn die Mehrheit aller Akteure vor Ort es auch will. Das ist also keine Maßnahme, die von oben oktroyiert wird, sondern sie muss aus dem Inneren der Straße kommen – wenn die Beteiligten es wollen.
Um das noch einmal deutlich zu machen, weil die Vorbehalte immer groß sind: Die Immobilienbesitzer und Gewerbetreibenden entscheiden allein, ob sie eine solche Standortgemeinschaft gründen wollen oder nicht. Sie entscheiden darüber mit einer qualifizierten Mehrheit – so
Frau Meister
wie es in der Demokratie ist: Die Mehrheit entscheidet, und dann wird das gemacht, was die Mehrheit befürwortet. Hier liegt auch der qualitative Unterschied zu den bisherigen Formen, die auf Freiwilligkeit beruhten. Wenn sich in einer Standortgemeinschaft die Mehrheit für eine Maßnahmen- und Finanzierungskonzeption entscheidet, dann müssen alle mitmachen, aber dann müssen auch alle ihren Beitrag leisten.
Dieses Gesetz schafft den Rahmen, in dem Private aktiv werden können. Wie ich schon sagte: Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende entscheiden allein, ob sie es umsetzen wollen oder nicht. Gerade in Zeiten, in denen Berlin kein Geld hat, um eigene Initiativen zu starten, halten wir es für wichtig, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, selbst aktiv zu werden. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dieser Gesetzesinitiative die Voraussetzungen für mehr bürgerliches Engagement in dieser Stadt schaffen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schade, Sie haben es nicht verstanden!
Das ist genau der springende Punkt! Sie haben es nicht verstanden. Der Staat regelt eben nicht alles, sondern der Staat schafft einen Rahmen, in dem die Privaten es selbst regeln können. Das ist der Kern des Gesetzes. Sie werden wohl kaum den Amerikanern und den Engländern unterstellen, dass sie unter Staatsdirigismus leiden.
Warum ist denn die Idee ausgerechnet von Nordamerika ausgegangen? – Weil sich der Staat dort eben nicht einmischt, sondern weil der Staat dort sagt, ihr müsst euch selbst kümmern. Damit fängt es doch an. Bevor wir hier anfangen über Ordnungspolitik zu reden, lesen Sie bitte erst einmal die Entwürfe. Da können Sie deutlich herauslesen, dass der Rahmen geschaffen wird, in dem die Privaten selbst entscheiden, was sie tun und was sie nicht tun wollen.
Das ist ordnungspolitisch der richtige Ansatz. Der Staat soll sich ja zurücknehmen. Aber da muss ich den Bürgern doch die Möglichkeit geben, aktiv zu werden, und ihnen einen Rahmen setzen. Das beabsichtigt dieses Gesetz.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ob die Föderalismuskommission ein
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Gleiches gilt übrigens auch für die Gemeinschaftsaufgabe der Hochschulbauförderung, die schon angesprochen wurde. Wie will Berlin eigentlich angesichts von drei Universitäten, mehreren Fachhochschulen etc. diese Aufgabe stemmen, wenn die Mittel nicht übertragen werden? – Es ist allerdings auch ein Widerspruch, Herr Hoff, wenn
Sie auf der einen Seite mehr Kompetenzen für die Länder, auf der anderen Seite aber an der Stelle eine Zweckbindung der Mittel fordern. Das geht nicht, das passt nicht zusammen. Entweder will ich die Kompetenz und die Verantwortung dafür haben, dann muss ich aber auch zu den Entscheidungen stehen, die ich im Zusammenhang mit der Mittelverwendung treffe. Deswegen geht nur das eine oder das andere. Wir sind klipp und klar dafür: Ja, die Aufgaben und die Mittel dazu in die Länder geben, aber bitte keine Zweckbindung, sondern dieses Parlament soll dann darüber entscheiden.
Was die Abschichtung der Verantwortlichkeiten auf die Länder angeht, nur ein Beispiel: Wir fordern, dass wir und nicht mehr der Bund für die regionale Arbeitsmarktpolitik in diesem Land verantwortlich sind. Auf der anderen Seite weigert sich der Bund beharrlich – zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit –, die Verantwortlichkeit für Hartz IV auf die Länder abzuschichten. Anhand dieses kleinen Streits mag man schon sehen, wie ernst hier teilweise Bekundungen genommen werden – nämlich gar nicht.
(D
Herr Ratzmann, weil Sie von Kleinstaaterei etc. sprachen beim Thema Europatauglichkeit des deutschen Föderalismus: Es kann nicht in Ihrem Interesse sein, dass der Bund in Brüssel allein entscheidet, vor allem auch dann allein entscheidet, wenn es eigentlich die Zuständigkeit der Länder betrifft. Wir streiten ja gerade in der Föderalismuskommission darüber, dass mehr Verantwortlichkeiten und alleinige Zuständigkeit auf die Länder übertragen werden. Dann ist es ist doch ein Widerspruch, wenn der Bund in Brüssel über unsere Kompetenzen hinweg allein entscheiden soll. Wenn das so käme, würde das zwangsläufig zu einer schleichenden Entmachtung der Landesparlamente – auch dieses Parlaments – führen. Das kann auch nicht in unserem Interesse sein.
Erfolg wird oder ob sie vielleicht – wie Herr Hahn vorhin sagte – nur ein Mäuschen gebärt oder vielleicht sogar scheitert, das hängt davon ab – das ist in der Debatte heute deutlich geworden –, ob in den drei zentralen Kernbereichen Lösungen gefunden werden: in der Gesetzgebung – wer welche Gesetzgebung erlassen darf –, in der Frage der Finanzen und in der Frage der Europatauglichkeit.
Fangen wir mit dem Thema Finanzen an. Ich gehe gleich darauf ein, was die FDP hier mit ihrem Wettbewerbsföderalismus vorschlägt. Wir haben schon einmal darüber diskutiert, und dabei ist deutlich geworden, dass wir in der Bundesrepublik Deutschland Steuerdeckungsquoten zwischen 37 und 73 % haben, und Berlin ist am unteren Ende dieser Skala. Wer glaubt denn ernsthaft, dass das Land Berlin, wenn in diesem Land ein Steuerwettbewerb herrschen würde, konkurrenzfähig mit den reichen Südländern Bayern und Baden-Württemberg wäre?
Dieses würden wir nicht schaffen. Insofern wäre dieses Modell, dieser Versuch zum Scheitern verurteilt – zu Lasten der gesamten Stadt. Deswegen lehnen wir als CDU dies ab.
Kernproblem beim Thema Finanzen ist aber, dass sich alle Seiten vor einer Lösung der Frage drücken, wie es in der künftigen Finanzverfassung zwischen Bund und Ländern aussehen soll. Wenn ich mir den sehr ambitionierten Zeitplan bis 17. Dezember anschaue, dann habe ich große Zweifel, dass noch großartige Ergebnisse herauskommen. Was würde es für Berlin bedeuten, wenn auf der einen Seite zwar Aufgaben auf die Länder übertragen werden, auf der anderen Seite aber die Finanzmittel nicht übergehen? – Das mag vielleicht am Beispiel der Zukunft der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur einmal deutlich gemacht werden.
