Christoph Schulze
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge ehrter Herr Ministerpräsident! Ich hätte mir in der heutigen Diskussion an der einen oder anderen Stelle mehr Fakten ge wünscht, die für oder gegen eine Reform sprechen. Die Fakten dafür waren schwach ausgeprägt, Gegenargumente sind heute leider auch nicht in ausreichendem Maße geliefert worden.
Aber besonders bedauerlich finde ich, dass der Ministerpräsi dent sich hier hinstellt und diese Reform mit einer Rede be gründet, die letztendlich nichts als Allgemeinplätze beinhaltet. Da hätte mehr kommen müssen.
Warum erzürnt mich das so sehr? Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer damaligen Eigenschaft als Innenminister die Po lizeireform für das Land Brandenburg 2010, 2011, 2012 mit genau den gleichen Worten begründet. Und wohin uns diese Polizeireform geführt hat, wissen alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande. Daran knabbert Herr Schröter heute - den Scherbenhaufen, den Sie verursacht haben, zu beseitigen. Und in jeder Plenardebatte findet das seinen Widerhall. - Das macht mich so skeptisch, dass hier mit Allgemeinplätzen Dinge be gründet werden - das Wohl des Landes stehe auf dem Spiel. Die Erfahrungen, die wir mit Reformen haben, die mit genau diesen Begründungen durchgeführt wurden, lassen mich vor sichtig sein. Wer eine Polizeireform mit solch einer krassen Fehlleistung zu verantworten hat,
sollte vorsichtig sein, ohne harte Fakten eine neue Reform,
die letztendlich Strukturen zerstört, die sich jahrzehntelang be währt haben, einfach so herbeizureden. Das ist
hochgefährlich, und da wünschte ich mir ein paar mehr Argu mente. Ich glaube, sie werden im Rahmen der Parlamentsde batte, die in den nächsten Monaten ansteht, noch kommen. Und dann schauen wir mal, was bei Abschluss der Debatte von dem Reformprojekt noch an Fakten übrig geblieben ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Trink- und Abwasserfrage stellt zweifellos für Hunderttausende von Brandenburger Haushalten eine der wichtigsten aktuellen Pro blemlagen in ihrem Leben dar. Sie ist mit Sicherheit wichtiger als die Kreisgebietsreform oder andere Dinge, die hier so ge hypt werden. Meine Erfahrung ist: Die Leute wollen eine Lö sung in der Trink- und Abwasserfrage, wollen endlich Ruhe haben, weil sie in dieser Sache seit mehr als zehn Jahren im wahrsten Sinne des Wortes verfolgt werden.
Rechtsfrieden verspricht der Antrag, Rechtsfrieden kann er aber nicht bringen; das leistet der Antrag einfach nicht. Er ist vielleicht ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht die Lösung des Problems. Vor allem wäre er, wenn er denn be schlossen werden würde, auch nur eine vorerst verabreichte Beruhigungspille.
Meine Damen und Herren, es kann auch nicht nur um Rechts frieden, sondern muss auch um Gerechtigkeit gehen. Das ha ben einige Vorredner schon angesprochen. Im Prinzip ist man in einer Zwickmühle: Man kann sich drehen, wie man will, man hinterlässt immer jemanden, der ungerecht behandelt wird oder sich ungerecht behandelt fühlt. Deswegen braucht es ein Gesamtkonzept und auch mal neue Ideen und sollte man sich nicht nur in den ausgetretenen Pfaden bewegen, die bisher im mer gegangen wurden. Da trifft man nur auf sich selbst, und das ist ein Teil des Problems.
Was wir bisher erlebt haben, war Flickschusterei an allen Fron ten. Immer wieder gab es Versprechen, die nicht gehalten wur den und zu neuer Enttäuschung geführt haben. Und eines muss man ganz deutlich sagen: Seit acht Jahren regiert Rot-Rot, und man sollte nicht immer nur sagen, was damals die Regierung aus CDU und SPD verabsäumt hat. Seit acht Jahren ist Rot-Rot an der Macht. Ich erinnere an das Wahlversprechen im Wahl programm der Linkspartei im Jahr 2009: Wir sorgen dafür, dass die Gebühren stabil bleiben, dass Altanschließer nicht zur Verantwortung gezogen werden. - Genau das Gegenteil ist pas siert. Deswegen würde ich vorschlagen, dass wir einfach mal die Frage, wer das alles verursacht hat, hintanstehen lassen und uns um die Lösung kümmern. Das heißt aber, dass alle Betei ligten offen dafür sein müssen, auch mal unkonventionelle Schritte zu gehen, damit wir uns nicht verhaken. Denn im Grunde genommen zerstört dieses Abwasserproblem auch das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Demokratie.
Es hat schon so viel Schaden an den Seelen der Bürger, an ih rem Vertrauen in Politik angerichtet. Deswegen müsste man endlich davon wegkommen, ständig nur Getriebener zu sein, und das Heft des Handels in die Hand nehmen. Das leistet aber weder der Antrag der CDU-Fraktion noch der Entschließungs antrag der Koalitionsfraktionen.
Prof. Brüning hat - die paar Abgeordneten, die dabei waren, werden sich vielleicht erinnern - auch über die Schwierigkei ten gesplitteter Gebühren gesprochen. Er hat vorausgesagt, dass das nicht tragen wird, weil man dann 10 bis 30 Konstella tionen hat. Das wird unüberschaubar, niemand kann das wirk lich berechnen. Das ist mit hundertprozentiger Sicherheit nicht klagesicher und wird auch nicht in die Zukunft führen. Er sprach davon, dass ein weißer Ritter kommen und Geld bringen müssen wird. Das ist die spannende Frage, um die es jetzt geht: Können Kredite, wie sie sowohl von der CDUFraktion als auch von den Regierungsfraktionen angesprochen worden sind, die Lösung sein? - Da muss man ganz klar sa gen: Kredite sind niemals die Lösung eines Problems, sondern nur die Verschiebung in die Zukunft. Denn irgendjemand wird diese Kredite irgendwann zurückzahlen müssen, und dann ist die spannende Frage: Wer? „Kredit“ und „Kommunaldarle hen“ sind letztendlich nur andere Wörter für: „Wir lassen mal die Bürger bezahlen, nur später - vielleicht merken sie es ja nicht“. Oder man sagt: Die Gemeinden, die Eigentümer der Zweckverbände, sollen es aus ihrer kommunalen Kasse zah len. - Aber machen wir uns nichts vor: Das landet letztendlich ganz klar wieder beim Bürger, bei Otto Normalverbraucher - entweder durch erhöhte Grundsteuern oder durch Einsparun gen von Leistungen bei Kita, Schule, was auch immer. Das kann es nicht sein.
Das Problem wird zugegebenermaßen durch die Situation seit dem 05.05.2017 verschärft - Stichwort: Staatshaftung. Aber, meine Damen und Herren, auch das haben wir vorausgesagt. Wir sind damals für unsere Redebeiträge, als wir „So geht’s nicht“ gesagt und auf den § 51 Verwaltungsverfahrensgesetz hingewiesen haben, belächelt und auch beschimpft worden - nun gut. Aber es war und ist so, und wir fühlen uns da bestätigt. Ob das Bestand haben wird, wird man sehen - wir glauben, schon. Aber auch das ist eine Frage der Zukunft. Gleichwohl bliebe die Möglichkeit, dass wir uns gemeinsam aufraffen, um an einer Gesamtlösung zu arbeiten.
Was den CDU-Antrag und das Kommunalabgabengesetz be trifft, sind wir ganz auf Ihrer Seite. Auch hier müsste man ein mal ideologiefrei - und ich meine, wir haben in den letzten zwei Jahren genügend …
Ja, gerne.
Zweifellos, sage ich mal. Die spannende Frage ist nur zum ei nen: Wie spürbar ist das? Und zum anderen: Wann, in welchen Zeiträumen, wird das umgelegt? - Wir werden Ihnen in abseh barer Zeit ein Gesamtkonzept vorlegen, das wir mit einer Rei he von Experten aus ganz Deutschland erarbeiten. Dann wer den wir sehen, wie Sie sich dazu stellen.
Entscheidend ist - das ist immer so gewesen -: Vor Schulden kann man nicht davonlaufen, sie holen einen früher oder später ein. Das ist das Problem, mit dem wir es hier zu tun haben. Wen lassen wir die Schulden bezahlen - und an welcher Stelle? Die Lösungen, die bisher auf dem Tisch liegen, werden nicht funktionieren, weil die Leute, die da herangezogen werden sol len, sich zu Recht heftig wehren, weil sie es nicht verursacht haben. Führen wir uns noch einmal vor Augen, was passiert ist: Hier sind Leute im Rahmen von Erschließungsbeiträgen zu Summen verurteilt, verknackt worden, die existenziell waren. Ich kenne Leute, die ihre Häuser und Grundstücke verkaufen mussten. Darüber, dass es Menschen wütend macht, wenn ihre Lebensplanung und das, was sie sich erarbeitet haben, so durcheinandergebracht werden, sollten wir uns bitte schön nicht wundern.
Ich sehe, meine Redezeit läuft ab. Ich will die Präsidentin nicht wie andere hier überfordern, aber noch darauf hinweisen, dass ich erhebliche Zweifel habe, ob die Kommunalaufsichten bei den vielen Zweckverbänden - es sind, glaube ich, 25 bis 28, die ja ziemlich in der Malaise sind - die entsprechenden Dinge ge nehmigen werden. Denn ob es nun Kommunalkredite der ILB oder ganz normale Kredite sind: Kredite bleiben Kredite und müssen im Wirtschaftsplan verankert sein, müssen dargestellt sein. Ansonsten sind sie nicht genehmigungsfähig. Das ist das nächste Problem, dass Sie lösen müssen.
