Kerstin Kircheis

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Das uns vorliegende Fünfte Änderungsgesetz zum ÖPNV-Gesetz - Sie wissen es alle - geht auf den Beschluss des Landtages zum Doppelhaushalt 2017/2018 zurück. Es setzt die Schwerpunkte vor allem bei Investitionen im öffentlichen Per sonennahverkehr, aber auch bei der inneren Sicherheit und in sozialen Bereichen.
Es ist gut, dass wir mit den Änderungsanträgen zum Fünften Änderungsgesetz des ÖPNV-Gesetzes auch den Begriff „übri ger ÖPNV“ - also der Verkehr mit Straßenbahnen, O-Bussen oder Bussen - klargestellt haben, indem wir ihn durch den Begriff „kommunaler ÖPNV“ ersetzt haben. Grund ist vor al lem, dass die Formulierung „übriger ÖPNV“ nicht den tatsäch lichen Verkehrsanteilen von regionaler Bedeutung und damit der Wertschätzung dieser kommunalen Aufgaben entspricht oder diese widerspiegelt. Immerhin beträgt die Verkehrsleistung mit Straßenbahnen, O-Bussen und Bussen im Linien verkehr landesweit etwa 145 Millionen Nutzwagenkilometer pro Jahr. Zum Vergleich sei hier nur kurz der SPNV erwähnt, bei dem derzeit etwa 35 Millionen Zugkilometer bestellt werden.
Der vorgeschlagene Begriff „kommunaler ÖPNV“ enthält schon im Namen die Träger dieser Aufgabe. Die Landkreise und kreisfreien Städte engagieren sich im Rahmen ihrer be grenzten finanziellen Möglichkeiten und in den Strukturen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, VBB, damit es einen guten, einen angemessenen ÖPNV in den Städten und ländli chen Regionen Brandenburgs gibt. Für die Landkreise und Städte ist diese große Aufgabe dabei keineswegs nur eine übri ge Aufgabe.
Das Land Brandenburg stellt für die Jahre 2017 bis 2022 insge samt 48 Millionen Euro für Straßenbahnen und O-Busse sowie für ein Investitionsprogramm zur Herstellung der Barrierefrei heit zusätzlich zur Verfügung. Davon werden die pauschalier ten Zuweisungen in Höhe von 85 Millionen Euro für alle kom munalen Aufgabenträger im Jahr 2017 um 1 Million Euro und ab 2018 um jährlich 2 Millionen Euro erhöht. Darüber hinaus erhöhen die verbleibenden Beträge in Höhe von 2 Millionen Euro für 2017, von 8 Millionen Euro für 2018, von 9 Millionen Euro für 2019 und von jeweils 26 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2022 die bereits erwähnte pauschalierte Zuweisung in Höhe von 5 Millionen Euro der kommunalen Aufgabenträger von Verkehren.
Mit diesen finanziellen Mitteln wollen wir auch das PlusBusSystem stärken, denn im ÖPNV-Gesetz stehen dazu bisher noch keine finanziellen Mittel zur Verfügung. Es gibt lediglich einen Verweis auf verkehrspolitisch bedeutende Verkehrsangebote nach Maßgabe des Haushalts, die in einem Nachtragshaushalt bereitgestellt werden.
Das Fünfte Änderungsgesetz zum brandenburgischen ÖPNVGesetz ist ein Anfang und ein Einstieg in ein langfristiges ÖPNV-Investitionsprogramm. Angesichts des erfreulich größe ren finanziellen Volumens des Brandenburger Landeshaushalts, aber auch angesichts der enormen finanziellen und strukturellen Herausforderungen unseres Flächenlandes für die Zukunft wie die, den ÖPNV in den ländlichen Regionen weiter und nachhal tig zu gewährleisten, ist das ein erster Schritt, über den ich mich freue. Gleichwohl wissen wir alle: Es ist eben zunächst der be wusste erste Schritt.
Die Änderungsanträge der Fraktionen CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN werden wir ablehnen. Natürlich ist es schön, wenn wir lesen, aus 85 Millionen Euro sollen 95 Millionen Euro werden und aus 5 Millionen Euro 15 Millionen Euro. Las sen Sie uns gemeinsam an der Aufstockung arbeiten, aber der
zeit stehen diese Mittel nicht zur Verfügung, weshalb wir Ihre Anträge leider ablehnen müssen. - Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich möchte den Grünen für diese Große Anfrage danken. Ich denke, dass die Antwort uns allen wichtige Erkenntnisse ge bracht hat.
Erste Erkenntnis: Besonders positiv hat sich in den vergange nen Jahren der Regionalverkehr entwickelt. Anders als manch anderes Infrastrukturprojekt in diesem Land ist die Baustelle Gemeinsamer Regionalverkehr Berlin-Brandenburg ein Er folgsmodell.
Ja, es ist richtig, in Brandenburg wurden in den vergangenen Jahren Strecken abbestellt und stillgelegt. Ein Dieseltriebwa gen, der mit ein oder zwei Fahrgästen durch die Landschaft rollt, ist weder umweltfreundlich noch wirtschaftlich. Insofern waren die Abbestellungen zwar schmerzlich, aber ökologisch notwendig. Ich bin jedoch der Meinung, dass es der Stilllegun
gen jetzt genug ist. Bis 2022 werden keine weiteren Haltepunk te wegfallen.
Unsere Regionalexpresszüge binden fast jeden Winkel des Lan des mit Tempo 160 an Berlin an. Flächendeckend sind derartige Geschwindigkeiten im Regionalverkehr in Deutschland nur hier in Brandenburg üblich.
Die zweite Erkenntnis lautet: Der Wiederaufbau der Dresdner Bahn ist absehbar. Zwischen Strausberg und Strausberg-Nord wurde das S-Bahnangebot optimiert, und auch die Landes hauptstadt profitiert von einer verbesserten Anbindung nach Golm und zum BER.
Viele Bahnstationen wurden modernisiert und barrierefrei um gebaut. Es geht nun weiter mit den Investitionen in die Barrie refreiheit.
Die Entscheidung, die Hauptachsen zu stärken und dafür darauf zu verzichten, die abseits der Verkehrsströme liegenden Stre cken zu bedienen, war grundsätzlich richtig. Bei einer in etwa gleichbleibenden Zahl an Zügen im Gesamtnetz hat es binnen zehn Jahren einen Verkehrszuwachs von 60 % gegeben. Die Kundenzufriedenheit hat sich nach schmerzlichen Erfahrungen wie dem S-Bahn-Chaos und Lokführerstreiks ebenfalls positiv entwickelt.