Das Land Berlin erhielt im letzten Jahr 56 Millionen € vom Bund, um die Wirtschaftsstruktur zu fördern und zu verbessern. Für das Jahr 2004 sind 80 Millionen € eingestellt. Die Mittel werden übrigens auch verwendet, um EFRE-Mittel aus Brüssel kozufinanzieren. Wir brauchen also diese Gelder. Eine Übertragung dieser Gemeinschaftsaufgabe, ohne dass auch die Mittel auf die Länder übergehen, würde zwangsläufig das Ende jeglicher Wirtschaftsförderung in dieser Stadt nach sich ziehen. Ich glaube, auch das kann in niemandes Interesse sein. Anhand dieses Beispiels mag man sich auch die Dramatik verdeutlichen, die die ungelösten Fragen in der Föderalismuskommission zurzeit noch nach sich ziehen.
Der EU-Verfassungsvertrag – das müsste jedem gegenwärtig sein – sieht u. a. eine offene Koordinierung in Fragen der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik vor, Aufgaben – Stichwort regionale Arbeitsmarktpolitik etc. –, die wir künftig in unserer Verantwortung sehen wollen. Ein anderes Beispiel ist die Daseinsvorsorge, auch ein Bereich, wo wir uns kompetent fühlen und zurzeit in der Föderalismuskommission darum kämpfen, dass wir die alleinige Zuständigkeit bekommen. Wenn nun der Bund für die EU-Ebene die alleinige Zuständigkeit bekäme, würde er auch dort allein Entscheidungen treffen, obwohl die Föderalismuskommission die Zuständigkeit für uns vorsah. Wie gesagt: Am Ende dieses Prozesses steht eine schleichende Entmachtung unseres Parlaments.
Nein, das muss anders laufen. Dort, wo der Bund zuständig ist, soll er auch allein entscheiden, und dort, wo die Länder zuständig sind, soll der Bund an ein Bundesratsvotum gebunden werden. Damit würde der Föderalismus europatauglich und gleichzeitig der Einfluss der Länder in Europa gesichert.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hahn! Wir haben gestern im Ausschuss nicht über Ihren Dringlichkeitsantrag gesprochen. Insofern können Sie nicht behaupten, dass wir Sie ermuntert hätten, in Sachen Wettbewerbsföderalismus tätig zu werden. Um das erst einmal klarzustellen! Wir haben gestern im Ausschuss um bestimmte Formulierungen gerungen, damit wir einen gemeinsamen Entschließungsantrag über alle Fraktionen zu Stande bekommen. Dass man dabei gemeinsam nach Formulierungen sucht, ist vollkommen selbstverständlich. Aber daraus abzuleiten, dass man Sie bei der einen oder anderen Stelle einer politischen Linie ermuntert, halte ich für sehr gewagt.
Um auf Ihren Antrag im Detail einzugehen: Es ist nicht nur der Wettbewerbsföderalismus bei den Steuern. Sie fordern auch ein unterschiedliches, differenziertes Arbeitsrecht je nach Region. – Moment, entweder sind wir ein Bundesstaat, oder wir sind ein Staatenbund. Ich glaube, wir sind immer noch ersteres, und die gleiche Rechtsbasis muss in der gesamten Bundesrepublik Deutschland gelten. Insofern halte ich den Vorschlag für noch verwegener als das Thema Wettbewerbsföderalismus über Steuerpolitik.
Herr Hahn! Lesen Sie sich bitte die Ministerpräsidentenbeschlüsse durch, die auf der Bundesratsseite eingestellt sind. Da haben die Ministerpräsidenten übereinstimmend ihre Position dazu dargelegt. Da steht klipp und klar, dass ein Wettbewerbsföderalismus über Steuern abgelehnt wird. Das war auch ein Konsens bei Regierungen, an denen die FDP beteiligt ist, sowohl in BadenWürttemberg als auch in Rheinland-Pfalz.
Sie kämpfen hier einen ziemlich einsamen Kampf, und er geht auch noch komplett an den Bedürfnissen der Stadt vorbei.
Bei allen Bestrebungen, neue Strukturen im Rahmen der Bundesstaatskommission zu schaffen, den Parlamenten mehr Spielräume zu öffnen, die wir alle wollen, muss ein gewisses Mindestmaß an Übereinstimmung in diesem Land immer noch herrschen. Dafür treten wir ein.
Jetzt müssen Sie sich entscheiden: Herr Hahn stimmt mir zu, und Sie sagen, es ist unrealistisch! Ich würde mich freuen, wenn sich die freidemokratische Fraktion ein bisschen einiger wäre. – Gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, ist Voraussetzung, um einen Wettbewerb durchführen zu können. Wenn Sie aber sagen, wir müssen jetzt in einen Wettbewerbsföderalismus, jetzt in einen Konkurrenzföderalismus eintreten – –
Herr Hahn, wenn Sie sagen, das sagten Sie nicht, schauen Sie sich doch an, was die Naumann-Stiftung und Herr Lambsdorff an ausführlichen Publikationen zum deutschen Föderalismus veröffentlicht haben, schauen Sie sich an, was die Parteistiftungen – Seidel-Stiftung, EbertStiftung, Naumann-Stiftung – gemeinsam zum Wettbewerbsföderalismus veröffentlicht haben, schauen Sie sich auch an, was die Ihnen nahestehenden Föderalismuswissenschaftler zum Thema Konkurrenzföderalismus sagen, dann werden Sie feststellen, dass die normative Position heißt, jetzt in einen Konkurrenzföderalismus einzutreten und den Länderfinanzausgleich sterben zu lassen. Das war die Position der Naumann-Stiftung in den Verhandlungen zum Maßstäbegesetz. Das war die Position der Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen im Zeitraum der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zum Länderfinanzausgleich. Das ist die Position der Freidemokraten bei der Regionalisierung der Krankenversicherung. In diesem Kontext sage ich: So einem Begriff von Wettbewerbsföderalismus, der im
)
sich mit vielem von dem deckt, womit Ministerpräsident
Hoff
Im Land Berlin ist es mittlerweile auch eine sinnvolle Position, zu sagen, möglicherweise reicht auch BerlinBrandenburg selbst nicht aus, sondern man muss zu größeren Rahmenbedingungen kommen. Diese Diskussion muss geführt werden. Denn wenn es stimmt, dass eine Leistungserzielung im öffentlichen Dienst beispielsweise erst bei einer Einwohnergröße von 5 Millionen Einwohnern kosten-/leistungsmäßig vergleichbar und sinnvoll ist, muss man sich darüber Gedanken machen, welches Bundesland in Ostdeutschland beispielsweise – außer Sachsen – diese Größe überhaupt erreicht. Ganz zwangsläufig muss man darüber nachdenken, wie lange man noch ein Land wie Bremen mit 760 000 Einwohnern einschließlich Bremerhaven aufrechterhalten will, wenn man sieht, dass dieses Land auch auf Grund seiner Kleinheit nicht in der Lage ist, mit Strukturproblemen, Werftenkrise umzugehen, während ein Land wie Nordrhein-Westfalen in der Lage ist, mit einer Strukturkrise umzugehen und trotzdem wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu realisieren. Das
heißt also, die Tradition, 360 Jahre freie Hansestadt Bremen, muss aus meiner Sicht auch aufgegeben werden, man muss sich Gedanken darüber machen, ob man dies aufgehen lassen kann in einem Nordstaat, wie ihn die Ernst-Kommission unter Sozialstaatsprinzipien in den 70er Jahren vorgegeben hat.