Vielleicht könnte der Minister sagen, ob er dazu Sonderregelun gen in der Haushaltsordnung etc. festlegen will. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich bedaure, dass Sie die Gelegenheit nicht genutzt haben, um ei nen Weg aufzuzeichnen. Das ist das, was ich vorhin schon meinte: dieses Klein-Klein, dieses Abwarten. Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass es nicht um das Staatshaftungsrecht der DDR, sondern das Staatshaftungsgesetz des Landes Bran denburg geht. Der damalige Landtag Brandenburg - ich war damals dabei - hat sich sehr bewusst für dieses Gesetz ent schieden. Wir haben es diskutiert. Es ging darum, dass der Bür ger möglicherweise auf Schäden, die durch Fehlhandlungen des Staates verursacht wurden, sitzenbleibt. Bei der Gesetzge bung ist das damals ganz bewusst so entschieden worden, und deswegen würde ich vorschlagen, wir nennen es beim Namen: Staatshaftungsgesetz des Landes Brandenburg - verabschiedet von diesem Brandenburger Landtag.
Herr Minister, wenn Sie sagen, es sei kein flächendeckendes Problem, dann müssten Sie mir erklären, wann ein Problem für Sie flächendeckend ist. Ungefähr die Hälfte der Zweckverbän de steckt schon jetzt bis über die Nase in dem Schlamassel; durch die Staatshaftungsklagen werden weitere dazukommen. Wann ist ein Problem flächendeckend, wenn es nicht reicht,
dass schon mindestens die Hälfte der Kommunen und Zweck verbände davon betroffen ist?
Sie sagen immer, es sei nur ein Rechtsanwendungsproblem ge wesen. Mit Verlaub - ich ziehe mich nicht aus der Verantwor tung für diese ganze Geschichte heraus -: Es nur auf ein Rechtsanwendungsproblem zu reduzieren ist eine etwas wahr heitswidrige Darstellung der Situation. Es gibt zahllose Rund erlasse, und ich kenne zahlreiche Zweckverbände - ich kann sie mit Ross und Reiter benennen -, die durch Anordnung des Ministeriums gegen ihren Willen gezwungen worden sind, Alt anschließerbeiträge zu erheben. Es gab Zweckverbände, die gesagt haben: Wir wollen keine Altanschließerbeiträge erhe ben. - Sie erhielten dann Schreiben, Anrufe und Anweisungen aus dem Innenministerium: Wenn ihr das nicht macht, werdet ihr vor den Staatsanwalt gezerrt. - Das waren Zweckverbände, die gut liefen, die keine Probleme hatten. Die hätten sich die ganzen Probleme nicht aufladen müssen. Jetzt haben sie Schul den von 5 und 10 Millionen Euro an der Hacke, die sie nicht haben müssten. Deswegen kann man es nicht so titulieren wie Sie und als Land versuchen, sich da herauszuziehen. Das Land, wir alle stecken da bis zum Hals mit drin; das ist unser gemein sames Problem. Das können wir nicht auf Einzelne abwälzen.
Auch was Sie zur Rechtsprechung gesagt haben, Herr Minister, stimmt schlicht und einfach nicht. Es gibt ein Urteil des Bun desverfassungsgerichts zu einem Cottbuser Fall aus dem Janu ar 2017, in dessen Begründung die Bundesverfassungsrichter in der Kammerentscheidung hineingeschrieben haben - ich zi tiere sinngemäß -: Das, was in Brandenburg immer gesagt wird - es sei nicht vorauszusehen gewesen -, ist falsch. Es war alles vorauszusehen. Das war vorsätzlich und insofern eine Missachtung der allgemein geltenden Rechtslage bzw. der ständigen Rechtsprechung. - Nur deshalb konnte es ja zu einer Kammerentscheidung kommen. Wenn es nicht ständige, gefes tigte Rechtsprechung gewesen wäre, hätte die Kammer gar nicht entscheiden können, dann hätte es eine Senatsentschei dung werden müssen. Allein, dass es eine Kammerentschei dung war, ist Beweis genug. Das wird für alle, die da ihre Fin ger mit drin haben, noch ernste Konsequenzen haben, vor al lem für die Damen und Herren Rechtsberater.
Herr Minister, ich gebe Ihnen uneingeschränkt Recht: Qualität geht vor Geschwindigkeit. Aber wir sind jetzt im Monat 16 - wenn man großzügig ist -, eigentlich im Monat 18 nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil. 18 Monate - und nichts ist seither wirklich passiert. Das kann es nicht sein.
Herr Minister, das ist ja das grundsätzliche Problem: Was ha ben wir hier für ein Problem? Haben wir hier ein rechtliches oder ein politisches Problem?
Ich glaube, da haben wir zuerst einmal ein politisches Problem. Das Ganze ist politisch verursacht worden, ganz früh in den Anfängen dieses Landes mit vielen Dingen, die man heute bes ser weiß, aber die ich, wie Sie zu Recht sagen, den Leuten nicht vorwerfen will.
Politische Probleme kann man nun einmal nicht juristisch lö sen, sondern politische Probleme muss man politisch lösen, und das genau ist das Problem. So, wie ich Sie verstanden ha be - korrigieren Sie mich bitte -, setzen Sie auf die juristische Schiene, und das wird voll in die Hose gehen.
Politische Probleme muss man politisch lösen, juristische Pro bleme muss man juristisch lösen, und deswegen sind wir hier als Gesetzgeber gefragt - ich sage das einmal sehr vereinfacht -, einen politischen Schlussstrich unter die letzten 20 Jahre zu ziehen.
Ich habe die letzten 20 Jahre - die Abwassermisere hat unge fähr 1995/96 angefangen -, also die volle Episode, die volle Zeit mit allen Dingen ausgekostet, mit allen Höhen und Tiefen, mit allen Überlegungen, Ideen, mit Heilungsideen etc. Der Punkt ist: Wir müssen doch heute feststellen: Wir sind geschei tert mit den vielen Heilungsversuchen, haben manche Dinge nur noch schlimmer gemacht.
Und wie es eben so ist: Wenn man die Karre in den Dreck ge fahren hat, kann man nicht rückwärtsfahren, man muss vor wärts. Und das ist das Problem, das hier einige offensichtlich nicht akzeptieren und anerkennen wollen, dass man einen Schlussstrich ziehen muss. Und da kommen wir nicht hin, wenn wir in dem bisherigen Klein-Klein - ach, wir gehen in die nächste Instanz, und wir warten mal, was das Bundesverfas sungsgericht oder der BGH sagt - verbleiben. Die Frage ist, ob der BGH da überhaupt zuständig ist oder ob man eine Sprungrevision machen kann und wie man zum Bundesverfas sungsgericht kommt etc. Deswegen sage ich auch ganz klar noch einmal: Meine Bitte und der Vorschlag ist, dass wir ein mal die Zwistigkeiten, die wir in verschiedenen Sachen mitein ander haben, hintanstellen und uns fragen: Wie können wir die ses Land befrieden? Das wird nur funktionieren, wenn wir hier einen großen gemeinsamen politischen Wurf machen und nicht versuchen, dem anderen ein Stöckchen hinzuhalten, um ihn da zu zu veranlassen, darüber zu springen. Der Punkt ist: Es be rührt Hundertausende von Menschen, die es tagtäglich im In neren zerfrisst, und damit muss Schluss sein, und das geht nur, wenn wir unsere kleinen Nickeleien, die wir miteinander ha ben, hintanstellen.
Ich glaube, das entscheidet immer noch der Präsident.
Herr Kollege Holzschuher, Sie haben gerade von Fakten, Zah len und dem Postfaktischen gesprochen. Ich habe drei Fragen an Sie:
Erstens: Kennen Sie irgendeine Studie oder haben irgendeinen Beleg oder Nachweis, dass Gemeindegebietsreformen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten in Deutschland einen re levanten wirtschaftlichen Erfolg im Sinne von Kosteneinspa rungen oder Verwaltungseffizienzsteigerung gebracht haben?
Zweitens: Gibt es irgendeine wissenschaftliche Evaluation der Kreisgebietsreform von 1993 oder der Gemeindegebietsreform von 2003 in Brandenburg, die irgendwelche Anhaltspunkte lie fert, um daraus Schlussfolgerungen für das von Ihnen mitgetra gene Vorhaben der Kreisgebietsreform zu ziehen?
Drittens: Kennen Sie die Ergebnisse der Studie des ifo Instituts Dresden, das sich mit 12 nationalen und internationalen Studi en zur Gebietsreform befasst hat?
Sie haben gerade dargestellt, wie es 2019 und in den darauffol genden Jahren sein wird. Würden Sie mir zustimmen, dass im Jahr 2019 vermutlich auch 100 Millionen Euro plus X Zuwei sungen an den BER, die jetzt im Haushalt sind - das haben Sie am letzten Montag im BER-Sonderausschuss selbst gesagt -, nicht mehr anfallen? Die müssten Sie dann freundlicherweise auch noch abziehen.
Herr Minister, würden Sie an der Stelle bestätigen, dass Sie im BER-Sonderausschuss am Montag gesagt haben, dass in die sem Jahr ungefähr 120 Millionen Euro an den BER überwiesen werden? Wir kennen den Sonderfonds; es wird im nächsten und übernächsten Jahr, wenn man die 409 Millionen durch drei oder vier dividiert, wieder so sein, dass dann im Jahr 2019 die Belastung, die Finanzbedarfe von 100 Millionen Euro - so ist jedenfalls Ihre Prognose, der Flughafen wird irgendwann ein
mal schwarze Zahlen schreiben; das sagen Sie ja - nicht anfal len. Die müssen Sie ja von den Belastungen des Landeshaus haltes abziehen. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich errei chen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Neverending story“ möchte man sagen. Noch ist die Geschichte nicht zu Ende; wir werden sehen, wie sie ausgeht. Aber es ist unsere Aufgabe - und wir werden von den Bürgerinnen und Bürgern auch immer wieder angesprochen -, dies zu thematisieren.