Das vorhandene Streckennetz kommt jetzt aber erkennbar an seine Belastungsgrenzen.
Daher ist es gut, dass der Lenkungskreis für das Projekt „i2030“ seine Arbeit aufgenommen hat. Zwar wird es noch mehr als zehn Jahre dauern, bis tatsächlich gebaut werden kann, aber schneller geht es nicht.
Hinzu kommt, dass gegenwärtig nicht genügend Fahrzeuge zur Verfügung stehen; daher sind auch längere Züge leider nicht von heute auf morgen realisierbar.
Die Landesregierung bekennt sich mit dem neuen Landesnah verkehrsplan dazu, die Verkehrsleistung in den Jahren bis 2030 deutlich zu steigern. Sie zeigt die Bereitschaft, hierfür auch deutlich mehr finanzielle Mittel einzusetzen.
Hinsichtlich der Regionalisierungsmittel sichert die bestehende Einigung mit dem Bund nur den Status quo zu. Dabei sind An gebotserweiterungen - da haben Sie völlig Recht - dringend notwendig; bislang fehlen aber leider die finanziellen Mittel dazu.
Wir werden in den Haushaltsberatungen die gegenwärtig im ÖPNV eingesetzten Regionalisierungsmittel schrittweise in das System zurückführen. Hierbei handelt es sich um 20 % der Mit tel.
Die größte Baustelle für Brandenburg sehe ich aktuell nicht im Regionalverkehr. Wie wir der Antwort der Landesregierung entnehmen können, stagniert der Güterverkehr auf der Schiene. Die Autobahn zieht beständig Marktanteile von der Eisenbahn ab. Hier gilt es, gegebenenfalls mit einem intelligenten Maut system gegenzusteuern.
Eine weitere große Baustelle ist der Schienenpersonenfernver kehr. Hier ist ein einst gut ausgebautes Netz über Jahre hinweg vernachlässigt worden. Brandenburgs größte Städte, die Lan deshauptstadt Potsdam und die Lausitzmetropole Cottbus, sind bis auf einen Intercity am Tag nach Ostfriesland komplett vom Fernverkehr abgehängt. An wichtigen Knotenbahnhöfen wie Berlin, Leipzig oder Dresden fahren ICEs den Regionalzubrin gern aus Brandenburg vor der Nase weg.
Im Bundestagswahlkampf wurden für den Strukturwandel in der Lausitz Milliardenbeträge in Aussicht gestellt. Wenn jedoch wichtige Projekte wie die notwendige Zweigleisigkeit Lübbe nau-Cottbus und die Elektrifizierung Cottbus-Görlitz-Zittau im Bundesverkehrswegeplan nicht berücksichtigt werden, dann war das wohl nur heiße Luft. Hier sollte sich der Bund endlich deutlich bekennen.
Verkehrsexperten meinen, dass schon 300 Millionen Euro rei chen würden, um die Metropolregion Berlin-Brandenburg bahntechnisch mit entsprechenden Ausbaumaßnahmen in Rich tung Osten dorthin zu rücken, wo sie traditionell hingehört, nämlich in das Herz Europas. Hierzu brauchen wir eine natio nale Kraftanstrengung aller Abgeordneten, und zwar partei übergreifend. Wer Brandenburg im Herzen trägt, der muss ge meinsam für die Erreichbarkeit unserer Heimat auf der Schiene aus allen Richtungen kämpfen.
Ganz kurz zu Ihrem Entschließungsantrag: Wir stecken noch mitten in der Erarbeitung des Landesnahverkehrsplans. Hierzu wird eine zweite Anhörung stattfinden. Noch läuft die Beteili gung. Herr Jungclaus, lassen Sie uns doch erst mal schauen, was am Ende dabei herumkommt. Daher können wir diesen Antrag mit ruhigem Gewissen ablehnen. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Lieber Manfred!
Vielen Dank an meine Kollegin Jutta Lieske für ihre Ausfüh rungen zum öffentlichen Verkehr in Brandenburg und zur Lan desentwicklung. Ich möchte an dieser Stelle ein paar Dinge er gänzen:
Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung hatte, wie die Fachleute unter uns wissen, Anfang Juni 2017 zu vier Regionaldialogen eingeladen, um mit den Ergebnissen den neuen Landesnahverkehrsplan 2018 bis 2022 zu erarbeiten. In diesen Regionaldialogen wurden bereits erste Verbesserungen für 2018 und perspektivische Veränderungen für die Jahre 2022/2023 vorgestellt. Diese vier Regionaldialoge werden im Prozess der Entstehung - etwa Erarbeitung des neuen Landes nahverkehrsplans 2018 bis 2022 - zunächst ausgewertet. Sie werden aber nicht nur ausgewertet, sondern es kommen auch noch die Einwände von Städten - dies wurde hier schon ge nannt - wie Brandenburg an der Havel oder Frankfurt (Oder) auf den Tisch und werden berücksichtigt. Noch ist hier nichts entschieden.
Hinsichtlich der Korridoruntersuchungen für das Verkehrskon zept ÖPNV 2030 muss zunächst Nachsteuerungsbedarf des Schienenpersonennahverkehrs für 2020 und 2030 identifiziert werden. Dann müssen mehr Verkehre bestellt, Takte verdichtet und Zugkapazitäten angepasst werden. Die Infrastruktur muss definitiv erweitert werden, und wir müssen jetzt damit begin nen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir uns bei spielsweise die Prognosen und die gegenwärtigen Bedingun gen für den Zugverkehr auf der Strecke Cottbus-Berlin anse hen, dann stellen wir fest: Hier ist auf jeden Fall viel zu tun. Die Zahl der Fahrgäste wird um 67 % steigen, bei KW gar um fast 100 % - und nicht nur das. Der Bahnhof Königs Wuster hausen ist gelinde gesagt ein Engpass. Hinzu kommt, dass die Strecke zwischen Lübben und Cottbus nach wie vor eingleisig ist. Auch auf der viel frequentierten Strecke Nauen-Falkensee wird die Zahl der Fahrgäste um ein Viertel zunehmen. Hier muss in der nächsten Zeit konkret entschieden werden, ob die steigende Nachfrage mit weiteren Regionalbahnen befriedigt werden kann oder wir eine neue S-Bahn über Spandau bis Fal kensee oder gar Nauen bauen müssen. Dabei gilt für uns in der SPD-Fraktion - und daraus machen wir auch kein Hehl -: Un sere Sympathie gilt hier der Alternative zur Regionalbahn.