Wer den wirtschaftlichen Wettbewerb der Länder zum zentralen Leitmotiv des Föderalismus erhebt, verfehlt Sinn und Zweck der Staatlichkeit selbst und endet letztlich bei Kleinstaaterei.
(D
Was Kleinstaaterei heißt, das können wir beim Austritt Niedersachsens aus der Kultusministerkonferenz feststellen. Herr Dr. Lindner, Sie sind wieder hereingekommen. Deshalb will ich mich in zwei Punkten auf Sie beziehen. Ich finde den Ansatz richtig, zu sagen, wir müssen über die Kultusministerkonferenz nachdenken. Möglicherweise muss man auch über andere Strukturen nachdenken. Sie haben einen Antrag gestellt, mit dem Institut. Der ist diskussionswürdig, darüber sollte man nachdenken und die entsprechenden Akteure, die dazu aussagekräftig sind, beispielsweise in das Parlament, in die Beratungen einladen und sich deren Positionen anhören. Ich finde den Ansatz zumindest nachdenkenswert. Aber Sie haben gesagt, Sie können den Schritt Niedersachsens verstehen, haben sich aber vorher positiv auf die PISA-Studie und in den letzten Jahren wie Ihre Fraktion positiv auf solche Veränderungsprozesse wie Bachelor, Master-Einführung usw. bezogen. Der Austritt Niedersachsens hat die Fortführung der PISA-Vergleichsstudien in Frage gestellt. Nur dieser Schritt hat dazu geführt, dass das Auswärtige Amt die Maßnahmen für den internationalen Schüleraustausch 2005 eingestellt hat, weil nicht klar ist, ob die Kultusministerkonferenz in ihrer Struktur dies noch gewährleisten kann. Drittens ist die Bachelor- und Master-Akkreditierung durch diesen Schritt in Frage gestellt. An dieser Stelle beginnt im Föderalismus Kleinstaaterei und hat das Land Niedersachsen einen Schritt gemacht, der im Bildungsföderalismus mehr Schwierigkeiten als Lösungen gebracht hat. Ich bin dem Regierenden Bürgermeister sehr dankbar, dass er dargestellt hat, welche Schritte die Ministerpräsidentenkonferenz unternommen hat, um in dieser Situation Rechtssicherheit und Politikfähigkeit in den Ländern wieder zu realisieren. Ich denke, über solche Fragestellungen, auch die Konsequenzen solcher Schritte vorher nachzudenken, gehört zu verantwortungsvollem Verhalten von Ländern im deutschen Föderalismus. Das ist der Vorwurf, den man Niedersachsen machen muss, dass sie einen Schritt gegangen sind zu einer Zeit, als die Kultusministerkonferenz intern bereits seit einem Dreivierteljahr an einem Reformvorhaben arbeitete, das
desdeutscher Staatlichkeit aufgibt, werden wir nicht zustimmen.
Ich finde, Sie müssen sich darüber Gedanken machen, wie Sie mit einer Verschärfung von Differenz durch einen Wettbewerbsföderalismus umgehen wollen. Ich sage noch einmal: Wer über Konkurrenzföderalismus und Wettbewerb spricht und Unterbietungskonkurrenz zu Lasten von Regionen und Ländern meint, muss sich darüber Gedanken machen, was letztlich an Leistungen für Bürgerinnen und Bürger in den Regionen bleibt. Für ein Land wie Berlin, aber auch Städte in Nordrhein-Westfalen wie Gelsenkirchen oder Regionen wie die Oberpfalz bzw. Bremen hätte das, was Sie heute als Wettbewerbsföderalismus apostrophieren, verheerende Folgen, weil die zur Zeit bestehenden Rückbindungsmechanismen über die Gelder für extreme Haushaltsnotlagen, über den Finanzausgleich und entsprechende Bundesergänzungszuweisungen den Ländern Sicherheit geben, an einem bundesrepublikanischen Föderalismus teilzunehmen.
Ich sage auch – und da trifft man sich vielleicht an der einen oder anderen Stelle –, dass wir deshalb eine Verzerrung im bundesdeutschen Föderalismus haben, weil wir im Jahr 1976 durch die entsprechende Änderung des Artikels 29 vom ursprünglichen Länderneugliederungsauftrag, den es in bundesdeutscher Fassung gegeben hatte, abgekommen sind. Der Parlamentarische Rat hatte 1949 der Bundesregierung den Auftrag erteilt, innerhalb von drei Jahren eine Neugliederung des Bundesgebiets vorzunehmen. Dann sind verschiedene Kommissionen eingerichtet worden. Letztlich hat der Bundestag 1976 ein Länderneugliederungsverhinderungsgesetz gemacht und die Verfassung entsprechend geändert. Deshalb haben wir heute Bundesländer, die aus sich selbst nicht lebensfähig sind. Nicht zuletzt deshalb hat sich das Land Berlin entschieden, über den Status des Landes Berlin hinaus eine Fusion mit dem Land Brandenburg vorzunehmen, um wettbewerbs- und leistungsfähiger zu sein.
Aber da Herr Hahn Herrn von Dohnanyi zitiert hat, will ich an dieser Stelle den in der Tradition sozialliberaler Reformpolitik stehenden ehemaligen schleswigholsteinischen Innenminister Hans-Peter Bull zitieren, der schlicht und einfach festgestellt hat:
Deshalb heißt unser Leitbild: modernisierter, sozialstaatsorientierter Föderalismus.
)
Hoff
Danke schön, Herr Präsident! – Ich frage den Wirtschaftssenator, Herrn Wolf: Welche Folgen hätte es, wenn Berlin nach den Plänen der EUKommission nach Artikel 87 Abs. 3 c EGV ab dem Jahr 2007 keine Regionalbeihilfen mehr gewähren dürfte?
Wenn ich Sie recht verstanden habe, steht die gesamte Wirtschaftsförderung Berlins auf der Kippe – ob wir also eine Förderung nach Artikel 87 Abs. 3 c bekommen oder nicht. Welche Konzepte haben Sie, falls Ihre Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt sind und Berlin seine Wirtschaftsförderung komplett neu strukturieren muss?
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht bei der Debatte über die Neuordnung des Föderalismus nicht allein um die Neuregelung
der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern oder aus Berliner Sicht vielleicht um die Verankerung der Hauptstadtfunktion im Grundgesetz, sondern es geht auch ein Stück weit um die Europatauglichkeit unseres deutschen Föderalismus. Wenn ich mir den letzten Sonntag anschaue und feststellen muss, dass nur knapp 40 % der Bürger Berlins von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, muss uns das zu denken geben.
Europa ist für die meisten Menschen leider Gottes weit weg. Seine Entscheidungsprozesse sind oft nicht nachvollziehbar. Wenn man das vor dem Hintergrund betrachtet, dass mittlerweile 60 % aller deutschen Gesetze, die neu beschlossen werden, ihren Ursprung in Brüssel haben, ist dies eine gefährliche Entwicklung.