Wie Sie in dem Antrag lesen können, habe ich den geschätzten Kollegen Bischoff zitiert,
der ja vor einem Jahr vollmundig sagte, dass das Thema Nachtflugverbot im Koalitionsvertrag verankert sei. Deswegen wäre es - so haben Sie es impliziert - auch sicher und würde kommen.
Nun fragen wir nach: Was ist im letzten Jahr passiert? Wir möchten das Hohe Haus bitten - deshalb dieser Antrag -, sich erneut mit dieser Frage zu beschäftigen und sich dafür zu verwenden.
Ein Jahr ist schnell vergangen. Der Flughafen soll angeblich fertig werden, die Eröffnung rückt näher. Wir werden sehen, ob das 2017 klappt. Am Ende bleibt die einzig entscheidende Frage: Was passiert mit den Bürgern, mit dem Schallschutz? Können die Bürgerinnen und Bürger damit leben?
Den Antrag haben Sie sicher zur Kenntnis genommen. Darin bitten wir darum, vier Punkte zu beschließen. Erstens soll der Landtag den Ministerpräsidenten auffordern, dem Volksbegehren nachzukommen. Ich erinnere daran: Am 27. Februar 2013 hat dieses Hohe Haus die Annahme des Volksbegehrens beschlossen. Ich erinnere an die Worte von Matthias Platzeck: Jeder Ministerpräsident dieses Landes hat die Verantwortung, dieses Nachtflugverbot durchzusetzen. - Nun, meine Damen und Herren, wir gestatten uns, an ein Versprechen, das dreieinhalb Jahre alt und leider noch nicht umgesetzt und eingelöst ist, zu erinnern.
Das Zweite ist: Der Landtag fordert den Ministerpräsidenten auf, beim Land Berlin Druck zu machen. Wir alle kennen die neue Situation in Berlin; darauf werde ich gleich noch eingehen.
Drittens: Der Landtag fordert den Ministerpräsidenten auf, kraft seiner Richtlinienkompetenz dafür Sorge zu tragen, dass das Nachtflugverbot in den Landesentwicklungsplan aufgenommen wird. Das ist unter Punkt 6.6 verankert.
Viertens: Der Landtag fordert die Landesregierung auf, jährlich einen Fortschrittsbericht zu erstellen. Dann brauchen wir nicht dauernd Anträge zu stellen, dann kommt das Thema von allein auf die Tagesordnung.
Meine Damen und Herren, was war die eigentliche Ursache dafür, dass wir das jetzt wieder auf die Tagesordnung gebracht haben? Es war nicht nur der Jahrestag der letzten Beratung vor einem Jahr, nein, meine Damen und Herren, es war die Beratung im BER-Sonderausschuss am 10. Oktober 2016. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte unter Tagesordnungspunkt 2 eine Stellungnahme der Landesregierung zur Ausweitung des Nachtflugverbotes beantragt. Was wir dort vom anwesenden Ministerpräsidenten zu hören bekamen, hat nicht nur mir, sondern auch vielen anderen die Sprache verschlagen. Er sagte, eine Zeitspanne von 22 bis 6 Uhr sei gar nicht Teil der Forderungen des Volksbegehrens. Mehr an Rabulistik geht nicht. Im Übrigen darf ich daran erinnern, dass in Deutschland die Nacht als die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr gesetzlich definiert ist. Wir haben diese Frage schon lange und oft in Fachausschüssen und anderen Gremien diskutiert. Im Berliner Volksbegehren war sogar der Zusatz „von 22 bis 6 Uhr“ enthalten. Daran möchte sich heute keiner mehr erinnern. Die Frage ist: Wo waren Sie am 27. Februar 2013, als das hier diskutiert und beschlossen wurde? Das soll wohl alles nicht mehr wahr sein.
Meine Damen und Herren, jetzt hat der Ministerpräsident verschiedentlich geäußert, auch die Landesregierung sei für eine Erweiterung des Nachtflugverbots:
„Wir wollen den Menschen mehr Nachtruhe verschaffen.“
Nun, meine Damen und Herren, dann schlage ich vor - wie bei anderen heutigen Tagesordnungspunkten -: Reden wir nicht darüber, sondern tun wir es einfach. Zu sagen, wir könnten das nicht, wäre eine Bankrotterklärung.
Ich möchte Ihnen einmal den heutigen Flugplan - zur Frage, was ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr bedeuten würde - darstellen. Am heutigen Tag, dem 10. November, gab es null Landungen in Schönefeld oder Tegel vor 6 Uhr. Das heißt, man könnte im Gegenzug fragen: Warum wollt ihr überhaupt ein Nachtflugverbot? Es landet eh keiner. - Aber es könnte eben auch kommen. Es gab 35 Landungen nach 22 Uhr, davon 31 zwischen 22 und 23 Uhr und vier zwischen 23 und 24 Uhr. In Schönefeld gab es null Starts vor 6 Uhr. 6 Uhr ist der erste Flieger nach Amsterdam gestartet, danach starteten Flieger nach Frankfurt, Lissabon und Basel. In Tegel gab es vier Starts nach 22 Uhr: nach Tel Aviv, Köln und Moskau, davon zwei nach Tel Aviv - wobei man sich fragen kann, wie ausgelastet die beiden Maschinen nach Tel Aviv waren.
Jetzt sagt Herr Dr. Mühlenfeld, das Nachtflugverbot sei essenziell und müsse unbedingt sein. Er sagt auch, die Gesellschafter - das heißt, auch das Land Brandenburg - müssten entscheiden, ob sie den Anwohnern mehr Nachtruhe geben und das Geld dafür aufwenden wollten.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, dass Ihnen der BER Milliarden an Subventionen wert war. Ich frage Sie: Was ist Ihnen die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger wert, die das ausbaden müssen? Auf die Antwort auf diese Frage bin ich sehr gespannt. Am Ende bleibt nur abzuwarten, ob es zu einem Nachtflugverbot kommt, ob Sie sich dazu durchringen können.
Ich darf daran erinnern: 106 000 Bürgerinnen und Bürger - Brandenburgerinnen und Brandenburger - fordern von der Landesregierung die Durchsetzung des Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr. Meine Damen und Herren, da gibt es keine Kompromisse. Das war klar, und der Landtag Brandenburg hat das Volksbegehren angenommen. Es gab schon damals einige, die Zweifel daran hatten, dass es ernst gemeint war. Ich will meine Hoffnung nicht aufgeben - die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt -; wir werden sehen, ob Sie Ihr Wort, das Sie damals gegeben und verpfändet haben, einlösen werden.
Meine Damen und Herren, zugegebenermaßen war die politische Situation in den letzten Jahren schwierig. Die CDU-Fraktion hat hier im Landtag ganz klar Position bezogen. Sie war wenigstens ehrlich, auch wenn sie nicht die Position hatte, die ich vertrete.
Aber auch die Berliner CDU hat sich ständig dagegen gewandt. Das war die gefundene Ausrede für die SPD zu sagen: Wir wollen ja, aber wir können nicht. - Nun, meine Damen und Herren, hat sich das Blatt gewendet. In Berlin hat das neue Abgeordnetenhaus nach der Wahl 160 Sitze, davon entfallen 38 Sitze - 24 % - auf die SPD, 27 auf die Grünen und 27 auf die Linken. Die Linken und die Grünen haben sich in ihren Wahlprogrammen für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ausgesprochen. Meine Damen und Herren, ich bitte SPD und Linke, der CDU in diesem Landtag nicht immer nur vorzuhalten, sie sollte in irgendwelchen Angelegenheiten Frau Merkel um Hilfe bitten oder dafür sorgen, dass Dinge geklärt werden.
Nein, meine Damen und Herren, gehen Sie einmal zu Ihren Leuten in Berlin, zu Ihren Landesfreunden wie Herrn Müller - oder wie immer die heißen -,
und fordern Sie, sie beim Wort zu nehmen!
Frau Fortunato hat heute um 13.25 Uhr gesagt:
„Es gibt keine Probleme, es gibt nur nicht gefundene Lösungen.“
Das ist doch einmal eine Ansage! Dann schlage ich vor: Suchen Sie nach Lösungen, um das Nachtflugverbot durchzusetzen.
Der Bürgermeister der am meisten betroffenen Gemeinde, der in der Sache sehr gut aufgestellt, beraten und sachlich und fachlich orientiert ist, hat vor wenigen Tagen eine Presseerklärung herausgegeben: „Flughafen BER: Nachtflüge leisten keinen Beitrag zur Gewinnsteigerung“.
Meine Damen und Herren, die Leute, die sich im Namen der Gemeinde Blankenfelde engagieren, die viel Geld und Man- power investieren, haben die Flughäfen in Europa untersucht und herausgefunden, dass kein einziger Flughafen mit dem Nachtflugangebot Gewinn macht. Das haben wir schon lange diskutiert, auch schon 1998, als es die erste den Flughafen betreffende Volksinitiative gab, als gesagt wurde, wie essenziell der Nachtflug sei. 70 000 Arbeitsplätze sollten es damals sein. Daran glaubt heute schon kein Mensch mehr.
Deswegen schlage ich vor, wir betrachten das Pferd mit dem Nachtflug und dem großen Gewinn als totgeritten. Steigen Sie ab, lassen Sie es liegen und sagen Sie: Was uns wichtig ist, sind die Menschen, ist die Gesundheit der Menschen, denn die ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht bezahlbar. - Im Gegensatz zum Flughafen stehen die Rechte der Menschen als konkrete Verfassungsobjekte in der Landesverfassung. In Artikel 39 ist die Gesundheit amtlich und verfassungsrechtlich verbürgt.