Weiter geht es mit den Prognosen für den Prignitz-Express. Auf der Linie RE 6 werden den Prognosen zufolge knapp 30 % mehr Fahrgäste befördert werden müssen, allerdings einge schränkt aufgrund des überlasteten Knotenbahnhofs BerlinSpandau. Lösungen für die hier aufgezählten Probleme gibt es jedoch nicht erst mit dem neuen Landesnahverkehrsplan - nein, erste Verbesserungen im Regionalverkehr sind bereits für 2018 beschlossen, manche allerdings auch erst für 2022/2023 avi siert.
Ich will an dieser Stelle aufgrund der begrenzten Zeit nur eini ge Beispiele nennen. So wird der RE 1 in seinem Takt verdich tet. Die Linie des RE 2 wird neu konzeptioniert. Es wird eine neue Strecke des RE 9 geben: von Wittenberge über Berlin nach Elsterwerda. Zwischen Nauen und Berlin werden künftig drei Züge pro Stunde fahren, die alle Haltestellen bedienen. Ebenfalls verdichtet wird der Takt des RE 7 zwischen Bad Bel zig und Berlin. Auf der Strecke des RE 1 werden Potsdam, Charlottenhof und Park Sanssouci künftig von zwei weiteren Taktzügen in der Hauptverkehrszeit bedient. Für den RE 1, den RE 2, den RE 7 und den RE 14 gibt es einen neuen Halt in Berlin-Ostkreuz. Für die RB 24 wird die letzte Abendfahrt von Lübbenau nach Cottbus später als bisher stattfinden. Dadurch haben Reisende künftig mit dem RE 2 Anschluss nach Guben und Eisenhüttenstadt.
Sehen wir uns die weiteren Beispiele für die konkreten Verbes serungen an, auf die ich, wie erwähnt, aus Zeitgründen nicht weiter eingehen werde, dann stellen wir fest: Das ist auf jeden Fall ein wichtiger Beitrag für einen leistungsfähigen und zu kunftssicheren Regionalverkehr in unserem Land.
Taktverdichtung oder neue Linien allein werden jedoch nicht ausreichen. Das haben wir alle festgestellt und wissen das auch. Was wir außerdem brauchen, sind Investitionen in die In frastruktur, und das dürfte aufgrund der ewigen Geldnot Bran denburgs nicht ganz einfach werden.
Im Ausblick ist festzustellen, dass auf insgesamt acht Korrido ren bzw. Knotenpunkten in den nächsten Monaten Infrastruk turentscheidungen zu treffen sind. Dazu gehören unter ande rem der Korridor Berlin-Spandau, Nauen, der Bahnhof Königs Wusterhausen, der Korridor Prignitz-Express-Velten, der Kor ridor der Potsdamer Stammbahn und der Korridor der Heide krautbahn. Parallel dazu wird die Ausschreibung Netz Elbe/ Elster-Spree vorbereitet. Sie soll dann als Ausgangspunkt für Mehrbestellungen dienen. Ich hoffe, dass die Bedingungen so sind, dass wir uns damit sehen lassen können.
Schließlich haben Berlin und Brandenburg gegenüber dem Bund Linien für den Deutschlandtakt 2030 angemeldet, und genau diese Anmeldungen sind es, die wesentlich die Grundla ge dafür bilden werden, bei den Planungen des Bundes für den Ausbau der Infrastruktur berücksichtigt zu werden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lie be Gäste! Sagen Sie einmal, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD-Fraktion: Wo kommen Sie denn eigentlich her, dass Sie uns hier so einen Antrag vorlegen, der so tut, als gäbe es weder Gespräche zu einem Landesentwicklungsplan noch zu einem Konzept oder zur Mobilitätsstrategie 2030,
einen Antrag, der ein Konzept zur Erreichbarkeit im ländlichen Raum oder die Definition eines Mindeststandards für ein Grundangebot an Verkehrsleistungen fordert? Ganz direkt ge fragt: Haben Sie tatsächlich inhaltlich nicht mitbekommen, dass wir längst über die von Ihnen geforderten Dinge sprechen und dass es längst Ergebnisse gibt? Ich rede hier vom Landes entwicklungsplan; ich meine das Konzept zur Mobilitätsstrate gie 2030. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch der Landesnahverkehrsplan gemeint.
Wissen Sie was? Wir brauchen den Antrag nicht. So schlicht und einfach kann ich das formulieren.
Gern sage ich Ihnen auch, warum wir den Antrag nicht brau chen. Aktuell unterhalten wir uns über den Landesentwick lungsplan. Er entsteht in einem breiten öffentlichen Beteili gungsverfahren, an dem auch der Brandenburger Landtag teil nimmt. Das haben Sie bestimmt mitbekommen. Erst am 4. Mai gab es eine Anhörung zum LEP. Wie Sie bestimmt wissen,
wurde dabei auch die Frage erörtert, ob im LEP das Thema Er reichbarkeit konkreter geregelt werden sollte. Ergebnis ist, dass der Ausschuss die Anhörung auswertet und eine Stellung nahme erarbeiten wird. Auch die Enquetekommission hat eine Stellungnahme beschlossen. Es erscheint mir daher wenig sinnvoll, zusätzlich die Landesregierung damit zu beauftragen, ein Konzept zur Erreichbarkeit im ländlichen Raum zu erarbei ten.
Wir brauchen den Antrag aber auch deshalb nicht, weil wir die Mobilitätsstrategie haben. Sie war bereits mehrfach Thema hier im Plenum. Die Mobilitätsstrategie definiert mehr als das von Ihnen geforderte Grundangebot an Verkehrsleistungen. Selbstverständlich berücksichtigt sie dabei die absehbar schwie riger werdenden Bedingungen, die Sie in Ihrem Antrag benen nen, wie die enger werdenden finanziellen Spielräume auf grund des demografischen Wandels. Deshalb ist es eine Strate gie, die als Ganzes wiederum Auswirkungen auf den Landes nahverkehrsplan und Konsequenzen für viele Einzelplanungen wie zum Beispiel die Radverkehrsstrategie hat. Den Nahver kehrsplan - das sagte ich bereits im April-Plenum - wollen wir nach der Sommerpause fortschreiben.