Die Regelung europäischer Angelegenheiten durch die Länder geschieht heutzutage leider meist durch reines Regierungshandeln, indem Richtlinien übernommen werden. Der europäische Integrationsprozess darf aber nicht nur einseitig eine Stärkung der Länderregierungen zur Folge haben, sondern muss auch eine stärkere Beteiligung der Landesparlamente sichern. Europapolitik darf nicht als eine Art Außenpolitik betrachtet werden, sondern sie muss als Innenpolitik wahrgenommen werden, die die Landesparlamente mitgestalten.
Wir fordern daher, dass das Informations- und Beteiligungsdefizit der Landesparlamente in europäischen Angelegenheiten durch eine Pflicht zur frühzeitigen Beteiligung der Landesparlamente behoben wird. Es ist gerade eines der großen Ziele der Föderalismuskommission, statt eines Beteiligungsföderalismus einen Gestaltungsföderalismus für die Länder wiederzugewinnen. Nur darf sich dieser Gestaltungsföderalismus, wenn er keine Worthülse bleiben soll, nicht auf die Beziehungen zwischen Bund und Ländern allein beziehen. Er muss in unseren heutigen Tagen einen europäischen Bezug als neue Komponente bekommen. Nur so hat der deutsche Föderalismus in Europa dauerhaft eine Daseinsberechtigung. Gelingt dies nicht, verkommt er zu einem Feigenblatt der Demokratie. Dieses kann nicht im Interesse unseres Hauses sein.
Nach der Gründung der Bundesrepublik waren in den ersten Jahren gerade einmal 10 % aller Gesetze zustimmungspflichtig. Sie wissen, heutzutage sind es über 60 %. Es ist ein zentraler Punkt in den Diskussionen der Föderalismuskommission, dass eine neue Austarierung von Eigenrechten und Mitwirkungsrechten der Länder im Bund kommen muss. Aber, und auch dieses ist wichtig, wenn wir eine Revitalisierung des Föderalismus haben wollen, müssen wir einen Weg zur Neuöffnung von eigenen politischen und legislativen Gestaltungsspielräumen für die Länder beschreiten. Die CDU – das ist bekannt – fordert hierzu eine Entflechtung und eine möglichst vollständige Aufteilung der Materien auf Bund und Länder.
Ich gebe Ihnen hier drei Beispiele. Das eine: Warum sollen nicht die Länder in Zukunft die Rechtsverhältnisse
Präsident Momper
ihrer Mitarbeiter allein regeln – mit Ausnahme allerdings der statusregelnden Fragen? Oder warum sollen Teilbereiche der öffentlichen Fürsorge wie z. B. in der Kinder- und Jugendhilfe und in der Sozialhilfe, die vor Ort geregelt werden, nicht durch die Länder bestimmt werden oder Teilbereiche des Rechts der Wirtschaft? Das Bundesverfassungsgericht hat vor kurzem erst entschieden, dass die Regelung des Ladenschlusses eigentlich in Länderhoheit gehört. Und ein letzter Punkt: Ich glaube Hartz IV zeigt uns deutlich, was schief laufen kann, wenn der Bund sich darum kümmert. Ich denke, hier wären die Länder die besseren Ansprechpartner.
Föderalismus lebt im Gegensatz zum Zentralstaat von der Vielfalt politischer Konzepte und Lösungsmöglichkeiten. Dieser Ideenwettbewerb setzt im Finanzbereich idealtypischerweise voraus, dass es Differenzierungsmöglichkeiten nicht nur bei den Ausgaben, sondern auch bei den Einnahmen geben müsste. Ein fairer Wettbewerb erfordert jedoch gleichartige wirtschaftliche Ausgangsbedingungen. Bei Steuerdeckungsquoten in der Bundesrepublik Deutschland von 37 % in Berlin bis zu 73 % bei den Südländern kann wohl von einem fairen Wettbewerb über Steuereinnahmen nicht gesprochen werden. Deshalb lehnen wir derzeit Zu- und Abschlagsrechte für die Länder bei den Ertragsteuern ab, weil wir glauben, dass Berlin bei seiner derzeitigen finanziellen Verfassung in solch einem Wettbewerb nicht erfolgreich bestehen könnte.
Zu guter Letzt zwei Worte zum Thema Berlins Verankerung im Grundgesetz. Es ist richtig, dass diese Klausel kommt, es löst aber das Problem nicht. Wir müssen mit den Ländern in einen engen Kontakt treten, wie das gelöst werden kann. Wir fordern deshalb den Regierenden Bürgermeister auf, einen Hauptstadthaushalt aufzustellen, damit dieses geregelt werden kann, damit wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, wenn wir mit den Ländern in Verhandlungen treten.
Und ein Letztes: Neben dem Hauptstadthaushalt müssen wir auch die Länderfusion Berlin-Brandenburg vorantreiben. Das ist auch Ziel der Föderalismuskommission, denke ich, und hier muss auch über das Stadtstaatenprivileg verhandelt werden. Dazu ist bisher noch kein Wort von Herrn Wowereit gefallen. Ich denke, es wird höchste Zeit, sonst wird es nichts mit der Fusion. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Verehrte Exzellenzen! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist oft gesagt worden: Der 1. Mai ist wahrlich ein historisches Datum.
Nehmen wir Ihr MOE-Konzept. Sie listen eine Vielzahl von Handlungsfeldern auf, um mit den Beitrittsstaaten in Mittel- und Osteuropa zusammenzuarbeiten. Sie
nehmen aber keine Prioritätensetzung vor, geschweige denn, dass Sie bereit sind, dieses auch mit ein wenig Finanzierung zu unterlegen, was man machen muss, wenn man Konzepte umsetzen will. Wir haben im Ausschuss beantragt, dass genau dieses geschieht. Sie lehnen dies ab. Man fragt sich, ob Sie dieses Konzept wirklich umsetzen wollen.
Ins Bild passt auch, dass Sie die Zuschüsse für die heute auch von Ihnen gelobte Europäische Akademie stark zusammenkürzen. Die hat gerade exzellente Kontakte in die mittel- und osteuropäischen Staaten. Die brauchen wir doch eigentlich jetzt. Sie sparen hier an der falschen Stelle. Sie sparen hier an der Zukunft Berlins.
Die Streichung der Zuschüsse für die DeutschPolnische Wirtschaftsförderungsgesellschaft Ende 2004 ist ein weiteres Beispiel für die verfehlte Europapolitik. Sie entziehen gerade jetzt der mittelständischen Wirtschaft Berlins ein Instrument, um Geschäftskontakte nach Polen zu knüpfen, und dies im Jahr der EU-Osterweiterung. Beileibe, das kann doch nicht der Ansatz sein! Berlin muss seine Aktivitäten darauf legen, stärker als bisher mit den polnischen Regionen zusammenzuarbeiten, zum anderen – wie Sie richtig sagen – mit den europäischen Ballungsräumen. Wenn Sie das in Zukunft beherzigen, werden Sie auch nicht wieder solch eine Niederlage erleben wie beim 3. Kohäsionsbericht, in den Ihre Forderung nach einer Metropolenförderung keinen Eingang gefunden hat. Wenn man starke Partner in Europa hat, dann gelingt so etwas auch in Zukunft. Wir fordern Sie auf, so etwas in Zukunft aktiv zu verfolgen. – Herzlichen Dank!