Ich freue mich auf eine interessante Debatte und würde mich auch sehr freuen, wenn Sie unserem Antrag nähertreten könnten. Wir können das auch - weil wir offensichtlich wieder netter miteinander umgehen wollen - an die Fachausschüsse überweisen und dort miteinander diskutieren.
- Ich hatte bei der gestrigen Plenardebatte den Eindruck, dass man bereit ist, aufeinander zuzugehen. Aber, Herr Bischoff, wenn Sie das jetzt in Abrede stellen, bedauere ich das außerordentlich. Von unserer Seite ist Kompromissfähigkeit angesagt.
- Es gibt so etwas wie Fernsehen, Herr Bischoff. Man kann die Plenardebatte auch im Bett verfolgen. - Schönen Dank.
Sie können ja die Uhr ein bisschen langsamer laufen lassen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben etwas versprochen, und was man versprochen hat, muss man halten. Im Landtagsbeschluss steht, dass der Landtag beschließt, dass das erfolgreiche Volksbegehren Maxime des Handelns des
Landtages und der Landesregierung sein wird. Davon kann hier nicht mehr die Rede sein.
Meine Damen und Herren, der Landesentwicklungsplan wird geändert, und wir fordern, dass dort eingebaut wird, was Sie versprochen haben. Frau Schneider, Sie sagen, das gehe nicht. Sie picken sich aus dem Gutachten das heraus, was Ihnen passt. Wir haben andere rechtliche Meinungen gehört. Wir glauben, dass es geht. Die spannende Frage ist, was man tut. Wir fordern, dass Sie Ihr Versprechen halten. Diese ganze Sache - von wegen, ein Nachtflugverbot ist schlecht für den Flughafen - wird mit den gleichen Floskeln und Popanzen wie immer vorgebracht: Arbeitnehmerrechte, Umweltstandards, soziale Rechte - alles schlecht für Profite und wir verteidigen sie. Es gilt aber, die Gesundheit der Menschen zu verteidigen, die nachweislich darunter leiden müssen.
Im Übrigen, Frau Ministerin und die anderen Redner der Koalitionsfraktionen: Es gibt neue Tatsachen. Die NORAH-Studie ist da.
Die NORAH-Studie zeigt, dass es erhebliche gesundheitliche Bedenken gibt. Das muss man einfließen lassen.
Frau Präsidentin, in 18 Sekunden haben hier andere Redner noch ganz andere Dinge gerissen. Ich bedanke mich.
Wir werden sehen, wie Sie abstimmen. Ich versichere Ihnen, wir werden das Thema erneut aufrufen. Die Bürgerinnen und Bürger werden sich nicht damit abspeisen lassen, denn sie werden am Tag der Eröffnung des Flughafens …
… sehen, was für einen Schallschutz und Nachtflug sie haben. - Vielen Dank.
Herr Minister Schröter, können Sie nachvollziehen, dass mich Zweifel beschleichen? Ihre Worte, dass Sie an der Zukunftsfähigkeit des Landes arbeiteten und diese Reform notwendig wäre, habe ich quasi wortgleich bei der Polizeireform gehört - mit gleicher Inbrunst vorgetragen. Den Scherbenhaufen sehen wir heute.
Ob er es nachvollziehen kann, das ist die Frage.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann es relativ kurz machen: Der Antrag bringt es auf den Punkt. Wir möchten schlicht und einfach, dass der Ministerpräsident uns in diesem Hause erklärt, wer entsprechend der Landesver fassung die Richtlinienkompetenz hat und wie es nun mit dem Projekt weitergeht - dass also endlich reiner Wein eingeschenkt und reiner Tisch gemacht wird.
Meine Damen und Herren, ich darf daran erinnern: Am 5. Sep tember 2006 war Spatenstich, und dann gab es unzählige Verta gungen. Erst vor wenigen Tagen mussten wir wieder von der nächsten Vertagung hören. Ursprünglich sollten am 7. Oktober beim Aufsichtsrat endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Das ist auch wieder vom Tisch - so sieht es jedenfalls aus.
Fakt ist: Uns als Land Brandenburg kostet die Nichteröffnung dieses Flughafens jeden Tag geschätzt 150 000 bis 300 000 Eu ro. Zwischen 15 und 30 Millionen Euro kostet die Nichteröff nung pro Monat. Das sind Zahlen, die im BER-Sonderaus schuss, in der Presse und selbst von Regierungsverantwortli chen genannt wurden. Genau weiß es keiner. Es ist aber im
Grunde genommen egal, ob es nun 15 oder 30 Millionen Euro pro Monat sind, die hineingepumpt werden, um den Schaden wiedergutzumachen bzw. das Projekt über Wasser zu halten. Fakt ist: Unser Anteil daran beträgt mindestens 5 Millionen Euro pro Monat.
Wenn man es sich überlegt: Zu Beginn der Wahlperiode hat sich der Ministerpräsident hingestellt und vollmundig 10 Millionen Euro für Schulvertretung propagiert und das als großen politischen Erfolg gewertet. Da sage ich: Hallo? Dieses Geld verschlingt der Flughafen bei Stillstand in ein bis zwei Mona ten. Deswegen können wir als Haushaltsgesetzgeber auch im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen erwarten und verlangen, dass sich der Ministerpräsident erklärt und hier end lich reiner Tisch gemacht wird.
Dass das nicht heute erfolgen kann und soll, geht aus dem An trag hervor. Wir erwarten das für die Novembersitzung und sind gespannt, wie Sie sich dazu positionieren. Ich glaube, die Bevölkerung, aber insbesondere auch die Wirtschaft erwartet hier endlich klare Ansagen. - Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehr ter Herr Barthel, Sie stellten hier süffisant die Frage: Was soll denn so eine Regierungserklärung bringen? Ich frage: Wofür sind Regierungserklärungen da? Sie sind dafür da, dass sich die Regierung erklärt. Das geht schon aus dem Wortlaut hervor.
Worum könnte es hier denn gehen? Darum, Klarheit und Wahr heit zu schaffen. Selbst die Tatsache - das sprach Herr Vogel hier an -, dass die Regierung das vielleicht auch nicht weiß, einmal offen zuzugeben, wäre ja auch einmal wichtig.
Ihre Einlassung, Herr Barthel, dass das allein der Geschäfts führer zu entscheiden hat, ist ein Treppenwitz. Am Ende ent scheiden die Gesellschafter - und das Land Brandenburg ist zu 36 oder 37 % ein Gesellschafter -, wie es weitergeht.
Meine Damen und Herren, die Bürger und die Wirtschaft fra gen: Was ist mit unserem Geld passiert?
Wir wollen Klarheit. - Das höre ich bei jeder Bürgerversamm lung von Handwerkern und Bürgerinnen und Bürgern. Wenn Sie das nicht hören, schlage ich einfach einmal vor, Sie mi schen sich unter die Menschen.
Die spannende Frage ist: Wer übernimmt denn jetzt endlich einmal Verantwortung und spricht das offen aus? Herr Platzeck hat das ja getan und ist dann vom Schiff gegangen.
Meine Damen und Herren, da Herr Platzeck hier im Mai 2012 gesagt hat, man mache sich an die Aufarbeitung der Fehler, möchte ich darauf hinweisen, dass wir im BER-Sonderaus schuss gerade dabei sind, die Sache näher zu untersuchen.
Und was dabei herauskommt, ist schlicht und einfach eine Ka tastrophe.
Im Jahr 2014 hat - nachweislich der Berichte, in die ich jetzt Einsicht nehme - die Flughafengesellschaft angefangen, exter ne Berater zu engagieren, zu untersuchen, wie man die Flugha fengesellschaft effektiver machen kann. Meine Damen und Herren, ich empfehle Herrn Barthel und anderen, sich einmal die Lektüre im Finanzministerium anzutun. Da könnten einem die Haare ausfallen, wenn man noch welche hätte.
Meine Damen und Herren! Herr Vogel, Sie haben gesagt, der Ministerpräsident könne es sich leisten. Ich finde, das ist eine Bankrotterklärung, aber dann soll sie auch abgegeben werden. Wenn jemand sagt, er sei der Kapitän - nach der Verfassung ist der Ministerpräsident des Landes Brandenburg der Kapitän -, muss er auch sagen, wann das Schiff wie in welchen Hafen einfährt und wie die entsprechende Fairness zu leisten ist. Wenn er das nicht kann, entsteht daraus eine Vertrauenskrise gegenüber der Crew und auch den Passagieren, und damit ha ben wir es in diesem Lande durchaus zu tun.
Wenn der Antrag heute abgelehnt wird, breche ich nicht in Trä nen aus. Allein die Tatsache, dass er dazu geführt hat, dass wir den Ministerpräsidenten in den Sonderausschuss einladen wer den, dass der Wunsch in den Fraktionen offensichtlich Raum greift, ist an und für sich ein Gewinn.
Ich sage noch ein Wort zu Herrn Mühlenfeld, der hier kritisch erwähnt worden ist. Herr Mühlenfeld, Herr Marks und andere, die dort tätig sind, haben meinen uneingeschränkten Respekt. Sich seinerzeit dafür verpflichten zu lassen, an solch ein kaput tes Projekt heranzugehen, bedeutet Mut und ist auch aller Eh ren wert. Herr Mühlenfeld ist nicht derjenige, der das verur sacht hat, sondern er versucht, zu retten, was zu retten ist. Ich denke, wir sollten ihn deswegen nicht unangemessen kritisie ren, auch wenn ich bestimmte Dinge - zum Beispiel, wie er den Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Nachbarge meinden pflegt - nicht gutheiße. Aber er bemüht sich im Rah men seiner Aufgabe, den riesigen Scherbenhaufen in Ordnung zu bringen, den Vorgänger produziert haben.