Sie haben natürlich Recht, wenn Sie in Ihrem Antrag meinen, dass eine ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Ver kehrsleistungen im ÖPNV Aufgabe der Daseinsvorsorge ist. Wer sollte das bestreiten? Hier bedeutet das aber konkret, dass die Sicherung der Daseinsvorsorge eine kommunale Aufgabe ist. Grundsätzlich unterteilt sich der ÖPNV in den Regional verkehr und den übrigen ÖPNV. Die Verantwortung für den Letztgenannten liegt bei den Aufgabenträgern. Das sind vor wiegend die Landkreise und die noch kreisfreien Städte. Hier erfolgt eine Abstimmung zwischen den Aufgabenträgern.
Schließlich und letztlich ist der ÖPNV zwar ein sehr wichtiges Thema, wie Sie in bzw. mit Ihrem Antrag richtig erkannt ha ben, aber auch hier gibt es ein Aber. Das Hauptthema ist nach haltige Mobilität. Hier müssen wir alle Verkehrsträger im Zu sammenhang betrachten. Dazu gehört auch der motorisierte Individualverkehr, denn gerade hier gibt es mit der zunehmen den Elektromobilität und dem autonomen Fahren neue Ent wicklungen, Entwicklungen, wie sie gerade im Angesicht der aufgrund des demografischen Wandels schwieriger werdenden Bedingungen auch für die ländliche Region interessant und re levant sein dürften.
So werden zum Beispiel Elektroautos nach einer Studie des Deutschen Instituts für Luftfahrt und Raumordnung nicht in den großen Städten gefahren, wo es inzwischen eine recht gut ausgebaute öffentliche Infrastruktur und Ladestationen gibt. Nein, über die Hälfte der Nutzer wohnt in Kleinstädten und Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern, also auf dem Land. Nur jeder fünfte Elektroautofahrer lebt in einer Stadt mit mehr als 100 000 Einwohnern. Elektromobilität ist also durch aus ein Thema für die nachhaltige Mobilität, die im Angesicht des Klimawandels so sehr gebraucht wird.
Die Finanzierung eines flächendeckenden ÖPNV-Netzes auf der Basis von Grundangeboten, wie in Ihrem Antrag gefordert, ist also möglicherweise gar keine optimale Lösung für ein Flä chenland wie Brandenburg. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lie be Gäste! Grundsätzlich ist der Ansatz in Ihrem Antrag, liebe Abgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Bahn- und Busangebote besser miteinander zu verzahnen, richtig, denn die Zahl der Buspendler steigt seit 2005 stetig. Nach An gaben vom November vergangenen Jahres sind wir das Bun desland mit der höchsten Auspendlerquote. Fast jeder dritte Beschäftigte pendelt über die Landesgrenzen nach Berlin oder an einen anderen Ort, und rund 80 000 Menschen fahren von Berlin nach Brandenburg zur Arbeit.
Je besser Pendler mit dem ÖPNV zu ihren Arbeitsorten, zum Beispiel nach Berlin, kommen, desto eher sind sie geneigt, an ihrem Wohnort in Brandenburg zu bleiben. Ein leistungsfähi ger ÖPNV ist somit eine Chance für das gesamte Land. Und es ist richtig: Zu einem leistungsfähigen ÖPNV gehören auch Busverbindungen, die optimal an den Schienenverkehr ange bunden sind. Es müssen Busverbindungen sein, die nicht vor Landesgrenzen halt machen - da haben Sie völlig Recht -, son dern sich nach der Nachfrage richten. Aber die ganz simple Frage ist doch, ob das Land Brandenburg überhaupt in der Ver antwortung steht, diesen von Ihnen formulierten Ansatz prak tisch umzusetzen. Anders formuliert: Gehört dieses Verzah nen - wie Sie es nennen - zu den originären Aufgaben des Lan
des? Wir meinen nein. Ich will auch sagen, warum. Es gibt eine funktionelle Aufgabenteilung zwischen dem Land, den Land kreisen und den kreisfreien Städten. Dabei übernimmt das Land den SPNV und die Anderen übernehmen den sogenann ten übrigen öffentlichen Personennahverkehr. Für diesen stellt das Land Brandenburg den Aufgabenträgern in den Landkrei sen über das ÖPNV-Gesetz finanzielle Mittel zur Verfügung. Um Pendelverkehre zu vermeiden und somit darüber hinaus klare Verantwortlichkeiten für die sogenannten SPNV-ÖPNVVerknüpfungspunkte zu definieren, gibt es klare und eindeutig festgelegte Verfahren; das können Sie im Landesnahverkehrs plan 2013 bis 2017 nachlesen. Für den übrigen ÖPNV sind die Landkreise und die kreisfreien Städte zuständig. Ich kann kei ne Gründe erkennen, warum sich diese nicht auf überregionale Verbindungen verständigen können sollten.
Dass diese Verständigungen funktionieren, hat zum Beispiel die Verkehrsgesellschaft Belzig im Jahr 2014 gezeigt, als das Pilot projekt PlusBus - das haben Sie auch genannt - den Betrieb auf nahm. In der Pressemitteilung hieß es - damit komme ich auf Ihren Antrag zurück -: „Busse und Bahnen besser verzahnen“.
PlusBus in Brandenburg bedeutet Stundentakt von 6 bis nach 20 Uhr, kurze Übergangszeiten zwischen Bahn und Bus und Fahrten am Wochenende. Zum ersten Mal wurde dabei ein Li nienbuskonzept mit einheitlichen Qualitätskriterien umgesetzt. Qualitätsstandards für landesbedeutende Buslinien gibt es also schon, sie müssen nicht erst entwickelt werden, wie im Punkt 2 Ihres Antrags gefordert.
Sicher können sich die einzelnen Aufgabenträger noch besser verständigen - das geht immer -, wenn die vielfältigen Anfor derungen des Berufs- und Freizeitverkehrs befriedigt werden sollen. Wenn sie das bisher noch nicht ausreichend getan ha ben, erwarten wir, dass sie ihrer Verantwortung künftig besser nachkommen.