Herr Regierender Bürgermeister, was diesen Teil Ihrer Regierungserklärung angeht, schließe ich mich Ihrer historischen Bewertung voll und ganz an. Wir Berliner und alle Deutschen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie aus der Vergangenheit gelernt haben, und vor allem, dass sie auch gelernt haben, mit dieser Vergangenheit umzugehen. Das sollte den Nachbarn aus dem mittel- und osteuropäischen Staaten ein Stück Sicherheit geben, wenn wir über die Ansiedlung eines europäischen Zentrums gegen Vertreibung hier in Berlin diskutieren. Sie wissen, dass sich die CDU voll und ganz dafür ausspricht. Das Ganze muss aber mit den Mitgliedsstaaten, die dazukommen, gemeinsam vorangetrieben werden.
Was den Teil Ihrer Regierungserklärung zu Berlin angeht, fällt mir ein altes deutsches Sprichwort ein: Die Botschaft hör´ ich wohl, mir fehlt bloß der Glaube!
Das Kooperationsabkommen zwischen Berlin und Brandenburg und der polnischen Woiwodschaft Großpolen, das Sie vorhin erwähnten, können Sie nicht ernsthaft als einen Erfolg der Berliner Politik bewerten. Herr Staatssekretär Schmitz hat im Ausschuss deutlich gemacht, dass Berlin selbst keinen aktiven Beitrag dazu geleistet hat, sondern Brandenburg und Großpolen dies vorangetrieben haben und anschließen Berlin eingeladen haben, sich daran zu beteiligen. Das ist ein bisschen zu dünn, um von aktiver Politik zu sprechen.
Die Kontakte zu den anderen Woiwodschaften gibt es, aber sie sind auf Einzelthemen beschränkt. Man hat nicht das Gefühl, dass hier eine ganzheitliche Strategie verfolgt wird, geschweige denn, dass man alle Fäden in der Hand hat. Sie haben nachher den Antrag der CDU zur Abstimmung vorliegen, in dem wir eine strategische Partnerschaft mit den polnischen Woiwodschaften fordern. Die Koalition hat diesen gestern abgelehnt. Das werden Sie nachher sicher auch tun. Das verstehe, wer will. Wir erneuern an dieser Stelle noch einmal unsere Forderung: Berlin, Brandenburg, die an Deutschland grenzenden Woiwodschaften und die Woiwodschaft Großpolen müssen zusammen eine gemeinsame Region bilden. Es wäre genau das richtige Zeichen, wenn Sie heute in der Regierungserklärung den brandenburgischen Ministerpräsidenten und die Woiwoden dieser Woiwodschaften nach Berlin eingeladen hätten, um gemeinsam dieses Ziel einer gemeinsamen Region voranzutreiben. Das wäre eine Initiative gewesen. Das wäre aktive Europapolitik gewesen. Genau dies lassen Sie aber bis zum heutigen Tage vermissen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir nähern uns mit großen Schritten dem 1. Mai, einem Tag, an dem zehn Staaten der Europäischen Union beitreten werden, ein großer Tag für Europa und vor allem ein sehr wichtiger Tag für Berlin. Unser Nachbar Polen wird dann EU-Mitglied werden. Damit ergeben sich für Berlin neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und der Kooperation, gerade mit Polen. Und es muss in unserem ureigensten Interesse liegen, gute und nachhaltige Beziehungen zu unserem östlichen Nachbarn zu unterhalten. Die Antragsinitiative, Berlin für Europa fit zu machen, deren erste Anträge wir heute ins Parlament einbringen, befasst sich mit den Konsequenzen, die sich für Berlin aus der EU-Erweiterung ergeben. Leider ist die Stadt nur unzureichend auf die EU-Erweiterung vorbereitet. Der Senat betont zwar immer wieder, wie wichtig und einschneidend der Beitritt der Mittel- und Osteuropäischen Staaten für Berlin ist, aber in der realen
Politik – so scheint es – wird gegenteilig gehandelt. Ich möchte das an drei Beispielen deutlich machen:
Das erste Beispiel: Der Senat zieht sich zum Ende dieses Jahres aus der deutsch-polnischen Wirtschaftsförderung zurück – gerade im Jahr der EU-Osterweiterung – und dass, obwohl der Berliner Mittelstand gerade jetzt ein Instrument brauchte, das ihm hilft, in Polen mit polnischen Wirtschaftsfirmen Kontakte zu knüpfen und Geschäfte abzuschließen. Gerade aber der Mittelstand – immer als Fundament unserer Wirtschaft bezeichnet – kann sich keine Berater leisten, die ihm das nötige Knowhow liefern, damit er die richtigen Kontakte knüpfen bzw. die richtigen Schritte einleiten kann.
Ein weiteres Beispiel sind die erheblichen Kürzungen bei der Europäischen Akademie. Wir betonen immer, wie wichtig unsere Kontakte in die Mittel- und Osteuropäischen Staaten sind, doch in der realen Politik kürzen wir genau dort, wo diese Kontakte für Berlin genutzt werden – das widerspricht sich.
Ein drittes, für mich fast das wesentlichste Beispiel: Ich habe in den letzten Monaten keine Öffentlichkeitsarbeit des Berliner Senats wahrnehmen können, die die Berlinerinnen und Berliner auf die EU-Osterweiterung vorbereitet hat. Das ist aus meiner Sicht der größte Fehler, den wir machen konnten.
Viele Berliner wissen nicht, dass sich zum 1. Mai alles ändert. Nichtwissen wird dann oft durch Mutmaßungen ersetzt, Ängste können dadurch leichter geschürt werden, obwohl es dringend nötig wäre zu informieren. Aus Sicht der CDU ist die EU-Osterweiterung eine große Chance, jedoch nicht ohne Risiken. Nur wer Bescheid weiß, kann sich darauf einstellen und wird dem Neuen nicht aus Unwissen heraus ablehnend gegenüberstehen.
Es liegt in unserem Interesse, dass die Verbindungen zu unseren östlichen Nachbarn enger werden. Berlin kann sich gerade gegenüber Polen keine Abschottung, keine Ignoranz leisten. Ein offener und vertrauensvoller Umgang – gerade mit unserem Nachbarn – ist für uns Berliner geradezu eine Existenzfrage. Wir müssen daher die Verknüpfungen im wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und im kulturellen Bereich zu Polen, aber auch zu den anderen Mittel- und Osteuropäischen Staaten noch stärker verknüpfen. Dazu bedarf es einer positiven Grundstimmung in der Bevölkerung, die aber nur durch eine aktive Informationspolitik zu erreichen ist, indem man versucht, im positiven Sinne die Chancen herauszustellen, aber auch die Herausforderungen und die Risiken nicht zu verniedlichen.
Diese drei Beispiele mögen verdeutlichen, dass zwischen proklamierter und realer Politik des Senats ein großer
Unterschied besteht. Die Antragsinitiative der CDU will auf konkreten Handlungsbedarf hinweisen, damit wir die Chancen, die sich uns jetzt bieten, nutzen können und damit die europäische Idee in Berlin noch stärker verankert wird.