Das wollte ich noch einmal gesagt haben, denn die Geschäfts leitung des Flughafens ist nicht unser Gegner. Die jetzige Ge schäftsleitung versucht zu retten, was zu retten ist, und das ist schwierig. Aber die Verantwortung trägt nun einmal die Poli tik, tragen die Regierungen in Berlin und Brandenburg. Die müssen sich dazu erklären, und dafür wird es höchste Zeit.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es hier mit einem bemerkenswerten Sachverhalt zu tun: Der Vize kanzler und Wirtschaftsminister erklärt TTIP öffentlich für ge scheitert und beruft am 19. September einen SPD-Konvent ein, um sich das Votum für CETA geben zu lassen.
Wir wissen über CETA relativ wenig, weil vieles noch geheim ist. Meine Damen und Herren, ich dachte immer, man könne nur über etwas diskutieren und entscheiden, was schon bekannt ist. Aber Fakt ist - da habe ich mich offensichtlich geirrt -, man kann auch Entscheidungen über etwas treffen, was es gar nicht gibt. Die SPD - wir wissen nicht genau, was auf dem Partei konvent gelaufen ist, denn er war ja geheim und nichtöffentlich - hat beschlossen, CETA zuzustimmen bzw. hat dem Vizekanz ler das Votum gegeben, CETA zuzustimmen, das heißt, einen Blankoscheck für angebliche Nachverhandlungen ausgestellt. Nun hat die kanadische Handelsministerin am 20. September in einem Interview in der „Zeit“ öffentlich gesagt: Wir werden CETA nicht nachverhandeln, vielleicht später. - Nun muss man sich den Zeitplan vor Augen führen: Am 18. Oktober soll es das Treffen der EU-Handelsminister geben, und am 27. Okto ber soll auf dem EU-Kanada-Gipfel CETA unterzeichnet wer den. Da haben wir jetzt das Problem, denn wir alle kennen zwar das, was CETA bisher beinhaltete, wissen aber nicht, was kommt.
Das heißt, hier wurde ein Blankoscheck ausgestellt. Ein breites Bündnis von Menschen in Deutschland - Gewerkschaften, BUND, Verbraucherbündnisse, Foodwatch, Datenschützer, Greenpeace, Tierschützer, Kulturschaffende und sogar Michael Müller - lehnt CETA ab. Der Widerstand reicht von Kiel bis Garmisch, von Köln bis Berlin, durch alle Schichten der Be völkerung. Selbst von den Linken und den Grünen höre ich an vielen Stellen, dass man dem so nicht zustimmen möchte und kann. Der Punkt ist, dass das Thema demnächst irgendwann im Bundesrat behandelt werden muss, weil es dort genehmigt werden muss.
Die Frage ist: Wollen wir uns als Landtag Brandenburg, als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage reinhän gen und die Landesregierung auffordern, sich an einer be stimmten Stelle in einer bestimmten Art und Weise zu verhal ten, oder wollen wir dieser neoliberalen Verwüstung weiter zu sehen? Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten ihr nicht zusehen, denn das ist die Katze, die im Sack gekauft wer
den soll. Es gibt einen guten Grund, warum mehrere hundert tausend Menschen vor wenigen Wochen auf die Straße gegan gen sind: Es gibt ein breites Unbehagen.
Kurz nach dem SPD-Konvent wurden dann auch Leute, die, glaube ich, über jeden Zweifel erhaben sind, befragt, zum Bei spiel Herta Däubler-Gmelin. Sie war einmal SPD-Vizevorsit zende und Bundesjustizministerin. Sie äußerte sich im Fernse hen bei „Fakt“ ganz klar gegen CETA und sagte, dass die Be denken viel größer als die Vorteile seien. Auch Jan Stöß, zeit weise Berliner Landesvorsitzender, jetzt Mitglied im Bundes parteivorstand der SPD, und ein Drittel der SPD lehnen das ab.
Meine Damen und Herren, in der „Zeit“ wurde am 27.09.2016 auf Geheimdokumente verwiesen, die für kurze Zeit öffentlich waren und aufzeigen, dass die EU-Handelsministerin Malm ström gar nicht gewillt ist, Teile der Forderungen von Herrn Gabriel aufzunehmen. Die Frage ist: Was wird jetzt daraus? Deshalb, denke ich, muss sich der Landtag Brandenburg hier im Interesse der Menschen einschalten. Wir werden sehen, wie sich die regierungstragenden Fraktionen und auch die Landes regierung dazu verhalten. Sie müssen es letztendlich verant worten.
Wir haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder Projekte gehabt, die als Weltbeglückungsprojekte be schworen wurden. Ich denke nur an die Polizeireform 2010 - wie schön sollte alles werden. Heute geben alle zu, dass dort ein riesengroßer Trümmerhaufen entstanden ist.
Ich befürchte, dass es bei CETA auch so werden wird. Das Spannende ist nur: Die Polizeireform können wir selbst korri gieren. Die Regierung macht sich ja schon daran, weil sie den Scherbenhaufen und auch das Problem sieht. Nur, CETA holt kein Mensch mehr zurück. Das ist - das sagen alle Kommenta toren - eine Sache, die ziemlich langfristig wirken wird, denn ein solcher geschlossener Vertrag kann nicht einfach gekündigt werden, sondern nur einvernehmlich.
Ich teile die Intention, die Herr Gabriel äußert, dass man für Globalisierung gute Richtlinien braucht, aber das sind keine guten Richtlinien. Selbst wenn TTIP nicht kommt, über CETA schaffen die Pendantunternehmen der großen amerikanischen Konzerne sehr wohl den Einfall in Europa.
Meine Damen und Herren, Sie können sich dazu positionieren, wie Sie möchten. Ich sehe das mit großer Gelassenheit. Wir werden dann in einigen Jahren sehen. Nur will es dann wieder keiner gewesen sein. Es ist genau wie beim Flughafen Schöne feld, da will heute auch keiner Verantwortung dafür überneh men, dass dieser Standort wider besseres Wissen gewählt wur de. Wer hat dafür jemals Verantwortung übernommen? Nie mand.
Das ist das Schlimme an der Sache: Schaden anrichten durch falsche politische Entscheidungen, sich dann verflüchtigen und letztendlich alle anderen damit allein lassen.
Das brauchen wir nicht, und deswegen muss man CETA einen Riegel vorschieben. Frau Mächtig, Sie können Ihren Partei freunden erklären, wie Sie sich hier verhalten. Ich weiß jeden falls, wie die Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei in meinem Umfeld ticken, und ich glaube, die sind sehr dafür, dass dieser Antrag angenommen wird.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gerber, ich fand Ihren Redebeitrag sehr ausgewogen. Sie haben Recht, viele Dinge sind noch nicht klar. Wir haben diesen Antrag ein gebracht, um die Debatte anzuregen und dafür Sorge zu tragen, dass das diskutiert wird. Ich kann mich Ihren Einwendungen zum Teil nicht verschließen; die Landesregierung muss natür lich den vollständigen Text haben - keine Frage. Das ist zuge gebenermaßen eine Schwäche dieses Antrages. Aber seis drum! Wir sind hier im Plenum des Landtags Brandenburg, und da geht es darum, Dinge zu diskutieren. Niemand hat die Wahrheit gepachtet;
kein Antrag muss per se von Anfang an richtig sein. Sondern: Wenn man in eine Diskussion eintritt, muss man bereit sein, andere Fakten aufzunehmen.
Ich will noch auf ein paar Dinge eingehen. Frau Hacken schmidt sagte, es gebe keine Geheimdokumente. Frau Hacken schmidt, wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass ich mich auf den Artikel in der „Zeit“ vom 27. September bezogen habe, der darüber berichtete, dass auf den Internetseiten des Europäi schen Gewerkschaftsdachverbandes die internen Papiere von Frau Malmström zu den SPD-Positionen publiziert worden
sind, die dann sehr schnell wieder gelöscht wurden. Das sind in der Tat Geheimpapiere.
Meine Damen und Herren, der Konvent am 19. September war ganz zweifellos der Versuch, eine Vizekanzlerdämmerung ab zuwenden;
deswegen hat es auch diese Zustimmung gegeben und sind be stimmte Kritiken unterdrückt worden.
Herr Redmann, wenn Sie sagen, wir würden hier Ängstlichkeit vor dem Welthandel propagieren, entgegne ich: Das tun wir mitnichten, ganz im Gegenteil. Sie selbst haben Angst ge schürt, indem Sie sagten: Wenn man das nicht macht, fallen die Arbeitsplätze weg. - Wer macht hier wem wovor Angst?
Herr Büchel, was Sie hier namens der Linksfraktion zum Besten gegeben haben, war wieder die typische Rumeierei. Sie sind da für und dagegen. Sie müssen sich mal entscheiden. Ich sage Ih nen ganz klar: Wir werden ja sehen, was bei CETA heraus kommt. Wir werden da auch nicht nachlassen, sondern die Sa chen im November und im Januar wieder auf die Tagesordnung setzen. Dann werden wir sehen, was bei den Nachverhandlun gen herausgekommen ist. Sie müssen sich einfach mit den Inhal ten beschäftigen. Sie sprachen vom Bundesrat usw. Wissen Sie, es ist klar wie Kloßbrühe, dass das Ding in den Bundesrat muss.
Das kann man sozusagen auf jeder Internetseite nachlesen.
Meine Damen und Herren von der Linkspartei, ich will einfach einmal Friedrich Wolf, einen sicher auch von Ihnen geschätz ten Autor, zitieren. Er hat zur Quintessenz von - „Professor Mamlock“ - die meisten von Ihnen, jedenfalls diejenigen mit DDR-Sozialisation, werden die Geschichte kennen - gesagt:
Am Ende muss man sich entscheiden. - Es gibt keine Neutrali tät. Man muss auf die eine oder andere Seite, und man muss dafür klar Position beziehen.