Dass der PlusBus ein Instrument in den ländlichen Räumen Brandenburgs ist, das angenommen und immer stärker genutzt wird, beweist die Tatsache, dass es inzwischen sechs PlusBusLinien in unserem Land gibt. Der PlusBus erfüllt genau die Anforderungen, die in Ihrem Antrag, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, an landesbe deutsame Buslinien gestellt werden. Es gibt immer mehr Busli nien in Brandenburg, aber nicht etwa deshalb, weil sie vom Land finanziert werden. Es gibt sie, weil sie attraktiv sind. Auch der Dialog und der Austausch mit den Bundesländern, die bereits landesbedeutsame Buslinien haben, finden seit län gerem statt, womit sich eigentlich auch Ihr Punkt 4 erledigt hat. Auf jeden Fall - das darf ich Ihnen zum Schluss versichern - ist das Thema uns so wichtig, dass es Eingang in den Landesnah verkehrsplan finden wird. Ihren Antrag und auch die Überwei sung lehnen wir deshalb ab. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig: Die ältesten Menschen werden 2030 in SachsenAnhalt oder Brandenburg leben, wie eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zur Bevölkerungsprognose feststellt. Die Hälfte der Bürger wird dann älter als 53 Jahre alt sein. Und ja - hier haben Sie Recht -, medizinische Hilfsmittel sind heute und in Zukunft, wie die Zahlen belegen, von großer Bedeutung für ältere Menschen. Mobilität gehört, wie wir alle wissen, in un serer Gesellschaft zu den zentralen Bedürfnissen. Sie definiert Lebensqualität und sichert soziale Kontakte.
Die Beförderung mobilitätseingeschränkter Personen im ÖPNV ist nur einer von vielen Aspekten der gesamten Mobilitäts strategie im Land Brandenburg. Ich halte es deshalb für wenig zielführend, mit diesem Antrag, liebe Kolleginnen und Kolle gen von der CDU-Fraktion, nur einen Teilaspekt herauszugrei fen, ohne das große Ganze zu betrachten. Das gilt umso mehr, als die neue Mobilitätsstrategie 2030, wie wir alle hier wissen, gerade im Entstehen begriffen ist. Erst kürzlich konnten sich alle Brandenburgerinnen und Brandenburger online an ihrer Erarbeitung beteiligen.
Wir lehnen Ihren Antrag daher ab und schlagen stattdessen vor, dass wir die Diskussion und die Debatte um die neue Mobili tätsstrategie 2030, die ohne Zweifel große Herausforderungen bewältigen muss, weiterführen, den Aspekt der Barrierefreiheit für mobilitätseingeschränkte Menschen darin integrieren und vor allem klären, wie wir das Ganze sicher und nachhaltig fi nanzieren können. Insofern als klar ist, dass wir die Mobilitäts strategie als Ganzes betrachten, wird der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie natürlich darin inte griert sein. Insofern brauchen wir auch nicht extra eine Einbe ziehung zu beschließen. Das ist für uns selbstverständlich. Ich hoffe, für Sie auch. - Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Mak! „Der kleine Wassermann“ ist ein Kin derbuchklassiker von Otfried Preußler; Sie alle kennen ihn si cher. Und der Wassermann ist nicht nur das. Er ist auch und vor allem eine sorbische/wendische Sagenfigur, die - so wird es noch heute erzählt - in mondlichthellen Nächten teilweise bis ans Ufer kam und dort Harfe spielte; eine Sagenfigur genauso wie die Mittagsfrau oder der Drache. Warum ich Ihnen das er zähle? - Offenbar ist die sorbische Kultur ein ganz normaler Bestandteil unseres kulturellen Reichtums in Deutschland.
Mit dem 1. Brandenburger Landesplan zur Stärkung der nie dersorbischen Sprache haben wir jetzt einen konkreten Maß nahmenplan in der Hand, mit dem auch die sorbische Sprache wieder ein ganz normaler gelebter Bestandteil unserer Kultur werden kann. Was wir mit dem 1. Sorben/Wenden-Gesetz des Landes Brandenburg am 7. Juli 1994 begonnen und über die Novellierung des Sorben/Wenden-Gesetzes und der minderhei tenrechtlichen Nebengesetze 2014 weitergeführt haben, wird mit dem Maßnahmenplan sinnvoll fortgesetzt. Der 1. Landes plan zur Stärkung der niedersorbischen Sprache ist ein klares Bekenntnis zu einer die Sprache fördernden Politik.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deshalb ist es uns so wichtig: Niedersorbisch zählt zu den am stärksten bedrohten Sprachen in Europa. Noch in den 1880er-Jahren umfasste das Kernsiedlungsgebiet größere Gebiete südlich und östlich von Bautzen sowie nördlich von Cottbus, in denen die Sprache heutzutage nicht mehr gesprochen wird. Wie Sie bestimmt wis sen, wird die niedersorbische Sprache im Gegensatz zu vielen anderen regionalen und Minderheitensprachen kaum noch im familiären Umfeld vermittelt. Das ist so, weil die mittlere Ge neration nahezu ohne Sorbisch groß geworden ist. Dafür ver
antwortlich sind historische Entwicklungen ebenso wie fehlge schlagene Assimilationsversuche oder gar Sprachverbote von Staat, Schule und Kirche. Erhebliche demografische Verände rungen in der Lausitz aufgrund des Zuzuges von Vertriebenen und Arbeitskräften nach dem Zweiten Weltkrieg taten ein Übri ges. Hinzukommen die Industrialisierung, der Bergbau und die damit verbundenen Umsiedlungen. Im Ergebnis wurde ein Kli ma geschaffen, in dem es besser war, die sorbische Sprache zu verleugnen, ein Klima, das ein negatives Image für das Sorbi sche/Wendische schuf - ein Image, mit dem man niemanden mehr - schon gar nicht junge Menschen - hinter dem Ofen her vorlocken konnte.
Daher ist es wichtig, dass mit dem konkreten Maßnahmenplan zunächst ein sprachenfreundliches Klima für das Sorbische ge schaffen wird, um es tatsächlich zu revitalisieren, ein sprachen freundliches Klima, das die Bevölkerung in der Niederlausitz ermutigt und dabei unterstützt, die niedersorbische Sprache zu erlernen und alltäglich zu sprechen. Grundsätzlich sollen die Maßnahmen also dem Spracherwerb dienen. Deshalb zielen die einzelnen Schritte wie die Integration eines Sorben/Wen den-Passus in den Rahmenlehrplan oder das Evaluieren der sorbischen/wendischen Bildungsangebote an Grundschulen genau darauf ab.