Natürlich gehört es sich bei so einer Antragsinitiative, dass an erster Stelle ein Antrag stehen muss, der sich mit der Zukunft der Kohäsionspolitik befasst. Dass Berlin ab 2007 keine Höchstförderung mehr aus Brüssel bekommt, das wissen wir, darauf müssen wir uns jetzt schon einstellen. Wir müssen jetzt schon die Weichen stellen, damit wir ab 2007 nicht vor dem Nichts stehen, sondern zumindest in Teilen weitere Fördergelder aus Brüssel beziehen können. Aus meiner Sicht und der der CDU-Fraktion ist es dabei besonders wichtig, dass der Schwerpunkt beim Einsatz der Fördermittel auf die Steigerung der Wertschöpfungskraft der Berliner Wirtschaft gelegt wird.
Zu viele Mittel wandern in den konsumtiven Bereich, versickern und haben leider keine nachhaltige Wirkung für die Berlinerinnen und Berliner. Wenn wir über zukünftige Förderkulissen reden, so ist klar, dass wir gerade mit unserem neuen EU-Nachbarn Polen stärker zusammenarbeiten müssen, um auch gemeinsame Förderprojekte zu beantragen. Der dritte Kohäsionsbericht der EUKommission, der Basis für die zukünftige Diskussion sein wird, regt solch ein Instrument zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit an. Berlin und Brandenburg tun gut daran, sich mit diesem Gedanken auseinander zu setzen, um gemeinsam mit Polen in eine engere Kooperation zu treten.
Das Fließen von Geldern aus Brüssel ist das eine, das andere ist die Beihilferegelung. Wir werden an der deutsch-polnischen Grenze zukünftig ein Fördergefälle haben, und wir werden uns mit den daraus entstehenden Konsequenzen auseinander setzen müssen. Zumindest beim Beihilferecht ist es einen Versuch wert, eine Änderung dahin gehend zu erreichen, dass Regionen, die vielleicht nicht Höchstfördergebiete sind, trotzdem über die Beihilfen und zusätzlichen Mitteleinsatz oder durch andere Zusagen eine verstärkte Politik machen können, als das bisher der Fall ist.
Dazu ist aktive Lobbyarbeit in Brüssel nötig, dazu bedarf es Partner, und auch in diesem Fall ist die enge Kooperation mit dem polnischen Nachbarn, mit der Slowakei, den Tschechen etc. dringend nötig.
Lobbyarbeit ist aber auch in der Bundesrepublik nötig. Wir haben schon öfter darüber geredet, es wird in den ersten sieben Jahren – das ist jedenfalls die höchstmögliche Jahreszahl – Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit geben. Nicht wenige Berlinerinnen und Berliner haben Angst davor, dass ihnen eventuell Arbeitsplätze genommen werden. Auch wenn diese Angst vielleicht
unbegründet erscheint, so wird die Berliner Politik im Zusammenspiel mit den anderen Bundesländern und der Bundesregierung einiges an Aufklärungsarbeit leisten müssen, um den Leuten die Sorge zu nehmen. Man wird – auch im Interesse Berlins – darauf dringen müssen, dass die sieben Jahre komplett ausgeschöpft werden. Ich sehe die Gefahr kommen, dass gerade die stark industrialisierten Bundesländer – Nordrhein-Westfalen, Hessen und auch Bayern – darauf dringen werden, weil sie einen Facharbeitermangel haben, dass bereits nach fünf Jahren die Freizügigkeit kommt. Das würde natürlich die grenznahen Regionen und damit auch Berlin, das unweigerlich ein Magnet ist, besonders belasten. Das kann nicht im Interesse Berlins sein; wir plädieren dafür, sich dafür einzusetzen, dass die sieben Jahre voll ausgeschöpft werden.
Ich erwähnte am Beispiel der deutsch-polnischen Wirtschaftsförderung bereits die Notwendigkeit, gerade dem Mittelstand Hilfestellung bei der Erschließung neuer Geschäftskontakte in den Beitrittsländern zu geben. Die Beitrittsländer müssen in den nächsten Jahren Anschluss an die Standards der EU finden – gerade im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur, des Umweltschutzes, aber auch der Lebensmittelsicherheit. Es gibt hier eine ganze Menge Know-how, das deutsche und auch Berliner Firmen zu bieten haben, welches sie in den Beitrittsstaaten verkaufen können. Hier ist aktive Wirtschaftspolitik gefordert, um Türen vor Ort zu öffnen, dauerhafte Präsenz der Wirtschaftsförderung aber auch der Berliner Spitzenpolitiker. Davon können wir zur Zeit nur relativ wenig sehen, hier herrscht starker Veränderungs- und Verbesserungsbedarf.
Berlin ist auf eine intakte Verkehrsinfrastruktur angewiesen, gerade gen Osten. Die Güterverkehrs-prognose der Bundesregierung sagt klar, bis zum Jahre 2015 wird sich der Güterverkehr verdreifachen. Was das für unsere Straßen von und nach Berlin bedeutet, kann sich jeder ausmalen – hier herrscht Handlungsbedarf, sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr. Ich gebe hier nur das Stichwort, dass eine ICE-Verbindung nach Warschau überfällig ist und dass auf der anderen Seite die Straßen und Eisenbahnverbindungen für den Personen- und Güterverkehr fit gemacht werden müssen. Für eine Übergangszeit werden wir aber mit dem Status quo leben müssen, und dabei bedarf es intelligenter Ideen, wie man Teile des Verkehrs auf andere Verkehrsträger – z. B. von der Straße auf die Schiene – verlagern kann. Wir fordern, dass man mit Polen gemeinsam darüber nachdenkt, ob nicht die Einrichtung einer rollenden Landstraße möglich ist, um Lkw von der Straße herunterzuholen und auf die Schiene zu setzen. Es gibt hier auch das EUFörderprogramm „Marco Polo“, das eventuell helfen könnte, bei der Finanzierung einen Beitrag zu leisten.
Zum Schluss meiner Rede möchte ich Ihnen zwei Zahlen nennen und deutlich machen, dass wir auch in Berlin einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten haben:
Allensbach hat zum Jahreswechsel eine Meinungsumfrage in Deutschland durchgeführt und hat die Bevölkerung danach gefragt, wie sie die Bedeutung der Brüsseler Verordnungen einschätze. 80 % der Deutschen haben gesagt, dass nur 20 % der Entscheidungen in Brüssel für Deutschland wichtig seien. 80 % sind es in Wirklichkeit. Information und Aufklärung beginnt in der Schule, deshalb fordern wir, dass Europa auf den Lehrplan kommt, damit die Jugendlichen frühzeitig lernen und erkennen, was Europa bedeutet.
Die Erweiterung bringt für Berlin Chancen und Risiken. Damit sie genutzt werden, die Risiken beherrschbar bleiben, ist jedoch von uns Eigeninitiative gefordert. Dazu fordern wir den Senat auf. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Cramer! Es war schön, Ihre erste Wahlkampfrede zu hören. Bloß eins darf ich mir im Namen meiner gesamten Fraktion verbitten: dass Sie so tun, als betrieben wir Aktionismus. Meine Vorgänger als der europapolitische Sprecher der CDU-Fraktion Andreas Apelt und der mittlerweile leider verstorbene Peter Kittelmann haben dieses Thema seit den 90er Jahren in diesem Hause immer wieder angesprochen.
Auch Peter Radunski, damals noch Senator für Bundes- und Europaangelegenheiten, und der ehemalige Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen haben dieses Thema immer verfolgt. Also hier von Aktionismus zu reden und zu sagen, wir würden das Thema jetzt entdecken, Kollege Cramer, aber auch verehrte Kollegin Michels, das greift in die unterste Schublade und ist ein Stück weit auch Ausdruck von Hilflosigkeit.