Dass die CDU-Fraktion sich ganz klar dafür ausspricht, res pektiere ich. Wir können unterschiedlicher Meinung sein, das ist ja nichts Schlimmes. Ich habe andere Sorgen. Die Sorgen, die mich umtreiben, werden auch in einem Gutachten, das das baden-württembergische Staatsministerium in Auftrag gegeben hat, vom 17. März 2016 - also zu einem Zeitpunkt, als der Ver trag endausverhandelt war - beschrieben. Ich habe nicht die Zeit, alles zu zitieren, aber darin steht: „CETA lässt die politi schen Gestaltungsspielräume der Länder und Gemeinden […] nicht unberührt“. Die Freiheit der Länder und Gemeinden wer de umfassend tangiert usw. - Sie können das nachlesen. Das Gutachten von Prof. Dr. Martin Nettesheim ist lesenswert, und ich denke, die baden-württembergische Landesregierung wird keinen dummen Mann beauftragt haben.
Meine Damen und Herren, dazu, jetzt hier - und da teile ich Ihre Auffassung nicht, Herr Gerber - ISDS, das neue Schieds verfahren, als großen Erfolg zu feiern: Investoren weltweit
werden auch bei diesen ISDS-Verfahren gegen Antitabakmaß nahmen, bezüglich giftiger Stoffe, Regulierungen im Bergbau sowie Steuermaßnahmen und Fiskalpolitik klagen. Und sie werden sich damit durchsetzen. Am Ende geht es um Geld, und Sie wissen: Das setzt sich zweifellos immer wieder durch.
Ich habe noch Hoffnung. Das Bundesverfassungsgericht wird sich am 12. Oktober mit dem Thema beschäftigen. Warten wir einmal gespannt ab, was dabei herauskommt. Meine Damen und Herren, wir werden hier dafür sorgen, dass die Ergebnisse der Nachverhandlungen bekannt werden. Und dann werden wir se hen, was aus den vollmundigen Versprechen geworden ist. Ich sage einmal voraus: Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet!
Liebe Frau Kollegin! Ihren Redebeitrag in allen Ehren.
Aber das, was Sie gesagt haben, war im äußersten Maße pein lich,
denn wir haben in der September-Plenarsitzung des letzten Jahres einen Antrag mit fünf Punkten gestellt, in dem wir das aufgezeigt haben. Und von wem ist er abgelehnt worden? Von SPD und Linkspartei. Alles nicht bezahlbar, alles nicht mög lich! - Wir haben gar keine unbezahlbaren Dinge verlangt. Wir hatten einen Bericht verlangt, in dem aufgelistet wird: Was würde was kosten? All das ist abgelehnt worden.
Dann habe ich mir die Mühe gemacht und dem Abteilungslei ter von Minister Baaske geschrieben: Herr Baaske hat mir im Plenum versprochen - das kann man im Plenarprotokoll nach lesen -: Ein Knopfdruck, dann sind alle Zahlen da, was das al les kostet. - Ich habe den Abteilungsleiter also angeschrieben, aber der Brief blieb liegen, weil der Abteilungsleiter in den Ru hestand gegangen war und niemand sonst meinte, sich darum kümmern zu müssen. Daraufhin habe ich eine Erinnerung ge schrieben. Ich habe bis heute keine Antwort.
Meine Damen und Herren, das sind die Tatsachen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt - zu dem es Ihnen nicht passt - lehnen Sie es ab. Später holen Sie es dann sozusagen aus der Motten kiste, verkaufen es als Plagiat.
Wenn wir mit diesem Antrag nicht gewissen Druck gemacht hätten, wäre hier auch nichts passiert.
Im Übrigen zu den 69 Millionen Euro, Frau Theiss, bezüglich derer Sie sagen, es müsse ja auch alles bezahlt werden: Dieser Landeshaushalt strotzt vor globalen Minderausgaben, und je der, der als Parlamentarier ein bisschen Ahnung vom Haushalt
hat, weiß: Globale Minderausgaben sind letztlich ungedeckte Schecks, die irgendwann eingelöst werden müssen. - Mit solch peinlichen und billigen Tricks kann ich das auch.
Wir haben seinerzeit im September klare Aussagen gefordert: Was kostet hier was? Was kostet ein beitragsfreies Kitajahr? Was kostet ein höherer Personalschlüssel in welchen Berei chen? Auf der Basis dieser Auskünfte hätte man substanziell darüber reden können. Sie stochern doch im Nebel und wissen gar nicht, was das kostet.
Frau Präsidentin! Herr Kurth, ich finde es hervorragend, dass Sie Ihre Meinung hier derartig zu Protokoll gegeben haben. Wir werden uns große Mühe geben, es den Brandenburgern zur Kenntnis zu geben.
Was Ihre Rede hier deutlich gemacht hat, ist, dass Sie weiter versuchen zu tricksen, zu täuschen, zu manipulieren und die Leute einzuseifen. Wie ist es denn zu den bestandskräftigen Bescheiden gekommen? - Viele - unter anderem ich - haben die Bürgerinnen und Bürger seit 2013 immer wieder aufgefordert - das können Sie im Internet alles nachlesen -: Legt Widerspruch ein, lasst euch das nicht gefallen! - Das insbesondere nach der 25-jährigen Verjährungsfrist, die hier im Haus mit Ihrer Mehr heit kreiert worden ist, und sozusagen schon danach schreit, verfassungswidrig zu sein.
Sie haben es letztlich zu verantworten, dass viele Bürgerinnen und Bürger gesagt haben: Na ja, wenn die Regierung das sagt, wenn mein Abgeordneter das sagt, dann werde ich mal nicht klagen. - Viele Leute sind auch von Richtern dazu angehalten worden: Nehmen Sie Ihre Klage zurück, das hat doch keine Aussicht auf Erfolg!
Diese Leute sind jetzt diejenigen, die dafür die Zeche zahlen sollen, weil sie gesagt haben: Na ja, wenn die Politiker, wenn die Verantwortlichen sagen, es ist alles schon rechtens, werde ich denen mal vertrauen.
Insofern ist das eine rasende Ungerechtigkeit, die Sie hier pro duzieren.
Das Zweite ist: Das, was Sie hier suggeriert haben, ist Recht nach Kassenlage. Weil es 400 Millionen Euro kosten soll - möglicherweise; das weiß ja keiner so genau -, soll es nicht gemacht werden. Entschuldigung, Recht kennt keinen Haus haltsvorbehalt
und das Bundesverfassungsgerichtsurteil erst recht nicht.
Drittens sagten Sie, das würde keine Gebührengerechtigkeit er zeugen. Wissen Sie, Herr Kurth, ich würde Ihnen einfach mal raten: Fahren Sie ins Land, machen Sie sich sachkundig, ehe Sie hier solche Dinge erzählen!
Die Stadt Lübben hat, als die Sache sozusagen eskalierte, be reits 2014 für sich entschieden: Wir wollen diesen Streit nicht weiter. Die Stadt Lübben hat auf Betreiben einer Bürgerinitiati ve, die dann einen Bürgerentscheid herbeigeführt hat, entschie den: Alle - alle! - Beitragsbescheide werden rückabgewickelt, alles wird zurückgezahlt. Und wenn Sie die Stadt Lübben und den Städtischen Versorgungsbetrieb heute fragen, werden diese Ihnen sagen: Nie ging es uns so gut. Wir haben Geld. Wir kön nen investieren. Die Abwasser- und Trinkwasserbeiträge...
... sind nur unwesentlich gestiegen. - Sie haben ein hohes Maß an Zufriedenheit.
Wenn Sie hier also behaupten, das würde neue Ungerechtigkeit schaffen, dann sagen Sie schlicht und einfach die Unwahrheit, denn in den Bereichen, in denen es passiert ist, herrscht hohe Zufriedenheit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich meine, man kann bestimmte Dinge nicht so stehen lassen. Wenn der Kolle ge Scharfenberg keine Zwischenfragen zulässt und sich davor drücken will, bleibt noch das parlamentarische Mittel der Kur zintervention. So lautet die Geschäftsordnung, die auch Sie be schlossen haben. Beklagen Sie sich nicht über Ihre eigene Ge schäftsordnung!
Herr Scharfenberg, Sie machen weiter wie bisher: tricksen, täu schen, schönreden und ablenken. - Sie sagen - das kann man im Protokoll, Gott sei Dank, nachlesen -, die Lage sei wegen zweier Beitragsbescheide von zwei Cottbuser Klägern, wegen zweier Altanschließer entstanden. Das ist so grotesk wie absurd!
Dass zwei sich gewehrt haben, hat letztendlich nur die Blase zum Platzen gebracht. Die Verfassungswidrigkeit, die das Bun desverfassungsgericht festgestellt hat, hat doch vorher schon bestanden. Die haben die Cottbuser Kläger nicht herbeigeführt, sondern die zwei Klagen haben dazu geführt, dass endlich die Decke weggezogen wurde und die Dinge, wie sie sind, zum Vorschein kamen - wie sie von vielen beschrieben und von Ih nen immer bestritten worden sind.
Herr Scharfenberg, ich weigere mich nicht, meine Verantwor tung für das, was ich in vorigen Wahlperioden gemacht habe, wahrzunehmen. Darüber können wir uns sehr gern offen - nicht in verkürzten Sätzen usw. - austauschen, aber nehmen Sie bitte die Verantwortung für das, was Sie seit 2009 gemacht haben, wahr!
Sehr geehrter Herr Scharfenberg, es geht nicht darum, Dinge jetzt Hals über Kopf oder hastig zu entscheiden. Bestimmte
Dinge sind so sonnenklar, wie sie nur sein können. Sie werfen uns vor, wir hätten mit unserem Aufruf, bis zum 17. März 2016 Widerspruch einzulegen, Aufwand erzeugt. Wissen Sie, wer hier Aufwand erzeugt hat? Das war die rot-rote Koalition nach dem Beschluss zu den 25-jährigen Verjährungsfristen, die alle Zweckverbände gezwungen hat - zum Teil gegen deren erklärten Willen! -, Nacherhebungsbescheide auszustellen. Die Zweckverbände, die 63 Aufgabenträger haben sich gemeinsam beraten und beziffern den entstandenen Schaden auf ca. 50 Millionen Euro. Das sind die Aufwendungen, die entstan den sind - durch Ihre Politik! Und die müssen Sie mindestens ersetzen. Über die anderen Fragen können wir reden.