Insgesamt ist der Plan ein notwendiger Beitrag, um die nieder sorbische Sprache als Bestandteil unserer Brandenburger Kul tur und Geschichte zu revitalisieren und ihr damit neues Leben einzuhauchen, auf dass es wieder zur Normalität wird, Sor bisch zu sprechen, so normal, wie es das Fränkische oder das Bayerische heute schon ist.
Wir in der SPD Brandenburg verstehen diesen 1. Landesplan als dynamisch und zukunftsoffen. Das heißt, dass er natürlich weiterentwickelt werden kann und wird. Viele der jetzt anlau fenden Maßnahmen können ausgewertet und fortgeschrieben werden. Darin können sicher auch die Erfahrungen anderer Minderheitenregionen wie in Sachsen oder Schleswig-Holstein und ebenso neue Gesichtspunkte, die wir bislang noch nicht betrachtet haben, einfließen.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, wie wichtig es mir ist, dass dieser 1. Landesplan gemeinsam mit den entsprechenden Verbänden erarbeitet wurde. Zwar hat es an einigen Stellen noch weitergehende Vorstellungen zu den einzelnen Maßnah men gegeben, die zunächst nicht verwirklicht werden, wie zum Beispiel die Idee, Kenntnisse der Sorben und Wenden und ihre Rechte bereits in die Verwaltungsausbildung zu integrieren, doch ich bin mir sicher, dass wir diese Diskussion fortsetzen werden.
Die Kultur und die Sprache der Sorben, die in der Vergangen heit in Brandenburg und später in Preußen immer wieder unter drückt, verdrängt und in den dunkelsten Jahren deutscher Ge schichte sogar verboten wurden, sind heute präsenter als noch vor 20 Jahren. Wir wollen weiter daran arbeiten, dass es zur Normalität wird. - Vielen Dank an alle, die daran mitgewirkt haben. - Danke schön.
Für die langfristige Sicherung des Alleenbestands orientiert sich das Land an der Alleenkonzeption aus dem Jahr 2007. In der Konzeption ist das Ziel verankert, jährlich 30 km Alleen neu anzulegen. 2013 wurde die Konzeption evaluiert. Dabei wurden die wesentlichen Hindernisse für die Umsetzung dieses Ziels benannt, insbesondere Schwierigkeiten bei der Auswei sung geeigneter Pflanzstandorte.
Aus diesem Grund frage ich die Landesregierung: Welche Maßnahmen zur Umsetzung der Alleenkonzeption für das Land Brandenburg plant sie bzw. setzt sie bereits ein?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die einen nennen es Ausverkauf der öffentlichen Infrastruktur, die anderen sprechen von einem Rettungsprogramm für die unter ei ner Niedrigzinsphase leidenden Versicherungskonzerne. Eine Revolution für den Straßenbau nannte es der Bundesverkehrsmi nister. Wir in Brandenburg nennen es unausgegoren. Das Thema ist - ganz klar - die Idee unseres Bundesverkehrsministers, sämt liche Bundesfernstraßen in einer zentralen Gesellschaft zu bün deln und den Ländern ihre Zuständigkeit zu nehmen.
Der Bau und die Unterhaltung der Bundesautobahnen und der Bundesfernstraßen werden bisher vom Bund finanziert. Pla
nen, Bauen und Betreiben müssen sie die einzelnen Länder. Das ist - kurz gesagt - das bisherige System der Auftragsver waltung.
Klar ist auf jeden Fall: Mit unserer Verkehrsinfrastruktur muss etwas geschehen. Noch vor fünf Jahren war sie die weltbeste, aktuell liegt sie nur noch auf Rang 7. Um sie wieder nach vorn zu bringen, zu erhalten und auszubauen, brauchen wir nach Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln in den nächsten zehn Jahren die immense Summe von mindestens 120 Milliarden Euro.
Die Finanzierungslücke ist groß, so groß, dass sie in ihrer Dra matik den politisch Verantwortlichen offensichtlich schlaflose Nächte bereitet. Den Ausweg soll eine private Lösung brin gen - und viel, viel privates Kapital. Rasen für die Rente - so ließe sich kurz und knapp das Vorhaben der sogenannten Fratz scher-Kommission beschreiben. Wenn es nach dem Bundes wirtschaftsminister und der von ihm eingesetzten Experten kommission geht, dann sichern womöglich bald die Autofahrer die Altersvorsorge. Unsere Autobahnen würden zur maut pflichtigen Einnahmequelle für Kleinanleger, Finanzindustrie, Banken und Versicherungen.
Der gravierende Investitionsstau ist nicht aus dem Nichts ent standen, sondern der bisherige Sparkurs der Bundesregierung und frühere Steuersenkungen verursachten in der Vergangen heit Mindereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen von jährlich 45 Milliarden Euro, und diese sind zum großen Teil mitverantwortlich für die Investitionslücke. Das verheerende Ergebnis ist bekannt: Öffentliche Aufgaben wurden gekürzt, viele öffentliche Dienstleistungen sind dem Rotstift zum Opfer gefallen oder wurden privatisiert. Jetzt sollen ausgerechnet ei ne öffentlich-private Partnerschaft und ein privatrechtliches Unternehmen in Bundesbesitz, eine sogenannte Bundesfern straßengesellschaft, die Lösung sein?
Bevor die Fratzscher-Kommission einberufen wurde, haben Allianz, ERGO und andere Versicherungen in einer groß ange legten Werbekampagne alle Welt wissen lassen, dass sie drin gend nach Anlagemöglichkeiten suchen, die mehr abwerfen als normale Staatsanleihen, zum Beispiel die Infrastrukturfinan zierung, bei der sie gern mitmachen wollen, die aber für sie at traktiver gemacht werden müsse. Das hat der Bundeswirt schaftsminister sogar indirekt bestätigt. Zitat:
„Ich kann mir … gut vorstellen, dass wir Lebensversiche rungskonzernen attraktive Angebote machen, sich an der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur zu beteiligen.“
Diese suchten angesichts des niedrigen Zinsniveaus Anlage möglichkeiten.
Die Experten der Kommission wollen vor allem Regeln lo ckern, damit große Versicherungskonzerne und Pensionsfonds beim Bau von Straßen, Brücken oder Verwaltungsgebäuden mitmachen können.
Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, die machen nur mit, wenn sie etwas Ordentliches für ihr investiertes Geld ge boten bekommen.
Letztlich sollen also mit der Idee einer privatrechtlich organi sierten Bundesstraßen- bzw. Bundesautobahngesellschaft Ka
pitalanlagegesellschaften auf Kosten der Steuerzahler und Au tofahrer subventioniert werden.
Privaten Investoren Beteiligungsmöglichkeiten an einer ver selbstständigten Bundesfernstraßengesellschaft einzuräumen wäre ein fundamentaler Paradigmenwechsel, und im Ergebnis würde faktisch ein Teil der Straßeninfrastruktur privatisiert. Das wäre eine Privatisierung, deren Risiken und Nebenwir kungen heute nicht einmal ansatzweise durchdacht sind. An ders ausgedrückt: Zuerst wird mit der Euro-Rettungspolitik der Zins faktisch abgeschafft, anschließend binden wir uns selbst mit der Schuldenbremse, und jetzt sollen für Versicherungen und Kapitalsammelstellen auskömmliche Anlagemöglichkeiten zulasten des Steuerzahlers eröffnet werden.
Eine privatrechtlich organisierte Betreibergesellschaft in Bun desbesitz, die sich an der österreichischen ASFINAG orien tiert, hätte für unseren Finanzminister außerdem den großen Vorteil, dass er mit seiner schwarzen Null und der Einhaltung des Fiskalpaktes gut dastehen kann, ohne auf das Schuldenma chen verzichten zu müssen. Warum? Weil die Schulden, folgt man dem erwähnten österreichischen Vorbild, einfach so aus gelagert werden könnten.
Sieht so eine verantwortliche und der ökonomischen Vernunft verpflichtete Infrastrukturpolitik aus? Ich sage: Nein. Ich bin der Auffassung, dass wir nicht alles mitmachen müssen, was der Bund vorschlägt. Soweit die Fratzscher-Kommission auf das österreichische Modell verweist, greift der Verweis nur be dingt. Möglicherweise bringt eine solche haushaltsferne Infra strukturgesellschaft Nettovorteile, allerdings nur, wenn die An reiz- und Risikomechanismen in geeigneter Weise ausgeschal tet sind. Hier steckt der Teufel im Detail.
Hinzu kommt, dass öffentlich-private Partnerschaften, die ei gentlich billiger sein sollten als eine öffentliche Auftragsverga be und -abwicklung, in der Regel teurer werden. Als Beispiel nehmen wir die Autobahnen. Der Bundesrechnungshof hat sechs bereits realisierte Projekte untersucht und zieht ein ver nichtendes Fazit. Von wirtschaftlichen Vorteilen konnten die als konservativ geltenden Gutachter nicht berichten. Ein Zitat aus dem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages:
„Vielmehr haben Berechnungen des Bundesrechnungs hofs zu fünf der sechs bereits vergebenen ÖPP-Projekte ergeben, dass allein diese um insgesamt über 1,9 Milliar den Euro teurer sind, als es eine konventionelle Realisie rung gewesen wäre.“
Ich könnte hier auch das Beispiel der schier endlosen Ge schichte mit Toll Collect nehmen, wo man sich elf Jahre nach der ursprünglich vorgesehenen Inbetriebnahme
noch immer um die Milliarden wegen der eingetretenen Verzö gerung streitet.
Aus diesem Grund finden wir von der SPD in Brandenburg es eher angebracht, das bestehende, sehr gut funktionierende Sys tem der Auftragsverwaltung zu erhalten und vielleicht zuerst einmal in geeigneter Weise zu verändern und nicht einfach ab zuschaffen.
Auch die Verkehrsministerkonferenz hat festgelegt:
„Die Auftragsverwaltung hat sich bewährt. Die Verkehrs ministerkonferenz weist darauf hin, dass die gegebenen Möglichkeiten zur Optimierung der bestehenden Auf tragsverwaltung, vor allem zur Verbesserung der vorhan denen Abläufe im Hinblick auf Kosten- und Termintreue, Effizienz und Transparenz, genutzt werden müssen.“
Und weiter:
„Die Verkehrsministerkonferenz rät von vorschnellen Entscheidungen ab. Mögliche Veränderungen des bishe rigen Systems der Auftragsverwaltung müssen fundiert und in enger Zusammenarbeit mit den Ländern unter sucht und bewertet werden.“
Die bestehenden Synergieeffekte und Effizienzvorteile durch gemeinsame Straßenbauverwaltungen und Ortskenntnisse und eingespielte Verfahren in den Ländern würden sonst verloren gehen.
Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat bei der Gründung einer privaten Betreibergesellschaft für Fern straßen bzw. Autobahnen und dem Ausbau von PPP Bauch schmerzen.
„Solche Modelle verdrängen den Mittelstand aus dem öf fentlichen Bauen. Im Ergebnis führen sie neben langfri stig steigenden Preisen und dem Verlust von Know-how und regionaler Wertschöpfungen zur Gefährdung von Ar beits- und Ausbildungsplätzen vor Ort.“
Voreilige Entscheidungen sind also nicht angebracht. Es ist vielmehr in Zusammenarbeit mit den Ländern über Lösungen nachzudenken.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Auch ich wünsche Ihnen allen ein schönes Weihnachtsfest. - Vielen Dank.
Ich möchte nach dem Stand der Zusammenarbeit unter den Bundesländern fragen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das erste Sorben/Wenden-Gesetz des Landes Brandenburg trat am 7. Juli 1994 in Kraft. Auch dank dieses Gesetzes konnten bereits vergessen geglaubte kulturelle Traditionen der Sorben/Wenden revitalisiert werden.
Im Januar 2014 haben wir das Gesetz über die Rechte der Sorben/Wenden geändert. Damit haben wir in Brandenburg ein modernes Minderheitenrecht geschaffen. Mit dem Gesetz wurde die Domowina als Dachverband anerkannt. Sie hat jetzt zudem das Verbandsklagerecht. Der Rat für die Angelegenheiten der Sorben/Wenden beim Landtag wird nun direkt gewählt; es war ein guter Wahlgang und ein guter Erfolg. Mit dem Beauftragten für die Angelegenheiten der Sorben/Wenden bei der Landesregierung gibt es jetzt einen direkten Ansprechpartner und ein Bindeglied für die Brandenburger Sorben und Wenden. Sehr wichtig ist auch, dass ihre angestammten Siedlungsgebiete neu definiert werden. Dieser Prozess wird Mitte kommenden Jahres abgeschlossen sein.