Richtig ist: Wir haben wieder den Anlass gesehen, auf das Thema aufmerksam zu machen. In der Debatte ist deutlich geworden: Es gibt Defizite in dieser Stadt. Wir tun gut daran, die Defizite in der Europapolitik jetzt gemeinsam aufzuarbeiten und voranzubringen. – Herzlichen Dank!
Herzlichen Dank, Herr Präsident! – Herr Regierender Bürgermeister! Die Nachricht, dass wir bis 2005 Ziel-1-Förderung erhalten, ist nichts Neues, das steht schon lange fest.
Mich interessiert, wie Sie die Tatsache bewerten, dass die EU-Kommission mit keinem Wort auf die Berliner Forderung nach einer Metropolenförderung eingegangen ist, sondern stattdessen zwar für Ziel-2-Gebiete die Förderung so genannter sozioökonomischer Faktoren erwähnt, aber dies in die Verantwortung der Mitgliedstaaten legt,
so dass in Zukunft die Bundesrepublik Deutschland und die Länder selbst entscheiden werden, wie viel Geld welche Ziel-2-Region erhält.
Ich möchte Senator Strieder zum Verkehrskonzept für den zukünftigen Hauptbahnhof folgende Frage stellen: Trifft es zu, dass seine Verwaltung der Meinung ist, dass dieser zukünftige Hauptbahnhof von Reisebussen so gut wie gar nicht frequentiert wird, oder aus welchem anderen Grund gedenkt seine Verwaltung dort nur vier Busparkplätze einzurichten?
Herr Strieder! Halten Sie es für realistisch, dass sich dieses durchsetzen lässt? Ist nicht eher zu befürchten, dass es zu Staus durch wartende Busfahrer kommt, weil deren Passagiere vor Ort abgesetzt werden möchten bzw. verlangen, dass die Busse vor Ort warten?
Nunmehr seit mehreren Wochen ist die Wilhelmstraße
vor der britischen Botschaft gesperrt. Ein Ende ist nicht in Sicht. Wenn es denn käme, dann kann schon mit der nächsten Sperrung gerechnet werden. Denn immer, wenn der Bund die Sicherheitslage in Bezug auf die britische Botschaft für angespannt hält, kann er das Land Berlin anweisen, die Strasse wieder zu sperren. Und das Land Berlin kann sich nicht mal dagegen wehren.
Bereits jetzt sind die Parallelstraßen zur Wilhelmstra
ße, wie zum Beispiel die Glinkastraße, stärker belastet. Wie stellt sich aber erst die verkehrliche Situation dar, wenn die amerikanische Botschaft gebaut wird, geschweige denn fertiggestellt und eröffnet wurde? – Was geschieht am Mahnmal für die ermordeten Juden in Europa? – Man kann sich die Situation unschwer ausmalen: Trotz aller Planungen, trotz Sicherheitszone wird man schnell zu dem Schluss kommen, dass besondere Sicherheitsmaßnahmen nötig sind. Man wird schlichtweg nicht nur die Wilhelmstraße vor der britischen Botschaft sperren, nein, auch die Ebert- und Behrenstraße rund um das Brandenburger Tor werden dann nach aller Wahrscheinlichkeit für den Individual- und öffentlichen Verkehr geschlossen.
Der gesamte Bereich rund um das Brandenburger Tor
ist dann eine Barriere, die zumindest in Sachen Verkehr die Stadt wieder teilt. Dies kann und darf in niemandes Interesse sein! Als einzige leistungsfähige Ost-WestVerbindung bliebe dann die Leipziger Straße übrig, die bereits jetzt schon an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit kommt und wo verkehrsbehindernde Staus an der Tagesordnung sind.
Die CDU fordert deshalb schnellstmöglich die Erar
beitung eines Verkehrskonzeptes, das der veränderten Sicherheitslage gerecht wird. Das Parlaments- und Regierungsviertel und der Wirtschaftsverkehr in Berlin brauchen ein leistungsfähiges Straßennetz im Herzen der Stadt. Hierzu sind funktionierende Ost-West-Verbindungen zwingend notwendig.
Bestandteil dieses Konzeptes müssen auch weitere
Ost-West-Verbindungen sein, die das Parlaments- und Regierungsviertel für den Verkehr durchlässiger werden lassen. Einzelne Straßensperrungen lassen sich dann leichter verkraften.
Eine erste wichtige Maßnahme wäre der sofortige und
vollständige Ausbau der Französischen Straße, die der Senat aber erst ab 2006 und dann auch nur unvollständig angehen will. Dieses ist aus Sicht der CDU zu spät!
Wir können es uns nicht leisten – und das im wahrsten
Sinne des Wortes –, den Verkehr in der Mitte der Stadt lahm zu legen. Regierung, Parlament und vor allem zu viele Unternehmen sind darauf angewiesen, dass der Verkehr in der Stadtmitte zwischen Ost und West fließen kann. Daran hängen auch Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, was leider allzu oft vergessen wird.
Ein neues Verkehrskonzept für Berlins Mitte ist des
halb dringend notwendig!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass sich der Berliner Einzelhandel in einem enormen Strukturwandel befindet. Einem rasanten Umsatzrückgang und einem Kaufkraftverlust und Arbeitsplatzabbau seit über 10 Jahren steht immer mehr Verkaufsfläche gegenüber.
Bereits jetzt sagen die Experten, dass es in Berlin ca. 20 % mehr Verkaufsfläche als dafür notwendige Kaufkraft gibt. Vor diesem Hintergrund diskutieren wir die Realisierung weiterer Großprojekte, die den Verdrängungswettbewerb im Berliner Einzelhandel weiter anheizen werden. Welchen Sinn macht es, auf der so genannten grünen Wiese neue Großprojekte hochzuziehen, wenn unweit davon bereits an der Landsberger Allee Investitionsruinen stehen? – Keinen! Welchen Sinn macht es, Großprojekte hochzuziehen, die bestehende Bezirkszentren wie in Pankow, Lichtenberg oder Hohenschönhausen und dortige Investitionen gefährden? – Keinen!
Und welchen Sinn macht es, Großprojekte hochzuziehen, wenn dies die Entwicklung und Vermarktung von Immobilien gefährdet, die der Risikoabschirmung des Landes Berlin unterliegen? – Keinen! Wir schaden uns sogar noch selbst. Herr Senator Strieder! Vor diesem Hintergrund macht Ihre Politik in Bezug auf die Großflächen wahrhaft keinen Sinn.
Es verwundert deshalb auch nicht, wenn IHK und Einzelhandelsverband wie auch der Unternehmerverband Berlin-Brandenburg die in Rede stehenden Großprojekte ablehnen und als „nicht stadtverträglich“ bezeichnen. Im Übrigen lehnt auch der Investor der „Banane“ die Investition in der Landsberger Allee ab, weil er sehr genau weiß, dass 160 000 qm Verkaufsfläche sich bis zum Alexanderplatz auswirken würden.
Aus Sicht der CDU müssen bei der Genehmigung solcher großflächigen Projekte zukünftig viel stärker als bisher die Auswirkungen auf unsere Bezirkszentren berücksichtigt werden. Grundsätzlich sollte man solche Großprojekte nur noch an integrierten Standorten genehmigen, um die Stadtzentren zu stärken.