Wenn es hier um Verantwortung geht, schlage ich vor, dass Sie für das, was seit 2010 entstanden ist, Verantwortung überneh men. Seitdem hat es mehrere bürgerunfreundliche Novellierun gen des KAG gegeben, die einen Teil der vorher schon beste henden Probleme verschärft und dazu geführt haben, dass die Menschen über den Tisch gezogen wurden. Dafür sollten Sie die Verantwortung übernehmen und sagen: Wir entschuldigen uns dafür, machen es wieder gut. - Aber nein, dem verweigern Sie sich ja, das lehnen Sie ab.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesen Re debeitrag wollte eigentlich die Abgeordnete Schülzke liefern; sie als Lausitzerin ist bei uns in der Gruppe dafür zuständig. Leider ist sie aufgrund einer akuten schweren Erkrankung ver hindert, sodass ich diese Aufgabe gern für sie übernehmen möchte.
Der Antrag und der Entschließungsantrag liegen Ihnen vor. Ich denke, allen ist klar, dass sich der Antrag und die Behandlung des Themas nicht für Polemik eignen. Wir haben es mit einem ernsten Problem zu tun. Bereits in der 5. Wahlperiode, im Juni 2013, wurde die Frage hier erörtert. Damals gab es einen An trag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, einen Antrag der CDU-Fraktion und auch einen Entschließungsantrag der rot-roten Koalition. Der Antrag der CDU-Fraktion auf Errich tung einer Schiedsstelle und der Antrag der Fraktion BÜND NIS 90/DIE GRÜNEN auf Änderung des Bundesbergrechts wurden abgelehnt bzw. der Entschließungsantrag angenom men: Man wolle sich bemühen.
Nun, meine Damen und Herren, sind 36 Monate vergangen, und wir müssen feststellen: Es wurde leider nicht realisiert. Über die Umstände kann man reden. Fakt ist - wir haben ges tern über die Lausitz und die Braunkohle diskutiert -, dass die Schäden nur dort zu verzeichnen sind, wo Bergbau stattfindet.
In der Prignitz, in Teltow-Fläming und in der Uckermark sind mir derartige Bergbauschäden nicht bekannt. Warum? Weil es da weitestgehend keinen Bergbau gegeben hat.
Sicher, an einigen anderen Stellen hat es auch Bergbau gege ben, zum Beispiel rund um Königs Wusterhausen, nur weiß das heute keiner mehr. Hier und da stößt man zufälligerweise ein mal darauf.
Meine Damen und Herren! Fakt ist: Es gibt diese Bergbauschä den, und Menschen sind davon auf das Ärgste betroffen. Ich muss die Diskussion nicht wiederholen, man kann sie im Plen arprotokoll über die damalige Sitzung vom Juni 2013 nachle sen. Die Kollegin Schulz-Höpfner von der CDU-Fraktion hat es damals engagiert vorgetragen. Wir müssen uns darum küm mern. Auch im Jahr 2013 war es keine Novelle. Damals war es schon seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten bekannt.
In der gestrigen Diskussion zur Braunkohle wurde von der SPD und der Linkspartei auf die Bedeutung der Arbeitsplätze im Bereich Braunkohle und der Industrie, die sich darum grup piert, für die Lausitz hingewiesen. Das ist nicht von der Hand zu weisen. 6 000, 10 000, 12 000 Arbeitsplätze - wie viel es immer sein mögen - sind ein wichtiger Faktor, der nicht igno riert werden darf, aber, meine Damen und Herren, die Frage, wie viele Opfer es gibt, ist offen. Die Frage, wie viele Men schen unter den entsprechenden industriellen Bedingungen ge litten haben, ist offen, nicht beantwortet. Es reicht von der Ab baggerung der Dörfer bis zur braunen Spree, die man darunter einordnen könnte, wenngleich dies kein Bergbauschaden im eigentlichen Sinne ist. Keiner kennt die Zahl derer, die nicht Nutznießer, sondern Betroffene sind. Und wie es in dieser Welt immer ist: Um die Opfer wird sich leider zu wenig gekümmert.
Ich könnte die Rede, die Frau Nonnemacher zur Teilhabe Be hinderter gehalten hat, auch in dieser Frage aufrufen. Viele Formulierungen wären auch hier angebracht. Wir wissen, dass 1 000 oder 10 000 Menschen, die sich in der IG BCE organi sieren, schlagkräftiger sind als 10 000 Menschen, die sich nicht organisieren können, weil ihre Schicksale Einzelbetroffenhei ten sind.
Meine Damen und Herren! Eigentlich müssten wir uns dafür schämen, dass wir diese Menschen in Schenkendöbern, in Wel zow, in Lauchhammer und wo immer sie wohnen, bisher im Stich lassen. Eines muss man ehrlicherweise auch sagen - der Minister ist gerade nicht da -: In der Frage der Grubenteich siedlung hat man sich bemüht. Ich weiß nicht, ob die Betroffe nen der Grubenteichsiedlung - ein ganz klassischer Bergbau schaden - zufrieden sind, aber Fakt ist: Ihnen wurde geholfen. Leider stellen sie damit bisher einen Einzelfall dar; die Anzahl derjenigen, denen nicht geholfen wurde, ist viel größer, deren Schicksal ist namenlos und leider seit langem existent.
Meine Damen und Herren! Es geht in dieser Frage um Gerech tigkeit. Man kann es nicht oft genug betonen: Hier wurde Men schen, die nichts dafür können, Schaden zugefügt. Sie begeh ren einfach nur, dass ihnen geholfen wird und die erlittenen Schäden wiedergutgemacht werden.
Es gibt nun einen Entschließungsantrag der Koalitionsfraktio nen. Ich finde es ein bisschen schade, dass Sie es sich so ein fach gemacht haben: Das Einzige, womit Sie kommen, ist, den Minister noch einmal zu bitten, tätig zu werden. Dafür war 36 Monate lang Zeit, es war sogar 360 Monate lang Zeit. Pas siert ist leider wenig.
Es ist letztlich nur ein Abwehrversuch, unseren ganz konkreten Antrag beschließen zu müssen.
Ich weiß nicht, welcher Zacken Ihnen aus der Krone gebrochen wäre, wenn man das gemacht hätte. In anderen Bundesländern, insbesondere in Nordrhein-Westfalen, geht es ja auch. Wenn es in Nordrhein-Westfalen geht, wer sagt dann, dass es hier nicht gehen würde? Das ist einfach eine Frage von Wollen und nicht von Können.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie ganz herzlich bitten, noch einmal in sich zu gehen. Gerne können Sie dem Antrag beitreten, und wir machen einen gemeinsamen Antrag daraus. Es geht nicht darum, wer hier die Initiative ergreift. Es geht schlicht und einfach darum - über 4 000 Fälle sind anhängig -, den vielen Betroffenen zu helfen.
Wenn wir so mit der Sache umgehen, wie es jetzt offensichtlich wieder geplant ist, muss man das einfach als eine Missachtung der Lebensumstände der Betroffenen betrachten und bezeich nen. Ich meine, all das Mitleidsgeheuchel sollte man fallen las sen und einfach sagen: Wir wollen nicht. - Seien Sie bitte ehr lich! Ehrlich wäre, diesem Antrag zuzustimmen; denn es steht nichts darin, was man nicht tun könnte.
Insofern möchte ich Sie auch im Namen der Kollegin Schülzke und all der Betroffenen darum bitten, noch einmal in sich zu gehen. Vielleicht ist der Weg zu einer Lösung zu sagen: Man beschließt es heute nicht - weder den Antrag noch den Ent schließungsantrag -, sondern nimmt eine Überweisung vor. Dann kommt es vielleicht im Ausschuss zu einer Kompromiss- oder Konsenslösung, die ohne Gesichtsverlust - darum geht es in der Politik ja auch immer - möglich ist. Was für die Men schen zählt, ist ein Ergebnis. Sie wollen eine Schlichtung.
Bei den Verfahren, die jetzt anstehen, sind sie ja konsequent immer die Schwächeren, ob der Konzern jetzt Vattenfall oder später EPH ist. Der kleine Bürger soll mit seinem Privatgeld große Gutachten erstellen lassen, um nachzuweisen, dass er ei nen Bergbauschaden hat. Das ist wie der Kampf von David ge gen Goliath. Der Sieg von David gegen Goliath hat vor 3 000 Jahren funktioniert, aber er funktioniert heute nicht; das wissen wir auch alle. Jeder, der sich schon einmal mit größeren Kon zernen auseinanderzusetzen hatte - ob es nun Leute sind, die von Versicherungen um ihre berechtigten Ansprüche betrogen werden, oder ob es heute der Kampf gegen große Konzerne ist -, weiß: Das ist ein sehr einseitiges, sehr ungerechtes Ge schäft.
Insofern möchte ich an Ihr Mitgefühl und Ihr Gerechtigkeitsge fühl appellieren, vielleicht doch einen Weg zu finden, um hier zu einer Lösung zu kommen. Wie es zu einer Schlichtungsstel le kommt, ist mir persönlich ganz egal. Hauptsache, es gibt ei ne Schlichtungsstelle, wo Menschen die Chance haben, ihr Schicksal vorzutragen und mit Unterstützung der Behörden des Landes Brandenburg zu einem gewissen Recht, zu Gerechtig keit zu kommen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein bisschen mehr als 59 Sekunden habe ich, glaube ich, noch, ja? Herr Holzschu her, Sie haben die Menschen auf den Rechtsweg verwiesen. Wir wissen: Es gibt ganze zehn Klagen bei 4 000 angemelde ten betroffenen Stellen. Wir wissen auch, warum das so ist.