Die Kultur und Sprache der Sorben/Wenden, die in der Vergangenheit in Brandenburg und später in Preußen immer wieder erbittert bekämpft, aus der Öffentlichkeit verdrängt und in den dunkelsten Jahren deutscher Geschichte sogar verboten worden ist, ist heute präsenter als noch vor 20 Jahren - und das ist gut so.
Geschichtlich gewachsene Minderheiten und ihre Sprachen zu schützen und zu fördern trägt dazu bei, den kulturellen Reichtum in Deutschland einerseits zu erhalten und andererseits zu entwickeln. Dieser kulturelle Reichtum fördert wiederum Toleranz und Akzeptanz, zwei Dinge, die unabdingbar sind, um eine pluralistische Demokratie zu leben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der fortschreitenden Globalisierung, Mobilisierung und Digitalisierung unserer modernen Gesellschaft scheint es, als entfremdeten wir uns unaufhaltsam von sprachlicher und kultureller Identität. Aus diesem Grund ist das Bewusstsein dafür, wie wichtig eine Sprache für den Erhalt einer Kultur und Identität sein kann, in den vergangenen Jahren in vielen europäischen Ländern gewachsen. Aus diesem Grund gab es in der vergangenen Legislaturperiode unseren Entschließungsantrag zum Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften über die Rechte der Sorben und Wenden.
Wir bekennen uns mit dem Ihnen vorliegenden Mehrsprachigkeitsantrag erneut zu einem sehr wichtigen Anliegen. Das neue Sorben/Wenden-Gesetz ist im Juni 2014 in Kraft getreten. Wir sollten jetzt einen konkreten Maßnahmenplan entwickeln. Das ist ein wichtiger Schritt, um das Gesetz mit Leben zu erfüllen. Damit bekennen wir uns noch einmal zur Verantwortung für das Volk der Sorben und Wenden. Außerdem wollen wir gemeinsam mit den Verbänden und Vereinen der anderen Minderheitensprachen in Brandenburg - Niederdeutsch und Romanes - konzeptionelle Eckpunkte entwickeln, um auch diese Sprachen pflegen und entwickeln zu können.
Respektvoll mit einem wertvollen Kulturgut umzugehen hat große Signalwirkung und vor allem entscheidenden Symbolwert. Das gilt nicht nur für die Minderheiten wie Sorben, Niederdeutsche sowie Sinti und Roma, sondern setzt auch Zeichen in der Mehrheitsgesellschaft. Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Sprache unserer Minderheiten in Brandenburg zu pflegen. Dazu zählt auch, sie als vollwertige Sprache zu akzeptieren. So wird nicht nur ihre Verkehrsfähigkeit gefördert, sondern die Angehörigen der Minderheiten nehmen damit an einer modernen Sprachenentwicklung teil.
Die Sprache und Kultur sind präsent, werden beachtet, haben Wert und Prestige: sowohl in der Einschätzung der Sprechenden als auch in der Wahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft. Gelebte Mehrsprachigkeit ist ein Mehrwert für die Gemeinschaft, und deshalb sollten wir alle diesem Antrag zustimmen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Gäste! Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den LEP B-B mit Urteil vom 16. Juni 2014 für unwirksam erklärt. Warum? Wegen eines formellen Fehlers. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichtes hätte in der Eingangsformel der Verordnung über den LEP B-B neben Artikel 8 Absatz 6 des Landesplanungsvertrages auch § 3 Absatz 2 des damals noch geltenden Brandenburgischen Landesplanungsgesetzes zitiert werden müssen. Die nicht zitierte Vorschrift lautet:
„Die in Absatz 1 enthaltenen Ziele gelten nur so lange fort, bis sie durch Wirksamwerden entsprechender oder widersprechender Ziele in den gemeinsamen Landesentwicklungsplänen nach Artikel 8 des Landesplanungsvertrages ersetzt werden. Entsprechendes gilt für die Anlagen 1 bis 3 des Gesetzes.“
Das Oberverwaltungsgericht hat den LEP B-B nicht für unwirksam erklärt, weil es seit 2009 die sogenannten Nahbereichszentren nicht mehr gibt und dafür Mittel- und Oberzentren gestärkt wurden. Inhaltlich wurde die Planung nicht kritisiert.
Aber was folgt daraus? Der Zitierfehler wird auf dem Verordnungswege geheilt, und zwar durch eine rückwirkende Inkraftsetzung des LEP B-B im Jahr 2009. Das Verfahren setzt zum Zeitpunkt des Fehlers an und wiederholt den fehlerhaften Verfahrensabschnitt fehlerfrei sowie alle nachfolgenden Verfahrensschritte: die Beschlussfassung, die Ausfertigung und die Bekanntmachung der Rechtsverordnung. Das Bundesraumordnungsgesetz lässt diese Möglichkeit zu.
Eine schnelle Heilung ist auch deshalb notwendig, weil mit der Außerkraftsetzung des LEP B-B die Planungen wieder aufleben, die teilweise schon 20 Jahre alt sind. Kommunale Planungen und die Fachplanungen, so zum Beispiel die Regionalplanungen, sind dagegen auf die Regelungen des LEP B-B ausgerichtet.
Die Frage Grundzentren versus Stärkung der Mittel- und Oberzentren ist eine inhaltliche. Sie kann und wird sicher Gegenstand der im Koalitionsvertrag vereinbarten Überprüfung und Weiterentwicklung der Landesplanung sein. Dazu wurde im Januar 2015 eine Befragung der kommunalen Akteure gestartet. Ich bin sehr dafür, dass wir über das Thema nochmals im Infrastrukturausschuss intensiv beraten und uns damit befassen sollten.
Fazit des Ganzen ist: Für einen Neustart liefert das Oberverwaltungsgericht keinen Anlass. Ein Neustart, der das bis 2009 geltende System wieder in Kraft setzt, ist kein wirklicher Neustart. Unlogisch an Ihrem Antrag ist auch, ein ergebnisoffenes Beteiligungsverfahren zu fordern, aber gleichzeitig das Ergebnis, nämlich die Fortführung des alten Zentrale-Orte-Systems, vorzuschreiben. Aus diesen genannten Gründen werden wir den Antrag ablehnen.