Aus dieser Sicht wurden auch der Flächennutzungsplan und der Stadtentwicklungsplan „Zentren und Einzelhandel“ entwickelt. Dieser beschreibt genau dies und nicht weitere Großprojekte auf der grünen Wiese. Es ist deshalb für die CDU nicht nachvollziehbar, wenn Planungsrecht auf einmal geändert wird, nur damit auf der grünen Wiese an der Landesgrenze ein neues Großprojekt hochgezogen werden soll. Deshalb werden wir das Projekt Landsberger Allee ablehnen.
Herr Strieder, Sie bringen immer das Kaufkraftargument vor, dass wir in Berlin viel zu wenig Kaufkraft im Vergleich zu Hamburg oder München binden. Fakt ist,
dass in Berlin bereits 300 Millionen € mehr an Kaufkraft aus Brandenburg kommen als von Berlin nach Brandenburg abfließen. Der Berliner Saldo ist also positiv. Fakt ist auch, dass das Umland von Hamburg oder München wesentlich mehr Kaufkraft bietet. Vor dem Hintergrund frage ich mich, was aus Brandenburg, wo die Bürger längst nicht so viel Kaufkraft haben, zusätzlich zu den 300 Millionen € noch gebunden werden soll, die wir jetzt schon binden. Ihre Kaufkrafttheorie, Herr Strieder, ist also auch falsch.
Auch das Argument, wir müssten an der Stadtgrenze die Kaufkraft abhalten – mit Verlaub, das ist in den 70er Jahren in den alten Bundesländern vorexerziert worden und dort kläglich gescheitert.
Was noch viel schlimmer ist, Herr Strieder: Sie machen Berlin unglaubwürdig. Wir haben den Brandenburgern sei 10 Jahren erzählt, dass sie auf der grünen Wiese nicht so viele Einkaufszentren bauen sollen, weil sie sowohl die Entwicklung ihrer eigenen Städte als auch die Entwicklung Berlins gefährden. Und jetzt machen Sie genau das, was wir den Brandenburgern immer auszureden versucht haben. Das schafft für die bevorstehende Länderfusion keine glaubwürdige Grundlage und keine glaubwürdige Arbeitsbasis.
Jedem dürfte klar sein, dass Sie nicht nur mit der Landsberger Allee, sondern auch mit den anderen Großprojekten letztlich unsere Bezirkszentren gefährden und mit dazu beitragen, dass sich der Downtrading-Prozess, der in unseren Einkaufsstraßen Einzug gehalten hat – schauen Sie sich die Hermannstraße und die Turmstraße an –, weiter fortsetzen wird. Statt von neuen Großprojekten zu träumen, sollte man vielmehr seinen Schwerpunkt darauf legen, wie unsere Einkaufsstraßen, unsere bezirklichen Zentren, die nicht nur zum Einkaufen da sind, sondern auch den Mittelpunkt unseres städtischen Lebens darstellen, revitalisiert und aufgewertet werden könnten. Das ist die eigentliche Herausforderung einer Stadtentwicklungspolitik, nicht der Bau von irgendetwas auf der grünen Wiese.
Herr Strieder, wir fordern Sie auf, statt von immer weitern neuen Großprojekten zu träumen, sich diesen Problemen in unseren Kiezen zuzuwenden, sonst verwahrlosen diese noch viel mehr. – Vielen Dank!
Ich frage Senator Strieder, ob es zutrifft, dass der zweite Entwurf Ihrer neuen Bauordnung intern fertiggestellt sein soll und dass auch in diesem Entwurf wieder die Zentralisierungsbestrebungen gegriffen haben. Das soll heißen, dass auch für Sonderbauten wie Hotels mit nur wenigen Betten in Zukunft die Baugenehmigung bei Ihrer Behörde zu beantragen ist.
Darf ich Ihre Antwort so verstehen, dass Sie von der bisher geübten Praxis der dezentralen Strukturen in Berlin abweichen und in Zukunft alle Projekte, die Ihnen politisch wichtig erscheinen, persönlich genehmigen wollen?
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Herr Cramer! Sie haben Recht. Wir freuen uns, dass endlich geltendes Baurecht geschaffen wird, wenn der Bebauungsplan heute eine Mehrheit findet, was wir hoffen. Was aus unserer Sicht aber unverständlich ist, ist die Tatsache, dass ausgerechnet das Stück zwischen Wilhelm und Mauerstraße, das Herr Schimmler soeben erwähnte, nicht gebaut werden soll. Die komplette Französische Straße erscheint auch nicht in den Investitionsplanungen des Senats für den geplanten Doppelhaushalt 2004/2005, so dass wir fast schon befürchten, dass diese Maßnahme, wenn überhaupt, erst ab 2006 realisiert werden soll. Das trifft auf unser Unverständnis, weil wir glauben, dass es im Parlaments- und Regierungsviertel ohnehin zu wenig Ost-West-Verbindungen gibt.
Man kann es mit bloßen Augen sehen und braucht keine wissenschaftlichen Untersuchungen, dass wir eigentlich mehr Ost-West-Verbindungen brauchen. Was wir auch nicht verstehen können ist, dass für den Umbau der Linden, für dieses Prestigeobjekt, Geld vorhanden ist. Dafür gibt Herr Strieder sofort Geld aus. Für den Ausbau der Französischen Straße, für den er auf die gleichen Geldquellen zugreifen könnte, an die Hauptstadtmittel, hat er kein Geld. Das verstehen wir nicht. Das ist für uns Ausdruck der Politik, die er betreibt, eher Prestige als notwendige Maßnahmen.
Es gibt aber noch weitere Argumente, warum der Ausbau der Französischen Straße aus unserer Sicht bereits jetzt notwendig ist. Das Holocaust-Mahnmal wurde schon erwähnt. Wenn wir diese Straße nicht bekommen, kann
)
Die PDS stimmte zu, Herr Cramer, obwohl wir auch die Verlängerung von der Mauerstraße zur Wilhelmstraße nicht für sinnvoll halten. Denn der Beschluss lautete damals: von der Mauerstraße zur Wilhelmstraße: ja; von der Wilhelmstraße zur Ebertstraße: nein. Wir halten die gesamte Durchbindung verkehrspolitisch für überflüssig und städtebaulich für ausgesprochen problematisch. Nun hat es eine Koalitionsvereinbarung gegeben, in der haben die Koalitionsfraktionen sich zur Durchbindung bis zur Ebertstraße geeinigt. Das ist kein Wunschergebnis der PDS. Da brauchen wir nicht drum herum zu reden. Das ist so.
Dies wurde aber – Sie haben es selbst erwähnt – wie zuvor schon immer mit der Straßenbahn in der Leipziger Straße in Zusammenhang gestellt. Dass sollte dann zur Entlastung der Leipziger Straße dienen, wenn die Straßenbahn dort fährt. Nun ist der Bau der Straßenbahn auf absehbare Zeit verschoben. Also brauchen wir auf absehbare Zeit keine Durchbindung. Das ist meines Erachtens – das ist auch von Herrn Schimmler dargestellt worden – auch heute die gemeinsame Position der Koalitionsfraktionen. Warum dann aber den B-Plan, so wie er hier vorliegt?
(D