Die zentrale Frage ist: Kann die Landesregierung politischen Druck entfalten - ja oder nein? Ich finde es einfach schade, dass sich die Landesregierung in dieser Frage so klein macht. Der Bund will ab und zu auch etwas von Brandenburg. Dann ist die spannende Frage: Ist man zu einem Deal bereit?
Meine Damen und Herren, ich erinnere mich sehr gut an 1994, 1995 und 1996. Der sogenannte Solidarpakt I drohte im Bun desrat zu scheitern. Da gab es einen Deal zwischen Manfred Stolpe - damals SPD-Ministerpräsident mit eigener Mehrheit in diesem Haus - und Theo Waigel. Stolpe hat gesagt: Im Interesse des Landes Brandenburg liegen diese und jene Dinge. Wenn uns der Bund da entgegenkommt, kommen wir ihm bei der Abstim mung im Bundesrat entgegen. - Das kann man als Käuflichkeit oder was auch immer bezeichnen. Das ist Realpolitik.
Wir haben hier im Hohen Haus über etwas gesprochen, bei dem der Bund auch etwas will, zum Beispiel bei der Drittstaa tenregelung. Da muss man sich einmal entscheiden, was einem wichtiger ist: irgendwelche ideologischen Fragen, über die wir eh nicht zu entscheiden haben, oder Sachfragen für die Men schen im Land Brandenburg.
Das ist Realpolitik, da muss man sich auch mal auf Deals ein lassen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist nicht macht- und einflusslos, obwohl man den Eindruck bei dieser Rede ge winnen konnte, und das finde ich schade. Die Aufgabe der Lan desregierung ist es, mit ihrer Autorität, die sie zweifellos hat - aufgrund der Landesverfassung, aufgrund der Tatsache, dass wir in vielen Fragen Aufsichtsbehörde sind, bei denen wir ande ren auch mal wehtun können -, deutlich zu sagen: Leute, man trifft sich im Leben immer zweimal. Entweder ihr kommt jetzt rüber, oder wir können auch auf stur stellen. - Da ist aber die Frage, ob man einen Arsch in der Hose hat oder nicht.
Meine Damen und Herren, ich fand die Bemerkung von Herrn Domres...
Entschuldigung, aber das ist doch wirklich nicht so drama tisch - wenn ich an Herbert Wehner denke.
Ich fand die Äußerung von Herrn Domres, dass DIE LINKE die Verärgerung der Bürger teilt, schon ziemlich merkwürdig. Das erinnert mich ein bisschen an Captain Smith, der auch sehr traurig war, dass sein Schiff gegen den Eisberg fuhr. Die Ver antwortung auf die Abgeordneten der CDU-Fraktion im Bun destag abzuwälzen, dazu sage ich: Entschuldigung, das ist eine Aufgabe der Landesregierung. Die Landesregierung regiert und nicht Bundestagsabgeordnete.
Deswegen war Ihr Redebeitrag, Herr Domres, letztlich auch ei ne Bankrotterklärung. Ich finde es schade.
Ich habe es gesehen, Frau Präsidentin. Ihre Zwischenbemer kung hat mich allerdings auch Zeit gekostet.
Ich würde dringend bitten, dass vielleicht der Ministerpräsi dent, zu dessen Wahlkreis die Lausitz gehört, diese Sache zur Chefsache macht und auf der nächsten Ministerpräsidenten konferenz bzw. in seinem nächsten Gespräch mit der Bundes
kanzlerin einmal deutlich macht, dass es hier Probleme gibt, für die wir einmal die Hilfe der anderen verlangen und erwar ten. Da muss man nicht immer nur bitten.
Frau Kollegin, wie erklären Sie dann - so habe ich Ihre Kritik an der CDU-Fraktion verstanden -, dass alle Oberbürgermeis ter und Landräte diese Reform rückhaltlos ablehnen?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kernar gument des Ministers, der Regierung der rot-roten Koalition ist die Demografie. Wie hat Karl Valentin gesagt? „Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie mal war.“ Die „Frankfurter Rundschau“ hat das am 3. Januar 2016 aufgegriffen, hat sich damit auseinandergesetzt und bewiesen, dass es nicht so ist. In der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung von 1999 wurde Deutschland ziemlich das Ende gesungen. Da hieß es, dass die Bevölkerung 2015 nur noch aus 70 oder 60 Millionen Bürger bestehen werde.
80 Rentner auf 100 Einwohner! Das war sozusagen der Bevöl kerungsbericht des Bundesamtes für Statistik 1999. Und jetzt, 2016 - 2015 musste man sich korrigieren -, sieht alles ganz an ders aus. 15 Jahre später! Wir reden hier über 30 Jahre Vorlauf und mehr, und Sie wollen voraussagen, was hier passiert? Das Statistische Bundesamt hat in seiner erneuten Bevölkerungs statik und Prognose ganz andere Zahlen genannt.
Was ich damit sagen will, ist: Ich habe hier schlicht und ein fach den Beweis geführt: Ihre demografischen Argumente sind Behauptungen. Ob sie eintreten, ist sehr fraglich. Das, was ich hier als Nachweis aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 3. Ja nuar gebracht habe - das kann jeder nachlesen -, zeigt schlicht und einfach, dass solche Prognosen sehr schnell von der Wirk lichkeit überholt werden. Dafür hier dieses riesige Theater an zuzetteln, nämlich die kommunalen Strukturen zu zerschla gen - nur, weil Sie möglicherweise ganz andere Dinge im Kopf haben -, halte ich für gefährlich und fragwürdig. Deswegen sa ge ich: Lassen Sie uns darüber diskutieren, inwiefern die Be völkerungsprognose wirklich stichhaltig ist. 15 Jahre - und plötzlich ist in Deutschland alles anders. Zwischen 1999 und 2015 liegen Welten. Ich möchte einmal sehen, ob Ihre Behaup tungen, was den Zeitraum von 2016 bis 2030 angeht, wirklich zutreffen. Nur, wenn Sie das hier durchziehen, wird es uns im Jahre 2030 nichts mehr nützen, wenn es dann heißt: Ach, es ist doch alles anders gekommen.
Ich erinnere mich noch gut an 2005, 2006. Da hieß es hier im Landtag: Wir müssen den Haushalt unbedingt auf 7,5 Milliar den Euro schrumpfen. - Herr Bischoff war damals der haus haltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion und hat hier seine sauren Früchtchen präsentiert.
Er hat dargelegt, warum die Einsparungen sein müssen. Und wo sind wir heute beim Haushalt? - Bei 10,5 Milliarden,
und es geht uns gut. - Herr Bischoff, das zu Ihren Voraussagen von vor zehn Jahren. Und Ihre Voraussagen werden auch in diesem Falle nicht eintreffen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige werden stöhnen: Schon wieder Flughafen! - Ja. Es ist aber das größte Problem des Landes Brandenburg, und 40 000 bis 50 000 Menschen sind direkt betroffen. Wenn ich mir die ande ren heute diskutierten Themen anschaue, komme ich zu der Auffassung, dass auch diese Menschen es verdient haben, dass man sich mit ihrem Schicksal beschäftigt.
Gehen wir in der Geschichte ein Stück zurück. Es ist eine Ge schichte von Lug und Trug, falschen Versprechungen, nicht gehaltenen Versprechen sowie vollständigem Versagen und Geldverschwendung - anders kann man es nicht bezeichnen. Schönefeld sei ein völlig ungeeigneter Standort, er sei un menschlich, sagte der ehemalige Ministerpräsident des Landes Brandenburg Herr Dr. Stolpe - heute eine Ikone der SPD.
Jedoch wurde am 28. Mai 1996 mit seiner Stimme der Kon sensbeschluss gefasst, der Schönefeld als Flughafenstandort zementierte. Heute versucht er immer glauben zu machen, er sei gezwungen worden. Willy Brandt hat einmal gesagt, wer einen deutschen Bundeskanzler für erpressbar halte, sei an der falschen Adresse. Er sei jedenfalls nicht erpressbar, er tre te zurück. - Das hätte Stolpe auch tun können, aber er hat es unterschrieben, und deswegen trägt er auch die Verantwor tung.
Wie ging es weiter? Die Privatisierung des Flughafens schei terte 1998. Das Vergabeverfahren war eine einzige Pleite; wir wissen heute noch nicht, wie viele Millionen Hochtief und IVG erhalten haben. Das wird ja verheimlicht, ist ein Staatsge heimnis.
Dann entschloss sich die Flughafengesellschaft mit ihren Gesellschaftern - das Land Brandenburg hat einen Anteil von 37,5 % -, einen Planfeststellungsantrag für den Standort Schönefeld zu stellen - so, wie es die politischen Größen be schlossen hatten.
Im Jahr 2000 fanden die Anhörungen in Berlin-Schöneweide statt, an denen sich Zigtausende Bürgerinnen und Bürger über ein halbes Jahr lang beteiligten, 6 000 Einwendungen ein brachten, die Punkt für Punkt aufzeigten, warum dieser Stand ort völlig ungeeignet ist.
2002 folgte der Planfeststellungsantrag der Flughafengesell schaft. Am 24. August 2004 kam der Planfeststellungsbe schluss der Landesregierung, des zuständigen Ministeriums.
2006 kam das Bundesverwaltungsgerichtsurteil, am 16. März die Klage der Anwohner der Gemeinden. Die Klagen der Bür ger wurden zu 90 % abgewiesen, das Kapitel Schallschutz aber wurde vollständig vom Gericht kassiert und zur völligen Über arbeitung an die Regierung bzw. den Flughafen zurückverwie sen.